Die Wirtschaft Nr. 22 vom 3. Juni 2011
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WACHSTUM BRAUCHT BILDUNG<br />
Bildung braucht endlich Reformen<br />
Forderungen der <strong>Wirtschaft</strong> für eine neue Bildungspolitik in Österreich.<br />
Als Basis für Produktivitätswachstum und Innovation sind Bildungsausgaben eine Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft und <strong>Wirtschaft</strong>. <strong>Die</strong> Ergebnisse der<br />
hohen österreichischen Bildungsinvestitionen lassen allerdings zu wünschen übrig. Rund ein Fünftel der Pflichtschulabsolventen hat nur rudimentäre Grundkompetenzen<br />
im Lesen, Schreiben und Rechnen. Das führt etwa dazu, dass viele potenzielle Ausbildungsbetriebe keine Lehrlinge aufnehmen. Der wirtschaftliche Strukturwandel<br />
und die Notwendigkeit nach innovativen Impulsen erhöhen zudem die Nachfrage nach höheren Qualifikationen, insbesondere in technischen und naturwissenschaftlichen<br />
Fächern. Es geht nun darum, die Stärken unseres Bildungssystems auszubauen bzw. weiterzuentwickeln und Schwächen zu beheben. Mittelfristig bedarf es<br />
eines Modernisierungsschubs, damit Bildung weiterhin zur Standortqualität und Wettbewerbsfähigkeit beitragen kann.<br />
Reform der<br />
Schulverwaltung<br />
Klare Strukturen schaffen<br />
<strong>Die</strong> finanzielle und personelle<br />
Selbstverwaltung der Schulen ist das<br />
notwendige Herzstück einer umfassenden<br />
Reform der Schulorganisation.<br />
Um die Verantwortung für die<br />
Bildungsergebnisse übernehmen zu<br />
können, muss die Schulleitung über<br />
Kompetenzen in der Personalauswahl<br />
und der Personalführung<br />
verfügen. Auch in finanzieller Hinsicht<br />
ist mehr Freiraum für die Schulen<br />
notwendig. <strong>Die</strong> Schule selbst<br />
weiß am besten, wo die zur<br />
Verfügung stehenden Mittel idealerweise<br />
eingesetzt werden.<br />
Neue und alternative Zugänge<br />
zum Beruf des Lehrers ermöglichen<br />
Personen mit entsprechender<br />
Vorbildung und Erfahrung sollen in<br />
den Beruf des Lehrers „quer einsteigen“<br />
können. Dafür bedarf es spe-<br />
Handlungsbedarf<br />
Der Handel bietetzukunftssichere<br />
Lehrstellen in<br />
über 20 verschiedenen<br />
Branchen.<br />
Rund 1000 Jugendlichemachen<br />
eine Lehre<br />
im Handel. <strong>Die</strong> ausbildenden Betriebe<br />
engagieren sich weit über die gesetzliche<br />
Anforderung hinaus, wir erwarten<br />
aber auch von den Jugendlichen eine<br />
solide Schulbildung. Eine Voraussetzung,<br />
die immer schwieriger zu erfüllen<br />
ist. Hier ist dringender Handlungsbedarf<br />
gegeben. Eine Bildungsreform<br />
käme nicht zu früh.<br />
Gebhard Sagmeister,<br />
Obmann der Sparte Handel<br />
4 DIE WIRTSCHAFT Freitag, <strong>3.</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2011</strong><br />
zieller und bedarfsgerechter berufsbegleitender<br />
pädagogischer Angebote<br />
durch die Pädagogischen Hochschulen<br />
sowie einer vollen Anrechnung<br />
von Vordienstzeiten hinsichtlich<br />
der Gehaltseinstufung.<br />
Reform der 9. Schulstufe in<br />
Angriff nehmen<br />
Ziel muss sein, den Übergang in<br />
weiterführende Allgemein- und Berufsbildungsangebote<br />
besser und<br />
friktionsfreier zu gestalten und damit<br />
die Drop-out-Raten in der Sekundarstufe<br />
2 zu senken.<br />
Professionelle Arbeits -<br />
bedingungen für<br />
LehrerInnen schaffen<br />
Regelmäßige Weiterbildung von<br />
Lehrern in der unterrichtsfreien<br />
Zeit muss eine Selbstverständlichkeit<br />
sein. <strong>Die</strong> Inhalte der Weiterbildung<br />
(welches Themengebiet in<br />
welchem Umfang etc.) müssen von<br />
der Schulleitung und <strong>vom</strong> einzelnen<br />
Lehrer in Karrieregesprächen gemeinsam<br />
festgelegt werden. Auf<br />
diese Weise ist sichergestellt, dass<br />
sich die Weiterbildung mit den<br />
konkreten Anforderungen der Schule<br />
deckt. So werden die für Lehrerweiterbildung<br />
zur Verfügung stehenden<br />
Mittel effektiv eingesetzt.<br />
Qualitätssicherung<br />
in der schulischen<br />
Ausbildung<br />
Eine gute Betreuung und Förderung<br />
der Kinder im jüngsten Alter<br />
legt das Fundament für deren Erfolg<br />
in Schule und Beruf. Es bedarf daher<br />
entsprechender Maßnahmen im Bereich<br />
der frühkindlichen Förderung,<br />
wozu ein flächendeckendes<br />
Angebot an einer ganztägigen und<br />
qualitätsvollen Kinderbetreuung<br />
zählt. Für die Betreuung der Kinder<br />
Foto: waldhaeusl.com<br />
in den Kindergärten müssen bezüglich<br />
Sprache, Kommunikation und<br />
soziale Beziehungen Mindeststandards<br />
definiert werden, wobei eine<br />
Praxisorientierung<br />
<strong>Die</strong> Erfolgsgeschichte<br />
unserer<br />
<strong>Wirtschaft</strong> ist<br />
eben auch ihre<br />
praxisorientierte<br />
Ausbildung. Gerade<br />
eine angewandteWissensvermittlung<br />
führt die Schülerinnen<br />
und Schüler an die Anforderungen<br />
des Berufslebens heran. Vorarlberg<br />
ist immer wieder Vorreiter in der<br />
praktischen Wissensvermittlung. Mit<br />
dem Ausbildungsschwerpunkt FiRi<br />
haben wir in unserer Branche ein starkes<br />
Zeichen gesetzt.<br />
Dr. Jodok Simma<br />
Spartenobmann<br />
Bank und Versicherung<br />
gezielte Sprachförderung von Kindern<br />
mit mangelnden Sprachkenntnissen<br />
unerlässlich ist. Ein Übertritt<br />
in die Volksschule soll in Hinkunft<br />
erst dann möglich sein, wenn eine<br />
Schulreife erreicht ist.<br />
Leistungsstandard definieren<br />
Lernstandserhebungen in der <strong>3.</strong><br />
Klasse Volksschule und ein verstärkter<br />
Informations- und Erfahrungsaustausch<br />
zwischen den LehrerInnen<br />
der Volksschule und der Sekundarstufe<br />
1 sind Voraussetzungen für<br />
einen weiteren erfolgreichen schulischen<br />
Weg. In der Sekundarstufe<br />
1 sind Leistungsstandards bundeseinheitlich<br />
zu definieren, wobei sichere<br />
Sprachkenntnis und das Beherrschen<br />
mathematischer Grundkompetenzen<br />
im Fokus der Aufmerksamkeit<br />
stehen müssen. Für<br />
lern- und leistungsschwächere<br />
Schüler müssen gezielt individuelle<br />
Förderkurse angeboten werden.<br />
Ziel muss es sein, dass im letzten<br />
Pflichtschuljahr alle Jugendlichen