Ziegelpresse 2010 - Keller AG Ziegeleien
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[ INNOVATION ]<br />
Flexbrick – wie ein Roboter ein Fassaden-<br />
system aus Sichtmauerwerk produziert<br />
Im September 2008 starteten wir zusammen<br />
mit der Assistenzprofessur Architektur<br />
und Digitale Fabrikation von<br />
Gramazio & Kohler das KTI-Projekt Flexbrick.<br />
Ziel der Entwicklung ist ein neues<br />
Fassadensystem aus Klinker oder Sichtsteinen,<br />
welches durch einen computertechnisch<br />
angesteuerten Industrieroboter<br />
völlig neue gestalterische Potenziale<br />
eröffnet und selbst komplexe gestalterische<br />
Prinzipien unmittelbar ermöglicht.<br />
Dank unserer R-O-B-Unit sind wir in der<br />
Lage, solche Bauteile in Pfungen herzustellen.<br />
Der Aufbau der Fassade soll sich<br />
von den bekannten zweischaligen Konstruktionen<br />
abheben. Angestrebt wird<br />
eine leichte Konstruktion, die lediglich<br />
aus dem Flexbrick-Element mit innen applizierter<br />
Dämmung besteht.<br />
Die grösste Herausforderung des gesamten<br />
Forschungsprojekts liegt in der Verar-<br />
beitung des Materials Backstein mit<br />
einem sehr genauen und deswegen<br />
toleranzempfindlichen maschinellen<br />
Verarbeitungsprozess. Die lokalen Ungenauigkeiten<br />
und die durch Strangpressverfahren<br />
und den Trocknungsprozess<br />
leicht verzogene Geometrie des Backsteins<br />
addieren sich in der Stapelung<br />
der Lagen. Das führt zu gravierenden<br />
Massabweichungen. Um dies zu vermeiden,<br />
wurde eine vollautomatische Toleranzmessung<br />
in den Prozess integriert<br />
und mit mehreren eigens entwickelten<br />
Systemen zur Toleranzkompensation<br />
gekoppelt. Die konstante Messung der<br />
Abweichungen erlaubt ein gezieltes Intervenieren<br />
in den Prozess. Dazu stehen<br />
verschiedene Kompensationsstrategien<br />
bereit. Überraschend ist hierbei, dass mit<br />
einer nur geringen Anzahl an Interventionen<br />
ein Bauteil von hoher Präzision<br />
hergestellt werden kann, wohingegen bei<br />
einer Produktion ohne Kompensation<br />
sich schon geringe lokale Abweichungen<br />
dramatisch auf das Bauteil auswirken.<br />
Produktion von Testwänden an der ETH Zürich<br />
6<br />
Die nun erreichbare, hohe Massgenauigkeit<br />
der Elemente erlaubt ein präzises<br />
und nahtloses Fügen einzelner Flexbrick<br />
Fertigteile in vertikaler und horizontaler<br />
Ebene.<br />
Als Alternative zu den bekannten Klinkerformaten<br />
wurde ein spezieller Flexbrick-Stein<br />
hergestellt. Da im roboterbasierten<br />
Herstellungsprozess durch die<br />
Klebetechnik keine Mörtelfuge ausführbar<br />
ist, bildet eine beidseitig im Flexbrick-Stein<br />
eingearbeitete Nut die fehlende<br />
Lagerfuge präzise nach. Mit dem<br />
Vorteil zweier gleichwertiger Sichtseiten<br />
ergibt sich eine bisher nicht erreichte optische<br />
Qualität.<br />
Wichtig für eine Anwendung in konkreten<br />
Bauprojekten ist, dass der entwickelte<br />
roboterbasierte Produktionsprozess<br />
nicht nur mit dem eigens entwickelten<br />
Flexbrick-Stein, sondern auch mit den<br />
bekannten Klinkerformaten erfolgreich<br />
getestet werden konnte.<br />
Die weiteren Herausforderungen sind<br />
der statische Nachweis und die Befestigung<br />
der Flexbrick-Elemente. Im<br />
Vergleich zu einer traditionellen Sichtstein-<br />
oder Klinkerwand sind die neuen<br />
Elemente leicht und schmal. Die Wände<br />
müssen genügend Zug- und Biegezugwiderstand<br />
haben, um die auftretenden<br />
seitlichen Kräfte aufnehmen zu können.<br />
Mit verschiedenen Tests wurden in den<br />
letzten Monaten die Eigenschaften der<br />
verklebten Klinkersteine ermittelt. Mit<br />
diesen Daten erarbeiten wir ein Befestigungskonzept.<br />
Im August wurde ein weiterer<br />
Prototyp in unserem Werk in Pfungen<br />
gebaut und anschliessend getestet.<br />
Das KTI-Projekt Flexbrick dauert noch<br />
bis im Herbst <strong>2010</strong>.<br />
Möglicher Wandaufbau und Detailstudien<br />
Prototyp eines Flexbrick-Elements mit Steindrehung<br />
Prototyp eines Flexbrick-Elements ohne Steindrehung, hängend zum Testen der Befestigung<br />
<strong>Ziegelpresse</strong> Nr. 22, September <strong>2010</strong>