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HÄBERLI AUSERWÄHLT - Alfredo Häberli

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WOHNENDESIGNER<br />

am nächsten Tag topfit und hatte die besten<br />

Ideen. Aber was auch wichtig ist: Wenn man<br />

einen Preis bekommt, wie jetzt bei der „Kortrijk<br />

Guest of Honour“, muss man das auch<br />

zu schätzen wissen.<br />

Sie haben Kortrijk angesprochen: Was<br />

ist zu erwarten?<br />

Wir gestalten ganze 1.500 Quadratmeter<br />

Ausstellungsfläche. Und das für kleine Produkte.<br />

Aber wir werden das hinbekommen.<br />

Hält man sich da aufgrund seiner Prominenz<br />

in Zürich manchmal zurück?<br />

Das ist mir total egal. Ich lebe nur einmal und<br />

bin immer gleich. Ich habe auch mit meinen<br />

Kunden Spaß, bin aber professionell. Das<br />

ist ein Teil von mir. Wenn das jemand dann<br />

nicht akzeptiert, dann eben nicht. Ich tanze<br />

viel. Manche Menschen schätzen das falsch<br />

ein. Sie denken: Der macht sich lächerlich,<br />

088 H.O.M.E.<br />

Nein. Obwohl <strong>Häberli</strong><br />

in Argentinien geboren<br />

worden ist, hält er<br />

nichts von Fußball<br />

Ja. Der Mann gibt offen<br />

zu: Sex ist ein guter<br />

Problemlöser. Liegt an<br />

der totalen Entspannung<br />

danach<br />

„Ich bin nicht<br />

zufrieden, ich habe<br />

das Niveau noch<br />

nicht erreicht, findet<br />

ihr das auch?“<br />

wenn er hier so die Sau rauslässt. Aber<br />

im gleichen Moment ist es genial. In mir<br />

schlummern eben zwei Seiten. Und ich<br />

schwitze gerne!<br />

Schon mal eine Nacht in einer Ausnüchterungszelle<br />

verbracht?<br />

Nein, das nun auch wieder nicht. Höchstens<br />

mal auf einer Bank im Büro, weil ich mich<br />

nicht nach Hause getraut habe.<br />

Ist es Ihnen wichtig, dass man ein Produkt<br />

mit Ihrem Gesicht verbindet?<br />

Ich bin ein großer Liebhaber – und das habe<br />

ich erst in der Schweiz gelernt – von anonymen<br />

Gegenständen, wie dem Kartoffelschäler<br />

oder dem Schweizer Sackmesser. Ideen,<br />

die mit einem kommunizieren, aber man<br />

weiß nicht, wer dahintersteckt. Natürlich<br />

wollen Firmen den Namen eines Designers.<br />

Aber ich versuche, dass das Produkt kommuniziert.<br />

Da ich keine so klare Handschrift<br />

wie ein Marc Newson habe, muss man zweimal<br />

hinsehen. Dann erkennt man schon den<br />

<strong>Häberli</strong>, aber nicht auf den ersten Blick. Das<br />

wäre mir zu plump. Das ist auch der Grund,<br />

warum es einige Zeit gedauert hat, bis ich<br />

international anerkannt wurde.<br />

Ihre Trademark ist nicht das Schreiende.<br />

Sie ordnen sich mehr dem Produkt<br />

unter. Würden Sie sagen, im Detail liegt<br />

Ihre Stärke?<br />

Ja, das kann man so sagen. Das verhält sich<br />

ähnlich wie bei dem Beispiel mit dem Kind:<br />

Man muss die Begabung haben, das Glas<br />

mit anderen Augen zu sehen. Wenn dir das<br />

gelungen ist, hast du das Vertrauen in dich.<br />

Denn ein neuer Stuhl, ein neues Glas, das<br />

sind schwierige Momente. Wir versuchen<br />

eine Rechtfertigung zu finden, warum wir<br />

etwas Neues entwerfen. Die 80er Jahre,<br />

als ich in Zürich studiert habe, waren sehr<br />

negativ. Viele Drogen, Konsum war out.<br />

Ich bin noch heute extrem gegen Konsum.<br />

Deswegen suche ich ja diese kleinen Entdeckungen,<br />

etwas, das noch keiner gedacht<br />

hat, wie zum Beispiel einen Kleiderbügel mit<br />

einem Griff.<br />

Hatten Sie immer ein Grundvertrauen<br />

in sich selbst?<br />

Ich habe beides in mir. Vertrauen und großes<br />

Selbstbewusstsein habe ich durch meine<br />

Eltern erlangt. Sie haben uns gefördert, aber<br />

nicht durch Schulen und Geld, sondern indem<br />

sie gesagt haben: Designer zu werden<br />

ist hart, aber wenn du es willst, schaffst du<br />

es auch. Aber ohne meine Fragen und Zweifel<br />

würde ich nicht weiterkommen, sondern<br />

wäre nicht mehr als ein arroganter Kerl. Ich<br />

bin sehr langsam beim Entwickeln meiner<br />

Ideen. Ich hinterfrage mich immer selbst und<br />

spreche das auch gegenüber Kunden aus,<br />

etwa in der Art: „Ich bin nicht zufrieden, ich<br />

habe das Niveau noch nicht erreicht, findet<br />

ihr das auch?“<br />

Sind Sie der Typ Mensch, dem Freunde<br />

stets rieten: „Mensch, <strong>Alfredo</strong>, verkaufe<br />

dich doch besser. Sei nicht so<br />

ehrlich!“<br />

Ja, sicher, das habe ich auch schon zu hören<br />

bekommen. Darum bin ich wahrscheinlich<br />

so zufrieden. Ich habe sechs Mitarbeiter. Wir<br />

beziehen alle Lohn und haben einen traumhaften<br />

Job. Was kann ich machen: noch eine<br />

Million, noch ein Haus, noch ein Auto? Da<br />

habe ich viel zu viel in der Schweiz gelernt.<br />

Es reicht doch. Ich teile. Das ist mein Leben.<br />

So lebe ich meine Kindheit weiter. Aber alles<br />

ist ehrlich erarbeitet. Nichts ist geschenkt.<br />

Gibt es etwas, das Sie für Ihre Arbeit<br />

nicht verwenden würden?<br />

Natürlich. Aber ich bin da sehr neutral. Über<br />

die Gewehr-Lampen von Philippe Starck<br />

habe ich mich aufgeregt, eigentlich grundlos.<br />

Ich dachte mir: Wie erkläre ich das meinem<br />

Sohn? Das ist Ironie, aber ist die so toll? Die<br />

Form an sich oder die Methodik, auf die Idee<br />

für eine neue Lampe zu kommen, finde ich<br />

genial. Aber als ich es gesehen habe, war ich<br />

enttäuscht und wütend.<br />

Kann man einen Klassiker wie das<br />

Schweizer Taschenmesser noch neu<br />

designen?<br />

Natürlich, man kann extrem viel verbessern.<br />

Ich bekomme die Klinge bei diesen Dingern<br />

manchmal gar nicht heraus und breche mir<br />

die Fingernägel.

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