14.03.2013 Aufrufe

HAND(LUNGS)BUCH - Otelo

HAND(LUNGS)BUCH - Otelo

HAND(LUNGS)BUCH - Otelo

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

CC BY-SA-NC 3.0<br />

Version 1.0<br />

Stand: 24.11.2012<br />

<strong>HAND</strong>(<strong>LUNGS</strong>)<strong>BUCH</strong><br />

Das Handlungsbuch als Anregung und Einladung zum<br />

Handeln, Mitgestalten und Multiplizieren von OTELO,<br />

im Bewusstsein:<br />

„Das OTELO-Modell ist zwar immer unfertig<br />

aber schon sehr ansteckend!“


Rahmen<br />

Projekt: ID-Nummer: 30264LD Netzwerk-<strong>Otelo</strong>-Werknetz<br />

Autor/innen = Redaktionsteam<br />

Martin Hollinetz, OTELO<br />

Georg Ottinger, OTELO<br />

Hannelore Hollinetz, OTELO<br />

Richard Schachinger, OTELO<br />

Wolfgang Mader, SPES GmbH<br />

Alexander Hader, SPES GmbH<br />

Katharina Haider, SPES GmbH<br />

Gast- und Coautor/innen<br />

Sarah Funk, ScienceCenter-Netzwerk<br />

Raffaela Then, Ashoka Österreich<br />

Stefan Haslinger, KUPF Oberösterreich<br />

Ambros Pree, elements consult<br />

Veronika Ratzenböck, Anja Lungstraß, Xenia Kopf<br />

österreichische kulturdokumentation. internationales archiv für kulturanalysen<br />

Thomas Duschlbauer, Kreatives OÖ<br />

Bgm in Uli Böker, Ottensheim<br />

Bgm. Herbert Brunsteiner, Vöcklabruck<br />

Sigrid Ecker, OTELO Ottensheim<br />

Josef Aigner, OTELO Gmunden<br />

Angelika Zachl, SPES Rio+20 Praktikantin<br />

Fotoquellen: Die Fotos stammen aus privaten Quellen und da vor allem von Josef Aigner, der die<br />

Fotos für die Veranstaltung am 24.11.2012 als Präsentation aufbereitet hat und Martin Hollinetz<br />

Ein Projekt im Rahmen des Programmteils impulse<br />

Förderungsmaßnahme impulse LEAD<br />

mit Unterstützung des Bundesministerium für<br />

Wirtschaft, Familie und Jugend


INHALTSVERZEICHNIS<br />

1) INTRO .......................................................................................................................... 5<br />

2 JAHRE OTELO – (UN)FERTIG UND ANSTECKEND ....................................................................................... 5<br />

LUST VOR LEISTUNG .......................................................................................................................................... 5<br />

OTELO NOW – EINE OFFENE ZUKUNFT DES MÖGLICHEN ......................................................................... 5<br />

2) DIE OTELO CHARTA ....................................................................................................... 7<br />

3) WARUM OTELO? .......................................................................................................... 9<br />

SYSTEMISCHER FREIRAUM ................................................................................................................................ 9<br />

RAUM UND ZEIT FÜR IDEEN ........................................................................................................................... 12<br />

DRUCK RAUS! LUST REIN! .................................................................................................................................. 12<br />

INNOVATIONSRÄUME IN REGIONEN................................................................................................................... 12<br />

4) OTELO IM KONTEXT DER GESELLSCHAFT – EXTERNE BETRACHTUNGEN & SICHTWEISEN<br />

.................................................................................................................................. 14<br />

AUS DEM LOG<strong>BUCH</strong> DER ERSTEN OTELOS ........................................................................................................ 14<br />

KUPF – KULTURPLATTFORM OBERÖSTERREICH ................................................................................................ 19<br />

EIN VERSUCH HERAUSZUFINDEN WAS OTELO IST? .......................................................................................... 19<br />

WAS HAT OTELO MIT SOZIALER INNOVATION ZU TUN? EINE ANNÄHERUNG .................................................. 23<br />

OTELO IMPULSGEBER DES REGIONALKAPITAL .......................................................................................... 28<br />

OTELO OFFENES TECHNOLOGIELABOR ...................................................................................................... 35<br />

OTELO IN O-HEIM GELANDET! ..................................................................................................................... 39<br />

EINE CHANCE, DIE GENUTZT WURDE – OTELO IN VÖCKLABRUCK .................................................................... 40<br />

DAS POSTMODERNE KÖNNEN ........................................................................................................................ 41<br />

PERSÖNLICHE ZUGÄNGE - KURZSTATEMENTS VON OTELO NUTZERINNEN ........................................... 44<br />

5) ENTSTEHUNGSPROZESS OTELO – SOFT FACTS ............................................................. 47<br />

ENTSTEHUNGSPROZESSE AUS GEMEINDE- UND REGIONALENTWICK<strong>LUNGS</strong>SICHT ............................................ 47<br />

DAS PULSIEREN UNFERTIGER ORGANISATIONEN .............................................................................................. 48<br />

PHASEN EINER OTELO ENTSTEHUNG .............................................................................................................. 53


GEDANKEN ZUR ORGANISATIONSENTWICKLUNG/-STRUKTUR DER STANDORTVEREINE .................................. 63<br />

6) RAHMENBEDINGUNGEN – HARD FACTS ...................................................................... 68<br />

STANDORT ........................................................................................................................................................ 68<br />

FINANZIERUNGSGRUNDLAGE ......................................................................................................................... 69<br />

7) LEBENDIGES NETZWERK ............................................................................................. 70<br />

COMMUNITY BUILDING ................................................................................................................................... 70<br />

OTELO PUBLIC JUMP ..................................................................................................................................... 72<br />

LEBENDIGES, OFFENES OTELO (OTELO SERVICES)................................................................................ 76<br />

8) MODELL KNOW-HOW – INTERNATIONAL .................................................................... 81<br />

FABLAB ............................................................................................................................................................ 81<br />

HACKERSPACE ................................................................................................................................................. 81<br />

COWORKING ..................................................................................................................................................... 82<br />

UNPERFEKTHAUS IN ESSEN ............................................................................................................................ 82<br />

THE HUB ......................................................................................................................................................... 82<br />

BETAHAUS ........................................................................................................................................................ 83<br />

OSTSINN ........................................................................................................................................................... 83<br />

SPEKTRAL ......................................................................................................................................................... 83<br />

9) STOLPERSTEINE AM WEG ........................................................................................... 84<br />

10) PROZESSBEGLEITUNG OTELO ............................................................................... 86<br />

11) ANHÄNGE ............................................................................................................ 87<br />

PRÄSENTATION OTELO VON MARTIN HOLLINETZ .................................................................................... 87<br />

MUSTERSTATUTEN FÜR STANDORTVEREINE: ...................................................................................... 95<br />

K Intro<br />

4


1) Intro<br />

2 Jahre OTELO – (un)fertig und ansteckend<br />

Die Idee, Opas Bastelkeller für die heutige Zeit im ländlichen Raum neu zu erfinden und in ihm auch<br />

ein disziplinen- und generationen-überspannendes Community Building anzuregen, hat<br />

gesellschaftliche Kraft und befriedigt ein dringendes Bedürfnis. OTELO, das 2010 im Salzkammergut<br />

gegründete Offene Technologielabor, ist über die ersten Gemeinden Gmunden und Vöcklabruck<br />

hinaus gewachsen, hat sich über Oberösterreich ausgebreitet, wo in Kirchdorf, Ottensheim und<br />

Vorchdorf bereits weitere OTELOs entstanden sind. Sogar in Deutschland, in Angermünde bei Berlin,<br />

haben Begeisterte ein Offenes Technologielabor geschaffen. Auch an anderen Standorten laufen<br />

Vorbereitungen zur Gründung von OTELO Standorten.<br />

Lust vor Leistung<br />

OTELO schreibt in seiner Charta, dass die Lust am Kreativsein das allererste Ziel ist, dass alles was in<br />

den Kleinlaboren, den Nodes, passiert, nicht den Zwängen des traditionellen Ausbildungssystems<br />

oder auch der unmittelbaren wirtschaftlichen Verwertung unterworfen sein soll. Wenn also<br />

Elektronik-Bastler eine Tesla-Spule bauen, RadiomacherInnen fürs Freie Radio produzieren, Seife<br />

gesotten, Schmuck entworfen wird, T-Shirts mit Siebdruck designed werden, wenn Lehmöfen,<br />

Solartrockner oder 3D-Drucker gebaut werden, wenn Kinder „lebendiges“ Spielzeug programmieren,<br />

wenn in einer DenkBar offen und auf alternative Weise konferiert wird, wenn ein „Kost nix-Laden“<br />

geführt oder Insekten gebraten und gegessen werden, dann herrscht kein Erfolgszwang, kein<br />

Zeitdruck und es wird schon gar nicht benotet. Es darf und soll Verrücktes ausprobiert werden. Und<br />

das Projekt darf scheitern.<br />

Der Grundsatz und Ansatz, dass Lust vor Leistung steht, und trotzdem oder genau deshalb im OTELO<br />

Start-ups gelingen, junge FirmengründerInnen heranreifen, hat dem Wirtschaftsministerium so gut<br />

gefallen, dass es dem Verein OTELO vor zwei Jahren ein großes Förderprojekt zugesprochen hat:<br />

OTELO NOW.<br />

Der Verein konnte für die Aufbauarbeit Menschen anstellen, Workshops und Veranstaltungen<br />

inszenieren, Gerätschaften kaufen und professionelle Öffentlichkeitsarbeit machen.<br />

Der Auftrag lautete: OTELO modellhaft und übertragbar so zu entwickeln, dass jeder Ort mit diesem<br />

Know-how seinen ganz individuellen offenen Laborstandort errichten und sich die Konzeptarbeit, die<br />

Mühen und blutigen Irrtümer des Anfangs weitgehend ersparen kann.<br />

OTELO NOW – eine offene Zukunft des Möglichen<br />

Das vom Bundesministerium für Wirtschaft, Jugend und Familie geförderte Projekt OTELO NOW<br />

endet im Dezember 2012. Dieses Projekt hat in den letzten zwei Jahren die Entwicklung von OTELO<br />

maßgeblich beeinflusst und unterstützt. Die gesetzten Ziele wurden in vielen Bereichen weit<br />

übertroffen – ein Zeichen für die Notwendigkeit regionaler kreativwirtschaftlicher Strukturen und<br />

auch für das Schaffen von Freiräumen.<br />

K Intro<br />

5


Ein Ergebnis vom Projekt OTELO NOW ist dieses „Hand-lungs-buch“. Es soll inspirieren, Einblicke in<br />

die Entstehungsprozesse geben, Erfahrungen vermitteln und: es lädt bewusst zum „<strong>HAND</strong>ELN“ ein.<br />

Wie so vieles im OTELO lebt das Handlungsbuch durch Teilen, es ist frei verfügbar und nutzbar, ist<br />

unfertig und wird sich, wie die OTELO Idee, weiterentwickeln.<br />

K Intro<br />

6


2) Die OTELO Charta<br />

Zwischenstand 24.11.2012 – der Entwicklungsprozess wird auch nach der Erstpräsentation des<br />

Handlungsbuches weiterlaufen. Nutzen wollen wir dazu persönliche Treffen und virtuelle Hilfsmittel,<br />

wie die Plattform „PiratePad“.<br />

Die OTELO Charta ist das verbindende und tragende Element zwischen den einzelnen OTELO<br />

Standorten und Organisationen.<br />

"OTELO sind inspirierende Gemeinschafts-(T)Räume,<br />

die einladen Ideen miteinander zu teilen und zu verwirklichen."<br />

(Quelle: Mission-Statement, entwickelt im DragonDreaming-Seminar in Kirchdorf)<br />

Gemeinschaft.Zugehörigkeit.Kooperation.Verbundenheit.Balance.Sicherheit.<br />

OTELOs bilden Gemeinschaften für experimentierfreudige Akteure/innen und für<br />

gesellschaftspolitische Initiativen. Sie laden zur aktiven Beteiligung ein. OTELO bietet einen<br />

Organisationsrahmen, der die Beteiligten bei der Entwicklung von Ideen und bei experimentellen<br />

Aktivitäten unterstützt.<br />

Die <strong>Otelo</strong>s fühlen sich frei zusammenzuarbeiten, z.B. durch Informationsaustausch, gemeinsame<br />

Kommunikation, Programmaustausch oder die gemeinsame, freiwillige Realisierung von Projekten.<br />

Auch gegenseitige Besuche für neue Impulse und kennenlernen gemeinsamer interessen sind<br />

wünschenswert.<br />

<strong>Otelo</strong> kooperiert mit Bildung, Forschung, Wirtschaft, Politik, Medien in gemeinsam entwickelten<br />

Aktivitäten und Projekten - ohne sich dabei in existenzielle Abhängigkeit bestehender Systeme zu<br />

begeben.<br />

Teilen.Freisetzen.Austausch.Mitteilen.<br />

Jede Idee, die den Kopf nicht verlässt, ist eine verlorene Chance. Gute Ideen finden Gehör, völlig<br />

unabhängig von Machbarkeit und ökonomischen Hintergrund. Durch gemeinsame Entwicklungen<br />

und Austausch von Wissen und Potential entstehen neue Arbeitsweisen. Crowdsourcing und -<br />

funding sowie Open Source Projekte zeigen dass Teilen von Ideen, Wissen und Ressourcen, mit<br />

Leichtigkeit finanzielle Kräfte freisetzen kann.<br />

Freiraum.regional wirksam.<br />

Die OTELOs leben von der Idee, Menschen einen offenen Raum für kreative und technische<br />

Aktivitäten zu ermöglichen. Die Räumlichkeiten, die von einer Kommune oder von Privat als<br />

Basisinfrastruktur zur Verfügung gestellt werden, werden durch Selbstorganisation und<br />

Eigenverantwortung des jeweiligen OTELO-Standortvereins belebt.<br />

<strong>Otelo</strong> selbst versteht sich als FreiRaum im lokalen und regionalen Raum und unterstützt die<br />

regionale Entwicklung, mitunter auch mit nationalen oder transnationalen Projekten und<br />

Netzwerken. Mit diesem Rahmen möchte <strong>Otelo</strong> die Voraussetzung schaffen, Personen jeden Alters<br />

bei der Entwicklung, Vertiefung und Umsetzung eigener Ideen in der Region zu unterstützen.<br />

Spannende Begegnungen, Austausch und gemeinsam erlebte Inspirationen bringen neue Prozesse<br />

voran.<br />

K Die OTELO Charta<br />

7


<strong>Otelo</strong> spielt mit seinen Aktivitäten eine Rolle in der Regionalentwicklung und möchte dem so<br />

genannten „Brain Drain“ - dem Abwandern kreativer Geister aus dem ländlichen Raum - Konzepte<br />

entgegensetzen.<br />

Freude.Intensität.Suchen.<br />

Wer sich wirklich frei auf die Suche nach Erkenntnis machen, braucht Strukturen jenseits von<br />

marktkonformen oder ergebnisorierentierten Sichtweisen. Das Probieren, das sich Verirren und auch<br />

das Fehler machen, ist Teil dieses Suchens.<br />

Es muss nichts Funktionierendes oder Verwertbares entstehen. Druck raus und Lust rein, der Fluss<br />

der Energie während des Tüftelns ist oft wertvoller als das fertige Objekt.<br />

FreiDenken.QuerDenken.Experimentieren.<br />

Unkonventionelle Formen von Zusammenarbeit, Vermittlungskonzepten, Berufsorientierung und<br />

sozialer Interaktion bringen Lebendigkeit und Authentizität für alle Beteiligten.<br />

Entfaltung.Selbstermächtigung.Schaffen.<br />

<strong>Otelo</strong> handelt im Bewußtsein wertschätzender Anerkennung persönlicher Potentiale und seiner<br />

freien Entfaltung. Ob dies dem persönlichen Wachstum dient, zu einer Selbständigkeit in der<br />

Kreativwirtschaft oder zur „Community Production“ im Sinne einer Selbstermächtigung führt, ist<br />

gleich wertvoll.<br />

Offenheit.Unabhängigkeit.Transparenz.Selbstreflexion.<br />

OTELO ist selbst ein Experiment einer veränderten Gesellschaftsform.<br />

OTELO versteht sich als eigenes, lebendiges System, und läßt sich von bestehenden<br />

Gesellschaftssystemen und Institutionen nicht vereinnahmen, damit es Freiheiten hat unser<br />

Gesellschaftssystem in Richtung Nachhaltigkeit und Menschenwürde zu beeinflussen.<br />

OTELOs erschaffen eine selbstbestimmte, solidarische, nachhaltige, emanzipatorische und offen<br />

bleibende Gesellschaftstrukur. Diese wird durch eine gleichberechtigte Meinungsvielfalt innerhalb<br />

der Gruppe bereichert und findet ihre Übereinkünfte ohne hierarchische Strukturen.<br />

K Die OTELO Charta<br />

8


3) Warum OTELO?<br />

Systemischer Freiraum<br />

OTELO ist die Abkürzung für Offenes Technologielabor und ermöglicht einen einfachen Zugang zu<br />

Anwendungsfeldern der Naturwissenschaft, Technik und Kunst. Es bietet einen<br />

Organisationsrahmen, der die Beteiligten bei der Entwicklung von Ideen, bei experimentellen<br />

Aktivitäten aber auch bei der Planung und Durchführung von Projekten unterstützt.<br />

OTELO ermöglicht einen Beteiligungsraum, der bewusst als Frei- und Spielraum postuliert wird.<br />

Natürlich sind diese beiden Begriffe bei OTELO sowohl physische als auch psychische Komponenten,<br />

die sich bei einer systemischen Betrachtung der Region zu einem Grunderfordernis für regionale<br />

Entwicklung entpuppen. OTELO bewegt sich zwischen verschiedenen regionalen Systemen, die<br />

aufgrund des Bestrebens auf Selbsterhaltung (Selbstreferenzialität) nur noch widerwillig mit anderen<br />

Systemen kooperieren. Wenn neue Systeme entstehen werden diese oft als Bedrohung<br />

wahrgenommen. Es folgt entweder der Versuch das neue System zu assimilieren oder es wird<br />

bekämpft. Diese Strategien lassen sich eindrucksvoll im Bildungssystem, im Wirtschaftssystem, im<br />

Sozialsystem, besonders auch im politischen System, aber auch im Verwaltungs- und Rechtssystem<br />

beobachten. Aber wo ist dann soziale Innovation noch möglich? Die gute Nachricht ist, dass es in<br />

jedem dieser Systeme auch weiche Stellen gibt, Menschen, die ihre Gestaltungsmacht nutzen, Neues<br />

zulassen und behutsam in das System einschleusen. Diese Menschen zu stärken ist einer der<br />

wichtigsten Faktoren für die regionale Entwicklung.<br />

Damit diese Stärkung erfolgen kann, braucht es jedoch auch einen definierten Raum, der als<br />

geschützter Freiraum für die Entwicklung von Ideen, für Inspirationen, für experimentelles Arbeiten,<br />

für den Austausch zwischen den Systemen wahrgenommen werden kann. Dieser Raum kann als<br />

systemfreier Raum gedacht werden, wenngleich es natürlich ein von Menschen inszenierter Raum<br />

ist. Aber genau diese Botschaft bewirkt, dass sich Menschen inspirieren lassen, gemeinsam neue<br />

Ideen entwickeln, beginnen das zu realisieren, was sie wirklich, wirklich wollen, so wie es Frithjof<br />

Bergmann als Kernbotschaft der Neuen Arbeit, Neuen Kultur auf den Punkt bringt. Damit so ein<br />

Raum entsteht braucht es jedoch eine<br />

Gruppe von Menschen und auch den<br />

Willen einer Kommune so einen Raum zu<br />

ermöglichen und auch zu erhalten. Mit<br />

dem OTELO Modell versuchen wir so<br />

einen Raum nicht nur zu erschaffen,<br />

sondern auch als wichtigen regionalen,<br />

systemübergreifenden Entwicklungsraum<br />

zu erhalten. Das erfordert Organisation,<br />

ein Wertesystem, das dieser Idee auch<br />

Bedeutung und damit Kraft verleiht und<br />

natürlich auch die Bereitschaft zu<br />

Kooperation.<br />

OTELO will, wie Gerald Hüther anregt, inspirieren, einladen und beim Selber-tun begleiten, will<br />

Möglichkeiten schaffen und Menschen neuen (Handlungs)spielraum verschaffen. OTELO kämpft<br />

nicht gegen Systeme, sondern lädt die Menschen darin ein sich inspirieren zu lassen und gemeinsam<br />

neue Wege zu ergründen und auszuprobieren. OTELO fungiert mit seinen Freiräumen als<br />

Netzwerkknoten und Schnittstelle zwischen den unterschiedlichen Systemen und ermöglicht so<br />

K Warum OTELO?<br />

9


Innovationen in verschiedensten Bereichen. OTELO lädt ein in der Region Veränderung zu denken<br />

und sie auch zu (er)leben, eigene persönliche Potenziale zu entfalten und sie mit anderen Menschen<br />

zu teilen.<br />

Begeisterung ist Doping für Geist und Hirn<br />

Neue Erkenntnisse der Hirnforschung –<br />

Wie Eltern lernen können, sich selbst und ihre Kinder zu begeistern<br />

Quelle: http://www.gerald-huether.de/populaer/veroeffentlichungen-von-geraldhuether/texte/begeisterung-gerald-huether/index.php<br />

Leider können sich Erwachsene nur vereinzelt an ihre ersten Kindheitserlebnisse erinnern. Erinnern<br />

an dieses Glücksgefühl, mit dem sie sich als kleines Kind auf den Weg gemacht haben, die Welt zu<br />

entdecken. Sie können sich kaum entsinnen an diese unglaubliche Offenheit, Gestaltungslust und<br />

Entdeckerfreude. Sie haben nur eine getrübte Vorstellung von dieser den ganzen Körper<br />

durchströmenden Begeisterung über sich selbst und über all das, was es damals zu entdecken und zu<br />

gestalten gab. Wären diesen Erinnerungen präsenter, wären viele Sorgen, Probleme und Nöte des<br />

Erwachsenseins gar nicht existent.<br />

Leider ist vielen Erwachsenen genau das, weitgehend verloren gegangen was einem Kind die pure<br />

Lebensfreude vermittelt: die Begeisterung. Zwanzig bis fünfzig Mal am Tag erlebt ein Kleinkind einen<br />

Zustand größter Begeisterung. Und jedes Mal kommt es dabei im Gehirn zur Aktivierung der<br />

emotionalen Zentren. Die dort liegenden Nervenzellen haben lange Fortsätze, die in alle anderen<br />

Bereiche des Gehirns ziehen. An den Enden dieser Fortsätze wird ein Cocktail von neuroplastischen<br />

Botenstoffen ausgeschüttet. Diese Botenstoffe bringen nachgeschaltete Nervenzellverbände dazu,<br />

verstärkt bestimmte Eiweiße herzustellen. Diese werden für das Auswachsen neuer Fortsätze, für die<br />

Bildung neuer Kontakte und für die Festigung und Stabilisierung all jener Verknüpfungen gebraucht,<br />

die im Hirn zur Lösung eines Problems oder zur Bewältigung einer neuen Herausforderung aktiviert<br />

worden sind<br />

Das ist der Grund, warum wir bei all dem, was wir mit Begeisterung machen, auch so schnell immer<br />

besser werden. Jeder kleine Sturm der Begeisterung führt gewissermaßen dazu, dass im Hirn ein<br />

selbsterzeugtes Doping abläuft. So werden all jene Stoffe produziert, die für alle Wachstums- und<br />

Umbauprozesse von neuronalen Netzwerken gebraucht werden. So einfach ist das: Das Gehirn<br />

entwickelt sich so, wie und wofür es mit Begeisterung benutzt wird.<br />

Deshalb ist es entscheidend, sich als Heranwachsender oder Erwachsener diese Begeisterung zu<br />

bewahren. Leider erleben wir im Laufe unseres Lebens alle zu oft das Gegenteil. Wir stellen fest, dass<br />

uns die anfängliche Begeisterung, mit der wir uns als kleine Entdecker und Gestalter unserer<br />

Lebenswelt auf den Weg gemacht haben, beim Älterwerden zunehmend abhandenkommt. Denn wie<br />

oft überwältigt uns heute noch ein Sturm der Begeisterung? Einmal pro Tag, einmal pro Woche?<br />

Einmal im Monat?<br />

Das Schlüsselwort zur Beantwortung dieser Frage heißt: Bedeutsamkeit. Damit wir uns für etwas<br />

begeistern, muss es bedeutsam für uns selbst sein! Das ist die Krux.<br />

Für ein kleines Kind ist noch fast alles bedeutsam, was es erlebt, erfährt und unternimmt. Aber je<br />

besser es sich später in seiner Lebenswelt einzurichten und zurechtzufinden gelernt hat, desto<br />

unbedeutender wird alles andere, was es in dieser Welt sonst noch zu entdecken und zu gestalten<br />

gibt. Wir sind gefangen in Routine. Indem wir älter werden, Erfahrungen sammeln und unsere<br />

K Warum OTELO?<br />

10


Lebenswelt nach unseren Vorstellungen gestalten, laufen wir zunehmend Gefahr, im Hirn<br />

einzurosten. Wir kennen „unsere Pappenheimer“ und wissen „wie der Hase läuft“. Wir erledigen<br />

unseren Job. Wir machen, was getan werden muss. Wir funktionieren. Der Preis dafür ist hoch: für<br />

uns verliert das Leben seinen eigentlichen Reiz. Alles ist gleichermaßen bedeutsam oder<br />

unbedeutsam. Wir haben zwar unser Leben optimal in den Griff bekommen; unsere kindliche<br />

Begeisterungsfähigkeit mit seinen ganzen Reizen für unseren Geist haben wir aber bis zur<br />

Leblosigkeit abgewürgt. Es ist dringend an der Zeit, dass wir als Gesellschaft dieser negativen<br />

Entwicklung entgegensteuern. Denn wie es einem einzelnen Menschen mit der fehlenden<br />

Begeisterung ergeht, ergeht es auch unserer menschlichen Gemeinschaft. Wir erleben das Tag für<br />

Tag in der Familie, der Schule, dem Beruf. Unsere ganze Gesellschaft hat gewissermaßen kollektiv die<br />

Begeisterungsfähigkeit verloren. Es fehlt ihr sichtbar an Kreativität, Lebensfreude, Entdeckerlust und<br />

Gestaltungskraft. Daher dümpelt sie in eingefahrenen Routinen mit festgefügten<br />

Verwaltungsstrukturen dahin. Sie hat alles – scheinbar – im Griff und lässt sich sogar von Krisen kaum<br />

noch erschüttern. Sie funktioniert noch, aber sie lebt nicht mehr.<br />

Dazu kommt: den allermeisten Menschen (unseren Verwandten, Freuden, Arbeitskollegen) wird es<br />

immer wichtiger, gut zu funktionieren. So funktionalisiert diese begeisterungslos gewordene<br />

Gesellschaft erst ihre Erwachsenen und am Ende sogar noch ihre Kinder. Die werden mit Wissen<br />

abgefüllt und es werden ihnen bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten beigebracht, anstatt in ihnen<br />

die Fackel der Begeisterung am eigenen Entdecken und Gestalten zum Lodern zu bringen. Die<br />

moderne Hirnforschung kennt den Weg hinaus aus diesem Dilemma. Sie hat wissenschaftlich<br />

ergründet: Alles, was Menschen hilft, was sie einlädt, ermutigt und inspiriert, eine neue, andere<br />

Erfahrung zu machen als bisher, ist gut für das Hirn und damit gut für die Gemeinschaft. Menschen,<br />

denen es gelingt, ihr Gehirn noch einmal auf eine andere als die bisher gewohnte Weise zu benutzen,<br />

bekommen ein anderes Gehirn. Menschen, die sich noch einmal mit Begeisterung für etwas öffnen,<br />

was ihnen bisher verschlossen war, praktizieren dieses wunderbare Selbstdoping für das eigene<br />

Gehirn. Die Wissenschaft nennt diesen Prozess Potenzialentfaltung. Es ist das genaue Gegenteil von<br />

dem, was die meisten Menschen gegenwärtig betreiben: bloße Ressourcennutzung.<br />

So lautet die frohe Botschaft der Hirnforscher: Wer sein Gehirn nicht zu einer Kümmerversion dessen<br />

machen will, was daraus hätte werden können, der muss seine kindliche Begeisterungsfähigkeit<br />

zurück gewinnen. Er muss sich einladen, ermutigen und inspirieren lassen, die Welt noch einmal so<br />

zu betrachten, wie damals, als er noch ein Kind war: mit all der Entdeckerfreude und Gestaltungslust,<br />

die als Anreiz und Dünger für das eigene Hirn gebraucht werden.<br />

Um bei Heranwachsenden die kindliche Begeisterung dauerhaft virulent zu halten und sie immer<br />

wieder neu zu entfachen, müssten die Eltern die Rolle des Motivators übernehmen. Sie könnten, ihre<br />

Kinder resistent machen gegen Routine, Trägheit und Trübsal. Das kann aber nur gelingen, wenn sich<br />

diese Eltern ihre Befähigung zur Potenzialentfaltung selbst erhalten haben; wenn sie selbst weiter in<br />

das Leben verliebt sind und sich für all das begeistern, was dieses Leben tagtäglich in seiner ganzen<br />

Buntheit und Schönheit bietet – wie damals, als sie selbst noch kleine Kinder waren.<br />

Eltern, die ein allzu funktionalisiertes Leben bereits in Rolle des Ressourcennutzers gedrängt hat,<br />

brauchen allerdings selbst einen äußeren Antrieb, um zurückzufinden zu einer authentischen<br />

Begeisterung, die sie auf ihre Kinder übertragen können. Sie müssten ihren Kindern wirklich neue<br />

Perspektiven, als Gestalter, nicht aber als Bewältiger ihres Lebens bieten.<br />

Familie und Schule bilden vor diesem Hintergrund ein Beziehungsgeflecht, in dem alle Beteiligten<br />

Lehrer, Eltern und Kinder gemeinsam ihre Begeisterung am Entdecken und Gestalten wiedererlangen<br />

können. Zu entdecken, mit welchen Methoden und Angeboten die Kinder für das Lernen und die<br />

kreative Nutzung von Wissen begeistert werden können, müssten Eltern und Lehrer sich selbst<br />

begeistern. Nur wer in der Lage ist, sich an den Kindern zu begeistern, wird in der Lage sein, ihnen<br />

auch genug Begeisterungs-Doping für ihr Hirn mit auf den weiteren Lebensweg zu geben.<br />

K Warum OTELO?<br />

11


Raum und Zeit für Ideen<br />

OTELO lebt von der Idee, Menschen einen offenen Raum für kreative und technische Aktivitäten zu<br />

ermöglichen. Eine Idee, die auf einen geschützten Entwicklungs- und Experimentierraum für<br />

experimentelles und gemeinsames Schaffen setzt. Eine Idee, die Anwendungsfelder aus Technik,<br />

Medien und Kunst öffnet und miteinander verbindet. Darum trägt OTELO diese Idee auch im Namen:<br />

OTELO ist das Offene Technologielabor.<br />

OTELO selbst versteht sich als Modell, das diese Idee abseits urbaner Ballungszentren mithilfe von<br />

kostenloser Basisinfrastruktur, niederschwelligen Gemeinschaftsräumen und Kleinlaboren – den so<br />

genannten „Nodes“ – realisiert. Mit diesem einfachen Rahmen möchte OTELO die Voraussetzung<br />

schaffen, Personen jeden Alters bei der Entwicklung, Vertiefung und Umsetzung eigener Ideen in der<br />

Region zu unterstützen und zu begleiten. Gleichzeitig sollen Begegnungen, Austausch und<br />

gemeinsam erlebte Inspirationen ermöglicht werden. Damit ist dieses Modell in erster Linie auch ein<br />

soziales, das die Basis für interessante Betätigungsmöglichkeiten in der Gruppe schafft und den<br />

Grundstein für „Community Building“ legt.<br />

Druck raus! Lust rein!<br />

OTELO legt großen Wert darauf, sich mit den Themenbereichen – beispielsweise<br />

Naturwissenschaften, technische Innovationen oder digitale Künste – grundsätzlich auf lustvolle,<br />

verspielte oder träumerische Weise zu beschäftigen ohne jeglichem Druck, Zwängen oder Vorgaben<br />

ausgesetzt zu sein. Es muss nichts Funktionierendes oder Verwertbares entstehen – so lautet die<br />

Grundphilosophie. Damit unterscheidet sich OTELO gravierend von herkömmlichen<br />

Ausbildungseinrichtungen oder konventioneller Lohnarbeit. OTELO geht es um die wertschätzende<br />

Anerkennung persönlicher Potenziale und die freie Entfaltung eben dieser. Ein etwaiges Münden<br />

dieser Prozesse entweder in der selbstständigen Kreativwirtschaft oder in der „Community<br />

Production“ im Sinne einer Selbstermächtigung wird bewusst offen gelassen.<br />

OTELO kooperiert mit Bildung, Forschung, Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Medien in gemeinsam<br />

entwickelten Aktivitäten und Projekten – ohne sich dabei in existenzielle Abhängigkeit bestehender<br />

Systeme zu begeben. Gleichzeitig unterstützt OTELO Beteiligte bei der Planung und Durchführung<br />

von eigenen Projekten und setzt mittels Workshopprogrammen inhaltliche Impulse. Damit spielt<br />

OTELO auch eine Rolle in der Regionalentwicklung und möchte dem so genannten „Brain-Drain“ –<br />

dem Abwandern kreativer Geister aus dem ländlichen Raum – experimentelle Konzepte<br />

entgegensetzen.<br />

Innovationsräume in Regionen<br />

Im Rahmen der OTELO Machbarkeitsstudie (RMOÖ 2008) konnte aufgezeigt werden, dass die<br />

Innovationsräume in Form von Keller- oder Garagenwerkstätten mittlerweile auch im ländlichen<br />

Raum zunehmend verschwinden. Innovationsräume zu schaffen, die gezielt verschiedene<br />

Interessens- und Altersgruppen ansprechen, ist ein vorrangiges Ziel regionaler Entwicklung. Nicht nur<br />

der Erhalt der Lebensqualität steht im Vordergrund, sondern auch die zukunftsfähige wirtschaftliche<br />

Entwicklung ländlicher Gebiete. Innovation ist aus unserer Sicht von drei Dimensionen geprägt, die<br />

gezielt mit einem OTELO angesprochen werden. Das „Offene Technologielabor“ setzt sich aus drei<br />

Begriffen zusammen, werden jeweils zwei dieser Begriffe in Beziehung gesetzt dann wird das<br />

Innovationspotential von OTELO in seiner Gesamtheit ersichtlich.<br />

K Warum OTELO?<br />

12


Zielorientierte Innovation<br />

„Am Land gibt es das noch nicht!“<br />

Ein OTELO strebt das Ziel an, wirklich neue Ideen zu kreativwirtschaftlichen Bereichen zu entwickeln.<br />

Dafür werden Rahmenbedingungen geschaffen, die es ermöglichen neue Ideen zu entwickeln und<br />

auch in Richtung experimenteller Umsetzung zu begleiten. Strukturen, die es bisher im ländlichen<br />

Raum nachweislich nicht gibt und die durch ein OTELO erst geschaffen werden.<br />

Das Offene Labor lädt ein zum Träumen und ist somit Ziel-orientiert.<br />

Kontextbezogene Innovation<br />

„Generationsübergreifend statt Studenten-Bastelclub.“<br />

Wir sprechen mit OTELO eine wesentlich breitere Zielgruppe - vom Kind bis zum Pensionisten - an.<br />

Erwachsene, die mitten im oder am Ende des Berufslebens stehen, bieten sich an, in Projekten als<br />

Experte/-in und Senior Assistent, aber ja nicht als Oberlehrer/-in zur Verfügung zu stehen. Urbane<br />

Projekte sind sehr an Personen zwischen 18 und 35 orientiert und schöpfen ihr Potenzial primär aus<br />

dem studentischen Umfeld. Dieses Umfeld existiert im ländlichen Raum jedoch nicht. Das Potenzial<br />

für ein OTELO ergibt sich aus einer wesentlich breiteren Zielgruppe, die gezielt angesprochen werden<br />

kann. Das OTELO optimiert somit bestehende Modelle für den ländlichen Raum = kontextorientierte<br />

Innovation!<br />

Das Technologielabor macht Reflexion und Kritik möglich und ist somit kontext-orientiert<br />

Prozessorientierte Innovation<br />

„Wer keine Fehler macht, macht sicher etwas falsch!“<br />

Das OTELO versucht über einen regionalen Prozess eine neue Wertschöpfungskette in Gang zu<br />

bringen. Durch die Unabhängigkeit der Organisation von bestehenden Systemen kann hier auch für<br />

traditionelle Bereiche ein Innovationsraum entstehen, der deren Potenziale wieder zur Entfaltung<br />

bringt. Besonders in den Prozess einbezogen werden Wirtschafts-, Bildungs- und Forschungssysteme.<br />

Außerdem werden diese mit künstlerisch-kreativen Prozessen in Berührung gebracht. Durch die<br />

zusätzliche Einbeziehung des Mediensystems erreichen wir eine breite Verankerung in der regionalen<br />

Wahrnehmung.<br />

Die Offene Technologie ermöglicht das Tun und ist somit prozess-orientiert!<br />

K Warum OTELO?<br />

13


4) OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe<br />

Betrachtungen & Sichtweisen<br />

Wenn jetzt von verschiedenen, die Gesellschaft strukturierende Systeme gesprochen wird, stellt sich<br />

natürlich die Frage, wie diese Systeme OTELO bisher wahrgenommen haben. Wir haben dazu einige<br />

externe Sichtweisen angefragt und dankeswerter Weise auch schriftlich bekommen. Wir möchten<br />

diese Sichtweisen an dieser Stelle einbringen, damit die Darstellung nicht auf die Innensicht begrenzt<br />

bleibt. Wir wollen damit auch den Bogen weit über das Organisationskonzept hinausspannen und<br />

hier auch größere Bedeutungsräume betreten.<br />

Aus dem Logbuch der ersten OTELOs<br />

Sarah Funk, ScienceCenter-Netzwerk<br />

OTELO NOW. Der Projekttitel spricht für sich. Innerhalb von etwas mehr als drei Jahren ist aus einer<br />

Idee eine regionenübergreifende Bewegung geworden, die an mittlerweile sieben Standorten von<br />

unterschiedlichen Personen engagiert weitergetragen und an lokale Gegebenheiten angepasst wird.<br />

Seit seiner Gründung ist der Verein OTELO Partner im ScienceCenter-Netzwerk und wird von uns in<br />

verschiedenen Projekten wissenschaftlich begleitet. Die Prozessbegleitung ist eine spannende<br />

Aufgabe, da sie erlaubt eine fordernde, aber positiv fördernde Außenperspektive einzubringen und<br />

im Sinne des Projekts Impulse und Anregungen zum Weiterdenken zu geben.<br />

Dieser Beitrag ist als Momentaufnahme zu verstehen. Er basiert auf der gemeinsamen Reflexion<br />

verschiedener AkteurInnen, insbesondere der einzelnen Standortteams 1 , denen an dieser Stelle für<br />

ihre engagierte Beteiligung Dank auszusprechen ist. Inhaltlich gründet der Beitrag auf drei Fragen, die<br />

in allen Standortteams diskutiert und am Standortetreffen im Sommer 2012 in Vöcklabruck<br />

vertiefend bearbeitet und reflektiert wurden. 2<br />

Wofür steht OTELO für euch?<br />

Die Frage zielte darauf ab, die Quintessenz von OTELO herauszuarbeiten. Wie wird OTELO von jenen<br />

wahrgenommen, die OTELO durch ihr tägliches Tun hervorbringen und begründen?<br />

Legt man die einzelnen Antworten der Standortteams nebeneinander, so wird ein Grundprinzip<br />

deutlich: OTELO wird als „offener Raum“ gedacht, der „Platz zum Experimentieren“ und „Ideen<br />

spinnen“ bietet, ebenso wie die Möglichkeit, in einer „intensiven und vertrauensvollen Atmosphäre“<br />

„Gleichgesinnte zu treffen“ und „Gemeinschaft zu leben“. Die Struktur (ausgedrückt als „offener<br />

Raum“, „Freiraum“, „kreativer Raum“, „offenes Labor“) wird durch die Elemente Inhalt<br />

1 Berücksichtigt werden muss, dass sich die sieben Standorte Vöcklabruck, Gmunden, Ottensheim, Kirchdorf im Kremstal,<br />

Linz, Vorchdorf und Angermünde zum Zeitpunkt der Erhebung in jeweils unterschiedlichen Phasen der Etablierung<br />

befanden. Während die 2010 eröffneten Standorte Vöcklabruck und Gmunden als „Ur-OTELOS“ Referenzfunktion für<br />

jüngere Standorte haben, standen Vorchdorf und Angermünde kurz vor der Eröffnung.<br />

2 Im Vorfeld des Standortetreffens erhielten alle Standortverantwortlichen ein E-Mail mit der Bitte, die darin aufgeworfenen<br />

Fragen in ihren Teams zu diskutieren und aufzubereiten. Mit einer Rücklaufquote von 100% gestaltete sich die Auswertung<br />

der Antworten überaus spannend. Sichtbar wurden Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede in der lokalen<br />

Interpretation, Gestaltung und Umsetzung der OTELO Idee.<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

14


(„experimentieren“, „Ideen spinnen und umsetzen“, „arbeiten“) und Gemeinschaft („Begegnung“,<br />

„Vernetzung“, „Gemeinschaftsgefühl“) näher bestimmt. Diese Definitionen decken sich weitgehend<br />

mit der offiziellen Darstellung auf der Homepage, wo es heißt: „OTELO lebt von der Idee, Menschen<br />

einen offenen Raum für kreative und technische Aktivitäten zu ermöglichen. Eine Idee, die auf einen<br />

geschützten Entwicklungs- und Experimentierraum für experimentelles und gemeinsames Schaffen<br />

setzt.“<br />

Für wen ist euer OTELO? Für wen ist es nicht?<br />

Mithilfe dieser Fragen sollte ergründet werden, welche Personen OTELO nutzen und ob es<br />

standortspezifische Unterschiede gibt. Laut Homepage spricht OTELO eine breite Zielgruppe („vom<br />

Kind zum Pensionisten“) an. „Personen jeden Alters sollen bei der Entwicklung, Vertiefung und<br />

Umsetzung eigener Ideen in der Region unterstützt und begleitet werden.“<br />

Vor allem die erste Frage wurde von den Standortteams eindeutig offen beantwortet. OTELO stehe<br />

(fast) allen Menschen offen. OTELO sei für „alle Generationen“, „für alle gesellschaftlichen<br />

Schichten“, „für alle offenen Menschen“ sowie für „alle die Gleich- oder auch Ungleichgesinnte<br />

treffen möchten“, um ein paar Formulierungen herauszugreifen. OTELO spricht „Menschen mit<br />

technischem Interesse“, „technisch-künstlerisch kreative Menschen“, „Menschen mit Interesse für<br />

Neues“ und „Menschen jedweder Herkunft“ von „7 bis 99“ an. Auffällig ist, dass die erste Aussage,<br />

OTELO sei offen für alle, zumeist näher präzisiert wird: „offen für alle, die …“ Hervorgehoben werden<br />

dann vor allem „Offenheit“, „Neugierde“, „künstlerisches, technisches oder kreatives Interesse“<br />

sowie „soziale Orientierung“ als wesentliche Charakteristika.<br />

Ein OTELO Standort gab an, speziell auf junge Leute zu fokussieren. Ein anderer Standort<br />

thematisierte zudem gesellschaftliche Gruppen, die bisher nicht angesprochen würden, aber<br />

unterstützt werden sollten: „MigrantInnen, Menschen mit körperlichen Einschränkungen, etc.“<br />

Für wen ist euer OTELO nicht? Auf diese Frage wurden vor allem „EinzelkämpferInnen“<br />

hervorgehoben. OTELO sei nicht für „Leute, die Dinge ganz alleine umsetzen wollen“, für<br />

„Eigenbrötler, die ihr Wissen und Können nicht weitergeben wollen“, auch nicht für „Leute, die nur<br />

ihr stilles Kämmerchen bewohnen und sich nicht an gemeinsamen Aktivitäten beteiligen wollen“.<br />

Auch Menschen, „die Diskriminierung aufgrund von Geschlecht oder sexueller Orientierung,<br />

Herkunft, Abstammung, Hautfarbe oder Ethnie, religiöser oder politischer Anschauung, aufgrund<br />

körperlicher oder geistiger Fähigkeiten, sozialer Herkunft, Sprache oder Alter ausüben“, hätten in<br />

einem OTELO nichts verloren.<br />

Was macht euer OTELO besonders?<br />

Die Antworten zeigen eine große Vielfalt an Schwerpunkten, Themen und lokalen Besonderheiten.<br />

Im Folgenden eine kleine Auswahl an Faktoren, die die einzelnen OTELOs im Speziellen auszeichnen.<br />

Darunter finden sich beispielsweise eine „starke Ausrichtung auf Kinderworkshops“, „viele<br />

verschiedene tolle Menschen mit unterschiedlichen Talenten und Fähigkeiten“, der „Schwerpunkt<br />

auf Permakultur-Themen“, die „Triangel Radio B138 – Haus 16 A – OTELO“, die Einbettung „in NANK-<br />

Visionen“, die „Frauenquote im Standortteam“, eine „gemütliche Küche/Sozialraum“, die gelungene<br />

„Vernetzung mit Stadt, WKO, etc.“, das „Flair“, der „Tanzraum“, die zukünftige „Vernetzung mit dem<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

15


Offenen Kulturhaus (OKH)“, „3D-Drucker als attraktive Einstiegsmöglichkeit ins OTELO“, und die<br />

Einschätzung, dass OTELO „neue Haltungen gegenüber Beruf, Berufung und Arbeit“ ermögliche.<br />

Einsichten und Perspektiven<br />

Die Analyse der Antworten, die uns von den Standortverantwortlichen per E-Mail zugesandt wurden,<br />

zeigte bei manchen Themen erhöhten Diskussionsbedarf. Gelegenheit zur vertiefenden<br />

Auseinandersetzung bot ein gemeinsames Treffen im Sommer 2012, das erstmalig alle sieben<br />

Standorte zum Austausch versammelte. 3 Die wichtigsten Ergebnisse und Einsichten sind hier in<br />

aufbereiteter Form dargestellt.<br />

Offenes Technologielabor<br />

Basierend auf den Antworten der E-Mail-Befragung erscheint OTELO als überaus bunter und<br />

heterogener Pool an Menschen. Diversität wird großgeschrieben. Könnte es sein, dass sich eine Kluft<br />

zwischen Potential („wie es sein könnte“) und Wirklichkeit („wie es ist“) manifestiert? Welche<br />

Menschen werden noch nicht erreicht und warum? Wie können neue Zielgruppen angesprochen<br />

werden?<br />

OTELO möchte grundsätzlich offen für alle sein. Dieser Anspruch ist bedeutsam und sollte auf jeden<br />

Fall beibehalten werden, macht er doch ein zentrales Wesensmerkmal von OTELO aus.<br />

„Generationsübergreifend statt Studenten-Bastelclub“, lautet eine pointierte Aussage auf der<br />

offiziellen Website. OTELO hat das Potential, verschiedene gesellschaftliche Gruppen gezielt<br />

anzusprechen. Von Vorteil sind dabei die verschiedenen Einstiegsmöglichkeiten ins OTELO, die von<br />

der Partizipation an Workshops und Veranstaltungen bis hin zum Besuch von „OTELO Freitagen“ und<br />

„Shared Office“-Tagen und der Teilnahme oder Gründung von „Nodes“ reichen.<br />

Um den Anspruch des tatsächlich für alle offenen Technologielabors Wirklichkeit werden zu lassen,<br />

ist eine Reflexion über Ausschließungsmechanismen, die Menschen an der Teilhabe hindern könnten,<br />

unerlässlich. Das fängt beim Stichwort Barrierefreiheit an („Wie schaffen es RollstuhlfahrerInnen in<br />

den zweiten Stock eines Hauses ohne Lift?“), betrifft Faktoren wie die Kommunikation nach außen<br />

(„OTELO spricht mit seiner Art der Kommunikation momentan noch recht spezifische Zielgruppen<br />

an.“) und hat auch mit Gruppendynamiken zu tun, die sich in jeder gut eingespielten Gruppe äußern<br />

und die es nicht nur schüchternen Personen erschweren können, sich in bestehende<br />

Zusammenhänge zu integrieren. „Wer kommt, ist da und willkommen“, wurde während des<br />

Standortetreffens auf einem der Plakate notiert. Was würde es brauchen, um dieses Kommen zu<br />

unterstützen und zu erleichtern? Wer hat die zeitlichen Ressourcen und Möglichkeiten, OTELO zu<br />

nutzen? Diese können abhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft, sozialem Status und anderen<br />

Kategorien recht unterschiedlich verteilt sein.<br />

Wo sind die Grenzen der Offenheit? Wie werden Verstöße gegen gemeinsame Regeln,<br />

diskriminierendes Verhalten, Grenzüberschreitungen, u.ä. sanktioniert?<br />

Ein wichtiges Kriterium von OTELO ist die Bereitschaft, Wissen und Fähigkeiten zu teilen und sich mit<br />

anderen auszutauschen. Mehrmals wurde hervorgehoben, dass OTELO nichts für „Eigenbrötler“ sei.<br />

Diese „Grenze“ wird über die Nodevergabe gewahrt: Einzelpersonen bekommen in der Regel keinen<br />

eigenen Raum; die „Magic-5-Regel“ (mind. 5 Personen pro Node) soll den gegenseitigen Austausch<br />

3 Am Standortetreffen wurden die Ergebnisse der E-Mail-Befragung sowie zehn weiterführende Fragen, die im Zuge der<br />

Analyse daraus abgeleitet wurden, präsentiert. Diese wurden als Diskussionsimpulse in den Raum gestellt. Die Fragen<br />

wurden von den Anwesenden nach der GIVE-Methode auf Postern schriftlich beantwortet. So entstand ein dichtes Geflecht<br />

an Kommentaren, Einschätzungen, Meinungen und Äußerungen, die ihrerseits aufgegriffen und weitergeführt wurden. Die<br />

„Plakatausstellung“ verdichtete die Antworten der E-Mail-Befragung und warf manche neuen Aspekte auf.<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

16


gewährleisten. Welche anderen Spielregeln braucht es, um die Offenheit zu schützen? Wie sollen<br />

Verstöße gegen diese „Kultur der Offenheit“ sanktioniert werden? Diese Regeln müssen in einem<br />

gemeinsamen Aushandlungsprozess festgelegt und für alle gleichermaßen verbindlich vereinbart<br />

werden.<br />

Offenes Technologielabor<br />

Die Offenheit in den Zielgruppen bedingt die Offenheit der Inhalte. „OTELO ist gerade durch das<br />

Nicht-Festgelegt-Sein interessant und reizvoll für die Menschen.“ Dieses Nicht-Festgelegt-Sein kann<br />

durch eine Metapher verdeutlicht werden: OTELO ist der Kochtopf, nicht die Suppe, die darin<br />

gekocht wird. Anders ausgedrückt: OTELO schafft die Rahmenbedingungen („Kochtopf“), in denen<br />

unterschiedliche Inhalte („Suppe“) verwirklicht werden können, wobei ein Schwerpunkt auf den<br />

Feldern „Technik, Medien und Kunst“ liegt.<br />

Was ist also der Fokus von OTELO? Braucht es einen Fokus? „Der Fokus muss am „Freihalten“ der<br />

Räume liegen und nicht auf dem, was drinnen passiert!“ Dieser Satz, der während der gemeinsamen<br />

Reflexion auf einem Poster notiert wurde, gibt in pointierter Weise Antwort auf diese Fragen. Der<br />

Fokus ist demnach nicht durch die inhaltliche Ausrichtung, sondern durch die Struktur, die<br />

Rahmenbedingungen, gegeben.<br />

Nun könnte „Technologie“, wie im Namen „Offenes Technologielabor“ enthalten, auch einen<br />

inhaltlichen Fokus vorgeben. In den E-Mail-Antworten der Standortteams wurde dem Begriff<br />

„Technologie“ unterschiedliche Gewichtung verliehen. Während die nähere Bestimmung von OTELO<br />

als offenes Technologielabor für manche Standorte von zentraler Bedeutung erscheint, wurde der<br />

Begriff von anderen Standortteams kein einziges Mal erwähnt. Am Standortetreffen wurde hier<br />

nachgehakt: Es zeigte sich, dass der Begriff unterschiedlich definiert wird und je nach Auslegung<br />

Menschen unterschiedlich anspricht. Gemäß der griechischen Deutung des Wortes kann<br />

„Technologie“ im Sinne von Kunstfertigkeit(en) verstanden werden. In dieser umfassenden Lesart,<br />

die vor allem von Personen aus dem unmittelbaren OTELO Zentrum vertreten wird, ist Technologie<br />

vielfältig und inkludiert so „unterschiedliche Bereiche wie Tanz, Elektronik, strukturelle Technologie,<br />

Organisation, Nahrungsmittel, Kommunikation und Permakultur“. Zudem wurde hervorgehoben,<br />

dass der Begriff als Türöffner dienen kann. Er „gibt dem offenen Labor eine lokale Wurzel“ und<br />

signalisiert: „OTELO geht über einen Kulturverein hinaus.“ Doch nicht alle „Otelistas“ teilten diese<br />

Auslegung. Innerhalb der Standortteams wurde der Begriff mitunter kontrovers diskutiert. Bedenken<br />

existieren beispielsweise hinsichtlich der Wirkung des Begriffs nach außen. So wurde vor allem, aber<br />

nicht nur von Frauen angemerkt, dass der Begriff abschreckend wirken und zu Fehlannahmen führen<br />

könnte. Wird „Technologie“ überschätzt? „Ehrlich gesagt, identifiziere ich mich sehr mit dem Wort<br />

OTELO, aber weniger mit dem Wort Technologielabor, es stört mich aber nicht…“<br />

Offenes Technologielabor<br />

OTELO versteht sich als Labor zum gemeinschaftlichen Experimentieren, Ideen spinnen und<br />

verwirklichen, zum lustvollen Scheitern und Neugierig sein. Für viele dient es als Arbeitsstätte für<br />

naturwissenschaftliche, technische, kreative oder sonstige Arbeiten. Damit kommt das OTELO Labor<br />

dem eigentlichen Wortsinn von „laborare“ (lat. für arbeiten) sehr nahe. So wie Labore der<br />

praktischen experimentellen Arbeit dienen, werden auch die „Nodes“ (engl. für Knoten, Kleinlabore)<br />

von Personen genutzt, die gemeinsam an der Umsetzung und Verwirklichung von Ideen arbeiten. Mit<br />

seinem Nodekonzept unterscheidet sich OTELO von anderen offenen Räumen, die die Nutzung der<br />

Räume völlig offen lassen. Dennoch existieren offene Experimentierräume auch außerhalb von<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

17


OTELO. Welche Elemente, so stellte sich daher die Frage, müssen auf jeden Fall integriert sein, damit<br />

aus einem offenen Raum ein OTELO wird?<br />

Am Standortetreffen besonders hervorgehoben wurden neben dem „freien Zugang“ und der<br />

„Offenheit“ vor allem strukturelle Elemente, wie die „Räumlichkeiten“, die „Nodes“,<br />

„Raum/Platz/Zeit für Begegnung der Nodes“, „Küche/Sozialraum“, der „regionale Fokus“ sowie<br />

ideelle Faktoren, wie die „Bereitschaft, Ideen zu teilen, und die Prämisse, dass sich „Ideen frei<br />

entwickeln können, ohne Zielvorgaben“. Die Räume können „ohne Konsumzwang oder speziellen<br />

Outcome genutzt werden“.<br />

Fazit<br />

OTELO sorgt auf vielfältige Weise dafür, dass sich Menschen für die Umsetzung ihrer Ideen<br />

engagieren. OTELOs können als Orte der Aneignung gedacht werden. Sie bieten Kindern,<br />

Jugendlichen und Erwachsenen Freiräume sich zu treffen und ihren Interessen in selbstbestimmter<br />

Form nachzugehen. „Räume sind von Menschen strukturiert und strukturieren Menschen. Derselbe<br />

Ort kann für verschiedene Menschen völlig anders konnotiert sein, denn es gibt keinen neutralen<br />

Raum. Sie werden sozial ausverhandelt und sind dabei durchzogen von Machtlinien.“ 4<br />

Wir sehen es als unsere Aufgabe, in der Prozessbegleitung von OTELO NOW auf diese „Machtlinien“<br />

hinzuweisen und damit auf mögliche „blinde Flecken“ aufmerksam zu machen. Voraussetzung dafür<br />

sind neben einem offenen und wertschätzenden Zugang stete Selbstreflexion und die Bereitschaft,<br />

sich mit (Gruppen-)Dynamiken, Einschluss- und Ausschlussmechanismen und Machtverhältnissen<br />

auseinanderzusetzen. Dies wird gewährleistet, indem OTELO immer wieder Möglichkeiten zum<br />

konzentrierten Austausch verschiedener AkteurInnen schafft und Impulse aufgreift und integriert.<br />

Im Rahmen unserer Begleitforschung zeigt sich immer mehr die Bedeutung einer offenen und<br />

transparenten Kommunikation nach innen und nach außen. So stellte sich heraus, dass der Begriff<br />

„Technologie“ von verschiedenen AkteurInnen recht unterschiedlich ausgelegt wird. Eine klare<br />

Kommunikationspolitik, die offenlegt, welches Technologieverständnis (bzw. Politikverständnis, etc.)<br />

OTELO zugrunde liegt, kann Irritationen und Missverständnissen entgegenwirken.<br />

Eine große Stärke von OTELO ist, dass Diversität und Vielfalt nicht nur Platz finden dürfen, sondern<br />

explizit erwünscht sind. Wichtig hierbei erscheint eine Politik der aktiven Förderung, um auch jene zu<br />

erreichen, für die die Hürden der Teilnahme aus verschiedensten Gründen größer sind als für andere.<br />

Sonst besteht die Gefahr, letztlich nur diejenigen Menschen zu erreichen, die sich bereits innerhalb<br />

bestehender Netzwerke befinden – zumal OTELO auf hohes ehrenamtliches Engagement setzt, was<br />

nicht alle gleichermaßen kennen bzw. sich leisten können.<br />

Deutlich wurde, wie wichtig die Verpflichtung auf einen „kleinsten gemeinsamen Nenner“ für den<br />

Zusammenhalt ist, d.h. ein gemeinsames Verständnis der Grundpfeiler der OTELO Philosophie. Dazu<br />

gehören die Schaffung von sozialen Freiräumen, Community Building, der Kontakt und Austausch mit<br />

der regionalen Politik, die Struktur des Austausches und der Reflexion, das Bekenntnis zu Offenheit<br />

und Vielfalt, die Prämisse, dass nichts Funktionierendes oder Verwertbares entstehen muss, uvm. In<br />

verdichteter Form werden diese und andere Punkte nun in der OTELO Charta schriftlich festgehalten.<br />

4 Erler, Ingolf (2007): Den öffentlichen Raum als Freiraum erobern. In: Kulturrisse. Zeitschrift für radikaldemokratische<br />

Kulturpolitik, http://kulturrisse.at/ausgaben/022007/kunstpraxen/den-oeffentlichen-raum-als-freiraum-erobern (Stand:<br />

30.10.2012)<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

18


KUPF – Kulturplattform Oberösterreich<br />

Stefan Haslinger<br />

Freiräume organisieren! Was auf den ersten Blick wie ein Oxymoron anmutet, entpuppt sich bei<br />

näherer Betrachtung als unabdingbarer Zusammenhang. Denn wie, wenn nicht durch ein<br />

organisiertes Vorgehen, können Freiräume entstehen. Sie entstehen primär aus einem Bedarf<br />

heraus, aber diesen gilt es zu bündeln, zu kanalisieren zu – eben – organisieren. Was OTELO nicht<br />

macht, ist den Bedarf zu organisieren, die Nutzung zu steuern. OTELO organisiert den Raum – sogar<br />

als topologischen statt nur logischen Ort. Wie sich die NutzerInnen, ProtagonistInnen organisieren,<br />

obliegt dann ihren Fähigkeiten, ihrem Willen. Der Raum als Experimentierfeld, als Ort des<br />

Reflektierens, schafft erst die Möglichkeit der Entwicklung. Oder, mit Rolf Schwenter gesprochen:<br />

„Die Initiativen der freien Kulturarbeit leisten Reflexionsarbeit an der Gesellschaft. Sie stellen Orte<br />

zur Verfügung, an denen Kommunikations- und Lernprozesse stattfinden.“ Das macht OTELO – und<br />

sie machen es verdammt gut!<br />

Ein Versuch herauszufinden was OTELO ist?<br />

Georg Ottinger – eine externe Sicht von Innen<br />

Als ich Anfang 2010 beim Aufbau des OTELO Standortes Vöcklabruck eingestiegen bin, war ich sofort<br />

von der Idee des OTELOs begeistert, ohne zu wissen um was es sich eigentlich genau handelt. Ein<br />

schöpferischer Geist machte das OTELO zu einem für mich sinnerfüllten Ort. Hier hatte (und habe) ich<br />

das Gefühl meine Energien für eine gute Sache einzusetzen. Da ich meine Erwerbsarbeit zu dieser<br />

Zeit als nicht besonders erfüllend wahrgenommen habe, stürzte ich mich in das Treiben des OTELOs<br />

um hier, teilweise als Kompensation, einer sinnerfüllten Arbeit nachgehen zu können.<br />

Wenn mich damals jemand gefragt hat, was ist OTELO, dann habe ich meistens darauf geantwortet:<br />

„Ein Freiraum – soetwas wie ein Hackerspace.“ Im Laufe der Zeit dachte ich lieber an den Ausdruck<br />

„mehr als ein Hackerspace“, weil hier sehr viele unterschiedliche Dinge geschehen durften und auch<br />

geschahen. Erst viel später und im Laufe der Recherche zu diesem vorliegenden Handbuch begann ich<br />

mich mit der Entstehungsgeschichte der OTELOs auseinander zusetzen. Meine (mir selbst zugeteilte)<br />

Aufgabe war die Organisation der OTELOs für das Handbuch zu beschreiben. Gleich zu Beginn<br />

flammten in diesem Zusammenhang die Begriffe selbstreferenziell und Autopoiesis auf, welche mir<br />

bereits in meinem Studium untergekommen sind. Irgendwie schien es damals sinnvoll diese Begriffe<br />

über das vorhandene Node-Konzept von OTELO zu legen um damit ein Argument kreieren zu können,<br />

welches es erlaubt die Unabhängigkeit von OTELO als operativ-geschlossenes System zu beschreiben.<br />

Die Idee, die hier hervorbricht ist OTELO als ein gesellschaftliches Subsystem auf der gleichen Stufe<br />

wie das Wirtschafts-, Politik- oder auch das Bildungssystem, usw. zu definieren. - Möglicherweise<br />

etwas vermessen, möglicherweise auch nicht. - Diese Idee fruchtete allerdings nicht in einem<br />

kommunizierbaren Text und wurde damals nicht weiter explizit ausgeführt.<br />

Ein Jahr später – nun mit schon etwas mehr intern aufgebautem Druck – versuchte ich mich erneut<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

19


dem Thema zuzuwenden. Die Strategie in diesem zweiten Anlauf lautet: Ähnliche Projekte aufsuchen;<br />

diese zu beschreiben; Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede zwischen den jeweiligen Projekten und<br />

dem OTELO herausarbeiten. Doch der Gedanke das Thema so abzuhandeln war im Grunde nicht<br />

befriedigend, da es zu viel von Vergleichen an sich hatte, so versandete auch dieser Versuch. Der<br />

dritte Versuch war geprägt von dem Gedanken durch eine „historische“ Herangehensweise das<br />

OTELO und seine Entstehungsgeschichte zu betrachten – der Frage nachzugehen was hat das OTELO<br />

zu dem gemacht was es heute ist?<br />

Meine Hypothese, welche dieses Vorhaben begleitet hat ist folgende: OTELO ist eine zunächst diffuse<br />

Idee, die auf ihrer Reise durch Raum und Zeit in Kontakt mit unterschiedlichen Menschen und<br />

Institutionen kommt und dadurch konkretisiert wird.<br />

Das erste Mal zeigt sie sich, durch eine von Martin Hollinetz initiierte Machbarkeitsstudie, welche von<br />

der RMOÖ GmbH, dem Verein für Regionalentwicklung und dem Technologiezentrum Attnang-<br />

Puchheim erarbeitet wurde. Hier werden die ersten Umrisse des OTELOs festgelegt. Es soll ein Umfeld<br />

sein um junge Mädchen und Burschen zu ermutigen sich künstlerisch und technisch/handwerklich zu<br />

betätigen. Es soll über bestehende Institutionen hinweg, Strukturen für ein „freies“ Forschen<br />

bereitstellen, zum Experimentieren einladen und ganz allgemein die Begeisterung für<br />

Naturwissenschaften und Technik fördern. In Wien werden zu diesem Zweck zwei unterschiedlichen<br />

Hackerspaces, das Metalab und das Happylab, besucht, da schon von Beginn an klar war, dass es sich<br />

beim OTELO um einen Freiraum im physischen Sinn handeln muss.<br />

Im Laufe der Machbarkeitsstudie wird die Idee von den Wünschen der teilnehmenden Personen und<br />

Institutionen angereichert. Gespräche mit der Stadt Vöcklabruck finden statt und es werden<br />

LehrerInnen und andere Privatpersonen eingeladen ihre Vorstellungen zu OTELO einzubringen. Es<br />

lässt sich also sagen, dass OTELO bereits in seinen Anfängen mit den Systemen Lokalpolitik und dem<br />

Bildungssystem in Verbindung trat.<br />

Als um den Jahreswechsel 2009-2010 die Besiedelung der ersten beiden OTELO Standorte<br />

Vöcklabruck und Gmunden erfolgte, war sehr schnell die Idee auf dem Tisch über OTELO auch ein<br />

Workshopprogramm anzubieten, um interessierten Menschen einen Grund und auch eine<br />

Möglichkeit zu bieten, in die Räumlichkeiten der OTELOs zu kommen. Ebenfalls zu dieser Zeit<br />

emanzipierte sich das „Projekt“ OTELO aus dem RMOÖ heraus und fand einen temporären<br />

Ankerpunkt bei der SPES Zukunftsakademie. Ein wichtiger Pfeiler der SPES Zukunftsakademie ist ihr<br />

Bildungsprogramm, in dem ein- und mehrtägige Seminare angeboten werden. Es mag nun ein Zufall<br />

sein oder eben auch nicht, aber seit dieser Zeit wurde auch das Workshopprogramm ein wichtiger<br />

Bestandteil des OTELO-Gesamtkonzeptes.<br />

Das Technologiezentrum Attnang-Puchheim und womöglich auch persönliche Erfahrungen der<br />

Beteiligten mit selbständiger Beschäftigung führten dazu, dass sich im OTELO ein Schwerpunkt unter<br />

dem Namen „OTELO Entrepreneurs“ bildet und somit auch eine Andockstelle zum Wirtschaftsystem<br />

darstellt, welche durch weitere Kooperationen mit den Wirtschaftskammern Gmunden und<br />

Vöcklabruck sowie den Kontakt zu lokalen Firmen ausgebaut wurde.<br />

Das erste Node, welches im OTELO Vöcklabruck gegründet worden ist, ist das Radionest, ein<br />

Außenstudio des „Freien Radio Salzkammerguts“. Viele der im Radionest engagierten Menschen,<br />

hatten in den vergangenen Jahren sehr viel Erfahrung in der Kulturarbeit gesammelt. Das OTELO<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

20


profitierte durch das immense Know-how dieser im Kunst- und Kulturbereich tätigen Menschen, was<br />

besonders in den Bereich Medien- und Vereinsarbeit zum Ausdruck kam.<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das OTELO mit mindestens vier gesellschaftlichen<br />

Subsystemen kommuniziert. Dem (Regional-)Politiksystem, dem Bildungssystem, dem<br />

Wirtschaftssystem und dem Kunst- und Kultursystem. Die folgende Illustration versucht diesen<br />

Zusammenhang graphisch darzustellen:<br />

Die Grafik zeigt OTELO als eine eigenständige Zelle, welche unabhängig von den anderen<br />

gesellschaftlichen Subsystemen operiert. - Diese Zelle ist sozusagen ein operativ-geschlossenes<br />

System. Der Austausch mit anderen Systemen ist nur dann möglich wenn diese Rezeptoren<br />

bereitstellen, die der „OTELO-Idee“ eine Andock-Möglichkeit bieten. Unserer bisherigen Erfahrung<br />

nach, sind solche „Rezeptoren“ Menschen, welche in den genannten Systemen arbeiten und auf einer<br />

persönlichen Ebene offen für die Philosophie und den Ideen des OTELOs sind. Jedes System für sich<br />

operiert nach seiner eigenen Logik und ist um den Systemerhalt bemüht. Eine ArbeiterIn, eine<br />

AngestelltE, eine BeamtIn oder auch eine ChefIn sind Menschen, welche in einem System arbeiten<br />

und gleichzeitig auch eigene Meinungen und Interessen besitzen. Ein System an sich besitzt wenig<br />

Handlungsspielraum für strukturelle Neuerungen - es sind diese Menschen, die es Systemen<br />

ermöglichen an neue Ideen anzuknüpfen. Was in der Grafik nicht ersichtlich ist, ist der umgekehrte<br />

Fall. Natürlich wird auch das OTELO von Menschen getragen, welche es wiederum ermöglichen, dass<br />

neue Ideen von „außen“ in das Gesamtkonzept integriert werden.<br />

Diese Rezeptoren - die offenen Menschen - an ihren jeweiligen Positionen sind die „weichen Stellen“<br />

eines Systems, an denen ein Austausch über die Systemlogik hinaus möglich wird.<br />

Die Grafik zeigt auch das Zusammenspiel der drei Begriffe „Offen“, „Technologie“ und „Labor“, welche<br />

im Namen „Offenes Technologielabor“ vereint sind. Im Folgenden lassen wir nun jeweils zwei dieser<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

21


Begriffe in Resonanz treten um zu versuchen ein Gefühl der Grundhaltung des OTELOs zu vermitteln.<br />

Offenes Labor – steht für die Offenheit des Raumes und für die Möglichkeit, dass jede und jeder<br />

InteressiertE ins OTELO kommen kann, dieses Nutzen kann – und im Idealfall auch andere Leute dort<br />

antrifft. Es muss nicht ein konkretes Vorhaben sein was die Leute ins OTELO lockt. Es ist ein Platz des<br />

Gedankenaustausches und auch ein Platz, an dem Mensch sich einfach gerne aufhält. Es ist ein Platz<br />

der Community.<br />

Offene Technologien – Wissen als Gemeingut. Open Source lebt uns vor wie sehr die Allgemeinheit<br />

von offenen Technologien profitieren kann. Diese Offenheit bedeutet mitbestimmen können und sich<br />

einbringen können. Wir ermutigen alle am OTELO Beteiligten ihr Wissen um ihre Arbeit zu teilen, ganz<br />

unabhängig davon ob es sich bei diesem Wissen um Baupläne von 3D-Druckern oder um<br />

Erfahrungswerte im Umgang mit Förderstellen oder der regionalen Politik handelt. Daher sind in<br />

unserm Verständnis Offene Technologien ein Mittel zur Selbstermächtigung und somit in weiterer<br />

Folge eine Voraussetzung um Projekte tatsächlich umsetzen zu können.<br />

Peter Senge sagte auf der „Wachstum im Wandel“-Konferenz im Oktober 2012: „If you believe that<br />

you are powerless, you are right!“ - In diesem Sinne lasst uns gemeinsam das Gegenteil davon<br />

annehmen!<br />

Technologielabor - Das Labor kennzeichnet das Experimentelle – es wird ausprobiert, wenn möglich<br />

ohne vorgefasste Vorurteile und im Wissen, dass das Experiment scheitern darf. Es ist der Ort wo<br />

vorgefasste Meinungen hinterfragt werden, wo reflektiert und auch kritisiert wird. Die<br />

Auseinandersetzung mit unseren gegenwärtigen Herausforderungen dient als Ausgangspunkt für<br />

neue Herangehensweisen. Die Kritik des Gegenwärtigen dient somit als Unterstützungshilfe um neue<br />

Ansätze realisieren zu können. Die Pluralität des OTELO inspiriert uns dabei Zusammenhänge auch<br />

einmal anders zu denken. Die Technologie ist die Anwendung von Wissen. Im Technologielabor wird<br />

Wissen experimentell angewendet um Erfahrung zu generieren, welche über theoretische<br />

Überlegungen hinausgehen.<br />

OTELO oder ähnliche Projekte deren Zeit nun gekommen ist als operativ-geschlossenes System zu<br />

definieren, hat einen wesentlichen Hintergrund: Eine der Stärken von OTELO ist die zuvor<br />

beschriebene Möglichkeit mit anderen Systemen Kontakt aufzunehmen. Damit diese Möglichkeit<br />

gewahrt bleibt ist es essentiell wichtig, dass es nicht von einem der anderen Systeme vereinnahmt<br />

wird. Wir definieren an dieser Stelle OTELO als einen eigenständigen Organismus, der sich in den<br />

Ritzen und Freiräumen breit macht, die von anderen Systemen nicht ausgefüllt werden und nicht<br />

ausgefüllt werden können. (Von manchen Otelistas wir dieser Organismus liebevoll als Schleimpilz<br />

bezeichnet.) Wir verfolgen hierbei einen konstruktivistischen Ansatz. Martin Hollinetz bezeichnet das<br />

OTELO und seine Unabhängigkeit in diesem Zusammenhang als eine Inszenierung. Gleichzeitig<br />

versuchen wir diese Inszenierung zu leben und schaffen dadurch Fakten, was dazu führt, dass sich aus<br />

der Idee eine tatsächliche Institution herauskristallisiert.<br />

Öffnen wir unseren Blickwinkel ein klein wenig, so erkennen wir schnell, dass OTELO „nur“ ein<br />

Ausdruck einer weltweit an Bedeutung gewinnenden Geistes- und Wertehaltung ist. Diese Geistes-<br />

und Wertehaltung kann, um eine Analogie zur Biologie herzustellen, als ein Myzel gesehen werden,<br />

das die verschiedenen Kulturlandschaften durchwächst. Hier und da sprießen bereits die<br />

Fruchtkörper dieses Myzels aus dem Boden. Und einer dieser Fruchtkörper heißt OTELO.<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

22


Was hat OTELO mit sozialer Innovation zu tun? Eine Annäherung<br />

Raffaela Then, Ashoka<br />

Innovation.<br />

Lassen wir uns dieses Wort einmal auf der Zunge zergehen und vor unseren Augen Form annehmen.<br />

Innovation? Auch nachdem ich mich lange mit dem Thema auseinandergesetzt habe, formt es für<br />

mich eher eine Frage, denn ein Ausrufezeichen. Machen wir das Ganze noch ein wenig komplizierter,<br />

indem wir ein ähnlich schillerndes Wort davor setzen:<br />

soziale Innovation.<br />

Was hat OTELO mit sozialer Innovation zu tun? Dieser Frage will ich in diesem Beitrag nachgehen, ein<br />

Vorhaben, das erst einmal einer Nachtwanderung ohne Taschenlampe in den Dschungel gleicht. Aber<br />

um einen Pfad durch den Wald von Begriffen und Phänomenen zu finden, habe ich eine spezielle<br />

Nachtsichtbrille mitgebracht: Die Ashoka-Brille.<br />

Ashoka ist das weltweit größte Netzwerk von Social Entrepreneurs. Das sind Menschen, die mit<br />

innovativen Ideen und unternehmerischem Geist ein soziales Problem systematisch lösen. Seit 2010<br />

ist Ashoka mit einem Länderbüro auch in Österreich vertreten und dort auf der Suche nach Social<br />

Entrepreneurs, um diese nach einem langen Auswahlverfahren in das Netzwerk aufzunehmen und<br />

sie bei der Verbreitung ihrer Innovation zu unterstützen. Als Praktikantin bei Ashoka Österreich hatte<br />

ich Ende 2011 die spannende Aufgabe, mich auf die Suche nach sozialen Innovationen und Social<br />

Entrepreneurs in Österreich zu machen.<br />

Was heißt Soziale Innovation für Ashoka?<br />

Auch Ashoka kann Innovation nur indirekt definieren. Ob etwas „neu“ ist, kann immer nur<br />

eingebettet in den spezifischen Kontext des Phänomens, im Vergleich zu alten Lösungsansätzen und<br />

anderen Strategien beurteilt werden. Daher orientiert sich Ashoka bei der Suche nach sozialer<br />

Innovation an folgenden Fragen:<br />

- Was sind besonders drängende Probleme in einem Land oder einer Region?<br />

- Warum können diese Probleme mit bestehenden Ansätzen nicht gelöst werden?<br />

- Wo hat jemand eine neue Strategie entwickelt, die das Problem systematisch löst?<br />

- Was ist die „Theorie des Wandels“ hinter dieser neuen Strategie?<br />

- Welche Wirkung ist bereits durch ihre Anwendung beobachtbar?<br />

- Ist es möglich, die Lösungsstrategie möglichst vielen Betroffenen zugänglich zu machen?<br />

Anhand dieser Fragen tastet Ashoka sich voran, um mögliche soziale Innovationen in der Gesellschaft<br />

zu identifizieren. Dabei wird in einem mehrstufigen Prozess immer wieder die Meinung unabhängiger<br />

Experten hinzugezogen, die im betreffenden Themengebiet tätig sind.<br />

Betrachtet man „rückwirkend“ die Sozialunternehmer, welche von Ashoka mit ihren innovativen<br />

Strategien als Fellows ausgewählt wurden, so zeigen sich bestimmte Muster:<br />

Unabhängig von ihrem Arbeitsfeld zeichnen sich die Fellows dadurch aus, dass sie erstens ein tiefes<br />

Verständnis für die Dynamiken aufweisen, welche ein soziales Problem verursachen. Sie sehen<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

23


darüber hinaus aber auch Möglichkeiten, „festgefahrene“ Prozesse neu zu strukturieren, indem sie<br />

vorhandene Ressourcen nutzen, diese aber neu kombinieren. Dadurch ergeben sich für alle<br />

Beteiligten eines Prozesses neue Handlungsmöglichkeiten.<br />

Ein Beispiel:<br />

Gerald Koller erkannte, dass Rausch und Risiko grundlegende menschliche Bedürfnisse sind – wir<br />

wollen unsere Grenzen ausloten. Unsere Gesellschaft lebt allerdings eine „Bewahrungspädagogik“:<br />

Kinder und Jugendliche sollen vor Gefahren bewahrt werden und möglichst wenigen<br />

Risikosituationen ausgesetzt sein. Dem setzt Gerald Koller eine „Bewährungspädagogik“ entgegen.<br />

Um im Leben kompetent mit Risiken umgehen zu können, ist ein Erproben im geschützten und<br />

geleiteten Rahmen wichtig. Gerald Koller entwickelte „risflecting“ als Methode und<br />

Trainingsprogramm, um Risikokompetenz zu erlernen. In Kooperation mit dem Alpenverein und<br />

anderen Einrichtungen half Gerald Koller bereits tausenden Jugendlichen, in Risikosituationen<br />

bewusst und kompetent entscheiden zu können. Gerald Koller wurde 2011 als Ashoka Fellow in<br />

Österreich ausgewählt.<br />

Zurück zum Dschungel: die erste Hürde ist genommen, wir haben die Nachtsichtbrille aus dem<br />

Rucksack gekramt und sie aufgesetzt. Natürlich taucht sie den Dschungel jetzt in ein besonderes Licht,<br />

einige Farben treten deutlicher hervor, andere verschwinden. Wir haben uns für eine Sichtvariante<br />

entschieden.<br />

Los geht es in ein Gewirr aus Pflanzen, Formen und Farben und je tiefer wir in den Dschungel<br />

kommen, desto stickiger wird es. Wir können uns immer langsamer vorwärts bewegen, der Pfad wird<br />

schmal – bis wir auf eine Lichtung stoßen, in deren Mitte ein uns unbekanntes Tierchen sitzt. Nennen<br />

wir es vorerst einmal „OTELO“. Es wirkt beim ersten Hinsehen chamäleonartig, wechselt Farbe und<br />

Form. Der Forscherdrang packt uns und wir beginnen, es durch unsere Spezialbrille hindurch genauer<br />

zu betrachten. Was sehen wir?<br />

OTELO – mehr als ein Open Lab für Technikfreaks?<br />

In zahlreichen Gesprächen mit Martin Hollinetz versuchte ich mich im Frühjahr 2012 an die<br />

Kernessenz von OTELO heran zu tasten. An dieser Stelle möchte ich einen persönlichen Überblick<br />

darüber geben, als was ich OTELO im Lauf dieses Prozesses selbst wahrgenommen habe, und wie sich<br />

dieses Bild schließlich zu einer Grundidee verdichtete. Bei jedem „OTELO- Forscher“ wird dieser<br />

Prozess sicherlich etwas anders aussehen.<br />

PHASE 1: OTELO als „Technik - Spielplatz“<br />

„Offenes Technologie Labor“. Drei Worte, die eine erste Idee in meinem Kopf gebildet haben, um<br />

was es sich handeln könnte. „OTELO lebt von der Idee, Menschen einen Raum für kreative und<br />

technische Aktivitäten zu ermöglichen“ – der erste Satz auf der Homepage. OTELO ist also ein<br />

„Spielplatz“, an dem jeder neue Dinge im Bereich Technik ausprobieren kann und ähnelt vermutlich<br />

den sonstigen „offenen Werkstätten“, die mir aus anderen Städten bekannt sind. Es gibt Workshops<br />

und Veranstaltungen wie „Socken stricken“ oder „Linux Umsteigerparty“; das erscheint mir noch<br />

nicht sehr innovativ. Aber da tauchen auch die „Selbstversorgie“ oder der Workshop „Arbeit, Geld<br />

und Lebensziel“ auf – was hat das noch mit Technik zu tun? Es muss mehr hinter diesem OTELO<br />

stecken…<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

24


Später lerne ich im Gespräch mehr über OTELOs Verständnis von „Technologie“: damit wird im ganz<br />

ursprünglichen Wortsinn die Lehre von der „Weltaneignung“ des Menschen durch Naturwissenschaft<br />

gemeint. OTELO verbindet Technik, Medien, Kunst, Wirtschaft und vieles mehr – all diese Felder<br />

charakterisiert das Streben, die Welt zu „(be-)greifen“ und auf unterschiedliche Weise zugänglich zu<br />

machen.<br />

OTELO bietet dabei einen Rahmen für den Einzelnen, sich auf den Weg zu machen und zu erforschen,<br />

aus welcher Perspektive er selbst sich der Welt nähern möchte, wo seine Leidenschaften liegen und<br />

was ihn begeistert. Hier liegt auch der Unterschied zum durchschnittlichen „Kulturzentrum“: Bei<br />

OTELO wird kein Programm vorgegeben, sondern jedes Mitglied hat die Möglichkeit, selbst Ideen zu<br />

entwickeln und umzusetzen. Durch OTELOs klare Struktur (räumliche Verortung, NODES, NODE-<br />

Phasen, Grundregeln) wird diese inhaltliche und persönliche Freiheit erst möglich. Ein beständiger<br />

organisationaler Rahmen ist die Voraussetzung dafür, dass daraus in einem offenen Prozess Neues<br />

entstehen kann.<br />

Im wuchernden Dschungel erschafft das „OTELO“ eine Lichtung, auf der Samenkörner verschiedenster<br />

Art genug Raum und Nahrung zum Wachsen finden.<br />

PHASE 2: OTELO als Community<br />

Was bedeutet die Gemeinschaft für OTELO? Im „Forschungsprozess“ wurde für mich deutlich, dass<br />

OTELO es schafft, eine diffizile Balance zwischen „Eigenbrötlertum“ und „Vergemeinschaftung“ zu<br />

halten. Der Einzelne hat bei OTELO die Freiheit, sich den Themen zu widmen, die ihn begeistern –<br />

dennoch wird von ihm die Bereitschaft zum Teilen erwartet. „Teilen“ kann bei OTELO vieles<br />

bedeuten: mitteilen, verteilen, beteiligen – all das gehört dazu und lässt sich vielleicht am besten mit<br />

dem englischen Begriff des „sharing“ subsumieren. Es geht darum, im Austausch zu bleiben und<br />

durch das gegenseitige Bereitstellen von Ressourcen neue Handlungsmöglichkeiten zu schaffen (sei<br />

es zwischen Einzelpersonen, zwischen den „NodesS“, zwischen OTELO Standorten oder im Austausch<br />

mit externen Partnern). „Sharing“ ist nicht Mittel zum Zweck, sondern „Organisationskultur“.<br />

Martin Hollinetz zitierte dafür oft den Neurowissenschaftler Gerald Hüther, welcher „dazu gehören<br />

und wachsen dürfen“ als zwei Grundbedürfnisse des Menschen beschreibt. In einer Gemeinschaft<br />

von Menschen jedem das persönliche Wachstum zu lassen setzt voraus, das diese Gemeinschaft<br />

offen bleibt – offen für unterschiedlichste Menschen, Interessen, Perspektiven. Gerade in ländlichen<br />

Gebieten ist diese Offenheit für das Andersartige manchmal schwer zu finden. OTELO schafft hier<br />

einen Raum, in dem neue Konzepte gemeinschaftlich erprobt werden können und in dem Platz für<br />

„ungewöhnliche“ Interessen wie Sounddesign und 3D-Druck, aber eben auch für „Socken stricken“<br />

ist.<br />

Wachstum ist da möglich, wo man sich nicht gegenseitig Nährstoffe und Sonne nimmt, sondern<br />

einander ergänzt. Gerade deshalb sorgt das „OTELO“ dafür, dass die Lichtung nicht zu einer<br />

Monokultur wird, die möglichst viel Ertrag bringen soll – Verschiedenstes darf dort in seinem jeweils<br />

eigenen Tempo entstehen.<br />

PHASE 3: OTELO als Connector<br />

Partnerschaften mit Unternehmen, mit Schulen, mit dem Regionalmanagement. Projekte von<br />

„Create your World“ bis „Kinder erleben Technik“. Kooperationen mit freien Radios. Wie passt all das<br />

in das Bild, das ich mir bislang von OTELO gemacht habe? Was ist daran innovativ? OTELO präsentiert<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

25


sich als Freiraum, in dem neue Ideen entstehen dürfen, aber auch als Community, die untereinander<br />

Ressourcen tauscht. Dieses Prinzip des „Sharing“ wird mit OTELOs Projekten noch einmal auf eine<br />

dritte Ebene gehoben. Unternehmen können ihr Know-how teilen und somit junge Menschen für ihr<br />

Arbeitsgebiet interessieren. Jugendliche dürfen sich an Regionalentwicklungsprozessen beteiligen.<br />

Bürger teilen sich über Radiosendungen mit. OTELO ermöglicht die Integration von Prozessen, die auf<br />

individueller, gemeinschaftlicher und institutioneller Ebene ablaufen und fungiert somit als<br />

„Vermittler zwischen den Welten“.<br />

Das „OTELO“ zäunt seine Lichtung nicht ein – unterschiedliche Dschungelbewohner sind Teil dieses<br />

Ökosystems und tauschen Ressourcen aus.<br />

Fazit: OTELO als Möglichmacher<br />

Wie lassen sich diese verschiedenen Perspektiven auf OTELO integrieren und was hat das Ganze dann<br />

mit sozialer Innovation zu tun? Rufen wir uns noch einmal einige „Leitfragen“ für Ashoka’s Suche<br />

nach sozialer Innovation ins Gedächtnis.<br />

- Für welches drängende Problem kann OTELO neue Lösungsstrategien liefern?<br />

Gerade in ländlichen Gegenden sind kreative Entwicklungsansätze gefragt, um Landflucht und<br />

Strukturwandel entgegen zu wirken. Es braucht Räume, in denen von Bürgern neue (Lebens-)Modelle<br />

entwickelt, ausprobiert und ausgehandelt werden können. Räume, aus denen neue Impulse an die<br />

institutionelle Ebene gesendet werden. Räume, die jedem die Möglichkeit geben,<br />

Veränderungsprozesse mit anzustoßen, sei es persönlich, für die Gemeinschaft oder<br />

gesamtgesellschaftlich. OTELO ermöglicht dies, indem es nicht das Ergebnis als Maßstab setzt,<br />

sondern (Veränderungs-)Prozesse als solche wertschätzt und unterstützt. Damit entsteht ein<br />

„Bewegungsimpuls“ welcher sich auch auf relativ starre institutionelle Strukturen überträgt.<br />

- Was unterscheidet OTELO von bestehenden Problemlösungsansätzen?<br />

OTELO erlaubt „Ziellosigkeit“. In einem Node müssen sich Menschen nicht treffen, um etwas<br />

Bestimmtes zu entwickeln – sie dürfen auch einfach unter einer thematischen Überschrift<br />

experimentieren. Ein „organischer“ Innovationsprozess wird von OTELO in allen Phasen unterstützt.<br />

Dennoch ist OTELO mehr als ein „offener Kreativraum“: Durch die einfache, aber klare<br />

Organisationsstruktur und ihre Vorgaben werden Aktivitäten auf persönlicher Ebene immer in die<br />

Gemeinschaft eingebunden – das Teilen mit Anderen (innerhalb und außerhalb der OTELO<br />

Community) ist die einzige Forderung an OTELO Mitglieder. OTELO schafft es so, Bürger auf der Basis<br />

ihrer persönlichen Interessen und Leidenschaften in Prozesse des „Community Building“, der<br />

Regionalentwicklung und gesamtgesellschaftlicher Veränderung einzubeziehen.<br />

- Was ist die „Theorie des Wandels“?<br />

Die „Theorie des Wandels“ hinter OTELOs Aktivitäten besagt also, dass nachhaltige Entwicklung da<br />

möglich ist, wo Menschen den Freiraum und die Unterstützung haben, ihren eigenen Begeisterungen<br />

zu folgen und diese mit anderen zu teilen. Diese Erkenntnis mag nicht neu sein – aber ihre<br />

„Übersetzung“ in eine einfach zu implementierende Organisationsstruktur ist innovativ. Jeder OTELO<br />

Standort dient als „Homebase“ für Menschen, die sich kreativ in eine Gemeinschaft einbringen<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

26


möchten und eröffnet auf verschiedensten Ebenen neue Handlungsmöglichkeiten. Insofern verstehe<br />

ich OTELO letztendlich als „Möglichmacher“ für positive Entwicklungsprozesse; als soziale Innovation,<br />

die wiederum Wandlungsprozesse in verschiedensten Bereichen ermöglicht.<br />

Wenn wir durch die Ashoka-Brille schauen, suchen wir nach genau diesen Phänomenen. Ashoka’s<br />

Vision ist eine starke Zivilgesellschaft, in der allen Menschen die Ressourcen und die Unterstützung<br />

zur Verfügung stehen, mit ihrer Begeisterung und ihren Talenten zur Lösung drängender<br />

gesellschaftlicher Probleme beizutragen. OTELO hat aus der Sicht von Ashoka das Potenzial, hier eine<br />

Lücke zu füllen, die vor allem in ländlichen Gebieten besteht. Durch die einfache<br />

Organisationsstruktur, die auch eine flexible Reaktion auf lokale Gegebenheiten ermöglicht, kann das<br />

Konzept (inter-)national ausgeweitet werden und zu einer neuen Kultur zivilgesellschaftlich initiierter<br />

Entwicklung beitragen.<br />

Unsere Nachtwanderung in den Dschungel nähert sich ihrem Ende. Es wird langsam wieder heller. Wir<br />

haben das „OTELO“ so gut wie möglich untersucht – aber viele Fragen bleiben unbeantwortet. Vor<br />

uns allen liegt ein hoffentlich langer OTELO- Forschungsprozess – möge er viele Erkenntnisse mit sich<br />

bringen!<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

27


OTELO Impulsgeber des Regionalkapital<br />

Ambros Pree, elements consult<br />

Wie immer beginnen Veränderungen an Rändern oder Schwachstellen einer bestehenden Ordnung.<br />

An der schwächsten Stelle des Asphalts bricht sich der Löwenzahn seinen Weg. Er ist zugleich<br />

Zeichen, dass die Straße nicht mehr einer intensiven Nutzung unterliegt und eine Umformung<br />

ansteht. Nicht anders ist es in unserer Gesellschaft. Festgehalten wird an Bestehendem, ob es der<br />

ursprünglichen Aufgabe noch entspricht wird selten hinterfragt. Neues ist unbekannt, gewohnte<br />

Muster zu verlassen löst oft Irritation aus. In Wirklichkeit ist es nicht schwer Neues anzunehmen,<br />

schwer ist es Altes zurückzulassen.<br />

Etwa ähnlich kann vielleicht auch OTELO gesehen werden. Was Lebendiges hat sich einen Weg<br />

gebahnt und im noch nicht Kennen dieser Spezies gibt es die Neugierigen, die sich über eine neue<br />

Blume freuen, die Vorsichtigen die noch nicht genau wissen, wie damit umgehen – ist es Gefahr oder<br />

Chance? – und auch die, die meinen, ob es nicht schon genug an Bestehendem gibt, dass davon<br />

womöglich bedroht und abgelöst werden könnte. Bedauerlicherweise zählen auch solche dazu die<br />

einmal ausgezogen sind Neues zu bringen, nun aber aus verschiedenen Gründen festgefahren sind<br />

und aus Furcht die neue Möglichkeit negieren oder sie sogar (diffus) bekämpfen.<br />

Was löst der Handlungsansatz von OTELO aus? - Die Wirkungsweise in fünf Feldern<br />

Der Ausgangspunkt heißt Soziale Innovation<br />

Was mittlerweile als wesentlicher Bestandteil in den zukünftigen Schwerpunkten der Europäischen<br />

Union besonders hervorgehoben wird ist der Begriff der Sozialen Innovation. Wenn dieser Begriff<br />

allemal schon eine viel längere Geschichte hat, so ist es dennoch bedeutend, denn mit einemmal<br />

wird klar, dass der Gestaltungsansatz aller gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen in<br />

diesem Kontext eine neue Bedeutung gewinnt. Soziale Innovation ersetzt nicht technologische<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

28


Innovationen, sondern bindet sie in ein umfassenderes Wirkungsverständnis ein. Welche<br />

Konsequenzen haben bestimmte Entwicklungen und durch wen werden sie getragen?<br />

Soziale Innovation ist als Initiativ- und Beteiligungsprozess der Betroffenen zu sehen. Sie sind es die<br />

Lösungen für die Herausforderungen des Lebens mit den von ihnen entwickelten Antworten und den<br />

damit verbundenen Handlungsentscheidungen eine neue Dynamik verleihen.<br />

Genau dort setzt OTELO an – Menschen einen Wirkungsraum zu ermöglichen um selbst Träger der<br />

Verantwortung für die Lebensgestaltung in den unter-schiedlichen Lebensfeldern zu werden.<br />

Soziale Innovation kann so umschrieben werden (Quelle: Blog Innovation und Verantwortung):<br />

eine neuartige Lösung für ein gesellschaftliches Problem<br />

effektiver, effizienter, nachhaltiger oder gerechter als bestehende Lösungen<br />

nützt sie hauptsächlich der Gesellschaft und weniger privaten Individuen<br />

ein Produkt, ein Produktionsprozess, eine Technik (oder, ergänzt Hobard, ein<br />

Geschäftsmodell)<br />

ein Prinzip, ein Gesetz, eine soziale Bewegung, eine Intervention oder eine Kombination.<br />

die Lösungen müssen immer mit den Nutznießern entwickelt werden, vorzugsweise von<br />

ihnen<br />

die Initiativen sollen sich auf die Stärken und nicht die Schwächen von Menschen und<br />

Gemeinschaften konzentrieren<br />

sie sollen nicht nur Diskriminierung bekämpfen, sondern aus der Vielfalt von Ethnien,<br />

Altersgruppen, Religionen, Geschlechterrollen schöpfen<br />

In der Leitinitiative der Europäischen Union 2020 wird der Ansatz so beschrieben:<br />

In der Zeitschrift „brand eins“ 04/2012 findet sich folgende Beschreibung:<br />

Eine Idee wie eine Infektion<br />

Soziale Innovationen können infektiös wirken, wenn sich eine Gesellschaft nach und durch Krisen<br />

technisch, ökologisch, politisch verändert und die Anpassung der bisherigen sozialen und kulturellen<br />

Praxis gefordert ist. Dann entstehen neue Formen der Interaktion, neue Institutionen, neue<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

29


Instrumente, die auf den Prinzipien der Einbeziehung (Inklusion), der Entwicklung von Mischformen<br />

(Hybridisierung) und der integrativen Verbundlösung (Systemisierung) beruhen.<br />

Soziale Innovationen entstehen - wie andere Neuerungen auch - erst dann, wenn eine Idee einen<br />

eigenen "gesellschaftlichen Markt" gefunden hat, also Käufer, Anwender oder Gesetze und<br />

Regulierungen - und damit Nachahmer. Die schöpferische Änderung der bisherigen sozialen und<br />

kulturellen Praxis kann im Schumpeter'schen Sinne "zerstörend" wirken, aber auch alternativ oder<br />

ergänzend. Entscheidend ist dabei zunächst, ob die Gesellschaft eine Idee für wirklich neu hält,<br />

weniger, ob für positiv oder negativ. Das wird erst mit zeitlichem Abstand entschieden.<br />

Vom technischen Fetisch zur kollektiven Fantasie<br />

Es zeigt sich: Wir stellen um vom Fetisch der (technischen) Produktion von Lösungen auf Fantasien<br />

der (gesellschaftlichen) Orientierung an dem Problem. Ob Energie-, Mobilitäts-, Wasser- oder<br />

Demografie-Wenden, ob Wandel der Urbanität, des Klimas, des Verschuldungskapitalismus oder des<br />

Terrorismus - der Übergang vom wirtschafts- und ingenieurwissenschaftlichen Management des<br />

Industrie- und Finanzkapitalismus zum gesellschaftstheoretischen Management eines empathischen<br />

Kapitalismus wird spürbar, in Konzernen, Ministerien und Universitäten.<br />

Die gute Nachricht: Unsere gesellschaftlichen Herausforderungen und Krisen von heute sind die<br />

Geschäftsmodelle und Exportschlager von morgen. Soziale Innovationen sind produktive Parasiten<br />

der Probleme - und damit Kassenschlager des Übermorgen.<br />

Auch keine schlechte Nachricht: Das Krankheitsbild des autistischen Managers oder Unternehmers<br />

wird aussterben - entweder weil die Betroffenen gesunden oder weil der Markt sie als<br />

unverbesserlich aussortiert. Die jetzige Managementgeneration wird postasozial und<br />

beziehungsfähiger.<br />

Die Logiken der sozialen Innovation<br />

Logik der Inklusion: Soziologen sprechen in modernen Gesellschaften vom Primat der<br />

funktionalen Ausdifferenzierung - ohne Spitze, aber mit vielen Randgruppen. Dies erklärt den<br />

dringlichen Bedarf nach Einbeziehung. Sie wird möglich durch neue Arenen der Interaktion -<br />

zwischen Bürger und Staat, Einwanderern und Alteingesessenen, Unternehmen und<br />

Mitarbeitern, Behinderten und Nichtbehinderten, Hauptschülern und Studenten, Alten und<br />

Kindern, Eliten und anderen Randgruppen. Inklusion ist die unheimliche Geheimwaffe -wenn<br />

man die Vielfalt nutzt. Beispiele: Social Media, Open Innovation, integrierte und inter<br />

generative Betreuungskonzepte, Neokorporatismus, Open Government, Bürgerhaushalt.<br />

Logik der Hybridisierung: Organisationen und Sektoren brauchen zum Überleben ihre<br />

Grenzen zur Umwelt. Doch die zwischen Staat, Markt, Familie und Zivilgesellschaft geraten<br />

nun selbst an ihre Grenzen: Es geht um eine kluge, das heißt wiederum abgegrenzte<br />

Entwicklung von Mischformen - durch neue Institutionen und durch soziale Problemlösungen<br />

für wirtschaftliche Wertschöpfungsketten.<br />

Logik der Systemisierung: Innovationen finden an oder auf der Grenze statt. Die<br />

Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands wird im Management komplexer integrativer Systeme<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

30


von Technik-, Dienstleistungs- und Sozialinnovationen entschieden: mehrgliedrige<br />

Verkehrssysteme, dezentrale Energiesysteme mit intelligenten Netzen, vor- und mitsorgende<br />

Gesundheitssysteme durch Unterstützung und Anerkennung statt durch bloße Medizin oder<br />

empathische Robotik (siehe zum Beispiel www.robotcompanions.eu).<br />

Soziale Innovation beinhaltet eine klare Werte- und Wirkungsbezogenheit. Anders formuliert, sie<br />

verleiht Innovationen ein menschliches Gesicht.<br />

Ein Blick auf OTELO zeigt wie Menschen beginnen Lösungen für Themen und Herausforderungen in<br />

ihrem Lebensumfeld selbst in die Hand zu nehmen. Selbst bedeutet aber nicht in Eigenbrötelei,<br />

sondern in Verbindung mit anderen einen Prozess zu beginnen, der Stufe um Stufe an Struktur und<br />

Verbindlichkeit gewinnt.<br />

Der Netzwerkcharakter<br />

Die Bedeutung der Regionen wird überall hervorgestrichen. Das Europa der Regionen heißt es schon<br />

lange. Region ist natürlich kein strikt abgegrenzter Begriff und definiert sich nach unterschiedlichen<br />

Bezügen. Wichtig ist, dass es sich um einen Raum handelt, der die Eigenverantwortung ernst nimmt<br />

und gestalten will. Damit wird das Zusammenspiel der Akteure = Netzwerk zur Erfolgsvoraussetzung.<br />

Die Offenheit ermöglicht die Weitung des Netzes und damit regionale Stärkung. Der<br />

Gestaltungsansatz wie bei OTELO, der per se sich nicht auf Zielgruppen und Themenstellungen<br />

festlegt, hat dabei einen besonderen Platz. Bedingt durch die offene Herangehensweise sind einmal<br />

alle gesellschaftlichen Felder wie Soziales, Wirtschaft, Kultur, Bildung, regionaler Öffentlichkeit,<br />

Umwelt und Politik im Bezugsrahmen zu sich ergebenden Handlungsfeldern. Austausch und<br />

übergreifende Aktivitäten werden zu Treibern um neue Wertschöpfung anzustoßen und generieren.<br />

Diese können sich in sehr unterschiedlichen Formen zeigen. Egal ob es sich um Projekte auf dem<br />

Substrat eines OTELO oder betriebliche, soziale, kulturelle und ökologische Impulse handelt, die in<br />

einem Prozess in Gang gesetzt werden.<br />

Wozu führt dieser Netzwerkcharakter?<br />

Die Abstimmung der einzelnen Partner führt zu einer klareren regionalen Identitätsbildung.<br />

Regionalen Handlungsräumen eine zusätzliche Dynamik zu verleihen führt zu einer Standortstärkung.<br />

Dieses Herangehensweise ist im Sinne des „Österreichischen Raumentwicklungskonzeptes ÖROK<br />

2011“ ein wichtiger Beitrag zur Weiterentwicklung der regionalen Governance.<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

31


Die Potenzialschöpfung<br />

Wenn von regionaler Potenzialstärkung auf der Ebene der menschlichen Fähig-keiten die Rede ist,<br />

dann ist man schnell bei einem gut umschreibbaren Begriff – Talentefindung. Dazu braucht es so<br />

etwas, wie eine Mycellfunktion die angestoßen wird damit die Pilze, sprich Talente, sichtbar werden<br />

können. Das klingt einfach, doch wer sich einmal mit dem Bodenleben in einem Garten beschäftigt<br />

hat, wird wissen, welcher Herausforderungen es bedarf um dem Wachsen der einzelnen Früchte eine<br />

gute Basis zu bereiten. Nicht anders ist es im regionalen Umfeld zu sehen. Auch dort eine<br />

„gärtnerische Arbeit“ zu verrichten, damit das Substrat, die Basis für das Herauswachsen der Talente<br />

werden kann. Ansonsten schlummern sie weiter gut bzw. können nicht an die Oberfläche kommen,<br />

weil es zu nass, zu trocken oder eine andere Einschränkung vorhanden ist.<br />

Zeigen sich Talente, so sind sie zu pflegen - keine Anleitung wie sie wachsen sollen - sondern ein<br />

Umfeld das Ermöglicht. Aus dem biologischen Landbau ist bekannt, dass ein Anteil an Beikräutern<br />

(Unkraut) die Qualität von Getreiden deutlich verbessert. OTELO ist ein solcher Garten bzw. eine<br />

solche „Landwirtschaft“. Anders gesagt, es geht um die Förderung von Talenten, damit „sie Frucht<br />

bringen können“. Wie schon im Neuen Testament zu lesen, haben es die Körner die auf steinigen<br />

Boden fallen schwer hochzukommen.<br />

Der Begriff „hidden champignon“ ist in der Betrachtung der Qualität von Wirtschaftsräumen üblich<br />

und drückt aus, dass dort Zukunftspotenzial vorhanden ist. In einer umfassenden Sicht einer Region<br />

ist es entscheidend solche „Pilze“ in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu fördern.<br />

Bedeutsam wird es aber, wenn es darum geht die Umfeldbedingungen so zu gestalten, dass diese<br />

auch in der Region bleiben und nicht das Weite suchen.<br />

OTELO ist dabei der Raum, noch völlig offen, unabhängig von einem „Produkt“, einzig das Entfalten<br />

soll möglich sein. Die innere Struktur ist Ermöglicherin. Diese Herangehensweise stellt somit einen<br />

wesentlichen Teil endogener Regionalentwicklung dar.<br />

Plattform der Kooperation<br />

Um Talenten tatsächlich einen Durchbruch zu ermöglichen brauchen sie eine Plattform auf der es<br />

möglich ist durch Kooperation einen zusätzlichen Nutzen und damit Stärke generieren zu können um<br />

so als Produkt oder Dienstleistung angenommen zu werden.<br />

Netzwerkrolle und Plattform bedingen einander. Projekte – egal welcher Art – sollen ins Leben<br />

gebracht werden können. Verbindlichkeit und Wirkkraft wird auf dieser Ebene offenbar. Sie gilt als<br />

eine Startbasis, die so etwas wie einen festen Grund bildet, ein Fundament ist auf dem gebaut<br />

werden kann. Auf dieser Ebene wird verdichtetes Handeln breiter sicht- und erlebbar. Ideen und<br />

Projektkonzepte werden dort der Prüfung der Lebenstauglichkeit unterzogen. Sie werden erweitert,<br />

adaptiert oder wie das Leben auch zeigt zurück an den Start geschickt. Manche werden dann auch als<br />

- zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt – nicht realisierbar zurückgesetzt.<br />

In der Nodes’s Struktur von OTELO findet das auch seinen Niederschlag als Weg, der zu einem Ziel<br />

zurückzulegen ist.<br />

Die Plattform selbst ist aber eine Bühne die in der Region gegründet ist. Nur dort begegnen sich die<br />

unterschiedlichen Partner um zu prüfen welcher Ansatz tragen kann. Die Plattform muss aber mit<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

32


einem guten Radar ausgestattet sein um über die Regionsgrenzen hinauszusehen, weil Impulse von<br />

außerhalb Stärkendes in die Region hineinbringen können und sollen.<br />

Bei einem Blick in die bisher entstandenen Initiativen und Projekte wird deutlich, dass sie von sich<br />

heraus in eine neue Zukunft deuten. Wer mit wachen Augen und offenen Ohren unsere Welt<br />

betrachtet, dem zeigen sich Entwicklungen die mit dem schon in kleinen Ansätzen der OTELOs<br />

verbindbar sind. „Die Produktion kehrt zurück“, heißt die neue Devise in den Industriestaaten. Doch<br />

die Art der Produktion und der Ressourcenumgang wird - ja muss – dabei einen sehr deutlichen<br />

Wandel erfahren. Andeutungsweise wird das etwas an zwei Hinweisen von Prof. Stefan Schleicher<br />

sichtbar. (Quelle: Prof. Stefan Schleicher, WIFO / UNI Graz)<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

33


Wo dieser Weg beschritten wird führt das zu dem was mit dem Begriff Stärkung des Regionalkapitals<br />

umschrieben wird. Eine Entwicklung also die Identität und Widerstandskraft fördert. Eine<br />

Impulsgeberfunktion auf diesem Weg wird durch OTELO ausgelöst.<br />

Denkraum - auch für das im ersten Moment Undenkbare<br />

Schon in Brainstorming gilt die Regel keine Bewertung – nur so ist ein offenes auf den Tisch legen<br />

aller Vorstellungen möglich. In der DenkBar ist Raum gegeben wo Ideen einmal „aufgespannt“<br />

werden können ohne gleich als Utopie oder realitätsfremd abgestempelt zu werden. Erst im<br />

gemeinsamen Diskurs - der in einer sehr spielerischen Annäherung erfolgen soll - entsteht so etwas<br />

wie ein Entscheidungsprozess an dessen Ende sich ein Übergang in eine mögliche Wirklichkeit<br />

abzeichnet. Der Denkraum ist der wichtige Schlüssel, dort findet die Befruchtung von Ideen statt. Die<br />

Blüten die darin auftauchen werden wie von Bienen „bestäubt“ um so die Möglichkeit des<br />

Fruchtbringens zu ermöglichen. Es geht um einen achtsamen Vorgang. Nicht jede von Bienen<br />

besuchte Blüte bringt Frucht, aber jede Blüte ist es Wert Bedeutung gegeben zu werden. Im<br />

Denkraum ist somit die Haltung aller Partizipierenden enorm wichtig. Frost zerstört die Blüten – ein<br />

förderndes, aber auch forderndes Klima ist die wesentliche Bedingung.<br />

Warum finden sich Menschen gerne in OTELO’s zusammen? Wohl deswegen, weil es erlaubt, ja<br />

gewünscht ist seine eigenen „Schätze“ (Fähigkeiten, Ideen, ...) offenzulegen und im Teilen mit<br />

anderen Bedeutung zu geben.<br />

Generell zu OTELO kann man die Wirkungsweise kaum treffender ausdrücken als es Albert Einstein<br />

mit dem Satz beschrieben hat „Probleme kann man niemals in derselben Denkweise lösen, durch<br />

die sie entstanden sind“.<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

34


OTELO Offenes Technologielabor<br />

Veronika Ratzenböck, Anja Lungstraß, Xenia Kopf<br />

österreichische kulturdokumentation. internationales archiv für kulturanalysen 5<br />

Das Wichtigste ist, überhaupt einmal Kreativität stattfinden zu lassen<br />

OTELO – Offene Technologielabore schaffen seit ihrer Gründung 2010 in Oberösterreich<br />

niederschwellige Freiräume für Experimente und die Entfaltung von Kreativität abseits urbaner<br />

Ballungszentren und ermöglichen die Nutzung kreativer Potentiale in der jeweiligen Region.<br />

Mit einer Machbarkeitsstudie hat das Regionalmanagement Oberösterreich 2008/09 den hohen<br />

Bedarf für eine offene Einrichtung in Oberösterreichs ländlichen Regionen ermittelt und das<br />

Grundkonzept für OTELO Offenes Technologielabor vorgelegt. Der ländliche Raum bot bislang wenig<br />

Möglichkeiten, tragfähige und wertschöpfende kreativwirtschaftliche Strukturen zu entwickeln. Diese<br />

Lücke füllt OTELO, das als dezentrales, lokales Konzept auf einem kleinräumigen Regionsbegriff<br />

basiert und dessen Ziel es ist, Menschen aus der Region für technisch-künstlerische Aktivitäten zu<br />

begeistern und zum Experimentieren zu verführen. Das Projekt etabliert regionale und übertragbare<br />

Freiraumstrukturen zur Bildung von kreativwirtschaftlichen Entwicklungsräumen. Es werden<br />

Netzwerke zu bestehenden Strukturen aufgebaut und vertieft und Angebote an Schnittstellen von<br />

Wirtschaft, Bildung und Forschung für eine breite Zielgruppe ermöglicht. Intensive Kooperationen<br />

mit Gemeinden, Betrieben, Institutionen und Initiativen schaffen Berührungspunkte mit Kunst,<br />

Kultur, Kreativwirtschaft, Medien und Technik und bereiten den Boden für Innovation und Kreativität<br />

in der Region. Aus OTELO heraus sind bereits einige „Business-Opportunities“ und<br />

Unternehmensgründungen entstanden. Und OTELO wächst: es ist ein „Blueprint“, der in andere<br />

Regionen übertragen werden kann, denn die strukturellen Herausforderungen, auf die OTELO<br />

reagiert, finden sich überall im ländlichen Raum.<br />

Regionen abseits der Ballungszentren<br />

Der Begriff der „Region“ bezieht sich auf die jeweilige Gemeinde, in der ein OTELO-Standort besteht;<br />

diese liegen verstreut in der weiteren Umgebung von Linz: Vöcklabruck (12.000 EW, Hausruckviertel),<br />

Gmunden (13.000 EW, Salzkammergut), Ottensheim (4.500 EW, Urfahr-Umgebung) und Kirchdorf im<br />

Kremstal (4.100 EW, Traunviertel). Mittlerweile sind weitere Standorte in Vorchdorf (7.289 EW,<br />

Traunviertel) sowie ein „Export“ in Angermünde nördlich von Berlin (14.282 EW, Uckermark) in<br />

Betrieb gegangen; Anfragen aus Salzburg, der Steiermark und Wien liegen vor. Die mittlere<br />

Siedlungsdichte in der Region liegt bei ca. 100 bis 200 EW/km 2 .<br />

Es besteht eine hohe Dichte an Industrie und Gewerbe (Bezirk Vöcklabruck: 850 Betriebe bilden rund<br />

2.500 Lehrlinge aus. Gmunden: 600 Lehrbetriebe bilden rund 1.700 Lehrlinge aus) mit dem Fokus auf<br />

Technologie. Der Bezirk Vöcklabruck hat seinen Schwerpunkt im Bereich Gewerbe, sowie in der<br />

Landwirtschaft und im Tourismus. Es gibt hauptsächlich mittelständische Betriebe; zu den<br />

bedeutendsten Unternehmen für OTELO zählen etwa die MIBA AG, die STIWA Holding und die<br />

5 Dieser Text basiert auf einem Beitrag der österreichischen kulturdokumentation für den 5. Österreichischen<br />

Kreativwirtschaftsbericht – Kreativwirtschaft als regionaler Faktor, herausgegeben von creativ wirtschaft austria der<br />

Wirtschaftskammer Österreich im Rahmen von evolve des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend, Wien<br />

2012<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

35


Lenzing AG. In dieser Region herrscht hoher Bedarf an Fachkräften, der sich im Hinblick auf die<br />

demografische Entwicklung noch verstärken wird.<br />

Die Wirtschaftsstruktur des Bezirkes Gmunden ist geprägt durch den hohen Anteil des industriellgewerblichen<br />

(Bau, Metall, Papier) und des Dienstleistungssektors. Auch der Bezirk Urfahr-<br />

Umgebung ist industriell-gewerblich geprägt, aber auch Land- und Forstwirtschaft stellen einen<br />

hohen Anteil an Arbeitsplätzen. In Ottensheim ist die Wirtschaft kleinstrukturiert in den Bereichen<br />

Baugewerbe, Landwirtschaft, Handel und Dienstleister. Es gibt viele AuspendlerInnen nach Linz.<br />

Der Kreativwirtschaft in Oberösterreich sind ca. 7% der Unternehmen zuzurechnen mit etwa 40.000<br />

Beschäftigten. Neben dem oberösterreichischen Zentralraum (Linz-Wels, über 1200 Betriebe) sind<br />

Gmunden und Vöcklabruck die Bezirke mit den meisten kreativwirtschaftlichen Betrieben. Die<br />

größten kreativwirtschaftlichen Branchen sind Architektur, Software & Games und Werbung.<br />

Experimentierräume für alle: wie OTELO erfunden wurde<br />

Der Verein OTELO wurde 2010 vor dem Hintergrund gegründet, dass es in der Region<br />

Vöcklabruck/Gmunden wenig bis keine Strukturen gab, kreatives Potential gezielt zu unterstützen.<br />

Dies ergab eine Machbarkeitsstudie des Regionalmanagement Oberösterreich 2008/09, die auch das<br />

Grundkonzept für OTELO Offenes Technologielabor vorlegte 6 . Die Studie zeigte, dass Kreativität nicht<br />

als Wirtschaftsfaktor wahrgenommen wird, dass Freiräume für Kommunikation und Experimente<br />

fehlen, dass es aber eine wesentliche Anzahl von Menschen mit kreativen Potentialen in der Region<br />

gibt, die Bedarf haben an einer unterstützenden Struktur für die Entwicklung von Projekten. Diese<br />

Lücke füllt seit 2010 OTELO Offenes Technologielabor: nach dem Vorbild der aus urbanen Zentren<br />

bekannten so genannten „Hackerspaces“ 7 stellt OTELO abseits urbaner Ballungszentren mithilfe von<br />

kostenloser Basisinfrastruktur, Gemeinschaftsräumen und Kleinlaboren („Nodes“)<br />

Rahmenbedingungen für regionale Potentialentfaltung in Technik, Medien, Design, Kunst usw. zur<br />

Verfügung; der Technologiebegriff schafft hier für OTELO eine regionale Verankerung. Das<br />

Pilotprojekt wurde mit der Zielsetzung entwickelt, ein übertragbares Konzept daraus ableiten zu<br />

können, denn – so Martin Hollinetz, Gründer und Vordenker von OTELO – es brauche neue<br />

Denkmodelle, um regionalen Herausforderungen wie dem Strukturwandel und der demografischen<br />

Entwicklung zu begegnen. OTELO ist ein in Europa bisher einmaliges Modell, das sich in bestehende<br />

regionale Strukturen integriert und diese erweitert und weiter entwickelt.<br />

Jeder OTELO-Standort setzt sich aus Node-Labs, einer offenen Werkstatt, einem Workshopraum und<br />

einem offenen Kommunikationsbereich zusammen. Das Nodes-Konzept besteht aus drei<br />

aufeinander aufbauenden Phasen: in der „Think-Node“, für die sich eine Gruppe aus mindestens fünf<br />

Personen („Handvoll-Prinzip“) zusammenfinden muss, entsteht eine Idee. Dann folgt die „Game-<br />

Node,“ für die OTELO einen Raum bereitstellt. Soll ein konkretes Projekt entstehen, beginnt die<br />

„Projekt-Node,“ in dieser Phase unterstützt OTELO z.B. bei der Suche nach einem Fördergeber oder<br />

bei der Umsetzung einer Geschäftsidee. Weiters entwickeln die OTELO-Standorte verschiedene<br />

Veranstaltungsformate wie Workshops, Denk-Bars, Barcamps u.a. zu den unterschiedlichsten<br />

Themen aus Technologie, Politik, Gesellschaft, Kunst etc.<br />

Die Standorte und Nodes von OTELO werden auf Gemeinde-Ebene eingerichtet, sie sind „regionale<br />

Kristallisationspunkte.“ Jedes OTELO knüpft dabei an vorhandene Initiativen, Themen, Netzwerke<br />

u.a. an. Vöcklabruck hat derzeit z.B. Schwerpunkte im Bereich Technologie (3D-Druck, Elektronik),<br />

6 Die Initiativen „Creative Region“ und „Kreatives Oberösterreich“ haben ihre Tätigkeit erst 2011 aufgenommen.<br />

7 auch Makerspaces bzw. FabLabs, z.B. c-base in Berlin oder Metalab in Wien<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

36


Freies Radio (Radionest) und Kinder & Technik. In Ottensheim liegt der Fokus auf „NANK - Neue<br />

Arbeit, Neue Kultur“ zu den Themen „Arbeit als Berufung“ und Gemeinwohlökonomie. An jedem<br />

Standort stellt die Gemeinde kostenlos Räume (z.B. zur sinnvollen Nachnutzung leer stehender<br />

Gebäude) und Basisinfrastruktur zur Verfügung. Das zweite Standbein sind die jeweiligen lokalen<br />

Communities, die einen Standort mitentwickeln. OTELO bietet zwar ein Konzept mit einer festen<br />

Struktur („Nodes“-System), die Gründung eines OTELO ist aber immer ein klarer Bottom-up-Prozess.<br />

OTELO gehört keinem System: nicht dem Sozialsystem, nicht dem Bildungssystem, nicht dem<br />

Wirtschaftssystem und es ist nicht aus einem Kulturauftrag heraus entstanden. OTELO ist nicht<br />

erwerbs- und gewinnorientiert oder wirtschaftlich motiviert. Ziel ist es aber, eine wirtschaftlich<br />

erfolgreiche Rahmenstruktur für experimentelle und kreativwirtschaftliche Projekte aufzubauen und<br />

es gibt Schnittstellen zur konkreten Entwicklung von Produkten, kommerzieller Nutzung und<br />

Unternehmensgründung.<br />

OTELO nutzt bestehende Strukturen und schafft ein niederschwelliges Angebot an den Schnittstellen<br />

zu Wirtschaft, Bildung und Forschung für eine breite Zielgruppe. Die OTELOS arbeiten mit<br />

Unternehmen, Institutionen und Initiativen zusammen. z.B. mit der Lenzing AG, dem<br />

Technologiezentrum Attnang-Puchheim, Miba, Numtec Interstahl, STIWA Holding u.a. Ein wichtiger<br />

Partner ist auch die Ars Electronica in Linz, für die OTELO Vöcklabruck 2010 im Rahmen des Festivals<br />

„repair - sind wir noch zu retten?“, einen Teil des Tabakfabrikgeländes bespielte. Fortgesetzt wurde<br />

diese erfolgreiche Zusammenarbeit 2011 und 2012 „U 19 – Create your world,“ dem Zukunftsfestival<br />

der nächsten Generation. Das „Festival im Festival“ für Menschen unter 19 wurde gemeinsam mit<br />

OTELO entwickelt, 2012 sind sechs Leader-Regionen (insgesamt 113 Gemeinden in Oberösterreich)<br />

beteiligt. In den Kooperationen von OTELO kommt es zu einem Know-How-Transfer in beide<br />

Richtungen: OTELO ist ein authentischer Partner, der „an der Basis“ Innovationen entwickelt.<br />

Umgekehrt profitiert OTELO z.B. von der Ars Electronica durch erhöhte Sichtbarkeit und die<br />

Bereitstellung professioneller Kompetenzen.<br />

Weitere Projekte in Vöcklabruck sind die Mobile Human Powerstation (MOHUP), das gemeinsam von<br />

OTELO, AEC und dem Klimabündnis OÖ entwickelt und umgesetzt wurde, und das mobile Projekt KET<br />

– „Kinder Erleben Technik” in Kooperation mit Ars Electronica, Wirtschaftskammer Oberösterreich<br />

(Abt. Bezirksstellen), Land Oberösterreich und dem Regionalmanagement Oberösterreich. Aus<br />

OTELO-Projekten heraus sind außerdem bereits Prototypen und konkrete Produkte entwickelt<br />

worden, wie z.B. der so genannte „ogg-Streamer“, ein Gerät zur Vereinfachung der Übertragung von<br />

Audio-Dateien durch das Internet, für den Georg Ottinger beim „Xport Pro Design Contest“ in Silicon<br />

Valley sogar einen Preis erhalten hat.<br />

„Wenn es OTELO nicht gäbe, wären wir längst in Linz oder in Wien!“ 8<br />

OTELO fördert kreative Potentiale, die vor Ort vorhanden sind, für die aber der Raum und der<br />

Rahmen für die Entwicklung fehlen. Hoch qualifizierte Personen können in der Region gehalten<br />

werden, da sie Anknüpfungspunkte für interessante Projekte vorfinden. So haben sich einige OTELO-<br />

MitarbeiterInnen aus ihrem Engagement bei OTELO heraus in der Region selbständig gemacht und<br />

eigene Unternehmen gegründet.<br />

OTELO ist als „Blueprint“ konzipiert, das auf andere Regionen übertragen werden kann, denn es<br />

reagiert auf strukturelle Herausforderungen im ländlichen Raum. Das große Interesse, das dem<br />

8 Katja Bankhammer, Markus Kaltenbrunner, OTELO-AktivistInnen in Vöcklabruck<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

37


OTELO-Konzept mittlerweile entgegengebracht wird, konnte zu Beginn niemand ahnen: OTELO<br />

wächst erstaunlich schnell, nach nur knapp drei Jahren gibt es bereits den sechsten Standort. In<br />

Zusammenarbeit mit SPES GmbH, Ars Electronica Linz, ScienceCenter Netzwerk und dem<br />

Technologiezentrum Attnang Puchheim wird OTELO seit 2010 weiterentwickelt: „Netzwerk-OTELO-<br />

Werknetz“ wurde im Rahmen von „impulse lead 2010“ 9 (evolve) durch die aws 10 gefördert und dient<br />

dem Ausbau der Basisinfrastruktur und der Netzwerke sowie der Etablierung regionaler<br />

Medienkooperationen. Es umfasst ein Erweiterungskonzept für die Übertragung in andere Regionen<br />

zur Gründung weiterer Standorte sowie ein Service-Angebot für Entrepreneurs (in Kooperation mit<br />

dem Technologiezentrum und regionalen Wirtschaftskammern). Ziel ist die Erhöhung der<br />

Sichtbarkeit der Kreativwirtschaft als Wertschöpfungsfaktor fernab der Ballungszentren; durch die<br />

Gründung weiterer OTELO-Standorte sollen regionale, übertragbare Freiraumstrukturen zur Bildung<br />

von kreativwirtschaftlichen Entwicklungsräumen etabliert werden.<br />

OTELO: die erfolgreich gesetzten Schritte<br />

Das Regionalmanagement Oberösterreich hat 2008/09 eine Machbarkeitsstudie beauftragt, die einen<br />

Bedarf für offene Experimentierräume mit niederschwelligem Zugang für Menschen jeden Alters als<br />

Ergänzung zum herkömmlichen Bildungsangebot ermittelte. Zur Etablierung der ersten Standorte<br />

wurde 2010 in Zusammenarbeit mit den Gemeinden Vöcklabruck und Gmunden der Verein OTELO<br />

gegründet, nach dem Vorbild der „Hackerspaces“, übertragen auf ländliche Regionen.<br />

OTELOs sind gemeinwohlorientierte, lokale Kristallisationspunkte und knüpfen an regionale Stärken<br />

und Potentiale, lokale Communities und Szenen an.<br />

OTELO basiert auf der Kooperation verschiedener Akteure aus Wirtschaft, Bildung, Forschung,<br />

Technologie, Medien und Kunst: Unternehmen (Lenzing AG, Technologiezentrum, Ars Electronica),<br />

Bildungsinstitutionen (SPES Zukunftskademie, Science Center Netzwerk, Schulen, Fachhochschulen<br />

Joanneum und Salzburg) sowie einigen Gemeinden.<br />

Das Konzept wurde von lokalen und regionale EntscheidungsträgerInnen mitgetragen, die<br />

Gemeinden stellen kostenlose Räume und Basisinfrastruktur zur Verfügung. Gleichzeitig bietet<br />

OTELO ein Nutzungskonzept für Leerstand öffentlicher Gebäude.<br />

Das OTELO-Konzept wird mit „Netzwerk-OTELO-Werknetz“ (u.a. Community Building zum Netzwerk-<br />

Ausbau und Erstellung des Handbuchs zur Gründung neuer Standorte) weiterentwickelt.<br />

9 http://www.impulse-awsg.at/gefoerderte_projekte/lead1001/<br />

10 http://www.awsg.at/Content.Node/<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

38


OTELO in O-heim gelandet!<br />

Bgm in Uli Böker, Ottensheim<br />

Es war im Jahre 2009 – als Linz Kulturhauptstadt war und sich<br />

mit dem Thema Veränderung auseinandergesetzt hat. Da kam<br />

ein schon etwas älterer Professor nach Linz und die damalige<br />

Managerin der Region Urfahr –West (uwe) Barbara Krenmayr<br />

und ich wurden zu einem Kamingespräch eingeladen. Der<br />

Professor war Frithjof Bergmann und entzündete in uns das<br />

Feuer für das Thema „Neue Arbeit/Neue Kultur“. Glut für Neues<br />

ist in mir schon immer gut gehütet und so brauchte es nicht<br />

allzu viel um diese wieder zu entfachen.<br />

So entstand in Ottensheim eine Gruppe von Menschen, die sich mit dieser Idee auseinandersetzten.<br />

Frithjof Bergmann begleitete uns am Anfang dabei und die vielen Fragen von ihm halfen uns,<br />

vermeintlich selbstverständlichen Dinge zu hinterfragen.<br />

So kam es dann soweit, dass durch viele Treffen mit ähnlich Denkenden, mit Experimentierenden,<br />

mit Kreativen aus Nah und Fern sich die Gruppe stabilisierte und sich verschiedene Arbeitskreise<br />

bildeten, die sich mit unterschiedlichen Themen wie Garten/ Ernährung, Energie/ Technik,<br />

Kommunikation und Werkstätte NEU auseinandersetzten.<br />

Mit einer Fahrt nach Vöcklabruck, verbunden mit einem Besuch im OTELO in der alten<br />

Landesmusikschule setzten wir einen weiteren Meilenstein. Neue Arbeit/ Neue Kultur paarte sich mit<br />

OTELO und so wurde das manchmal auch schon ein wenig schwache Feuer wieder entfacht.<br />

Gelandet ist diese von Bürgern und Bürgerinnen getragene Entwicklungswerkstatt im Jahr 2012 im<br />

„Alten Amtshaus“ von Ottensheim, welches die Gemeinde für drei Jahre unentgeltlich zur Verfügung<br />

stellt. Dort findet man nun einen „Kost-Nix“ laden, das „Radamt“ eine Selbstreperaturwerkstätte für<br />

Fahrräder, einen Kommunikationsraum, Radio Froheim und eine 3D-Drucker Werkstätte. Angedockt<br />

ist noch die „Werkstätte Altes Amtshaus“, in der mit unterschiedlichsten Materialien gearbeitet und<br />

experimentiert wird.<br />

Diese OTELO/ NANK Landung ist gelungen und der Flugplatz Ottensheim hat sich gut mit diesen<br />

Menschen angefreundet, auch wenn es da und dort schon auch Betrachter gibt, die ein wenig<br />

argwöhnisch diese Entwicklung verfolgen. Als Bürgermeisterin dieser Gemeinde freue ich mich sehr<br />

über so viel kreatives Einbringen und wäre ich nicht Bürgermeisterin, dann würde ich selbst im Radio<br />

Froheim oder im Radamt lernend und entdeckend dabei sein.<br />

OTELO/ NANK sendet Impulse aus, die spürbar durch den Ort ziehen. Ein Ort, ein Dorf, eine<br />

Gemeinde braucht Laboratorien, braucht Experimentierwerkstätten, damit es weiterleben kann.<br />

Neue Initiativen müssen neben den bedeutenden traditionellen Einrichtungen einziehen und etwas<br />

ausprobieren dürfen – ins Dorfleben – damit das „Dorf“ nicht ausstirbt.<br />

Alle Gute für alle OTELOs und NANK Gruppen und viel Freude beim Ausprobieren und Entdecken, das<br />

Staunen und die kleinen Wunder gehören dazu!<br />

Uli Böker<br />

Bürgermeisterin der Marktgemeinde Ottensheim<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

39


Eine Chance, die genutzt wurde – OTELO in Vöcklabruck<br />

Bgm. Herbert Brunsteiner<br />

Als Bürgermeister einer Standortgemeinde ist unsere Beziehung zum Offenen Technologielabor<br />

natürlich eine besonders intensive. Als wir im Jahr 2008 gemeinsam mit der Stadt Gmunden und dem<br />

Regionalmanagement das Projekt „OTELO“ (bzw. im Vorfeld die Forschungsinitiative KeT „Kinder<br />

erleben Technik“) präsentiert haben, war es für mich klar, dass diese neue Jugendeinrichtung perfekt<br />

zur Stadt Vöcklabruck passt. Nicht nur, weil Vöcklabruck eine klassische Schulstadt mit hoher<br />

Jugendfrequenz ist, sondern auch weil wir dieser guten Idee eine Chance geben wollten und hier<br />

auch schon früh Querverbindungen zur Kultur und zur Wirtschaft gesehen haben. Somit hat OTELO in<br />

Vöcklabruck im Gebäude der „Alten Landesmusikschule“ eine Heimat bekommen, die wir in den<br />

vergangenen Monaten beständig ausbauen und adaptieren konnten. Es war auch für uns eine tolle<br />

Überraschung, dass sich OTELO so rasant weiterentwickelt hat.<br />

Unsere Erfahrungen mit OTELO sind als<br />

sehr positiv zu bewerten. OTELO brachte,<br />

wie schon erwähnt, eine Schnittstelle zu<br />

Firmen und regionalen<br />

Wirtschaftsbetrieben, die durch<br />

Kooperationen jungen Menschen<br />

technische Einrichtungen näher bringen<br />

konnten. Die Zusammenarbeit mit den<br />

Schulen, umwelttechnische sowie<br />

kulturelle Aktivitäten und das allgemeine<br />

Auftreten im öffentlichen Leben unserer<br />

Stadt, brachten OTELO viele Anhänger<br />

und Sympathien und machten es<br />

mittlerweile zu einem erfrischenden Fixpunkt in Vöcklabruck. Auch als Ideenbörse, Impulsgeber und<br />

Innovationsplattform machte OTELO in den wenigen Monaten von sich reden.<br />

Den pädagogischen Aspekt von OTELO kann ich aus eigener Erfahrung ebenfalls als gelungen<br />

bezeichnen. Vor allem der spielerische Umgang mit dem oftmals spröden Thema Technik und der<br />

offene Zugang zu Neuerungen sind als gelungen zu bewerten. Man hebt sich zwar von schulischen<br />

Lernvorgaben ab, scheut aber die Zusammenarbeit mit pädagogischen Einrichtungen trotzdem nicht.<br />

Ein großes Anliegen ist es mir nochmals auf die rasante Entwicklung von OTELO hinzuweisen. Nicht<br />

nur die schnelle Standortentwicklung in weiteren Städten Oberösterreichs, sondern auch der rasche<br />

Aufstieg in unserer Stadt ist beeindruckend. Wir als Stadtgemeinde bemühen uns, infrastrukturelle<br />

Maßnahmen zu setzen und als Netzwerker zu fungieren. Ein passendes Team des OTELO hat rasch<br />

funktionierende Strukturen geschaffen und einen guten Weg an die Öffentlichkeit gefunden. Das<br />

richtige Gefühl für passende Nodes und das große Engagement vieler Vereinsmitglieder und Helfer<br />

schufen schnell eine neue Heimat für junge, interessierte Menschen. Durch Kooperationen mit<br />

diversen Festivals, einem Netzwerkaufbau in die Landeshauptstadt Linz bzw. österreichweit und der<br />

Suche nach neuen Ideen, wurde dem Projekt OTELO ein Weg weit über die Grenzen der<br />

Gründungsstädte Vöcklabruck und Gmunden geebnet.<br />

Ich wünsche allen Verantwortlichen und Vereinsaktiven weiterhin alles Gute und freue mich, wenn<br />

OTELO noch viele Ideen in Vöcklabruck entwickeln und einbringen wird. Wir werden uns auch<br />

zukünftig bemühen, OTELO eine gute Heimat zu bieten und gemeinsam, wie beispielsweise beim<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

40


Agenda-Projekt „Level Up Your City“, neue Ideen für unsere Stadt und eine nachhaltige Beteiligung<br />

junger Menschen an Entscheidungsprozessen zu forcieren.<br />

Herzlichst<br />

Das postmoderne Können<br />

Thomas Duschlbauer, Kreatives OÖ<br />

Im Jahr 1979 hat Jean-François Lyotard sein „Postmodernes Wissen“ veröffentlicht. Damit hat er auf<br />

philosophischer Ebene einen Begriff etabliert, der maßgeblich für die Kunstbetrachtung wurde. Nicht<br />

nur das. Durch seine Auseinandersetzung mit dem Umgang mit Wissen in einer postindustriellen<br />

Gesellschaft kann er als Vordenker der heutigen Wissensgesellschaft bezeichnet werden. In ihr gelten<br />

individuelle Fähigkeiten und Talente mehr als Rohstoffe und der Zugang zu Produktionsmitteln. Das<br />

Wissen ist es, das einer Gesellschaft einen Vorteil verschafft. Darum hat sich Lyotard bei seiner<br />

Auftragsarbeit für den Universitätsrat von Quebec auch damit beschäftigt, wie eine Gesellschaft mit<br />

Informationstechnologien umgeht, wie es Zugänge zu Informationen regelt – und welche Rolle dabei<br />

Experten spielen.<br />

Das „Postmoderne Wissen“ geht dabei nicht so sehr auf den technischen Kontext der Verarbeitung<br />

von Informationen zur Schaffung von Wissen ein, sondern stellt den Begriff des Wissens an sich ins<br />

Zentrum der Analyse. Lyotard knüpft dabei methodisch an Ludwig Wittgensteins Idee der<br />

Sprachspiele an. Diese sind Lebensformen, in denen wir jeweils unterschiedlichen Regeln folgen. Die<br />

Sprachspiele selbst befinden sich in keiner hierarchischen Ordnung zueinander im Sinne von<br />

Überlegenheit, sondern liegen wie Territorien nebeneinander. Damit rückt Lyotard ebenso wie zuvor<br />

Wittgenstein die Sprache ins Zentrum. Im Wesentlichen übt diese zwei Funktionen aus, die für die<br />

Schaffung von Neuem eine erhebliche Bedeutung haben. Einerseits dient Sprache der Repräsentation<br />

und andererseits der Legitimation. Diese beiden Faktoren haben auch großen Anteil am Scheitern<br />

von Neuem, weil wir gewöhnlich danach fragen, was das Neue ist und wozu wir es brauchen. Wir<br />

begnügen uns nicht mit der bloßen Ansicht der Erscheinung des Neuen, so wie sie ist. Das Neue hat<br />

sich uns erkenntlich zu zeigen und zu erklären. Das Neue kann nicht einfach passieren und dabei<br />

seinen Zustand beibehalten. Sobald das Neue marktschreierisch in die Welt geworfen wird, wandelt<br />

es sich bereits und wird etwas an uns Vorübergehendes und sich dabei selbst Überholendes. Überall<br />

passiert das Neue, und noch ehe wir es richtig empfangen haben, ist es bereits wieder an uns<br />

vorbeigezogen. An uns altert das Neue. Es muss sich stets gegen Abnutzung und Verfall zur Wehr<br />

setzen und sich gleichzeitig gegen eine aufkommende Konkurrenz, eine andere Geschmacksrichtung,<br />

eine andere Modefarbe, etc. verteidigen.<br />

Im Gegensatz dazu geht es beim Sprachspiel im Sinne von Wittgenstein lediglich um eine<br />

schöpferische Kombinatorik, um das bloße Erfinden neuer Wortschöpfungen und Redewendungen.<br />

Hier bestehen keine Ansprüche auf Repräsentation und Legitimation. Denn der Begriff ist wie er ist,<br />

und er ist, weil er ist, weshalb der Begriff keinen Experten benötigt und das wissenschaftliche Wissen<br />

nur indirekte Bezüge zu den Sprachspielen aufweist. Dort kann alles einfach passieren, weil sich<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

41


nichts als etwas ausgeben und sich mit etwas anderem messen muss, um auf Anerkennung zu<br />

stoßen. Dort existiert das Neue nicht als eine von einem Absender losgelöste Botschaft, weil wir<br />

darin noch Wirklichkeit sind. Im Sprachspiel sind wir die Gegenwart des Neuen, denn jeder<br />

spielerische Zug verändert unsere Position und unser Perspektive und sie verändert uns auch in der<br />

Wahrnehmung der anderen. Diese Veränderungen werden im Sinn von Kommunikation sowohl auf<br />

der Ebene des Senders als auch des Empfängers wahrgenommen. Das Sprachspiel macht uns sowohl<br />

zu Protagonisten als auch zu Beobachtern, Theorie und Praxis unterliegen darin einer permanenten<br />

Oszillation. Es gibt dabei keine Gewinner und Verlierer, weil es primär darum geht, das Sprachspiel,<br />

den Ort, worin wir zuhause sind, weiter zu entwickeln. Die Kommunikation ist das, was uns Freude<br />

bereitet, weil das Neue nicht über sie auf uns einschlägt, sondern wir selbst die Botschafter des<br />

Neuen sind.<br />

Die Sprachspiele erfordern keine Experten, also keine Menschen, die selbst ein spezielles Wissen<br />

repräsentieren und sich und ihre Rolle über das Erprobt-Sein im Umgang mit diesem Wissen anhand<br />

vorgegebener Problemstellungen legitimieren. Das Sprachspiel bringt vielmehr die Person des<br />

Kenners hervor, der sich über die dauernde Erprobung von Zusammenhängen ein individuelles<br />

Wissen aneignet, das nicht primär lösungsorientiert ist, sondern für sich sein und zur Verwirklichung<br />

des Selbst dienen kann. Im Gegensatz zum Experten, der durch ein Problem auf die Probe gestellt<br />

wird und dabei sein Wissen bzw. seine Problemlösungskompetenz unter Beweis stellt, geht der<br />

Kenner nicht von einem Problem, sondern von sich aus und stellt sein Wissen immer wieder auf die<br />

Probe.<br />

Entstanden ist das Expertentum, so wie wir es heute kennen, im Zuge der Industrialisierung. Dabei<br />

wurden gewisse Aufgaben vermehrt an Spezialisten delegiert. Dies gilt insbesondere für die Kreation<br />

des Neuen bzw. für Innovationsprozesse. In der Geschichte der Menschheit stellt dies an sich etwas<br />

vollkommen Neues und eine Ausnahme dar. In der Regel entstanden Entwicklungen und<br />

Weiterentwicklungen über Jahrtausende hinweg aus kollektiven Prozessen heraus. Erst mit der<br />

Etablierung eines Systems der Fremdversorgung, das heute globale Dimensionen angenommen hat,<br />

änderte sich diese Praxis. Mit der Industrialisierung setzte die Massenproduktion ein, welche nun die<br />

Arbeit von Massenmedien bzw. Kommunikation notwendig machte, um die Menschen von den mit<br />

Hilfe der Experten entstandenen Produkte zu überzeugen und schließlich zu Kaufhandlungen zu<br />

mobilisieren. Denn Produkte, an deren Entstehung wir nicht mehr teilhaben, erscheinen uns als<br />

fragwürdig und ziehen einen Erklärungsbedarf nach sich. Kommunikation in Form von Werbung, PR<br />

und allgemein Marketing waren notwendige Faktoren, um Konsumenten zum Kauf von Produkten zu<br />

bewegen.<br />

Die Form der Kommunikation bzw. der Grad der Interaktion hat sich allerdings in den letzten 50<br />

Jahren gravierend verändert. Handelten Konsumenten zunächst wegen der Medien (Reklame,<br />

Propaganda), dann mit den Medien (Marktforschung, PR, Werbung) und zuletzt quasi für die Medien<br />

(Datamining) so entstehen im Web 2.0 nun solche Formen, in denen Konsumenten immer mehr<br />

selbst zu Botschaftern werden (Blogger). Diese Entwicklung findet nicht losgelöst von der<br />

Produktwelt und daher vom Aspekt der Innovation statt. So hat sich durch die von Lyotard bereits<br />

beschriebenen Prozesse einer Wissensgesellschaft ein Kennertum entwickelt, weshalb spätestens<br />

seit Ende der 90er-Jahre speziell jene Produkte und Dienstleistungen erfolgreich waren, die es dem<br />

Kunden ermöglichten, sich selbst zu verändern. Innovation hat insofern auch etwas mit der<br />

Entwicklung eines persönlichen Lebensstils zu tun.<br />

Neue Technologien der Miniaturisierung werden in einem nächsten Schritt dazu führen, dass sich<br />

dieses Kennertum nun zu einem Könnertum wandelt, da sich gewisse Produkte einfach und<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

42


kostengünstig durch Einzelpersonen oder in einem Kollektiv entwickeln und herstellen lassen. In<br />

Kombination mit den neuen Medien (Web 2.0.) könnte eine neue industrielle Revolution ausgelöst<br />

werden, wobei auch hier wieder hinsichtlich der Kommunikation Herausforderungen entstehen –<br />

z.B.: Welche Diskurse machen aus einem einfachen Gegenstand nun eine begehrenswertes Design?<br />

Was ist der Unterschied zwischen einem Kleidungsstück und Mode, wenn die Schaffung von Neuem<br />

nun nicht mehr an eine Gruppe von Experten delegiert wird?<br />

An solche Fragestellungen knüpft auch ein neues Modell von Kreativwirtschaft. Dieses lässt sich nicht<br />

mehr allein – z.B. im Sinne der Creative Class von Richard Florida – anhand der Profession bzw. von<br />

Experten beschreiben, die mit einem Fachwissen ausgestattet sind. Vielmehr geht die gegenwärtige<br />

Entwicklung in die Richtung eines kreativen Wirtschaftens, das sehr stark von einem neuen<br />

Könnertum mit speziellen Werthaltungen und Einstellungen (z.B. Paul Ray/Sherry Anderson –<br />

Cultural Creatives) verbunden ist. Innovation ist daher behaftet mit sozialen Aspekten und mit<br />

Teilhabe, die sich nicht auf den dadurch lukrierten Gewinn, sondern auf den kollektiven Prozess an<br />

sich konzentriert. So wie es kürzlich der oberösterreichische Unternehmer Johann Hammerschmid<br />

formuliert hat, dient Innovation in diesem Sinn dazu, dass sie uns lehrt und nährt. Genau dadurch<br />

definiert sich auch jene neue Ökonomie, die sich vom Fetisch des Wachstums und wachsender<br />

Größenordnungen (scale) hin zum tatsächlich Notwendigen und zur besseren Nutzung des schon<br />

Bestehenden (scope) orientiert.<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

43


Persönliche Zugänge - Kurzstatements von OTELO NutzerInnen<br />

Sigrid Egger (Ottensheim)<br />

„Es ist wichtig, dass es Orte/Räumlichkeiten gibt, in denen sich Menschen<br />

(wieder) begegnen können, ohne dass jemand/etwas damit einen Gewinn - im<br />

kommerziellen Sinn - macht. Freie Räume, die es uns ermöglichen uns<br />

gegenseitig in dem zu stärken: Uns Zeit zu nehmen und Hirngespinste spinnen<br />

oder Ideen umzusetzen und zu experimentieren bzw. forschen, wie meine<br />

Fähigkeiten und besondere Eigenschaften die Gemeinschaft bereichern<br />

können und dadurch jede/jeden Einzelne/n - mich selbst!<br />

Da wir uns schon recht weit in der Sackgasse einer kapitalistischen<br />

Leistungsgesellschaft befinden, suchen immer mehr Menschen nach Möglichkeiten, zu einem<br />

gemeinschaftlichen Prinzip (zurück) zu finden. Deshalb ist die Zeit wohl so reif für OTELOs.<br />

Ich engagiere mich, weil es Sinn macht.<br />

Ich glaube bemerkt zu haben, dass sich viele Gemeinden darüber Gedanken machen, wie sie das<br />

Aussterben des Ortskerns stoppen können. Zur Wiederbelebung braucht es Menschen, die bereit<br />

sind in Gemeinschaft und Gemeinnütziges Energie zu investieren. Genau das passiert in OTELOs,<br />

wovon eine Gemeinde wiederum profitiert.“<br />

Josef Aigner (Gmunden)<br />

Warum braucht es OTELOs?<br />

Damit die Kreativen daheim auf dem Land oder in der Kleinstadt bleiben und<br />

nicht nach Matura oder Lehre weg sind.<br />

Damit wirklich Neues entstehen kann, denn im <strong>Otelo</strong> kommen nicht nur die<br />

Fachleute einer Disziplin zusammen, sondern Künstler und Techniker und<br />

Träumer vieler Sparten, die sonst nichts voneinander haben oder wissen.<br />

Damit junge Menschen sich frei und gleichzeitig geborgen fühlen können.<br />

Damit Alte und Junge einander begegnen und dabei nicht Barmherzigkeit der<br />

Klebstoff ist, sondern echte Leidenschaft für ein gemeinsames Thema.<br />

Damit Menschen außerhalb von Schule und Berufsausbildung endlich wieder mit Spaß und ohne<br />

jeden Druck lernen können, was sie wirklich lernen wollen, nicht von Dompteuren, sondern von<br />

ehrlich Begeisterten.<br />

Warum ist die Zeit reif für OTELOs?<br />

Weil das traditionelle Bildungssystem tief in der Krise steckt und die Jungen nur noch ängstigt statt<br />

ermutigt, fertig macht statt inspiriert und fadisiert statt begeistert. Und weil der Brain-Drain immer<br />

größer wird. Weil Architektur und Stadtplanung wirkliche Gemeinschaftszonen nicht mehr kennen<br />

und nicht mehr ermöglichen. Weil die moderne Gehirnforschung beweist, dass es zum Entwickeln<br />

individueller Talente Spielwiesen braucht und keine Kasernenhöfe.<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

44


Warum engagierst du dich?<br />

Weil mir OTELO selber Spaß macht. Weil ich gerne Kunstfertigkeiten ausprobiere, für meine Kinder,<br />

ich habe vier. Für alle Kinder, jungen Leute und Menschen meines Alters (53), die absacken, weil sie<br />

meinen schon alles (erlebt) zu haben.<br />

Warum ist es sinnvoll für eine Gemeinde zu investieren?<br />

Damit die jungen Leute im Dorf bleiben und sich hier engagieren. Damit wichtiges Wissen von den<br />

Alten auf die Jungen übertragen werden kann. Damit die Zufriedenheit der Bürger wieder steigt.<br />

Damit Menschen Freiräume bekommen. Damit andere Orte sehen, dass es wichtigere Investitionen<br />

gibt als ein perfektes Netz von Gehsteigen, Straßenbeleuchtung und Parkplätzen.<br />

Warum ….?<br />

Weil wir - notgedrungen - vor einer neuen Epoche des Do-it-yourself, des Reparierens stehen. Weil<br />

übers ganze Land hinweg Schulbauten leer werden und dafür sinnvolle neue Nutzungen gefunden<br />

werden müssen.<br />

Weil auf nur ein Thema fixierte Vereine alter Prägung aus der Mode kommen werden und die vor<br />

den Bildschirmen immer einsamer werdenden Menschen neue Anreize brauchen um andere zu<br />

treffen.<br />

Angelika Zachl (Jugendsicht auf OTELO, Rio20+ Praktikantin bei SPES GmbH)<br />

Das Prinzip ist einfach und praktisch. Man nehme<br />

ein leerstehendes Gebäude, welches so keinen<br />

Zweck mehr erfüllt, und stelle die Räume kreativen<br />

Köpfen und ihren Ideen zur Verfügung. OTELO<br />

möchte Personen allen Alters die Möglichkeit<br />

geben, ihre Visionen umzusetzen und sie dabei<br />

bestmöglich unterstützen. Das Besondere an<br />

diesem Projekt ist, dass es sich von herkömmlichen<br />

Ausbildungszentren und der konventionellen<br />

Lohnarbeit distanziert, denn die Entwicklungen und<br />

Angelika Zachl - am Foto die Dritte von links<br />

Ideen der Personen müssen keineswegs ein<br />

funktionierendes oder verwertbares Ergebnis liefern. In einem offenen Technologielabor dürfen<br />

beziehungsweise sollen Menschen ihre Vorstellungen probieren und ihre Potentiale ausleben. Das<br />

Motto lautet: „Druck raus! Lust rein!“.<br />

Durch das OTELO Projekt werden somit Talente gefördert und es wird insbesondere Jugendlichen die<br />

Möglichkeit gegeben, ihre Neigungen auszutesten. Durch das OTELO Projekt hat sich schon so<br />

mancher Lebensweg um 180 Grad gedreht. So wird vom Angestellten einer zum Selbstständigen, der<br />

seine eigene Idee vermarktet.<br />

Des Weiteren werden, im Sinne der Nachhaltigkeit, unverwendete Gebäude wieder benützt und<br />

dadurch Ressourcen geschont. Die leerstehenden Gebäude würden andernfalls entweder verfallen<br />

oder durch die notwendige Instandhaltung sinnlose Kosten verursachen.<br />

Durch mündliche Verbreitung des Konzepts sind bis jetzt viele OTELO-Anfragen aus dem ganzen<br />

deutschsprachigen Raum angekommen, jedoch ist das wirklich kleine Team zurzeit noch damit<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

45


überfordert, denn jeder Standort ist anders, hat seine eigenen Probleme und braucht zu Beginn<br />

bereits OTELO-erfahrene Helfer.<br />

Bis jetzt ist außerdem der Anstoß zur Gründung eines OTELOs immer von einer beziehungsweise<br />

mehreren interessierten Privatpersonen ausgegangen und nicht von den Gemeinden direkt. Es ist zu<br />

hoffen, dass sich der Name und die Idee des Projekts so etablieren können, dass die Gemeinden auf<br />

OTELO zugehen und einen Standort aus Eigeninitiative starten wollen.<br />

Es ist zu hoffen, dass es bald österreichweit, vielleicht einmal sogar auf der ganzen Welt offene<br />

Technologielaboratorien gibt. Denn sollte nicht jeder von uns die Möglichkeit haben, seine Ideen und<br />

Träume zu verwirklichen? Es wäre doch wirklich schade, wenn nur durch den fehlenden Raum die<br />

großen, wie auch die kleinen Erfindungen des 21. Jahrhunderts verhindert werden würden.<br />

K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />

46


5) Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Menschen zusammen um Holz zu<br />

beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre den Menschen<br />

die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“(Antoine de Saint-Exupery)<br />

Alles beginnt mit der Sehnsucht. Auch die Entwicklung eines OTELO Standortes sollte mit einer<br />

Sehnsucht beginnen. Nicht das Überstülpen einer Idee oder gar eines fertigen Konzeptes garantiert<br />

eine erfolgreiche Umsetzung. Es kommt darauf an, dass ein paar Menschen Sehnsucht nach einem<br />

offenen Raum, nach Möglichkeiten zum Experimentieren, zum Probieren, zum Finden, zum<br />

Austauschen haben und diese öffentlich verbreiten möchten. Community Building geht damit einher.<br />

Community Building im Sinne von OTELO meint, Menschen, denen die Zukunft ihrer Region am<br />

Herzen liegt, die Abseits ihrer Lohnarbeit ideellen und materiellen Schaffensdrang verspüren,<br />

Menschen denen Unabhängigkeit, Gemeinschaftssinn sowie das Personale innerhalb einer Gruppe<br />

wichtig sind, Raum, im weitesten Sinne, zu geben.<br />

„OTELO will kein Fass befüllen, sondern eine Flamme entzünden.“ (Frei nach Heraklit)<br />

Nachfolgend wird, anhand der Erfahrungen der ersten OTELO Standorte in Oberösterreich, ein<br />

möglicher Weg für die Initiierung und den Start eines OTELO aufgezeigt. Wie sich ein neuer OTELO<br />

Standort letztlich entwickelt kommt immer auf die entsprechenden Akteur/-innen an. Ihr Bild von<br />

OTELO, ihre Erwartungen und Vorstellungen bilden die Grundlage. OTELO ist, was die beteiligten<br />

Menschen daraus machen!<br />

Entstehungsprozesse aus Gemeinde- und Regionalentwicklungssicht<br />

Damit eine OTELO entstehen kann braucht es nicht nur Gruppen oder Menschen, die einen Raum mit<br />

Ideen füllen können, sondern auch Menschen, die bereit sind diesen Raum auch organisatorisch zu<br />

formen und zu tragen. Daneben braucht es auch kommunalen Willen in Form eines<br />

Gemeinderatsbeschlusses, dass es wertvoll ist, offene Räume für Entwicklung zur Verfügung zu<br />

haben und entsprechende Räumlichkeiten bereitzustellen (und auch zu finanzieren).<br />

Diese beiden grundlegenden Gegebenheiten müssen zur richtigen Zeit „erscheinen“, damit sich ein<br />

OTELO ausbilden kann. Diese Grundvoraussetzungen haben sich in den letzten beiden Jahren<br />

mehrfach als Grundbedingung bestätigt. Bei den Standorten, wo diese Voraussetzungen bei der<br />

Gründung nicht 100% erfüllt waren, konnten sich die Potenziale des Modells nicht optimal entfalten.<br />

Aus regionaler Sicht bedeutet ein OTELO einen Regionalentwicklungsraum zu öffnen, der ganz klar<br />

einen Bottom-up Ansatz verfolgt. Damit unterscheidet sich OTELO sehr stark von den<br />

institutionalisierten Regionalmanagement-Strukturen. Die Regionalmanagements und auch die<br />

Leaderregionen wurden zwar mit dem Ziel der Regionalentwicklung aufgebaut, wurden aber seitens<br />

der Landespolitik zunehmend als Managementstruktur zur Umsetzung der Landesziele verwendet –<br />

die Möglichkeit tatsächliche, aus den Regionen entstehende Entwicklungen aufzugreifen wurde stark<br />

eingeschränkt. Dieses Bild zeigt sich nicht nur in Oberösterreich, wo die meisten OTELO Standorte<br />

bisher sind, sondern scheint auch eine Entwicklung in ganz Österreich widerzuspiegeln. Diese<br />

Entwicklung hat jedoch zur Folge, dass sich die Gemeinden zunehmend von diesen<br />

institutionalisierten Einrichtungen abwenden und deshalb auch offenere Ansätze für die regionale<br />

Entwicklung unterstützen. Das „Risiko“ einer sehr freien, von BürgerInnen getragenen Entwicklung<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

47


gehen einige Gemeinde-Verantwortliche mittlerweile gerne ein. OTELO kann hier als „Homebase“<br />

und Impulsgeber für regionale Entwicklungen dienen, bleibt aber klar bei den Wünschen und<br />

Bedürfnissen der Menschen, die in der Region leben verwurzelt.<br />

Das Pulsieren unfertiger Organisationen<br />

Als 2010 der erste OTELO Verein gegründet wurde, sollten zwei Standorte damit einen<br />

Organisationsrahmen bekommen, der überschaubar, transparent und einfach zu organisieren sein<br />

sollte. Gleichzeitig wurde damals schon in den Statuten beschlossen, dass sich Standorte auch als<br />

Zweigverein gründen können.<br />

Die Idee dahinter war,<br />

dass sich Standorte in<br />

Gründung erst einmal im<br />

„Hauptverein“ einbringen<br />

können (mit 2 Vorstandsmitglieder)<br />

ohne gleich<br />

einen eigenen Verein<br />

gründen zu müssen.<br />

Dieses System hat bis zum<br />

4. Standort recht gut<br />

funktioniert.<br />

Mittlerweile ist dieses System an die Grenzen gestoßen. Der Verein, der auch als Träger für<br />

Förderprojekte diente wurde zunehmend träge und auch die Verteilung des Risikos konnte nicht<br />

mehr gut argumentiert werden, da nicht alle neuen Standorte in laufende Projekte involviert werden<br />

konnten oder auch wollten. Klar wurde, dass zwar das Vereinsmodell gut für die<br />

Standortorganisation geeignet ist, jedoch nicht für die Abwicklung größerer Projekte oder auch für<br />

die Anstellung von OTELO Entrepreneurs (Menschen, die zwar im Verein angestellt werden, jedoch<br />

maximal eigenständig agieren können – dazu später mehr). Problematisch wurde auch die Tatsache,<br />

dass OTELO ProjektmitarbeiterInnen in den Standorten es schwer fanden, Arbeit und freie<br />

Beschäftigung zu trennen. Menschen, die in den Nodes aktiv waren, fühlten sich auch oft in<br />

Aktivitäten der Projekte hineingezogen, obwohl sie das in diesem Ausmaß nicht wollten. Diesen<br />

Umständen Rechnung tragend wurde im September eine Arbeitsgruppe gestartet um das OTELO<br />

Organisationsmodell weiterzuentwickeln und (wieder) zu vereinfachen.<br />

Erster Standpunkt der Diskussion war ein „virtuelles“ OTELO als Verein, die Standortvereine und eine<br />

OTELO Genossenschaft als Organisationsstrukturen mit unterschiedlichen Aufgaben. Beim<br />

„virtuellen“ Verein gab es aber Zweifel über Funktion und Spielraum, bzw. auch wegen<br />

Mitgliedschaften der Standorte bei einer überregionalen Plattform. Wir haben deshalb das Modell<br />

überarbeitet und nachfolgend beschrieben. Diese Sichtweise auf die OTELO Organisation soll in<br />

nächster Zeit erprobt werden:<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

48


Ziel der OTELO Organisation ist es die Standorte möglichst einfach und ressourcenschonend zu<br />

entwickeln und zu administrieren. Nachdem die OTELO Struktur unabhängig von Förderungen sein<br />

soll (mit Ausnahme der Basisinfrastruktur, die von der Kommune bereitgestellt wird) ist es wichtig,<br />

dass die Organisation des Standortes ehrenamtlich möglich sein soll. Damit kann der Standort den<br />

Freiraum besser als Wert transportieren. Mehraufwand würden überregionale Aktivitäten oder auch<br />

Projekte bedeuten, die kaum über ehrenamtliche Tätigkeit durchgeführt werden kann. Für diese<br />

überregionalen Aspekte braucht es eine eigene Organisationsstruktur, die bewusst nicht<br />

ehrenamtlich strukturiert werden soll.<br />

OTELO Standorte (bisher als Verein organisiert)<br />

Der Standortverein kann alle standortbezogenen und auch finanzierungstechnischen Belange<br />

eigenständig regeln und ist an die OTELO Charta verbindlich gebunden. Als Unterstützung bei Aufbau<br />

und Organisation stehen das Handlungsbuch und optionale Begleitung durch die Plattform zur<br />

Verfügung. Der Standortverein führt nach eigenem Ermessen Projekte in unterschiedlichen<br />

Ausprägungen durch und / oder beteiligt sich bei überregionalen Aktivitäten. Der Standort legt die<br />

eigenen Limits in Abstimmung mit der Standortgruppe und dem Standortteam (finanziell,<br />

ressourcentechnisch,…) eigenständig fest (in Form von Statuten und einer Geschäftsordnung). Der<br />

Vorstand übernimmt administrative Aufgaben für die Organisation des Standortes. OTELO Standorte<br />

können auf Wunsch Mitglied der KUPF werden. Weitere Mitgliedschaften bei anderen Initiativen<br />

werden in Standortgruppe abgestimmt und orientieren sich an der Übereinstimmung mit der OTELO<br />

Charta.<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

49


Damit gewährleitestet ist, dass die Ehrenamtlichkeit nicht überstrapaziert wird und eine<br />

standortübergreifende Kooperation erleichtert wird, empfiehlt sich eine Aufteilung der Arbeit in<br />

Funktionen. Das OTELO Standortteam besteht aus mindestens einer Handvoll (Magic 5) Personen.<br />

Folgende Funktionen sollen in jedem Standort definiert sein, damit ein Standortübergreifender<br />

Austausch erfolgen kann:<br />

StandortsprecherIn (Obmann/Obfrau), HausmeisterIn (Obmann/Obfrau Stellvertr.),<br />

StandortkassierIn, Kommunikationsverantwortliche/r (SchriftführerIn), SponsorenkoordinatorIn<br />

(KassierIn Stellvertr.). (Die genaue Beschreibung der Funktionen erfolgt unter Game Phase OTELO).<br />

Ein/e VertreterIn der Standortgemeinde zur Abstimmung mit der Standortgemeinde ist auch im<br />

Vorstand vertreten (ev. Schriftf. Stellvertr.).<br />

Weiter werden für die Standortvereine noch 2 RechnungsprüferInnen benötigt. Der Standort kann<br />

noch weitere Personen in den Vorstand aufnehmen (wird in den Statuten festgelegt). Die Statuten<br />

sollen von jedem Standort an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden können.<br />

Zielsetzung ist die möglichst einfache Gestaltung der Standortorganisation und eine einfache<br />

Aufteilung der verschiedenen Funktionsbereiche. Die Zuordnung von Funktionen ermöglicht darüber<br />

hinaus die bessere Vernetzung mit anderen Standorten, weil sich dadurch zu bestimmten Bereichen<br />

leichter Ansprechpersonen zuordnen lassen.<br />

Wenn ein bestehender Verein OTELO Standort werden möchte, kann auch aus den bestehenden<br />

Vorstandsmitgliedern und weiteren Vereinsmitgliedern ein Standortteam gegründet werden. Basis<br />

für alle OTELO Standorte ist die Zustimmung zur OTELO Charta.<br />

Aufgaben und Funktionen des Standortteams (Vorstand)<br />

Standortorganisation<br />

•Der Standortverein organisiert und koordiniert die lokalen NODE Aktivitäten, das lokale<br />

Veranstaltungs- und Workshopprogramm, die regionale Infrastruktur und fungiert als als<br />

Bindeglied zwischen der Kommune, den OTELO Kooperationspartnern, dem OTELO<br />

Standortenetzwerk und den eignen Nodes<br />

Lokale Projekte und Kooperationen<br />

•Der Verein kann Trägerschaften für Projekte übernehmen, bzw. kann auch die OTELO<br />

Infrastruktur für Projektaktivitäten zur Verfügung stellen<br />

•Projekte können Förderprojekte, Kooperationsprojekte, interne Projekte und Node-Projekte<br />

sein.<br />

Lokale Vernetzung und Kommunikation<br />

•Aufbau und Umsetzung des internen Kommunikationskonzeptes, Strategie zur Pflege der<br />

Netzwerk- und Kooperationsbeziehungen.<br />

Betreuung von Nodes<br />

•Organisation von offenen Tagen, lokalen Veranstaltungen und Formaten. Einbindung der Nodes<br />

in die Standortentwicklung. Unterstützung bei Nodegründungen (durch Netzwerkkontakte,...)<br />

Genehmigungsprozess für neue Node administrieren<br />

Neben der Organisation des Standortes beteiligt sich das Standortteam auch nach Möglichkeit an<br />

überregionalen Vernetzungsaktivitäten und bei der Planung und Koordination gemeinsamer<br />

Aktivitäten:<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

50


Die Beteiligung beim gemeinsamen Veranstaltungsprogramm, die Pflege der eigenen Website<br />

(www.standort.otelo.or.at), eine eigene Mailinglist, Bereitstellung von Infos für den Postelo, und<br />

mind. einmal pro Jahr die Organisation der Teilnahme am Standortetreffen.<br />

Optional kann das Standortteam auch eigene Projekte initiieren oder auch als Träger für die<br />

Abwicklung eigener Projekte fungieren, wobei hier Haftungsfragen geklärt sein sollten und ev. auch<br />

eine finanzielle Obergrenze für Projekte definiert werden kann.<br />

OTELO Genossenschaft?<br />

Die OTELO- Genossenschaftsidee<br />

Menschen tun sich zusammen um eine Genossenschaft für ihren Zweck zu bilden. Die OTELO<br />

Genossenschaft wird als Produktivgenossenschaft gegründet. Der Fokus der Produktiv-<br />

Genossenschaft liegt auf der Schaffung von Arbeitsplätzen. Die Basis der Genossenschaft bilden<br />

Menschen, die die OTELO Charta unterstützen wollen und gleichzeitig ihr Auskommen über ein<br />

Einkommen durch die Genossenschaft erwirtschaften wollen. Die OTELO Genossenschaft will, genau<br />

wie die Standorte, Menschen Raum und in diesem Fall auch Organisationsrahmen für eine Anstellung<br />

mit hoher Eigenständigkeit ermöglichen. Die Genossenschaft ist Standortunabhängig, kann sich aber<br />

in Form von Kooperationen der Infrastruktur bestehender Standorte bedienen (Zustimmung des<br />

Standortvereines vorausgesetzt). Wenn nötig, kann die Genossenschaft auch Räumlichkeiten<br />

projektbezogen anmieten.<br />

Die Produktivgenossenschaft ist eine von Individuen getragene, demokratische Struktur – wo alle<br />

Mitglieder ein gleichwertiges Stimmrecht besitzen (1 Kopf = 1 Stimme) – andere Formen gibt es auch,<br />

sind aber für unsere Zwecke uninteressant.<br />

Ziel und Zweck der OTELO Genossenschaft<br />

Das Ziel der Genossenschaft ist es OTELO Entrepreneurs eine Plattform für die Realisierung eigener<br />

Ideen im Bereich wirtschaftlicher Tätigkeit zu bieten, überregionale Kooperationen aufzubauen und<br />

für die Standorte nutzbar zu<br />

machen, neue Standorte bei<br />

Gründung und Entwicklung zu<br />

begleiten und optional eine<br />

Basisvernetzung zwischen allen<br />

OTELO Standorten zu<br />

gewährleisten.<br />

Der Zweck der Genossenschaft ist auf die Entwicklung und Erprobung neuer Arbeitsmodelle<br />

ausgerichtet und entwickelt dafür auch organisatorische Rahmenbedingungen auf Basis der OTELO<br />

Charta und der bisherigen OTELO Erfahrungen. Gleichzeitig verfolgt die Genossenschaft den Zweck<br />

die bestehenden OTELO Standorte zu fördern und weitere Standorte zu ermöglichen, um wiederum<br />

Mitgliedern der Genossenschaft eine ideale Homebase zu ermöglichen.<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

51


Eine Genossenschaft muss einen Förderzweck aufweisen, den wir bei den bisherigen Diskussionen<br />

wie folgt definiert haben: „Förderung unselbstständiger Beschäftigung mit hoher Eigenständigkeit“.<br />

Auf Basis dieses Förderzweckes kann das OTELO Entrepreneurmodell ideal gefördert werden.<br />

Organisation der OTELO Genossenschaft<br />

Rechtlicher Rahmen<br />

Die Genossenschaft wird bestimmt durch ihre Satzung und durch die Geschäftsordnung. Der Zweck<br />

sowie das Geschäftsfeld der Genossenschaft müssen klar definiert sein (sind ähnlich wie die Statuten<br />

eines Vereines, dann auch nicht so einfach zu ändern). In der Satzung sind Geschäftsfeld und<br />

Förderzweck definiert. Die Satzung ist relativ fix und muss klar definiert werden, ebenso der<br />

wirtschaftliche Rahmen und das Finanzierungsmodell.<br />

Die Genossenschaft unterliegt einer beschränkten Haftung (ähnlich einer GmbH). Eine<br />

Genossenschaft ist gewerberechtlich erfasst und es gibt eine Revision alle 2 Jahre. Eine<br />

Genossenschaft ist bilanzierungspflichtig. Als Genossenschaft muss man einem Revisionsverband<br />

beitreten (Raika oder ÖGV (Volksbank)). Die Aufnahme in einen Verband kostet 1500 Euro/ Jahr und<br />

eine Revision kostet auch ca. 1.500 Euro alle 2 Jahre => Kosten einer Genossenschaft im Jahr sind ca.<br />

2300 Euro.<br />

Die Revision prüft (Bilanzen, Unternehmenszweck und Protokolle). Je größer die Genossenschaft<br />

wird, desto weniger fallen die Kosten ins Gewicht, weil sie sich auf mehrere Mitglieder verteilen. Auf<br />

der anderen Seite sind die Kosten sehr überschaubar und es ist wichtig, dass die Genossenschaft<br />

übersichtlich bleibt (vgl. OTELO Charta).<br />

Die Organe einer Genossenschaft sind die Mitglieder und der Vorstand, eventuell auch ein<br />

Aufsichtsrat. Der Vorstand braucht mindestens 2 Personen. Die Gründung einer Genossenschaft –<br />

läuft über die Verbände. (Wien) Eine Anbahnung und Beratung verursacht keine Kosten.<br />

Die Genossenschaft kann wie ein Wirtschaftsunternehmen agieren und ist nicht auf eine Tätigkeit in<br />

Österreich beschränkt. Kooperationen mit bestehenden Firmen können über die Aufnahme der<br />

Firmen in die Genossenschaft geregelt werden.<br />

Die Genossenschaft ist vorsteuerabzugsberechtigt und von der Kapitalertragssteuer befreit.<br />

Genossenschaftsmitglieder<br />

Eine Genossenschaft ist sehr flexibel; es braucht nur einen Vorstandsbeschluss (+ einfache Meldung)<br />

zur Aufnahme neuer Mitglieder. Das macht sie sehr interessant für das OTELO Entrepreneurmodell,<br />

aber auch für die Einbindung von Kooperationspartnern.<br />

Die Mitglieder können Betriebe unterschiedlicher Ausprägung sein, es können über die<br />

Genossenschaft aber auch Anstellungen gemacht werden (OTELO Entrepreneurs).<br />

Die Aufnahme von Personen in Form von EPUs ist über die Aufnahme von Firmen in die<br />

Genossenschaft geregelt. Damit können auch Einzelunternehmen innerhalb des<br />

Genossenschaftszweckes aktiv werden und das OTELO Netzwerk unterstützen.<br />

Die angestellten Mitglieder der Genossenschaft müssen für ihre Tätigkeiten für die nötige<br />

Gewerberechtliche Genehmigung verfügen und diese in die Genossenschaft einbringen. Es wird<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

52


jedoch angestrebt, dass eine Gewerbeberechtigung für Unternehmensberatung bereits zu Beginn<br />

vorhanden ist, damit grundlegende Zwecke der Genossenschaft erfüllt werden können.<br />

Schritte bis zur Gründung der OTELO Genossenschaft<br />

Entwicklung einer OTELO Genossenschaftssatzung und Geschäftsordnung<br />

Klärung der Rahmenbedingungen (Einlagenhöhe,…)<br />

Finanzierungskonzept und Wirtschaftsplan<br />

Mind. 10 Gründungsmitglieder finden<br />

Abklärung mit den Genossenschaftsverbänden<br />

Gründungsversammlung und Wahl des Vorstandes<br />

Die Gründung der OTELO Genossenschaft ist im ersten Halbjahr 2013 geplant.<br />

Fazit zu den bisherigen Organisationsmodellen<br />

Die Auseinandersetzung mit den neuen Strukturen hat aktuell bereits zur Folge, dass sich neu<br />

gegründete Standorte bereits als Standortvereine gegründet haben. Auch bestehende Standorte wie<br />

Vöcklabruck, Kremstal oder Ottensheim werden sich in Kürze als eigene Standortvereine gründen.<br />

Der bisherige Trägerverein wird zum Standortverein Gmunden umfunktioniert. Aktuell wird intensiv<br />

an der Genossenschaftsgründung gearbeitet. Ungeklärt sind aber noch Fragen, die gemeinsame<br />

Organisationsthemen betreffen wie das Veranstaltungsprogramm, die gemeinsame Homepage,<br />

Organisation von Vernetzungsaktivitäten und Veranstaltungen, Informationstransfer,… Hier wird<br />

noch an möglichst einfachen und niederschwelligen Selbstorganisationsstrukturen gearbeitet.<br />

Oberste Priorität hat der Wunsch der Standorte, dass eine ehrenamtliche Administration einfach<br />

möglich sein soll.<br />

Phasen einer OTELO Entstehung<br />

„ Wir sehen nicht die Dinge, wie sie sind, sondern wir sehen sie, wie wir sind.“ (aus dem Talmud)<br />

Wenn ein OTELO gegründet werden soll, stellt sich am<br />

Beginn die Frage, was die Hauptmotivation für eine<br />

Standortgründung ist. Bisher konnten wir feststellen, dass es<br />

primär aktive, raumsuchende Gruppen waren, die das<br />

OTELO Model als Chance begriffen die eigenen Ideen zu<br />

realisieren. Vereinzelt kommen auch politisch<br />

Verantwortliche auf uns zu, um neue Impulse für die<br />

kommunale Entwicklung zu ermöglichen. Beide Gruppen<br />

kommen meistens mit sehr konkreten inhaltlichen<br />

Vorstellungen und auch Mythen, warum bisher noch keine<br />

Räume für diese Aktivitäten zur Verfügung stehen. Damit ein<br />

erster Schritt in Richtung OTELO getan werden kann braucht<br />

es innerhalb der Gemeinde eine Gruppe, die auch bereit ist<br />

ein mögliches OTELO am Standort (ehrenamtlich) zu<br />

organisieren – die OTELO 5. Wenn sich diese Gruppe<br />

Ein <strong>Otelo</strong> zu initiieren und zu starten braucht<br />

zusätzlich eine sehr offene<br />

Herangehensweise und sehr konkrete, ja<br />

nach dem „Wunschbild“ der Akteur/innen<br />

abgestimmte, Schritte. Durch den sehr<br />

partizipativen Grundgedanken von OTELO<br />

braucht es neue soziale Techniken. Nicht nur<br />

Debatten, Workshops, Diskussionen,…<br />

sondern Methoden, um in die Tiefe zu<br />

gehen, zur Vertiefung des Zuhörens und<br />

damit der Wahrnehmung (z.B. GFK, Dragon<br />

Dreaming, Theorie U, Art of Hosting,<br />

Dynamic Facilitation) (vgl. Scharmer, 2009).<br />

Die Begleitung eines Standortes erfolgte<br />

bisher durch projektfinanzierte<br />

MitarbeiterInnen, in Zukunft soll neben<br />

diesem Handbuch auch ein<br />

Begleitungsmodell ermöglicht werden.<br />

gefunden hat, beginnen die 3 OTELO Gründungsphasen, die weiter unten beschrieben werden.<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

53


Aus den Erfahrungen der Standorte Gmunden, Vöcklabruck, Kremstal und Ottensheim kann die<br />

Entstehung eines OTELOs in 3 Phasen gegliedert werden: in die Think, Game und Projekt Phase.<br />

Think Phase OTELO<br />

Der Wunsch bzw. auch der Entschluss eines neuen <strong>Otelo</strong> Standortes ist gefasst und eine (kleine)<br />

Gruppe von Menschen (vgl. Magic 5) willigt ein, ein erstes Stück des Entwicklungsweges mitzugehen,<br />

sich auf das, was entstehen kann, ohne zu wissen, was es wird, einzulassen.<br />

Diese Gruppe hat auch Lust am Aufbau und am Erhalt des Organisationsrahmens mitzuarbeiten.<br />

Durch den Ansatz von OTELO, frei von externen Systemen zu bleiben, setzt die Basisorganisation ein<br />

ehrenamtliches Engagement voraus.<br />

Im ersten Schritt geht es um das sich Einlassen und das Erspüren, was die InitiatorInnen wollen – um<br />

das „Presencing“ (Dieser Begriff wurde von Martin Heidegger geprägt, C. Otto Scharmer verwendet<br />

ihn in seiner Theorie U.). Übersetzt mit ‚Dasein‘ und ‚Hinspüren‘ gilt es, unsere Fragen und die<br />

entstehenden Zukunftsimpulse in dir, in anderen und zwischen euch zu spüren. Die gemeinsame<br />

Intention entdecken und ein gemeinsames Gefäß zu bilden.<br />

OTELO will Öffnung zulassen. Ein gemeinsames Öffnen. Dazu braucht es das Wahrnehmen und das<br />

Öffnen des eigenen Denkraumes. Dieser Prozess kann sehr unterschiedlich lange dauern und soll<br />

bereits potenzielle NutzerInnen und die lokalen EntscheidungsträgerInnen mit einbeziehen. Die<br />

Ergebnisse dieses Prozesses können eine sehr förderliche Grundlage für das zukünftige OTELO bilden.<br />

Wichtig ist das Aufbauen einer Vertrauensbasis zwischen den InitiatorInnen, potenziellen<br />

NutzerInnen und den raumgebenden EntscheidungsträgerInnen. Es kann nun sehr hilfreich sein, sich<br />

genauer mit den Modell OTELO und den bereits bestehenden Standorten zu befassen. Der Besuch<br />

eines OTELO Standortes, eine Präsentation über OTELO und ein Dialog mit Mitgliedern des OTELO<br />

Vereines gibt einen Einblick, wie es gehen kann.<br />

Im nächsten Schritt ist es wichtig die Ergebnisse des „Presencing“ und des Modells OTELO zu<br />

verknüpfen und daraufhin eine Vision für den neuen OTELO Standort zu entwickeln. Die<br />

Unterstützung durch einen OTELO Prozessbegleiter und Moderator wird dabei empfohlen ist aber<br />

nicht unbedingt notwendig.<br />

Öffnung und Erweiterung der Idee<br />

OTELO will viele Menschen ansprechen, sie einladen<br />

aktiv zu werden und im Sinne von „Community<br />

Building" eine gemeinsame Bewegung ermöglichen.<br />

Dazu braucht es Ideen und Anregungen. Im Rahmen<br />

einer öffentlichen Veranstaltung kann nun das Konzept,<br />

die Idee bzw. die Vision vorgestellt und dialogisiert<br />

werden. Menschen, die dem Startteam besonders<br />

wichtig sind, werden dazu persönlich eingeladen.<br />

Wichtig zu bedenken ist, welche<br />

EntscheidungsträgerInnen, welche notwendigen<br />

UnterstützerInnen sollen wir vom Beginn weg an Bord<br />

holen (BürgermeisterIn, GemeinderäteInnen,<br />

Verwaltung, Wirtschaftsobleute, VordenkerInnen,<br />

VisionärInnen, etc.). Die Formate „Präsentation und<br />

Bei der Denk.BAR handelt es sich hier um eine<br />

Veranstaltungsform, die im Rahmen der<br />

OTELOs häufig verwendet ist und dadurch<br />

gekennzeichnet ist, dass Jeder/Jede im OTELO<br />

zu einem Diskussionsanliegen eine Denk.BAR<br />

veranstalten kann und dabei aber am Beginn<br />

der Diskussion nur so viel Information<br />

gegeben werden soll, damit das Thema für<br />

alle verständlich ist und damit diskutierbar<br />

wird. Denk.BARs dauern meistens ca. 2<br />

Stunden. Die Person, die die Denk.BAR<br />

einberufen hat ist auch für die Aufbereitung<br />

der Ergebnisse und Weitergabe innerhalb der<br />

Community zuständig (außer es meldet sich<br />

von den Teilnehmenden jemand, der das<br />

übernimmt).<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

54


Dialog“ und „Denkbar“ sind dazu gut geeignet.<br />

Das besondere/eigene Profil eines Standortes<br />

Nachfolgend einige Beispiele, wie Profile und Ausprägungen innerhalb von Standorten möglich sind<br />

(Beispielhaft entnommen aus dem letzten Standortetreffen im Juni 2012)<br />

Auswertung eines Standortetreffens auf die Frage: „Was macht euren Standort besonders?“<br />

Vöcklabruck<br />

Die räumliche Aufteilung. Großes Foyer, Nodes im Kreis rundum<br />

Sehr groß<br />

Vernetzung mit Stadt, WKO,…<br />

Hoffentlich bald erster eigenständiger Standortverein<br />

Gute techn. Ausstattung im Bereich Radio und bald auch Film (dorf.tv)<br />

Gemütliche Küche/ Sozialraum<br />

Rückzugsmöglichkeiten (Bibliothek, Chill-out)<br />

"Tanzraum" (Workshopraum mit Spiegeln)<br />

Vernetzungsmöglichkeiten mit Offenem Kulturhaus (OKH)<br />

Gmunden<br />

Das Besondere am OTELO Gmunden ist seine starke Ausrichtung auf Kinder-Workshops,<br />

also auf den Kontakt zu den ganz Jungen, und sein Schwerpunkt auf Permakultur-Themen<br />

und -Workshops.<br />

weil Gmunden räumlich und personell nicht dafür ausgestattet ist ein permanentes buntes<br />

Gemeinschaftsleben zu bieten. Das kann sich allerdings jetzt ändern, weil eine bunte<br />

RadiomacherInnen-Crew ans Werk gegangen ist.<br />

Ottensheim<br />

Ist im Zentrum<br />

Flair (Altbau)<br />

Ort der Begegnungen, Kost-Nix-Laden in der Finanzabteilung<br />

Weg es zu bekommen, Eingebettet in NANK-Visionen<br />

Unsere Nodes<br />

Frauenquote im Standortteam<br />

Spaß<br />

Vorchdorf<br />

„Wir“ - ausgezeichnete Mixtur an Leuten: motiviert, geschickt und vertraut mit OTELO an<br />

sich<br />

Standort ist gerade im Entstehen<br />

Nähe zum Wohnort<br />

Identifikation<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

55


Kremstal<br />

Wir haben viele verschiedene tolle Menschen mit unterschiedlichen Talenten und<br />

Fähigkeiten<br />

Besonders macht uns auch die "Triangel" Radio B138 - Haus 16 A - <strong>Otelo</strong><br />

Angermünde<br />

Linz<br />

Extrem strukturschwache Region<br />

3D-Drucker als attraktive Einstiegsmöglichkeit ins OTELO<br />

Macher sind in verschiedensten Bereichen ausgebildet<br />

Gleichstellung von weiblichen und männlichen Teilnehmern<br />

Wissenschaftliches und technisches Know-how aus Schwedt soll erschlossen und genutzt<br />

werden<br />

weil …<br />

dort Menschen zusammen kommen, die sich sonst nicht treffen würden, und dadurch völlig<br />

neue Kooperationen und Ideen entstehen<br />

es eine neue Haltungen gegenüber Beruf, Berufung und Arbeit ermöglicht --> Arbeiten und<br />

lernen aus intrinsischer Motivation<br />

die Atmosphäre zur lockeren und spielerischen Auseinandersetzung mit hochkomplexen<br />

Themen einlädt<br />

es die Zukunft vorwegnimmt, in der ich viele OTELOs und ähnliche Räume sehe<br />

Die Think-Phase in wenigen Punkten<br />

Begeisterung von Menschen für dieses Projekt, für dieses Modell<br />

OTELO Präsentation durch bereits bestehende OTELO Standorte (Verein) oder<br />

ProzessbegleiterInnen<br />

Visionen für den eigenen Standort<br />

Kontakt zu anderen OTELO Standorte<br />

gemeinsames Interesse einer Gruppe<br />

in dieser Phase keinerlei Verpflichtungen<br />

ev. eine Denkbar veranstalten<br />

Game Phase OTELO<br />

Die Vision ist da und es gibt einen ‚Common sense‘ über das, was der neue OTELO Standort sein<br />

kann. In der Game Phase geht es um das Erproben (Prototyping). OTELO bietet einen<br />

Erprobungsraum, um das Neue nicht nur im Nachdenken sondern auch im Tun zu erkunden, um<br />

Feedback von Menschen zu generieren, um die Idee weiterzuentwickeln.<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

56


Nun gilt es, die Ergebnisse, Wahrnehmungen und Erkenntnisse der Think Phase zu manifestieren.<br />

Wichtig ist, eine strukturelle Verfestigung mit mindestens fünf Personen (Empfehlung) zu einem<br />

Organisations- oder Standortteam.<br />

Die Personen dieses Teams sind die Ansprechpersonen für den neuen OTELO Standort, erarbeiten<br />

gemeinsame Spielregeln und Werte des Miteinanders und teilen sich verschiedene Funktionen und<br />

Aufgaben auf. Standortstartteam: Magic „5+“<br />

Das OTELO Standortteam besteht aus mindestens einer Handvoll (5) Personen, die sich, ähnlich<br />

einem Vereinsvorstand, um den Aufbau und die Entwicklung des Standortes kümmern.<br />

Das OTELO Standortteam kann aber auch mehr Mitglieder haben, wichtig ist aber, dass folgende<br />

Funktionen personell zugeordnet werden:<br />

StandortsprecherIn: Ist als lokale Ansprechperson für Interessierte zuständig, organisiert die offenen<br />

Tage (Hosting), und vertritt den Standort im OTELO Vorstand. Der/die StandortsprecherIn ist in die<br />

gemeinsame strategische Weiterentwicklung des OTELO Netzwerkes eingebunden.<br />

HausmeisterIn: Der oder die HausmeisterIn ist für den Aufbau und den Erhalt der Basisinfrastruktur<br />

zuständig und unterstützt die Nodes bei der Gestaltung der Labs. Der/die HausmeisterIn ist auch<br />

Ansprechperson für das Zutrittssystem des OTELO Standortes und sorgt auch für die Einhaltung der<br />

Hausordnung.<br />

StandortkassierIn: Die/der StandortkassierIn verwaltet die Finanzen (Kassa und Subkonto) des<br />

Standortes. Die Mitgliederverwaltung und –betreuung und die Planung und Administration von<br />

Standortbezogenen Projekten werden von dieser Position koordiniert<br />

Standort-Kommunikationsverantwortliche/r: Zuständig für die interne Kommunikation innerhalb<br />

des Standortes, Koordination des Workshop- und Veranstaltungsprogramms. Aktualisierung der<br />

Websiten und Social Media Kanäle.<br />

SponsorenkoordinatorIn: Sponsorensuche, Mitgliederwerbung, Finanzierungskonzepte,<br />

Betriebskontakte pflegen, Entwicklung langfristiger Kooperationen<br />

Im nächsten Schritt kann das Standortteam ihren konkreten OTELO Standort erarbeiten und planen.<br />

Was soll im OTELO passieren, welche Bedürfnisse haben wir als Organisator/innen und<br />

Teilnehmer/innen, welche Raumbedürfnisse gibt es, mit welchen konkreten Themen/Projekten<br />

wollen wir starten, wollen wir OTELO angreifbar und herzeigbar machen.<br />

Strategie erarbeiten: Das Standortteam erarbeitet eine Strategie, wie OTELO starten kann, wie die<br />

Raumbedürfnisse erfüllt werden können, wie die ersten konkreten Themen/ Projekte gestartet<br />

werden und vor allem, wie das Bewusstsein in der Bevölkerung gestärkt wird und viele Menschen<br />

eingeladen werden können.<br />

Damit einher, gehen verstärkte Kontakte zu bestehenden Communities und zu politischen<br />

EntscheidungsträgerInnen sowie zu Wirtschaftsbetrieben und ihren VertreterInnen (Sozialpartner).<br />

Erste pilothafte Umsetzungsschritte können sowohl im Start eines neuen Standortes, sprich eines<br />

physischen Raums sein, sowie auch die erste Durchführung von Aktivitäten/Workshops.<br />

Raum anbieten: Neben einem „Denkraum“ ist es wichtig, rasch einen physischen Raum anzubieten,<br />

einen Ort der für OTELO zur Verfügung steht, von dem aus der neue OTELO Standort entstehen kann.<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

57


Gemeinsam mit den KommunalpolitikerInnen soll ein Standort gefunden werden. Es wird<br />

vorausgesetzt, dass die Gemeinde Raum (auch finanziell) zur Verfügung stellt. In vielen Gemeinden<br />

gibt es leerstehende, oftmals im Eigentum der Gemeinde stehende Gebäude. In allen bisherigen<br />

OTELO Standorten wurden, von den jeweiligen Gemeinden, Räume zur Verfügung gestellt. Eine<br />

eventuell notwendige Adaptierung kann in Absprache direkt vom Standortteam übernommen bzw.<br />

mitorganisiert werden. Empfehlungen zur Raumauf- und -einteilung siehe Kapitel 5.<br />

Hosting: Ist der neue OTELO Standort örtlich vorhanden, können öffentliche Öffnungszeiten<br />

festgelegt und öffentlich bekannt gemacht werden. Mit dem ‚Hosting‘, sprich mindestens eine<br />

Person des Standortteams, die zu den Öffnungszeiten als Ansprechperson zur Verfügung steht, wird<br />

ein „niederschwelliger Eintritt“ ins OTELO gewährleistet. Der Host erklärt interessierten Menschen<br />

OTELO, die Vision, die Strategie, die Möglichkeiten des sich beteiligen und bietet sich als<br />

Gesprächspartner für inhaltliche Themen rund um die Philosophie OTELO an.<br />

Workshops/ Jam Sessions:<br />

Welche Interessen haben die<br />

bisher am OTELO beteiligten<br />

Menschen? Welche Talente,<br />

welche Fähigkeiten möchten oder<br />

können sie selber einbringen?<br />

Welche Themen liegen uns am<br />

Herzen und können auch für<br />

Aufmerksamkeit sorgen?<br />

Die Workshopplanung mit diesen<br />

Fragen zu beginnen ist sehr zu<br />

empfehlen. <strong>Otelo</strong> und dessen<br />

Inhalte sollen den beteiligten<br />

Menschen Freude machen, sollen<br />

das sein, was sie wirklich, wirklich wollen. Manche Standorte beginnen mit sehr technischen<br />

Aktivitäten (3D Drucken etc.) andere haben im kreativ-textilen Bereich gestartet (Kleider entwerfen,<br />

Kleidertausch etc.) wiederum andere nehmen sich Methoden an, wie wir ins kreative, neue Tun<br />

kommen (Improtheater, Imaginationen). Der neue Standort startet vielleicht mit etwas ganz<br />

anderem, etwas Neuem. Wenn erste Aktivitäten/ Workshops geplant sind, werden diese öffentlich<br />

ausgeschrieben und durchgeführt.<br />

Die Workshops sollten möglichst<br />

kostengünstig/ kostenlos sein, die<br />

WorkshopleiterInnen sollten die<br />

Durchführung im Sinne von „share<br />

knowledge“ ohne Honoraransprüche machen.<br />

Kosten, die entstehen (Material, Fahrkosten<br />

etc.) können auch durch geringe<br />

TeilnehmerInnenbeiträge aufgebracht<br />

werden.<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

58


Die Idee von „share knowlegde“ ist, dass<br />

WorkshopteilnehmerInnen eingeladen und<br />

ermutigt werden, eigene Talente, Wissen und<br />

Fähigkeiten in Form von Workshops zur<br />

Verfügung zu stellen. Dadurch werden<br />

kontinuierlich neue Inhalte und Workshops für<br />

OTELO generiert.<br />

Nodes: Eine grundlegende Basis eines OTELO Standortes bilden die OTELO Nodes. Nodes sind für uns<br />

Nest (geschützter Raum) und Netzknoten in einer Funktion. Die OTELO Nodes können von 5<br />

Personen beantragt werden, die sich gemeinsam einem Thema widmen möchten. OTELO bietet für<br />

die Nodes unterschiedliche Möglichkeiten an – vom Treffpunkt für Gespräche bis zur Trägerschaft<br />

eines Projektes. Wer in einem Node Mitglied ist erhält auch unbeschränkten Zugang zum OTELO<br />

(Schlüsselrecht), die Möglichkeit einen Raum zu besiedeln und das Nutzungsrecht für die<br />

Gemeinschaftsräume – kostenfrei. Als Gegenleistung bringen die Node-Mitglieder sich in<br />

gemeinsame Aktivitäten ein und geben ihr Wissen und ihre Erfahrungen auf geeignete Weise weiter<br />

und ermöglichen auch weiteren Menschen den Zugang und das Mitwirken im Node. Am Beginn steht<br />

eine Idee von einer oder mehreren Personen. Von der Idee bis zur Realisierung größerer Projekte<br />

bietet OTELO geeignete organisatorische Unterstützung und Infrastruktur.<br />

Nodes haben erfahrungsgemäß verschiedene Stadien:<br />

Auch hier zeigt sich die Abfolge Think – Game – Project Node.<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

59


THINK-NODE (TN)-Status: Eine Idee steht im Raum. OTELO bietet hier die Infrastruktur des OTELOs<br />

an um die Idee weiter zu entwickeln. Es können Workshops und Veranstaltungen organisiert werden,<br />

regelmäßige Treffen zum Weiterdenken. In diesem Stadium ist noch kein eigenes Node-Lab<br />

vorgesehen.<br />

GAME-NODE (GS)-Status: Wenn eine Idee so weit gediehen ist, dass es ans Experimentieren und<br />

Ausprobieren gehen kann, können Gruppen ein Node-Lab beantragen. Hier wird von OTELO über<br />

einen vereinbarten Zeitraum ein Raum zur Verfügung gestellt, damit ein Thema vertieft und<br />

experimentell weiterentwickelt werden kann. Der spielerische Zugang steht hier im Vordergrund.<br />

OTELO unterstützt hier durch die Vernetzung mit den anderen Nodes und durch die Herstellung von<br />

Kontakten zu Betrieben und ExpertInnen. Betriebe können in diesem Stadium eine Patenschaft<br />

übernehmen. Die Ergebnisse des Nodes werden regelmäßig innerhalb der Community<br />

weitergegeben oder auch in Workshops vertieft.<br />

PROJECT-NODE (PN)-Status: Wenn sich aus einem Game-Node ein konkretes Projekt entwickelt, bei<br />

dem ein Träger z.B. für eine Fördereinreichung gesucht wird, unterstützt OTELO bei der<br />

Antragsstellung und übernimmt auch die Trägerschaft für Projekte und unterstützt bei der<br />

Projektabwicklung. Wenn Projekte erfolgreich entwickelt wurden, können auch in Kooperation mit<br />

dem TZ-Attnang Teams in Richtung Unternehmensgründung begleitet werden.<br />

Die Struktur des Standortes wird jetzt bereits gut sichtbar. Es folgt die Project-Phase der OTELO<br />

Gründung.<br />

Die Gamephase in wenigen Punkten<br />

strukturelle Verfestigung mit mindestens fünf Personen in einem Organisationsteam, die evt.<br />

auch spezielle Funktionen übernehmen (z.B. Standortansprechperson,<br />

Standortorganisation/Workshops, Schnittstelle zum Verein/zur Begleitung/zum Projekt,<br />

Standortfinanzen, <strong>Otelo</strong> Philosophie/Strategie strategische Entwicklung<br />

Raumbedürfnisse: konkrete Raumsuche, Räume temporär nutzen<br />

verstärkter Kontakt zur politischen Ebene bzw. zu Wirtschaftsbetrieben<br />

verstärkter Kontakt zu einer Community<br />

erste Nodes bilden sich<br />

öffentlich verfügbaren Raum anbieten<br />

erste Workshops durchführen, neue Workshopideen generieren<br />

Öffentlichkeitsarbeit (Medien einbinden, Aufrufe zum Dabei-sein)<br />

fließender Übergang in die Project Phase<br />

Project Phase OTELO<br />

OTELO ist räumlich verankert (mit Nutzungsvereinbarung mit der Gemeinde/ Stadt), wurde öffentlich<br />

bereits wahrgenommen, hat ein fixes Standortteam und konnte sich mit ersten Aktivitäten/<br />

Workshops bereits präsentieren. In der Project Phase werden nun die Inhalte des neuen OTELO<br />

Standortes, die Erfahrungen und Erkenntnisse der Game Phase sowie die detaillierte Strategie auf<br />

feste Fundamente gestellt. Es erfolgt jetzt die offizielle Standortvereinsgründung und die Besiedelung<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

60


der Räume. Die Räume für Kommunikation, die Bereiche im OTELO, die für Nodes reserviert sind, der<br />

Workshopbereich, der Aufenthaltsraum und weitere standortspezifische Räume sind definiert und<br />

werden von der Gruppe besiedelt. Wichtig ist dabei, dass nicht gleich alle Räume vergeben werden –<br />

es soll auch noch Freiräume geben, damit Platz für Neues bleibt.<br />

Einbindung ins OTELO Netzwerk:<br />

Damit der Standort auch von den gemeinsamen Aktivitäten der OTELOs profitieren kann und auch<br />

eigene Aktivitäten ins Netzwerk einbringen kann, ist es notwendig sich als Standort in das<br />

Mediensystem von OTELO einzubringen, an gemeinsamen Netzwerktreffen mitzuwirken und auch<br />

am gemeinsamen Workshopprogramm mitzuarbeiten.<br />

OTELO Förderer:<br />

Ein weiterer wichtiger Schritt ist der Aufbau einer Fördermitgliedsstruktur, um grundlegende<br />

Aktivitäten am Standort finanzieren zu können. Wichtig ist auch der Aufbau von Kooperationen mit<br />

der regionalen Wirtschaft, der Lokalpolitik, den Sozialpartnern, Bildungseinrichtungen und anderen<br />

Vereinen der Gemeinde. OTELO ermöglicht auch Kooperationen zwischen verschiedenen Partnern,<br />

den Nodes oder anderen OTELO Standorten.<br />

Fördermitgliedschaft: Die Fördermitgliedschaft unterstützt den Aufbau und die Weiterentwicklung<br />

der regionalen OTELO Standorte und ist die Basis der lokalen Kooperationsarbeit. Neben privaten<br />

Fördermitgliedschaften (22€ ermäßigt/33€ für Einzelpersonen/ Jahr) und der Fördermitgliedschaft<br />

für Verein (66€/ Jahr) gibt es auch Fördermitgliedschaften und Kooperationsmöglichkeiten für<br />

Betriebe:<br />

Für Kleinstunternehmen: 99€ / Jahr<br />

Für KMU 999€ / Jahr<br />

Für Großbetriebe 4444,- oder 9.999€ / Jahr<br />

Sachsponsoring/ Werkstättenkooperation:<br />

Unterstützung durch Sachspenden, Büromöbel, Werkzeug,…<br />

Bereitstellung von Maschinenstunden und Personal für projektspezifische Aktivitäten<br />

Projektkooperation oder Node-Patenschaft:<br />

Finanzielle und inhaltliche Unterstützung von Projektaktivitäten<br />

Finanzielle Unterstützung zum Aufbau von Nodes<br />

Kontinuierliches Workshop- und Veranstaltungsprogramm<br />

Das OTELO Workshopprogramm ist eine wichtige Inspirationsquelle, gibt Anregungen, lädt zum<br />

Mitmachen ein und bietet den Nodes die Möglichkeit Interessierte in ihre Aktivitäten einzubinden.<br />

Das Veranstaltungsprogramm wird von allen Standorten gemeinsam erstellt und über die OTELO<br />

Medienkanäle kommuniziert, fallweise auch gedruckt. In der Project Phase wird der Standort voll in<br />

die Planung und Umsetzung des Workshop- und Veranstaltungsprogramms einbezogen.<br />

Bei den Veranstaltungsformaten können Formate aus dem OTELO Umfeld herangezogen werden,<br />

aber natürlich auch eigene Formate entwickelt werden.<br />

Aktuelle Formate sind in Kapitel 8 beschrieben!<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

61


Kontinuierliche Weiterentwicklung des <strong>Otelo</strong> Standortes<br />

OTELO lebt von der Offenheit und der damit verbundenen Bereitschaft sich weiter zu entwickeln. Im<br />

Rahmen des eigenen Standortes soll es deshalb immer wieder Treffen mit den OTELO NutzerInnen<br />

geben, damit der Standort auf Veränderungswünsche und auch Probleme gut reagieren kann. Diese<br />

Treffen sollen in regelmäßigen Abständen stattfinden. Bei den Treffen sollten zumindest die Key-<br />

Node-Speaker und das Standortteam dabei sein. Parallel gibt es immer auch überregionale Treffen<br />

und fallweise auch Arbeitsgruppen, die Impulse für die gesamte OTELO Entwicklung geben können<br />

und dem Standort neue Möglichkeiten und Handlungsspielräume eröffnen.<br />

Die Project Phase in wenigen Punkten<br />

Fixe Struktur verankern. Standortverein oder an Verein integriert (vgl. OTELO Kremstal an<br />

Verein Radio B138 angebunden)<br />

eigenständige Nodes<br />

fixer Raum, Basiswerkstatt<br />

Unterstützung Politik, Wirtschaft, Fördermitglieder aufbauen<br />

Workshops, Veranstaltungen verschiedener Formate<br />

begleitendes ‚Hosting‘<br />

ev. eigenständige Projekte<br />

laufende Öffentlichkeitsarbeit<br />

kontinuierliche Weiterentwicklung des OTELO Standortes<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

62


Gedanken zur Organisationsentwicklung/-struktur der Standortvereine<br />

(von Richard Schachinger)<br />

"You cannot make the rice grow, by pulling on the stalks..." (altes chinesisches Sprichwort)<br />

Ein Thema das mit dieser Überschrift beginnt, verspricht in den meisten Fällen eine trockene<br />

Auseinandersetzung mit einem „notwendigen Übel“. Es geht um Statuten, die nicht gerade im<br />

Verdacht stehen, ein anregendes Thema zu sein. Und besonders in wirtschaftlichen Zusammenhängen<br />

wird dann auch noch in die Schublade organisationstheoretischer Modelle gegriffen; Begriffe wie<br />

„Linienmodell“, „Stabstelle“ oder „Führung“ stehen im Raum, vermögen diesen aber kaum zu<br />

erhellen. Hier finden wir womöglich schon den ersten Grund, warum die Auseinandersetzung mit dem<br />

„Eingemachten“ auf wenig Gegenliebe stößt – und das obwohl es aus einer demokratischen und<br />

partizipativen Perspektive um essentielle Fragen geht. Wie Fritz Simon aufzeigte, handelt es sich<br />

hierbei nämlich um militärische Begriffe. Organisation wurde scheinbar als Krieg erlebt und diese<br />

erstaunliche sprachliche Verbindung existiert bis heute, auch wenn starre Hierarchien und das<br />

Abschleifen zu menschlichen Maschinen alles andere als zeitgemäß sind (ein Schelm wer hier an das<br />

Bildungssystem denkt!).<br />

Wenn wir uns nun die OTELO Idee in Erinnerung rufen, wird schnell klar, dass diese dem eben<br />

Skizzierten radikal entgegensteht. Anstelle von „Zwang“ und „Zielorientierung“ geht es um Freude an<br />

der Sache und um Freiraum. Gleichzeitig will OTELO in der Praxis auch Grundstrukturen bieten, um<br />

kleinen Initiativen (Nodes) einen organisatorischen Rahmen zu ermöglichen und um als Projektträger<br />

auftreten zu können. Beides gute Gründe unter mehreren, eine juristische Person, also einen<br />

gemeinnützigen Verein zu gründen. Aber wie schauen die idealen, organisatorischen<br />

Rahmenbedingungen für einen OTELO Verein jetzt aus? Diese Frage bietet sich als logisch an, muss<br />

aber eingeschränkt werden. Denn „die ideale Organisation“ wird unerreicht bleiben, genauso wie<br />

strategische Planung (das Militär lässt grüßen!) im klassischen Sinn eine Illusion ist. Beides können wir<br />

aber als einen Prozess verstehen; als ein evolutionäres, reflektiertes Anpassen an die eigenen<br />

Anforderungen. In unserem Fall sprechen wir letztendlich auch von einem Ausloten des<br />

vereinsrechtlich Möglichen: nämlich nicht das OTELO für die Standardstatuten zu verbiegen, sondern<br />

die Statuten für unsere Idee zu modellieren. In diesem Sinne begnügt sich dieses Kapitel auch nicht<br />

bloß damit, einen Ist-Zustand wiederzugeben, sondern versucht auch die dahinter liegenden Gründe<br />

für den Status Quo darzustellen.<br />

Zunächst aber leiten wir die angesprochenen Anforderungen aus dem OTELO Konzept ab. Dort lassen<br />

sich „Nodes“, „Standorte“ und „Projekte“ als Bereiche festhalten. Den so genannten „Nodes“ - die<br />

auch in einem eigenen Kapitel ausführlich behandelt werden – kommt hierbei eine tragende Rolle zu.<br />

Als themenbezogene Gruppen an interessierten Menschen stellen sie die inhaltliche und personelle<br />

OTELO Basis dar. Sie sollen grundsätzlich autonom agieren können und als OTELO Subsysteme an<br />

einen Standort gekoppelt sein. Ein Standort wiederum soll Raum und die nötige Infrastruktur für<br />

Nodes und gemeinschaftliche Tätigkeiten bieten. Er ist damit Substrat und wenn man es bildlich<br />

ausdrücken will: ein Ballungsraum an Netzwerkknoten. Da das OTELO Konzept vorsieht, dass die<br />

Kommunen Gebäude, Energie und Internet für Standorte zur Verfügung stellen, können sich diese<br />

genauso wie Nodes grundsätzlich durch freiwilliges Engagement selbst erhalten – ohne sich in<br />

existenzielle Abhängigkeiten zu begeben. Im Gegensatz zu diesen horizontal gelagerten Bereichen,<br />

sind Projekte vertikal ausgerichtet. Das heißt, dass OTELO Mitglieder – entweder als Node oder in<br />

einer eigenen Projektkonstellation – ein temporäres Projekt über den Verein als juristische Person<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

63


abwickeln. Da der damit verbundene Ressourcenaufwand in der Praxis schnell über das Ehrenamt<br />

hinausgeht, arbeitet in diesem Bereich vor allem hauptamtliches Personal (sofern gewünscht).<br />

Die OTELO Community ist demnach durch Vielfältigkeit charakterisiert und nicht homogen. Sie ist<br />

wohl auch kein Kollektiv im klassischen Sinne, sondern – in Anlehnung an die Metapher der<br />

Netzwerkknoten – ein „Konnektiv“. Ein Konnektiv, welches als kleinsten gemeinsamen Nenner auf der<br />

OTELO Charta fußt. Aber auch ein Konnektiv, das sich Spannungsfeldern wie jenem zwischen Ehren-<br />

und Hauptamt stellen muss. Ein Konnektiv also, das sich durch aktive Kommunikationskanäle (vgl.<br />

Kapitel Kommunikation) und regelmäßige, gemeinsamen Veranstaltungen (vgl. Kapitel Formate)<br />

erneuert. Neben den oben genannten Anforderungen sind dies allesamt Aspekte, die in unserem<br />

Organisationsmodell und damit auch in den Statuten mitbedacht werden müssen. Letzteren werden<br />

wir uns jetzt zuwenden, ehe wir die Organisationsstruktur darstellen und abschließend einen Ausblick<br />

wagen. Allerdings konzentrieren wir uns hier nur auf die zentralen Modellingaspekte, um uns nicht im<br />

Vereinsrecht zu verzetteln oder gar den Rahmen zu sprengen:<br />

Das österreichische Vereinsgesetz (VerG 2002) sieht grundsätzlich ein „Aufsichtsorgan“, eine<br />

„Generalversammlung“, „RechnungsprüferInnen“ und ein „Schiedsgericht“ vor. Viele Vereine<br />

orientieren sich bei ihrer Gründung allerdings nicht direkt am VerG, sondern an der Ausformung der<br />

so genannten Musterstatuten des Innenministeriums. Dieses Modell wird in der Literatur auch als<br />

„Führerverein“ bezeichnet, weil es tendenziell den Vorstand als Leitungsgremium gegenüber der<br />

Mitgliederversammlung als Generalversammlung aufwertet und damit das Argument der<br />

Handlungsfähigkeit über jenes der Mitbestimmung stellt. Ein in der Praxis häufiges Modell sieht wie<br />

folgt aus: eine Generalversammlung findet einmal im Jahr statt, dort berichtet der Vorstand über die<br />

Tätigkeiten, die RechnungsprüferInnen legen den Prüfbericht vor, ein neuer Vorstand wird gewählt<br />

und das Jahresbudget beschlossen. Bis hierher sagt der Modus nur bedingt etwas über Autonomie<br />

und Partizipationsmöglichkeiten aus – denn entscheidend ist die Frage, wie die laufende Vereinsarbeit<br />

aussieht. Soll in unserem fiktiven Beispiel eines „Führervereins“ heißen: während des Jahres leitet der<br />

Vorstand – speziell der Obmann (sic!) - hinter verschlossenen Türen die Geschäfte, entscheidet über<br />

die Aufnahme neuer Mitglieder und auch über alle anderen Belange. Demokratische Mitbestimmung<br />

bleibt für Mitglieder auf den Tag der Mitgliederversammlung beschränkt...<br />

Würden wir die OTELO Idee mit einem derartigen Modell umsetzen wollen, ergäben sich unter<br />

anderem folgende Schwierigkeiten: Nodes und all ihre Aktivitäten sind direkt von den Entscheidungen<br />

des Vorstands abhängig, dieser wiederum ist mit einer Fülle von Anfragen konfrontiert. Selbiges gilt<br />

für Projekte. Darüber hinaus würde diese Hierarchie und Konzentration ganz grundsätzlich dem<br />

dezentralen „Bottom-up Prinzip“, dem Einräumen von Autonomie und dem Agieren auf gleicher<br />

Augenhöhe widersprechen. Ähnlich wie es auch einige freie Initiativen versuchen, hat OTELO daher<br />

diese Musterstatuten nach den eigenen Bedürfnissen adaptiert.<br />

Neben kleineren Anpassungen verkörpert unsere Adaption insbesondere ein neu geschaffenes<br />

Vereinsgremium, welches sich als Zitat aus den Statuten weitgehend selbst erklären kann:§ 15: OTELO<br />

Gruppe<br />

(1) Eine sogenannte „OTELO Gruppe“ ist ein unbefristetes Vereinsorgan, das gemäß dem<br />

Vereinszweck zu bestimmten Sachbereichen, Projekten und Aufgabengebieten auf Beschluss des<br />

Vorstands gegründet oder aufgenommen werden kann.<br />

(2) Die Bezeichnungen „Projektgruppe“, „Nest“ oder „Node“ sind für die „OTELO Gruppe“ zulässig.<br />

(3) Die „OTELO Gruppe“ setzt sich aus „OTELO Mitgliedern“ zusammen, die im jeweiligen Sachgebiet<br />

arbeiten. Diese „OTELO Gruppenmitglieder“ können über ihre internen Entscheidungsstrukturen<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

64


selbst bestimmen, wobei stets alle anwesenden „OTELO Gruppenmitglieder“ stimmberechtigt sind.<br />

Die Teilnahme von Gästen ist ausdrücklich erwünscht, deren Stimmrecht ist am Beginn des jeweiligen<br />

Treffens zu klären. Die Bezeichnung „Nodemitglied“ für „OTELO Gruppenmitglieder“ ist zulässig.<br />

(4) Die „OTELO Gruppe“ ist verpflichtet, gegenüber dem Vorstand eine Ansprechperson zu nennen.<br />

Die Bezeichnungen „Nodesprecher/in“, „Key-Node-Speaker“ und „Projektleiter/in“ sind je nach<br />

Sachverhalt zulässig. Diese besagte Person hat das Recht, mit beratender Stimme bei<br />

Vorstandssitzungen teilzunehmen, sofern sie nicht ohnehin in selbigem Mitglied ist.<br />

(5) Die „OTELO Gruppe“ arbeitet im Rahmen ihres Sachbereiches selbstständig und unabhängig.<br />

Entscheidungen, die über das jeweilige Sachgebiet hinaus den gesamten Verein betreffen oder<br />

möglicherweise die Vereinsgeschäfte als Ganzes beeinflussen, bedürfen einer Genehmigung durch<br />

den Vorstand.<br />

(6) Die „OTELO Gruppe“ nutzt die vom Verein zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten an einem<br />

Standort und kann auf die vorgesehene Infrastruktur zurückgreifen. Die „OTELO Gruppe“ hat das<br />

Recht über Arbeitsabläufe und den Raumzugang in ihrem Sachbereich selbst zu entscheiden.<br />

(7) Für die „OTELO Gruppe“ gelten die Bestimmungen des § 11 Abs. 3 bis 10 sinngemäß.<br />

Nachdem wir jetzt die Grundstruktur und die dahinter liegenden Überlegungen dargestellt haben,<br />

können wir nun das konkrete OTELO Organisationsmodell – inklusive weiteren Modi aus der Praxis -<br />

beschreiben:<br />

Der Verein übernimmt die Trägerschaft für Standort, Nodes und Projekte.<br />

Die jährliche Generalversammlung entscheidet über relevante Entwicklungen und<br />

Aktivitäten; stimmberechtigt sind im Sinne eines möglichst niederschwelligen Zugangs alle<br />

aktiven NodebenutzerInnen – wobei diese kongruent über ihr Engagement via Vorstand<br />

aufgenommen werden. Als Richtwert für das „Aktivsein“ wird eine Nodebenutzung<br />

mindestens einmal im Monat und darüber hinaus die Teilnahme an einer OTELO<br />

Veranstaltung im Jahr angenommen.<br />

Der von der Generalversammlung gewählte Vorstand trifft sich mindestens alle zwei Monate<br />

und lädt dazu auch die „Node-Speaker“ als beratende Mitglieder ein. Er nimmt „Nodes“ auf,<br />

gründet „Projektgruppen“ und kümmert sich primär um alle finanziellen, strategischen und<br />

operativen Agenden („operativer Vorstand“).<br />

Die Nodes an einem Standort rufen mindestens zweimal pro Jahr ein Standorttreffen ein, wo<br />

im Sinne der eigenen Autonomie und als Entlastung des Vorstands, alle standortspezifischen<br />

Agenden behandelt werden. Darunter fallen insbesondere Fragen zur Infrastruktur,<br />

Reinigung und zum Veranstaltungsprogramm. Dieses Standorttreffen kann im formalen Sinne<br />

der Statuten als „OTELO Gruppe“ an „OTELO Gruppen“ (Nodes) verstanden werden, wobei<br />

die Kopplung mit dem Vorstand ohnehin durch die Vorstandsmitglieder selbst und durch die<br />

„Node-Speaker“ gewährleistet ist.<br />

Dieser Aufbau entspricht dem OTELO Standardmodell. Um das Verhältnis zwischen Vorstand und<br />

Standorttreffen zu verdeutlichen, ein kurzes Beispiel: Nehmen wir an, der Vorstand eines OTELO<br />

Standortvereins an einem Standort beschließt, dass die Gemeinschaftsräumlichkeiten einmal pro<br />

Woche gereinigt werden sollen. Welches Node wann was übernimmt, wird dann nicht direkt im<br />

Vorstand, sondern eben beim Standorttreffen untereinander ausgemacht.<br />

Allerdings gibt es gute Gründe, in der Praxis dieses Standardmodell „ein Verein pro Standort“ zu<br />

adaptieren und stattdessen mehrere Standorte unter einem Dach zusammenzufassen. Beispielsweise<br />

dann, wenn in einer Region zwei oder mehrere Standorte entstehen, weil eine geographische Nähe<br />

besteht und der bürokratische Vereinsaufwand minimal gehalten werden will. Oder aber, wenn<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

65


vorübergehend die Trägerschaft für andere, in der Gründung befindende Standorte in einer anderen<br />

Region übernommen wird. Tritt dieser Spezialfall ein (wie beispielsweise beim OTELO<br />

Salzkammergut) empfiehlt es sich, folgende Adaptionen vorzunehmen:<br />

Die Treffen des Vorstands finden abwechselnd an den Standorten statt.<br />

Der Arbeitsfokus des Vorstands liegt im Gegensatz zum oben beschriebenen Standardmodell<br />

primär auf finanziellen und strategischen Agenden („strategischer Vorstand“), die operative<br />

Ebene wird stattdessen weitgehend an die neuen Standortteams delegiert.<br />

Pro Standort wird ein solches Standortteam beim Standorttreffen bestimmt, welches sich um<br />

die Umsetzung der beim Standorttreffen beschlossenen Punkte kümmert. Dabei besteht<br />

dieses Standortteam aus fünf Personen (vgl. Magic 5), wobei jede davon einen besonderen<br />

Fokus auf folgende Bereiche beziehungsweise Aufgaben hat: Kontaktperson nach außen<br />

(Verwaltung einer Standort-Emailadresse), standortinterne Kommunikation (Einladen zu<br />

Standorttreffen, Verwalten von Emailadressen und Node-Mitgliederlisten), Infrastruktur<br />

(Hausmeister/in), Medienarbeit und Veranstaltungsprogramm. Handelt es sich um einen neu<br />

zu gründenden Standort, so kümmert sich diese „Standortgruppe“ außerdem um den<br />

Standortaufbau und damit verknüpfte Agenden. Wird ein neuer Standortverein gegründet,<br />

so kann dieses Team quasi in einen Vorstand übergehen (womit wieder das Standardmodell<br />

gegeben wäre).<br />

Abschließend wagen wir an dieser Stelle noch einen Ausblick. Ein Ausblick welcher auf der Annahme<br />

fußt, dass speziell im Hinblick auf die Kooperation mit NANK – Neue Arbeit, Neue Kultur und damit<br />

verknüpften, neuen Arbeitsmodellen grundsätzliche Erweiterungen des bestehenden Modells<br />

erforderlich werden. In welche Richtung diese Erweiterungen zukünftig gehen könnten, wird mit<br />

diesem Zitat von Prof. Frithjof Bergmann sichtbar: „Wir wollten jedoch nicht dilettantisch<br />

herumspielen, sondern mit entschlossenem Wagemut ein ernsthaftes wirtschaftliches Interesse<br />

umsetzen. Entscheidend war für uns die Reduzierung der Abhängigkeit von Lohnarbeit, das<br />

Ausbrechen aus dieser Knechtschaft. Wir wollten hier eine Ebene erreichen, die in dieser Hinsicht eine<br />

deutliche Veränderung zeigt, die es einem Menschen also erlaubt, seine Lohnarbeit um ein Drittel<br />

oder die Hälfte zu reduzieren, indem er sie auf angenehme Weise mit einer selbstversorgenden oder<br />

eigenproduzierten Arbeit ausbalanciert.“ 11<br />

Wie schon weiter oben angedeutet wird ersichtlich, dass die Vereinbarkeit mit einem auf<br />

Gemeinnützigkeit ausgerichteten Verein an ihre Grenzen stößt. Dies bedeutet, dass es neben dem<br />

OTELO Verein als demokratische Basis für Nodes, Standorte und kleinere Projekte („Community<br />

Building“) einen geeigneten, zusätzlichen Rahmen für dieses ernsthafte, wirtschaftliche Interesse<br />

braucht (z.B. das oben beschriebene Genossenschaftsmodell). Mit diesem Modell können<br />

beispielsweise folgende Szenarien weiterverfolgt werden:<br />

OTELO Projekte spielen bereits jetzt eine große Rolle und wir gehen an dieser Stelle davon<br />

aus, dass Anzahl, Volumen und geographischer Radius von OTELO Groß-Projekten auch<br />

zukünftig zunehmen werden. Dies allein hat auf die Gemeinnützigkeit freilich noch keine<br />

Auswirkung, allerdings stellt sich einerseits die Frage, inwieweit ein ehrenamtlicher<br />

Vereinsvorstand im Hinblick auf seine Verantwortlichkeit größere Projekte tragen bzw.<br />

überblicken kann und will. Andererseits bietet dieser Bereich für hauptamtliche<br />

MitarbeiterInnen die Chance, so genannte Entrepreneur-Modelle („unselbstständig<br />

selbstständig“) zu entwickeln und zu erproben. Hierbei scheint es also äußerst sinnig, der<br />

projektorientierten Weiterentwicklung und Verbreitung der OTELO Idee mittelfristig einen<br />

eigenen, juristischen Rahmen einzurichten. Hier bietet sich daher auch im Hinblick auf<br />

Haftungs- und Steuerangelegenheiten eine Genossenschaft geradezu an. In diesem Fall wäre<br />

11 Bergmann, Frithjof (2004): Neue Arbeit, Neue Kultur. Freiamt im Schwarzwald: Arbor Verlag, 24<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

66


es naheliegend, dass OTELO Standortvereine als Mitglieder auftreten können und damit auch<br />

strukturell eine Kopplung zwischen diesen beiden Systemen gewährleistet bleibt.<br />

Ein weiteres Szenario wäre im Sinne von NANK der Bereich „Community Production“ auf<br />

Basis von innovativen Genossenschaftsmodellen. Genossenschaften haben hierzulande<br />

bisweilen ein verstaubtes Image, was wohl auch an ihrer Unsichtbarkeit (z.B.<br />

Wassergenossenschaften) oder ihrer tendenziellen Zweckentfremdung (z.B.<br />

„systemrelevante“ Banken) liegt. Dabei ist die Nachfrage nach Genossenschaften im<br />

deutschsprachigen Raum gerade stark im Wachsen begriffen, wie sich aufgrund ihrer<br />

Neugründungen ablesen lässt 12 . Denn im Gegensatz zum Vereinszweck, zielen<br />

Genossenschaften laut GenG auf die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft seiner<br />

Mitglieder ab. Gewissermaßen bieten Genossenschaften damit einen juristischen Rahmen,<br />

der demokratische Mitbestimmung und Wirtschaften verknüpft und von daher für OTELO<br />

besonders spannend sein könnte: vor allem dann, wenn eine Gruppe an OTELO Mitglieder<br />

gemeinsam eine Produktionsstätte – beispielsweise im Lebensmittel- oder 3D-Printerbereich<br />

- anschaffen möchte, die aufgrund ihrer Möglichkeiten und Kosten über die OTELO<br />

Basisinfrastruktur hinausgeht. Damit könnte diese Gruppe gemeinschaftlich wirtschaften,<br />

indem sie Produkte herstellt, verkauft und sich den Gewinn untereinander aufteilt. Dieses<br />

Modell wird (wie weiter oben beschreiben) aktuell favorisiert.<br />

Die aktuellen Beispielstatuten befinden sich im Anhang!<br />

12 Vgl. Schütt, Asmus (2010): Genossenschaften in bisherigen Leistungsbereichen der kommunalen Wirtschaft. In: Münkner<br />

H-H. / Ringle, G. (Hg): Neue Genossenschaften und innovative Aktionsfelder. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft<br />

K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />

67


6) Rahmenbedingungen – Hard Facts<br />

Standort<br />

Wenn das Standortteam gegründet wurde, geht es im nächsten Schritt meistens um die Suche nach<br />

einem geeigneten OTELO Standort. Aus der bisherigen Entwicklung der Entwicklung der Standorte<br />

können folgende Kriterien als Basis für die Entwicklung eines OTELO-Standortes herangezogen<br />

werden:<br />

Öffentlich Erreichbarkeit<br />

Damit aus Mobilitätsgründen keine Zugangsbeschränkungen aufgebaut werden ist die gute<br />

Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine der Grundbedingungen für einen OTELO-<br />

Standort. Besonders die jüngeren NutzerInnen, aber auch SeniorInnen sind oft auf öffentliche<br />

Verkehrsmittel angewiesen. Zusätzlich ermöglicht die öffentliche Erreichbarkeit einen besseren<br />

Austausch unter den Standorten.<br />

Zentrumsnahe<br />

Bei den bisherigen Standorten konnte beobachtet werden, dass eine Lage im Zentrum das<br />

Nutzungsverhalten sehr positiv beeinflusst. Z.B. in Ottensheim ist das OTELO direkt am Marktplatz im<br />

alten Amtshaus untergebracht und kann dadurch auch gezielt Angebote setzen, wenn Markttag ist.<br />

Damit verbunden ist auch der OTELO-Tag, wo JedEr sich das OTELO ansehen und mit einer OTELO-<br />

InsiderIn sprechen kann. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass OTELO Anknüpfungspunkte an<br />

öffentliche Plätze oder auch Schulzentren,… hat, damit keine räumliche Isolation entsteht. Wenn der<br />

Standort im Zentrum gefunden ist, sollte das nächste Kriterium beachtet werden:<br />

Sichtbarkeit<br />

Ein einladender Raum ist auch sichtbar, damit die einladende Wirkung spürbar wird. Bei der Wahl<br />

des Gebäudes ist es deshalb wichtig, dass OTELO sich sichtbar positionieren kann. Damit soll auch der<br />

offene Charakter ausgedrückt werden. Beispielsweise ist das OTELO Vöcklabruck direkt am Bahnhof<br />

in einem schönen Altstadthaus untergebracht. Vor dem OTELO wurde eine Videowall positioniert,<br />

um aktuelle Infos zu verbreiten. Der Standort liegt in unmittelbarer Nähe zum Schulzentrum und hat<br />

neben dem Standort auch einen Pendlerparkplatz. Gegenüber ist der Bahnhof, der seit der<br />

Aufwertung zur Intercity-Haltestelle sehr gut frequentiert ist. Hier erreicht OTELO ein sehr hohes<br />

Maß an Sichtbarkeit. In Kirchdorf entsteht die Sichtbarkeit aufgrund der räumlichen Kooperation mit<br />

dem Radiostudio B138 und dem 16A-Integrationshaus. Damit wird OTELO für viele Menschen<br />

wahrnehmbar.<br />

Offene Räume<br />

Das Gegenteil von offenen Räumen wären Räume mit Zugangsbeschränkung und komplett gefüllte<br />

Zimmer – so richtig fertig und professionell. Dann noch eine schön teure Mitgliedschaft dazu, damit<br />

das auch wirklich übersichtlich (elitär) bleibt… Das ist NICHT der OTELO Zugang! Damit die Räume<br />

offen sind und auch so wahrgenommen werden, braucht es in einem OTELO neben einem sehr<br />

gemütlichen Gemeinschaftsraum mit Küche, einem Raum für Workshops und einer (zumindest)<br />

kleinen Gemeinschaftswerkstatt auch leere Räume. Diese Räume sollen leicht zugänglich sein. Wenn<br />

K Rahmenbedingungen – Hard Facts<br />

68


sie als Nodes verwendet werden, sollte es auch möglich sein sie abzusperren. Zumindest drei Nodes<br />

sollten bei der OTELO Gründung möglich sein. Idealerweise kann ein Gebäude Stockwerkweise<br />

besiedelt werden, damit klein begonnen werden kann, aber eine Erweiterungsmöglichkeit besteht.<br />

Wichtig ist es aus unserer Sicht auch den Wert eines Frei(en) Raumes zu thematisieren, damit das<br />

Gefühl von Offenheit auch entstehen kann. Bei den Räumen sollte gewährleistet sein, dass sie<br />

verändert werden dürfen (Einbau einer Küche, farbliche Gestaltung,…).<br />

Zugänge ins OTELO<br />

Das Thema Zutritt wurde in den verschiedenen Standorten recht unterschiedlich gelöst. Die derzeit<br />

(kostenmäßig) beste Lösung erscheint die Schlüsselbox. Alle Mitglieder von OTELO Nodes können<br />

über einen Code jederzeit ins OTELO. Der Code wird regelmäßig geändert, um eine unkontrollierbare<br />

Weitergabe aus zu balancieren. Die Nodes haben eigene Schlüssel, oder eine eigene Schlüsselbox vor<br />

dem Node-Eingang. InteressentInnen können an den offenen Tagen das OTELO kennenlernen, oder<br />

sich direkt mit Personen aus den Nodes treffen. Sobald eine Gruppe Node-Status hat, bekommt sie<br />

auch den Zugangscode. Der Zugang ist nicht an finanzielle Beiträge gebunden!<br />

Mindestgröße von 250 m²<br />

Nach den bisherigen Erfahrungen kann ein OTELO Standort gut „gedeihen“ wenn mind. Ca 250m²<br />

Fläche am Beginn zur Verfügung stehen. Basis eines Standortes sollte der Aufenthaltsraum mit<br />

Küche, die Gemeinschaftswerkstätte,<br />

ein Raum für Workshops/Jam<br />

Sessions und mindesten 3 Räume, wo<br />

Nodes entstehen können. Die Nodes<br />

sind ein sehr zentraler Bestandteil<br />

des Konzeptes und müssen<br />

unbedingt vorgesehen werden. Die<br />

Node-Räume sollten mindesten 15m²<br />

Fläche bieten. Idealerweise besteht<br />

im Gebäude die Möglichkeit später<br />

weitere Räume dazu zu nehmen.<br />

Finanzierungsgrundlage<br />

Die Grundlage für ein OTELO sind leere Räume. Für den Basisbetrieb sollte das OTELO<br />

Fördermitgliedschaftsmodell in Verbindung mit privaten Leihgaben, Sachspenden und<br />

Sponsorenleistungen durch Betriebe gute Entwicklungsspielräume ermöglichen. Für inhaltliche<br />

Impulse sind natürlich auch Projekte förderlich. Bei Projekten unterscheiden wir noch einmal:<br />

private Projekte (Projekt, die von Personen aus dem OTELO Umfeld angestoßen werden)<br />

Förderprojekte (Projekte, die öffentliche Förderungen bekommen; mehrere Partner und Standorte<br />

können hier einbezogen werden)<br />

Kooperationsprojekte (Themenbezogene Projekte zwischen Nodes, Betrieben, Organisationen,…<br />

(ohne Förderung)<br />

interne Projekte: Projekte zur thematischen oder Organisatorischen Weiterentwicklung in den<br />

Standorten. Z.B. Weiterentwicklung der <strong>Otelo</strong>-Charta,…<br />

NODE-Projekte: Projekte, die von Nodes initiiert und getragen werden (eigenfinanziert)<br />

K Rahmenbedingungen – Hard Facts<br />

69


7) Lebendiges Netzwerk<br />

Community Building<br />

Die OTELO Community ist durch Vielfältigkeit charakterisiert, nicht homogen und je nach Standort<br />

sehr unterschiedlich geprägt – und das ist gut so. Verbunden wird die Community durch ein<br />

Selbstverständnis, welches in der OTELO Charta festgehalten wurde.<br />

Frau Raffaela Then von Ashoka beschreibt den Spagat, den die OTELO Community lebt, sehr schön in<br />

ihrer externen Betrachtung: „Der Einzelne hat bei OTELO die Freiheit, sich den Themen zu widmen,<br />

die ihn begeistern – dennoch wird von ihm die Bereitschaft zum Teilen erwartet. „Teilen“ kann bei<br />

OTELO vieles bedeuten: mitteilen, verteilen, beteiligen – all das gehört dazu und lässt sich vielleicht<br />

am besten mit dem englischen Begriff des „sharing“ subsumieren. Es geht darum, im Austausch zu<br />

bleiben und durch das gegenseitige Bereitstellen von Ressourcen neue Handlungsmöglichkeiten zu<br />

schaffen (sei es zwischen Einzelpersonen, zwischen den „Nodes“, zwischen OTELO Standorten oder<br />

im Austausch mit externen Partnern). „Sharing“ ist nicht Mittel zum Zweck, sondern<br />

„Organisationskultur“.<br />

Damit sich Ideen und Wissen durch „Sharing“ vervielfältigen können, braucht es Bindungen und<br />

Beziehungen zwischen Menschen, die wie ein Schmiermittel wirken. Es braucht Kommunikation und<br />

Interaktion, sowohl innerhalb der eigenen „kleinen Welt“ (Familie, Freundeskreis, Verein …) als auch<br />

zu Menschen außerhalb dieses engeren Kreises. Es braucht „Sozialkapital“.<br />

Der Begriff „Sozialkapital“ als soziologischer Fachbegriff wurde in der zweiten Hälfte des vorigen<br />

Jahrhunderts aus der Erkenntnis heraus geprägt, dass die sozialen Wirkkräfte für das Funktionieren<br />

von Gesellschaften ebenso bedeutsam sind wie das Finanzkapital der Wirtschaft und das<br />

Humankapital der Bildung. Der Begriff wurde in der soziologischen Theorie hauptsächlich von Pierre<br />

Bourdieu 13 und James S. Coleman 14 geprägt.<br />

„Sozialkapital“ ist die Summe derjenigen sozialen Bindungskräfte – von Liebe und Freundschaft bis<br />

zur Weltethik. Der Begriff umfasst Zusammenhalt und Zusammenarbeit in einer Gesellschaft,<br />

Solidarität und Gemeinsinn, sehr weit gegriffen: das Wesen und das Funktionieren von Gesellschaft<br />

überhaupt.<br />

Die Sozialkapital-Theorie unterscheidet drei Ebenen der Bindung:<br />

<br />

die Mikroebene der persönlichen Nahbeziehungen: enge persönliche Kooperation und<br />

gegenseitige Hilfe (Verwandtschaft, Freunde …)<br />

<br />

die Mesoebene der größeren Gruppen und Einheiten: organisierte Gemeinschaftsaktivitäten<br />

und Geselligkeit (erweiterter Bekanntenkreis, Organisationen, Vereine, Gruppen …)<br />

<br />

die Makroebene der nicht mehr durch persönlichen Kontakt verbundenen großen<br />

Sozietäten: höhere Ideale, Zugehörigkeiten, Identifikation mit der größeren Einheit<br />

(Religionsgemeinschaft, Wertegemeinschaften …)<br />

Außerdem ergibt sich Sozialkapital aus dem Zusammenspiel der beiden Hauptdimensionen<br />

„Bonding“ und „Bridging“. „Bonding“ meint die Bindung einer Gemeinschaft, einer Gruppe oder<br />

13 Bourdieu, Pierre (1983): Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital, Göttingen<br />

14 Coleman, James S. (1988): Social Capital in the Creation of Human Capital<br />

K Lebendiges Netzwerk<br />

70


einer Organisation nach innen, der Zusammenhalt in diesem „engeren Kreis“. „Bridging“ versteht den<br />

Brückenschlag über die jeweilige Gemeinschaft hinaus zu anderen Gruppen und Gemeinschaften,<br />

den „Fremden“. Entscheidend für die Steigerung des Sozialkapitals einer Gemeinschaft ist nicht die<br />

einseitige Stärkung des „Bondings“ oder des „Bridgings“, sondern immer die Beachtung und<br />

Belebung beider Dimensionen.<br />

Dieses gelebte Bridging und Bonding entscheidet sehr über die Stimmung in den einzelnen<br />

Standorten. Gibt es nur ein starkes „Bonding“ innerhalb des Nodes aber kein „Bridging“ zu den<br />

anderen Gruppen und Akteuren/innen von OTELO fehlt Stimmung und eine langdauernde<br />

Bereitschaft Mitzuwirken sinkt.<br />

Daher ist das Teilen – „Sharing“ so zentral verankert in den OTELOs und OTELO schafft bewusst<br />

Begegnungsräume für unterschiedliche Gruppen, ob durch Veranstaltunge oder<br />

Gemeinschaftsräume (KÜCHE!) – dadurch werden Verbindungen (die Brücken) vielfältiger und<br />

stabiler. In der Netzwerktheorie spricht man hier von stabilen Dreiecksbeziehungen.<br />

Netzwerke spielen in einer Situation zunehmender Unsicherheit und Unklarheit im Umgang mit<br />

komplexen Problemen und Herausforderungen eine wichtige Rolle für die „dezentrale“ Gewinnung<br />

und Vermittlung von Problemlösungen (Best/Good Practices). Die Zukunftsentwicklung ländlicher<br />

Regionen hängt auch vom Lernen in Netzwerken – vor allem dem Austausch von Wissen – ab. „Mit<br />

einem zielgerichteten Netzwerkaufbau kann das lokale und überregionale Sozialkapital gestärkt<br />

werden. Netzwerke verbinden Personen, Projekte und Organisationen. Sie unterstützen den<br />

Erfahrungsaustausch zwischen Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Interessensverbänden und<br />

BürgerInnen und tragen wesentlich zur Lernfähigkeit und Innovationskraft von Regionen bei“, so der<br />

Einleitungstext einer Publikation zum Thema Netzwerkkompetenz. 15<br />

Glücksfaktoren Neugier und Sozialkapital<br />

Neugier, die „Gier nach Neuem“ oder auch „Wissensdurst“ genannt, und Sozialkapital haben etwas<br />

gemeinsam, das sie unheimlich attraktiv macht: Beide machen – sofern man neuesten Forschungen<br />

Glauben schenken darf – glücklich! Man könnte sie daher auch als „Glücksfaktoren“ für Regionen<br />

bezeichnen.<br />

Die Zeitschrift „Psychologie Heute“ liefert für den Glücksfaktor „Neugier“ eine mögliche Erklärung:<br />

„... Aber was sind die Bedingungen fürs Glücklichsein, woraus setzt sich das heißbegehrte Gut<br />

zusammen? In einer neuen Studie fanden Forscher heraus, dass Neugier eine wichtige Komponente<br />

für das persönliche Wohlbefinden ist. Befragte mit dieser Eigenschaft waren nicht nur glücklicher,<br />

sondern auch psychisch stabiler, und sie fühlten sich in zwischenmenschlichen Beziehungen wohler.<br />

Wie die Forscher annehmen, könnte der Charakterzug Neugier nicht nur ein Indiz für ein hohes<br />

Glücksniveau sein, sondern den Betreffenden sogar noch zu weiterer Zufriedenheit verhelfen: Weil<br />

Neugier ein angenehmes Gefühl ist, das Menschen genießen, fühlen sich andere in Gegenwart von<br />

Neugierigen wahrscheinlich wohler, was letztere noch beliebter macht. ...“ 16<br />

15 Bauer-Wolf, Stefan u.a. (2008): Erfolgreich durch Netzwerkkompetenz, Handbuch für Regionalentwicklung, Wien<br />

16 Psychologie heute, Mai 2008, Seite 8<br />

K Lebendiges Netzwerk<br />

71


Beim Sozialkapital verhält es sich ähnlich: Aktuelle neurobiologische und soziologische Forschungen<br />

belegen, dass der Kern menschlicher Motivation in gelingenden sozialen Beziehungen liegt. Das<br />

Miteinander macht glücklich und gesund. 17<br />

Die Attraktivität von „Neugier“ und hohem Sozialkapital stellt bei entsprechender Kommunikation<br />

letztendlich auch einen wichtigen Motivationsfaktor für die Community und den Netzwerkaufbau in<br />

OTELOs dar. Ganz nach dem Motto: „Neugierige Menschen im OTELO sind glückliche Menschen!“<br />

OTELO Public Jump<br />

"Wenn du sie nicht überzeugen kannst, verwirr' sie!" (Garfield)<br />

Die Wortkreation „Public Jump“ verrät freilich schon, worum es in diesem Kapitel geht: Information,<br />

Kommunikation und Medien! Aber wir wollen uns an dieser Stelle aus gutem Grund nicht in diesen<br />

abstrakten Gedankengebäuden verzetteln, sondern im Sinne dieser Publikation den riesigen<br />

Themenkomplex stark reduzieren und dafür ein praxisorientiertes OTELO Tool-Kit für den Sprung in<br />

die Öffentlichkeit zusammenstellen. Gleichzeitig hat dieser Werkzeugkoffer neben dem öffentlichen<br />

Fach auch noch weitere: nämlich interne Kommunikation und Veranstaltungen. Letztere werden in<br />

einem eigenen Kapitel dargestellt und es macht durchaus Sinn, auch die anderen Fächer getrennt zu<br />

behandeln – selbst wenn sie in der Praxis freilich eng verwoben sind. Um etwaigen<br />

Missverständnissen vorzubeugen, möchten wir darauf hinweisen, dass dieser Werkzeugkoffer<br />

speziell auf OTELO abgestimmt ist. Es geht explizit darum aufzuzeigen, welche Werkzeuge OTELO wie<br />

und warum verwendet.<br />

Nach dieser Orientierung können wir die Öffentlichkeitsarbeit von OTELO grundsätzlich als „Cross-<br />

Media-Publishing“ beschreiben – also das gezielte Veröffentlichen und Streuen ausgewählter Inhalte<br />

mithilfe eines bestimmten Medien-Mix. Hierfür sind die Möglichkeiten freilich äußerst vielfältig,<br />

weswegen wir sie für die weitere Darstellung zuerst in drei verschiedene, grob sortierte Zugänge<br />

bündeln. OTELO bedient Printmedien, experimentiert mit neuen Medien und produziert Freie<br />

Medien. Weil diese Begriffe gemeinhin unterschiedlich gebraucht werden, stellen wir ihre hier<br />

verwendete Bedeutung kurz vor:<br />

Printmedien: Hier ist die klassische Pressearbeit gemeint. Das regelmäßige Verfassen von<br />

Medienaussendungen ist ein wesentlicher Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit. Daneben<br />

fallen in diesen Bereich auch eigene Drucksorten.<br />

Freie Medien: Freie Medien charakterisieren sich durch ihre Unabhängigkeit, Werbefreiheit<br />

und den offenen Zugang - „be the media“ lautet das Motto. Damit bilden sie neben<br />

öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen Medien eine dritte, eigenständige Säule in<br />

der Medienlandschaft. Freie Medien und die OTELO Idee bieten zahlreiche fruchtbare<br />

Synergien (Stichwort „Community Building“), weswegen OTELO auch die Kooperation mit<br />

Freien Radios und dorftv sucht. Verwandt mit der Idee der Freien Medien ist jene von Freier<br />

Software, oder allgemeiner: Open Source. OTELO greift bevorzugt diese Philosophie der<br />

offenen Quellen und Gemeingüter auf.<br />

17 Vgl. Büro für Zukunftsfragen, Publikation Sozialkapital, Bregenz 2008<br />

K Lebendiges Netzwerk<br />

72


Neue Medien: Hier ist die schier endlose Welt der Möglichkeiten im Internet gemeint.<br />

Einerseits als Medium und Infrastruktur im klassischen Sinne, andererseits zunehmend auch<br />

als interaktiver, dynamischer und ausgelagerter „Raum“ (Web 2.0.) und damit als<br />

Voraussetzung für kollaboratives Handeln (Social Media). Speziell neue Medien sind durch<br />

ihren partizipativen Charakter und ihre Einsatzmöglichkeiten für OTELO besonders<br />

interessant und die Auseinandersetzung mit ihnen würde weit mehr Raum gebühren als an<br />

dieser Stelle möglich. Darum möchten wir eine Leseempfehlung für das Handbuch „Soziale<br />

Bewegungen und Social Media (#sbsm)“ aussprechen. Diese Publikation wird dem<br />

umfangreichen Thema durch ihren partizipativen Charakter und den vielfältigsten Zugängen<br />

gerecht – sie ermöglicht einen praxisorientierten Einstieg in die Welt des Web 2.0 abseits<br />

kommerzieller Interessen. Außerdem wurde das Buch wie dieses unter Creative Commons<br />

veröffentlicht und alle Artikel können auf der Homepage www.sozialebewegungen.org<br />

nachgelesen werden.<br />

Diese grundlegenden Zugänge bilden die Basis für unsere Medienarchitektur, die wir im Folgenden<br />

vorstellen werden. Wir beginnen mit dem Bereich „Public Jump“:<br />

Homepage (www.otelo.or.at): Die Homepage bildet gewissermaßen als zentrale<br />

Anlaufstelle im Internet den Dreh- und Angelpunkt von OTELO. Sie ging kurz nach der<br />

Logoentwicklung im Februar 2010 online und basiert auf der Open Source-Software<br />

und Content-Management-System (CMS) Typo3. Damit wird ermöglicht, dass<br />

mehrere RedakteurInnen ihre Inhalte publizieren können – was angesichts des<br />

OTELO Konnektivs (vgl.) unabdingbare Voraussetzung war. Die Homepage ist für<br />

mehrere Standorte und ihre Nodes ausgerichtet, damit von dort aus auf alle<br />

relevanten Informationen zu OTELO zugegriffen werden kann. Der Schwerpunkt liegt<br />

auf der Darstellung des Programms, der Neuigkeiten und der Social-Media-Kanäle,<br />

weswegen diese Bereiche auch prominent auf der Startseite zu finden sind. Über das<br />

Menü sind die grundsätzlichen OTELO Informationen wie beispielsweise das Konzept,<br />

das Werknetz oder Netzwerk angeordnet.<br />

Facebook-Seite (http://www.facebook.com/otelos): Die weltumspannende Internetinsel ist<br />

schon alleine aufgrund ihrer großen NutzerInnenanzahl von Bedeutung und dient<br />

gewissermaßen als weiterer Knotenpunkt, speziell für SymphatisantInnen eine relativ<br />

unverbindliche Andockmöglichkeit. Die OTELO Seite wird verwendet um Informationen von<br />

der Homepage, Fotos und Videos zu verlinken, Workshops zu bewerben oder um Feedback<br />

von der Community einzuholen beziehungsweise darauf einzugehen.<br />

Twitteraccount (@otelos): Twitter ist wohl eines der spannendsten Kommunikations-<br />

Werkzeuge überhaupt und spielt seine ganze Stärke beim gebündelten „Weiterzwitschern“<br />

von Informationen und Nachrichten aus. OTELO hat beispielsweise die Barcamps mit Twitter<br />

besonders intensiv begleitet. Gleichzeitig ermöglicht dieses Medium auf schlichte Art,<br />

spezielle Themen in Echtzeit zu verfolgen. Das macht Twitter auch für Nodes interessant, sich<br />

mit fachspezifischen Medien, Blogs oder anderen Do-it-yourself-AktivistInnen zu vernetzen.<br />

Mediendatenbanken Flickr (www.flickr.com/photos/otelos) und Youtube (OTELO -<br />

YouTube): Bilder und Videos spielen bekanntlich eine große Rolle. OTELO nutzt seinen<br />

K Lebendiges Netzwerk<br />

73


Flickraccount um dort alle Fotoalben aus dem OTELO Universum zu sammeln und via<br />

Creative Commons zur Verfügung zu stellen. Auf Youtube werden eigene Videoproduktionen<br />

veröffentlicht.<br />

Newsletter: Mithilfe der Mailinglisten-Software „Mailman“ betreibt OTELO den monatlichen<br />

Newsletter „Postelo“. Obwohl Newsletter ihre alte Vormachtstellung längst verloren haben,<br />

ist ihre Wirkung für bestimmte Zielgruppen – beispielsweise Firmen oder<br />

KooperationspartnerInnen - nicht zu unterschätzen.<br />

Radiosendung: Aktuell gestalten die<br />

OTELO Radio-Nodes einmal monatlich eine<br />

Sendung im Freien Radio Salzkammergut<br />

und im Kirchdorfer Radio B138. Darüber<br />

hinaus sind vom Video-Node regelmäßige<br />

Beiträge auf dorftv geplant.<br />

Pressearbeit: Insbesondere für Programm-<br />

Ankündigungen und den Informationsfluss<br />

in Richtung Politik und Wirtschaft spielen<br />

lokale Printmedien eine große Rolle.<br />

OTELO verfasst und verschickt<br />

regelmäßige Medienaussendung und<br />

vergisst dabei nicht auf Onlinekalender<br />

oder Internetzeitungen.<br />

Drucksorten: OTELO druckt für das regelmäßige Workshopprogramm einen Folder in<br />

Hosentaschenformat, auf dessen Rückseite alle Termine auf einem Blick einsehbar sind.<br />

Diese Folder werden an öffentlichen Plätzen – speziell in Schulen – verteilt. Weiters wurde<br />

ein Imagefolder für Veranstaltungen und Sponsoring-Gespräche produziert und darüber<br />

hinaus OTELO Sticker, Banner und T-Shirts hergestellt.<br />

Damit hätten wir die wesentlichen Werkzeuge für unsere Medienarchitektur dargestellt. Diese ähnelt<br />

in ihrer Zusammensetzung freilich jenen anderer Organisationen, entscheidend ist im Endeffekt aber<br />

mit welchem Konzept sie bespielt werden. Schließlich haben wir hier es mit klassischen Infokanälen,<br />

aber auch mit Schnittstellen in beide Richtungen mit jeweils unterschiedlichen Eigenlogiken zu tun.<br />

Deswegen sind vorgefertigte Rezepte fehl am Platz und das Credo lautet stattdessen: Ausprobieren,<br />

für eigene Bedürfnisse anpassen und aus Fehlern lernen!<br />

K Lebendiges Netzwerk<br />

74


Die oben genannten Tools stellt der Verein grundsätzlich allen Standorten und Nodes als<br />

Grundstruktur zur Verfügung, speziell das dezentrale, gemeinsame Füttern der Homepage und<br />

Medienplattformen mit Inhalt bietet sich an. Gleichzeitig stellt sich die Frage: wer nimmt sich dem<br />

überhaupt an? Angesichts der heterogenen Struktur würde es bei mehreren Standorten dem OTELO<br />

Konzept widersprechen und es wäre auch unsinnig, bloß eine Person mit der Medienarbeit zu<br />

betrauen. Idealerweise gibt es pro Standort mindestens eine Person (vgl. Standortteam), welche sich<br />

schwerpunktmäßig um die gemeinsamen Infokanäle (Stichwort: Homepage) kümmert, sich<br />

diesbezüglich auch mit den anderen Standorten abstimmt und standorteigene Nodes bei ihrer<br />

Medienarbeit unterstützt. Angesichts regionaler Gegebenheiten und der Möglichkeit einen eigenen<br />

Stil auszuprägen, macht es für Standorte durchaus Sinn, beispielsweise eine eigene Facebook-Seite,<br />

einen Newsletter und eigene Pressearbeit zu betreiben. Speziell für fachspezifische Nodes könnte ein<br />

eigener Blog (Beispiel: Ogg-Streamer) oder Twitteraccount von Interesse sein.<br />

Wenden wir uns nun dem zweiten Teil dieses Kapitels, dem Werkzeugfach „interne<br />

Kommunikation“ zu. Grundsätzlich sind hiermit die Infokanäle zwischen Standorte,<br />

Nodes und Projekten gemeint. Diese funktionieren auf der Standortebene vor allem<br />

auch durch informellen Austausch vor Ort, Arbeitstreffen und Veranstaltungsformate<br />

gut – die große Herausforderung sind die Infokanäle zwischen mehreren Standorten<br />

und Projekten. Um es systemisch auszudrücken: es geht um Kopplungen zwischen<br />

den autonomen, eigengesteuerten OTELO Subsystemen. Die Kommunikation<br />

zwischen ihnen ist daher – in Anlehnung an Luhmann – unwahrscheinlich. Für das<br />

OTELO Konnektiv (vgl.) und seine gemeinsame (!) Weiterentwicklung ist folglich<br />

regelmäßiger Informationsfluss unabdingbar. An dieser Stelle sollen vier Werkzeuge<br />

hierfür vorgestellt werden:<br />

Infomail: Gewissermaßen ein interner Newsletter, der einmal im Monat alle Projekt-,<br />

Vorstands- und Standortgruppen gegenseitig mit Kurzinfos über die laufende Arbeit und<br />

Andockmöglichkeiten informiert. Damit dient es als umfassendes Update und als<br />

Prozessdoku zugleich, seine Erstellung benötigt aber ausreichend Ressourcen. Neben<br />

Infomail und Postelo, sind Mailinglisten generell ein sehr wichtiges Medium und werden von<br />

Nodes, Standorten und Projekten gleichermaßen eingesetzt.<br />

Forum: So praktisch Mailinglisten auch sein mögen, bei Diskussionen, größeren Projekten<br />

oder informellen Austausch stoßen sie auf ihre Grenzen, werden unübersichtlich oder gar als<br />

Spam wahrgenommen. Darum hat sich OTELO ein Board auf www.freieszene.org<br />

eingerichtet, um speziell der standortbezogenen Kommunikationen zwischen Nodes einen<br />

virtuellen Raum zu ermöglichen.<br />

Wiki: Diese Open Source-Software ist vor allem durch ihr größtes Einsatzgebiet „Wikipedia“<br />

bekannt und wird von OTELO vor allem für Archivzwecke genutzt.<br />

Dropbox: Ist ein Webdienst, der ein Netzwerk-Dateisystem für die Synchronisation von<br />

Dateien zwischen verschiedenen Rechnern und Benutzern bereitstellt und damit gleichzeitig<br />

eine Online-Datensicherung (Cloud) ermöglicht. Verwendet wird Dropbox als gemeinsamer<br />

virtueller Server der OTELOs und bewährt sich in der Projektarbeit. Zugangsrechte erhält<br />

man durch Einladungen.<br />

https://www.dropbox.com/<br />

K Lebendiges Netzwerk<br />

75


Lebendiges, offenes OTELO (OTELO Services)<br />

Partizipative Veranstaltungsformate<br />

„Wenn zwei Knaben jeder einen Apfel haben und sie diese Äpfel tauschen, hat am Ende auch nur jeder<br />

einen. Wenn aber zwei Menschen je einen Gedanken haben und diese tauschen, hat am Ende jeder<br />

zwei neue Gedanken“ (Platon)<br />

Rufen wir uns einleitend die OTELO Grundphilosophie in Erinnerung: Sie lautet, dass nichts<br />

Funktionierendes oder Verwertbares entstehen muss. Es geht darum, sich mit den Themenbereichen<br />

- beispielsweise Naturwissenschaften, technische Innovationen oder digitale Künste - grundsätzlich<br />

auf lustvolle, verspielte oder träumerische Weise zu beschäftigen, ohne jeglichen Druck, Zwängen<br />

oder Vorgaben ausgesetzt zu sein. Letztendlich sollen demnach soziale Begegnungen, Austausch und<br />

gemeinsam erlebte Inspirationen ermöglicht werden – der Grundstein für „Community Building“. Für<br />

die Realisierung dieser Idee in der Praxis, spielen freilich Nodes eine wesentliche Rolle. Gleichzeitig<br />

versuchen OTELO Standorte bzw. Vereine ihrerseits Impulse in diese Richtung zu setzen. Für diesen<br />

Zweck probiert, entwickelt und organisiert OTELO neue Veranstaltungsformate. Hiermit ist OTELO<br />

freilich nicht allein – darum soll hier in einem ersten Schritt kurz der inhaltliche Bezugsrahmen<br />

skizziert werden:<br />

Arbeit muss nicht nur als „milde Krankheit“ 18 erfahren werden, sondern kann auch eine lustvolle und<br />

sinnstiftende Wirkung erzielen. Diese sozialphilosophische These stammt von NANK - Neue Arbeit,<br />

Neue Kultur und stellt den ersten Anknüpfungspunkt dar. Der Zweite ist dem Ersten alles andere als<br />

unähnlich und wurde von Friebe und Lobo 2006 als „digitalen Bohéme“ bezeichnet. In ihrer<br />

Publikation „Wir nennen es Arbeit“ beschreiben sie diese „als Menschen, die sich dazu entschlossen<br />

haben, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, dabei die Segnungen der Technologie herzlich<br />

umarmen und die neusten Kommunikationstechnologien dazu nutzen, ihre Handlungsspielräume zu<br />

erweitern“ 19 . In der Tat bilden je nach Schwerpunktsetzung sinnvoll erlebte Beschäftigung, neue<br />

Technologien und Partizipationsmöglichkeiten die Bausteine für eine neue Kultur der<br />

Auseinandersetzung.<br />

Nach dieser knappen theoretischen Themenannäherung, stellt sich nun die Frage nach der<br />

Charakteristik darauf aufbauender Veranstaltungsformate. Genau diese wurde treffend in<br />

Publikation „Soziale Bewegungen und Social Media“ von Guido Brombach, Dieter Zirnig und<br />

Barcamp.at beschrieben. Darum übernehmen wir ganz im Sinne der Creative Commons-Idee<br />

dankend den ersten Teil ihres Beitrags:<br />

Wie können Veranstaltungen so organisiert werden, dass sich die begegnenden Menschen motiviert<br />

fühlen, ihr Wissen mit anderen zu teilen? Das Web 2.0 hat eine Kultur hervorgebracht, Menschen<br />

miteinander in Beziehung zu setzen, indem Gemeinsamkeiten über eine große Anzahl Beteiligter<br />

gesucht und gefunden werden. Die Aneignung von Wissen findet dann statt, wenn Menschen die<br />

Probleme ihres Alltags lösen müssen. Das häufig hoch spezialisierte Wissen weiterzugeben gelingt in<br />

Webforen, Blogs, den Facebook-Gruppen oder ganz allgemein in zahlreichen Communities im<br />

Internet. Seit geraumer Zeit sind Veranstaltungsformate zu beobachten, die die digitalen Pfade<br />

ergänzen und in der Kohlenstoffwelt face2face-Begegnungen hervorbringen. Socialbars, BarCamps,<br />

Twittwoche, Usergroups, “Web-Stammtische”, Hackerspaces: Die Namen sind zahlreich, die<br />

18 Vgl. Bergmann, Frithjof (2004): Neue Arbeit, Neue Kultur. Freiamt im Schwarzwald: Arbor Verlag, 13<br />

19 Vgl. Friebe, Holm/Lobo, Sascha (2006): Wir nennen es Arbeit. München: Wilhelm Heyne Verlag, 15<br />

K Lebendiges Netzwerk<br />

76


Veranstaltungskonzepte ebenso. die diesen Veranstaltungen gemeinsame Kultur ist geprägt von<br />

Ergebnisoffenheit, gleichrangiger Partizipation und Individualisierung.<br />

Die auf solchen Veranstaltungen zusammenkommenden Menschen sind geprägt durch die many-tomany-Kommunikation<br />

der digitalen Welt. Sie sind sowohl gestaltende als auch rezipierende Beteiligte<br />

in ihrer Community. ModeratorInnen haben strukturierende, systematisierende Aufgaben und<br />

enthalten sich der Einflussnahme auf Meinungsmache. Dort wo sich die Web 2.0-Kultur des<br />

Austausches bei Treffen, Versammlungen und Veranstaltungen herausgebildet hat, fühlen sich alle<br />

Beteiligten gleichermaßen für die Community und die gelebte Kultur verantwortlich. Sie leben und<br />

erleben die gegenseitige Wertschätzung ihrer eigenen Beiträge sowie der anderen Inputs.<br />

Veranstaltung mit Web 2.0-Kultur sind Trainingsräume für konstruktives Kritisieren, Feedback-<br />

Einholen und mit den Inputs der anderen Arbeiten. Der Austausch und die Weiterentwicklung von<br />

Wissen laufen selbstorganisiert und vielstimmig.<br />

Die in diesem Beitrag beschriebene Kultur schwingt in unterschiedlicher Intensität bei den OTELO<br />

Veranstaltungsformaten mit. Gleichzeitig ist bei OTELO schon von Konzeptwegen her die „Shared<br />

Office“ Idee sehr ausgeprägt, die von Friebe und Lobo wie folgt beschrieben wird: „Über die<br />

gemeinsame Nutzung der Infrastruktur hinaus haben diese kleinen Gemeinschaften oft den<br />

ausschließlichen Zweck, zur gleichen Zeit am gleichen Ort zu arbeiten. Willkommene<br />

Begleiterscheinungen sind gemeinsame Flow-Zustände bei der Arbeit, die erreicht werden, nur<br />

indem man sich am selben Ort gegenseitig mit der Begeisterung der Produktivität infiziert (…).“ 20 Bis<br />

dato wurden folgende Formate in der „Kohlenstoffwelt“ ausprobiert:<br />

OTELO Wochentag<br />

Der OTELO Wochentag ist eng mit Standorten verknüpft. Es geht darum, unabhängig von den<br />

Node-Aktivitäten oder sonstigen Terminen mindestens einmal in der Woche fixe<br />

Öffnungszeiten einzurichten. Damit wird die unkomplizierte Möglichkeit geschaffen, das<br />

gemeinsame Büro für Arbeiten zu nutzen oder einfach OTELO Menschen zu treffen. Damit<br />

belebt dieses „Shared Office“ zudem den Standort und ist ein bewährter „Türöffner“ für<br />

Interessierte.<br />

Vorgeschlagene Frequenz: einmal pro Woche<br />

Eine Besonderheit bietet das OTELO in Kirchdorf, welches einmal wöchentlich am Donnerstag<br />

zum gemeinsamen Kochen und Essen einlädt. So schmeckt „Community Building“ besonders<br />

lecker!<br />

OTELO 9to 5 Worknight<br />

Das Veranstaltungsformat „9to5 Worknight“ ist an einen Kongress der „digitalen Bohéme“<br />

angelehnt, wo mit dem Umkehren der Kernarbeitszeiten auf 21:00 bis 5:00 gewissermaßen<br />

zu einem temporären, lustvollen Ausbrechen aus dem Lohnarbeits-Korsett eingeladen wird.<br />

Es handelt sich um eine Mischung aus Party, Arbeit, Diskussion und Experiment.<br />

Die Nacht zum Tag machen. Dieses Format lädt ein sich die Nacht mit seinem Lieblingsthema<br />

„um die Ohren zu schlagen“. Gemeinsam mit Anderen beginnt um 21:00 Uhr das 9to5<br />

Frühstück. Anschließend wird an beliebigen Themen alleine oder gemeinsam gearbeitet.<br />

20 Friebe, Holm/Lobo, Sascha (2006): Wir nennen es Arbeit. München: Wilhelm Heyne Verlag, 155<br />

K Lebendiges Netzwerk<br />

77


Gegen Mitternacht wird gemeinsam gekocht und „Mittag“ gemacht. Danach geht’s weiter bis<br />

ca. 4 Uhr früh – es folgt noch ein kleines Abendessen vor der verdienten Morgenruhe.<br />

Vorgeschlagene Frequenz: zweimal pro Jahr<br />

OTELO Workshop und Session<br />

OTELO stellt auch hier seine Grundidee<br />

in den Vordergrund und konzipiert die<br />

Workshops so, dass die Angebote<br />

überwiegend kostenlos, ohne Druck<br />

oder Vorwissen kennengelernt werden<br />

können. Dabei steht das gemeinsame<br />

Schaffen auf Augenhöhe im<br />

Vordergrund, weswegen sie genauso<br />

gut als „Sessions“ beschrieben werden<br />

können.<br />

Vorgeschlagene Frequenz: ein- bis zweimal pro Monat<br />

http://www.otelo.or.at/programm/termine/<br />

OTELO Denk.Bar<br />

Die Denk.Bar könnte als kleine Barcamp-Schwester beschrieben werden, ist in erster Linie ein<br />

Austauschtreffen und trägt ihr Konzept im Namen: Denkbares in gemütlicher und offener<br />

Atmosphäre gemeinsam zu diskutieren, auszuhecken oder weiterzudenken – ohne<br />

Zielvorgaben oder Ergebnisdruck. Neben der thematisch völlig offenen Denk.Bar sind<br />

Termine zu einem bestimmten Themenaufriss gleichermaßen denkbar.<br />

Vorgeschlagene Frequenz: einmal pro Quartal<br />

OTELO BarCamps<br />

BarCamps können als Dreh- und Angelpunkt zahlreicher neuer Veranstaltungsformate<br />

angesehen werden, weswegen wir an dieser Stelle abschließend nochmal einen<br />

K Lebendiges Netzwerk<br />

78


ausführlichen Beitrag aus derselben #sbsm-Quelle übernehmen werden. Bisher hat OTELO<br />

zwei BarCamps initiiert, wobei zukünftig mindestens ein BarCamp pro Jahr angestrebt wird.<br />

A short history on BarCamps, die Veranstaltungen der Netizens:<br />

Der Begriff des «BarCamps» steht am bekanntesten für partizipative Veranstaltungen, wie sie<br />

durch die Netzkultur entwickelt wurden. BarCamps sind aus einer Abwandlung der<br />

sogenannten «FooCamps» hervorgegangen, die der einflussreiche “Tech-Guru” Tim O’Reilly<br />

seit 2003 jährlich abhält und “Friends of O’Reilly Camps” (FooCamp) nennt. O’Reillys<br />

Anspruch ist, HackerInnen, EntwicklerInnen neuer Technologien, VordenkerInnen und<br />

EvangelistInnen des Internets zusammenzubringen und bei einer Veranstaltung wie in<br />

einem Wiki zusammenarbeiten zu lassen. Da diese Camps in ihrer Anlage als “Un-<br />

Konferenzen” erfolgreich jedoch exklusiv sind – nur wer eingeladen ist kann teilnehmen –<br />

wird im Sommer 2005 von TeilnehmerInnen des FooCamps als Gegenentwurf ein erstes<br />

offenes BarCamp ausgerichtet.<br />

Das «Bar» in BarCamp steht dabei für “allgemein” beziehungsweise “offen” und leitet sich<br />

aus einem Element der Programmiersprache ab. Seit diesem ersten BarCamp in Palo Alto,<br />

Kalifornien, ist es Programm, dass BarCamps offen sind und «Jede/r sich auf die eine oder<br />

andere Weise einbringen muss». BarCamps sollen in jeder Hinsicht offen sein, sowohl was die<br />

diskutierten Inhalte, die Teilnehmenden als auch die Ergebnisse angeht. Aber sie haben<br />

natürlich einen Rahmen: sie entspringen der Netzkultur, werden über das Netz bekannt<br />

gemacht, widmen sich im weitesten Sinn Netzthemen und werden Teilnehmer_innen<br />

besucht, die viel mit dem Netz arbeiten. Sofort nach dem ersten BarCamp in Kalifornien<br />

treten das Veranstaltungskonzept und die damit einhergehende Kultur einen viralen<br />

Siegeszug um die Welt an.Da BarCamps aus der Netzkultur hervorgehen, stehen die<br />

übergeordneten Themen zumeist in einem Zusammenhang mit dem Netz, und neben den<br />

allgemein gehaltenen «BarCamps» als Treffen digitaler Kontakte in der “realen Welt” gibt es<br />

diverse Themencamps: PolitCamps, SocialCamps, DesignCamps, GenderCamps,<br />

OpenDataCamps etc.<br />

All diese BarCamps verzahnen die digitale mit der analogen Welt in jeder Hinsicht. Zuerst<br />

wird ein Pflock in Form der Bekanntmachung eines Ortes, des Datums und der<br />

Schwerpunktsetzung in die Erde geschlagen. Dann wird in Blogs, auf Twitter, Facebook und in<br />

den Soziale Netzwerke darüber geschrieben und dazu eingeladen. Und schließlich kann<br />

jede/r kommen und ein gewünschtes Thema anbieten, auf die Tagesordnung setzen und<br />

diskutieren. Die Kommunikation mit den Interessierten wird vor und nach den Un-<br />

Konferenzen fast nur digital abgewickelt. Auch auf der Veranstaltung selbst spielen Medien<br />

eine sehr wichtige Rolle. Sie dienen der Dokumentation der Veranstaltung und zu einem<br />

wesentlichen Teil der sozialen Vernetzung untereinander.<br />

BarCamps und die dem Veranstaltungsformat angelehnten Themencamps sind Treffpunkte,<br />

um den eigenen Horizont und das eigene Netzwerk zu erweitern. Deshalb haben solche<br />

Veranstaltungen in der Regel regionalen Charakter.<br />

http://www.barcamp.at/Was_ist_ein_BarCamp<br />

K Lebendiges Netzwerk<br />

79


OTELO offen für Schulen<br />

Gerne sind natürlich Schulklassen zu Gast in OTELOs, die sich der Herausforderung eines<br />

offenen Freiraums stellen wollen.<br />

Kooperationsveranstaltungen<br />

Der Standort kann sich natürlich auch an Kooperationsveranstaltungen wie z.B. der<br />

Montagsakademie, dem Ars Electronica Festival, Berufsinformationsmessen oder der Langen<br />

Nacht der Forschung und vieles beteiligen.<br />

Eine Darstellung von möglichen Anknüpfungspunkten für Kooperationen und Netzwerke:<br />

K Lebendiges Netzwerk<br />

80


8) Modell Know-how – International<br />

Im internationalen Vergleich gibt es einige, teilweise sehr ähnliche Konzepte, wie das von <strong>Otelo</strong>,<br />

aber, wie schon die allem vorausgegangene Machbarkeitsstudie 2009 klar dargestellt hat, gibt es kein<br />

vollkommen gleiches Projekt. Um die vorhandenen Unterschiede wie auch die Ähnlichkeiten<br />

aufzuzeigen folgt hier nun eine Auswahl an anderen Projekten.<br />

FabLab<br />

= Fabrikationslabor<br />

Ein FabLab stellt grundsätzlich moderne Produktionstechnologien, wie 3D-Drucker, CNC-Maschinen<br />

und Laser Cutter, und das notwendige Wissen über die Verwendung dieser Geräte für die Herstellung<br />

von Einzelstücken oder nicht mehr erhältlichen Ersatzteilen zur Verfügung.<br />

Die Idee stammt von Neil Gershenfeld am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und wurde<br />

dort im Jahre 2002 erstmals umgesetzt. Die Idee verbreitete sich schnell weltweit. Im<br />

deutschsprachigen Raum gibt es derzeit 11 FabLabs, darunter das „Happy Lab“ in Wien.<br />

Es gibt auch die sogenannten „Fab Charta“, eine Art Regelsammlung und Leitbild, welches ein FabLab<br />

erfüllen muss, um sich auch so nennen zu dürfen.<br />

http://www.happylab.at/<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/FabLab<br />

Hackerspace<br />

Ein Hackerspace ist ein offener Raum für, wie der Name schon sagt, Hacker, aber auch Interessierte<br />

an Technologie, Wissenschaft und digitaler Kunst.<br />

Meist setzen sich Hackerspaces für die Förderung der technischen Allgemeinbildung und typischen<br />

Hacker-Themen, wie Open Source und freie Hardware ein. Diese Themen variieren jedoch von<br />

Standort zu Standort sehr stark.<br />

Wichtig ist dabei die Bereitstellung der Infrastruktur wie Internet, Getränke, Strom und<br />

Netzwerkverbindungen, sowie das Abhalten von Workshops und das Weitergeben von Wissen.<br />

Teilweise gibt es auch Produktionsmaschinen; der Übergang zum FabLab ist fließend.<br />

In Österreich gibt es ein Hackerspace, das Metalab in Wien.<br />

Dort sind auf ca. 200m² verschiedenste Gruppierungen, wie der Chaos Computer Club (CCC) oder die<br />

Künstlergruppe Monochrom untergekommen.<br />

Finanziert wird das Ganze mit Hilfe des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit, der<br />

Stadt Wien und durch die Mitgliedsbeiträge.<br />

http://hackerspaces.org/wiki/<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Hackerspace<br />

https://metalab.at/<br />

K Modell Know-how – International<br />

81


Coworking<br />

Coworking heißt, dass sich Freiberufler, welche an verschiedensten Projekten bei unterschiedlichen<br />

Firmen arbeiten, in einem gemeinsamen Raum, dem „Coworking-Space“, zusammenschließen und<br />

sich gegenseitig unterstützen. Durch die große Vielfalt entsteht ein Nährboden für kreative Ideen und<br />

offene Innovationen.<br />

Coworking stellt die nötige Infrastruktur, wie Arbeitsplätze, Netzwerk, Drucker Fax, Internet usw., zur<br />

Verfügung und ermöglicht eine Gemeinschaft, welche durch gemeinsame Workshops und<br />

dergleichen gestärkt wird.<br />

http://www.coworking.de/<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Coworking<br />

Unperfekthaus in Essen<br />

Im Unperfekthaus (UpH) finden auf 4000m² Künstler, Gruppen und Gründer Räume, Technik, Bühnen<br />

und vieles mehr. Wenn man das gesamte Angebot nutzen möchte, empfiehlt es sich Mitglied zu<br />

werden gegen einen Mitgliedsbeitrag von 45€ pro Person und Quartal. Im Preis inbegriffen ist der<br />

Konsum von beliebig vielen alkoholfreien Getränken. Eigene Räume werden ab einer Nutzung von 40<br />

Stunden pro Woche ohne Zusatzkosten zur Verfügung gestellt. Wer durch seine Idee Geld verdient,<br />

muss keine Abgaben an das Haus zahlen. Bei Projekten ist alles erlaubt, was legal, kreativ und für die<br />

Öffentlichkeit interessant ist.<br />

Es geht darum, jedem die Möglichkeit zu geben, seinen Traum(job) auszuprobieren und vielleicht<br />

sogar schlussendlich selbstständig zu werden.<br />

Die Finanzierung läuft mit Hilfe des Restaurants und dem Hotel, welche sich auch im UpH befinden.<br />

Es wird darauf verzichtet, das Geld über staatliche Wege gehen zu lassen, sondern die Einnahmen<br />

werden intern wieder für Projekte verwendet.<br />

http://www.unperfekthaus.de/<br />

The HUB<br />

Das Leitbild von Hub ist einfach. Man ist der Meinung, dass es in unserer Welt nicht an Ideen mangelt<br />

sondern an Zusammenarbeit und unterstützenden Strukturen, um die Probleme der jetzigen Zeit zu<br />

lösen. Man versucht Räume zu schaffen, die das Beste aus einem Gründerzentrum, einem<br />

Innovationslabor und dem Komfort von zu Hause vereinen. Man stellt den Raum mit den benötigten<br />

Hilfsmitteln zur Verfügung und versucht damit Platz für innovative Zusammenarbeit zu schaffen.<br />

Die Idee hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet und ist bereits weltweit vertreten. Mittlerweile gibt es<br />

auch in Wien ein Hub. Verbunden sind alle Standorte durch das Hub-Netzwerk.<br />

In einem Hub zahlt man jedoch, je nach Art der Mitgliedschaft, zwischen 30 und 300€ monatlich.<br />

Man kann auch Meetingräume und Schreibtische für nur einen Tag mieten.<br />

http://www.the-hub.net/<br />

K Modell Know-how – International<br />

82


Betahaus<br />

Das Betahaus bietet, ähnlich wie The HUB, Büroräume und Arbeitsplätze in einem coworking space.<br />

Es wird das gemeinsame Arbeiten an Lösungen und die innovative Zusammenarbeit unterstützt.<br />

Benötige Infrastruktur wird zur Verfügung gestellt. Man muss jedoch dafür zahlen.<br />

http://betahaus.de/<br />

Ostsinn<br />

Ostsinn in der Schweiz bietet einerseits einen Coworking-Space, in den man sich gegen Bezahlung<br />

einmieten kann, und andererseits einen Projektsupport-Service. Die Grundleistung (laut Homepage:<br />

„ein offenes Ohr und ein paar Fragen bei einem Kaffee“) ist gratis, der eigentliche Support und ein<br />

Nachhaltigkeitscheck müssen jedoch bezahlt werden.<br />

Ostsinn sieht sich als Ermöglicher und führt Leute, die ähnliche Ideen verfolgen, zusammen.<br />

Der nicht zu übersehende Unterschied zu OTELO ist natürlich die Bezahlung. OTELO unterstützt die<br />

Projekte kostenfrei während sich Ostsinn dafür bezahlen lässt. Außerdem stellt OTELO die benötigten<br />

Räumlichkeiten gratis zur Verfügung.<br />

http://ostsinn.ch/<br />

Spektral<br />

Das Spektral in Graz hat es sich zum Ziel gemacht, Menschen bei der Umsetzung ihrer Ideen durch<br />

Vermittlung von Wissen, Räumen, Infrastruktur usw. zu unterstützen. Die Individuen sollen sich frei<br />

von Zwängen entwickeln können und dabei mit anderen Menschen in Austausch treten und etwas<br />

Gemeinsames schaffen. Die Zentrale von Spektral besteht aus einem großen Hauptraum mit Sitzecke,<br />

6 Büroplätzen und einer Gemeinschaftsküche.<br />

Der Unterschied zu OTELO liegt hier offensichtlich in der Organisation. Während ein OTELO immer<br />

ein Standort mit den zugehörigen Räumlichkeiten ist, gibt es bei Spektral eben nur diese Zentrale. Die<br />

Räumlichkeiten für die Projekte werden nicht direkt zur Verfügung gestellt, sondern nur vermittelt.<br />

http://spektral.at/<br />

K Modell Know-how – International<br />

83


9) Stolpersteine am Weg<br />

Für eine Gründung von einem neuen OTELO oder eine Belebung eines OTELO´s ist es oft sehr<br />

wertvoll nicht nur die positiven Faktoren kennenzulernen, sondern auch die diversen Stolpersteine,<br />

die sich am Weg zeigen.<br />

Hier ist eine kleine Auswahl zu finden:<br />

Perfekt und Fertig<br />

Vermittelt das OTELO den Eindruck bereits „fertig und perfekt“ zu sein, so kann es durchaus sein,<br />

dass mögliche Interessierte nicht mehr wissen, wie sie einsteigen können oder ob sie noch etwas<br />

„Wertvolles“ beitragen können. Fertiges ist oft nicht mehr so einladend (Bitte den Neurobiologen<br />

Prof. Hüther beachten, wie wichtig beständiges „Einladen“ ist.) und Zufriedenheit + Verbundenheit<br />

entsteht sehr durch Mitwirken am Entstehen und Gestalten eines OTELOs. Somit kann ein unfertiges<br />

und teilweise leeres (= offen für Neues) OTELO sehr einladend sein!<br />

Projektitis<br />

Projekte können eine große Chance sein aber zu viele Projekte können auch ein Fluch sein. Die<br />

Standorte sollen eigenständig und bewusst ihre Projektbeteiligungen prüfen, damit der Lust und<br />

Neugierde am eigenen OTELO-Standort nachgegangen werden kann.<br />

Die Überforderung und Ablenkung zeigte sich auch in diesem Projekt „OTELO NOW“, welches vor<br />

allem die Energie des bestehenden Vereins und dessen AkteurenInnen an den Standorten<br />

Vöcklabruck und Gmunden gebunden hat.<br />

Andererseits können passende Projekte einen Standort beflügeln, Neues ermöglichen und Netzwerke<br />

stärken.<br />

Bisher waren alle OTELOs in einem Verein zusammengefasst, was jedoch keine dauerhafte Lösung<br />

war, denn die größtenteils ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen sind mittlerweile durch die Anzahl der<br />

Standorte überfordert. Es soll in Zukunft jedes OTELO einen eigenen selbstständigen Standortverein<br />

gründen bzw. eine eigene Struktur.<br />

Strukturentwicklung – Vision vs. Strukturbau<br />

Die Struktur- und Organisationsentwicklung ist schon wichtig, aber um vieles größer soll die Vision,<br />

das gemeinsame „Bild“ von OTELO sein.<br />

Geschlossenes „OTELO“<br />

Eine Herausforderung für ein Offenes Technologielabor ist natürlich, wenn es ständig geschlossen ist.<br />

Die Nodes und die Räume sind oft nicht besetzt und es gibt sehr flexible Nutzungszeiten.<br />

Für die bereits aktiven AkteurInnen ist die Schlüsselbox entsprechend wichtig, aber für frisch<br />

Interessierte ist ein geschlossenes OTELO eine unüberwindbare Barriere.<br />

Bewährt haben sich die gut kommunizierten OTELO-Tage in den einzelnen Standorten. Ganz<br />

besonders gelebt wird es am Standort Kirchdorf, die jeden Donnerstag gemeinsam kochen.<br />

K Stolpersteine am Weg<br />

84


Eine besondere Herausforderung hat der Standort Gmunden, wenn die Zugangstüre durch andere<br />

Nutzer/Mieter immer wieder geschlossen wird, auch während des Eintreffens von<br />

Workshopteilnehmern.<br />

Das liebe Geld: OTELO braucht kein Geld, braucht aber Geld<br />

Einem OTELO kann einerseits eine anfängliche finanzielle Unterstützung für Standortaufbau und<br />

Prozessbegleitung sehr helfen. Andererseits kann Geld für Organisationsarbeit am Standort für das<br />

Community Building hinderlich sein. Die Abstimmung zwischen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen<br />

ist gut zu klären und zu erklären.<br />

Vereinnahmung<br />

Eine Vereinnahmung durch einseitige Interessensgruppen und bestehende Systeme würde der<br />

OTELO Charta widersprechen und Freiheit + Freiraum rauben.<br />

OTELO kann ALLES! Verzetteln? Zu viele Baustellen auf einmal…<br />

Ohne weitere Worte …<br />

OTELO Bubble<br />

Die öffentliche Wirkung und die entsprechenden Pressemeldungen können dem Selbstbewusstsein<br />

schmeicheln, aber auch vermitteln…<br />

… die machen es eh schon, ich bin nicht mehr gefragt = OTELO ist fertig.<br />

… jetzt ist Leistung gefordert, damit wir den hohen Ansprüchen gerecht werden.<br />

Ein Verzicht auf Medienarbeit ist natürlich nicht die Lösung, sondern eine gesunde, kontinuierliche<br />

Selbstreflexion der einzelnen Standorte könnte hilfreich sein.<br />

Unterschiedliches Begriffsverständnis „Was ist ein Projekt?“<br />

OTELO ist eine Organisation und kein Projekt.<br />

K Stolpersteine am Weg<br />

85


10) Prozessbegleitung OTELO<br />

Die Entstehung und Gründung von einem OTELO ist natürlich sehr variabel, abhängig von den<br />

Interessen der Community, den Möglichkeiten der Gebäudesubstanz usw.<br />

Daher kann kein fertiges Rezept „So macht man ein OTELO!“ präsentiert werden.<br />

Der Entstehungsprozess kann aber unterstützt werden durch folgende Instrumente:<br />

a) Erfahrungswerte + das frei nutzbare OTELO Handlungsbuch als Basisinformation<br />

b) Sicherung einer finanziellen Startunterstützung Pool für Standortaufbau, kleinere<br />

Erstinvestitionen, Öffentlichkeitsarbeit und Bildungsprogramm für 2 Projektjahre<br />

c) Externer Begleitungsprozess durch OTELO-erfahrene Prozessbegleiter, der individuell an den<br />

Standort angepasst wird.<br />

Als Beispiel eine mögliche Vorgangsweise für die Prozessbegleitung:<br />

Kontakt:<br />

Phase Projektschritt<br />

A Think Phase - Interessensklärung + Analyse der Ausgangsituation<br />

A Vorgespräch<br />

A Analyse des Standortes der regionalen Potentiale/Community<br />

A Vortrag OTELO<br />

A Erstes Treffen Standortteam ("Magic-Five")<br />

A Exkursion in ein bestehendes <strong>Otelo</strong><br />

A Begleitung Entscheidungsfindung<br />

B Game Phase - Erstellung des Standortkonzeptes<br />

B OTELO-Zukunftswerkstatt (=Startklausur mit 2 Moderator/innen)<br />

B Vortrag OTELO<br />

B Laufende Betreuung & Beratung in 6 Standortteamtreffen<br />

Workshop+Qualifizierung zum Organisationsaufbau des jeweiligen<br />

B OTELO-Standortes<br />

B NODE-Werkstatt<br />

B Erstellung des Standortkonzeptes<br />

C Project Phase - Umsetzungsstart<br />

C<br />

Workshop+Qualifizierung zum "Public Jump" des jeweiligen OTELO-<br />

Standorts (Öffentlichkeitsarbeit, Sponsorsuche, Finanzierungssuche, …)<br />

Workshop+Qualifizierung zu "OTELO-Services / Formate" des jeweiligen<br />

C OTELO-Standortes<br />

C Laufende Betreuung & Beratung in 3 Standortteamtreffen<br />

C Coaching des Standortteams & der Nodes<br />

Derzeit Martin Hollinetz oder Wolfgang Mader (SPES Zukunftsakademie) oder ein OTELO Standort,<br />

der eine Begleitung bereitstellen möchte.<br />

K Prozessbegleitung OTELO<br />

86


11) Anhänge<br />

Präsentation OTELO von Martin Hollinetz<br />

Die aktuellste Präsentation OTELO mit dem Stand 22.11.2012<br />

K Anhänge<br />

87


K Anhänge<br />

88


K Anhänge<br />

89


K Anhänge<br />

90


K Anhänge<br />

91


K Anhänge<br />

92


K Anhänge<br />

93


K Anhänge<br />

94


MUSTERSTATUTEN für Standortvereine:<br />

Statuten des Vereins<br />

„OTELO – Offenes Technologielabor Vöcklabruck“<br />

§ 1: Name, Sitz und Tätigkeitsbereich<br />

(1) Der Verein führt den Namen “OTELO – Offenes Technologielabor Vöcklabruck“.<br />

(2) Er hat seinen Sitz in Vöcklabruck und erstreckt seine Tätigkeit auf die Stadt Vöcklabruck, den<br />

Bezirk und darüber hinaus.<br />

§2: Zweck<br />

(1) Der Verein bezweckt die Konzeption, Schaffung und Verwaltung von offenen Räumen für<br />

technisch-kreative Aktivitäten.<br />

(2) Der Verein übernimmt die Trägerschaft für den OTELO Standort Vöcklabruck.<br />

(3) Der Verein ist Bindeglied und kommunikative Schnittstelle für die jeweiligen „OTELO-Gruppen“.<br />

(4) Der Verein verfolgt ausschließlich sowie unmittelbar gemeinnützige Zwecke im<br />

Sinne der Bundesabgabenordnung – BAO §§34 und ist nicht gewinnorientiert.<br />

(5) Dem Verein steht es frei, gemeinsam mit anderen OTELO Regionalgruppen und<br />

deren Standorten bei Bedarf einen überregionalen OTELO Dachverband zu gründen und/oder<br />

beizutreten.<br />

(6) Dem Verein steht es frei, bei einer gemeinnützigen Gesellschaft m.b.H.<br />

Gesellschafter zu werden.<br />

§3: Mittel zur Errichtung des Vereinszwecks<br />

(1) Der Vereinszweck soll durch die in den Abs. 2 und 3 angeführten ideellen und<br />

materiellen Mittel errichtet werden.<br />

(2) Als ideelle Mittel dienen<br />

• Bereitstellen von Räumlichkeiten und Werkstätten<br />

• Durchführen von Workshops, Vorträgen, Ausstellungen und Seminaren<br />

• Durchführen von Diskussionsveranstaltungen und Kongressen<br />

• Öffentlichkeitsarbeit und Dokumentation<br />

• Veranstaltung von und Teilnahme an Wettbewerben<br />

• Durchführung von Forschungsprojekten, Studien<br />

• Bereitstellung von Infrastruktur<br />

• Herausgabe von (periodischen) Publikationen<br />

• Einrichtung einer Mediathek<br />

• Durchführung von künstlerischen und kulturellen Veranstaltungen<br />

• Entwicklung und Produktion von Freien Medien, Freier Software und Sonstigem<br />

(3) Die erforderlichen materiellen Mittel sollen aufgebracht werden durch<br />

• Subventionen und Zuwendungen der öffentlichen Hand<br />

• Unterstützung durch Privatpersonen, Unternehmungen und Sponsoren<br />

• Verkauf vereinseigener Publikationen<br />

• Spenden, Sammlungen, Bausteinaktionen, Flohmärkte<br />

• Vermächtnisse, Schenkungen<br />

• Werbeeinnahmen<br />

• Einlagen durch die Mitglieder<br />

K Anhänge<br />

95


• Beteiligungen an Kapitalgesellschaften<br />

• Beitrittsgebühren und Mitgliedsbeiträge<br />

• Einnahmen aus Veranstaltungen<br />

• sonst. Zuwendungen<br />

§4: Arten der Mitgliedschaft<br />

(1) Die Mitglieder des Vereins gliedern sich in ordentliche, außerordentliche und<br />

Ehrenmitglieder.<br />

(2) Ordentliche Mitglieder sind jene, die sich aktiv an der Vereinsarbeit beteiligen. Die<br />

Bezeichnung „OTELO Mitglieder“ für ordentliche Mitglieder ist zulässig.<br />

Außerordentliche Mitglieder sind solche, die die Vereinstätigkeit vor allem durch<br />

Zahlung eines erhöhten Mitgliedsbeitrags fördern. Die Bezeichnung „Fördernde<br />

Mitglieder“ für außerordentliche Mitglieder ist zulässig. Ehrenmitglieder sind<br />

Personen, die hiezu wegen besonderer Verdienste um den Verein ernannt werden. Die<br />

Bezeichnung Jedi-Ritter ist zulässig.<br />

§5: Erwerb der Mitgliedschaft<br />

(1) Mitglieder des Vereins können alle physischen Personen, sowie juristische<br />

Personen und rechtsfähige Personengesellschaften werden, die sich mit dem<br />

Vereinszweck identifizieren.<br />

(2) Über die Aufnahme von ordentlichen und außerordentlichen Mitgliedern<br />

entscheidet der Vorstand. Die Aufnahme kann ohne Angabe von Gründen verweigert<br />

werden.<br />

(3) Die Ernennung zum Ehrenmitglied erfolgt durch die Generalversammlung.<br />

§6: Beendigung der Mitgliedschaft<br />

(1) Die Mitgliedschaft erlischt durch Tod, bei juristischen Personen und rechtsfähigen<br />

Personengesellschaften durch Verlust der Rechtspersönlichkeit, durch freiwilligen<br />

Austritt und durch Ausschluss.<br />

(2) Der Austritt ist jederzeit möglich und ist dem Vorstand schriftlich bekannt zu<br />

geben.<br />

(3) Der Vorstand kann ein Mitglied ausschließen, wenn dieses trotz<br />

zweimaliger schriftlicher Mahnung unter Setzung einer angemessenen Nachfrist<br />

länger als sechs Monate mit der Zahlung der Mitgliedsbeiträge im Rückstand ist. Die<br />

Verpflichtung zur Zahlung der fällig gewordenen Mitgliedsbeiträge bleibt hievon<br />

unberührt.<br />

(4) Der Ausschluss eines Mitglieds aus dem Verein kann von der<br />

Generalversammlung auch wegen grober Verletzung anderer Mitgliedspflichten und<br />

wegen unehrenhaften Verhaltens verfügt werden.<br />

(5) Die Aberkennung der Ehrenmitgliedschaft kann aus den im abs. 4 genannten<br />

Gründen von der Generalversammlung beschlossen werden.<br />

K Anhänge<br />

96


§7: Rechte und Pflichten der Mitglieder<br />

(1) Die Mitglieder sind berechtigt, an allen Veranstaltungen des Vereins teilzunehmen<br />

und die Einrichtung des Vereins zu beanspruchen. Das Stimmrecht in der<br />

Generalversammlung sowie das aktive und passive Wahlrecht stehen nur den<br />

ordentlichen und den Ehrenmitgliedern zu.<br />

(2) Jedes Mitglied ist berechtigt, vom Vorstand die Ausfolgung der Statuten zu<br />

verlangen.<br />

(3) Mindestens ein Zehntel der Mitglieder kann vom Vorstand die Einberufung einer<br />

Generalversammlung verlangen.<br />

(4) Die Mitglieder sind in jeder Generalversammlung vom Vorstand über die Tätigkeit<br />

und finanzielle Gebarung des Vereins zu informieren. Wenn mindestens ein Zehntel<br />

den betreffenden Mitgliedern dies unter Angabe von Gründen verlangt, hat der<br />

Vorstand den betreffenden Mitgliedern eine solche Information auch sonst binnen<br />

vier Wochen zu geben.<br />

(5) Die Mitglieder sind vom Vorstand über den geprüften Rechnungsabschluss<br />

(Rechnungslegung) zu informieren. Geschieht dies in der Generalversammlung, sind<br />

die RechnungsprüferInnen einzubinden.<br />

(6) Die Mitglieder sind verpflichtet, die Interessen des Vereins nach Kräften zu<br />

fördern und alles zu unterlassen, wodurch das Ansehen der Zweck des Vereins<br />

Abbruch erleiden könnte. Sie haben die Vereinsstatuten und die Beschlüsse der<br />

Vereinsorgane zu beachten. Die ordentlichen und außerordentlichen Mitglieder sind<br />

zur pünktlichen Zahlung der Beitrittsgebühr und der Mitgliedsbeiträge in der von der<br />

Generalversammlung beschlossenen Höhe verpflichtet.<br />

§8: Vereinsorgane<br />

Die Organe des Vereins sind<br />

a) Generalversammlung (§§9 und 10)<br />

b) Vorstand (§§11 bis 13)<br />

c) RechnungsprüferInnen (§14)<br />

d) OTELO Gruppe (§15).<br />

e) Schiedsgericht (§16).<br />

§9: Generalversammlung<br />

(1) Die Generalversammlung ist die “Jahreshauptversammlung” im Sinne des<br />

Vereinsgesetzes 2002. Eine ordentliche Generalversammlung findet jährlich statt.<br />

(2) Eine außerordentliche Generalversammlung findet auf<br />

a. Beschluss des Vorstands oder der ordentlichen Generalversammlung,<br />

b. Schriftlichen Antrag von mindestens einem Zehntel der Mitglieder,<br />

c. Verlangen der RechnungsprüferInnen (§21 Abs. 5 erster Satz VereinsG)<br />

d. Beschluss eines/r Rechnungsprüfers/in (§21 Abs. 5 zweiter Satz VereinsG, § 11 Abs.<br />

2 dritter Satz dieser Statuten),<br />

e. Beschluss eines gerichtliche/n bestellte/n Kurators/in (§ 11 Abs. 2 letzter Satz<br />

dieser Statuten)<br />

binnen vier Wochen statt.<br />

K Anhänge<br />

97


(3) Sowohl zu den ordentlichen wie auch zu den außerordentlichen<br />

Generalversammlungen sind alle Mitglieder mindestens eine Woche vor dem Termin<br />

schriftlichen, mittels Telefax oder per E-Mail an die vom Mitglied dem Verein bekannt<br />

gegebene Faxnummer oder E-Mail-Adresse einzuladen. Die Anberaumung der<br />

Generalversammlung hat unter Angabe der Tagesordnung zu erfolgen. Die<br />

Einberufung erfolgt durch den Vorstand (Abs. 1 und Abs. 2 lit. a – c), durch eine/n<br />

Rechnungsprüfer/in (abs. 2 lit. d) oder durch einen gerichtlich bestellte/n KuratorIn<br />

(Abs. 2 lit. d).<br />

(4) Anträge zur Generalversammlung können bis vor Beginn der<br />

Generalversammlung schriftlich oder mündlich eingebracht werden.<br />

(5) Gültige Beschlüsse – ausgenommen solche über einen Antrag auf Einberufung<br />

einer außerordentlichen Generalversammlung - können nur zur Tagesordnung<br />

gefasst werden.<br />

(6) Bei der Generalversammlung sind alle Mitglieder teilnahmeberechtigt.<br />

Stimmberechtigt sind nur die ordentlichen und die Ehrenmitglieder. Jedes Mitglied<br />

hat eine Stimme. Die Übertragung des Stimmrechts auf ein anderes Mitglied im Wege<br />

einer schriftlichen Bevollmächtigung ist nicht zulässig.<br />

(7) Die Generalversammlung ist ohne Rücksicht auf die Anzahl der Erschienenen<br />

beschlussfähig.<br />

(8) Die Wahlen und die Beschlussfassung in der Generalversammlung erfolgen in der<br />

Regel mit einfacher Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Bei<br />

Stimmengleicheit gilt der Antrag als abgelehnt. Beschlüsse, mit denen das Statut des<br />

Vereins geändert oder Verein aufgelöst werden soll, bedürfen jedoch einer<br />

qualifizierten Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen gültigen Stimmen.<br />

(9) Den Vorsitz in der Generalversammlung führt der/die Sprecher/Sprecherin, bei<br />

Verhinderung sein/e/ihr/e Stellvertreter/in. Ist auch diese/r verhindert, obliegt der<br />

Vorsitz jenem Mitglied, das die übrigen anwesenden der Generalversammlung<br />

mehrheitlich dazu bestimmen.<br />

§10: Aufgaben der Generalversammlung<br />

Der Generalversammlung sind folgende Aufgaben vorbehalten:<br />

a) Beschlussfassung über den Voranschlag ;<br />

b) Entgegennahme und Genehmigung des Rechenschaftsberichts und des<br />

Rechnungsabschlusses unter Einbindung der RechnungsprüferInnen;<br />

c) Wahl und Enthebung der Mitglieder des Vorstands und der RechnungsprüferInnen;<br />

d) Genehmigung von Rechtsgeschäften zwischen RechnungsprüferInnen und Verein;<br />

e) Entlastung des Vorstands;<br />

f) Festsetzung der Höhe der Beitrittsgebühr und der Mitgliedsbeiträge für ordentliche<br />

und für außerordentliche Mitglieder ;<br />

g) Verleihung und Anerkennung der Ehrenmitgliedschaft;<br />

h) Beschlussfassung über Statutenänderungen und die freiwillige Auflösung des<br />

Vereins;<br />

i) Beratung und Beschlussfassung über sonstige auf der Tagesordnung stehende<br />

Fragen.<br />

§ 11: Vorstand<br />

(1) Der Vorstand besteht aus mindestens 4, maximal 9 Mitgliedern, und zwar aus<br />

K Anhänge<br />

98


Sprecher/Sprecherin, Schriftführer/in und Kassier/in sowie deren Stellvertretung (sofern möglich<br />

bei ausreichend Kandidaten/innen) und „Freie Funktionen“.<br />

(2) Der Vorstand wird von der Generalversammlung gewählt. Der Vorstand hat bei<br />

Ausscheiden eines gewählten Mitglieds das Recht, an seine Stelle ein anderes<br />

wählbares Mitglied zu kooptieren, wozu die nachträgliche Genehmigung in der<br />

nächstfolgenden Generalversammlung einzuholen ist. Fällt der Vorstand ohne<br />

Selbstergänzung durch Kooptierung überhaupt oder auf unvorhersehbar lange Zeit<br />

aus, so ist jede/r Rechnungsprüfer/in verpflichtet, unverzüglich eine außerordentliche<br />

Generalversammlung zum Zweck der Neuwahl eines Vorstands einzuberufen. Sollten<br />

auch die RechnungsprüferInnen handlungsunfähig sein, hat jedes ordentliche<br />

Mitglied, das die Notsituation erkennt, unverzüglich die Bestellung eines/r Kurators/in<br />

beim zuständigen Gericht zu beantragen, der umgehend eine außerordentliche<br />

Generalversammlung einzuberufen hat.<br />

(3) Die Funktionsperiode des Vorstands beträgt 1 Jahr; Wiederwahl ist möglich. Jede<br />

Funktion im Vorstand ist persönlich auszuüben.<br />

(4) Der Vorstand kann von jedem Vorstandsmitglied, schriftlich oder mündlich<br />

einberufen werden.<br />

(5) Der Vorstand ist beschlussfähig, wenn alle seine Mitglieder eingeladen worden<br />

und mindestens die Hälfte von ihnen anwesend ist.<br />

(6) Der Vorstand fasst seine Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit; bei<br />

Stimmengleichheit gilt der Antrag als abgelehnt.<br />

(7) Den Vorsitz führt der/die Sprecher/Sprecherin, bei Verhinderung sein/e/ihr/e<br />

Stellvertreter/in. Ist auch diese/r verhindert, obliegt der Vorsitz jenem<br />

Vorstandsmitglied, das die übrigen Vorstandsmitglieder mehrheitlich dazu<br />

bestimmen.<br />

(8) Außer durch den Tod und Ablauf der Funktionsperiode (Abs. 3) erlischt die<br />

Funktion eines Vorstandsmitglieds durch Enthebung (Abs.9) und Rücktritt (Abs. 10).<br />

(9) Die Generalversammlung kann jederzeit den gesamten Vorstand oder einzelne<br />

seiner Mitglieder entheben. Die Enthebung tritt mit Bestellung des neuen Vorstands<br />

bzw. Vorstandsmitglieds in Kraft.<br />

(10) Die Vorstandsmitglieder können jederzeit schriftlich ihren Rücktritt erklären. Die<br />

Rücktrittserklärung ist an den Vorstand, im Falle des Rücktritts des gesamten<br />

Vorstands an die Generalversammlung zu richten. Der Rücktritt wird erst mit Wahl<br />

bzw. Kooptierung (Abs. 2) eine/s Nachfolgers/in wirksam.<br />

§12: Aufgaben des Vorstands<br />

Dem Vorstand obliegt die Leitung des Vereins. Er ist das “Leitungsorgan” im Sinne<br />

des Vereingesetzes 2002. Ihm kommen alle Aufgaben zu, die nicht durch die Statuten<br />

einem anderen Vereinsorgan zugewiesen sind. In seinen Wirkungsbereich fallen<br />

insbesondere folgende Angelegenheiten:<br />

(1) Einrichtung eines den Anforderungen des Vereins entsprechenden<br />

Rechnungswesen mit laufender Aufzeichnung der Einnahmen/Ausgaben und Führung<br />

eines Vermögensverzeichnisses als Mindesterfordernis;<br />

K Anhänge<br />

99


(2) Erstellung des Jahresvoranschlags, des Rechenschaftsberichts und des<br />

Rechnungsabschlusses im Sinne des Vereinsgesetzes 2002;<br />

(3) Vorbereitung und Einberufung der Generalversammlung in den Fällen des § 9 Abs.<br />

1 und Abs. 2 lit. a – c dieser Statuten;<br />

(4) Information der Vereinsmitglieder über die Vereinstätigkeit, die Vereinsgebarung<br />

und den geprüften Rechnungsabschluss;<br />

(5) Verwaltung des Vereinsvermögens;<br />

(6) Aufnahme und Ausschluss von ordentlichen und außerordentlichen<br />

Vereinsmitgliedern;<br />

(7) Aufnahme und Kündigung von Angestellten des Vereins.<br />

(8) Gründung , Aufnahme oder Auflösung von OTELO Gruppen.<br />

§ 13: Besondere Obliegenheiten einzelner Vorstandsmitglieder<br />

(1) Der/die Sprecher/Sprecherin führt die laufenden Geschäfte des Vereins. Der/die<br />

Schriftführer/in unterstützt den/die Sprecher/Sprecherin bei der Führung der<br />

Vereinsgeschäfte.<br />

(2) Schriftliche Ausfertigung des Vereins bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Unterschriften des/der<br />

Sprecher/Sprecherin und des Schriftführers/der Schriftführerin in Geldangelegenheiten<br />

(vermögenswerte Dispositionen) des/der Sprecher/Sprecherin und des Kassiers/der Kassierin.<br />

Rechtsgeschäfte zwischen Vorstandsmitgliedern und Verein bedürfen der Zustimmung eines<br />

anderen Vorstandsmitglieds.<br />

(3) Rechtsgeschäftliche Bevollmächtigungen, den Verein nach außen zu vertreten<br />

bzw. für ihn zu zeichnen, können ausschließlich von den in Abs. 2 genannten<br />

Vorstandsmitgliedern erteilt werden.<br />

(4) Bei Gefahr im Verzug ist der/die Sprecher/Sprecherin sowie der/die<br />

Schriftführer/Schriftführerin und der/die Kassier/Kassierin berechtigt, auch in<br />

Angelegenheiten, die in den Wirkungsbereich der Generalversammlung oder des<br />

Vorstands fallen, unter eigener Verantwortung selbständig Anordnung zu treffen; im<br />

Innenverhältnis bedürfen diese jedoch der nachträglichen Genehmigung durch das<br />

zuständige Vereinsorgan.<br />

(5) Der/die Sprecher/Sprecherin führt den Vorsitz in der Generalversammlung und im<br />

Vorstand.<br />

(6) Der/die Schriftführer/in führt die Protokolle der Generalversammlung und des<br />

Vorstands.<br />

(7) Der/die Kassier/in ist für die ordnungsgemäße Geldgebarung des Vereins<br />

verantwortlich.<br />

(8) Im Fall der Verhinderung treten an die Stelle des Sprechers/der Sprecherin, des<br />

K Anhänge<br />

10<br />

0


Schriftführers/der Schriftführerin oder des Kassiers/ der Kassierin ihre<br />

Stellvertreter/innen.<br />

§ 14: RechnungsprüferInnen<br />

(1) Zwei RechnungsprüferInnen werden von der Generalversammlung auf die Dauer<br />

von einem Jahr gewählt. Wiederwahl ist möglich. Die RechnungsprüferInnen dürfen<br />

keinem Organ – mit Ausnahme der Generalversammlung - angehören, dessen<br />

Tätigkeit Gegenstand der Prüfung ist.<br />

(2) Den RechnungsprüferInnen obliegt die laufende Geschäftskontrolle sowie die<br />

Prüfung der Finanzgebarung des Vereins im Hinblick auf die Ordnungsmäßigkeit der<br />

Rechnungslegung und die statutengemäße Verwendung der Mittel. Der Vorstand hat<br />

den RechnungsprüferInnen die erforderlichen Unterlagen vorzulegen und die<br />

erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die RechnungsprüferInnen haben dem Vorstand<br />

über das Ergebnis der Prüfung zu berichten.<br />

(3) Rechtsgeschäfte zwischen RechnungsprüferInnen und Verein bedürfen der<br />

Genehmigung durch die Generalversammlung. Im Übrigen gelten für die<br />

RechnungsprüferInnen die Bestimmungen des § 11 Abs. 8 bis 10 sinngemäß.<br />

§ 15: OTELO Gruppe<br />

(1) Eine sogenannte „OTELO Gruppe“ ist ein unbefristetes Vereinsorgan, das gemäß<br />

dem Vereinszweck zu bestimmten Sachbereichen, Projekten und Aufgabengebieten<br />

auf Beschluss des Vorstands gegründet oder aufgenommen werden kann.<br />

(2) Die Bezeichnungen „Projektgruppe“, „Nest“ oder „Node“ sind für die „OTELO<br />

Gruppe“ zulässig.<br />

(3) Die „OTELO Gruppe“ setzt sich aus „OTELO Mitgliedern“ zusammen, die im<br />

jeweiligen Sachgebiet arbeiten. Diese „OTELO Gruppenmitglieder“ können über ihre<br />

internen Entscheidungsstrukturen selbst bestimmten, wobei stets alle anwesenden<br />

„OTELO Gruppenmitglieder“ stimmberechtigt sind. Die Teilnahme von Gästen ist<br />

ausdrücklich erwünscht, deren Stimmrecht ist am Beginn des jeweiligen Treffens zu<br />

klären. Die Bezeichnung „Nodemitglied“ für „OTELO Gruppenmitglieder“ ist zulässig.<br />

(4) Die „OTELO Gruppe“ ist verpflichtet, gegenüber dem Vorstand eine<br />

Ansprechperson zu nennen. Die Bezeichnungen „Nodesprecher/in“,<br />

„Keynodespeaker“ und „Projektleiter/in“ sind je nach Sachverhalt zulässig. Diese<br />

besagte Person hat das Recht, mit beratender Stimme bei Vorstandssitzungen<br />

teilzunehmen, sofern sie nicht ohnehin in selbigem Mitglied ist.<br />

(5) Die „OTELO Gruppe“ arbeitet im Rahmen ihres Sachbereiches selbstständig und<br />

unabhängig. Entscheidungen, die über das jeweilige Sachgebiet hinaus den<br />

gesamten Verein betreffen oder möglicherweise die Vereinsgeschäfte als ganzes<br />

beeinflussen, bedürfen einer Genehmigung durch den Vorstand.<br />

(6) Die „OTELO Gruppe“ nutzt die vom Verein zur Verfügung gestellten<br />

Räumlichkeiten an einem Standort und kann auf die vorgesehene Infrastruktur<br />

zurückgreifen. Die „OTELO Gruppe“ hat das Recht über Arbeitsabläufe und den<br />

Raumzugang in ihrem Sachbereich selbst zu entscheiden.<br />

K Anhänge<br />

10<br />

1


(7) Für die „OTELO Gruppe“ gelten die Bestimmungen des § 11 Abs. 3 bis 10<br />

sinngemäß.<br />

§ 16: Schiedsgericht<br />

(1) Zur Schlichtung von allen aus dem Vereinsverhältnis entstehenden Streitigkeiten<br />

ist das vereinsinterne Schiedsgericht berufen. Es ist eine “Schlichtungseinrichtung”<br />

im Sinne des Vereinsgesetzes 2002 und kein Schiedsgericht nach den §§ 577 ff ZPO.<br />

(2) Das Schiedsgericht setzt sich aus drei unbefangenen ordentlichen<br />

Vereinsmitgliedern zusammen. Es wird derart gebildet, dass ein Streitteil dem<br />

Vorstand ein Mitglied als Schiedsrichter/in schriftlich namhaft macht. Über<br />

Aufforderung durch den Vorstand binnen sieben tagen macht der andere Streitteil<br />

innerhalb von 14 Tagen seinerseits ein Mitglied des Schiedsgerichts namhaft. Nach<br />

Verständigung durch den Vorstand innerhalb von sieben tagen wählen die namhaft<br />

gemachten Schiedsrichter/in binnen weiterer 14 Tage ein drittes ordentliches Mitglied<br />

zum/zur Vorsitzenden des Schiedsgerichts. Bei Stimmengleichheit entscheidet unter<br />

den Vorgeschlagenen das Los. Die Mitglieder des Schiedsgerichts dürfen keinem<br />

Organ – mit Ausnahme der Generalversammlung - angehören, dessen Tätigkeit<br />

Gegenstand der Streitigkeit ist.<br />

(3) Das Schiedsgericht fällt seine Entscheidung nach Gewährung beiderseitigen<br />

Gehörs bei Anwesenheit aller seiner Mitglieder mit einfacher Stimmenmehrheit. Es<br />

entscheidet nach bestem Wissen und Gewissen. Seine Entscheidungen sind<br />

vereinsintern endgültig.<br />

§ 17: Freiwillige Auflösung des Vereins<br />

(1) Die freiwillige Auflösung des Vereins kann nur in einer eigens zu diesem Zweck<br />

einberufenen außerordentlichen Generalversammlung und nur mit<br />

Zweidrittelmehrheit der anwesenden gültigen Stimmen beschlossen werden.<br />

(2) Diese Generalversammlung hat auch – sofern Vereinsvermögen vorhanden ist –<br />

über die Abwicklung zu beschließen. Insbesondere hat sie einen Abwickler zu berufen<br />

und Beschluss darüber zu fassen, wem dieser das nach Abdeckung der Passiven<br />

verbleibende Vereinsvermögen zu übertragen hat. Dieses Vermögen ist,<br />

gemeinnützigen Organisationen zuzufallen, die gleiche oder ähnliche Zwecke<br />

wie dieser Verein verfolgen.<br />

(3) Es darf keine Ausschüttung von Vereinsvermögen an Mitglieder erfolgen, von<br />

Mitgliedern geleistete Einlagen werden jedoch rückerstattet.<br />

(4) Der letzte Vereinsvorstand hat die freiwillige Auflösung binnen vier Wochen nach<br />

Beschlussfassung der zuständigen Vereinsbehörde schriftlich anzuzeigen.<br />

K Anhänge<br />

10<br />

2

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!