Zweiter Reisetag - KJV-Harheim
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2. Tag: Dienstag, 12.06.2012<br />
Nach dem Frühstück geht es mit Sack, Pack und Koffern wieder in den Bus. Das Wetter ist<br />
bewölkt aber trocken.<br />
Heute besuchen wir zunächst das Anwesen Powerscourt:<br />
Ein wundervolles Haus, ein prachtvoller Park, ein<br />
wunderbar geführtes Café erwarten uns, nicht zu<br />
vergessen ein üppig ausgestatteter Andenkenladen für<br />
den Erwerb von „Stehrumchen“ (Synonyme: Nippes,<br />
Staubfänger, Kärschel, Dies-und-das).<br />
Das Anwesen verfügt über einen atemberaubend schönen<br />
asiatischen Garten, der sich gerade bei den asiatischen<br />
Touristen unglaublicher Beliebtheit erfreut.<br />
Des Weiteren wartet Powerscourt mit einer anderen<br />
Kuriosität auf: es gibt einen Haustierfriedhof – was an<br />
sich ja so ungewöhnlich nicht ist, hätten die Eigentümer<br />
über die Jahre und Jahrzehnte da nicht auch Milchkühe<br />
u.ä. beigesetzt.<br />
Von Powerscourt aus fahren wir tief hinein in die Wicklowberge bis nach Glendalough, einer<br />
wie verzaubert daliegenden Einsiedelei, die mit ihrem Arrangement aus See, Wehr-und-<br />
Wohnturm, dem Friedhof und den nun leider tief hängenden Wolken mystisch erscheint.<br />
In diese Einöde zog sich einst der Hl. Kevin zurück, der in<br />
Irland beinahe eine ebensolche Verehrung erfährt wie der<br />
Hl. Patrick. Eine kleine Kapelle, ein Bet-Raum, welcher<br />
noch bruchstückhaft vorhanden ist, wird von den<br />
Einheimischen irisch-unverkrampft „Kevins Kitchen“<br />
(Kevins Küche) genannt, weil die Form entfernt an einen<br />
Küchenkamin oder eine moderne Dunstabzugshaube<br />
erinnert.<br />
Der Hl. Kevin war ein Mensch der Meditation. So erzählt<br />
man sich, dass er einst so lange im Wasser des Sees<br />
stehend mit ausgebreiteten Armen bewegungslos<br />
meditierte, dass Vögel auf seinen Handflächen ein Nest<br />
bauten und brüteten.<br />
Leider verlässt uns hier das Wetterglück ein wenig: es fängt an zu regnen und fiese kleine<br />
aber extrem aggressive Mücken (in Irland nennt man sie midgies, was übersetzt etwa soviel<br />
wie Gnitzen heißt) fressen uns förmlich auf. Selbst ambitionierte Nichtraucher wollten sich<br />
schon dem Glimmstängel hingeben, um sich die Mücken vom Hals zu halten.<br />
Von Glendalough aus geht es dann am Nachmittag über Land mit dem Bus nach Kilkenny:<br />
die Fahrt erscheint im Zeitraffer etwa so Schaf-Schaf-Schaf-Schaf-Haus-Kuh-Gras-Schaf-<br />
Schaf-Schaf-Schaf-Haus-Schaf-Schaf. „Dicht besiedelt“ sieht eben anders aus.
Die Landschaft erscheint uns ansonsten seltsam karg. Thomas erklärt uns, dass Irland in der<br />
Zeit der britischen Besatzung in den Augen der Engländer die nächstgelegene Kolonie der<br />
britischen Krone war. Eben so ging man mit dem Land und seinen natürlichen Ressourcen<br />
um: man bediente sich, rodete ganze Landstriche und verschiffte das Holz nach Britannien.<br />
Zurück blieben bis heute verödete Landschaften, die mühsam und zum Teil wenig vorteilhaft<br />
mit Monokulturen wieder aufgeforstet werden.<br />
Angekommen in Kilkenny beziehen wir unser Hotel: eine schmucke Herberge, in der wir alle<br />
wohl gerne länger bleiben würden – würde es morgen nicht schon wieder weiter gehen.<br />
Nach dem Abendessen schnuppern wir noch ein wenig Stadtluft und kehren in das „Kytellers<br />
Inn“ ein, den ältesten Pub in Kilkenny. Der Legende nach, starben unter der ersten Wirtin so<br />
viele ihrer Ehemänner weg, dass die Obrigkeit stutzig wurde und der Wirtsfrau an den Kragen<br />
wollte. Diese bekam Wind davon, türmte und die arme zurückgelassene Magd musste für ihre<br />
Herrin büßen. Auch nicht nett von der Wirtin.<br />
Der Abend ist ganz wunderbar! Im<br />
Pub wird Livemusik gespielt, und<br />
wenn wir schon mangels<br />
Textsicherheit nicht mitsingen können,<br />
so summen wir doch, so gut es nur<br />
geht. Sehr sehr schön! Besonders<br />
bewegend empfand ich das Lied über<br />
Molly Malone.<br />
Übrigens scheinen die Bewohner von<br />
Kilkenny ein humoriges Völkchen zu<br />
sein: hier gibt es Straßen oder Gässchen mit dem Namen Pudding Lane oder Butterslip!