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Hartmut Brocke, Stiftung SPI Januar 2007 Artikel Newsletter BBE ...

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<strong>Hartmut</strong> <strong>Brocke</strong>, <strong>Stiftung</strong> <strong>SPI</strong><br />

<strong>Januar</strong> <strong>2007</strong><br />

<strong>Artikel</strong> <strong>Newsletter</strong> <strong>BBE</strong><br />

Bürgerschaftliches Engagement und Freiwilligenarbeit - ihr Stellenwert im Rahmen der lokalen<br />

Umsetzung der Bund/Länder Gemeinschaftsinitiative „Die Soziale Stadt“ und „E&C“. 1<br />

Die Gewinnung einer Vielzahl von Akteuren war von Beginn des Programms „Soziale Stadt“<br />

elementarer Bestandteil bei der Umsetzung. Für die Umsetzung des Programms „E&C“ und die<br />

Konzeption der Angebote durch die Regiestelle E&C standen zunächst spezifische Zielgruppen im<br />

Vordergrund, darunter Vertreter/innen der Bundes- und Landesebene, der Städte und Gemeinden, der<br />

Landkreise, der bundeszentralen freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe, des<br />

Quartiersmanagements sowie Handelnde der Stadtentwicklungsplanung, Sozial-, Jugend- und<br />

Familienämter, Arbeitsämter (Arbeitsagenturen, Jobcenter), Schulen, Kindertagesstätten,<br />

Jugendeinrichtungen, Jugendmigrationsdienste, Volkshochschulen, Wirtschaftsförderung und<br />

Berufsbildung. Dieser Beteiligungsansatz reflektiert in besonderem Maße die vorhandenen<br />

städtebaulichen und insbesondere die sozialen, ökonomischen Problemlagen der Bewohner/innen<br />

solcher sozialen Brennpunktgebiete und geht von der Prämisse aus, dass soziale Integration ohne<br />

Beteiligung und Partizipation nicht zu erreichen ist. Soziale Integration wird als eine Leistung aller<br />

Gesellschaftsmitglieder – gleich welcher Herkunft verstanden. Durch ihre Handlungen wird das<br />

Soziale konstituiert. Ohne diese freiwilligen Anstrengungen ist sozialer Zusammenhalt nicht zu haben.<br />

Soziale Integration meint deshalb die: 2<br />

- Teilhabe und Teilnahme an den Funktionssystemen der Gesellschaft (Recht, Bildung, Arbeits- und<br />

Wohnungsmarkt, Politik/Wahlen, soziale Sicherung),<br />

- rechtliche Gleichstellung (Teilnahme an Wahlen, Chancen der politischen Selbstorganisation),<br />

- Integration in Erwerbsarbeit,<br />

- lebensweltliche Vergemeinschaftung durch Gruppenzugehörigkeiten (soziale Milieus, Peers,<br />

ethnische Gemeinschaften, interethnische soziale Kontakte),<br />

- soziale Anerkennung,<br />

- Chancen zur kulturellen Entfaltung,<br />

- Teilhabe und Teilnahme an Verständigungsprozessen.<br />

In den Gebieten der „Sozialen Stadt“/E&C gibt es inzwischen vielfältige entwickelte Strukturen mit<br />

lokal unterschiedlichen Traditionen und Ausprägungen. Institutionalisierte Gremien bieten den<br />

Bewohnern/innen aktive Teilhabe an der Planung und Durchführung von Projekten. Die von<br />

Bewohnerinitiativen selbstorganisierten Veranstaltungen und Projekte bieten Möglichkeiten zur<br />

Begegnung und zum Austausch. Neben diesen projektorientierten Arbeitsgruppen arbeiten<br />

Bewohner/innen in kontinuierlichen Gremien mit: Mieterbeiräte, Interessengemeinschaften,<br />

Zukunftswerkstätten.<br />

Mit den Vergabebeiräten, Begleitausschüssen, Vergabejurys, Quartiersfonds wurden Bewohner/innen<br />

sozialer Brennpunkte direkt in Entscheidungsprozesse eingebunden. Gerade dadurch konnten neue<br />

Akteure für das Gebiet gewonnen und aktiviert werden. Quartiersforen dienen der regelmäßigen<br />

Information der Bewohner/innen über die Quartiersmanagement-Arbeit und Quartiersbelange. Auf die<br />

Teilnahme und die Teilhabe von Bewohnern/innen nichtdeutscher Herkunft wird dabei<br />

außerordentliche Aufmerksamkeit verwendet.<br />

1 Hierzu: Leitlinien der ARGEBAU 2005, www.sozialestadt.de und E&C, „Entwicklung und Chancen junger<br />

Menschen in sozialen Brennpunkten“, Komplemantärprogramm 2000-2006 des BMFSFJ, Archiv www.eundc.de<br />

2 <strong>Stiftung</strong> <strong>SPI</strong>; Angebot Regiestelle E&C, 2000, www.eundc.de


Im Rahmen der Arbeit der Programmplattform E&C ist es gelungen, dass die Jugendämter und die<br />

freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe zu aktiven und gestaltenden Akteuren der sozialen<br />

Erneuerungsstrategien in sozialen Brennpunkten geworden sind. In dem Maße, wie die<br />

städtebaulichen Erneuerungsbedarfe in Wohnumfeldverbesserung sowie soziale Infrastrukturbauten<br />

fortgeschritten sind, zeigt sich, dass die Projekte, Maßnahmen und Dienste, die soziale Integration und<br />

aktive Hilfen für Eltern, Kinder und Jugendlichen, Bündnisse für Familie, Bündnisse für Arbeit und<br />

Bildung zum Thema haben (insbesondere auch zu Fragen der Vermittlung von sozialen und<br />

ausbildungsbezogenen Schlüsselqualifikationen), zum Zentrum der sozialraumbezogen<br />

Handlungsstrategien werden. Diese Schwerpunktverlagerung vom Städtebaulichen zum Sozialen ist in<br />

allen E&C/„Soziale Stadt“- Gebieten zu verzeichnen. Auffallend ist, dass Jugendliche in den o.g.<br />

Strukturen wenig bis gar nicht vertreten sind, bzw. sich dort nicht engagieren.<br />

Die Quartiersmanagements organisieren hinsichtlich der Partizipation von Jugendlichen meist<br />

temporäre Sonderfälle, ergänzend schaffen (wenn vorhanden) Kinder- und Jugendbüros punktuelle<br />

Möglichkeiten der Einflussnahme. Jugendinteressen werden meist durch Dritte vertreten, die<br />

Jugendlichen repräsentieren sich jedoch nicht ausreichend selber und es fehlen authentische<br />

Übungsfelder. 3<br />

Aus der Tradition der Beteiligungsverfahren der Stadt- und Regionalplanung einerseits und den<br />

Erfahrungen und Kompetenzen der Kinder- und Jugendhilfe ist der Beteiligungsansatz im Rahmen<br />

dieser Programme mit den nationalen und internationalen Diskursen zur „Zivilgesellschaft“ und<br />

„Governance“ und „Partizipation“verbunden und differenziert worden. 4<br />

Zivilgesellschaft<br />

Die Enquete-Kommission „Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements“ 5 hat im Juni 2002 ihre<br />

Arbeit abgeschlossen und den Bericht an den Bundestagspräsidenten übergeben. Der Bericht setzt sich<br />

mit dem Leitbild einer Bürgergesellschaft auseinander, die geprägt ist durch Selbstorganisation,<br />

Mitgestaltungsmöglichkeiten und Gemeinwohlverantwortung. In den Bereichen Sport, Kultur,<br />

Soziales, Gesundheit, Schule, Vereine, Unternehmen, Gewerkschaften bietet der Bericht der Enquete-<br />

Kommission eine Art Bestandsaufnahme/Situationsbeschreibung, gibt Handlungsempfehlungen und<br />

macht Vorschläge zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts über die Verbesserung des<br />

Versicherungsschutzes bis zu einer allgemeinen steuerfreien Aufwandspauschale.<br />

Die Zivilgesellschaft braucht die Beteiligung der Bürger, ohne sie geht es nicht!<br />

„Der Begriff des bürgerschaftlichen Engagements ist eng verknüpft mit gesellschaftstheoretischen und<br />

–politischen Diskursen wie etwa Bürgergesellschaft, Gemeinsinn, Selbstermächtigung und<br />

Selbstorganisation…!“ 6 Hier geht es immer auch potentiell darum, kritische Öffentlichkeit zu sein.<br />

Eine unverdauliche Kost für Institutionen, die alle Fäden selbst straff in der Hand haben wollen. Ihnen<br />

hilft im wahrsten Sinne des Wortes allenfalls das klassische Ehrenamt, die „… stärker formalisierte, in<br />

Regeln eingebundene und dauerhafte Form des Engagements.“ 7<br />

Drei Prinzipien müssen dabei von Anfang an gewollt sein und praktiziert werden: 8<br />

• Mitwirkung von Beginn an. Nicht für andere denken und planen, sondern mit ihnen. (Prinzip<br />

„ad hominem“: für und mit konkreten Menschen)<br />

3 <strong>Brocke</strong>, H.; BMFSFJ-Programmplattform „Entwicklung und Chancen junger Menschen in sozialen Brennpunkten“ (E&C),<br />

2000 bis 2006; Bestandsaufnahme; Bilanzkonferenz 2006 Leipzig, www.eundc.de<br />

4 Hierzu: <strong>Brocke</strong>,H.;Partizipation von benachteiligten Kindern und Jugendlichen in E&C Gebieten, 2001,<br />

www.eundc,de<br />

5 Deutscher Bundestag, Schlussbericht Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“,<br />

Drucksache 14/8900, 2002<br />

6 Olk, Th. (2005) Bürgerschaftliches Engagement in: Kreft/Mielenz (Hg.),Wörterbuch Soziale Arbeit, 5. Aufl.<br />

Weinheim/München 2005<br />

7 ebenda<br />

8 <strong>Brocke</strong>, H. (2002), Soziale Arbeit als Koproduktion. 10 Empfehlungen zur Nachhaltigkeit, E&C Journal Nr 7,<br />

www.eundc.de


• Lebensentwürfe aufnehmen und bereichern: Das Ziel muss etwas mit dem Leben der<br />

Angesprochenen zu tun haben, darf es aber nicht „wiederholen“. (Prinzip von Distanz und<br />

Nähe)<br />

• Veränderungsbedarf und praktischen Erfolg anbieten: Machbares zum Thema machen.<br />

(Prinzip von Provokation und Eigeninitiative)<br />

Untersuchungen zum bürgerschaftlichen Engagement zeigen, dass die Formen des Engagements sich<br />

verändert haben. Wünsche nach Freiwilligenarbeit auf Zeit, nach einer Parallelisierung mit dem<br />

Lebenslauf, nach mehr Gestaltungsoptionen haben zugenommen. Die Linien zwischen Selbsthilfe und<br />

Fremdhilfe sind fließend (ohne diffus sein zu müssen), Mitleid tritt zugunsten von Verantwortung als<br />

Leitmotiv zurück. Es sind nach wie vor viele bereit und aktiv – ca. ein Drittel ist mit dabei, in den<br />

vielfältigen Formen vom Sport über die Kultur bis hin zu sozialen Engagements – doch sie haben<br />

keine Dauerkarte gelöst, weder zeitlich noch für dieselbe Veranstaltung.<br />

Governance<br />

Auf internationaler, insbesondere europäischer Ebene wird diese Strategie der Modernisierung des<br />

öffentlichen Handelns als „Good Governance“ bezeichnet. Diese Modernisierung des öffentlichen<br />

Handelns beruht auf fünf Grundsätzen:<br />

Den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber ist eine aktive Informations- und Kommunikationsstrategie<br />

zu verfolgen, die deren Sprache verwendet, um ihnen verständlich zu machen, wie die politischen<br />

Entscheidungen in ihrem Gemeinwesen getroffen werden, die sie betreffen (Offenheit). Es ist dafür zu<br />

sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger konsultiert und verstärkt in die sie betreffenden<br />

Entscheidungen sowie ganz allgemein in das Leben ihrer Gemeinschaft einbezogen werden<br />

(Partizipation).<br />

Es muss eine neue strukturierte Form der Zusammenarbeit zwischen den gesetzlich zuständigen<br />

Ämtern, und Institutionen entwickelt werden, um auf den entsprechenden Entscheidungsebenen<br />

konkrete Lösungen zu finden, die den Bedürfnissen der Bevölkerung Rechnung tragen<br />

(Verantwortlichkeit). Die Ressource, die die Gemeinde an den Bürgerinnen und Bürgern hat, ist besser<br />

zur Geltung zu bringen, damit diese zur Bewältigung der gesellschaftlichen Herausforderungen, zum<br />

Erfolg der verschiedenen sie betreffenden Maßnahmen und zum Funktionieren des Gemeinwesens von<br />

morgen beitragen können (Effektivität). Es ist eine umfassende Strategie zu entwickeln, in der die<br />

verschiedenen Politiken und die jeweiligen Entscheidungsebenen entsprechend koordiniert sind<br />

(Kohärenz).<br />

Neue Gestaltungsfreiräume sollen durch hinzutretende Akteure gefüllt werden, die damit mehr<br />

gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Zentrale Voraussetzung für die Übernahme von<br />

Verantwortung und Mitgestaltung sind transparente Strukturen unter den Gesichtspunkten von<br />

Kommunikation, Partizipation und Legitimation. Die Strategien von „Good Governance“ setzen auf:<br />

• die Gewinnung tatkräftiger Kooperationspartner durch Klarheit der Ziele,<br />

• den Respekt und das wechselseitige Vertrauen der Partner,<br />

• die Enttabuisierung wichtiger Themen durch Öffentlichkeitsarbeit,<br />

• die Offenheit der weiteren Teilnehmer/innen,<br />

• die externe Kontrolle durch Offenlegung zentraler Informationen,<br />

• die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz der Kooperationen durch Legitimität,<br />

• die Veränderung im jeweiligen Rollenverständnis als Teil der Gesamtgesellschaft,<br />

• die Entwicklung neuer, am Bild der Zivilgesellschaft orientierter Steuerungsinstrumente,<br />

• die Entwicklung von Methoden der Netzwerkarbeit.<br />

Partizipation<br />

Partizipation wird verstanden als Teilhabe an der Zivilgesellschaft und betrifft lebensweltliche<br />

Verantwortung, bürgerschaftliches Engagement und Freiwilligenarbeit. Partizipation bedeutet,<br />

Teilnahme am politischen Entscheidungsprozess, der grundsätzlich immer – mindestens als


Intervention – möglich sein muss. Partizipation spiegelt die demokratischen Tugenden<br />

Selbstbestimmung, Reflexivität, soziale Sensibilität und Solidarität, wie die Ausbildung von<br />

Verantwortung wider.<br />

Beteiligungsformen und neue Steuerung<br />

Beteiligung und neue kommunale Steuerung in den Gebieten der Sozialen Stadt/E&C finden in sehr<br />

unterschiedlichen Verfahrensweisen statt. Es gibt:<br />

- offene Beteiligungsformen,<br />

- projektorientierte Beteiligungsverfahren,<br />

- Mitwirkung in Erwachsenenorganisationen,<br />

- medienorientierte Beteiligung,<br />

- Selbstverwaltung und Selbstorganisation,<br />

- repräsentative Beteiligungsformen.<br />

Diese Beteiligungsformen reichen somit von der Teilhabe an Aktivierungs- und Gestaltungsprozessen<br />

durch Selbstbestimmung bis zur Teilhabe an Mitbestimmung und Mitwirkung an bestehenden<br />

Institutionen, Gremien und anderen Organisationsformen.<br />

Entscheidend für die Qualität und Nachhaltigkeit dieser Beteiligungsformen ist die jeweilige<br />

Zielperspektive. So können Beteiligungsverfahren zwar durch Erwachsene initiiert bzw. durch<br />

Kooperation mit Erwachsenen gekennzeichnet sein, wenn der Expertenstatus der Kinder und<br />

Jugendlichen für ihre Belange bei diesen selbst bleibt.<br />

Auch die punktuelle Beteiligung im Rahmen einzelner Projekte oder Initiativen gewinnt ihren Wert,<br />

wenn sie die Regelhaftigkeit und Langfristigkeit zum Ziel hat. Auch die Angebote von bestehenden<br />

Institutionen, Organisationen, Verbänden zur Mitwirkung stellt eine Beteiligungsoption für die<br />

Jugendlichen dar, das in der Weise, als dass sie sich prinzipiell jedem jungen Menschen öffnen.<br />

Gerade die Beteiligungsverfahren im Öffentlichkeitsbereich, verbunden mit einer medialen Strategie<br />

werden oft als „Eventpartizipation“ bezeichnet und damit diskriminiert. Beteiligungsverfahren sollen<br />

Öffentlichkeit im Sinne der Interessen und Bedürfnisse von Jugendlichen herstellen. Hier ist der<br />

Maßstab anzulegen, dass punktuelle und medienwirksame Initiativen als Ziel die Regelhaftigkeit und<br />

Langfristigkeit aufzunehmen haben.<br />

Als Voraussetzung für die Wirksamkeit der neuen Steuerung in sozialen Räumen werden die<br />

allgemeinen Politikziele, wie Bekämpfung sozialer Ausgrenzung, Erwerb von Zukunftskompetenzen<br />

für Kinder, Jugendliche und deren Familie, die Stärkung von Eigenverantwortung und sozialem<br />

Engagement auf die lokale Ebene übersetzt. Dies hat zu einer Neufestlegung eines abgestimmten<br />

kooperativen Mixes von Verantwortlichkeit zwischen den Beteiligten geführt. Hinweise, Indikatoren<br />

bei der Auswahl der Standorte für dieses Modellprogramm können gefunden werden<br />

- auf der Ebene strategischer Zielsetzungen (Entwicklung kommunaler und lokaler Ziele,<br />

Aktionspläne),<br />

- auf der administrativen Ebene (Ämternetzwerk, Sozialraumorientierung),<br />

- auf der methodischen Ebene (Leitlinien, Zeitpläne, quantitative und qualitative Indikatoren,<br />

Instrumente der Evaluierung, Bewertung und Prüfung),<br />

- auf der sozialräumlichen Ebene (Organisation der Hilfen und Dienste im präventiven und<br />

ursachenbezogenen Bereich, Flexibilisierung der Hilfen, lebensweltnahe Angebote, Akteure und<br />

Initiativen, die in eine lokale Netzwerkstruktur eingebunden sind, die bisher nicht erreicht<br />

wurden),<br />

- auf der Aktionsebene (soziale Integration im Wohnumfeld durch die Entwicklung einer neuen<br />

Kooperationsbeteiligungskultur sowohl auf Ämterebene wie auf der Ebene der privaten Akteure<br />

sowie eine mittelfristige Strategie zur Verbesserung der sozialen Integration im Wohnumfeld, im<br />

sozialen Nahraum).


Voraussetzung ist die aktive Beteiligung der sozialen Akteure, die Suche nach Synergien und<br />

Mehrwert und zielt auf Koproduktion und Co-Management in städtischen Handlungsfeldern. Für eine<br />

erfolgreiche Umsetzung des Konzepts sind Good Governance-Strategien der Steuerung und effizienten<br />

Koordinierung erforderlich. Der Aspekt der Steuerung und Koordinierung berührt Begriffe wie<br />

Delegation von Verantwortung, sektoren- und ressortübergreifendes Handeln, flexible Budgets,<br />

persönliches Engagement über die Grenzen der beruflichen Zuständigkeit hinaus, Transparenz,<br />

kritische Evaluierung und Validierung und die Beteiligung möglichst vieler gesellschaftlicher Akteure.<br />

Sozialräumlichkeit als neue Form der Politikgestaltung<br />

Sozialraumorientierung setzt den traditionellen Sozialstaatsprinzipien (Recht und Anspruch auf Hilfe,<br />

wenn ohne eigenes Verschulden in Not geraten; soziale Kontrolle abweichenden Verhaltens; kurativer<br />

Ansatz, d. h. Sozialpolitik wird wirksam, wenn sich die Probleme manifestiert haben;<br />

Individualisierung der Probleme zur Prüfung des Leistungsanspruchs; Defizitorientierung<br />

sozialstaatlicher Leistungen) eine neue Sichtweise gegenüber. Sozialräumliche Strategien und<br />

Handlungskonzepte zeichnen sich dadurch aus, dass sie:<br />

• ressourcenorientiert,<br />

• ressortübergreifend,<br />

• partizipativ,<br />

• synergetisch (nicht additiv),<br />

• integrativ,<br />

• aktiv und offen (kommunikativ),<br />

• intermediär,<br />

• formell, informell, non-formell verknüpfend,<br />

• regel- und fehlerfreundlich,<br />

• (selbst-)reflexiv,<br />

• lösungs- (statt trend-) orientiert sind.<br />

Sozialraumorientierung bedeutet ein Umdenken und einen Paradigmen- und Politikwechsel 9 , der nicht<br />

auf ein einzelnes Ressort wie die Jugendhilfe zu beschränken ist. Ausgehend von den (Bildungs-)<br />

Bedürfnissen von Kindern, Jugendlichen und Familien und den notwenigen Kompetenzen, die es zu<br />

erlangen gilt, sollen Strukturen, Dienstleistungen und Angebote umgestaltet werden.<br />

Sozialraumorientierung erfordert neue Formen des Verwaltungsdenkens und Handelns und basiert<br />

gleichzeitig auf einer neuen Kultur der Beteiligung: ohne die tatsächliche Partizipation der Betroffenen<br />

ist sie nicht zu verwirklichen. Sie zielt also auf ein Mehr an praktizierter Demokratie, an Teilhabe und<br />

auch an Effizienz! Zentrale Kennzeichen von Sozialraumorientierung sind 10 :<br />

• Empowerment (Perspektiven entwickeln, Projekte möglich machen, städtebauliche<br />

Investitionen konzentrieren und mit sozialen Infrastrukturpolitiken kombinieren),<br />

• lokale Partnerschaften, lokale Ökonomie,<br />

• Vernetzung und Verflechtung, soziale Arbeit als Koproduktion,<br />

• Partizipation (Bürgerbeteiligung, Stärkung der Stellung der betroffenen Kinder und<br />

Jugendlichen und ihrer Eltern, Selbsthilfe und soziales nachbarschaftliches Engagement),<br />

• Linkage-Politik (soziale Verantwortung der privaten Wirtschaft, Formulierung der<br />

Schnittstellen zwischen anderen Politikbereichen).<br />

9 aaO: <strong>Brocke</strong>, H.: Soziale Arbeit als Koproduktion, E&C Journal Nr. 7<br />

10 aaO, <strong>Stiftung</strong> <strong>SPI</strong>, Angebot Regiestelle E&C

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