1 Eigentum verpflichtet Sehr geehrte Eheleute ... - Scharf Links
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Offener Brief an<br />
<strong>Eheleute</strong> Schlecker<br />
Talstraße 12-21<br />
89584 Ehingen<br />
<strong>Eigentum</strong> <strong>verpflichtet</strong><br />
<strong>Sehr</strong> <strong>geehrte</strong> <strong>Eheleute</strong> Schlecker,<br />
wie Ihnen bekannt sein dürfte, demonstrierten Frauen weltweit und auch in Städten<br />
Deutschlands am 25.11.09, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt an<br />
Frauen und Mädchen. Leider ist es aber so, dass in Ihren Filialen die dort beschäftigten<br />
Frauen der Gewalt bei Überfällen schutz- und hilflos ausgeliefert sind.<br />
Werden die Frauen nicht körperlich angegriffen und/oder verletzt, so leiden sie noch lange<br />
Zeit unter der psychischen Belastung, die sich sowohl im privaten, als auch beruflichen<br />
Alltag niederschlagen kann.<br />
Es kommt verhältnismäßig häufig zu Überfällen auf Schlecker-Filialen und die werden von<br />
Ihnen als Konzernbesitzer offensichtlich hingenommen. Die durch die Überfälle<br />
entstehenden Sachschäden dürften durch entsprechende Versicherungen aufgefangen<br />
werden. Dass die Überfälle aber nicht nur Sachschäden zufügen, scheint Sie nicht zu<br />
berühren. Für die beschäftigten Frauen (und es sind ausschließlich Frauen, die in Ihren<br />
Filialen im Verkauf tätig sind), bedeuten die Überfälle Ängste; Ängste, mit denen sie ganz<br />
offensichtlich allein gelassen werden. Häufige Alleinbesetzungen der Filialen, das Wissen<br />
um die Gefahr, in der sich die Frauen befinden: Das alles ist für die Beschäftigten tägliche<br />
Realität!<br />
Angesichts dessen hat die für den Einzelhandel zuständige Gewerkschaft ver.di einen<br />
Sicherheitstarifvertrag eingefordert. Nach unseren Informationen weisen Sie diese<br />
Forderung der Gewerkschaft ver.di zurück und überlassen so die beschäftigten Frauen der<br />
Gefahr.<br />
Stattdessen setzen Sie auf das neue Vertriebskonzept „Schlecker XL“ mit neuen<br />
großzügigen Märkten, in denen Sie gekündigte Mitarbeiterinnen der „Alt -Filialen“ über die<br />
von Ihnen eigens dazu gegründete konzernabhängige Leiharbeitsfirma „MENIAR“,<br />
beschäftigen.<br />
Hier zahlen Sie einen Stundenlohn von nur noch 6,50 € pro Stunde (statt 12,50, bzw. 13<br />
Euro € derzeit).<br />
Das, Herr und Frau Schlecker, ist Ausbeutung pur im Turbokapitalismus. Die 7,42<br />
Milliarden Euro, die Sie mit Ihrem Konzern durch die Arbeitskraft und auf dem Rücken der<br />
Beschäftigten 2008 an Jahresumsatz gemacht haben, sollten Ihnen die Sicherheit und<br />
eine tarifgerechte Entlohnung der Beschäftigten wert sein.<br />
Herr und Frau Schlecker, Art. 14 Abs.2 des Grundgesetzes sagt aus, dass “… <strong>Eigentum</strong><br />
<strong>verpflichtet</strong> …“, und zwar zu einem verantwortungsbewusstem, die Menschen- und<br />
ArbeitnehmerInnenrechte achtenden Umgang und nicht zur Ausbeutung und Missachtung<br />
der ArbeitnehmerInnenrechte.<br />
1<br />
31. Dezember 2009
Durch Ihr ausschließlich und auf maßlose Profitmaximierung orientiertes Verhalten treiben<br />
Sie die Lohnspirale im Handel weiter nach unten und forcieren so Lohndumping. Zudem<br />
nehmen Sie billigend in Kauf, dass die Beschäftigten zum Teil gezwungen sind, ihr<br />
Einkommen, das nicht zum Überleben reicht, durch Hartz IV aufzustocken.<br />
Sie, Herr und Frau Schlecker, schaden so dem Solidarprinzip folgenden System der<br />
Sozialversicherungen, dem durch ihr tarifpolitisches Agieren Beitragseinnahmen entzogen<br />
werden.<br />
Die Ausbeutung von Frauen durch Sie, Herr und Frau Schlecker und die Bedingungen,<br />
unter denen ihre Beschäftigten arbeiten müssen, verurteilen wir scharf.<br />
Die Lebensrealität der bei Ihnen beschäftigten Frauen bedeutet: ständige Angst vor<br />
Jobverlust (vor allem bei den Mitarbeiterinnen, die noch nach Tarif bezahlt werden) und<br />
permanente Angst vor Überfällen! Auch dieser Druck ist eine Form von Gewalt:<br />
strukturelle Gewalt! Eine Form von Gewalt, die Sie auf Ihre Beschäftigten ausüben.<br />
Die Billigung von Gefahren für die in Ihren Filialen beschäftigten Frauen, verbunden mit<br />
Ihrer Tarifflucht ist aus unserer Sicht schlicht menschenverachtend und noch kaum zu<br />
überbieten.<br />
Nehmen Sie das Neue Jahr als Chance für ein Umdenken wahr:<br />
Handeln Sie verantwortungsbewusst, zahlen Sie Mindestlöhne, lassen Sie flächendeckend<br />
Betriebsräte in Ihren Filialen zu, schließen Sie einen Sicherheitstarifvertrag mit ver.di ab.<br />
<strong>Eigentum</strong> <strong>verpflichtet</strong>.<br />
Mit solidarischen Grüßen<br />
Bärbel Beuermann<br />
Stellvertr. Landessprecherin<br />
DIE LINKE NRW<br />
c/o DIE LINKE. NRW<br />
Corneliusstraße 108<br />
40215 Düsseldorf<br />
Jürgen Klute<br />
MdEP DIE LINKE<br />
Europäisches Parlament<br />
Rue Wirtz 60 /<br />
APS 06F 254<br />
B – 1047 Bruxelles<br />
Veronika Buszewski<br />
Präsidiumsmitglied<br />
Landesrat<br />
DIE LINKE NRW<br />
Ingrid Remmers<br />
MdB DIE LINKE<br />
Deutscher Bundestag<br />
Platz der Republik 1<br />
11011 Berlin<br />
2<br />
Holger Vermeer<br />
Landesarbeitsgemeinschaft<br />
(LAG) Betrieb&Gewerkschaft<br />
DIE LINKE NRW<br />
c/o DIE LINKE. NRW<br />
Corneliusstraße 108<br />
40215 Düsseldorf