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auch Recht Karrieretipps Jura Sattler

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sind <strong>auch</strong> nachts sicher, da die weißrussischen Ordnungsorgane<br />

überall ihre Augen offen halten. In der Plattenbauwohnung,<br />

in der mich die Kanzlei untergebracht hatte,<br />

fühlte ich mich sehr wohl, und die Kantine im Büro war<br />

bestens. Besonders die Soljanka und der Borschtsch waren<br />

ein Genuss. Außerdem sind die Oper und das Ballett hochsubventioniert<br />

und daher <strong>auch</strong> die besten Karten spottbillig.<br />

Es empfiehlt sich um 18 Uhr vor der jeweiligen Vorstellung<br />

zum Kassenschalter zu gehen, wenn Sitzplätze angeboten<br />

werden, die zuvor für offizielle Gäste reserviert waren.<br />

Zwischen den ganzen Honoratioren sitzend, bot die<br />

Ballettaufführung im mit Hammer und Sichel verzierten<br />

Opernhaus eine spezielle Atmosphäre.<br />

Zumindest wenn man den Südosten des Landes bereist,<br />

sollte man sich vorher mit dem Thema „Tschernobyl“ beschäftigt<br />

haben, da dort noch Gebiete verstrahlt sind. Kann<br />

man seine Bedenken beim Essen gewisser lokaler Lebensmittel<br />

nicht ausräumen, gibt es immer noch die russische<br />

Importware im Supermarkt.<br />

Die einfachste aber <strong>auch</strong> unspektakulärste Anreise nach<br />

Minsk ist die mit dem Flugzeug von Berlin oder Frankfurt<br />

a. M. Aber <strong>auch</strong> die Zugfahrt über Berlin und Warschau ist<br />

unproblematisch. Ich wählte die Anreise über Litauen: Der<br />

Billigflug ab Frankfurt-Hahn hatte als Ziel das litauische<br />

Kaunas. Von dort geht es weiter mit dem Bus über Vilnius<br />

nach Minsk. So hat man zum einen die Möglichkeit, das<br />

hübsche Städtchen Kaunas oder <strong>auch</strong> das lohnenswerte<br />

Vilnius zu besichtigen wie <strong>auch</strong> unmittelbar einen Eindruck<br />

vom Land und seiner Bevölkerung zu erhalten.<br />

Sicherlich steht Minsk als Reiseziel nicht ganz oben auf der<br />

Beliebtheitsskala, jedoch bietet ein Praktikum in Minsk<br />

Interkulturelle<br />

Kompetenz für<br />

den Osten<br />

einen reizvollen Einblick in das Alltagsleben<br />

und die juristische Tätigkeit<br />

in einem System, das im restlichen<br />

Europa so nicht mehr existiert.<br />

Auch im Hinblick auf eine wirtschaftliche Tätigkeit im postsowjetischen<br />

Raum ist ein Praktikum bei bnt legal & tax in<br />

Minsk für das Verständnis der dort herrschenden Unternehmenskultur<br />

ein besonderer Gewinn – eine sicherlich<br />

außergewöhnliche Auslandserfahrung, die ich jedem empfehlen<br />

kann!<br />

Neben einem Praktikum besteht <strong>auch</strong> die Möglichkeit eine<br />

Referendarstation bei bnt legal & tax in Minsk zu absol-<br />

vieren. Die Kanzlei organisiert die Unterkunft und unterstützt<br />

bei der Beschaffung des Visums und anderen nötigen<br />

administrativen Gängen vor Ort.<br />

heusgen@gmx.de<br />

<strong>auch</strong> <strong>Recht</strong><br />

Dr. Sven <strong>Sattler</strong>, Berlin<br />

„Mit <strong>Jura</strong> kann man alles machen!?“ – Karriereretipps<br />

für angehende Juristen<br />

„Mit <strong>Jura</strong> kann man alles machen!“ Seit vielen Jahren erfreut<br />

sich dieser Spruch ungebrochener Beliebtheit; sei es<br />

als Ratschlag oder als Selbstmotivation für beruflich Unentschlossene.<br />

Angesichts der jährlichen Flut von <strong>Jura</strong>-Absol-<br />

JuS-aktuell<br />

venten (z. B. gibt es heute in Deutschland elf Mal mehr<br />

<strong>Recht</strong>sanwälte als 1950) ist dies erstaunlich. Zweifelsohne<br />

öffnet ein <strong>Jura</strong>-Abschluss viele, höchst unterschiedliche berufliche<br />

Türen. Sie reichen vom Notariat über die Unter-<br />

nehmensberatung bis hin zum Journalismus. Doch längst<br />

nicht alle Studierenden können am Ende ihrer langen Ausbildung<br />

tatsächlich zwischen verschiedenen Jobangeboten<br />

oder gar unterschiedlichen Berufszweigen wählen. Allerdings<br />

geht es vielen Historikern, Architekten und Pädagogen,<br />

um nur einige zu nennen, ähnlich – ohne dass diese<br />

Studiengänge eine ähnliche Bandbreite an Berufen ermöglichen.<br />

Man kann also von der Richtigkeit des Spruchs halten, was<br />

man will. Für eine Gruppe von Studienanfängern hat er<br />

zweifelsohne Sinn: diejenigen ohne eindeutige Vorstellungen<br />

davon, welchen Beruf sie nach Abschluss der Ausbildung<br />

ergreifen wollen. Denn einerseits ist man mit einem<br />

<strong>Jura</strong>-Studium nicht festgelegt, andererseits erfüllt das <strong>Jura</strong>-<br />

Studium die Voraussetzungen vieler anerkannter (und teils<br />

sehr lukrativer) Berufsbilder.<br />

Der Verfasser dieser Zeilen gehörte zu dieser Gruppe von<br />

Studienanfängern. Und nach nun einigen Jahren Berufserfahrung<br />

kann er bestätigen, dass der Ausspruch viel Wahres<br />

in sich trägt. So war er in den ersten vier Jahren nach<br />

Abschluss der Ausbildung als Amtsrichter, in der <strong>Recht</strong>s-<br />

und Personalabteilung einer Internationalen Organisation,<br />

als <strong>Recht</strong>sanwalt in einer internationalen Kanzlei und als<br />

Referent in einem Bundesministerium tätig.<br />

Zwar bringt der Berufswechsel im Jahresturnus viele unterschiedliche<br />

Erfahrungen mit sich. Aus Karrieregesichtspunkten<br />

ist er aber in aller Regel alles andere als zu empfehlen.<br />

Anders als bei einem Aufstieg innerhalb eines Unternehmens<br />

etwa ist ein Wechsel zumeist mit einem Neubeginn<br />

verbunden, bei dem man nur in eingeschränktem Maße auf<br />

Wissen aus der oder den vorherigen Stellen zurückgreifen<br />

kann. Wer von Anfang die richtigen Kriterien bei der Berufswahl<br />

anlegen kann, erspart sich zudem nervenaufreibende<br />

Bewerbungsrunden und Assessmentcenter. Doch der<br />

Umstand, dass man mit <strong>Jura</strong> tatsächlich viele unterschiedliche<br />

Berufswege einschlagen kann, ist Fluch und Segen zugleich.<br />

Denn wer die Wahl hat, hat <strong>auch</strong> die Qual. Schließlich<br />

ist es nicht unwahrscheinlich, dass ein unentschlossener<br />

Studienanfänger sich <strong>auch</strong> nach dem Ende einer sehr theorielastigen<br />

Ausbildung noch nicht hundertprozentig sicher<br />

ist, welcher Beruf der Richtige ist. Umso wichtiger ist, den<br />

eigenen Karriereweg umsichtig anzugehen.<br />

Viele mögen jetzt einwenden, dies sei Jammern auf hohem<br />

Niveau und betreffe allenfalls das obere Drittel der Absolventen.<br />

Sicherlich sollte man im doppelten Sinne des Wortes<br />

ein „guter“ Jurist sein, um sich als Notarassessor in<br />

Hamburg oder Verwaltungsrichter in Bayern zu bewerben.<br />

Aber beispielsweise Versicherungen oder Banken sind<br />

andere Kriterien gleich wichtig oder gar wichtiger als die<br />

Noten. Das gilt übrigens <strong>auch</strong> für das Auswärtige Amt, das<br />

in den einschlägigen Ranglisten stets als „attraktivster<br />

Arbeitgeber“ für Juristen genannt wird. Aber dennoch:<br />

Auf Grund der zentralen Bedeutung der Examensnoten in<br />

Deutschland muss es für angehende Juristen weiterhin<br />

JuS 1/2011 XXIII


JuS-aktuell<br />

oberste Priorität sein, die Examina, insbesondere das zweite<br />

Staatsexamen, so gut als irgend möglich abzuschließen.<br />

Bei der Berufswahl müssen viele unterschiedliche Aspekte<br />

und Kriterien beachtet werden. Einige, wie Arbeitszeiten,<br />

die Häufigkeit von Geschäftsreisen und nicht zuletzt <strong>auch</strong><br />

die Höhe des Gehalts, prägen den späteren Lebensalltag<br />

ganz entscheidend. Je größer die Wahlmöglichkeiten, desto<br />

unterschiedlicher können die Lebens- und Karriereentwürfe<br />

ausfallen. Entsprechend vielfältig sind die Wege, um zu<br />

einer Auswahlentscheidung zu kommen. Der Verfasser hat<br />

im Laufe der letzten Jahre wichtige Erfahrungen gesammelt,<br />

um die individuell „richtige“ bzw. „passende“ Stelle<br />

zu finden. Die Auswahl fiel so von Mal zu Mal leichter.<br />

Im Folgenden möchte er diese Erfahrungen weitergeben,<br />

nicht empirisch oder sonst wissenschaftlich fundiert, sondern<br />

alleine auf eigenem Erleben beruhend:<br />

Entscheidend ist es, Kriterien „abzuschichten“. Denn klar<br />

ist: „Alles“ geht nicht. Keine Stelle bietet gleichzeitig ein<br />

hohes Gehalt, große Aufstiegschancen, familienfreundliche<br />

Arbeitszeiten, ein hohes Maß an Selbstständigkeit und<br />

einen sicheren Arbeitsplatz. Man muss daher stufenweise<br />

vorgehen. Kommt man auf der ersten Entscheidungsstufe<br />

nicht bereits zu einem eindeutigen Ergebnis, sollte man die<br />

nächste Stufe betreten.<br />

Am Anfang stehen daher Ausschlusskriterien, also absolute<br />

Ablehnungsgründe, oder – positiv gefasst – alternativlose<br />

Kriterien, die eine Stelle unbedingt aufweisen muss. Um<br />

welche Kriterien es sich handelt, ist höchst individuell.<br />

Manche sind aus persönlichen Gründen an einen bestimmten<br />

Ort gebunden. Andere wollen international tätig sein<br />

und Fremdsprachen im Job nutzen. Einige wollen weder<br />

tief in den Abend hinein noch an den Wochenenden arbeiten<br />

müssen usw. Je mehr solcher Kriterien man hat, desto<br />

leichter wird die Entscheidung. Allerdings kann es schon<br />

hier zu der Situation kommen, dass keine der bestehenden<br />

Möglichkeiten den Ausschlusskriterien in positiver und/oder<br />

negativer Hinsicht entspricht, man also zu wählerisch ist.<br />

Dann hilft ohnehin nur der Schritt auf die nächste Stufe.<br />

Das Gleiche gilt für alle diejenigen, die sich in dieser Absolutheit<br />

nicht festlegen wollen oder können. Gerade diese<br />

erste Stufe sollte der Bewerber (und selbstverständlich <strong>auch</strong><br />

die Bewerberin; hier wie nachfolgend wird auf die ausdrückliche<br />

Differenzierung verzichtet) aber unbedingt für<br />

entscheidende Weichenstellungen nutzen. Die Vielfalt juristischer<br />

Berufe ist so enorm, dass man ohne Ausschlusskriterien<br />

Gefahr läuft, sich zu verzetteln. Dies gilt nicht nur in<br />

inhaltlicher Hinsicht, sondern in besonderem Maße <strong>auch</strong> für<br />

das Arbeitsumfeld, die Arbeitsbelastung und die persönliche<br />

Freiheit. So genießt man als Proberichter vom ersten<br />

Tag seines Berufslebens an eine ernorme persönliche Freiheit.<br />

Dies betrifft sowohl die alltägliche Entscheidungsfindung<br />

als <strong>auch</strong> Arbeitszeiten und -organisation. Als Referent<br />

in einem Bundesministerium oder <strong>auch</strong> als Associate in<br />

einer Großkanzlei ist das Gegenteil der Fall. Dafür stehen<br />

dem Referenten eine Vielzahl unterschiedlicher Einsatzmöglichkeiten<br />

im In- und Ausland offen, die je nach Ressort und<br />

konkreter Position mehr oder weniger juristischen Bezug<br />

haben können. Der Associate wiederum wird für die teils<br />

XXIV JuS 1/2011<br />

ernorme Arbeitsbelastung großzügig vergütet und kann auf<br />

eine bestens ausgestattete Infrastruktur mit Sekretariat,<br />

Bibliothek, Fitnessraum, Essenslieferservice usw. zurückgreifen.<br />

Diese Unterschiede ließen sich noch fortsetzen, obwohl<br />

sie nur die drei Berufe betreffen, die der Verfasser ausgeübt<br />

hat. In Wirklichkeit sind sie noch viel größer, wenn man alle<br />

möglichen Berufsbilder in die Überlegungen mit einbezieht!<br />

Als Kriterium für die zweite Auswahlstufe bietet sich das<br />

„Spaßkriterium“ an. Denn in der Regel gilt, dass man das,<br />

was einem Spaß macht, mit Engagement und Konzentration<br />

angeht und deshalb meist gut darin ist – oder zumindest<br />

besser als in Bereichen, mit denen man sich eher lustlos<br />

beschäftigt. Arbeitet man lieber im Team oder alleine?<br />

Möchte man sich lieber längere Zeit und intensiv mit einzelnen<br />

Themen befassen oder eher viele kleinere bzw. eilige<br />

Probleme in kurzer Zeit lösen usw. Macht einem vieles<br />

gleich viel bzw. kaum etwas Spaß, dann geht es zur nächsten<br />

Stufe.<br />

Da das berufliche Fortkommen im Ergebnis vor allem davon<br />

abhängt, inwieweit man die durch Vorgesetzte, Kunden<br />

oder Kollegen gesetzten Erwartungen erfüllt, sollte man<br />

sich im nächsten Auswahlschritt auf die eigenen Stärken<br />

besinnen: Wo sind die eigenen Stärken? Wie kann man sich<br />

auszeichnen? Wer zum Beispiel über überdurchschnittliche<br />

rhetorische Fähigkeiten verfügt, sollte sich eine Stelle<br />

suchen, bei der Sitzungen, Gruppendiskussionen und das<br />

Halten von Vorträgen an der Tagesordnung stehen.<br />

Kann man alles gleich gut oder gleich schlecht, sollte man<br />

auf dem deutschen Arbeitsmarkt darauf achten, dass man<br />

sich gerade zu Beginn einer Karriere so viele Türen wie<br />

möglich offen hält. Gerade im Vergleich mit dem angloamerikanischen<br />

zeichnet sich der deutsche Arbeitsmarkt<br />

weiterhin durch eine geringere Flexibilität aus. Für öffentliche<br />

Arbeitgeber gilt dies stärker als für privatwirtschaftliche.<br />

Wer also nach Anwendung der oben genannten Kriterien<br />

noch immer mehrere gleichwertige Angebote hat,<br />

sollte sich für einen Berufseinstieg entscheiden, der einem<br />

späteren Wechsel nicht im Wege steht bzw. besser noch<br />

diesen befördert. Hierzu gehört sicherlich die Tätigkeit in<br />

einer renommierten Anwaltskanzlei.<br />

Wenn man trotz aller rationaler Kriterien noch immer keine<br />

Klarheit hat, bleibt einem noch der eigene B<strong>auch</strong>. Man sollte<br />

nie gegen das eigene B<strong>auch</strong>gefühl handeln. Stehen zum<br />

Beispiel am Ende des Bewerbungsprozesses zwei konkrete<br />

Angebote im Raum und hat man bei einem der beiden ein<br />

ungutes Gefühl, sollte man sich – <strong>auch</strong> wenn aus rationaler<br />

Sicht die Alternative womöglich attraktiver erscheint – zwei<br />

Mal überlegen, dieses anzunehmen.<br />

Zum Schluss bleibt nur der Hinweis, dass die Berufswahl<br />

eine höchstpersönliche, sehr individuelle Entscheidung ist.<br />

Man kann nur ganz selten zwei Lebenswege wirklich miteinander<br />

vergleichen. Daher kann der vorgenannte Weg, zu<br />

einer Entscheidung zu gelangen, nur ein Vorschlag sein.<br />

Hinzu kommt: Oft kommt ohnehin alles anders als geplant.<br />

Und das ist fast genauso oft <strong>auch</strong> gut so.<br />

Der Autor ist Referent im Bundesministerium für Wirtschaft<br />

und Technologie. Der Beitrag gibt ausschließlich<br />

seine persönliche Meinung wieder.

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