Wertorientierung im Prozessmanagement ... - Der Lehrstuhl
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einschlägigen Arbeiten mit der fachlichen und technischen Prozessgestaltung (vom Brocke et al. 2009,<br />
S. 253).<br />
Diese Situation überrascht aus mehreren Gründen: Erstens liegen <strong>Prozessmanagement</strong>-Entscheidungen<br />
Investitionsprojekte mit unterschiedlicher Ertrags-/Risikoposition und Kapitalbindung zugrunde. Sie<br />
sollten aus der Natur der Sache heraus hinsichtlich ihrer Ertrags- und Risikowirkung auf die Unternehmenszielerreichung<br />
bewertet werden. Zwei Beispiele: Angenommen eine europäische Bank plante,<br />
die Digitalisierung eingehender Kundendokumente an mehrere Standorte in Südostasien auszulagern.<br />
Dies verspricht eine geringere Kapitalbindung als die Durchführung vor Ort. Demgegenüber steht jedoch<br />
das systemische Risiko solch lokal zentrierter Standortentscheidungen, dass aufgrund politischer<br />
Unruhen die Energie- oder Telekommunikationsnetze in Südostasien ausfallen und sich in einer Handlungsunfähigkeit<br />
der Bank niederschlagen können. Angenommen ein Hersteller von LCD-Displays<br />
plante, seinen Produktionsprozess gegen die zunehmende Rohstoffverknappung sowie die damit verbundene<br />
langfristig exponentielle und kurzfristig hochvolatile Preisentwicklung abzusichern (Buhl<br />
und Laartz 2008, S. 263). Trotz hoher Kapitalbindung scheint die Ausweitung des Produktionsprozesses<br />
„stromaufwärts“ durch den Erwerb einer Indium-Mine zunächst sinnvoll. Dem jedoch stehen aufgrund<br />
der mangelnden Erfahrung in der Urproduktion erhebliche Prozessrisiken gegenüber, die marktübliche<br />
Preisschwankungen <strong>im</strong> schl<strong>im</strong>msten Fall sogar überkompensieren können. Zweitens wurde<br />
der Bedarf, Prozesse in Hinblick auf einen möglichst hohen Beitrag zur Unternehmenszielerreichung<br />
zu gestalten, bereits frühzeitig erkannt (Kosiol 1976; Gaitanides 1983, S. 34ff; Nordsieck 1972) und in<br />
den 1990er Jahren bekräftigt (Mertens 1996; Mertens 1997; Frese 1995, S. 267 ff.). Drittens existiert<br />
mit der Wertorientierten Unternehmensführung ein in der betriebswirtschaftlichen Forschung etabliertes<br />
Paradigma, mit dessen Hilfe unter best<strong>im</strong>mten Voraussetzungen die Ertrags- und Risikowirkung<br />
von Entscheidungen auf die Unternehmenszielerreichung über Unternehmensbereiche, Hierarchiestufen<br />
und Bewertungsobjekte hinweg analysierbar ist (Coenenberg und Salfeld 2007, S. 3-13).<br />
Dies führt zu folgender Hypothese: Das <strong>Prozessmanagement</strong> <strong>im</strong> Allgemeinen und die Zielorientierung<br />
von <strong>Prozessmanagement</strong>-Entscheidungen <strong>im</strong> Speziellen haben sich weitestgehend unabhängig von den<br />
Erkenntnissen der Wertorientierten Unternehmensführung entwickelt.<br />
<strong>Der</strong> vorliegende Beitrag untersucht diese Hypothese und arbeitet die Forschungslücke hinsichtlich der<br />
<strong>Wertorientierung</strong> <strong>im</strong> <strong>Prozessmanagement</strong> heraus. Da die Hypothese bestätigt werden kann, werden<br />
zudem betriebswirtschaftlich fundierte Zielfunktionen auf <strong>Prozessmanagement</strong>-Entscheidungen übertragen.<br />
Dadurch soll ein Beitrag zum Brückenschlag zwischen Wertorientierter Unternehmensführung<br />
und prozessorientierter Organisationsgestaltung geleistet werden.<br />
Die weiteren Ausführungen gliedern sich wie folgt: Abschnitt 2 führt die Grundlagen der Wertorientierten<br />
Unternehmensführung als theoretischen Überbau des Beitrags ein und operationalisiert den Begriff<br />
„wertorientiert“ mittels mehrerer Anforderungen (Webster und Watson 2002, S. xiv). Abschnitt 3<br />
informiert über die Stichprobe aus <strong>Prozessmanagement</strong>-Publikationen, auf deren Grundlage die Forschungslücke<br />
herausgearbeitet wird und die Hypothese bestätigt werden kann. In Abschnitt 4 werden<br />
Zielfunktionen der Wertorientierten Unternehmensführung auf <strong>Prozessmanagement</strong>-Entscheidungen<br />
übertragen. In Abschnitt 5 werden die Ergebnisse kritisch gewürdigt und Implikationen aufgezeigt.<br />
2 Wertorientierte Unternehmensführung – Grundlagen und Anforderungen<br />
In der betriebswirtschaftlichen Forschung hat sich <strong>Wertorientierung</strong> als Leitbegriff der Unternehmensführung<br />
grundsätzlich durchgesetzt (Schultze und Hirsch 2005, S. 1). Bereits <strong>im</strong> Jahr 1986 legte<br />
Rappaport (1986) die theoretischen Grundlagen, die wenige Jahre später von Stewart und Stern (1991)<br />
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