HAND(LUNGS)BUCH - Otelo
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CC BY-SA-NC 3.0<br />
Version 1.0<br />
Stand: 24.11.2012<br />
<strong>HAND</strong>(<strong>LUNGS</strong>)<strong>BUCH</strong><br />
Das Handlungsbuch als Anregung und Einladung zum<br />
Handeln, Mitgestalten und Multiplizieren von OTELO,<br />
im Bewusstsein:<br />
„Das OTELO-Modell ist zwar immer unfertig<br />
aber schon sehr ansteckend!“
Rahmen<br />
Projekt: ID-Nummer: 30264LD Netzwerk-<strong>Otelo</strong>-Werknetz<br />
Autor/innen = Redaktionsteam<br />
Martin Hollinetz, OTELO<br />
Georg Ottinger, OTELO<br />
Hannelore Hollinetz, OTELO<br />
Richard Schachinger, OTELO<br />
Wolfgang Mader, SPES GmbH<br />
Alexander Hader, SPES GmbH<br />
Katharina Haider, SPES GmbH<br />
Gast- und Coautor/innen<br />
Sarah Funk, ScienceCenter-Netzwerk<br />
Raffaela Then, Ashoka Österreich<br />
Stefan Haslinger, KUPF Oberösterreich<br />
Ambros Pree, elements consult<br />
Veronika Ratzenböck, Anja Lungstraß, Xenia Kopf<br />
österreichische kulturdokumentation. internationales archiv für kulturanalysen<br />
Thomas Duschlbauer, Kreatives OÖ<br />
Bgm in Uli Böker, Ottensheim<br />
Bgm. Herbert Brunsteiner, Vöcklabruck<br />
Sigrid Ecker, OTELO Ottensheim<br />
Josef Aigner, OTELO Gmunden<br />
Angelika Zachl, SPES Rio+20 Praktikantin<br />
Fotoquellen: Die Fotos stammen aus privaten Quellen und da vor allem von Josef Aigner, der die<br />
Fotos für die Veranstaltung am 24.11.2012 als Präsentation aufbereitet hat und Martin Hollinetz<br />
Ein Projekt im Rahmen des Programmteils impulse<br />
Förderungsmaßnahme impulse LEAD<br />
mit Unterstützung des Bundesministerium für<br />
Wirtschaft, Familie und Jugend
INHALTSVERZEICHNIS<br />
1) INTRO .......................................................................................................................... 5<br />
2 JAHRE OTELO – (UN)FERTIG UND ANSTECKEND ....................................................................................... 5<br />
LUST VOR LEISTUNG .......................................................................................................................................... 5<br />
OTELO NOW – EINE OFFENE ZUKUNFT DES MÖGLICHEN ......................................................................... 5<br />
2) DIE OTELO CHARTA ....................................................................................................... 7<br />
3) WARUM OTELO? .......................................................................................................... 9<br />
SYSTEMISCHER FREIRAUM ................................................................................................................................ 9<br />
RAUM UND ZEIT FÜR IDEEN ........................................................................................................................... 12<br />
DRUCK RAUS! LUST REIN! .................................................................................................................................. 12<br />
INNOVATIONSRÄUME IN REGIONEN................................................................................................................... 12<br />
4) OTELO IM KONTEXT DER GESELLSCHAFT – EXTERNE BETRACHTUNGEN & SICHTWEISEN<br />
.................................................................................................................................. 14<br />
AUS DEM LOG<strong>BUCH</strong> DER ERSTEN OTELOS ........................................................................................................ 14<br />
KUPF – KULTURPLATTFORM OBERÖSTERREICH ................................................................................................ 19<br />
EIN VERSUCH HERAUSZUFINDEN WAS OTELO IST? .......................................................................................... 19<br />
WAS HAT OTELO MIT SOZIALER INNOVATION ZU TUN? EINE ANNÄHERUNG .................................................. 23<br />
OTELO IMPULSGEBER DES REGIONALKAPITAL .......................................................................................... 28<br />
OTELO OFFENES TECHNOLOGIELABOR ...................................................................................................... 35<br />
OTELO IN O-HEIM GELANDET! ..................................................................................................................... 39<br />
EINE CHANCE, DIE GENUTZT WURDE – OTELO IN VÖCKLABRUCK .................................................................... 40<br />
DAS POSTMODERNE KÖNNEN ........................................................................................................................ 41<br />
PERSÖNLICHE ZUGÄNGE - KURZSTATEMENTS VON OTELO NUTZERINNEN ........................................... 44<br />
5) ENTSTEHUNGSPROZESS OTELO – SOFT FACTS ............................................................. 47<br />
ENTSTEHUNGSPROZESSE AUS GEMEINDE- UND REGIONALENTWICK<strong>LUNGS</strong>SICHT ............................................ 47<br />
DAS PULSIEREN UNFERTIGER ORGANISATIONEN .............................................................................................. 48<br />
PHASEN EINER OTELO ENTSTEHUNG .............................................................................................................. 53
GEDANKEN ZUR ORGANISATIONSENTWICKLUNG/-STRUKTUR DER STANDORTVEREINE .................................. 63<br />
6) RAHMENBEDINGUNGEN – HARD FACTS ...................................................................... 68<br />
STANDORT ........................................................................................................................................................ 68<br />
FINANZIERUNGSGRUNDLAGE ......................................................................................................................... 69<br />
7) LEBENDIGES NETZWERK ............................................................................................. 70<br />
COMMUNITY BUILDING ................................................................................................................................... 70<br />
OTELO PUBLIC JUMP ..................................................................................................................................... 72<br />
LEBENDIGES, OFFENES OTELO (OTELO SERVICES)................................................................................ 76<br />
8) MODELL KNOW-HOW – INTERNATIONAL .................................................................... 81<br />
FABLAB ............................................................................................................................................................ 81<br />
HACKERSPACE ................................................................................................................................................. 81<br />
COWORKING ..................................................................................................................................................... 82<br />
UNPERFEKTHAUS IN ESSEN ............................................................................................................................ 82<br />
THE HUB ......................................................................................................................................................... 82<br />
BETAHAUS ........................................................................................................................................................ 83<br />
OSTSINN ........................................................................................................................................................... 83<br />
SPEKTRAL ......................................................................................................................................................... 83<br />
9) STOLPERSTEINE AM WEG ........................................................................................... 84<br />
10) PROZESSBEGLEITUNG OTELO ............................................................................... 86<br />
11) ANHÄNGE ............................................................................................................ 87<br />
PRÄSENTATION OTELO VON MARTIN HOLLINETZ .................................................................................... 87<br />
MUSTERSTATUTEN FÜR STANDORTVEREINE: ...................................................................................... 95<br />
K Intro<br />
4
1) Intro<br />
2 Jahre OTELO – (un)fertig und ansteckend<br />
Die Idee, Opas Bastelkeller für die heutige Zeit im ländlichen Raum neu zu erfinden und in ihm auch<br />
ein disziplinen- und generationen-überspannendes Community Building anzuregen, hat<br />
gesellschaftliche Kraft und befriedigt ein dringendes Bedürfnis. OTELO, das 2010 im Salzkammergut<br />
gegründete Offene Technologielabor, ist über die ersten Gemeinden Gmunden und Vöcklabruck<br />
hinaus gewachsen, hat sich über Oberösterreich ausgebreitet, wo in Kirchdorf, Ottensheim und<br />
Vorchdorf bereits weitere OTELOs entstanden sind. Sogar in Deutschland, in Angermünde bei Berlin,<br />
haben Begeisterte ein Offenes Technologielabor geschaffen. Auch an anderen Standorten laufen<br />
Vorbereitungen zur Gründung von OTELO Standorten.<br />
Lust vor Leistung<br />
OTELO schreibt in seiner Charta, dass die Lust am Kreativsein das allererste Ziel ist, dass alles was in<br />
den Kleinlaboren, den Nodes, passiert, nicht den Zwängen des traditionellen Ausbildungssystems<br />
oder auch der unmittelbaren wirtschaftlichen Verwertung unterworfen sein soll. Wenn also<br />
Elektronik-Bastler eine Tesla-Spule bauen, RadiomacherInnen fürs Freie Radio produzieren, Seife<br />
gesotten, Schmuck entworfen wird, T-Shirts mit Siebdruck designed werden, wenn Lehmöfen,<br />
Solartrockner oder 3D-Drucker gebaut werden, wenn Kinder „lebendiges“ Spielzeug programmieren,<br />
wenn in einer DenkBar offen und auf alternative Weise konferiert wird, wenn ein „Kost nix-Laden“<br />
geführt oder Insekten gebraten und gegessen werden, dann herrscht kein Erfolgszwang, kein<br />
Zeitdruck und es wird schon gar nicht benotet. Es darf und soll Verrücktes ausprobiert werden. Und<br />
das Projekt darf scheitern.<br />
Der Grundsatz und Ansatz, dass Lust vor Leistung steht, und trotzdem oder genau deshalb im OTELO<br />
Start-ups gelingen, junge FirmengründerInnen heranreifen, hat dem Wirtschaftsministerium so gut<br />
gefallen, dass es dem Verein OTELO vor zwei Jahren ein großes Förderprojekt zugesprochen hat:<br />
OTELO NOW.<br />
Der Verein konnte für die Aufbauarbeit Menschen anstellen, Workshops und Veranstaltungen<br />
inszenieren, Gerätschaften kaufen und professionelle Öffentlichkeitsarbeit machen.<br />
Der Auftrag lautete: OTELO modellhaft und übertragbar so zu entwickeln, dass jeder Ort mit diesem<br />
Know-how seinen ganz individuellen offenen Laborstandort errichten und sich die Konzeptarbeit, die<br />
Mühen und blutigen Irrtümer des Anfangs weitgehend ersparen kann.<br />
OTELO NOW – eine offene Zukunft des Möglichen<br />
Das vom Bundesministerium für Wirtschaft, Jugend und Familie geförderte Projekt OTELO NOW<br />
endet im Dezember 2012. Dieses Projekt hat in den letzten zwei Jahren die Entwicklung von OTELO<br />
maßgeblich beeinflusst und unterstützt. Die gesetzten Ziele wurden in vielen Bereichen weit<br />
übertroffen – ein Zeichen für die Notwendigkeit regionaler kreativwirtschaftlicher Strukturen und<br />
auch für das Schaffen von Freiräumen.<br />
K Intro<br />
5
Ein Ergebnis vom Projekt OTELO NOW ist dieses „Hand-lungs-buch“. Es soll inspirieren, Einblicke in<br />
die Entstehungsprozesse geben, Erfahrungen vermitteln und: es lädt bewusst zum „<strong>HAND</strong>ELN“ ein.<br />
Wie so vieles im OTELO lebt das Handlungsbuch durch Teilen, es ist frei verfügbar und nutzbar, ist<br />
unfertig und wird sich, wie die OTELO Idee, weiterentwickeln.<br />
K Intro<br />
6
2) Die OTELO Charta<br />
Zwischenstand 24.11.2012 – der Entwicklungsprozess wird auch nach der Erstpräsentation des<br />
Handlungsbuches weiterlaufen. Nutzen wollen wir dazu persönliche Treffen und virtuelle Hilfsmittel,<br />
wie die Plattform „PiratePad“.<br />
Die OTELO Charta ist das verbindende und tragende Element zwischen den einzelnen OTELO<br />
Standorten und Organisationen.<br />
"OTELO sind inspirierende Gemeinschafts-(T)Räume,<br />
die einladen Ideen miteinander zu teilen und zu verwirklichen."<br />
(Quelle: Mission-Statement, entwickelt im DragonDreaming-Seminar in Kirchdorf)<br />
Gemeinschaft.Zugehörigkeit.Kooperation.Verbundenheit.Balance.Sicherheit.<br />
OTELOs bilden Gemeinschaften für experimentierfreudige Akteure/innen und für<br />
gesellschaftspolitische Initiativen. Sie laden zur aktiven Beteiligung ein. OTELO bietet einen<br />
Organisationsrahmen, der die Beteiligten bei der Entwicklung von Ideen und bei experimentellen<br />
Aktivitäten unterstützt.<br />
Die <strong>Otelo</strong>s fühlen sich frei zusammenzuarbeiten, z.B. durch Informationsaustausch, gemeinsame<br />
Kommunikation, Programmaustausch oder die gemeinsame, freiwillige Realisierung von Projekten.<br />
Auch gegenseitige Besuche für neue Impulse und kennenlernen gemeinsamer interessen sind<br />
wünschenswert.<br />
<strong>Otelo</strong> kooperiert mit Bildung, Forschung, Wirtschaft, Politik, Medien in gemeinsam entwickelten<br />
Aktivitäten und Projekten - ohne sich dabei in existenzielle Abhängigkeit bestehender Systeme zu<br />
begeben.<br />
Teilen.Freisetzen.Austausch.Mitteilen.<br />
Jede Idee, die den Kopf nicht verlässt, ist eine verlorene Chance. Gute Ideen finden Gehör, völlig<br />
unabhängig von Machbarkeit und ökonomischen Hintergrund. Durch gemeinsame Entwicklungen<br />
und Austausch von Wissen und Potential entstehen neue Arbeitsweisen. Crowdsourcing und -<br />
funding sowie Open Source Projekte zeigen dass Teilen von Ideen, Wissen und Ressourcen, mit<br />
Leichtigkeit finanzielle Kräfte freisetzen kann.<br />
Freiraum.regional wirksam.<br />
Die OTELOs leben von der Idee, Menschen einen offenen Raum für kreative und technische<br />
Aktivitäten zu ermöglichen. Die Räumlichkeiten, die von einer Kommune oder von Privat als<br />
Basisinfrastruktur zur Verfügung gestellt werden, werden durch Selbstorganisation und<br />
Eigenverantwortung des jeweiligen OTELO-Standortvereins belebt.<br />
<strong>Otelo</strong> selbst versteht sich als FreiRaum im lokalen und regionalen Raum und unterstützt die<br />
regionale Entwicklung, mitunter auch mit nationalen oder transnationalen Projekten und<br />
Netzwerken. Mit diesem Rahmen möchte <strong>Otelo</strong> die Voraussetzung schaffen, Personen jeden Alters<br />
bei der Entwicklung, Vertiefung und Umsetzung eigener Ideen in der Region zu unterstützen.<br />
Spannende Begegnungen, Austausch und gemeinsam erlebte Inspirationen bringen neue Prozesse<br />
voran.<br />
K Die OTELO Charta<br />
7
<strong>Otelo</strong> spielt mit seinen Aktivitäten eine Rolle in der Regionalentwicklung und möchte dem so<br />
genannten „Brain Drain“ - dem Abwandern kreativer Geister aus dem ländlichen Raum - Konzepte<br />
entgegensetzen.<br />
Freude.Intensität.Suchen.<br />
Wer sich wirklich frei auf die Suche nach Erkenntnis machen, braucht Strukturen jenseits von<br />
marktkonformen oder ergebnisorierentierten Sichtweisen. Das Probieren, das sich Verirren und auch<br />
das Fehler machen, ist Teil dieses Suchens.<br />
Es muss nichts Funktionierendes oder Verwertbares entstehen. Druck raus und Lust rein, der Fluss<br />
der Energie während des Tüftelns ist oft wertvoller als das fertige Objekt.<br />
FreiDenken.QuerDenken.Experimentieren.<br />
Unkonventionelle Formen von Zusammenarbeit, Vermittlungskonzepten, Berufsorientierung und<br />
sozialer Interaktion bringen Lebendigkeit und Authentizität für alle Beteiligten.<br />
Entfaltung.Selbstermächtigung.Schaffen.<br />
<strong>Otelo</strong> handelt im Bewußtsein wertschätzender Anerkennung persönlicher Potentiale und seiner<br />
freien Entfaltung. Ob dies dem persönlichen Wachstum dient, zu einer Selbständigkeit in der<br />
Kreativwirtschaft oder zur „Community Production“ im Sinne einer Selbstermächtigung führt, ist<br />
gleich wertvoll.<br />
Offenheit.Unabhängigkeit.Transparenz.Selbstreflexion.<br />
OTELO ist selbst ein Experiment einer veränderten Gesellschaftsform.<br />
OTELO versteht sich als eigenes, lebendiges System, und läßt sich von bestehenden<br />
Gesellschaftssystemen und Institutionen nicht vereinnahmen, damit es Freiheiten hat unser<br />
Gesellschaftssystem in Richtung Nachhaltigkeit und Menschenwürde zu beeinflussen.<br />
OTELOs erschaffen eine selbstbestimmte, solidarische, nachhaltige, emanzipatorische und offen<br />
bleibende Gesellschaftstrukur. Diese wird durch eine gleichberechtigte Meinungsvielfalt innerhalb<br />
der Gruppe bereichert und findet ihre Übereinkünfte ohne hierarchische Strukturen.<br />
K Die OTELO Charta<br />
8
3) Warum OTELO?<br />
Systemischer Freiraum<br />
OTELO ist die Abkürzung für Offenes Technologielabor und ermöglicht einen einfachen Zugang zu<br />
Anwendungsfeldern der Naturwissenschaft, Technik und Kunst. Es bietet einen<br />
Organisationsrahmen, der die Beteiligten bei der Entwicklung von Ideen, bei experimentellen<br />
Aktivitäten aber auch bei der Planung und Durchführung von Projekten unterstützt.<br />
OTELO ermöglicht einen Beteiligungsraum, der bewusst als Frei- und Spielraum postuliert wird.<br />
Natürlich sind diese beiden Begriffe bei OTELO sowohl physische als auch psychische Komponenten,<br />
die sich bei einer systemischen Betrachtung der Region zu einem Grunderfordernis für regionale<br />
Entwicklung entpuppen. OTELO bewegt sich zwischen verschiedenen regionalen Systemen, die<br />
aufgrund des Bestrebens auf Selbsterhaltung (Selbstreferenzialität) nur noch widerwillig mit anderen<br />
Systemen kooperieren. Wenn neue Systeme entstehen werden diese oft als Bedrohung<br />
wahrgenommen. Es folgt entweder der Versuch das neue System zu assimilieren oder es wird<br />
bekämpft. Diese Strategien lassen sich eindrucksvoll im Bildungssystem, im Wirtschaftssystem, im<br />
Sozialsystem, besonders auch im politischen System, aber auch im Verwaltungs- und Rechtssystem<br />
beobachten. Aber wo ist dann soziale Innovation noch möglich? Die gute Nachricht ist, dass es in<br />
jedem dieser Systeme auch weiche Stellen gibt, Menschen, die ihre Gestaltungsmacht nutzen, Neues<br />
zulassen und behutsam in das System einschleusen. Diese Menschen zu stärken ist einer der<br />
wichtigsten Faktoren für die regionale Entwicklung.<br />
Damit diese Stärkung erfolgen kann, braucht es jedoch auch einen definierten Raum, der als<br />
geschützter Freiraum für die Entwicklung von Ideen, für Inspirationen, für experimentelles Arbeiten,<br />
für den Austausch zwischen den Systemen wahrgenommen werden kann. Dieser Raum kann als<br />
systemfreier Raum gedacht werden, wenngleich es natürlich ein von Menschen inszenierter Raum<br />
ist. Aber genau diese Botschaft bewirkt, dass sich Menschen inspirieren lassen, gemeinsam neue<br />
Ideen entwickeln, beginnen das zu realisieren, was sie wirklich, wirklich wollen, so wie es Frithjof<br />
Bergmann als Kernbotschaft der Neuen Arbeit, Neuen Kultur auf den Punkt bringt. Damit so ein<br />
Raum entsteht braucht es jedoch eine<br />
Gruppe von Menschen und auch den<br />
Willen einer Kommune so einen Raum zu<br />
ermöglichen und auch zu erhalten. Mit<br />
dem OTELO Modell versuchen wir so<br />
einen Raum nicht nur zu erschaffen,<br />
sondern auch als wichtigen regionalen,<br />
systemübergreifenden Entwicklungsraum<br />
zu erhalten. Das erfordert Organisation,<br />
ein Wertesystem, das dieser Idee auch<br />
Bedeutung und damit Kraft verleiht und<br />
natürlich auch die Bereitschaft zu<br />
Kooperation.<br />
OTELO will, wie Gerald Hüther anregt, inspirieren, einladen und beim Selber-tun begleiten, will<br />
Möglichkeiten schaffen und Menschen neuen (Handlungs)spielraum verschaffen. OTELO kämpft<br />
nicht gegen Systeme, sondern lädt die Menschen darin ein sich inspirieren zu lassen und gemeinsam<br />
neue Wege zu ergründen und auszuprobieren. OTELO fungiert mit seinen Freiräumen als<br />
Netzwerkknoten und Schnittstelle zwischen den unterschiedlichen Systemen und ermöglicht so<br />
K Warum OTELO?<br />
9
Innovationen in verschiedensten Bereichen. OTELO lädt ein in der Region Veränderung zu denken<br />
und sie auch zu (er)leben, eigene persönliche Potenziale zu entfalten und sie mit anderen Menschen<br />
zu teilen.<br />
Begeisterung ist Doping für Geist und Hirn<br />
Neue Erkenntnisse der Hirnforschung –<br />
Wie Eltern lernen können, sich selbst und ihre Kinder zu begeistern<br />
Quelle: http://www.gerald-huether.de/populaer/veroeffentlichungen-von-geraldhuether/texte/begeisterung-gerald-huether/index.php<br />
Leider können sich Erwachsene nur vereinzelt an ihre ersten Kindheitserlebnisse erinnern. Erinnern<br />
an dieses Glücksgefühl, mit dem sie sich als kleines Kind auf den Weg gemacht haben, die Welt zu<br />
entdecken. Sie können sich kaum entsinnen an diese unglaubliche Offenheit, Gestaltungslust und<br />
Entdeckerfreude. Sie haben nur eine getrübte Vorstellung von dieser den ganzen Körper<br />
durchströmenden Begeisterung über sich selbst und über all das, was es damals zu entdecken und zu<br />
gestalten gab. Wären diesen Erinnerungen präsenter, wären viele Sorgen, Probleme und Nöte des<br />
Erwachsenseins gar nicht existent.<br />
Leider ist vielen Erwachsenen genau das, weitgehend verloren gegangen was einem Kind die pure<br />
Lebensfreude vermittelt: die Begeisterung. Zwanzig bis fünfzig Mal am Tag erlebt ein Kleinkind einen<br />
Zustand größter Begeisterung. Und jedes Mal kommt es dabei im Gehirn zur Aktivierung der<br />
emotionalen Zentren. Die dort liegenden Nervenzellen haben lange Fortsätze, die in alle anderen<br />
Bereiche des Gehirns ziehen. An den Enden dieser Fortsätze wird ein Cocktail von neuroplastischen<br />
Botenstoffen ausgeschüttet. Diese Botenstoffe bringen nachgeschaltete Nervenzellverbände dazu,<br />
verstärkt bestimmte Eiweiße herzustellen. Diese werden für das Auswachsen neuer Fortsätze, für die<br />
Bildung neuer Kontakte und für die Festigung und Stabilisierung all jener Verknüpfungen gebraucht,<br />
die im Hirn zur Lösung eines Problems oder zur Bewältigung einer neuen Herausforderung aktiviert<br />
worden sind<br />
Das ist der Grund, warum wir bei all dem, was wir mit Begeisterung machen, auch so schnell immer<br />
besser werden. Jeder kleine Sturm der Begeisterung führt gewissermaßen dazu, dass im Hirn ein<br />
selbsterzeugtes Doping abläuft. So werden all jene Stoffe produziert, die für alle Wachstums- und<br />
Umbauprozesse von neuronalen Netzwerken gebraucht werden. So einfach ist das: Das Gehirn<br />
entwickelt sich so, wie und wofür es mit Begeisterung benutzt wird.<br />
Deshalb ist es entscheidend, sich als Heranwachsender oder Erwachsener diese Begeisterung zu<br />
bewahren. Leider erleben wir im Laufe unseres Lebens alle zu oft das Gegenteil. Wir stellen fest, dass<br />
uns die anfängliche Begeisterung, mit der wir uns als kleine Entdecker und Gestalter unserer<br />
Lebenswelt auf den Weg gemacht haben, beim Älterwerden zunehmend abhandenkommt. Denn wie<br />
oft überwältigt uns heute noch ein Sturm der Begeisterung? Einmal pro Tag, einmal pro Woche?<br />
Einmal im Monat?<br />
Das Schlüsselwort zur Beantwortung dieser Frage heißt: Bedeutsamkeit. Damit wir uns für etwas<br />
begeistern, muss es bedeutsam für uns selbst sein! Das ist die Krux.<br />
Für ein kleines Kind ist noch fast alles bedeutsam, was es erlebt, erfährt und unternimmt. Aber je<br />
besser es sich später in seiner Lebenswelt einzurichten und zurechtzufinden gelernt hat, desto<br />
unbedeutender wird alles andere, was es in dieser Welt sonst noch zu entdecken und zu gestalten<br />
gibt. Wir sind gefangen in Routine. Indem wir älter werden, Erfahrungen sammeln und unsere<br />
K Warum OTELO?<br />
10
Lebenswelt nach unseren Vorstellungen gestalten, laufen wir zunehmend Gefahr, im Hirn<br />
einzurosten. Wir kennen „unsere Pappenheimer“ und wissen „wie der Hase läuft“. Wir erledigen<br />
unseren Job. Wir machen, was getan werden muss. Wir funktionieren. Der Preis dafür ist hoch: für<br />
uns verliert das Leben seinen eigentlichen Reiz. Alles ist gleichermaßen bedeutsam oder<br />
unbedeutsam. Wir haben zwar unser Leben optimal in den Griff bekommen; unsere kindliche<br />
Begeisterungsfähigkeit mit seinen ganzen Reizen für unseren Geist haben wir aber bis zur<br />
Leblosigkeit abgewürgt. Es ist dringend an der Zeit, dass wir als Gesellschaft dieser negativen<br />
Entwicklung entgegensteuern. Denn wie es einem einzelnen Menschen mit der fehlenden<br />
Begeisterung ergeht, ergeht es auch unserer menschlichen Gemeinschaft. Wir erleben das Tag für<br />
Tag in der Familie, der Schule, dem Beruf. Unsere ganze Gesellschaft hat gewissermaßen kollektiv die<br />
Begeisterungsfähigkeit verloren. Es fehlt ihr sichtbar an Kreativität, Lebensfreude, Entdeckerlust und<br />
Gestaltungskraft. Daher dümpelt sie in eingefahrenen Routinen mit festgefügten<br />
Verwaltungsstrukturen dahin. Sie hat alles – scheinbar – im Griff und lässt sich sogar von Krisen kaum<br />
noch erschüttern. Sie funktioniert noch, aber sie lebt nicht mehr.<br />
Dazu kommt: den allermeisten Menschen (unseren Verwandten, Freuden, Arbeitskollegen) wird es<br />
immer wichtiger, gut zu funktionieren. So funktionalisiert diese begeisterungslos gewordene<br />
Gesellschaft erst ihre Erwachsenen und am Ende sogar noch ihre Kinder. Die werden mit Wissen<br />
abgefüllt und es werden ihnen bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten beigebracht, anstatt in ihnen<br />
die Fackel der Begeisterung am eigenen Entdecken und Gestalten zum Lodern zu bringen. Die<br />
moderne Hirnforschung kennt den Weg hinaus aus diesem Dilemma. Sie hat wissenschaftlich<br />
ergründet: Alles, was Menschen hilft, was sie einlädt, ermutigt und inspiriert, eine neue, andere<br />
Erfahrung zu machen als bisher, ist gut für das Hirn und damit gut für die Gemeinschaft. Menschen,<br />
denen es gelingt, ihr Gehirn noch einmal auf eine andere als die bisher gewohnte Weise zu benutzen,<br />
bekommen ein anderes Gehirn. Menschen, die sich noch einmal mit Begeisterung für etwas öffnen,<br />
was ihnen bisher verschlossen war, praktizieren dieses wunderbare Selbstdoping für das eigene<br />
Gehirn. Die Wissenschaft nennt diesen Prozess Potenzialentfaltung. Es ist das genaue Gegenteil von<br />
dem, was die meisten Menschen gegenwärtig betreiben: bloße Ressourcennutzung.<br />
So lautet die frohe Botschaft der Hirnforscher: Wer sein Gehirn nicht zu einer Kümmerversion dessen<br />
machen will, was daraus hätte werden können, der muss seine kindliche Begeisterungsfähigkeit<br />
zurück gewinnen. Er muss sich einladen, ermutigen und inspirieren lassen, die Welt noch einmal so<br />
zu betrachten, wie damals, als er noch ein Kind war: mit all der Entdeckerfreude und Gestaltungslust,<br />
die als Anreiz und Dünger für das eigene Hirn gebraucht werden.<br />
Um bei Heranwachsenden die kindliche Begeisterung dauerhaft virulent zu halten und sie immer<br />
wieder neu zu entfachen, müssten die Eltern die Rolle des Motivators übernehmen. Sie könnten, ihre<br />
Kinder resistent machen gegen Routine, Trägheit und Trübsal. Das kann aber nur gelingen, wenn sich<br />
diese Eltern ihre Befähigung zur Potenzialentfaltung selbst erhalten haben; wenn sie selbst weiter in<br />
das Leben verliebt sind und sich für all das begeistern, was dieses Leben tagtäglich in seiner ganzen<br />
Buntheit und Schönheit bietet – wie damals, als sie selbst noch kleine Kinder waren.<br />
Eltern, die ein allzu funktionalisiertes Leben bereits in Rolle des Ressourcennutzers gedrängt hat,<br />
brauchen allerdings selbst einen äußeren Antrieb, um zurückzufinden zu einer authentischen<br />
Begeisterung, die sie auf ihre Kinder übertragen können. Sie müssten ihren Kindern wirklich neue<br />
Perspektiven, als Gestalter, nicht aber als Bewältiger ihres Lebens bieten.<br />
Familie und Schule bilden vor diesem Hintergrund ein Beziehungsgeflecht, in dem alle Beteiligten<br />
Lehrer, Eltern und Kinder gemeinsam ihre Begeisterung am Entdecken und Gestalten wiedererlangen<br />
können. Zu entdecken, mit welchen Methoden und Angeboten die Kinder für das Lernen und die<br />
kreative Nutzung von Wissen begeistert werden können, müssten Eltern und Lehrer sich selbst<br />
begeistern. Nur wer in der Lage ist, sich an den Kindern zu begeistern, wird in der Lage sein, ihnen<br />
auch genug Begeisterungs-Doping für ihr Hirn mit auf den weiteren Lebensweg zu geben.<br />
K Warum OTELO?<br />
11
Raum und Zeit für Ideen<br />
OTELO lebt von der Idee, Menschen einen offenen Raum für kreative und technische Aktivitäten zu<br />
ermöglichen. Eine Idee, die auf einen geschützten Entwicklungs- und Experimentierraum für<br />
experimentelles und gemeinsames Schaffen setzt. Eine Idee, die Anwendungsfelder aus Technik,<br />
Medien und Kunst öffnet und miteinander verbindet. Darum trägt OTELO diese Idee auch im Namen:<br />
OTELO ist das Offene Technologielabor.<br />
OTELO selbst versteht sich als Modell, das diese Idee abseits urbaner Ballungszentren mithilfe von<br />
kostenloser Basisinfrastruktur, niederschwelligen Gemeinschaftsräumen und Kleinlaboren – den so<br />
genannten „Nodes“ – realisiert. Mit diesem einfachen Rahmen möchte OTELO die Voraussetzung<br />
schaffen, Personen jeden Alters bei der Entwicklung, Vertiefung und Umsetzung eigener Ideen in der<br />
Region zu unterstützen und zu begleiten. Gleichzeitig sollen Begegnungen, Austausch und<br />
gemeinsam erlebte Inspirationen ermöglicht werden. Damit ist dieses Modell in erster Linie auch ein<br />
soziales, das die Basis für interessante Betätigungsmöglichkeiten in der Gruppe schafft und den<br />
Grundstein für „Community Building“ legt.<br />
Druck raus! Lust rein!<br />
OTELO legt großen Wert darauf, sich mit den Themenbereichen – beispielsweise<br />
Naturwissenschaften, technische Innovationen oder digitale Künste – grundsätzlich auf lustvolle,<br />
verspielte oder träumerische Weise zu beschäftigen ohne jeglichem Druck, Zwängen oder Vorgaben<br />
ausgesetzt zu sein. Es muss nichts Funktionierendes oder Verwertbares entstehen – so lautet die<br />
Grundphilosophie. Damit unterscheidet sich OTELO gravierend von herkömmlichen<br />
Ausbildungseinrichtungen oder konventioneller Lohnarbeit. OTELO geht es um die wertschätzende<br />
Anerkennung persönlicher Potenziale und die freie Entfaltung eben dieser. Ein etwaiges Münden<br />
dieser Prozesse entweder in der selbstständigen Kreativwirtschaft oder in der „Community<br />
Production“ im Sinne einer Selbstermächtigung wird bewusst offen gelassen.<br />
OTELO kooperiert mit Bildung, Forschung, Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Medien in gemeinsam<br />
entwickelten Aktivitäten und Projekten – ohne sich dabei in existenzielle Abhängigkeit bestehender<br />
Systeme zu begeben. Gleichzeitig unterstützt OTELO Beteiligte bei der Planung und Durchführung<br />
von eigenen Projekten und setzt mittels Workshopprogrammen inhaltliche Impulse. Damit spielt<br />
OTELO auch eine Rolle in der Regionalentwicklung und möchte dem so genannten „Brain-Drain“ –<br />
dem Abwandern kreativer Geister aus dem ländlichen Raum – experimentelle Konzepte<br />
entgegensetzen.<br />
Innovationsräume in Regionen<br />
Im Rahmen der OTELO Machbarkeitsstudie (RMOÖ 2008) konnte aufgezeigt werden, dass die<br />
Innovationsräume in Form von Keller- oder Garagenwerkstätten mittlerweile auch im ländlichen<br />
Raum zunehmend verschwinden. Innovationsräume zu schaffen, die gezielt verschiedene<br />
Interessens- und Altersgruppen ansprechen, ist ein vorrangiges Ziel regionaler Entwicklung. Nicht nur<br />
der Erhalt der Lebensqualität steht im Vordergrund, sondern auch die zukunftsfähige wirtschaftliche<br />
Entwicklung ländlicher Gebiete. Innovation ist aus unserer Sicht von drei Dimensionen geprägt, die<br />
gezielt mit einem OTELO angesprochen werden. Das „Offene Technologielabor“ setzt sich aus drei<br />
Begriffen zusammen, werden jeweils zwei dieser Begriffe in Beziehung gesetzt dann wird das<br />
Innovationspotential von OTELO in seiner Gesamtheit ersichtlich.<br />
K Warum OTELO?<br />
12
Zielorientierte Innovation<br />
„Am Land gibt es das noch nicht!“<br />
Ein OTELO strebt das Ziel an, wirklich neue Ideen zu kreativwirtschaftlichen Bereichen zu entwickeln.<br />
Dafür werden Rahmenbedingungen geschaffen, die es ermöglichen neue Ideen zu entwickeln und<br />
auch in Richtung experimenteller Umsetzung zu begleiten. Strukturen, die es bisher im ländlichen<br />
Raum nachweislich nicht gibt und die durch ein OTELO erst geschaffen werden.<br />
Das Offene Labor lädt ein zum Träumen und ist somit Ziel-orientiert.<br />
Kontextbezogene Innovation<br />
„Generationsübergreifend statt Studenten-Bastelclub.“<br />
Wir sprechen mit OTELO eine wesentlich breitere Zielgruppe - vom Kind bis zum Pensionisten - an.<br />
Erwachsene, die mitten im oder am Ende des Berufslebens stehen, bieten sich an, in Projekten als<br />
Experte/-in und Senior Assistent, aber ja nicht als Oberlehrer/-in zur Verfügung zu stehen. Urbane<br />
Projekte sind sehr an Personen zwischen 18 und 35 orientiert und schöpfen ihr Potenzial primär aus<br />
dem studentischen Umfeld. Dieses Umfeld existiert im ländlichen Raum jedoch nicht. Das Potenzial<br />
für ein OTELO ergibt sich aus einer wesentlich breiteren Zielgruppe, die gezielt angesprochen werden<br />
kann. Das OTELO optimiert somit bestehende Modelle für den ländlichen Raum = kontextorientierte<br />
Innovation!<br />
Das Technologielabor macht Reflexion und Kritik möglich und ist somit kontext-orientiert<br />
Prozessorientierte Innovation<br />
„Wer keine Fehler macht, macht sicher etwas falsch!“<br />
Das OTELO versucht über einen regionalen Prozess eine neue Wertschöpfungskette in Gang zu<br />
bringen. Durch die Unabhängigkeit der Organisation von bestehenden Systemen kann hier auch für<br />
traditionelle Bereiche ein Innovationsraum entstehen, der deren Potenziale wieder zur Entfaltung<br />
bringt. Besonders in den Prozess einbezogen werden Wirtschafts-, Bildungs- und Forschungssysteme.<br />
Außerdem werden diese mit künstlerisch-kreativen Prozessen in Berührung gebracht. Durch die<br />
zusätzliche Einbeziehung des Mediensystems erreichen wir eine breite Verankerung in der regionalen<br />
Wahrnehmung.<br />
Die Offene Technologie ermöglicht das Tun und ist somit prozess-orientiert!<br />
K Warum OTELO?<br />
13
4) OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe<br />
Betrachtungen & Sichtweisen<br />
Wenn jetzt von verschiedenen, die Gesellschaft strukturierende Systeme gesprochen wird, stellt sich<br />
natürlich die Frage, wie diese Systeme OTELO bisher wahrgenommen haben. Wir haben dazu einige<br />
externe Sichtweisen angefragt und dankeswerter Weise auch schriftlich bekommen. Wir möchten<br />
diese Sichtweisen an dieser Stelle einbringen, damit die Darstellung nicht auf die Innensicht begrenzt<br />
bleibt. Wir wollen damit auch den Bogen weit über das Organisationskonzept hinausspannen und<br />
hier auch größere Bedeutungsräume betreten.<br />
Aus dem Logbuch der ersten OTELOs<br />
Sarah Funk, ScienceCenter-Netzwerk<br />
OTELO NOW. Der Projekttitel spricht für sich. Innerhalb von etwas mehr als drei Jahren ist aus einer<br />
Idee eine regionenübergreifende Bewegung geworden, die an mittlerweile sieben Standorten von<br />
unterschiedlichen Personen engagiert weitergetragen und an lokale Gegebenheiten angepasst wird.<br />
Seit seiner Gründung ist der Verein OTELO Partner im ScienceCenter-Netzwerk und wird von uns in<br />
verschiedenen Projekten wissenschaftlich begleitet. Die Prozessbegleitung ist eine spannende<br />
Aufgabe, da sie erlaubt eine fordernde, aber positiv fördernde Außenperspektive einzubringen und<br />
im Sinne des Projekts Impulse und Anregungen zum Weiterdenken zu geben.<br />
Dieser Beitrag ist als Momentaufnahme zu verstehen. Er basiert auf der gemeinsamen Reflexion<br />
verschiedener AkteurInnen, insbesondere der einzelnen Standortteams 1 , denen an dieser Stelle für<br />
ihre engagierte Beteiligung Dank auszusprechen ist. Inhaltlich gründet der Beitrag auf drei Fragen, die<br />
in allen Standortteams diskutiert und am Standortetreffen im Sommer 2012 in Vöcklabruck<br />
vertiefend bearbeitet und reflektiert wurden. 2<br />
Wofür steht OTELO für euch?<br />
Die Frage zielte darauf ab, die Quintessenz von OTELO herauszuarbeiten. Wie wird OTELO von jenen<br />
wahrgenommen, die OTELO durch ihr tägliches Tun hervorbringen und begründen?<br />
Legt man die einzelnen Antworten der Standortteams nebeneinander, so wird ein Grundprinzip<br />
deutlich: OTELO wird als „offener Raum“ gedacht, der „Platz zum Experimentieren“ und „Ideen<br />
spinnen“ bietet, ebenso wie die Möglichkeit, in einer „intensiven und vertrauensvollen Atmosphäre“<br />
„Gleichgesinnte zu treffen“ und „Gemeinschaft zu leben“. Die Struktur (ausgedrückt als „offener<br />
Raum“, „Freiraum“, „kreativer Raum“, „offenes Labor“) wird durch die Elemente Inhalt<br />
1 Berücksichtigt werden muss, dass sich die sieben Standorte Vöcklabruck, Gmunden, Ottensheim, Kirchdorf im Kremstal,<br />
Linz, Vorchdorf und Angermünde zum Zeitpunkt der Erhebung in jeweils unterschiedlichen Phasen der Etablierung<br />
befanden. Während die 2010 eröffneten Standorte Vöcklabruck und Gmunden als „Ur-OTELOS“ Referenzfunktion für<br />
jüngere Standorte haben, standen Vorchdorf und Angermünde kurz vor der Eröffnung.<br />
2 Im Vorfeld des Standortetreffens erhielten alle Standortverantwortlichen ein E-Mail mit der Bitte, die darin aufgeworfenen<br />
Fragen in ihren Teams zu diskutieren und aufzubereiten. Mit einer Rücklaufquote von 100% gestaltete sich die Auswertung<br />
der Antworten überaus spannend. Sichtbar wurden Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede in der lokalen<br />
Interpretation, Gestaltung und Umsetzung der OTELO Idee.<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
14
(„experimentieren“, „Ideen spinnen und umsetzen“, „arbeiten“) und Gemeinschaft („Begegnung“,<br />
„Vernetzung“, „Gemeinschaftsgefühl“) näher bestimmt. Diese Definitionen decken sich weitgehend<br />
mit der offiziellen Darstellung auf der Homepage, wo es heißt: „OTELO lebt von der Idee, Menschen<br />
einen offenen Raum für kreative und technische Aktivitäten zu ermöglichen. Eine Idee, die auf einen<br />
geschützten Entwicklungs- und Experimentierraum für experimentelles und gemeinsames Schaffen<br />
setzt.“<br />
Für wen ist euer OTELO? Für wen ist es nicht?<br />
Mithilfe dieser Fragen sollte ergründet werden, welche Personen OTELO nutzen und ob es<br />
standortspezifische Unterschiede gibt. Laut Homepage spricht OTELO eine breite Zielgruppe („vom<br />
Kind zum Pensionisten“) an. „Personen jeden Alters sollen bei der Entwicklung, Vertiefung und<br />
Umsetzung eigener Ideen in der Region unterstützt und begleitet werden.“<br />
Vor allem die erste Frage wurde von den Standortteams eindeutig offen beantwortet. OTELO stehe<br />
(fast) allen Menschen offen. OTELO sei für „alle Generationen“, „für alle gesellschaftlichen<br />
Schichten“, „für alle offenen Menschen“ sowie für „alle die Gleich- oder auch Ungleichgesinnte<br />
treffen möchten“, um ein paar Formulierungen herauszugreifen. OTELO spricht „Menschen mit<br />
technischem Interesse“, „technisch-künstlerisch kreative Menschen“, „Menschen mit Interesse für<br />
Neues“ und „Menschen jedweder Herkunft“ von „7 bis 99“ an. Auffällig ist, dass die erste Aussage,<br />
OTELO sei offen für alle, zumeist näher präzisiert wird: „offen für alle, die …“ Hervorgehoben werden<br />
dann vor allem „Offenheit“, „Neugierde“, „künstlerisches, technisches oder kreatives Interesse“<br />
sowie „soziale Orientierung“ als wesentliche Charakteristika.<br />
Ein OTELO Standort gab an, speziell auf junge Leute zu fokussieren. Ein anderer Standort<br />
thematisierte zudem gesellschaftliche Gruppen, die bisher nicht angesprochen würden, aber<br />
unterstützt werden sollten: „MigrantInnen, Menschen mit körperlichen Einschränkungen, etc.“<br />
Für wen ist euer OTELO nicht? Auf diese Frage wurden vor allem „EinzelkämpferInnen“<br />
hervorgehoben. OTELO sei nicht für „Leute, die Dinge ganz alleine umsetzen wollen“, für<br />
„Eigenbrötler, die ihr Wissen und Können nicht weitergeben wollen“, auch nicht für „Leute, die nur<br />
ihr stilles Kämmerchen bewohnen und sich nicht an gemeinsamen Aktivitäten beteiligen wollen“.<br />
Auch Menschen, „die Diskriminierung aufgrund von Geschlecht oder sexueller Orientierung,<br />
Herkunft, Abstammung, Hautfarbe oder Ethnie, religiöser oder politischer Anschauung, aufgrund<br />
körperlicher oder geistiger Fähigkeiten, sozialer Herkunft, Sprache oder Alter ausüben“, hätten in<br />
einem OTELO nichts verloren.<br />
Was macht euer OTELO besonders?<br />
Die Antworten zeigen eine große Vielfalt an Schwerpunkten, Themen und lokalen Besonderheiten.<br />
Im Folgenden eine kleine Auswahl an Faktoren, die die einzelnen OTELOs im Speziellen auszeichnen.<br />
Darunter finden sich beispielsweise eine „starke Ausrichtung auf Kinderworkshops“, „viele<br />
verschiedene tolle Menschen mit unterschiedlichen Talenten und Fähigkeiten“, der „Schwerpunkt<br />
auf Permakultur-Themen“, die „Triangel Radio B138 – Haus 16 A – OTELO“, die Einbettung „in NANK-<br />
Visionen“, die „Frauenquote im Standortteam“, eine „gemütliche Küche/Sozialraum“, die gelungene<br />
„Vernetzung mit Stadt, WKO, etc.“, das „Flair“, der „Tanzraum“, die zukünftige „Vernetzung mit dem<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
15
Offenen Kulturhaus (OKH)“, „3D-Drucker als attraktive Einstiegsmöglichkeit ins OTELO“, und die<br />
Einschätzung, dass OTELO „neue Haltungen gegenüber Beruf, Berufung und Arbeit“ ermögliche.<br />
Einsichten und Perspektiven<br />
Die Analyse der Antworten, die uns von den Standortverantwortlichen per E-Mail zugesandt wurden,<br />
zeigte bei manchen Themen erhöhten Diskussionsbedarf. Gelegenheit zur vertiefenden<br />
Auseinandersetzung bot ein gemeinsames Treffen im Sommer 2012, das erstmalig alle sieben<br />
Standorte zum Austausch versammelte. 3 Die wichtigsten Ergebnisse und Einsichten sind hier in<br />
aufbereiteter Form dargestellt.<br />
Offenes Technologielabor<br />
Basierend auf den Antworten der E-Mail-Befragung erscheint OTELO als überaus bunter und<br />
heterogener Pool an Menschen. Diversität wird großgeschrieben. Könnte es sein, dass sich eine Kluft<br />
zwischen Potential („wie es sein könnte“) und Wirklichkeit („wie es ist“) manifestiert? Welche<br />
Menschen werden noch nicht erreicht und warum? Wie können neue Zielgruppen angesprochen<br />
werden?<br />
OTELO möchte grundsätzlich offen für alle sein. Dieser Anspruch ist bedeutsam und sollte auf jeden<br />
Fall beibehalten werden, macht er doch ein zentrales Wesensmerkmal von OTELO aus.<br />
„Generationsübergreifend statt Studenten-Bastelclub“, lautet eine pointierte Aussage auf der<br />
offiziellen Website. OTELO hat das Potential, verschiedene gesellschaftliche Gruppen gezielt<br />
anzusprechen. Von Vorteil sind dabei die verschiedenen Einstiegsmöglichkeiten ins OTELO, die von<br />
der Partizipation an Workshops und Veranstaltungen bis hin zum Besuch von „OTELO Freitagen“ und<br />
„Shared Office“-Tagen und der Teilnahme oder Gründung von „Nodes“ reichen.<br />
Um den Anspruch des tatsächlich für alle offenen Technologielabors Wirklichkeit werden zu lassen,<br />
ist eine Reflexion über Ausschließungsmechanismen, die Menschen an der Teilhabe hindern könnten,<br />
unerlässlich. Das fängt beim Stichwort Barrierefreiheit an („Wie schaffen es RollstuhlfahrerInnen in<br />
den zweiten Stock eines Hauses ohne Lift?“), betrifft Faktoren wie die Kommunikation nach außen<br />
(„OTELO spricht mit seiner Art der Kommunikation momentan noch recht spezifische Zielgruppen<br />
an.“) und hat auch mit Gruppendynamiken zu tun, die sich in jeder gut eingespielten Gruppe äußern<br />
und die es nicht nur schüchternen Personen erschweren können, sich in bestehende<br />
Zusammenhänge zu integrieren. „Wer kommt, ist da und willkommen“, wurde während des<br />
Standortetreffens auf einem der Plakate notiert. Was würde es brauchen, um dieses Kommen zu<br />
unterstützen und zu erleichtern? Wer hat die zeitlichen Ressourcen und Möglichkeiten, OTELO zu<br />
nutzen? Diese können abhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft, sozialem Status und anderen<br />
Kategorien recht unterschiedlich verteilt sein.<br />
Wo sind die Grenzen der Offenheit? Wie werden Verstöße gegen gemeinsame Regeln,<br />
diskriminierendes Verhalten, Grenzüberschreitungen, u.ä. sanktioniert?<br />
Ein wichtiges Kriterium von OTELO ist die Bereitschaft, Wissen und Fähigkeiten zu teilen und sich mit<br />
anderen auszutauschen. Mehrmals wurde hervorgehoben, dass OTELO nichts für „Eigenbrötler“ sei.<br />
Diese „Grenze“ wird über die Nodevergabe gewahrt: Einzelpersonen bekommen in der Regel keinen<br />
eigenen Raum; die „Magic-5-Regel“ (mind. 5 Personen pro Node) soll den gegenseitigen Austausch<br />
3 Am Standortetreffen wurden die Ergebnisse der E-Mail-Befragung sowie zehn weiterführende Fragen, die im Zuge der<br />
Analyse daraus abgeleitet wurden, präsentiert. Diese wurden als Diskussionsimpulse in den Raum gestellt. Die Fragen<br />
wurden von den Anwesenden nach der GIVE-Methode auf Postern schriftlich beantwortet. So entstand ein dichtes Geflecht<br />
an Kommentaren, Einschätzungen, Meinungen und Äußerungen, die ihrerseits aufgegriffen und weitergeführt wurden. Die<br />
„Plakatausstellung“ verdichtete die Antworten der E-Mail-Befragung und warf manche neuen Aspekte auf.<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
16
gewährleisten. Welche anderen Spielregeln braucht es, um die Offenheit zu schützen? Wie sollen<br />
Verstöße gegen diese „Kultur der Offenheit“ sanktioniert werden? Diese Regeln müssen in einem<br />
gemeinsamen Aushandlungsprozess festgelegt und für alle gleichermaßen verbindlich vereinbart<br />
werden.<br />
Offenes Technologielabor<br />
Die Offenheit in den Zielgruppen bedingt die Offenheit der Inhalte. „OTELO ist gerade durch das<br />
Nicht-Festgelegt-Sein interessant und reizvoll für die Menschen.“ Dieses Nicht-Festgelegt-Sein kann<br />
durch eine Metapher verdeutlicht werden: OTELO ist der Kochtopf, nicht die Suppe, die darin<br />
gekocht wird. Anders ausgedrückt: OTELO schafft die Rahmenbedingungen („Kochtopf“), in denen<br />
unterschiedliche Inhalte („Suppe“) verwirklicht werden können, wobei ein Schwerpunkt auf den<br />
Feldern „Technik, Medien und Kunst“ liegt.<br />
Was ist also der Fokus von OTELO? Braucht es einen Fokus? „Der Fokus muss am „Freihalten“ der<br />
Räume liegen und nicht auf dem, was drinnen passiert!“ Dieser Satz, der während der gemeinsamen<br />
Reflexion auf einem Poster notiert wurde, gibt in pointierter Weise Antwort auf diese Fragen. Der<br />
Fokus ist demnach nicht durch die inhaltliche Ausrichtung, sondern durch die Struktur, die<br />
Rahmenbedingungen, gegeben.<br />
Nun könnte „Technologie“, wie im Namen „Offenes Technologielabor“ enthalten, auch einen<br />
inhaltlichen Fokus vorgeben. In den E-Mail-Antworten der Standortteams wurde dem Begriff<br />
„Technologie“ unterschiedliche Gewichtung verliehen. Während die nähere Bestimmung von OTELO<br />
als offenes Technologielabor für manche Standorte von zentraler Bedeutung erscheint, wurde der<br />
Begriff von anderen Standortteams kein einziges Mal erwähnt. Am Standortetreffen wurde hier<br />
nachgehakt: Es zeigte sich, dass der Begriff unterschiedlich definiert wird und je nach Auslegung<br />
Menschen unterschiedlich anspricht. Gemäß der griechischen Deutung des Wortes kann<br />
„Technologie“ im Sinne von Kunstfertigkeit(en) verstanden werden. In dieser umfassenden Lesart,<br />
die vor allem von Personen aus dem unmittelbaren OTELO Zentrum vertreten wird, ist Technologie<br />
vielfältig und inkludiert so „unterschiedliche Bereiche wie Tanz, Elektronik, strukturelle Technologie,<br />
Organisation, Nahrungsmittel, Kommunikation und Permakultur“. Zudem wurde hervorgehoben,<br />
dass der Begriff als Türöffner dienen kann. Er „gibt dem offenen Labor eine lokale Wurzel“ und<br />
signalisiert: „OTELO geht über einen Kulturverein hinaus.“ Doch nicht alle „Otelistas“ teilten diese<br />
Auslegung. Innerhalb der Standortteams wurde der Begriff mitunter kontrovers diskutiert. Bedenken<br />
existieren beispielsweise hinsichtlich der Wirkung des Begriffs nach außen. So wurde vor allem, aber<br />
nicht nur von Frauen angemerkt, dass der Begriff abschreckend wirken und zu Fehlannahmen führen<br />
könnte. Wird „Technologie“ überschätzt? „Ehrlich gesagt, identifiziere ich mich sehr mit dem Wort<br />
OTELO, aber weniger mit dem Wort Technologielabor, es stört mich aber nicht…“<br />
Offenes Technologielabor<br />
OTELO versteht sich als Labor zum gemeinschaftlichen Experimentieren, Ideen spinnen und<br />
verwirklichen, zum lustvollen Scheitern und Neugierig sein. Für viele dient es als Arbeitsstätte für<br />
naturwissenschaftliche, technische, kreative oder sonstige Arbeiten. Damit kommt das OTELO Labor<br />
dem eigentlichen Wortsinn von „laborare“ (lat. für arbeiten) sehr nahe. So wie Labore der<br />
praktischen experimentellen Arbeit dienen, werden auch die „Nodes“ (engl. für Knoten, Kleinlabore)<br />
von Personen genutzt, die gemeinsam an der Umsetzung und Verwirklichung von Ideen arbeiten. Mit<br />
seinem Nodekonzept unterscheidet sich OTELO von anderen offenen Räumen, die die Nutzung der<br />
Räume völlig offen lassen. Dennoch existieren offene Experimentierräume auch außerhalb von<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
17
OTELO. Welche Elemente, so stellte sich daher die Frage, müssen auf jeden Fall integriert sein, damit<br />
aus einem offenen Raum ein OTELO wird?<br />
Am Standortetreffen besonders hervorgehoben wurden neben dem „freien Zugang“ und der<br />
„Offenheit“ vor allem strukturelle Elemente, wie die „Räumlichkeiten“, die „Nodes“,<br />
„Raum/Platz/Zeit für Begegnung der Nodes“, „Küche/Sozialraum“, der „regionale Fokus“ sowie<br />
ideelle Faktoren, wie die „Bereitschaft, Ideen zu teilen, und die Prämisse, dass sich „Ideen frei<br />
entwickeln können, ohne Zielvorgaben“. Die Räume können „ohne Konsumzwang oder speziellen<br />
Outcome genutzt werden“.<br />
Fazit<br />
OTELO sorgt auf vielfältige Weise dafür, dass sich Menschen für die Umsetzung ihrer Ideen<br />
engagieren. OTELOs können als Orte der Aneignung gedacht werden. Sie bieten Kindern,<br />
Jugendlichen und Erwachsenen Freiräume sich zu treffen und ihren Interessen in selbstbestimmter<br />
Form nachzugehen. „Räume sind von Menschen strukturiert und strukturieren Menschen. Derselbe<br />
Ort kann für verschiedene Menschen völlig anders konnotiert sein, denn es gibt keinen neutralen<br />
Raum. Sie werden sozial ausverhandelt und sind dabei durchzogen von Machtlinien.“ 4<br />
Wir sehen es als unsere Aufgabe, in der Prozessbegleitung von OTELO NOW auf diese „Machtlinien“<br />
hinzuweisen und damit auf mögliche „blinde Flecken“ aufmerksam zu machen. Voraussetzung dafür<br />
sind neben einem offenen und wertschätzenden Zugang stete Selbstreflexion und die Bereitschaft,<br />
sich mit (Gruppen-)Dynamiken, Einschluss- und Ausschlussmechanismen und Machtverhältnissen<br />
auseinanderzusetzen. Dies wird gewährleistet, indem OTELO immer wieder Möglichkeiten zum<br />
konzentrierten Austausch verschiedener AkteurInnen schafft und Impulse aufgreift und integriert.<br />
Im Rahmen unserer Begleitforschung zeigt sich immer mehr die Bedeutung einer offenen und<br />
transparenten Kommunikation nach innen und nach außen. So stellte sich heraus, dass der Begriff<br />
„Technologie“ von verschiedenen AkteurInnen recht unterschiedlich ausgelegt wird. Eine klare<br />
Kommunikationspolitik, die offenlegt, welches Technologieverständnis (bzw. Politikverständnis, etc.)<br />
OTELO zugrunde liegt, kann Irritationen und Missverständnissen entgegenwirken.<br />
Eine große Stärke von OTELO ist, dass Diversität und Vielfalt nicht nur Platz finden dürfen, sondern<br />
explizit erwünscht sind. Wichtig hierbei erscheint eine Politik der aktiven Förderung, um auch jene zu<br />
erreichen, für die die Hürden der Teilnahme aus verschiedensten Gründen größer sind als für andere.<br />
Sonst besteht die Gefahr, letztlich nur diejenigen Menschen zu erreichen, die sich bereits innerhalb<br />
bestehender Netzwerke befinden – zumal OTELO auf hohes ehrenamtliches Engagement setzt, was<br />
nicht alle gleichermaßen kennen bzw. sich leisten können.<br />
Deutlich wurde, wie wichtig die Verpflichtung auf einen „kleinsten gemeinsamen Nenner“ für den<br />
Zusammenhalt ist, d.h. ein gemeinsames Verständnis der Grundpfeiler der OTELO Philosophie. Dazu<br />
gehören die Schaffung von sozialen Freiräumen, Community Building, der Kontakt und Austausch mit<br />
der regionalen Politik, die Struktur des Austausches und der Reflexion, das Bekenntnis zu Offenheit<br />
und Vielfalt, die Prämisse, dass nichts Funktionierendes oder Verwertbares entstehen muss, uvm. In<br />
verdichteter Form werden diese und andere Punkte nun in der OTELO Charta schriftlich festgehalten.<br />
4 Erler, Ingolf (2007): Den öffentlichen Raum als Freiraum erobern. In: Kulturrisse. Zeitschrift für radikaldemokratische<br />
Kulturpolitik, http://kulturrisse.at/ausgaben/022007/kunstpraxen/den-oeffentlichen-raum-als-freiraum-erobern (Stand:<br />
30.10.2012)<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
18
KUPF – Kulturplattform Oberösterreich<br />
Stefan Haslinger<br />
Freiräume organisieren! Was auf den ersten Blick wie ein Oxymoron anmutet, entpuppt sich bei<br />
näherer Betrachtung als unabdingbarer Zusammenhang. Denn wie, wenn nicht durch ein<br />
organisiertes Vorgehen, können Freiräume entstehen. Sie entstehen primär aus einem Bedarf<br />
heraus, aber diesen gilt es zu bündeln, zu kanalisieren zu – eben – organisieren. Was OTELO nicht<br />
macht, ist den Bedarf zu organisieren, die Nutzung zu steuern. OTELO organisiert den Raum – sogar<br />
als topologischen statt nur logischen Ort. Wie sich die NutzerInnen, ProtagonistInnen organisieren,<br />
obliegt dann ihren Fähigkeiten, ihrem Willen. Der Raum als Experimentierfeld, als Ort des<br />
Reflektierens, schafft erst die Möglichkeit der Entwicklung. Oder, mit Rolf Schwenter gesprochen:<br />
„Die Initiativen der freien Kulturarbeit leisten Reflexionsarbeit an der Gesellschaft. Sie stellen Orte<br />
zur Verfügung, an denen Kommunikations- und Lernprozesse stattfinden.“ Das macht OTELO – und<br />
sie machen es verdammt gut!<br />
Ein Versuch herauszufinden was OTELO ist?<br />
Georg Ottinger – eine externe Sicht von Innen<br />
Als ich Anfang 2010 beim Aufbau des OTELO Standortes Vöcklabruck eingestiegen bin, war ich sofort<br />
von der Idee des OTELOs begeistert, ohne zu wissen um was es sich eigentlich genau handelt. Ein<br />
schöpferischer Geist machte das OTELO zu einem für mich sinnerfüllten Ort. Hier hatte (und habe) ich<br />
das Gefühl meine Energien für eine gute Sache einzusetzen. Da ich meine Erwerbsarbeit zu dieser<br />
Zeit als nicht besonders erfüllend wahrgenommen habe, stürzte ich mich in das Treiben des OTELOs<br />
um hier, teilweise als Kompensation, einer sinnerfüllten Arbeit nachgehen zu können.<br />
Wenn mich damals jemand gefragt hat, was ist OTELO, dann habe ich meistens darauf geantwortet:<br />
„Ein Freiraum – soetwas wie ein Hackerspace.“ Im Laufe der Zeit dachte ich lieber an den Ausdruck<br />
„mehr als ein Hackerspace“, weil hier sehr viele unterschiedliche Dinge geschehen durften und auch<br />
geschahen. Erst viel später und im Laufe der Recherche zu diesem vorliegenden Handbuch begann ich<br />
mich mit der Entstehungsgeschichte der OTELOs auseinander zusetzen. Meine (mir selbst zugeteilte)<br />
Aufgabe war die Organisation der OTELOs für das Handbuch zu beschreiben. Gleich zu Beginn<br />
flammten in diesem Zusammenhang die Begriffe selbstreferenziell und Autopoiesis auf, welche mir<br />
bereits in meinem Studium untergekommen sind. Irgendwie schien es damals sinnvoll diese Begriffe<br />
über das vorhandene Node-Konzept von OTELO zu legen um damit ein Argument kreieren zu können,<br />
welches es erlaubt die Unabhängigkeit von OTELO als operativ-geschlossenes System zu beschreiben.<br />
Die Idee, die hier hervorbricht ist OTELO als ein gesellschaftliches Subsystem auf der gleichen Stufe<br />
wie das Wirtschafts-, Politik- oder auch das Bildungssystem, usw. zu definieren. - Möglicherweise<br />
etwas vermessen, möglicherweise auch nicht. - Diese Idee fruchtete allerdings nicht in einem<br />
kommunizierbaren Text und wurde damals nicht weiter explizit ausgeführt.<br />
Ein Jahr später – nun mit schon etwas mehr intern aufgebautem Druck – versuchte ich mich erneut<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
19
dem Thema zuzuwenden. Die Strategie in diesem zweiten Anlauf lautet: Ähnliche Projekte aufsuchen;<br />
diese zu beschreiben; Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede zwischen den jeweiligen Projekten und<br />
dem OTELO herausarbeiten. Doch der Gedanke das Thema so abzuhandeln war im Grunde nicht<br />
befriedigend, da es zu viel von Vergleichen an sich hatte, so versandete auch dieser Versuch. Der<br />
dritte Versuch war geprägt von dem Gedanken durch eine „historische“ Herangehensweise das<br />
OTELO und seine Entstehungsgeschichte zu betrachten – der Frage nachzugehen was hat das OTELO<br />
zu dem gemacht was es heute ist?<br />
Meine Hypothese, welche dieses Vorhaben begleitet hat ist folgende: OTELO ist eine zunächst diffuse<br />
Idee, die auf ihrer Reise durch Raum und Zeit in Kontakt mit unterschiedlichen Menschen und<br />
Institutionen kommt und dadurch konkretisiert wird.<br />
Das erste Mal zeigt sie sich, durch eine von Martin Hollinetz initiierte Machbarkeitsstudie, welche von<br />
der RMOÖ GmbH, dem Verein für Regionalentwicklung und dem Technologiezentrum Attnang-<br />
Puchheim erarbeitet wurde. Hier werden die ersten Umrisse des OTELOs festgelegt. Es soll ein Umfeld<br />
sein um junge Mädchen und Burschen zu ermutigen sich künstlerisch und technisch/handwerklich zu<br />
betätigen. Es soll über bestehende Institutionen hinweg, Strukturen für ein „freies“ Forschen<br />
bereitstellen, zum Experimentieren einladen und ganz allgemein die Begeisterung für<br />
Naturwissenschaften und Technik fördern. In Wien werden zu diesem Zweck zwei unterschiedlichen<br />
Hackerspaces, das Metalab und das Happylab, besucht, da schon von Beginn an klar war, dass es sich<br />
beim OTELO um einen Freiraum im physischen Sinn handeln muss.<br />
Im Laufe der Machbarkeitsstudie wird die Idee von den Wünschen der teilnehmenden Personen und<br />
Institutionen angereichert. Gespräche mit der Stadt Vöcklabruck finden statt und es werden<br />
LehrerInnen und andere Privatpersonen eingeladen ihre Vorstellungen zu OTELO einzubringen. Es<br />
lässt sich also sagen, dass OTELO bereits in seinen Anfängen mit den Systemen Lokalpolitik und dem<br />
Bildungssystem in Verbindung trat.<br />
Als um den Jahreswechsel 2009-2010 die Besiedelung der ersten beiden OTELO Standorte<br />
Vöcklabruck und Gmunden erfolgte, war sehr schnell die Idee auf dem Tisch über OTELO auch ein<br />
Workshopprogramm anzubieten, um interessierten Menschen einen Grund und auch eine<br />
Möglichkeit zu bieten, in die Räumlichkeiten der OTELOs zu kommen. Ebenfalls zu dieser Zeit<br />
emanzipierte sich das „Projekt“ OTELO aus dem RMOÖ heraus und fand einen temporären<br />
Ankerpunkt bei der SPES Zukunftsakademie. Ein wichtiger Pfeiler der SPES Zukunftsakademie ist ihr<br />
Bildungsprogramm, in dem ein- und mehrtägige Seminare angeboten werden. Es mag nun ein Zufall<br />
sein oder eben auch nicht, aber seit dieser Zeit wurde auch das Workshopprogramm ein wichtiger<br />
Bestandteil des OTELO-Gesamtkonzeptes.<br />
Das Technologiezentrum Attnang-Puchheim und womöglich auch persönliche Erfahrungen der<br />
Beteiligten mit selbständiger Beschäftigung führten dazu, dass sich im OTELO ein Schwerpunkt unter<br />
dem Namen „OTELO Entrepreneurs“ bildet und somit auch eine Andockstelle zum Wirtschaftsystem<br />
darstellt, welche durch weitere Kooperationen mit den Wirtschaftskammern Gmunden und<br />
Vöcklabruck sowie den Kontakt zu lokalen Firmen ausgebaut wurde.<br />
Das erste Node, welches im OTELO Vöcklabruck gegründet worden ist, ist das Radionest, ein<br />
Außenstudio des „Freien Radio Salzkammerguts“. Viele der im Radionest engagierten Menschen,<br />
hatten in den vergangenen Jahren sehr viel Erfahrung in der Kulturarbeit gesammelt. Das OTELO<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
20
profitierte durch das immense Know-how dieser im Kunst- und Kulturbereich tätigen Menschen, was<br />
besonders in den Bereich Medien- und Vereinsarbeit zum Ausdruck kam.<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das OTELO mit mindestens vier gesellschaftlichen<br />
Subsystemen kommuniziert. Dem (Regional-)Politiksystem, dem Bildungssystem, dem<br />
Wirtschaftssystem und dem Kunst- und Kultursystem. Die folgende Illustration versucht diesen<br />
Zusammenhang graphisch darzustellen:<br />
Die Grafik zeigt OTELO als eine eigenständige Zelle, welche unabhängig von den anderen<br />
gesellschaftlichen Subsystemen operiert. - Diese Zelle ist sozusagen ein operativ-geschlossenes<br />
System. Der Austausch mit anderen Systemen ist nur dann möglich wenn diese Rezeptoren<br />
bereitstellen, die der „OTELO-Idee“ eine Andock-Möglichkeit bieten. Unserer bisherigen Erfahrung<br />
nach, sind solche „Rezeptoren“ Menschen, welche in den genannten Systemen arbeiten und auf einer<br />
persönlichen Ebene offen für die Philosophie und den Ideen des OTELOs sind. Jedes System für sich<br />
operiert nach seiner eigenen Logik und ist um den Systemerhalt bemüht. Eine ArbeiterIn, eine<br />
AngestelltE, eine BeamtIn oder auch eine ChefIn sind Menschen, welche in einem System arbeiten<br />
und gleichzeitig auch eigene Meinungen und Interessen besitzen. Ein System an sich besitzt wenig<br />
Handlungsspielraum für strukturelle Neuerungen - es sind diese Menschen, die es Systemen<br />
ermöglichen an neue Ideen anzuknüpfen. Was in der Grafik nicht ersichtlich ist, ist der umgekehrte<br />
Fall. Natürlich wird auch das OTELO von Menschen getragen, welche es wiederum ermöglichen, dass<br />
neue Ideen von „außen“ in das Gesamtkonzept integriert werden.<br />
Diese Rezeptoren - die offenen Menschen - an ihren jeweiligen Positionen sind die „weichen Stellen“<br />
eines Systems, an denen ein Austausch über die Systemlogik hinaus möglich wird.<br />
Die Grafik zeigt auch das Zusammenspiel der drei Begriffe „Offen“, „Technologie“ und „Labor“, welche<br />
im Namen „Offenes Technologielabor“ vereint sind. Im Folgenden lassen wir nun jeweils zwei dieser<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
21
Begriffe in Resonanz treten um zu versuchen ein Gefühl der Grundhaltung des OTELOs zu vermitteln.<br />
Offenes Labor – steht für die Offenheit des Raumes und für die Möglichkeit, dass jede und jeder<br />
InteressiertE ins OTELO kommen kann, dieses Nutzen kann – und im Idealfall auch andere Leute dort<br />
antrifft. Es muss nicht ein konkretes Vorhaben sein was die Leute ins OTELO lockt. Es ist ein Platz des<br />
Gedankenaustausches und auch ein Platz, an dem Mensch sich einfach gerne aufhält. Es ist ein Platz<br />
der Community.<br />
Offene Technologien – Wissen als Gemeingut. Open Source lebt uns vor wie sehr die Allgemeinheit<br />
von offenen Technologien profitieren kann. Diese Offenheit bedeutet mitbestimmen können und sich<br />
einbringen können. Wir ermutigen alle am OTELO Beteiligten ihr Wissen um ihre Arbeit zu teilen, ganz<br />
unabhängig davon ob es sich bei diesem Wissen um Baupläne von 3D-Druckern oder um<br />
Erfahrungswerte im Umgang mit Förderstellen oder der regionalen Politik handelt. Daher sind in<br />
unserm Verständnis Offene Technologien ein Mittel zur Selbstermächtigung und somit in weiterer<br />
Folge eine Voraussetzung um Projekte tatsächlich umsetzen zu können.<br />
Peter Senge sagte auf der „Wachstum im Wandel“-Konferenz im Oktober 2012: „If you believe that<br />
you are powerless, you are right!“ - In diesem Sinne lasst uns gemeinsam das Gegenteil davon<br />
annehmen!<br />
Technologielabor - Das Labor kennzeichnet das Experimentelle – es wird ausprobiert, wenn möglich<br />
ohne vorgefasste Vorurteile und im Wissen, dass das Experiment scheitern darf. Es ist der Ort wo<br />
vorgefasste Meinungen hinterfragt werden, wo reflektiert und auch kritisiert wird. Die<br />
Auseinandersetzung mit unseren gegenwärtigen Herausforderungen dient als Ausgangspunkt für<br />
neue Herangehensweisen. Die Kritik des Gegenwärtigen dient somit als Unterstützungshilfe um neue<br />
Ansätze realisieren zu können. Die Pluralität des OTELO inspiriert uns dabei Zusammenhänge auch<br />
einmal anders zu denken. Die Technologie ist die Anwendung von Wissen. Im Technologielabor wird<br />
Wissen experimentell angewendet um Erfahrung zu generieren, welche über theoretische<br />
Überlegungen hinausgehen.<br />
OTELO oder ähnliche Projekte deren Zeit nun gekommen ist als operativ-geschlossenes System zu<br />
definieren, hat einen wesentlichen Hintergrund: Eine der Stärken von OTELO ist die zuvor<br />
beschriebene Möglichkeit mit anderen Systemen Kontakt aufzunehmen. Damit diese Möglichkeit<br />
gewahrt bleibt ist es essentiell wichtig, dass es nicht von einem der anderen Systeme vereinnahmt<br />
wird. Wir definieren an dieser Stelle OTELO als einen eigenständigen Organismus, der sich in den<br />
Ritzen und Freiräumen breit macht, die von anderen Systemen nicht ausgefüllt werden und nicht<br />
ausgefüllt werden können. (Von manchen Otelistas wir dieser Organismus liebevoll als Schleimpilz<br />
bezeichnet.) Wir verfolgen hierbei einen konstruktivistischen Ansatz. Martin Hollinetz bezeichnet das<br />
OTELO und seine Unabhängigkeit in diesem Zusammenhang als eine Inszenierung. Gleichzeitig<br />
versuchen wir diese Inszenierung zu leben und schaffen dadurch Fakten, was dazu führt, dass sich aus<br />
der Idee eine tatsächliche Institution herauskristallisiert.<br />
Öffnen wir unseren Blickwinkel ein klein wenig, so erkennen wir schnell, dass OTELO „nur“ ein<br />
Ausdruck einer weltweit an Bedeutung gewinnenden Geistes- und Wertehaltung ist. Diese Geistes-<br />
und Wertehaltung kann, um eine Analogie zur Biologie herzustellen, als ein Myzel gesehen werden,<br />
das die verschiedenen Kulturlandschaften durchwächst. Hier und da sprießen bereits die<br />
Fruchtkörper dieses Myzels aus dem Boden. Und einer dieser Fruchtkörper heißt OTELO.<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
22
Was hat OTELO mit sozialer Innovation zu tun? Eine Annäherung<br />
Raffaela Then, Ashoka<br />
Innovation.<br />
Lassen wir uns dieses Wort einmal auf der Zunge zergehen und vor unseren Augen Form annehmen.<br />
Innovation? Auch nachdem ich mich lange mit dem Thema auseinandergesetzt habe, formt es für<br />
mich eher eine Frage, denn ein Ausrufezeichen. Machen wir das Ganze noch ein wenig komplizierter,<br />
indem wir ein ähnlich schillerndes Wort davor setzen:<br />
soziale Innovation.<br />
Was hat OTELO mit sozialer Innovation zu tun? Dieser Frage will ich in diesem Beitrag nachgehen, ein<br />
Vorhaben, das erst einmal einer Nachtwanderung ohne Taschenlampe in den Dschungel gleicht. Aber<br />
um einen Pfad durch den Wald von Begriffen und Phänomenen zu finden, habe ich eine spezielle<br />
Nachtsichtbrille mitgebracht: Die Ashoka-Brille.<br />
Ashoka ist das weltweit größte Netzwerk von Social Entrepreneurs. Das sind Menschen, die mit<br />
innovativen Ideen und unternehmerischem Geist ein soziales Problem systematisch lösen. Seit 2010<br />
ist Ashoka mit einem Länderbüro auch in Österreich vertreten und dort auf der Suche nach Social<br />
Entrepreneurs, um diese nach einem langen Auswahlverfahren in das Netzwerk aufzunehmen und<br />
sie bei der Verbreitung ihrer Innovation zu unterstützen. Als Praktikantin bei Ashoka Österreich hatte<br />
ich Ende 2011 die spannende Aufgabe, mich auf die Suche nach sozialen Innovationen und Social<br />
Entrepreneurs in Österreich zu machen.<br />
Was heißt Soziale Innovation für Ashoka?<br />
Auch Ashoka kann Innovation nur indirekt definieren. Ob etwas „neu“ ist, kann immer nur<br />
eingebettet in den spezifischen Kontext des Phänomens, im Vergleich zu alten Lösungsansätzen und<br />
anderen Strategien beurteilt werden. Daher orientiert sich Ashoka bei der Suche nach sozialer<br />
Innovation an folgenden Fragen:<br />
- Was sind besonders drängende Probleme in einem Land oder einer Region?<br />
- Warum können diese Probleme mit bestehenden Ansätzen nicht gelöst werden?<br />
- Wo hat jemand eine neue Strategie entwickelt, die das Problem systematisch löst?<br />
- Was ist die „Theorie des Wandels“ hinter dieser neuen Strategie?<br />
- Welche Wirkung ist bereits durch ihre Anwendung beobachtbar?<br />
- Ist es möglich, die Lösungsstrategie möglichst vielen Betroffenen zugänglich zu machen?<br />
Anhand dieser Fragen tastet Ashoka sich voran, um mögliche soziale Innovationen in der Gesellschaft<br />
zu identifizieren. Dabei wird in einem mehrstufigen Prozess immer wieder die Meinung unabhängiger<br />
Experten hinzugezogen, die im betreffenden Themengebiet tätig sind.<br />
Betrachtet man „rückwirkend“ die Sozialunternehmer, welche von Ashoka mit ihren innovativen<br />
Strategien als Fellows ausgewählt wurden, so zeigen sich bestimmte Muster:<br />
Unabhängig von ihrem Arbeitsfeld zeichnen sich die Fellows dadurch aus, dass sie erstens ein tiefes<br />
Verständnis für die Dynamiken aufweisen, welche ein soziales Problem verursachen. Sie sehen<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
23
darüber hinaus aber auch Möglichkeiten, „festgefahrene“ Prozesse neu zu strukturieren, indem sie<br />
vorhandene Ressourcen nutzen, diese aber neu kombinieren. Dadurch ergeben sich für alle<br />
Beteiligten eines Prozesses neue Handlungsmöglichkeiten.<br />
Ein Beispiel:<br />
Gerald Koller erkannte, dass Rausch und Risiko grundlegende menschliche Bedürfnisse sind – wir<br />
wollen unsere Grenzen ausloten. Unsere Gesellschaft lebt allerdings eine „Bewahrungspädagogik“:<br />
Kinder und Jugendliche sollen vor Gefahren bewahrt werden und möglichst wenigen<br />
Risikosituationen ausgesetzt sein. Dem setzt Gerald Koller eine „Bewährungspädagogik“ entgegen.<br />
Um im Leben kompetent mit Risiken umgehen zu können, ist ein Erproben im geschützten und<br />
geleiteten Rahmen wichtig. Gerald Koller entwickelte „risflecting“ als Methode und<br />
Trainingsprogramm, um Risikokompetenz zu erlernen. In Kooperation mit dem Alpenverein und<br />
anderen Einrichtungen half Gerald Koller bereits tausenden Jugendlichen, in Risikosituationen<br />
bewusst und kompetent entscheiden zu können. Gerald Koller wurde 2011 als Ashoka Fellow in<br />
Österreich ausgewählt.<br />
Zurück zum Dschungel: die erste Hürde ist genommen, wir haben die Nachtsichtbrille aus dem<br />
Rucksack gekramt und sie aufgesetzt. Natürlich taucht sie den Dschungel jetzt in ein besonderes Licht,<br />
einige Farben treten deutlicher hervor, andere verschwinden. Wir haben uns für eine Sichtvariante<br />
entschieden.<br />
Los geht es in ein Gewirr aus Pflanzen, Formen und Farben und je tiefer wir in den Dschungel<br />
kommen, desto stickiger wird es. Wir können uns immer langsamer vorwärts bewegen, der Pfad wird<br />
schmal – bis wir auf eine Lichtung stoßen, in deren Mitte ein uns unbekanntes Tierchen sitzt. Nennen<br />
wir es vorerst einmal „OTELO“. Es wirkt beim ersten Hinsehen chamäleonartig, wechselt Farbe und<br />
Form. Der Forscherdrang packt uns und wir beginnen, es durch unsere Spezialbrille hindurch genauer<br />
zu betrachten. Was sehen wir?<br />
OTELO – mehr als ein Open Lab für Technikfreaks?<br />
In zahlreichen Gesprächen mit Martin Hollinetz versuchte ich mich im Frühjahr 2012 an die<br />
Kernessenz von OTELO heran zu tasten. An dieser Stelle möchte ich einen persönlichen Überblick<br />
darüber geben, als was ich OTELO im Lauf dieses Prozesses selbst wahrgenommen habe, und wie sich<br />
dieses Bild schließlich zu einer Grundidee verdichtete. Bei jedem „OTELO- Forscher“ wird dieser<br />
Prozess sicherlich etwas anders aussehen.<br />
PHASE 1: OTELO als „Technik - Spielplatz“<br />
„Offenes Technologie Labor“. Drei Worte, die eine erste Idee in meinem Kopf gebildet haben, um<br />
was es sich handeln könnte. „OTELO lebt von der Idee, Menschen einen Raum für kreative und<br />
technische Aktivitäten zu ermöglichen“ – der erste Satz auf der Homepage. OTELO ist also ein<br />
„Spielplatz“, an dem jeder neue Dinge im Bereich Technik ausprobieren kann und ähnelt vermutlich<br />
den sonstigen „offenen Werkstätten“, die mir aus anderen Städten bekannt sind. Es gibt Workshops<br />
und Veranstaltungen wie „Socken stricken“ oder „Linux Umsteigerparty“; das erscheint mir noch<br />
nicht sehr innovativ. Aber da tauchen auch die „Selbstversorgie“ oder der Workshop „Arbeit, Geld<br />
und Lebensziel“ auf – was hat das noch mit Technik zu tun? Es muss mehr hinter diesem OTELO<br />
stecken…<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
24
Später lerne ich im Gespräch mehr über OTELOs Verständnis von „Technologie“: damit wird im ganz<br />
ursprünglichen Wortsinn die Lehre von der „Weltaneignung“ des Menschen durch Naturwissenschaft<br />
gemeint. OTELO verbindet Technik, Medien, Kunst, Wirtschaft und vieles mehr – all diese Felder<br />
charakterisiert das Streben, die Welt zu „(be-)greifen“ und auf unterschiedliche Weise zugänglich zu<br />
machen.<br />
OTELO bietet dabei einen Rahmen für den Einzelnen, sich auf den Weg zu machen und zu erforschen,<br />
aus welcher Perspektive er selbst sich der Welt nähern möchte, wo seine Leidenschaften liegen und<br />
was ihn begeistert. Hier liegt auch der Unterschied zum durchschnittlichen „Kulturzentrum“: Bei<br />
OTELO wird kein Programm vorgegeben, sondern jedes Mitglied hat die Möglichkeit, selbst Ideen zu<br />
entwickeln und umzusetzen. Durch OTELOs klare Struktur (räumliche Verortung, NODES, NODE-<br />
Phasen, Grundregeln) wird diese inhaltliche und persönliche Freiheit erst möglich. Ein beständiger<br />
organisationaler Rahmen ist die Voraussetzung dafür, dass daraus in einem offenen Prozess Neues<br />
entstehen kann.<br />
Im wuchernden Dschungel erschafft das „OTELO“ eine Lichtung, auf der Samenkörner verschiedenster<br />
Art genug Raum und Nahrung zum Wachsen finden.<br />
PHASE 2: OTELO als Community<br />
Was bedeutet die Gemeinschaft für OTELO? Im „Forschungsprozess“ wurde für mich deutlich, dass<br />
OTELO es schafft, eine diffizile Balance zwischen „Eigenbrötlertum“ und „Vergemeinschaftung“ zu<br />
halten. Der Einzelne hat bei OTELO die Freiheit, sich den Themen zu widmen, die ihn begeistern –<br />
dennoch wird von ihm die Bereitschaft zum Teilen erwartet. „Teilen“ kann bei OTELO vieles<br />
bedeuten: mitteilen, verteilen, beteiligen – all das gehört dazu und lässt sich vielleicht am besten mit<br />
dem englischen Begriff des „sharing“ subsumieren. Es geht darum, im Austausch zu bleiben und<br />
durch das gegenseitige Bereitstellen von Ressourcen neue Handlungsmöglichkeiten zu schaffen (sei<br />
es zwischen Einzelpersonen, zwischen den „NodesS“, zwischen OTELO Standorten oder im Austausch<br />
mit externen Partnern). „Sharing“ ist nicht Mittel zum Zweck, sondern „Organisationskultur“.<br />
Martin Hollinetz zitierte dafür oft den Neurowissenschaftler Gerald Hüther, welcher „dazu gehören<br />
und wachsen dürfen“ als zwei Grundbedürfnisse des Menschen beschreibt. In einer Gemeinschaft<br />
von Menschen jedem das persönliche Wachstum zu lassen setzt voraus, das diese Gemeinschaft<br />
offen bleibt – offen für unterschiedlichste Menschen, Interessen, Perspektiven. Gerade in ländlichen<br />
Gebieten ist diese Offenheit für das Andersartige manchmal schwer zu finden. OTELO schafft hier<br />
einen Raum, in dem neue Konzepte gemeinschaftlich erprobt werden können und in dem Platz für<br />
„ungewöhnliche“ Interessen wie Sounddesign und 3D-Druck, aber eben auch für „Socken stricken“<br />
ist.<br />
Wachstum ist da möglich, wo man sich nicht gegenseitig Nährstoffe und Sonne nimmt, sondern<br />
einander ergänzt. Gerade deshalb sorgt das „OTELO“ dafür, dass die Lichtung nicht zu einer<br />
Monokultur wird, die möglichst viel Ertrag bringen soll – Verschiedenstes darf dort in seinem jeweils<br />
eigenen Tempo entstehen.<br />
PHASE 3: OTELO als Connector<br />
Partnerschaften mit Unternehmen, mit Schulen, mit dem Regionalmanagement. Projekte von<br />
„Create your World“ bis „Kinder erleben Technik“. Kooperationen mit freien Radios. Wie passt all das<br />
in das Bild, das ich mir bislang von OTELO gemacht habe? Was ist daran innovativ? OTELO präsentiert<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
25
sich als Freiraum, in dem neue Ideen entstehen dürfen, aber auch als Community, die untereinander<br />
Ressourcen tauscht. Dieses Prinzip des „Sharing“ wird mit OTELOs Projekten noch einmal auf eine<br />
dritte Ebene gehoben. Unternehmen können ihr Know-how teilen und somit junge Menschen für ihr<br />
Arbeitsgebiet interessieren. Jugendliche dürfen sich an Regionalentwicklungsprozessen beteiligen.<br />
Bürger teilen sich über Radiosendungen mit. OTELO ermöglicht die Integration von Prozessen, die auf<br />
individueller, gemeinschaftlicher und institutioneller Ebene ablaufen und fungiert somit als<br />
„Vermittler zwischen den Welten“.<br />
Das „OTELO“ zäunt seine Lichtung nicht ein – unterschiedliche Dschungelbewohner sind Teil dieses<br />
Ökosystems und tauschen Ressourcen aus.<br />
Fazit: OTELO als Möglichmacher<br />
Wie lassen sich diese verschiedenen Perspektiven auf OTELO integrieren und was hat das Ganze dann<br />
mit sozialer Innovation zu tun? Rufen wir uns noch einmal einige „Leitfragen“ für Ashoka’s Suche<br />
nach sozialer Innovation ins Gedächtnis.<br />
- Für welches drängende Problem kann OTELO neue Lösungsstrategien liefern?<br />
Gerade in ländlichen Gegenden sind kreative Entwicklungsansätze gefragt, um Landflucht und<br />
Strukturwandel entgegen zu wirken. Es braucht Räume, in denen von Bürgern neue (Lebens-)Modelle<br />
entwickelt, ausprobiert und ausgehandelt werden können. Räume, aus denen neue Impulse an die<br />
institutionelle Ebene gesendet werden. Räume, die jedem die Möglichkeit geben,<br />
Veränderungsprozesse mit anzustoßen, sei es persönlich, für die Gemeinschaft oder<br />
gesamtgesellschaftlich. OTELO ermöglicht dies, indem es nicht das Ergebnis als Maßstab setzt,<br />
sondern (Veränderungs-)Prozesse als solche wertschätzt und unterstützt. Damit entsteht ein<br />
„Bewegungsimpuls“ welcher sich auch auf relativ starre institutionelle Strukturen überträgt.<br />
- Was unterscheidet OTELO von bestehenden Problemlösungsansätzen?<br />
OTELO erlaubt „Ziellosigkeit“. In einem Node müssen sich Menschen nicht treffen, um etwas<br />
Bestimmtes zu entwickeln – sie dürfen auch einfach unter einer thematischen Überschrift<br />
experimentieren. Ein „organischer“ Innovationsprozess wird von OTELO in allen Phasen unterstützt.<br />
Dennoch ist OTELO mehr als ein „offener Kreativraum“: Durch die einfache, aber klare<br />
Organisationsstruktur und ihre Vorgaben werden Aktivitäten auf persönlicher Ebene immer in die<br />
Gemeinschaft eingebunden – das Teilen mit Anderen (innerhalb und außerhalb der OTELO<br />
Community) ist die einzige Forderung an OTELO Mitglieder. OTELO schafft es so, Bürger auf der Basis<br />
ihrer persönlichen Interessen und Leidenschaften in Prozesse des „Community Building“, der<br />
Regionalentwicklung und gesamtgesellschaftlicher Veränderung einzubeziehen.<br />
- Was ist die „Theorie des Wandels“?<br />
Die „Theorie des Wandels“ hinter OTELOs Aktivitäten besagt also, dass nachhaltige Entwicklung da<br />
möglich ist, wo Menschen den Freiraum und die Unterstützung haben, ihren eigenen Begeisterungen<br />
zu folgen und diese mit anderen zu teilen. Diese Erkenntnis mag nicht neu sein – aber ihre<br />
„Übersetzung“ in eine einfach zu implementierende Organisationsstruktur ist innovativ. Jeder OTELO<br />
Standort dient als „Homebase“ für Menschen, die sich kreativ in eine Gemeinschaft einbringen<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
26
möchten und eröffnet auf verschiedensten Ebenen neue Handlungsmöglichkeiten. Insofern verstehe<br />
ich OTELO letztendlich als „Möglichmacher“ für positive Entwicklungsprozesse; als soziale Innovation,<br />
die wiederum Wandlungsprozesse in verschiedensten Bereichen ermöglicht.<br />
Wenn wir durch die Ashoka-Brille schauen, suchen wir nach genau diesen Phänomenen. Ashoka’s<br />
Vision ist eine starke Zivilgesellschaft, in der allen Menschen die Ressourcen und die Unterstützung<br />
zur Verfügung stehen, mit ihrer Begeisterung und ihren Talenten zur Lösung drängender<br />
gesellschaftlicher Probleme beizutragen. OTELO hat aus der Sicht von Ashoka das Potenzial, hier eine<br />
Lücke zu füllen, die vor allem in ländlichen Gebieten besteht. Durch die einfache<br />
Organisationsstruktur, die auch eine flexible Reaktion auf lokale Gegebenheiten ermöglicht, kann das<br />
Konzept (inter-)national ausgeweitet werden und zu einer neuen Kultur zivilgesellschaftlich initiierter<br />
Entwicklung beitragen.<br />
Unsere Nachtwanderung in den Dschungel nähert sich ihrem Ende. Es wird langsam wieder heller. Wir<br />
haben das „OTELO“ so gut wie möglich untersucht – aber viele Fragen bleiben unbeantwortet. Vor<br />
uns allen liegt ein hoffentlich langer OTELO- Forschungsprozess – möge er viele Erkenntnisse mit sich<br />
bringen!<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
27
OTELO Impulsgeber des Regionalkapital<br />
Ambros Pree, elements consult<br />
Wie immer beginnen Veränderungen an Rändern oder Schwachstellen einer bestehenden Ordnung.<br />
An der schwächsten Stelle des Asphalts bricht sich der Löwenzahn seinen Weg. Er ist zugleich<br />
Zeichen, dass die Straße nicht mehr einer intensiven Nutzung unterliegt und eine Umformung<br />
ansteht. Nicht anders ist es in unserer Gesellschaft. Festgehalten wird an Bestehendem, ob es der<br />
ursprünglichen Aufgabe noch entspricht wird selten hinterfragt. Neues ist unbekannt, gewohnte<br />
Muster zu verlassen löst oft Irritation aus. In Wirklichkeit ist es nicht schwer Neues anzunehmen,<br />
schwer ist es Altes zurückzulassen.<br />
Etwa ähnlich kann vielleicht auch OTELO gesehen werden. Was Lebendiges hat sich einen Weg<br />
gebahnt und im noch nicht Kennen dieser Spezies gibt es die Neugierigen, die sich über eine neue<br />
Blume freuen, die Vorsichtigen die noch nicht genau wissen, wie damit umgehen – ist es Gefahr oder<br />
Chance? – und auch die, die meinen, ob es nicht schon genug an Bestehendem gibt, dass davon<br />
womöglich bedroht und abgelöst werden könnte. Bedauerlicherweise zählen auch solche dazu die<br />
einmal ausgezogen sind Neues zu bringen, nun aber aus verschiedenen Gründen festgefahren sind<br />
und aus Furcht die neue Möglichkeit negieren oder sie sogar (diffus) bekämpfen.<br />
Was löst der Handlungsansatz von OTELO aus? - Die Wirkungsweise in fünf Feldern<br />
Der Ausgangspunkt heißt Soziale Innovation<br />
Was mittlerweile als wesentlicher Bestandteil in den zukünftigen Schwerpunkten der Europäischen<br />
Union besonders hervorgehoben wird ist der Begriff der Sozialen Innovation. Wenn dieser Begriff<br />
allemal schon eine viel längere Geschichte hat, so ist es dennoch bedeutend, denn mit einemmal<br />
wird klar, dass der Gestaltungsansatz aller gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen in<br />
diesem Kontext eine neue Bedeutung gewinnt. Soziale Innovation ersetzt nicht technologische<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
28
Innovationen, sondern bindet sie in ein umfassenderes Wirkungsverständnis ein. Welche<br />
Konsequenzen haben bestimmte Entwicklungen und durch wen werden sie getragen?<br />
Soziale Innovation ist als Initiativ- und Beteiligungsprozess der Betroffenen zu sehen. Sie sind es die<br />
Lösungen für die Herausforderungen des Lebens mit den von ihnen entwickelten Antworten und den<br />
damit verbundenen Handlungsentscheidungen eine neue Dynamik verleihen.<br />
Genau dort setzt OTELO an – Menschen einen Wirkungsraum zu ermöglichen um selbst Träger der<br />
Verantwortung für die Lebensgestaltung in den unter-schiedlichen Lebensfeldern zu werden.<br />
Soziale Innovation kann so umschrieben werden (Quelle: Blog Innovation und Verantwortung):<br />
eine neuartige Lösung für ein gesellschaftliches Problem<br />
effektiver, effizienter, nachhaltiger oder gerechter als bestehende Lösungen<br />
nützt sie hauptsächlich der Gesellschaft und weniger privaten Individuen<br />
ein Produkt, ein Produktionsprozess, eine Technik (oder, ergänzt Hobard, ein<br />
Geschäftsmodell)<br />
ein Prinzip, ein Gesetz, eine soziale Bewegung, eine Intervention oder eine Kombination.<br />
die Lösungen müssen immer mit den Nutznießern entwickelt werden, vorzugsweise von<br />
ihnen<br />
die Initiativen sollen sich auf die Stärken und nicht die Schwächen von Menschen und<br />
Gemeinschaften konzentrieren<br />
sie sollen nicht nur Diskriminierung bekämpfen, sondern aus der Vielfalt von Ethnien,<br />
Altersgruppen, Religionen, Geschlechterrollen schöpfen<br />
In der Leitinitiative der Europäischen Union 2020 wird der Ansatz so beschrieben:<br />
In der Zeitschrift „brand eins“ 04/2012 findet sich folgende Beschreibung:<br />
Eine Idee wie eine Infektion<br />
Soziale Innovationen können infektiös wirken, wenn sich eine Gesellschaft nach und durch Krisen<br />
technisch, ökologisch, politisch verändert und die Anpassung der bisherigen sozialen und kulturellen<br />
Praxis gefordert ist. Dann entstehen neue Formen der Interaktion, neue Institutionen, neue<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
29
Instrumente, die auf den Prinzipien der Einbeziehung (Inklusion), der Entwicklung von Mischformen<br />
(Hybridisierung) und der integrativen Verbundlösung (Systemisierung) beruhen.<br />
Soziale Innovationen entstehen - wie andere Neuerungen auch - erst dann, wenn eine Idee einen<br />
eigenen "gesellschaftlichen Markt" gefunden hat, also Käufer, Anwender oder Gesetze und<br />
Regulierungen - und damit Nachahmer. Die schöpferische Änderung der bisherigen sozialen und<br />
kulturellen Praxis kann im Schumpeter'schen Sinne "zerstörend" wirken, aber auch alternativ oder<br />
ergänzend. Entscheidend ist dabei zunächst, ob die Gesellschaft eine Idee für wirklich neu hält,<br />
weniger, ob für positiv oder negativ. Das wird erst mit zeitlichem Abstand entschieden.<br />
Vom technischen Fetisch zur kollektiven Fantasie<br />
Es zeigt sich: Wir stellen um vom Fetisch der (technischen) Produktion von Lösungen auf Fantasien<br />
der (gesellschaftlichen) Orientierung an dem Problem. Ob Energie-, Mobilitäts-, Wasser- oder<br />
Demografie-Wenden, ob Wandel der Urbanität, des Klimas, des Verschuldungskapitalismus oder des<br />
Terrorismus - der Übergang vom wirtschafts- und ingenieurwissenschaftlichen Management des<br />
Industrie- und Finanzkapitalismus zum gesellschaftstheoretischen Management eines empathischen<br />
Kapitalismus wird spürbar, in Konzernen, Ministerien und Universitäten.<br />
Die gute Nachricht: Unsere gesellschaftlichen Herausforderungen und Krisen von heute sind die<br />
Geschäftsmodelle und Exportschlager von morgen. Soziale Innovationen sind produktive Parasiten<br />
der Probleme - und damit Kassenschlager des Übermorgen.<br />
Auch keine schlechte Nachricht: Das Krankheitsbild des autistischen Managers oder Unternehmers<br />
wird aussterben - entweder weil die Betroffenen gesunden oder weil der Markt sie als<br />
unverbesserlich aussortiert. Die jetzige Managementgeneration wird postasozial und<br />
beziehungsfähiger.<br />
Die Logiken der sozialen Innovation<br />
Logik der Inklusion: Soziologen sprechen in modernen Gesellschaften vom Primat der<br />
funktionalen Ausdifferenzierung - ohne Spitze, aber mit vielen Randgruppen. Dies erklärt den<br />
dringlichen Bedarf nach Einbeziehung. Sie wird möglich durch neue Arenen der Interaktion -<br />
zwischen Bürger und Staat, Einwanderern und Alteingesessenen, Unternehmen und<br />
Mitarbeitern, Behinderten und Nichtbehinderten, Hauptschülern und Studenten, Alten und<br />
Kindern, Eliten und anderen Randgruppen. Inklusion ist die unheimliche Geheimwaffe -wenn<br />
man die Vielfalt nutzt. Beispiele: Social Media, Open Innovation, integrierte und inter<br />
generative Betreuungskonzepte, Neokorporatismus, Open Government, Bürgerhaushalt.<br />
Logik der Hybridisierung: Organisationen und Sektoren brauchen zum Überleben ihre<br />
Grenzen zur Umwelt. Doch die zwischen Staat, Markt, Familie und Zivilgesellschaft geraten<br />
nun selbst an ihre Grenzen: Es geht um eine kluge, das heißt wiederum abgegrenzte<br />
Entwicklung von Mischformen - durch neue Institutionen und durch soziale Problemlösungen<br />
für wirtschaftliche Wertschöpfungsketten.<br />
Logik der Systemisierung: Innovationen finden an oder auf der Grenze statt. Die<br />
Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands wird im Management komplexer integrativer Systeme<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
30
von Technik-, Dienstleistungs- und Sozialinnovationen entschieden: mehrgliedrige<br />
Verkehrssysteme, dezentrale Energiesysteme mit intelligenten Netzen, vor- und mitsorgende<br />
Gesundheitssysteme durch Unterstützung und Anerkennung statt durch bloße Medizin oder<br />
empathische Robotik (siehe zum Beispiel www.robotcompanions.eu).<br />
Soziale Innovation beinhaltet eine klare Werte- und Wirkungsbezogenheit. Anders formuliert, sie<br />
verleiht Innovationen ein menschliches Gesicht.<br />
Ein Blick auf OTELO zeigt wie Menschen beginnen Lösungen für Themen und Herausforderungen in<br />
ihrem Lebensumfeld selbst in die Hand zu nehmen. Selbst bedeutet aber nicht in Eigenbrötelei,<br />
sondern in Verbindung mit anderen einen Prozess zu beginnen, der Stufe um Stufe an Struktur und<br />
Verbindlichkeit gewinnt.<br />
Der Netzwerkcharakter<br />
Die Bedeutung der Regionen wird überall hervorgestrichen. Das Europa der Regionen heißt es schon<br />
lange. Region ist natürlich kein strikt abgegrenzter Begriff und definiert sich nach unterschiedlichen<br />
Bezügen. Wichtig ist, dass es sich um einen Raum handelt, der die Eigenverantwortung ernst nimmt<br />
und gestalten will. Damit wird das Zusammenspiel der Akteure = Netzwerk zur Erfolgsvoraussetzung.<br />
Die Offenheit ermöglicht die Weitung des Netzes und damit regionale Stärkung. Der<br />
Gestaltungsansatz wie bei OTELO, der per se sich nicht auf Zielgruppen und Themenstellungen<br />
festlegt, hat dabei einen besonderen Platz. Bedingt durch die offene Herangehensweise sind einmal<br />
alle gesellschaftlichen Felder wie Soziales, Wirtschaft, Kultur, Bildung, regionaler Öffentlichkeit,<br />
Umwelt und Politik im Bezugsrahmen zu sich ergebenden Handlungsfeldern. Austausch und<br />
übergreifende Aktivitäten werden zu Treibern um neue Wertschöpfung anzustoßen und generieren.<br />
Diese können sich in sehr unterschiedlichen Formen zeigen. Egal ob es sich um Projekte auf dem<br />
Substrat eines OTELO oder betriebliche, soziale, kulturelle und ökologische Impulse handelt, die in<br />
einem Prozess in Gang gesetzt werden.<br />
Wozu führt dieser Netzwerkcharakter?<br />
Die Abstimmung der einzelnen Partner führt zu einer klareren regionalen Identitätsbildung.<br />
Regionalen Handlungsräumen eine zusätzliche Dynamik zu verleihen führt zu einer Standortstärkung.<br />
Dieses Herangehensweise ist im Sinne des „Österreichischen Raumentwicklungskonzeptes ÖROK<br />
2011“ ein wichtiger Beitrag zur Weiterentwicklung der regionalen Governance.<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
31
Die Potenzialschöpfung<br />
Wenn von regionaler Potenzialstärkung auf der Ebene der menschlichen Fähig-keiten die Rede ist,<br />
dann ist man schnell bei einem gut umschreibbaren Begriff – Talentefindung. Dazu braucht es so<br />
etwas, wie eine Mycellfunktion die angestoßen wird damit die Pilze, sprich Talente, sichtbar werden<br />
können. Das klingt einfach, doch wer sich einmal mit dem Bodenleben in einem Garten beschäftigt<br />
hat, wird wissen, welcher Herausforderungen es bedarf um dem Wachsen der einzelnen Früchte eine<br />
gute Basis zu bereiten. Nicht anders ist es im regionalen Umfeld zu sehen. Auch dort eine<br />
„gärtnerische Arbeit“ zu verrichten, damit das Substrat, die Basis für das Herauswachsen der Talente<br />
werden kann. Ansonsten schlummern sie weiter gut bzw. können nicht an die Oberfläche kommen,<br />
weil es zu nass, zu trocken oder eine andere Einschränkung vorhanden ist.<br />
Zeigen sich Talente, so sind sie zu pflegen - keine Anleitung wie sie wachsen sollen - sondern ein<br />
Umfeld das Ermöglicht. Aus dem biologischen Landbau ist bekannt, dass ein Anteil an Beikräutern<br />
(Unkraut) die Qualität von Getreiden deutlich verbessert. OTELO ist ein solcher Garten bzw. eine<br />
solche „Landwirtschaft“. Anders gesagt, es geht um die Förderung von Talenten, damit „sie Frucht<br />
bringen können“. Wie schon im Neuen Testament zu lesen, haben es die Körner die auf steinigen<br />
Boden fallen schwer hochzukommen.<br />
Der Begriff „hidden champignon“ ist in der Betrachtung der Qualität von Wirtschaftsräumen üblich<br />
und drückt aus, dass dort Zukunftspotenzial vorhanden ist. In einer umfassenden Sicht einer Region<br />
ist es entscheidend solche „Pilze“ in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu fördern.<br />
Bedeutsam wird es aber, wenn es darum geht die Umfeldbedingungen so zu gestalten, dass diese<br />
auch in der Region bleiben und nicht das Weite suchen.<br />
OTELO ist dabei der Raum, noch völlig offen, unabhängig von einem „Produkt“, einzig das Entfalten<br />
soll möglich sein. Die innere Struktur ist Ermöglicherin. Diese Herangehensweise stellt somit einen<br />
wesentlichen Teil endogener Regionalentwicklung dar.<br />
Plattform der Kooperation<br />
Um Talenten tatsächlich einen Durchbruch zu ermöglichen brauchen sie eine Plattform auf der es<br />
möglich ist durch Kooperation einen zusätzlichen Nutzen und damit Stärke generieren zu können um<br />
so als Produkt oder Dienstleistung angenommen zu werden.<br />
Netzwerkrolle und Plattform bedingen einander. Projekte – egal welcher Art – sollen ins Leben<br />
gebracht werden können. Verbindlichkeit und Wirkkraft wird auf dieser Ebene offenbar. Sie gilt als<br />
eine Startbasis, die so etwas wie einen festen Grund bildet, ein Fundament ist auf dem gebaut<br />
werden kann. Auf dieser Ebene wird verdichtetes Handeln breiter sicht- und erlebbar. Ideen und<br />
Projektkonzepte werden dort der Prüfung der Lebenstauglichkeit unterzogen. Sie werden erweitert,<br />
adaptiert oder wie das Leben auch zeigt zurück an den Start geschickt. Manche werden dann auch als<br />
- zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt – nicht realisierbar zurückgesetzt.<br />
In der Nodes’s Struktur von OTELO findet das auch seinen Niederschlag als Weg, der zu einem Ziel<br />
zurückzulegen ist.<br />
Die Plattform selbst ist aber eine Bühne die in der Region gegründet ist. Nur dort begegnen sich die<br />
unterschiedlichen Partner um zu prüfen welcher Ansatz tragen kann. Die Plattform muss aber mit<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
32
einem guten Radar ausgestattet sein um über die Regionsgrenzen hinauszusehen, weil Impulse von<br />
außerhalb Stärkendes in die Region hineinbringen können und sollen.<br />
Bei einem Blick in die bisher entstandenen Initiativen und Projekte wird deutlich, dass sie von sich<br />
heraus in eine neue Zukunft deuten. Wer mit wachen Augen und offenen Ohren unsere Welt<br />
betrachtet, dem zeigen sich Entwicklungen die mit dem schon in kleinen Ansätzen der OTELOs<br />
verbindbar sind. „Die Produktion kehrt zurück“, heißt die neue Devise in den Industriestaaten. Doch<br />
die Art der Produktion und der Ressourcenumgang wird - ja muss – dabei einen sehr deutlichen<br />
Wandel erfahren. Andeutungsweise wird das etwas an zwei Hinweisen von Prof. Stefan Schleicher<br />
sichtbar. (Quelle: Prof. Stefan Schleicher, WIFO / UNI Graz)<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
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Wo dieser Weg beschritten wird führt das zu dem was mit dem Begriff Stärkung des Regionalkapitals<br />
umschrieben wird. Eine Entwicklung also die Identität und Widerstandskraft fördert. Eine<br />
Impulsgeberfunktion auf diesem Weg wird durch OTELO ausgelöst.<br />
Denkraum - auch für das im ersten Moment Undenkbare<br />
Schon in Brainstorming gilt die Regel keine Bewertung – nur so ist ein offenes auf den Tisch legen<br />
aller Vorstellungen möglich. In der DenkBar ist Raum gegeben wo Ideen einmal „aufgespannt“<br />
werden können ohne gleich als Utopie oder realitätsfremd abgestempelt zu werden. Erst im<br />
gemeinsamen Diskurs - der in einer sehr spielerischen Annäherung erfolgen soll - entsteht so etwas<br />
wie ein Entscheidungsprozess an dessen Ende sich ein Übergang in eine mögliche Wirklichkeit<br />
abzeichnet. Der Denkraum ist der wichtige Schlüssel, dort findet die Befruchtung von Ideen statt. Die<br />
Blüten die darin auftauchen werden wie von Bienen „bestäubt“ um so die Möglichkeit des<br />
Fruchtbringens zu ermöglichen. Es geht um einen achtsamen Vorgang. Nicht jede von Bienen<br />
besuchte Blüte bringt Frucht, aber jede Blüte ist es Wert Bedeutung gegeben zu werden. Im<br />
Denkraum ist somit die Haltung aller Partizipierenden enorm wichtig. Frost zerstört die Blüten – ein<br />
förderndes, aber auch forderndes Klima ist die wesentliche Bedingung.<br />
Warum finden sich Menschen gerne in OTELO’s zusammen? Wohl deswegen, weil es erlaubt, ja<br />
gewünscht ist seine eigenen „Schätze“ (Fähigkeiten, Ideen, ...) offenzulegen und im Teilen mit<br />
anderen Bedeutung zu geben.<br />
Generell zu OTELO kann man die Wirkungsweise kaum treffender ausdrücken als es Albert Einstein<br />
mit dem Satz beschrieben hat „Probleme kann man niemals in derselben Denkweise lösen, durch<br />
die sie entstanden sind“.<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
34
OTELO Offenes Technologielabor<br />
Veronika Ratzenböck, Anja Lungstraß, Xenia Kopf<br />
österreichische kulturdokumentation. internationales archiv für kulturanalysen 5<br />
Das Wichtigste ist, überhaupt einmal Kreativität stattfinden zu lassen<br />
OTELO – Offene Technologielabore schaffen seit ihrer Gründung 2010 in Oberösterreich<br />
niederschwellige Freiräume für Experimente und die Entfaltung von Kreativität abseits urbaner<br />
Ballungszentren und ermöglichen die Nutzung kreativer Potentiale in der jeweiligen Region.<br />
Mit einer Machbarkeitsstudie hat das Regionalmanagement Oberösterreich 2008/09 den hohen<br />
Bedarf für eine offene Einrichtung in Oberösterreichs ländlichen Regionen ermittelt und das<br />
Grundkonzept für OTELO Offenes Technologielabor vorgelegt. Der ländliche Raum bot bislang wenig<br />
Möglichkeiten, tragfähige und wertschöpfende kreativwirtschaftliche Strukturen zu entwickeln. Diese<br />
Lücke füllt OTELO, das als dezentrales, lokales Konzept auf einem kleinräumigen Regionsbegriff<br />
basiert und dessen Ziel es ist, Menschen aus der Region für technisch-künstlerische Aktivitäten zu<br />
begeistern und zum Experimentieren zu verführen. Das Projekt etabliert regionale und übertragbare<br />
Freiraumstrukturen zur Bildung von kreativwirtschaftlichen Entwicklungsräumen. Es werden<br />
Netzwerke zu bestehenden Strukturen aufgebaut und vertieft und Angebote an Schnittstellen von<br />
Wirtschaft, Bildung und Forschung für eine breite Zielgruppe ermöglicht. Intensive Kooperationen<br />
mit Gemeinden, Betrieben, Institutionen und Initiativen schaffen Berührungspunkte mit Kunst,<br />
Kultur, Kreativwirtschaft, Medien und Technik und bereiten den Boden für Innovation und Kreativität<br />
in der Region. Aus OTELO heraus sind bereits einige „Business-Opportunities“ und<br />
Unternehmensgründungen entstanden. Und OTELO wächst: es ist ein „Blueprint“, der in andere<br />
Regionen übertragen werden kann, denn die strukturellen Herausforderungen, auf die OTELO<br />
reagiert, finden sich überall im ländlichen Raum.<br />
Regionen abseits der Ballungszentren<br />
Der Begriff der „Region“ bezieht sich auf die jeweilige Gemeinde, in der ein OTELO-Standort besteht;<br />
diese liegen verstreut in der weiteren Umgebung von Linz: Vöcklabruck (12.000 EW, Hausruckviertel),<br />
Gmunden (13.000 EW, Salzkammergut), Ottensheim (4.500 EW, Urfahr-Umgebung) und Kirchdorf im<br />
Kremstal (4.100 EW, Traunviertel). Mittlerweile sind weitere Standorte in Vorchdorf (7.289 EW,<br />
Traunviertel) sowie ein „Export“ in Angermünde nördlich von Berlin (14.282 EW, Uckermark) in<br />
Betrieb gegangen; Anfragen aus Salzburg, der Steiermark und Wien liegen vor. Die mittlere<br />
Siedlungsdichte in der Region liegt bei ca. 100 bis 200 EW/km 2 .<br />
Es besteht eine hohe Dichte an Industrie und Gewerbe (Bezirk Vöcklabruck: 850 Betriebe bilden rund<br />
2.500 Lehrlinge aus. Gmunden: 600 Lehrbetriebe bilden rund 1.700 Lehrlinge aus) mit dem Fokus auf<br />
Technologie. Der Bezirk Vöcklabruck hat seinen Schwerpunkt im Bereich Gewerbe, sowie in der<br />
Landwirtschaft und im Tourismus. Es gibt hauptsächlich mittelständische Betriebe; zu den<br />
bedeutendsten Unternehmen für OTELO zählen etwa die MIBA AG, die STIWA Holding und die<br />
5 Dieser Text basiert auf einem Beitrag der österreichischen kulturdokumentation für den 5. Österreichischen<br />
Kreativwirtschaftsbericht – Kreativwirtschaft als regionaler Faktor, herausgegeben von creativ wirtschaft austria der<br />
Wirtschaftskammer Österreich im Rahmen von evolve des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend, Wien<br />
2012<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
35
Lenzing AG. In dieser Region herrscht hoher Bedarf an Fachkräften, der sich im Hinblick auf die<br />
demografische Entwicklung noch verstärken wird.<br />
Die Wirtschaftsstruktur des Bezirkes Gmunden ist geprägt durch den hohen Anteil des industriellgewerblichen<br />
(Bau, Metall, Papier) und des Dienstleistungssektors. Auch der Bezirk Urfahr-<br />
Umgebung ist industriell-gewerblich geprägt, aber auch Land- und Forstwirtschaft stellen einen<br />
hohen Anteil an Arbeitsplätzen. In Ottensheim ist die Wirtschaft kleinstrukturiert in den Bereichen<br />
Baugewerbe, Landwirtschaft, Handel und Dienstleister. Es gibt viele AuspendlerInnen nach Linz.<br />
Der Kreativwirtschaft in Oberösterreich sind ca. 7% der Unternehmen zuzurechnen mit etwa 40.000<br />
Beschäftigten. Neben dem oberösterreichischen Zentralraum (Linz-Wels, über 1200 Betriebe) sind<br />
Gmunden und Vöcklabruck die Bezirke mit den meisten kreativwirtschaftlichen Betrieben. Die<br />
größten kreativwirtschaftlichen Branchen sind Architektur, Software & Games und Werbung.<br />
Experimentierräume für alle: wie OTELO erfunden wurde<br />
Der Verein OTELO wurde 2010 vor dem Hintergrund gegründet, dass es in der Region<br />
Vöcklabruck/Gmunden wenig bis keine Strukturen gab, kreatives Potential gezielt zu unterstützen.<br />
Dies ergab eine Machbarkeitsstudie des Regionalmanagement Oberösterreich 2008/09, die auch das<br />
Grundkonzept für OTELO Offenes Technologielabor vorlegte 6 . Die Studie zeigte, dass Kreativität nicht<br />
als Wirtschaftsfaktor wahrgenommen wird, dass Freiräume für Kommunikation und Experimente<br />
fehlen, dass es aber eine wesentliche Anzahl von Menschen mit kreativen Potentialen in der Region<br />
gibt, die Bedarf haben an einer unterstützenden Struktur für die Entwicklung von Projekten. Diese<br />
Lücke füllt seit 2010 OTELO Offenes Technologielabor: nach dem Vorbild der aus urbanen Zentren<br />
bekannten so genannten „Hackerspaces“ 7 stellt OTELO abseits urbaner Ballungszentren mithilfe von<br />
kostenloser Basisinfrastruktur, Gemeinschaftsräumen und Kleinlaboren („Nodes“)<br />
Rahmenbedingungen für regionale Potentialentfaltung in Technik, Medien, Design, Kunst usw. zur<br />
Verfügung; der Technologiebegriff schafft hier für OTELO eine regionale Verankerung. Das<br />
Pilotprojekt wurde mit der Zielsetzung entwickelt, ein übertragbares Konzept daraus ableiten zu<br />
können, denn – so Martin Hollinetz, Gründer und Vordenker von OTELO – es brauche neue<br />
Denkmodelle, um regionalen Herausforderungen wie dem Strukturwandel und der demografischen<br />
Entwicklung zu begegnen. OTELO ist ein in Europa bisher einmaliges Modell, das sich in bestehende<br />
regionale Strukturen integriert und diese erweitert und weiter entwickelt.<br />
Jeder OTELO-Standort setzt sich aus Node-Labs, einer offenen Werkstatt, einem Workshopraum und<br />
einem offenen Kommunikationsbereich zusammen. Das Nodes-Konzept besteht aus drei<br />
aufeinander aufbauenden Phasen: in der „Think-Node“, für die sich eine Gruppe aus mindestens fünf<br />
Personen („Handvoll-Prinzip“) zusammenfinden muss, entsteht eine Idee. Dann folgt die „Game-<br />
Node,“ für die OTELO einen Raum bereitstellt. Soll ein konkretes Projekt entstehen, beginnt die<br />
„Projekt-Node,“ in dieser Phase unterstützt OTELO z.B. bei der Suche nach einem Fördergeber oder<br />
bei der Umsetzung einer Geschäftsidee. Weiters entwickeln die OTELO-Standorte verschiedene<br />
Veranstaltungsformate wie Workshops, Denk-Bars, Barcamps u.a. zu den unterschiedlichsten<br />
Themen aus Technologie, Politik, Gesellschaft, Kunst etc.<br />
Die Standorte und Nodes von OTELO werden auf Gemeinde-Ebene eingerichtet, sie sind „regionale<br />
Kristallisationspunkte.“ Jedes OTELO knüpft dabei an vorhandene Initiativen, Themen, Netzwerke<br />
u.a. an. Vöcklabruck hat derzeit z.B. Schwerpunkte im Bereich Technologie (3D-Druck, Elektronik),<br />
6 Die Initiativen „Creative Region“ und „Kreatives Oberösterreich“ haben ihre Tätigkeit erst 2011 aufgenommen.<br />
7 auch Makerspaces bzw. FabLabs, z.B. c-base in Berlin oder Metalab in Wien<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
36
Freies Radio (Radionest) und Kinder & Technik. In Ottensheim liegt der Fokus auf „NANK - Neue<br />
Arbeit, Neue Kultur“ zu den Themen „Arbeit als Berufung“ und Gemeinwohlökonomie. An jedem<br />
Standort stellt die Gemeinde kostenlos Räume (z.B. zur sinnvollen Nachnutzung leer stehender<br />
Gebäude) und Basisinfrastruktur zur Verfügung. Das zweite Standbein sind die jeweiligen lokalen<br />
Communities, die einen Standort mitentwickeln. OTELO bietet zwar ein Konzept mit einer festen<br />
Struktur („Nodes“-System), die Gründung eines OTELO ist aber immer ein klarer Bottom-up-Prozess.<br />
OTELO gehört keinem System: nicht dem Sozialsystem, nicht dem Bildungssystem, nicht dem<br />
Wirtschaftssystem und es ist nicht aus einem Kulturauftrag heraus entstanden. OTELO ist nicht<br />
erwerbs- und gewinnorientiert oder wirtschaftlich motiviert. Ziel ist es aber, eine wirtschaftlich<br />
erfolgreiche Rahmenstruktur für experimentelle und kreativwirtschaftliche Projekte aufzubauen und<br />
es gibt Schnittstellen zur konkreten Entwicklung von Produkten, kommerzieller Nutzung und<br />
Unternehmensgründung.<br />
OTELO nutzt bestehende Strukturen und schafft ein niederschwelliges Angebot an den Schnittstellen<br />
zu Wirtschaft, Bildung und Forschung für eine breite Zielgruppe. Die OTELOS arbeiten mit<br />
Unternehmen, Institutionen und Initiativen zusammen. z.B. mit der Lenzing AG, dem<br />
Technologiezentrum Attnang-Puchheim, Miba, Numtec Interstahl, STIWA Holding u.a. Ein wichtiger<br />
Partner ist auch die Ars Electronica in Linz, für die OTELO Vöcklabruck 2010 im Rahmen des Festivals<br />
„repair - sind wir noch zu retten?“, einen Teil des Tabakfabrikgeländes bespielte. Fortgesetzt wurde<br />
diese erfolgreiche Zusammenarbeit 2011 und 2012 „U 19 – Create your world,“ dem Zukunftsfestival<br />
der nächsten Generation. Das „Festival im Festival“ für Menschen unter 19 wurde gemeinsam mit<br />
OTELO entwickelt, 2012 sind sechs Leader-Regionen (insgesamt 113 Gemeinden in Oberösterreich)<br />
beteiligt. In den Kooperationen von OTELO kommt es zu einem Know-How-Transfer in beide<br />
Richtungen: OTELO ist ein authentischer Partner, der „an der Basis“ Innovationen entwickelt.<br />
Umgekehrt profitiert OTELO z.B. von der Ars Electronica durch erhöhte Sichtbarkeit und die<br />
Bereitstellung professioneller Kompetenzen.<br />
Weitere Projekte in Vöcklabruck sind die Mobile Human Powerstation (MOHUP), das gemeinsam von<br />
OTELO, AEC und dem Klimabündnis OÖ entwickelt und umgesetzt wurde, und das mobile Projekt KET<br />
– „Kinder Erleben Technik” in Kooperation mit Ars Electronica, Wirtschaftskammer Oberösterreich<br />
(Abt. Bezirksstellen), Land Oberösterreich und dem Regionalmanagement Oberösterreich. Aus<br />
OTELO-Projekten heraus sind außerdem bereits Prototypen und konkrete Produkte entwickelt<br />
worden, wie z.B. der so genannte „ogg-Streamer“, ein Gerät zur Vereinfachung der Übertragung von<br />
Audio-Dateien durch das Internet, für den Georg Ottinger beim „Xport Pro Design Contest“ in Silicon<br />
Valley sogar einen Preis erhalten hat.<br />
„Wenn es OTELO nicht gäbe, wären wir längst in Linz oder in Wien!“ 8<br />
OTELO fördert kreative Potentiale, die vor Ort vorhanden sind, für die aber der Raum und der<br />
Rahmen für die Entwicklung fehlen. Hoch qualifizierte Personen können in der Region gehalten<br />
werden, da sie Anknüpfungspunkte für interessante Projekte vorfinden. So haben sich einige OTELO-<br />
MitarbeiterInnen aus ihrem Engagement bei OTELO heraus in der Region selbständig gemacht und<br />
eigene Unternehmen gegründet.<br />
OTELO ist als „Blueprint“ konzipiert, das auf andere Regionen übertragen werden kann, denn es<br />
reagiert auf strukturelle Herausforderungen im ländlichen Raum. Das große Interesse, das dem<br />
8 Katja Bankhammer, Markus Kaltenbrunner, OTELO-AktivistInnen in Vöcklabruck<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
37
OTELO-Konzept mittlerweile entgegengebracht wird, konnte zu Beginn niemand ahnen: OTELO<br />
wächst erstaunlich schnell, nach nur knapp drei Jahren gibt es bereits den sechsten Standort. In<br />
Zusammenarbeit mit SPES GmbH, Ars Electronica Linz, ScienceCenter Netzwerk und dem<br />
Technologiezentrum Attnang Puchheim wird OTELO seit 2010 weiterentwickelt: „Netzwerk-OTELO-<br />
Werknetz“ wurde im Rahmen von „impulse lead 2010“ 9 (evolve) durch die aws 10 gefördert und dient<br />
dem Ausbau der Basisinfrastruktur und der Netzwerke sowie der Etablierung regionaler<br />
Medienkooperationen. Es umfasst ein Erweiterungskonzept für die Übertragung in andere Regionen<br />
zur Gründung weiterer Standorte sowie ein Service-Angebot für Entrepreneurs (in Kooperation mit<br />
dem Technologiezentrum und regionalen Wirtschaftskammern). Ziel ist die Erhöhung der<br />
Sichtbarkeit der Kreativwirtschaft als Wertschöpfungsfaktor fernab der Ballungszentren; durch die<br />
Gründung weiterer OTELO-Standorte sollen regionale, übertragbare Freiraumstrukturen zur Bildung<br />
von kreativwirtschaftlichen Entwicklungsräumen etabliert werden.<br />
OTELO: die erfolgreich gesetzten Schritte<br />
Das Regionalmanagement Oberösterreich hat 2008/09 eine Machbarkeitsstudie beauftragt, die einen<br />
Bedarf für offene Experimentierräume mit niederschwelligem Zugang für Menschen jeden Alters als<br />
Ergänzung zum herkömmlichen Bildungsangebot ermittelte. Zur Etablierung der ersten Standorte<br />
wurde 2010 in Zusammenarbeit mit den Gemeinden Vöcklabruck und Gmunden der Verein OTELO<br />
gegründet, nach dem Vorbild der „Hackerspaces“, übertragen auf ländliche Regionen.<br />
OTELOs sind gemeinwohlorientierte, lokale Kristallisationspunkte und knüpfen an regionale Stärken<br />
und Potentiale, lokale Communities und Szenen an.<br />
OTELO basiert auf der Kooperation verschiedener Akteure aus Wirtschaft, Bildung, Forschung,<br />
Technologie, Medien und Kunst: Unternehmen (Lenzing AG, Technologiezentrum, Ars Electronica),<br />
Bildungsinstitutionen (SPES Zukunftskademie, Science Center Netzwerk, Schulen, Fachhochschulen<br />
Joanneum und Salzburg) sowie einigen Gemeinden.<br />
Das Konzept wurde von lokalen und regionale EntscheidungsträgerInnen mitgetragen, die<br />
Gemeinden stellen kostenlose Räume und Basisinfrastruktur zur Verfügung. Gleichzeitig bietet<br />
OTELO ein Nutzungskonzept für Leerstand öffentlicher Gebäude.<br />
Das OTELO-Konzept wird mit „Netzwerk-OTELO-Werknetz“ (u.a. Community Building zum Netzwerk-<br />
Ausbau und Erstellung des Handbuchs zur Gründung neuer Standorte) weiterentwickelt.<br />
9 http://www.impulse-awsg.at/gefoerderte_projekte/lead1001/<br />
10 http://www.awsg.at/Content.Node/<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
38
OTELO in O-heim gelandet!<br />
Bgm in Uli Böker, Ottensheim<br />
Es war im Jahre 2009 – als Linz Kulturhauptstadt war und sich<br />
mit dem Thema Veränderung auseinandergesetzt hat. Da kam<br />
ein schon etwas älterer Professor nach Linz und die damalige<br />
Managerin der Region Urfahr –West (uwe) Barbara Krenmayr<br />
und ich wurden zu einem Kamingespräch eingeladen. Der<br />
Professor war Frithjof Bergmann und entzündete in uns das<br />
Feuer für das Thema „Neue Arbeit/Neue Kultur“. Glut für Neues<br />
ist in mir schon immer gut gehütet und so brauchte es nicht<br />
allzu viel um diese wieder zu entfachen.<br />
So entstand in Ottensheim eine Gruppe von Menschen, die sich mit dieser Idee auseinandersetzten.<br />
Frithjof Bergmann begleitete uns am Anfang dabei und die vielen Fragen von ihm halfen uns,<br />
vermeintlich selbstverständlichen Dinge zu hinterfragen.<br />
So kam es dann soweit, dass durch viele Treffen mit ähnlich Denkenden, mit Experimentierenden,<br />
mit Kreativen aus Nah und Fern sich die Gruppe stabilisierte und sich verschiedene Arbeitskreise<br />
bildeten, die sich mit unterschiedlichen Themen wie Garten/ Ernährung, Energie/ Technik,<br />
Kommunikation und Werkstätte NEU auseinandersetzten.<br />
Mit einer Fahrt nach Vöcklabruck, verbunden mit einem Besuch im OTELO in der alten<br />
Landesmusikschule setzten wir einen weiteren Meilenstein. Neue Arbeit/ Neue Kultur paarte sich mit<br />
OTELO und so wurde das manchmal auch schon ein wenig schwache Feuer wieder entfacht.<br />
Gelandet ist diese von Bürgern und Bürgerinnen getragene Entwicklungswerkstatt im Jahr 2012 im<br />
„Alten Amtshaus“ von Ottensheim, welches die Gemeinde für drei Jahre unentgeltlich zur Verfügung<br />
stellt. Dort findet man nun einen „Kost-Nix“ laden, das „Radamt“ eine Selbstreperaturwerkstätte für<br />
Fahrräder, einen Kommunikationsraum, Radio Froheim und eine 3D-Drucker Werkstätte. Angedockt<br />
ist noch die „Werkstätte Altes Amtshaus“, in der mit unterschiedlichsten Materialien gearbeitet und<br />
experimentiert wird.<br />
Diese OTELO/ NANK Landung ist gelungen und der Flugplatz Ottensheim hat sich gut mit diesen<br />
Menschen angefreundet, auch wenn es da und dort schon auch Betrachter gibt, die ein wenig<br />
argwöhnisch diese Entwicklung verfolgen. Als Bürgermeisterin dieser Gemeinde freue ich mich sehr<br />
über so viel kreatives Einbringen und wäre ich nicht Bürgermeisterin, dann würde ich selbst im Radio<br />
Froheim oder im Radamt lernend und entdeckend dabei sein.<br />
OTELO/ NANK sendet Impulse aus, die spürbar durch den Ort ziehen. Ein Ort, ein Dorf, eine<br />
Gemeinde braucht Laboratorien, braucht Experimentierwerkstätten, damit es weiterleben kann.<br />
Neue Initiativen müssen neben den bedeutenden traditionellen Einrichtungen einziehen und etwas<br />
ausprobieren dürfen – ins Dorfleben – damit das „Dorf“ nicht ausstirbt.<br />
Alle Gute für alle OTELOs und NANK Gruppen und viel Freude beim Ausprobieren und Entdecken, das<br />
Staunen und die kleinen Wunder gehören dazu!<br />
Uli Böker<br />
Bürgermeisterin der Marktgemeinde Ottensheim<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
39
Eine Chance, die genutzt wurde – OTELO in Vöcklabruck<br />
Bgm. Herbert Brunsteiner<br />
Als Bürgermeister einer Standortgemeinde ist unsere Beziehung zum Offenen Technologielabor<br />
natürlich eine besonders intensive. Als wir im Jahr 2008 gemeinsam mit der Stadt Gmunden und dem<br />
Regionalmanagement das Projekt „OTELO“ (bzw. im Vorfeld die Forschungsinitiative KeT „Kinder<br />
erleben Technik“) präsentiert haben, war es für mich klar, dass diese neue Jugendeinrichtung perfekt<br />
zur Stadt Vöcklabruck passt. Nicht nur, weil Vöcklabruck eine klassische Schulstadt mit hoher<br />
Jugendfrequenz ist, sondern auch weil wir dieser guten Idee eine Chance geben wollten und hier<br />
auch schon früh Querverbindungen zur Kultur und zur Wirtschaft gesehen haben. Somit hat OTELO in<br />
Vöcklabruck im Gebäude der „Alten Landesmusikschule“ eine Heimat bekommen, die wir in den<br />
vergangenen Monaten beständig ausbauen und adaptieren konnten. Es war auch für uns eine tolle<br />
Überraschung, dass sich OTELO so rasant weiterentwickelt hat.<br />
Unsere Erfahrungen mit OTELO sind als<br />
sehr positiv zu bewerten. OTELO brachte,<br />
wie schon erwähnt, eine Schnittstelle zu<br />
Firmen und regionalen<br />
Wirtschaftsbetrieben, die durch<br />
Kooperationen jungen Menschen<br />
technische Einrichtungen näher bringen<br />
konnten. Die Zusammenarbeit mit den<br />
Schulen, umwelttechnische sowie<br />
kulturelle Aktivitäten und das allgemeine<br />
Auftreten im öffentlichen Leben unserer<br />
Stadt, brachten OTELO viele Anhänger<br />
und Sympathien und machten es<br />
mittlerweile zu einem erfrischenden Fixpunkt in Vöcklabruck. Auch als Ideenbörse, Impulsgeber und<br />
Innovationsplattform machte OTELO in den wenigen Monaten von sich reden.<br />
Den pädagogischen Aspekt von OTELO kann ich aus eigener Erfahrung ebenfalls als gelungen<br />
bezeichnen. Vor allem der spielerische Umgang mit dem oftmals spröden Thema Technik und der<br />
offene Zugang zu Neuerungen sind als gelungen zu bewerten. Man hebt sich zwar von schulischen<br />
Lernvorgaben ab, scheut aber die Zusammenarbeit mit pädagogischen Einrichtungen trotzdem nicht.<br />
Ein großes Anliegen ist es mir nochmals auf die rasante Entwicklung von OTELO hinzuweisen. Nicht<br />
nur die schnelle Standortentwicklung in weiteren Städten Oberösterreichs, sondern auch der rasche<br />
Aufstieg in unserer Stadt ist beeindruckend. Wir als Stadtgemeinde bemühen uns, infrastrukturelle<br />
Maßnahmen zu setzen und als Netzwerker zu fungieren. Ein passendes Team des OTELO hat rasch<br />
funktionierende Strukturen geschaffen und einen guten Weg an die Öffentlichkeit gefunden. Das<br />
richtige Gefühl für passende Nodes und das große Engagement vieler Vereinsmitglieder und Helfer<br />
schufen schnell eine neue Heimat für junge, interessierte Menschen. Durch Kooperationen mit<br />
diversen Festivals, einem Netzwerkaufbau in die Landeshauptstadt Linz bzw. österreichweit und der<br />
Suche nach neuen Ideen, wurde dem Projekt OTELO ein Weg weit über die Grenzen der<br />
Gründungsstädte Vöcklabruck und Gmunden geebnet.<br />
Ich wünsche allen Verantwortlichen und Vereinsaktiven weiterhin alles Gute und freue mich, wenn<br />
OTELO noch viele Ideen in Vöcklabruck entwickeln und einbringen wird. Wir werden uns auch<br />
zukünftig bemühen, OTELO eine gute Heimat zu bieten und gemeinsam, wie beispielsweise beim<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
40
Agenda-Projekt „Level Up Your City“, neue Ideen für unsere Stadt und eine nachhaltige Beteiligung<br />
junger Menschen an Entscheidungsprozessen zu forcieren.<br />
Herzlichst<br />
Das postmoderne Können<br />
Thomas Duschlbauer, Kreatives OÖ<br />
Im Jahr 1979 hat Jean-François Lyotard sein „Postmodernes Wissen“ veröffentlicht. Damit hat er auf<br />
philosophischer Ebene einen Begriff etabliert, der maßgeblich für die Kunstbetrachtung wurde. Nicht<br />
nur das. Durch seine Auseinandersetzung mit dem Umgang mit Wissen in einer postindustriellen<br />
Gesellschaft kann er als Vordenker der heutigen Wissensgesellschaft bezeichnet werden. In ihr gelten<br />
individuelle Fähigkeiten und Talente mehr als Rohstoffe und der Zugang zu Produktionsmitteln. Das<br />
Wissen ist es, das einer Gesellschaft einen Vorteil verschafft. Darum hat sich Lyotard bei seiner<br />
Auftragsarbeit für den Universitätsrat von Quebec auch damit beschäftigt, wie eine Gesellschaft mit<br />
Informationstechnologien umgeht, wie es Zugänge zu Informationen regelt – und welche Rolle dabei<br />
Experten spielen.<br />
Das „Postmoderne Wissen“ geht dabei nicht so sehr auf den technischen Kontext der Verarbeitung<br />
von Informationen zur Schaffung von Wissen ein, sondern stellt den Begriff des Wissens an sich ins<br />
Zentrum der Analyse. Lyotard knüpft dabei methodisch an Ludwig Wittgensteins Idee der<br />
Sprachspiele an. Diese sind Lebensformen, in denen wir jeweils unterschiedlichen Regeln folgen. Die<br />
Sprachspiele selbst befinden sich in keiner hierarchischen Ordnung zueinander im Sinne von<br />
Überlegenheit, sondern liegen wie Territorien nebeneinander. Damit rückt Lyotard ebenso wie zuvor<br />
Wittgenstein die Sprache ins Zentrum. Im Wesentlichen übt diese zwei Funktionen aus, die für die<br />
Schaffung von Neuem eine erhebliche Bedeutung haben. Einerseits dient Sprache der Repräsentation<br />
und andererseits der Legitimation. Diese beiden Faktoren haben auch großen Anteil am Scheitern<br />
von Neuem, weil wir gewöhnlich danach fragen, was das Neue ist und wozu wir es brauchen. Wir<br />
begnügen uns nicht mit der bloßen Ansicht der Erscheinung des Neuen, so wie sie ist. Das Neue hat<br />
sich uns erkenntlich zu zeigen und zu erklären. Das Neue kann nicht einfach passieren und dabei<br />
seinen Zustand beibehalten. Sobald das Neue marktschreierisch in die Welt geworfen wird, wandelt<br />
es sich bereits und wird etwas an uns Vorübergehendes und sich dabei selbst Überholendes. Überall<br />
passiert das Neue, und noch ehe wir es richtig empfangen haben, ist es bereits wieder an uns<br />
vorbeigezogen. An uns altert das Neue. Es muss sich stets gegen Abnutzung und Verfall zur Wehr<br />
setzen und sich gleichzeitig gegen eine aufkommende Konkurrenz, eine andere Geschmacksrichtung,<br />
eine andere Modefarbe, etc. verteidigen.<br />
Im Gegensatz dazu geht es beim Sprachspiel im Sinne von Wittgenstein lediglich um eine<br />
schöpferische Kombinatorik, um das bloße Erfinden neuer Wortschöpfungen und Redewendungen.<br />
Hier bestehen keine Ansprüche auf Repräsentation und Legitimation. Denn der Begriff ist wie er ist,<br />
und er ist, weil er ist, weshalb der Begriff keinen Experten benötigt und das wissenschaftliche Wissen<br />
nur indirekte Bezüge zu den Sprachspielen aufweist. Dort kann alles einfach passieren, weil sich<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
41
nichts als etwas ausgeben und sich mit etwas anderem messen muss, um auf Anerkennung zu<br />
stoßen. Dort existiert das Neue nicht als eine von einem Absender losgelöste Botschaft, weil wir<br />
darin noch Wirklichkeit sind. Im Sprachspiel sind wir die Gegenwart des Neuen, denn jeder<br />
spielerische Zug verändert unsere Position und unser Perspektive und sie verändert uns auch in der<br />
Wahrnehmung der anderen. Diese Veränderungen werden im Sinn von Kommunikation sowohl auf<br />
der Ebene des Senders als auch des Empfängers wahrgenommen. Das Sprachspiel macht uns sowohl<br />
zu Protagonisten als auch zu Beobachtern, Theorie und Praxis unterliegen darin einer permanenten<br />
Oszillation. Es gibt dabei keine Gewinner und Verlierer, weil es primär darum geht, das Sprachspiel,<br />
den Ort, worin wir zuhause sind, weiter zu entwickeln. Die Kommunikation ist das, was uns Freude<br />
bereitet, weil das Neue nicht über sie auf uns einschlägt, sondern wir selbst die Botschafter des<br />
Neuen sind.<br />
Die Sprachspiele erfordern keine Experten, also keine Menschen, die selbst ein spezielles Wissen<br />
repräsentieren und sich und ihre Rolle über das Erprobt-Sein im Umgang mit diesem Wissen anhand<br />
vorgegebener Problemstellungen legitimieren. Das Sprachspiel bringt vielmehr die Person des<br />
Kenners hervor, der sich über die dauernde Erprobung von Zusammenhängen ein individuelles<br />
Wissen aneignet, das nicht primär lösungsorientiert ist, sondern für sich sein und zur Verwirklichung<br />
des Selbst dienen kann. Im Gegensatz zum Experten, der durch ein Problem auf die Probe gestellt<br />
wird und dabei sein Wissen bzw. seine Problemlösungskompetenz unter Beweis stellt, geht der<br />
Kenner nicht von einem Problem, sondern von sich aus und stellt sein Wissen immer wieder auf die<br />
Probe.<br />
Entstanden ist das Expertentum, so wie wir es heute kennen, im Zuge der Industrialisierung. Dabei<br />
wurden gewisse Aufgaben vermehrt an Spezialisten delegiert. Dies gilt insbesondere für die Kreation<br />
des Neuen bzw. für Innovationsprozesse. In der Geschichte der Menschheit stellt dies an sich etwas<br />
vollkommen Neues und eine Ausnahme dar. In der Regel entstanden Entwicklungen und<br />
Weiterentwicklungen über Jahrtausende hinweg aus kollektiven Prozessen heraus. Erst mit der<br />
Etablierung eines Systems der Fremdversorgung, das heute globale Dimensionen angenommen hat,<br />
änderte sich diese Praxis. Mit der Industrialisierung setzte die Massenproduktion ein, welche nun die<br />
Arbeit von Massenmedien bzw. Kommunikation notwendig machte, um die Menschen von den mit<br />
Hilfe der Experten entstandenen Produkte zu überzeugen und schließlich zu Kaufhandlungen zu<br />
mobilisieren. Denn Produkte, an deren Entstehung wir nicht mehr teilhaben, erscheinen uns als<br />
fragwürdig und ziehen einen Erklärungsbedarf nach sich. Kommunikation in Form von Werbung, PR<br />
und allgemein Marketing waren notwendige Faktoren, um Konsumenten zum Kauf von Produkten zu<br />
bewegen.<br />
Die Form der Kommunikation bzw. der Grad der Interaktion hat sich allerdings in den letzten 50<br />
Jahren gravierend verändert. Handelten Konsumenten zunächst wegen der Medien (Reklame,<br />
Propaganda), dann mit den Medien (Marktforschung, PR, Werbung) und zuletzt quasi für die Medien<br />
(Datamining) so entstehen im Web 2.0 nun solche Formen, in denen Konsumenten immer mehr<br />
selbst zu Botschaftern werden (Blogger). Diese Entwicklung findet nicht losgelöst von der<br />
Produktwelt und daher vom Aspekt der Innovation statt. So hat sich durch die von Lyotard bereits<br />
beschriebenen Prozesse einer Wissensgesellschaft ein Kennertum entwickelt, weshalb spätestens<br />
seit Ende der 90er-Jahre speziell jene Produkte und Dienstleistungen erfolgreich waren, die es dem<br />
Kunden ermöglichten, sich selbst zu verändern. Innovation hat insofern auch etwas mit der<br />
Entwicklung eines persönlichen Lebensstils zu tun.<br />
Neue Technologien der Miniaturisierung werden in einem nächsten Schritt dazu führen, dass sich<br />
dieses Kennertum nun zu einem Könnertum wandelt, da sich gewisse Produkte einfach und<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
42
kostengünstig durch Einzelpersonen oder in einem Kollektiv entwickeln und herstellen lassen. In<br />
Kombination mit den neuen Medien (Web 2.0.) könnte eine neue industrielle Revolution ausgelöst<br />
werden, wobei auch hier wieder hinsichtlich der Kommunikation Herausforderungen entstehen –<br />
z.B.: Welche Diskurse machen aus einem einfachen Gegenstand nun eine begehrenswertes Design?<br />
Was ist der Unterschied zwischen einem Kleidungsstück und Mode, wenn die Schaffung von Neuem<br />
nun nicht mehr an eine Gruppe von Experten delegiert wird?<br />
An solche Fragestellungen knüpft auch ein neues Modell von Kreativwirtschaft. Dieses lässt sich nicht<br />
mehr allein – z.B. im Sinne der Creative Class von Richard Florida – anhand der Profession bzw. von<br />
Experten beschreiben, die mit einem Fachwissen ausgestattet sind. Vielmehr geht die gegenwärtige<br />
Entwicklung in die Richtung eines kreativen Wirtschaftens, das sehr stark von einem neuen<br />
Könnertum mit speziellen Werthaltungen und Einstellungen (z.B. Paul Ray/Sherry Anderson –<br />
Cultural Creatives) verbunden ist. Innovation ist daher behaftet mit sozialen Aspekten und mit<br />
Teilhabe, die sich nicht auf den dadurch lukrierten Gewinn, sondern auf den kollektiven Prozess an<br />
sich konzentriert. So wie es kürzlich der oberösterreichische Unternehmer Johann Hammerschmid<br />
formuliert hat, dient Innovation in diesem Sinn dazu, dass sie uns lehrt und nährt. Genau dadurch<br />
definiert sich auch jene neue Ökonomie, die sich vom Fetisch des Wachstums und wachsender<br />
Größenordnungen (scale) hin zum tatsächlich Notwendigen und zur besseren Nutzung des schon<br />
Bestehenden (scope) orientiert.<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
43
Persönliche Zugänge - Kurzstatements von OTELO NutzerInnen<br />
Sigrid Egger (Ottensheim)<br />
„Es ist wichtig, dass es Orte/Räumlichkeiten gibt, in denen sich Menschen<br />
(wieder) begegnen können, ohne dass jemand/etwas damit einen Gewinn - im<br />
kommerziellen Sinn - macht. Freie Räume, die es uns ermöglichen uns<br />
gegenseitig in dem zu stärken: Uns Zeit zu nehmen und Hirngespinste spinnen<br />
oder Ideen umzusetzen und zu experimentieren bzw. forschen, wie meine<br />
Fähigkeiten und besondere Eigenschaften die Gemeinschaft bereichern<br />
können und dadurch jede/jeden Einzelne/n - mich selbst!<br />
Da wir uns schon recht weit in der Sackgasse einer kapitalistischen<br />
Leistungsgesellschaft befinden, suchen immer mehr Menschen nach Möglichkeiten, zu einem<br />
gemeinschaftlichen Prinzip (zurück) zu finden. Deshalb ist die Zeit wohl so reif für OTELOs.<br />
Ich engagiere mich, weil es Sinn macht.<br />
Ich glaube bemerkt zu haben, dass sich viele Gemeinden darüber Gedanken machen, wie sie das<br />
Aussterben des Ortskerns stoppen können. Zur Wiederbelebung braucht es Menschen, die bereit<br />
sind in Gemeinschaft und Gemeinnütziges Energie zu investieren. Genau das passiert in OTELOs,<br />
wovon eine Gemeinde wiederum profitiert.“<br />
Josef Aigner (Gmunden)<br />
Warum braucht es OTELOs?<br />
Damit die Kreativen daheim auf dem Land oder in der Kleinstadt bleiben und<br />
nicht nach Matura oder Lehre weg sind.<br />
Damit wirklich Neues entstehen kann, denn im <strong>Otelo</strong> kommen nicht nur die<br />
Fachleute einer Disziplin zusammen, sondern Künstler und Techniker und<br />
Träumer vieler Sparten, die sonst nichts voneinander haben oder wissen.<br />
Damit junge Menschen sich frei und gleichzeitig geborgen fühlen können.<br />
Damit Alte und Junge einander begegnen und dabei nicht Barmherzigkeit der<br />
Klebstoff ist, sondern echte Leidenschaft für ein gemeinsames Thema.<br />
Damit Menschen außerhalb von Schule und Berufsausbildung endlich wieder mit Spaß und ohne<br />
jeden Druck lernen können, was sie wirklich lernen wollen, nicht von Dompteuren, sondern von<br />
ehrlich Begeisterten.<br />
Warum ist die Zeit reif für OTELOs?<br />
Weil das traditionelle Bildungssystem tief in der Krise steckt und die Jungen nur noch ängstigt statt<br />
ermutigt, fertig macht statt inspiriert und fadisiert statt begeistert. Und weil der Brain-Drain immer<br />
größer wird. Weil Architektur und Stadtplanung wirkliche Gemeinschaftszonen nicht mehr kennen<br />
und nicht mehr ermöglichen. Weil die moderne Gehirnforschung beweist, dass es zum Entwickeln<br />
individueller Talente Spielwiesen braucht und keine Kasernenhöfe.<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
44
Warum engagierst du dich?<br />
Weil mir OTELO selber Spaß macht. Weil ich gerne Kunstfertigkeiten ausprobiere, für meine Kinder,<br />
ich habe vier. Für alle Kinder, jungen Leute und Menschen meines Alters (53), die absacken, weil sie<br />
meinen schon alles (erlebt) zu haben.<br />
Warum ist es sinnvoll für eine Gemeinde zu investieren?<br />
Damit die jungen Leute im Dorf bleiben und sich hier engagieren. Damit wichtiges Wissen von den<br />
Alten auf die Jungen übertragen werden kann. Damit die Zufriedenheit der Bürger wieder steigt.<br />
Damit Menschen Freiräume bekommen. Damit andere Orte sehen, dass es wichtigere Investitionen<br />
gibt als ein perfektes Netz von Gehsteigen, Straßenbeleuchtung und Parkplätzen.<br />
Warum ….?<br />
Weil wir - notgedrungen - vor einer neuen Epoche des Do-it-yourself, des Reparierens stehen. Weil<br />
übers ganze Land hinweg Schulbauten leer werden und dafür sinnvolle neue Nutzungen gefunden<br />
werden müssen.<br />
Weil auf nur ein Thema fixierte Vereine alter Prägung aus der Mode kommen werden und die vor<br />
den Bildschirmen immer einsamer werdenden Menschen neue Anreize brauchen um andere zu<br />
treffen.<br />
Angelika Zachl (Jugendsicht auf OTELO, Rio20+ Praktikantin bei SPES GmbH)<br />
Das Prinzip ist einfach und praktisch. Man nehme<br />
ein leerstehendes Gebäude, welches so keinen<br />
Zweck mehr erfüllt, und stelle die Räume kreativen<br />
Köpfen und ihren Ideen zur Verfügung. OTELO<br />
möchte Personen allen Alters die Möglichkeit<br />
geben, ihre Visionen umzusetzen und sie dabei<br />
bestmöglich unterstützen. Das Besondere an<br />
diesem Projekt ist, dass es sich von herkömmlichen<br />
Ausbildungszentren und der konventionellen<br />
Lohnarbeit distanziert, denn die Entwicklungen und<br />
Angelika Zachl - am Foto die Dritte von links<br />
Ideen der Personen müssen keineswegs ein<br />
funktionierendes oder verwertbares Ergebnis liefern. In einem offenen Technologielabor dürfen<br />
beziehungsweise sollen Menschen ihre Vorstellungen probieren und ihre Potentiale ausleben. Das<br />
Motto lautet: „Druck raus! Lust rein!“.<br />
Durch das OTELO Projekt werden somit Talente gefördert und es wird insbesondere Jugendlichen die<br />
Möglichkeit gegeben, ihre Neigungen auszutesten. Durch das OTELO Projekt hat sich schon so<br />
mancher Lebensweg um 180 Grad gedreht. So wird vom Angestellten einer zum Selbstständigen, der<br />
seine eigene Idee vermarktet.<br />
Des Weiteren werden, im Sinne der Nachhaltigkeit, unverwendete Gebäude wieder benützt und<br />
dadurch Ressourcen geschont. Die leerstehenden Gebäude würden andernfalls entweder verfallen<br />
oder durch die notwendige Instandhaltung sinnlose Kosten verursachen.<br />
Durch mündliche Verbreitung des Konzepts sind bis jetzt viele OTELO-Anfragen aus dem ganzen<br />
deutschsprachigen Raum angekommen, jedoch ist das wirklich kleine Team zurzeit noch damit<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
45
überfordert, denn jeder Standort ist anders, hat seine eigenen Probleme und braucht zu Beginn<br />
bereits OTELO-erfahrene Helfer.<br />
Bis jetzt ist außerdem der Anstoß zur Gründung eines OTELOs immer von einer beziehungsweise<br />
mehreren interessierten Privatpersonen ausgegangen und nicht von den Gemeinden direkt. Es ist zu<br />
hoffen, dass sich der Name und die Idee des Projekts so etablieren können, dass die Gemeinden auf<br />
OTELO zugehen und einen Standort aus Eigeninitiative starten wollen.<br />
Es ist zu hoffen, dass es bald österreichweit, vielleicht einmal sogar auf der ganzen Welt offene<br />
Technologielaboratorien gibt. Denn sollte nicht jeder von uns die Möglichkeit haben, seine Ideen und<br />
Träume zu verwirklichen? Es wäre doch wirklich schade, wenn nur durch den fehlenden Raum die<br />
großen, wie auch die kleinen Erfindungen des 21. Jahrhunderts verhindert werden würden.<br />
K OTELO im Kontext der Gesellschaft – externe Betrachtungen & Sichtweisen<br />
46
5) Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Menschen zusammen um Holz zu<br />
beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre den Menschen<br />
die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“(Antoine de Saint-Exupery)<br />
Alles beginnt mit der Sehnsucht. Auch die Entwicklung eines OTELO Standortes sollte mit einer<br />
Sehnsucht beginnen. Nicht das Überstülpen einer Idee oder gar eines fertigen Konzeptes garantiert<br />
eine erfolgreiche Umsetzung. Es kommt darauf an, dass ein paar Menschen Sehnsucht nach einem<br />
offenen Raum, nach Möglichkeiten zum Experimentieren, zum Probieren, zum Finden, zum<br />
Austauschen haben und diese öffentlich verbreiten möchten. Community Building geht damit einher.<br />
Community Building im Sinne von OTELO meint, Menschen, denen die Zukunft ihrer Region am<br />
Herzen liegt, die Abseits ihrer Lohnarbeit ideellen und materiellen Schaffensdrang verspüren,<br />
Menschen denen Unabhängigkeit, Gemeinschaftssinn sowie das Personale innerhalb einer Gruppe<br />
wichtig sind, Raum, im weitesten Sinne, zu geben.<br />
„OTELO will kein Fass befüllen, sondern eine Flamme entzünden.“ (Frei nach Heraklit)<br />
Nachfolgend wird, anhand der Erfahrungen der ersten OTELO Standorte in Oberösterreich, ein<br />
möglicher Weg für die Initiierung und den Start eines OTELO aufgezeigt. Wie sich ein neuer OTELO<br />
Standort letztlich entwickelt kommt immer auf die entsprechenden Akteur/-innen an. Ihr Bild von<br />
OTELO, ihre Erwartungen und Vorstellungen bilden die Grundlage. OTELO ist, was die beteiligten<br />
Menschen daraus machen!<br />
Entstehungsprozesse aus Gemeinde- und Regionalentwicklungssicht<br />
Damit eine OTELO entstehen kann braucht es nicht nur Gruppen oder Menschen, die einen Raum mit<br />
Ideen füllen können, sondern auch Menschen, die bereit sind diesen Raum auch organisatorisch zu<br />
formen und zu tragen. Daneben braucht es auch kommunalen Willen in Form eines<br />
Gemeinderatsbeschlusses, dass es wertvoll ist, offene Räume für Entwicklung zur Verfügung zu<br />
haben und entsprechende Räumlichkeiten bereitzustellen (und auch zu finanzieren).<br />
Diese beiden grundlegenden Gegebenheiten müssen zur richtigen Zeit „erscheinen“, damit sich ein<br />
OTELO ausbilden kann. Diese Grundvoraussetzungen haben sich in den letzten beiden Jahren<br />
mehrfach als Grundbedingung bestätigt. Bei den Standorten, wo diese Voraussetzungen bei der<br />
Gründung nicht 100% erfüllt waren, konnten sich die Potenziale des Modells nicht optimal entfalten.<br />
Aus regionaler Sicht bedeutet ein OTELO einen Regionalentwicklungsraum zu öffnen, der ganz klar<br />
einen Bottom-up Ansatz verfolgt. Damit unterscheidet sich OTELO sehr stark von den<br />
institutionalisierten Regionalmanagement-Strukturen. Die Regionalmanagements und auch die<br />
Leaderregionen wurden zwar mit dem Ziel der Regionalentwicklung aufgebaut, wurden aber seitens<br />
der Landespolitik zunehmend als Managementstruktur zur Umsetzung der Landesziele verwendet –<br />
die Möglichkeit tatsächliche, aus den Regionen entstehende Entwicklungen aufzugreifen wurde stark<br />
eingeschränkt. Dieses Bild zeigt sich nicht nur in Oberösterreich, wo die meisten OTELO Standorte<br />
bisher sind, sondern scheint auch eine Entwicklung in ganz Österreich widerzuspiegeln. Diese<br />
Entwicklung hat jedoch zur Folge, dass sich die Gemeinden zunehmend von diesen<br />
institutionalisierten Einrichtungen abwenden und deshalb auch offenere Ansätze für die regionale<br />
Entwicklung unterstützen. Das „Risiko“ einer sehr freien, von BürgerInnen getragenen Entwicklung<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
47
gehen einige Gemeinde-Verantwortliche mittlerweile gerne ein. OTELO kann hier als „Homebase“<br />
und Impulsgeber für regionale Entwicklungen dienen, bleibt aber klar bei den Wünschen und<br />
Bedürfnissen der Menschen, die in der Region leben verwurzelt.<br />
Das Pulsieren unfertiger Organisationen<br />
Als 2010 der erste OTELO Verein gegründet wurde, sollten zwei Standorte damit einen<br />
Organisationsrahmen bekommen, der überschaubar, transparent und einfach zu organisieren sein<br />
sollte. Gleichzeitig wurde damals schon in den Statuten beschlossen, dass sich Standorte auch als<br />
Zweigverein gründen können.<br />
Die Idee dahinter war,<br />
dass sich Standorte in<br />
Gründung erst einmal im<br />
„Hauptverein“ einbringen<br />
können (mit 2 Vorstandsmitglieder)<br />
ohne gleich<br />
einen eigenen Verein<br />
gründen zu müssen.<br />
Dieses System hat bis zum<br />
4. Standort recht gut<br />
funktioniert.<br />
Mittlerweile ist dieses System an die Grenzen gestoßen. Der Verein, der auch als Träger für<br />
Förderprojekte diente wurde zunehmend träge und auch die Verteilung des Risikos konnte nicht<br />
mehr gut argumentiert werden, da nicht alle neuen Standorte in laufende Projekte involviert werden<br />
konnten oder auch wollten. Klar wurde, dass zwar das Vereinsmodell gut für die<br />
Standortorganisation geeignet ist, jedoch nicht für die Abwicklung größerer Projekte oder auch für<br />
die Anstellung von OTELO Entrepreneurs (Menschen, die zwar im Verein angestellt werden, jedoch<br />
maximal eigenständig agieren können – dazu später mehr). Problematisch wurde auch die Tatsache,<br />
dass OTELO ProjektmitarbeiterInnen in den Standorten es schwer fanden, Arbeit und freie<br />
Beschäftigung zu trennen. Menschen, die in den Nodes aktiv waren, fühlten sich auch oft in<br />
Aktivitäten der Projekte hineingezogen, obwohl sie das in diesem Ausmaß nicht wollten. Diesen<br />
Umständen Rechnung tragend wurde im September eine Arbeitsgruppe gestartet um das OTELO<br />
Organisationsmodell weiterzuentwickeln und (wieder) zu vereinfachen.<br />
Erster Standpunkt der Diskussion war ein „virtuelles“ OTELO als Verein, die Standortvereine und eine<br />
OTELO Genossenschaft als Organisationsstrukturen mit unterschiedlichen Aufgaben. Beim<br />
„virtuellen“ Verein gab es aber Zweifel über Funktion und Spielraum, bzw. auch wegen<br />
Mitgliedschaften der Standorte bei einer überregionalen Plattform. Wir haben deshalb das Modell<br />
überarbeitet und nachfolgend beschrieben. Diese Sichtweise auf die OTELO Organisation soll in<br />
nächster Zeit erprobt werden:<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
48
Ziel der OTELO Organisation ist es die Standorte möglichst einfach und ressourcenschonend zu<br />
entwickeln und zu administrieren. Nachdem die OTELO Struktur unabhängig von Förderungen sein<br />
soll (mit Ausnahme der Basisinfrastruktur, die von der Kommune bereitgestellt wird) ist es wichtig,<br />
dass die Organisation des Standortes ehrenamtlich möglich sein soll. Damit kann der Standort den<br />
Freiraum besser als Wert transportieren. Mehraufwand würden überregionale Aktivitäten oder auch<br />
Projekte bedeuten, die kaum über ehrenamtliche Tätigkeit durchgeführt werden kann. Für diese<br />
überregionalen Aspekte braucht es eine eigene Organisationsstruktur, die bewusst nicht<br />
ehrenamtlich strukturiert werden soll.<br />
OTELO Standorte (bisher als Verein organisiert)<br />
Der Standortverein kann alle standortbezogenen und auch finanzierungstechnischen Belange<br />
eigenständig regeln und ist an die OTELO Charta verbindlich gebunden. Als Unterstützung bei Aufbau<br />
und Organisation stehen das Handlungsbuch und optionale Begleitung durch die Plattform zur<br />
Verfügung. Der Standortverein führt nach eigenem Ermessen Projekte in unterschiedlichen<br />
Ausprägungen durch und / oder beteiligt sich bei überregionalen Aktivitäten. Der Standort legt die<br />
eigenen Limits in Abstimmung mit der Standortgruppe und dem Standortteam (finanziell,<br />
ressourcentechnisch,…) eigenständig fest (in Form von Statuten und einer Geschäftsordnung). Der<br />
Vorstand übernimmt administrative Aufgaben für die Organisation des Standortes. OTELO Standorte<br />
können auf Wunsch Mitglied der KUPF werden. Weitere Mitgliedschaften bei anderen Initiativen<br />
werden in Standortgruppe abgestimmt und orientieren sich an der Übereinstimmung mit der OTELO<br />
Charta.<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
49
Damit gewährleitestet ist, dass die Ehrenamtlichkeit nicht überstrapaziert wird und eine<br />
standortübergreifende Kooperation erleichtert wird, empfiehlt sich eine Aufteilung der Arbeit in<br />
Funktionen. Das OTELO Standortteam besteht aus mindestens einer Handvoll (Magic 5) Personen.<br />
Folgende Funktionen sollen in jedem Standort definiert sein, damit ein Standortübergreifender<br />
Austausch erfolgen kann:<br />
StandortsprecherIn (Obmann/Obfrau), HausmeisterIn (Obmann/Obfrau Stellvertr.),<br />
StandortkassierIn, Kommunikationsverantwortliche/r (SchriftführerIn), SponsorenkoordinatorIn<br />
(KassierIn Stellvertr.). (Die genaue Beschreibung der Funktionen erfolgt unter Game Phase OTELO).<br />
Ein/e VertreterIn der Standortgemeinde zur Abstimmung mit der Standortgemeinde ist auch im<br />
Vorstand vertreten (ev. Schriftf. Stellvertr.).<br />
Weiter werden für die Standortvereine noch 2 RechnungsprüferInnen benötigt. Der Standort kann<br />
noch weitere Personen in den Vorstand aufnehmen (wird in den Statuten festgelegt). Die Statuten<br />
sollen von jedem Standort an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden können.<br />
Zielsetzung ist die möglichst einfache Gestaltung der Standortorganisation und eine einfache<br />
Aufteilung der verschiedenen Funktionsbereiche. Die Zuordnung von Funktionen ermöglicht darüber<br />
hinaus die bessere Vernetzung mit anderen Standorten, weil sich dadurch zu bestimmten Bereichen<br />
leichter Ansprechpersonen zuordnen lassen.<br />
Wenn ein bestehender Verein OTELO Standort werden möchte, kann auch aus den bestehenden<br />
Vorstandsmitgliedern und weiteren Vereinsmitgliedern ein Standortteam gegründet werden. Basis<br />
für alle OTELO Standorte ist die Zustimmung zur OTELO Charta.<br />
Aufgaben und Funktionen des Standortteams (Vorstand)<br />
Standortorganisation<br />
•Der Standortverein organisiert und koordiniert die lokalen NODE Aktivitäten, das lokale<br />
Veranstaltungs- und Workshopprogramm, die regionale Infrastruktur und fungiert als als<br />
Bindeglied zwischen der Kommune, den OTELO Kooperationspartnern, dem OTELO<br />
Standortenetzwerk und den eignen Nodes<br />
Lokale Projekte und Kooperationen<br />
•Der Verein kann Trägerschaften für Projekte übernehmen, bzw. kann auch die OTELO<br />
Infrastruktur für Projektaktivitäten zur Verfügung stellen<br />
•Projekte können Förderprojekte, Kooperationsprojekte, interne Projekte und Node-Projekte<br />
sein.<br />
Lokale Vernetzung und Kommunikation<br />
•Aufbau und Umsetzung des internen Kommunikationskonzeptes, Strategie zur Pflege der<br />
Netzwerk- und Kooperationsbeziehungen.<br />
Betreuung von Nodes<br />
•Organisation von offenen Tagen, lokalen Veranstaltungen und Formaten. Einbindung der Nodes<br />
in die Standortentwicklung. Unterstützung bei Nodegründungen (durch Netzwerkkontakte,...)<br />
Genehmigungsprozess für neue Node administrieren<br />
Neben der Organisation des Standortes beteiligt sich das Standortteam auch nach Möglichkeit an<br />
überregionalen Vernetzungsaktivitäten und bei der Planung und Koordination gemeinsamer<br />
Aktivitäten:<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
50
Die Beteiligung beim gemeinsamen Veranstaltungsprogramm, die Pflege der eigenen Website<br />
(www.standort.otelo.or.at), eine eigene Mailinglist, Bereitstellung von Infos für den Postelo, und<br />
mind. einmal pro Jahr die Organisation der Teilnahme am Standortetreffen.<br />
Optional kann das Standortteam auch eigene Projekte initiieren oder auch als Träger für die<br />
Abwicklung eigener Projekte fungieren, wobei hier Haftungsfragen geklärt sein sollten und ev. auch<br />
eine finanzielle Obergrenze für Projekte definiert werden kann.<br />
OTELO Genossenschaft?<br />
Die OTELO- Genossenschaftsidee<br />
Menschen tun sich zusammen um eine Genossenschaft für ihren Zweck zu bilden. Die OTELO<br />
Genossenschaft wird als Produktivgenossenschaft gegründet. Der Fokus der Produktiv-<br />
Genossenschaft liegt auf der Schaffung von Arbeitsplätzen. Die Basis der Genossenschaft bilden<br />
Menschen, die die OTELO Charta unterstützen wollen und gleichzeitig ihr Auskommen über ein<br />
Einkommen durch die Genossenschaft erwirtschaften wollen. Die OTELO Genossenschaft will, genau<br />
wie die Standorte, Menschen Raum und in diesem Fall auch Organisationsrahmen für eine Anstellung<br />
mit hoher Eigenständigkeit ermöglichen. Die Genossenschaft ist Standortunabhängig, kann sich aber<br />
in Form von Kooperationen der Infrastruktur bestehender Standorte bedienen (Zustimmung des<br />
Standortvereines vorausgesetzt). Wenn nötig, kann die Genossenschaft auch Räumlichkeiten<br />
projektbezogen anmieten.<br />
Die Produktivgenossenschaft ist eine von Individuen getragene, demokratische Struktur – wo alle<br />
Mitglieder ein gleichwertiges Stimmrecht besitzen (1 Kopf = 1 Stimme) – andere Formen gibt es auch,<br />
sind aber für unsere Zwecke uninteressant.<br />
Ziel und Zweck der OTELO Genossenschaft<br />
Das Ziel der Genossenschaft ist es OTELO Entrepreneurs eine Plattform für die Realisierung eigener<br />
Ideen im Bereich wirtschaftlicher Tätigkeit zu bieten, überregionale Kooperationen aufzubauen und<br />
für die Standorte nutzbar zu<br />
machen, neue Standorte bei<br />
Gründung und Entwicklung zu<br />
begleiten und optional eine<br />
Basisvernetzung zwischen allen<br />
OTELO Standorten zu<br />
gewährleisten.<br />
Der Zweck der Genossenschaft ist auf die Entwicklung und Erprobung neuer Arbeitsmodelle<br />
ausgerichtet und entwickelt dafür auch organisatorische Rahmenbedingungen auf Basis der OTELO<br />
Charta und der bisherigen OTELO Erfahrungen. Gleichzeitig verfolgt die Genossenschaft den Zweck<br />
die bestehenden OTELO Standorte zu fördern und weitere Standorte zu ermöglichen, um wiederum<br />
Mitgliedern der Genossenschaft eine ideale Homebase zu ermöglichen.<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
51
Eine Genossenschaft muss einen Förderzweck aufweisen, den wir bei den bisherigen Diskussionen<br />
wie folgt definiert haben: „Förderung unselbstständiger Beschäftigung mit hoher Eigenständigkeit“.<br />
Auf Basis dieses Förderzweckes kann das OTELO Entrepreneurmodell ideal gefördert werden.<br />
Organisation der OTELO Genossenschaft<br />
Rechtlicher Rahmen<br />
Die Genossenschaft wird bestimmt durch ihre Satzung und durch die Geschäftsordnung. Der Zweck<br />
sowie das Geschäftsfeld der Genossenschaft müssen klar definiert sein (sind ähnlich wie die Statuten<br />
eines Vereines, dann auch nicht so einfach zu ändern). In der Satzung sind Geschäftsfeld und<br />
Förderzweck definiert. Die Satzung ist relativ fix und muss klar definiert werden, ebenso der<br />
wirtschaftliche Rahmen und das Finanzierungsmodell.<br />
Die Genossenschaft unterliegt einer beschränkten Haftung (ähnlich einer GmbH). Eine<br />
Genossenschaft ist gewerberechtlich erfasst und es gibt eine Revision alle 2 Jahre. Eine<br />
Genossenschaft ist bilanzierungspflichtig. Als Genossenschaft muss man einem Revisionsverband<br />
beitreten (Raika oder ÖGV (Volksbank)). Die Aufnahme in einen Verband kostet 1500 Euro/ Jahr und<br />
eine Revision kostet auch ca. 1.500 Euro alle 2 Jahre => Kosten einer Genossenschaft im Jahr sind ca.<br />
2300 Euro.<br />
Die Revision prüft (Bilanzen, Unternehmenszweck und Protokolle). Je größer die Genossenschaft<br />
wird, desto weniger fallen die Kosten ins Gewicht, weil sie sich auf mehrere Mitglieder verteilen. Auf<br />
der anderen Seite sind die Kosten sehr überschaubar und es ist wichtig, dass die Genossenschaft<br />
übersichtlich bleibt (vgl. OTELO Charta).<br />
Die Organe einer Genossenschaft sind die Mitglieder und der Vorstand, eventuell auch ein<br />
Aufsichtsrat. Der Vorstand braucht mindestens 2 Personen. Die Gründung einer Genossenschaft –<br />
läuft über die Verbände. (Wien) Eine Anbahnung und Beratung verursacht keine Kosten.<br />
Die Genossenschaft kann wie ein Wirtschaftsunternehmen agieren und ist nicht auf eine Tätigkeit in<br />
Österreich beschränkt. Kooperationen mit bestehenden Firmen können über die Aufnahme der<br />
Firmen in die Genossenschaft geregelt werden.<br />
Die Genossenschaft ist vorsteuerabzugsberechtigt und von der Kapitalertragssteuer befreit.<br />
Genossenschaftsmitglieder<br />
Eine Genossenschaft ist sehr flexibel; es braucht nur einen Vorstandsbeschluss (+ einfache Meldung)<br />
zur Aufnahme neuer Mitglieder. Das macht sie sehr interessant für das OTELO Entrepreneurmodell,<br />
aber auch für die Einbindung von Kooperationspartnern.<br />
Die Mitglieder können Betriebe unterschiedlicher Ausprägung sein, es können über die<br />
Genossenschaft aber auch Anstellungen gemacht werden (OTELO Entrepreneurs).<br />
Die Aufnahme von Personen in Form von EPUs ist über die Aufnahme von Firmen in die<br />
Genossenschaft geregelt. Damit können auch Einzelunternehmen innerhalb des<br />
Genossenschaftszweckes aktiv werden und das OTELO Netzwerk unterstützen.<br />
Die angestellten Mitglieder der Genossenschaft müssen für ihre Tätigkeiten für die nötige<br />
Gewerberechtliche Genehmigung verfügen und diese in die Genossenschaft einbringen. Es wird<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
52
jedoch angestrebt, dass eine Gewerbeberechtigung für Unternehmensberatung bereits zu Beginn<br />
vorhanden ist, damit grundlegende Zwecke der Genossenschaft erfüllt werden können.<br />
Schritte bis zur Gründung der OTELO Genossenschaft<br />
Entwicklung einer OTELO Genossenschaftssatzung und Geschäftsordnung<br />
Klärung der Rahmenbedingungen (Einlagenhöhe,…)<br />
Finanzierungskonzept und Wirtschaftsplan<br />
Mind. 10 Gründungsmitglieder finden<br />
Abklärung mit den Genossenschaftsverbänden<br />
Gründungsversammlung und Wahl des Vorstandes<br />
Die Gründung der OTELO Genossenschaft ist im ersten Halbjahr 2013 geplant.<br />
Fazit zu den bisherigen Organisationsmodellen<br />
Die Auseinandersetzung mit den neuen Strukturen hat aktuell bereits zur Folge, dass sich neu<br />
gegründete Standorte bereits als Standortvereine gegründet haben. Auch bestehende Standorte wie<br />
Vöcklabruck, Kremstal oder Ottensheim werden sich in Kürze als eigene Standortvereine gründen.<br />
Der bisherige Trägerverein wird zum Standortverein Gmunden umfunktioniert. Aktuell wird intensiv<br />
an der Genossenschaftsgründung gearbeitet. Ungeklärt sind aber noch Fragen, die gemeinsame<br />
Organisationsthemen betreffen wie das Veranstaltungsprogramm, die gemeinsame Homepage,<br />
Organisation von Vernetzungsaktivitäten und Veranstaltungen, Informationstransfer,… Hier wird<br />
noch an möglichst einfachen und niederschwelligen Selbstorganisationsstrukturen gearbeitet.<br />
Oberste Priorität hat der Wunsch der Standorte, dass eine ehrenamtliche Administration einfach<br />
möglich sein soll.<br />
Phasen einer OTELO Entstehung<br />
„ Wir sehen nicht die Dinge, wie sie sind, sondern wir sehen sie, wie wir sind.“ (aus dem Talmud)<br />
Wenn ein OTELO gegründet werden soll, stellt sich am<br />
Beginn die Frage, was die Hauptmotivation für eine<br />
Standortgründung ist. Bisher konnten wir feststellen, dass es<br />
primär aktive, raumsuchende Gruppen waren, die das<br />
OTELO Model als Chance begriffen die eigenen Ideen zu<br />
realisieren. Vereinzelt kommen auch politisch<br />
Verantwortliche auf uns zu, um neue Impulse für die<br />
kommunale Entwicklung zu ermöglichen. Beide Gruppen<br />
kommen meistens mit sehr konkreten inhaltlichen<br />
Vorstellungen und auch Mythen, warum bisher noch keine<br />
Räume für diese Aktivitäten zur Verfügung stehen. Damit ein<br />
erster Schritt in Richtung OTELO getan werden kann braucht<br />
es innerhalb der Gemeinde eine Gruppe, die auch bereit ist<br />
ein mögliches OTELO am Standort (ehrenamtlich) zu<br />
organisieren – die OTELO 5. Wenn sich diese Gruppe<br />
Ein <strong>Otelo</strong> zu initiieren und zu starten braucht<br />
zusätzlich eine sehr offene<br />
Herangehensweise und sehr konkrete, ja<br />
nach dem „Wunschbild“ der Akteur/innen<br />
abgestimmte, Schritte. Durch den sehr<br />
partizipativen Grundgedanken von OTELO<br />
braucht es neue soziale Techniken. Nicht nur<br />
Debatten, Workshops, Diskussionen,…<br />
sondern Methoden, um in die Tiefe zu<br />
gehen, zur Vertiefung des Zuhörens und<br />
damit der Wahrnehmung (z.B. GFK, Dragon<br />
Dreaming, Theorie U, Art of Hosting,<br />
Dynamic Facilitation) (vgl. Scharmer, 2009).<br />
Die Begleitung eines Standortes erfolgte<br />
bisher durch projektfinanzierte<br />
MitarbeiterInnen, in Zukunft soll neben<br />
diesem Handbuch auch ein<br />
Begleitungsmodell ermöglicht werden.<br />
gefunden hat, beginnen die 3 OTELO Gründungsphasen, die weiter unten beschrieben werden.<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
53
Aus den Erfahrungen der Standorte Gmunden, Vöcklabruck, Kremstal und Ottensheim kann die<br />
Entstehung eines OTELOs in 3 Phasen gegliedert werden: in die Think, Game und Projekt Phase.<br />
Think Phase OTELO<br />
Der Wunsch bzw. auch der Entschluss eines neuen <strong>Otelo</strong> Standortes ist gefasst und eine (kleine)<br />
Gruppe von Menschen (vgl. Magic 5) willigt ein, ein erstes Stück des Entwicklungsweges mitzugehen,<br />
sich auf das, was entstehen kann, ohne zu wissen, was es wird, einzulassen.<br />
Diese Gruppe hat auch Lust am Aufbau und am Erhalt des Organisationsrahmens mitzuarbeiten.<br />
Durch den Ansatz von OTELO, frei von externen Systemen zu bleiben, setzt die Basisorganisation ein<br />
ehrenamtliches Engagement voraus.<br />
Im ersten Schritt geht es um das sich Einlassen und das Erspüren, was die InitiatorInnen wollen – um<br />
das „Presencing“ (Dieser Begriff wurde von Martin Heidegger geprägt, C. Otto Scharmer verwendet<br />
ihn in seiner Theorie U.). Übersetzt mit ‚Dasein‘ und ‚Hinspüren‘ gilt es, unsere Fragen und die<br />
entstehenden Zukunftsimpulse in dir, in anderen und zwischen euch zu spüren. Die gemeinsame<br />
Intention entdecken und ein gemeinsames Gefäß zu bilden.<br />
OTELO will Öffnung zulassen. Ein gemeinsames Öffnen. Dazu braucht es das Wahrnehmen und das<br />
Öffnen des eigenen Denkraumes. Dieser Prozess kann sehr unterschiedlich lange dauern und soll<br />
bereits potenzielle NutzerInnen und die lokalen EntscheidungsträgerInnen mit einbeziehen. Die<br />
Ergebnisse dieses Prozesses können eine sehr förderliche Grundlage für das zukünftige OTELO bilden.<br />
Wichtig ist das Aufbauen einer Vertrauensbasis zwischen den InitiatorInnen, potenziellen<br />
NutzerInnen und den raumgebenden EntscheidungsträgerInnen. Es kann nun sehr hilfreich sein, sich<br />
genauer mit den Modell OTELO und den bereits bestehenden Standorten zu befassen. Der Besuch<br />
eines OTELO Standortes, eine Präsentation über OTELO und ein Dialog mit Mitgliedern des OTELO<br />
Vereines gibt einen Einblick, wie es gehen kann.<br />
Im nächsten Schritt ist es wichtig die Ergebnisse des „Presencing“ und des Modells OTELO zu<br />
verknüpfen und daraufhin eine Vision für den neuen OTELO Standort zu entwickeln. Die<br />
Unterstützung durch einen OTELO Prozessbegleiter und Moderator wird dabei empfohlen ist aber<br />
nicht unbedingt notwendig.<br />
Öffnung und Erweiterung der Idee<br />
OTELO will viele Menschen ansprechen, sie einladen<br />
aktiv zu werden und im Sinne von „Community<br />
Building" eine gemeinsame Bewegung ermöglichen.<br />
Dazu braucht es Ideen und Anregungen. Im Rahmen<br />
einer öffentlichen Veranstaltung kann nun das Konzept,<br />
die Idee bzw. die Vision vorgestellt und dialogisiert<br />
werden. Menschen, die dem Startteam besonders<br />
wichtig sind, werden dazu persönlich eingeladen.<br />
Wichtig zu bedenken ist, welche<br />
EntscheidungsträgerInnen, welche notwendigen<br />
UnterstützerInnen sollen wir vom Beginn weg an Bord<br />
holen (BürgermeisterIn, GemeinderäteInnen,<br />
Verwaltung, Wirtschaftsobleute, VordenkerInnen,<br />
VisionärInnen, etc.). Die Formate „Präsentation und<br />
Bei der Denk.BAR handelt es sich hier um eine<br />
Veranstaltungsform, die im Rahmen der<br />
OTELOs häufig verwendet ist und dadurch<br />
gekennzeichnet ist, dass Jeder/Jede im OTELO<br />
zu einem Diskussionsanliegen eine Denk.BAR<br />
veranstalten kann und dabei aber am Beginn<br />
der Diskussion nur so viel Information<br />
gegeben werden soll, damit das Thema für<br />
alle verständlich ist und damit diskutierbar<br />
wird. Denk.BARs dauern meistens ca. 2<br />
Stunden. Die Person, die die Denk.BAR<br />
einberufen hat ist auch für die Aufbereitung<br />
der Ergebnisse und Weitergabe innerhalb der<br />
Community zuständig (außer es meldet sich<br />
von den Teilnehmenden jemand, der das<br />
übernimmt).<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
54
Dialog“ und „Denkbar“ sind dazu gut geeignet.<br />
Das besondere/eigene Profil eines Standortes<br />
Nachfolgend einige Beispiele, wie Profile und Ausprägungen innerhalb von Standorten möglich sind<br />
(Beispielhaft entnommen aus dem letzten Standortetreffen im Juni 2012)<br />
Auswertung eines Standortetreffens auf die Frage: „Was macht euren Standort besonders?“<br />
Vöcklabruck<br />
Die räumliche Aufteilung. Großes Foyer, Nodes im Kreis rundum<br />
Sehr groß<br />
Vernetzung mit Stadt, WKO,…<br />
Hoffentlich bald erster eigenständiger Standortverein<br />
Gute techn. Ausstattung im Bereich Radio und bald auch Film (dorf.tv)<br />
Gemütliche Küche/ Sozialraum<br />
Rückzugsmöglichkeiten (Bibliothek, Chill-out)<br />
"Tanzraum" (Workshopraum mit Spiegeln)<br />
Vernetzungsmöglichkeiten mit Offenem Kulturhaus (OKH)<br />
Gmunden<br />
Das Besondere am OTELO Gmunden ist seine starke Ausrichtung auf Kinder-Workshops,<br />
also auf den Kontakt zu den ganz Jungen, und sein Schwerpunkt auf Permakultur-Themen<br />
und -Workshops.<br />
weil Gmunden räumlich und personell nicht dafür ausgestattet ist ein permanentes buntes<br />
Gemeinschaftsleben zu bieten. Das kann sich allerdings jetzt ändern, weil eine bunte<br />
RadiomacherInnen-Crew ans Werk gegangen ist.<br />
Ottensheim<br />
Ist im Zentrum<br />
Flair (Altbau)<br />
Ort der Begegnungen, Kost-Nix-Laden in der Finanzabteilung<br />
Weg es zu bekommen, Eingebettet in NANK-Visionen<br />
Unsere Nodes<br />
Frauenquote im Standortteam<br />
Spaß<br />
Vorchdorf<br />
„Wir“ - ausgezeichnete Mixtur an Leuten: motiviert, geschickt und vertraut mit OTELO an<br />
sich<br />
Standort ist gerade im Entstehen<br />
Nähe zum Wohnort<br />
Identifikation<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
55
Kremstal<br />
Wir haben viele verschiedene tolle Menschen mit unterschiedlichen Talenten und<br />
Fähigkeiten<br />
Besonders macht uns auch die "Triangel" Radio B138 - Haus 16 A - <strong>Otelo</strong><br />
Angermünde<br />
Linz<br />
Extrem strukturschwache Region<br />
3D-Drucker als attraktive Einstiegsmöglichkeit ins OTELO<br />
Macher sind in verschiedensten Bereichen ausgebildet<br />
Gleichstellung von weiblichen und männlichen Teilnehmern<br />
Wissenschaftliches und technisches Know-how aus Schwedt soll erschlossen und genutzt<br />
werden<br />
weil …<br />
dort Menschen zusammen kommen, die sich sonst nicht treffen würden, und dadurch völlig<br />
neue Kooperationen und Ideen entstehen<br />
es eine neue Haltungen gegenüber Beruf, Berufung und Arbeit ermöglicht --> Arbeiten und<br />
lernen aus intrinsischer Motivation<br />
die Atmosphäre zur lockeren und spielerischen Auseinandersetzung mit hochkomplexen<br />
Themen einlädt<br />
es die Zukunft vorwegnimmt, in der ich viele OTELOs und ähnliche Räume sehe<br />
Die Think-Phase in wenigen Punkten<br />
Begeisterung von Menschen für dieses Projekt, für dieses Modell<br />
OTELO Präsentation durch bereits bestehende OTELO Standorte (Verein) oder<br />
ProzessbegleiterInnen<br />
Visionen für den eigenen Standort<br />
Kontakt zu anderen OTELO Standorte<br />
gemeinsames Interesse einer Gruppe<br />
in dieser Phase keinerlei Verpflichtungen<br />
ev. eine Denkbar veranstalten<br />
Game Phase OTELO<br />
Die Vision ist da und es gibt einen ‚Common sense‘ über das, was der neue OTELO Standort sein<br />
kann. In der Game Phase geht es um das Erproben (Prototyping). OTELO bietet einen<br />
Erprobungsraum, um das Neue nicht nur im Nachdenken sondern auch im Tun zu erkunden, um<br />
Feedback von Menschen zu generieren, um die Idee weiterzuentwickeln.<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
56
Nun gilt es, die Ergebnisse, Wahrnehmungen und Erkenntnisse der Think Phase zu manifestieren.<br />
Wichtig ist, eine strukturelle Verfestigung mit mindestens fünf Personen (Empfehlung) zu einem<br />
Organisations- oder Standortteam.<br />
Die Personen dieses Teams sind die Ansprechpersonen für den neuen OTELO Standort, erarbeiten<br />
gemeinsame Spielregeln und Werte des Miteinanders und teilen sich verschiedene Funktionen und<br />
Aufgaben auf. Standortstartteam: Magic „5+“<br />
Das OTELO Standortteam besteht aus mindestens einer Handvoll (5) Personen, die sich, ähnlich<br />
einem Vereinsvorstand, um den Aufbau und die Entwicklung des Standortes kümmern.<br />
Das OTELO Standortteam kann aber auch mehr Mitglieder haben, wichtig ist aber, dass folgende<br />
Funktionen personell zugeordnet werden:<br />
StandortsprecherIn: Ist als lokale Ansprechperson für Interessierte zuständig, organisiert die offenen<br />
Tage (Hosting), und vertritt den Standort im OTELO Vorstand. Der/die StandortsprecherIn ist in die<br />
gemeinsame strategische Weiterentwicklung des OTELO Netzwerkes eingebunden.<br />
HausmeisterIn: Der oder die HausmeisterIn ist für den Aufbau und den Erhalt der Basisinfrastruktur<br />
zuständig und unterstützt die Nodes bei der Gestaltung der Labs. Der/die HausmeisterIn ist auch<br />
Ansprechperson für das Zutrittssystem des OTELO Standortes und sorgt auch für die Einhaltung der<br />
Hausordnung.<br />
StandortkassierIn: Die/der StandortkassierIn verwaltet die Finanzen (Kassa und Subkonto) des<br />
Standortes. Die Mitgliederverwaltung und –betreuung und die Planung und Administration von<br />
Standortbezogenen Projekten werden von dieser Position koordiniert<br />
Standort-Kommunikationsverantwortliche/r: Zuständig für die interne Kommunikation innerhalb<br />
des Standortes, Koordination des Workshop- und Veranstaltungsprogramms. Aktualisierung der<br />
Websiten und Social Media Kanäle.<br />
SponsorenkoordinatorIn: Sponsorensuche, Mitgliederwerbung, Finanzierungskonzepte,<br />
Betriebskontakte pflegen, Entwicklung langfristiger Kooperationen<br />
Im nächsten Schritt kann das Standortteam ihren konkreten OTELO Standort erarbeiten und planen.<br />
Was soll im OTELO passieren, welche Bedürfnisse haben wir als Organisator/innen und<br />
Teilnehmer/innen, welche Raumbedürfnisse gibt es, mit welchen konkreten Themen/Projekten<br />
wollen wir starten, wollen wir OTELO angreifbar und herzeigbar machen.<br />
Strategie erarbeiten: Das Standortteam erarbeitet eine Strategie, wie OTELO starten kann, wie die<br />
Raumbedürfnisse erfüllt werden können, wie die ersten konkreten Themen/ Projekte gestartet<br />
werden und vor allem, wie das Bewusstsein in der Bevölkerung gestärkt wird und viele Menschen<br />
eingeladen werden können.<br />
Damit einher, gehen verstärkte Kontakte zu bestehenden Communities und zu politischen<br />
EntscheidungsträgerInnen sowie zu Wirtschaftsbetrieben und ihren VertreterInnen (Sozialpartner).<br />
Erste pilothafte Umsetzungsschritte können sowohl im Start eines neuen Standortes, sprich eines<br />
physischen Raums sein, sowie auch die erste Durchführung von Aktivitäten/Workshops.<br />
Raum anbieten: Neben einem „Denkraum“ ist es wichtig, rasch einen physischen Raum anzubieten,<br />
einen Ort der für OTELO zur Verfügung steht, von dem aus der neue OTELO Standort entstehen kann.<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
57
Gemeinsam mit den KommunalpolitikerInnen soll ein Standort gefunden werden. Es wird<br />
vorausgesetzt, dass die Gemeinde Raum (auch finanziell) zur Verfügung stellt. In vielen Gemeinden<br />
gibt es leerstehende, oftmals im Eigentum der Gemeinde stehende Gebäude. In allen bisherigen<br />
OTELO Standorten wurden, von den jeweiligen Gemeinden, Räume zur Verfügung gestellt. Eine<br />
eventuell notwendige Adaptierung kann in Absprache direkt vom Standortteam übernommen bzw.<br />
mitorganisiert werden. Empfehlungen zur Raumauf- und -einteilung siehe Kapitel 5.<br />
Hosting: Ist der neue OTELO Standort örtlich vorhanden, können öffentliche Öffnungszeiten<br />
festgelegt und öffentlich bekannt gemacht werden. Mit dem ‚Hosting‘, sprich mindestens eine<br />
Person des Standortteams, die zu den Öffnungszeiten als Ansprechperson zur Verfügung steht, wird<br />
ein „niederschwelliger Eintritt“ ins OTELO gewährleistet. Der Host erklärt interessierten Menschen<br />
OTELO, die Vision, die Strategie, die Möglichkeiten des sich beteiligen und bietet sich als<br />
Gesprächspartner für inhaltliche Themen rund um die Philosophie OTELO an.<br />
Workshops/ Jam Sessions:<br />
Welche Interessen haben die<br />
bisher am OTELO beteiligten<br />
Menschen? Welche Talente,<br />
welche Fähigkeiten möchten oder<br />
können sie selber einbringen?<br />
Welche Themen liegen uns am<br />
Herzen und können auch für<br />
Aufmerksamkeit sorgen?<br />
Die Workshopplanung mit diesen<br />
Fragen zu beginnen ist sehr zu<br />
empfehlen. <strong>Otelo</strong> und dessen<br />
Inhalte sollen den beteiligten<br />
Menschen Freude machen, sollen<br />
das sein, was sie wirklich, wirklich wollen. Manche Standorte beginnen mit sehr technischen<br />
Aktivitäten (3D Drucken etc.) andere haben im kreativ-textilen Bereich gestartet (Kleider entwerfen,<br />
Kleidertausch etc.) wiederum andere nehmen sich Methoden an, wie wir ins kreative, neue Tun<br />
kommen (Improtheater, Imaginationen). Der neue Standort startet vielleicht mit etwas ganz<br />
anderem, etwas Neuem. Wenn erste Aktivitäten/ Workshops geplant sind, werden diese öffentlich<br />
ausgeschrieben und durchgeführt.<br />
Die Workshops sollten möglichst<br />
kostengünstig/ kostenlos sein, die<br />
WorkshopleiterInnen sollten die<br />
Durchführung im Sinne von „share<br />
knowledge“ ohne Honoraransprüche machen.<br />
Kosten, die entstehen (Material, Fahrkosten<br />
etc.) können auch durch geringe<br />
TeilnehmerInnenbeiträge aufgebracht<br />
werden.<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
58
Die Idee von „share knowlegde“ ist, dass<br />
WorkshopteilnehmerInnen eingeladen und<br />
ermutigt werden, eigene Talente, Wissen und<br />
Fähigkeiten in Form von Workshops zur<br />
Verfügung zu stellen. Dadurch werden<br />
kontinuierlich neue Inhalte und Workshops für<br />
OTELO generiert.<br />
Nodes: Eine grundlegende Basis eines OTELO Standortes bilden die OTELO Nodes. Nodes sind für uns<br />
Nest (geschützter Raum) und Netzknoten in einer Funktion. Die OTELO Nodes können von 5<br />
Personen beantragt werden, die sich gemeinsam einem Thema widmen möchten. OTELO bietet für<br />
die Nodes unterschiedliche Möglichkeiten an – vom Treffpunkt für Gespräche bis zur Trägerschaft<br />
eines Projektes. Wer in einem Node Mitglied ist erhält auch unbeschränkten Zugang zum OTELO<br />
(Schlüsselrecht), die Möglichkeit einen Raum zu besiedeln und das Nutzungsrecht für die<br />
Gemeinschaftsräume – kostenfrei. Als Gegenleistung bringen die Node-Mitglieder sich in<br />
gemeinsame Aktivitäten ein und geben ihr Wissen und ihre Erfahrungen auf geeignete Weise weiter<br />
und ermöglichen auch weiteren Menschen den Zugang und das Mitwirken im Node. Am Beginn steht<br />
eine Idee von einer oder mehreren Personen. Von der Idee bis zur Realisierung größerer Projekte<br />
bietet OTELO geeignete organisatorische Unterstützung und Infrastruktur.<br />
Nodes haben erfahrungsgemäß verschiedene Stadien:<br />
Auch hier zeigt sich die Abfolge Think – Game – Project Node.<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
59
THINK-NODE (TN)-Status: Eine Idee steht im Raum. OTELO bietet hier die Infrastruktur des OTELOs<br />
an um die Idee weiter zu entwickeln. Es können Workshops und Veranstaltungen organisiert werden,<br />
regelmäßige Treffen zum Weiterdenken. In diesem Stadium ist noch kein eigenes Node-Lab<br />
vorgesehen.<br />
GAME-NODE (GS)-Status: Wenn eine Idee so weit gediehen ist, dass es ans Experimentieren und<br />
Ausprobieren gehen kann, können Gruppen ein Node-Lab beantragen. Hier wird von OTELO über<br />
einen vereinbarten Zeitraum ein Raum zur Verfügung gestellt, damit ein Thema vertieft und<br />
experimentell weiterentwickelt werden kann. Der spielerische Zugang steht hier im Vordergrund.<br />
OTELO unterstützt hier durch die Vernetzung mit den anderen Nodes und durch die Herstellung von<br />
Kontakten zu Betrieben und ExpertInnen. Betriebe können in diesem Stadium eine Patenschaft<br />
übernehmen. Die Ergebnisse des Nodes werden regelmäßig innerhalb der Community<br />
weitergegeben oder auch in Workshops vertieft.<br />
PROJECT-NODE (PN)-Status: Wenn sich aus einem Game-Node ein konkretes Projekt entwickelt, bei<br />
dem ein Träger z.B. für eine Fördereinreichung gesucht wird, unterstützt OTELO bei der<br />
Antragsstellung und übernimmt auch die Trägerschaft für Projekte und unterstützt bei der<br />
Projektabwicklung. Wenn Projekte erfolgreich entwickelt wurden, können auch in Kooperation mit<br />
dem TZ-Attnang Teams in Richtung Unternehmensgründung begleitet werden.<br />
Die Struktur des Standortes wird jetzt bereits gut sichtbar. Es folgt die Project-Phase der OTELO<br />
Gründung.<br />
Die Gamephase in wenigen Punkten<br />
strukturelle Verfestigung mit mindestens fünf Personen in einem Organisationsteam, die evt.<br />
auch spezielle Funktionen übernehmen (z.B. Standortansprechperson,<br />
Standortorganisation/Workshops, Schnittstelle zum Verein/zur Begleitung/zum Projekt,<br />
Standortfinanzen, <strong>Otelo</strong> Philosophie/Strategie strategische Entwicklung<br />
Raumbedürfnisse: konkrete Raumsuche, Räume temporär nutzen<br />
verstärkter Kontakt zur politischen Ebene bzw. zu Wirtschaftsbetrieben<br />
verstärkter Kontakt zu einer Community<br />
erste Nodes bilden sich<br />
öffentlich verfügbaren Raum anbieten<br />
erste Workshops durchführen, neue Workshopideen generieren<br />
Öffentlichkeitsarbeit (Medien einbinden, Aufrufe zum Dabei-sein)<br />
fließender Übergang in die Project Phase<br />
Project Phase OTELO<br />
OTELO ist räumlich verankert (mit Nutzungsvereinbarung mit der Gemeinde/ Stadt), wurde öffentlich<br />
bereits wahrgenommen, hat ein fixes Standortteam und konnte sich mit ersten Aktivitäten/<br />
Workshops bereits präsentieren. In der Project Phase werden nun die Inhalte des neuen OTELO<br />
Standortes, die Erfahrungen und Erkenntnisse der Game Phase sowie die detaillierte Strategie auf<br />
feste Fundamente gestellt. Es erfolgt jetzt die offizielle Standortvereinsgründung und die Besiedelung<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
60
der Räume. Die Räume für Kommunikation, die Bereiche im OTELO, die für Nodes reserviert sind, der<br />
Workshopbereich, der Aufenthaltsraum und weitere standortspezifische Räume sind definiert und<br />
werden von der Gruppe besiedelt. Wichtig ist dabei, dass nicht gleich alle Räume vergeben werden –<br />
es soll auch noch Freiräume geben, damit Platz für Neues bleibt.<br />
Einbindung ins OTELO Netzwerk:<br />
Damit der Standort auch von den gemeinsamen Aktivitäten der OTELOs profitieren kann und auch<br />
eigene Aktivitäten ins Netzwerk einbringen kann, ist es notwendig sich als Standort in das<br />
Mediensystem von OTELO einzubringen, an gemeinsamen Netzwerktreffen mitzuwirken und auch<br />
am gemeinsamen Workshopprogramm mitzuarbeiten.<br />
OTELO Förderer:<br />
Ein weiterer wichtiger Schritt ist der Aufbau einer Fördermitgliedsstruktur, um grundlegende<br />
Aktivitäten am Standort finanzieren zu können. Wichtig ist auch der Aufbau von Kooperationen mit<br />
der regionalen Wirtschaft, der Lokalpolitik, den Sozialpartnern, Bildungseinrichtungen und anderen<br />
Vereinen der Gemeinde. OTELO ermöglicht auch Kooperationen zwischen verschiedenen Partnern,<br />
den Nodes oder anderen OTELO Standorten.<br />
Fördermitgliedschaft: Die Fördermitgliedschaft unterstützt den Aufbau und die Weiterentwicklung<br />
der regionalen OTELO Standorte und ist die Basis der lokalen Kooperationsarbeit. Neben privaten<br />
Fördermitgliedschaften (22€ ermäßigt/33€ für Einzelpersonen/ Jahr) und der Fördermitgliedschaft<br />
für Verein (66€/ Jahr) gibt es auch Fördermitgliedschaften und Kooperationsmöglichkeiten für<br />
Betriebe:<br />
Für Kleinstunternehmen: 99€ / Jahr<br />
Für KMU 999€ / Jahr<br />
Für Großbetriebe 4444,- oder 9.999€ / Jahr<br />
Sachsponsoring/ Werkstättenkooperation:<br />
Unterstützung durch Sachspenden, Büromöbel, Werkzeug,…<br />
Bereitstellung von Maschinenstunden und Personal für projektspezifische Aktivitäten<br />
Projektkooperation oder Node-Patenschaft:<br />
Finanzielle und inhaltliche Unterstützung von Projektaktivitäten<br />
Finanzielle Unterstützung zum Aufbau von Nodes<br />
Kontinuierliches Workshop- und Veranstaltungsprogramm<br />
Das OTELO Workshopprogramm ist eine wichtige Inspirationsquelle, gibt Anregungen, lädt zum<br />
Mitmachen ein und bietet den Nodes die Möglichkeit Interessierte in ihre Aktivitäten einzubinden.<br />
Das Veranstaltungsprogramm wird von allen Standorten gemeinsam erstellt und über die OTELO<br />
Medienkanäle kommuniziert, fallweise auch gedruckt. In der Project Phase wird der Standort voll in<br />
die Planung und Umsetzung des Workshop- und Veranstaltungsprogramms einbezogen.<br />
Bei den Veranstaltungsformaten können Formate aus dem OTELO Umfeld herangezogen werden,<br />
aber natürlich auch eigene Formate entwickelt werden.<br />
Aktuelle Formate sind in Kapitel 8 beschrieben!<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
61
Kontinuierliche Weiterentwicklung des <strong>Otelo</strong> Standortes<br />
OTELO lebt von der Offenheit und der damit verbundenen Bereitschaft sich weiter zu entwickeln. Im<br />
Rahmen des eigenen Standortes soll es deshalb immer wieder Treffen mit den OTELO NutzerInnen<br />
geben, damit der Standort auf Veränderungswünsche und auch Probleme gut reagieren kann. Diese<br />
Treffen sollen in regelmäßigen Abständen stattfinden. Bei den Treffen sollten zumindest die Key-<br />
Node-Speaker und das Standortteam dabei sein. Parallel gibt es immer auch überregionale Treffen<br />
und fallweise auch Arbeitsgruppen, die Impulse für die gesamte OTELO Entwicklung geben können<br />
und dem Standort neue Möglichkeiten und Handlungsspielräume eröffnen.<br />
Die Project Phase in wenigen Punkten<br />
Fixe Struktur verankern. Standortverein oder an Verein integriert (vgl. OTELO Kremstal an<br />
Verein Radio B138 angebunden)<br />
eigenständige Nodes<br />
fixer Raum, Basiswerkstatt<br />
Unterstützung Politik, Wirtschaft, Fördermitglieder aufbauen<br />
Workshops, Veranstaltungen verschiedener Formate<br />
begleitendes ‚Hosting‘<br />
ev. eigenständige Projekte<br />
laufende Öffentlichkeitsarbeit<br />
kontinuierliche Weiterentwicklung des OTELO Standortes<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
62
Gedanken zur Organisationsentwicklung/-struktur der Standortvereine<br />
(von Richard Schachinger)<br />
"You cannot make the rice grow, by pulling on the stalks..." (altes chinesisches Sprichwort)<br />
Ein Thema das mit dieser Überschrift beginnt, verspricht in den meisten Fällen eine trockene<br />
Auseinandersetzung mit einem „notwendigen Übel“. Es geht um Statuten, die nicht gerade im<br />
Verdacht stehen, ein anregendes Thema zu sein. Und besonders in wirtschaftlichen Zusammenhängen<br />
wird dann auch noch in die Schublade organisationstheoretischer Modelle gegriffen; Begriffe wie<br />
„Linienmodell“, „Stabstelle“ oder „Führung“ stehen im Raum, vermögen diesen aber kaum zu<br />
erhellen. Hier finden wir womöglich schon den ersten Grund, warum die Auseinandersetzung mit dem<br />
„Eingemachten“ auf wenig Gegenliebe stößt – und das obwohl es aus einer demokratischen und<br />
partizipativen Perspektive um essentielle Fragen geht. Wie Fritz Simon aufzeigte, handelt es sich<br />
hierbei nämlich um militärische Begriffe. Organisation wurde scheinbar als Krieg erlebt und diese<br />
erstaunliche sprachliche Verbindung existiert bis heute, auch wenn starre Hierarchien und das<br />
Abschleifen zu menschlichen Maschinen alles andere als zeitgemäß sind (ein Schelm wer hier an das<br />
Bildungssystem denkt!).<br />
Wenn wir uns nun die OTELO Idee in Erinnerung rufen, wird schnell klar, dass diese dem eben<br />
Skizzierten radikal entgegensteht. Anstelle von „Zwang“ und „Zielorientierung“ geht es um Freude an<br />
der Sache und um Freiraum. Gleichzeitig will OTELO in der Praxis auch Grundstrukturen bieten, um<br />
kleinen Initiativen (Nodes) einen organisatorischen Rahmen zu ermöglichen und um als Projektträger<br />
auftreten zu können. Beides gute Gründe unter mehreren, eine juristische Person, also einen<br />
gemeinnützigen Verein zu gründen. Aber wie schauen die idealen, organisatorischen<br />
Rahmenbedingungen für einen OTELO Verein jetzt aus? Diese Frage bietet sich als logisch an, muss<br />
aber eingeschränkt werden. Denn „die ideale Organisation“ wird unerreicht bleiben, genauso wie<br />
strategische Planung (das Militär lässt grüßen!) im klassischen Sinn eine Illusion ist. Beides können wir<br />
aber als einen Prozess verstehen; als ein evolutionäres, reflektiertes Anpassen an die eigenen<br />
Anforderungen. In unserem Fall sprechen wir letztendlich auch von einem Ausloten des<br />
vereinsrechtlich Möglichen: nämlich nicht das OTELO für die Standardstatuten zu verbiegen, sondern<br />
die Statuten für unsere Idee zu modellieren. In diesem Sinne begnügt sich dieses Kapitel auch nicht<br />
bloß damit, einen Ist-Zustand wiederzugeben, sondern versucht auch die dahinter liegenden Gründe<br />
für den Status Quo darzustellen.<br />
Zunächst aber leiten wir die angesprochenen Anforderungen aus dem OTELO Konzept ab. Dort lassen<br />
sich „Nodes“, „Standorte“ und „Projekte“ als Bereiche festhalten. Den so genannten „Nodes“ - die<br />
auch in einem eigenen Kapitel ausführlich behandelt werden – kommt hierbei eine tragende Rolle zu.<br />
Als themenbezogene Gruppen an interessierten Menschen stellen sie die inhaltliche und personelle<br />
OTELO Basis dar. Sie sollen grundsätzlich autonom agieren können und als OTELO Subsysteme an<br />
einen Standort gekoppelt sein. Ein Standort wiederum soll Raum und die nötige Infrastruktur für<br />
Nodes und gemeinschaftliche Tätigkeiten bieten. Er ist damit Substrat und wenn man es bildlich<br />
ausdrücken will: ein Ballungsraum an Netzwerkknoten. Da das OTELO Konzept vorsieht, dass die<br />
Kommunen Gebäude, Energie und Internet für Standorte zur Verfügung stellen, können sich diese<br />
genauso wie Nodes grundsätzlich durch freiwilliges Engagement selbst erhalten – ohne sich in<br />
existenzielle Abhängigkeiten zu begeben. Im Gegensatz zu diesen horizontal gelagerten Bereichen,<br />
sind Projekte vertikal ausgerichtet. Das heißt, dass OTELO Mitglieder – entweder als Node oder in<br />
einer eigenen Projektkonstellation – ein temporäres Projekt über den Verein als juristische Person<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
63
abwickeln. Da der damit verbundene Ressourcenaufwand in der Praxis schnell über das Ehrenamt<br />
hinausgeht, arbeitet in diesem Bereich vor allem hauptamtliches Personal (sofern gewünscht).<br />
Die OTELO Community ist demnach durch Vielfältigkeit charakterisiert und nicht homogen. Sie ist<br />
wohl auch kein Kollektiv im klassischen Sinne, sondern – in Anlehnung an die Metapher der<br />
Netzwerkknoten – ein „Konnektiv“. Ein Konnektiv, welches als kleinsten gemeinsamen Nenner auf der<br />
OTELO Charta fußt. Aber auch ein Konnektiv, das sich Spannungsfeldern wie jenem zwischen Ehren-<br />
und Hauptamt stellen muss. Ein Konnektiv also, das sich durch aktive Kommunikationskanäle (vgl.<br />
Kapitel Kommunikation) und regelmäßige, gemeinsamen Veranstaltungen (vgl. Kapitel Formate)<br />
erneuert. Neben den oben genannten Anforderungen sind dies allesamt Aspekte, die in unserem<br />
Organisationsmodell und damit auch in den Statuten mitbedacht werden müssen. Letzteren werden<br />
wir uns jetzt zuwenden, ehe wir die Organisationsstruktur darstellen und abschließend einen Ausblick<br />
wagen. Allerdings konzentrieren wir uns hier nur auf die zentralen Modellingaspekte, um uns nicht im<br />
Vereinsrecht zu verzetteln oder gar den Rahmen zu sprengen:<br />
Das österreichische Vereinsgesetz (VerG 2002) sieht grundsätzlich ein „Aufsichtsorgan“, eine<br />
„Generalversammlung“, „RechnungsprüferInnen“ und ein „Schiedsgericht“ vor. Viele Vereine<br />
orientieren sich bei ihrer Gründung allerdings nicht direkt am VerG, sondern an der Ausformung der<br />
so genannten Musterstatuten des Innenministeriums. Dieses Modell wird in der Literatur auch als<br />
„Führerverein“ bezeichnet, weil es tendenziell den Vorstand als Leitungsgremium gegenüber der<br />
Mitgliederversammlung als Generalversammlung aufwertet und damit das Argument der<br />
Handlungsfähigkeit über jenes der Mitbestimmung stellt. Ein in der Praxis häufiges Modell sieht wie<br />
folgt aus: eine Generalversammlung findet einmal im Jahr statt, dort berichtet der Vorstand über die<br />
Tätigkeiten, die RechnungsprüferInnen legen den Prüfbericht vor, ein neuer Vorstand wird gewählt<br />
und das Jahresbudget beschlossen. Bis hierher sagt der Modus nur bedingt etwas über Autonomie<br />
und Partizipationsmöglichkeiten aus – denn entscheidend ist die Frage, wie die laufende Vereinsarbeit<br />
aussieht. Soll in unserem fiktiven Beispiel eines „Führervereins“ heißen: während des Jahres leitet der<br />
Vorstand – speziell der Obmann (sic!) - hinter verschlossenen Türen die Geschäfte, entscheidet über<br />
die Aufnahme neuer Mitglieder und auch über alle anderen Belange. Demokratische Mitbestimmung<br />
bleibt für Mitglieder auf den Tag der Mitgliederversammlung beschränkt...<br />
Würden wir die OTELO Idee mit einem derartigen Modell umsetzen wollen, ergäben sich unter<br />
anderem folgende Schwierigkeiten: Nodes und all ihre Aktivitäten sind direkt von den Entscheidungen<br />
des Vorstands abhängig, dieser wiederum ist mit einer Fülle von Anfragen konfrontiert. Selbiges gilt<br />
für Projekte. Darüber hinaus würde diese Hierarchie und Konzentration ganz grundsätzlich dem<br />
dezentralen „Bottom-up Prinzip“, dem Einräumen von Autonomie und dem Agieren auf gleicher<br />
Augenhöhe widersprechen. Ähnlich wie es auch einige freie Initiativen versuchen, hat OTELO daher<br />
diese Musterstatuten nach den eigenen Bedürfnissen adaptiert.<br />
Neben kleineren Anpassungen verkörpert unsere Adaption insbesondere ein neu geschaffenes<br />
Vereinsgremium, welches sich als Zitat aus den Statuten weitgehend selbst erklären kann:§ 15: OTELO<br />
Gruppe<br />
(1) Eine sogenannte „OTELO Gruppe“ ist ein unbefristetes Vereinsorgan, das gemäß dem<br />
Vereinszweck zu bestimmten Sachbereichen, Projekten und Aufgabengebieten auf Beschluss des<br />
Vorstands gegründet oder aufgenommen werden kann.<br />
(2) Die Bezeichnungen „Projektgruppe“, „Nest“ oder „Node“ sind für die „OTELO Gruppe“ zulässig.<br />
(3) Die „OTELO Gruppe“ setzt sich aus „OTELO Mitgliedern“ zusammen, die im jeweiligen Sachgebiet<br />
arbeiten. Diese „OTELO Gruppenmitglieder“ können über ihre internen Entscheidungsstrukturen<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
64
selbst bestimmen, wobei stets alle anwesenden „OTELO Gruppenmitglieder“ stimmberechtigt sind.<br />
Die Teilnahme von Gästen ist ausdrücklich erwünscht, deren Stimmrecht ist am Beginn des jeweiligen<br />
Treffens zu klären. Die Bezeichnung „Nodemitglied“ für „OTELO Gruppenmitglieder“ ist zulässig.<br />
(4) Die „OTELO Gruppe“ ist verpflichtet, gegenüber dem Vorstand eine Ansprechperson zu nennen.<br />
Die Bezeichnungen „Nodesprecher/in“, „Key-Node-Speaker“ und „Projektleiter/in“ sind je nach<br />
Sachverhalt zulässig. Diese besagte Person hat das Recht, mit beratender Stimme bei<br />
Vorstandssitzungen teilzunehmen, sofern sie nicht ohnehin in selbigem Mitglied ist.<br />
(5) Die „OTELO Gruppe“ arbeitet im Rahmen ihres Sachbereiches selbstständig und unabhängig.<br />
Entscheidungen, die über das jeweilige Sachgebiet hinaus den gesamten Verein betreffen oder<br />
möglicherweise die Vereinsgeschäfte als Ganzes beeinflussen, bedürfen einer Genehmigung durch<br />
den Vorstand.<br />
(6) Die „OTELO Gruppe“ nutzt die vom Verein zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten an einem<br />
Standort und kann auf die vorgesehene Infrastruktur zurückgreifen. Die „OTELO Gruppe“ hat das<br />
Recht über Arbeitsabläufe und den Raumzugang in ihrem Sachbereich selbst zu entscheiden.<br />
(7) Für die „OTELO Gruppe“ gelten die Bestimmungen des § 11 Abs. 3 bis 10 sinngemäß.<br />
Nachdem wir jetzt die Grundstruktur und die dahinter liegenden Überlegungen dargestellt haben,<br />
können wir nun das konkrete OTELO Organisationsmodell – inklusive weiteren Modi aus der Praxis -<br />
beschreiben:<br />
Der Verein übernimmt die Trägerschaft für Standort, Nodes und Projekte.<br />
Die jährliche Generalversammlung entscheidet über relevante Entwicklungen und<br />
Aktivitäten; stimmberechtigt sind im Sinne eines möglichst niederschwelligen Zugangs alle<br />
aktiven NodebenutzerInnen – wobei diese kongruent über ihr Engagement via Vorstand<br />
aufgenommen werden. Als Richtwert für das „Aktivsein“ wird eine Nodebenutzung<br />
mindestens einmal im Monat und darüber hinaus die Teilnahme an einer OTELO<br />
Veranstaltung im Jahr angenommen.<br />
Der von der Generalversammlung gewählte Vorstand trifft sich mindestens alle zwei Monate<br />
und lädt dazu auch die „Node-Speaker“ als beratende Mitglieder ein. Er nimmt „Nodes“ auf,<br />
gründet „Projektgruppen“ und kümmert sich primär um alle finanziellen, strategischen und<br />
operativen Agenden („operativer Vorstand“).<br />
Die Nodes an einem Standort rufen mindestens zweimal pro Jahr ein Standorttreffen ein, wo<br />
im Sinne der eigenen Autonomie und als Entlastung des Vorstands, alle standortspezifischen<br />
Agenden behandelt werden. Darunter fallen insbesondere Fragen zur Infrastruktur,<br />
Reinigung und zum Veranstaltungsprogramm. Dieses Standorttreffen kann im formalen Sinne<br />
der Statuten als „OTELO Gruppe“ an „OTELO Gruppen“ (Nodes) verstanden werden, wobei<br />
die Kopplung mit dem Vorstand ohnehin durch die Vorstandsmitglieder selbst und durch die<br />
„Node-Speaker“ gewährleistet ist.<br />
Dieser Aufbau entspricht dem OTELO Standardmodell. Um das Verhältnis zwischen Vorstand und<br />
Standorttreffen zu verdeutlichen, ein kurzes Beispiel: Nehmen wir an, der Vorstand eines OTELO<br />
Standortvereins an einem Standort beschließt, dass die Gemeinschaftsräumlichkeiten einmal pro<br />
Woche gereinigt werden sollen. Welches Node wann was übernimmt, wird dann nicht direkt im<br />
Vorstand, sondern eben beim Standorttreffen untereinander ausgemacht.<br />
Allerdings gibt es gute Gründe, in der Praxis dieses Standardmodell „ein Verein pro Standort“ zu<br />
adaptieren und stattdessen mehrere Standorte unter einem Dach zusammenzufassen. Beispielsweise<br />
dann, wenn in einer Region zwei oder mehrere Standorte entstehen, weil eine geographische Nähe<br />
besteht und der bürokratische Vereinsaufwand minimal gehalten werden will. Oder aber, wenn<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
65
vorübergehend die Trägerschaft für andere, in der Gründung befindende Standorte in einer anderen<br />
Region übernommen wird. Tritt dieser Spezialfall ein (wie beispielsweise beim OTELO<br />
Salzkammergut) empfiehlt es sich, folgende Adaptionen vorzunehmen:<br />
Die Treffen des Vorstands finden abwechselnd an den Standorten statt.<br />
Der Arbeitsfokus des Vorstands liegt im Gegensatz zum oben beschriebenen Standardmodell<br />
primär auf finanziellen und strategischen Agenden („strategischer Vorstand“), die operative<br />
Ebene wird stattdessen weitgehend an die neuen Standortteams delegiert.<br />
Pro Standort wird ein solches Standortteam beim Standorttreffen bestimmt, welches sich um<br />
die Umsetzung der beim Standorttreffen beschlossenen Punkte kümmert. Dabei besteht<br />
dieses Standortteam aus fünf Personen (vgl. Magic 5), wobei jede davon einen besonderen<br />
Fokus auf folgende Bereiche beziehungsweise Aufgaben hat: Kontaktperson nach außen<br />
(Verwaltung einer Standort-Emailadresse), standortinterne Kommunikation (Einladen zu<br />
Standorttreffen, Verwalten von Emailadressen und Node-Mitgliederlisten), Infrastruktur<br />
(Hausmeister/in), Medienarbeit und Veranstaltungsprogramm. Handelt es sich um einen neu<br />
zu gründenden Standort, so kümmert sich diese „Standortgruppe“ außerdem um den<br />
Standortaufbau und damit verknüpfte Agenden. Wird ein neuer Standortverein gegründet,<br />
so kann dieses Team quasi in einen Vorstand übergehen (womit wieder das Standardmodell<br />
gegeben wäre).<br />
Abschließend wagen wir an dieser Stelle noch einen Ausblick. Ein Ausblick welcher auf der Annahme<br />
fußt, dass speziell im Hinblick auf die Kooperation mit NANK – Neue Arbeit, Neue Kultur und damit<br />
verknüpften, neuen Arbeitsmodellen grundsätzliche Erweiterungen des bestehenden Modells<br />
erforderlich werden. In welche Richtung diese Erweiterungen zukünftig gehen könnten, wird mit<br />
diesem Zitat von Prof. Frithjof Bergmann sichtbar: „Wir wollten jedoch nicht dilettantisch<br />
herumspielen, sondern mit entschlossenem Wagemut ein ernsthaftes wirtschaftliches Interesse<br />
umsetzen. Entscheidend war für uns die Reduzierung der Abhängigkeit von Lohnarbeit, das<br />
Ausbrechen aus dieser Knechtschaft. Wir wollten hier eine Ebene erreichen, die in dieser Hinsicht eine<br />
deutliche Veränderung zeigt, die es einem Menschen also erlaubt, seine Lohnarbeit um ein Drittel<br />
oder die Hälfte zu reduzieren, indem er sie auf angenehme Weise mit einer selbstversorgenden oder<br />
eigenproduzierten Arbeit ausbalanciert.“ 11<br />
Wie schon weiter oben angedeutet wird ersichtlich, dass die Vereinbarkeit mit einem auf<br />
Gemeinnützigkeit ausgerichteten Verein an ihre Grenzen stößt. Dies bedeutet, dass es neben dem<br />
OTELO Verein als demokratische Basis für Nodes, Standorte und kleinere Projekte („Community<br />
Building“) einen geeigneten, zusätzlichen Rahmen für dieses ernsthafte, wirtschaftliche Interesse<br />
braucht (z.B. das oben beschriebene Genossenschaftsmodell). Mit diesem Modell können<br />
beispielsweise folgende Szenarien weiterverfolgt werden:<br />
OTELO Projekte spielen bereits jetzt eine große Rolle und wir gehen an dieser Stelle davon<br />
aus, dass Anzahl, Volumen und geographischer Radius von OTELO Groß-Projekten auch<br />
zukünftig zunehmen werden. Dies allein hat auf die Gemeinnützigkeit freilich noch keine<br />
Auswirkung, allerdings stellt sich einerseits die Frage, inwieweit ein ehrenamtlicher<br />
Vereinsvorstand im Hinblick auf seine Verantwortlichkeit größere Projekte tragen bzw.<br />
überblicken kann und will. Andererseits bietet dieser Bereich für hauptamtliche<br />
MitarbeiterInnen die Chance, so genannte Entrepreneur-Modelle („unselbstständig<br />
selbstständig“) zu entwickeln und zu erproben. Hierbei scheint es also äußerst sinnig, der<br />
projektorientierten Weiterentwicklung und Verbreitung der OTELO Idee mittelfristig einen<br />
eigenen, juristischen Rahmen einzurichten. Hier bietet sich daher auch im Hinblick auf<br />
Haftungs- und Steuerangelegenheiten eine Genossenschaft geradezu an. In diesem Fall wäre<br />
11 Bergmann, Frithjof (2004): Neue Arbeit, Neue Kultur. Freiamt im Schwarzwald: Arbor Verlag, 24<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
66
es naheliegend, dass OTELO Standortvereine als Mitglieder auftreten können und damit auch<br />
strukturell eine Kopplung zwischen diesen beiden Systemen gewährleistet bleibt.<br />
Ein weiteres Szenario wäre im Sinne von NANK der Bereich „Community Production“ auf<br />
Basis von innovativen Genossenschaftsmodellen. Genossenschaften haben hierzulande<br />
bisweilen ein verstaubtes Image, was wohl auch an ihrer Unsichtbarkeit (z.B.<br />
Wassergenossenschaften) oder ihrer tendenziellen Zweckentfremdung (z.B.<br />
„systemrelevante“ Banken) liegt. Dabei ist die Nachfrage nach Genossenschaften im<br />
deutschsprachigen Raum gerade stark im Wachsen begriffen, wie sich aufgrund ihrer<br />
Neugründungen ablesen lässt 12 . Denn im Gegensatz zum Vereinszweck, zielen<br />
Genossenschaften laut GenG auf die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft seiner<br />
Mitglieder ab. Gewissermaßen bieten Genossenschaften damit einen juristischen Rahmen,<br />
der demokratische Mitbestimmung und Wirtschaften verknüpft und von daher für OTELO<br />
besonders spannend sein könnte: vor allem dann, wenn eine Gruppe an OTELO Mitglieder<br />
gemeinsam eine Produktionsstätte – beispielsweise im Lebensmittel- oder 3D-Printerbereich<br />
- anschaffen möchte, die aufgrund ihrer Möglichkeiten und Kosten über die OTELO<br />
Basisinfrastruktur hinausgeht. Damit könnte diese Gruppe gemeinschaftlich wirtschaften,<br />
indem sie Produkte herstellt, verkauft und sich den Gewinn untereinander aufteilt. Dieses<br />
Modell wird (wie weiter oben beschreiben) aktuell favorisiert.<br />
Die aktuellen Beispielstatuten befinden sich im Anhang!<br />
12 Vgl. Schütt, Asmus (2010): Genossenschaften in bisherigen Leistungsbereichen der kommunalen Wirtschaft. In: Münkner<br />
H-H. / Ringle, G. (Hg): Neue Genossenschaften und innovative Aktionsfelder. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft<br />
K Entstehungsprozess OTELO – Soft facts<br />
67
6) Rahmenbedingungen – Hard Facts<br />
Standort<br />
Wenn das Standortteam gegründet wurde, geht es im nächsten Schritt meistens um die Suche nach<br />
einem geeigneten OTELO Standort. Aus der bisherigen Entwicklung der Entwicklung der Standorte<br />
können folgende Kriterien als Basis für die Entwicklung eines OTELO-Standortes herangezogen<br />
werden:<br />
Öffentlich Erreichbarkeit<br />
Damit aus Mobilitätsgründen keine Zugangsbeschränkungen aufgebaut werden ist die gute<br />
Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine der Grundbedingungen für einen OTELO-<br />
Standort. Besonders die jüngeren NutzerInnen, aber auch SeniorInnen sind oft auf öffentliche<br />
Verkehrsmittel angewiesen. Zusätzlich ermöglicht die öffentliche Erreichbarkeit einen besseren<br />
Austausch unter den Standorten.<br />
Zentrumsnahe<br />
Bei den bisherigen Standorten konnte beobachtet werden, dass eine Lage im Zentrum das<br />
Nutzungsverhalten sehr positiv beeinflusst. Z.B. in Ottensheim ist das OTELO direkt am Marktplatz im<br />
alten Amtshaus untergebracht und kann dadurch auch gezielt Angebote setzen, wenn Markttag ist.<br />
Damit verbunden ist auch der OTELO-Tag, wo JedEr sich das OTELO ansehen und mit einer OTELO-<br />
InsiderIn sprechen kann. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass OTELO Anknüpfungspunkte an<br />
öffentliche Plätze oder auch Schulzentren,… hat, damit keine räumliche Isolation entsteht. Wenn der<br />
Standort im Zentrum gefunden ist, sollte das nächste Kriterium beachtet werden:<br />
Sichtbarkeit<br />
Ein einladender Raum ist auch sichtbar, damit die einladende Wirkung spürbar wird. Bei der Wahl<br />
des Gebäudes ist es deshalb wichtig, dass OTELO sich sichtbar positionieren kann. Damit soll auch der<br />
offene Charakter ausgedrückt werden. Beispielsweise ist das OTELO Vöcklabruck direkt am Bahnhof<br />
in einem schönen Altstadthaus untergebracht. Vor dem OTELO wurde eine Videowall positioniert,<br />
um aktuelle Infos zu verbreiten. Der Standort liegt in unmittelbarer Nähe zum Schulzentrum und hat<br />
neben dem Standort auch einen Pendlerparkplatz. Gegenüber ist der Bahnhof, der seit der<br />
Aufwertung zur Intercity-Haltestelle sehr gut frequentiert ist. Hier erreicht OTELO ein sehr hohes<br />
Maß an Sichtbarkeit. In Kirchdorf entsteht die Sichtbarkeit aufgrund der räumlichen Kooperation mit<br />
dem Radiostudio B138 und dem 16A-Integrationshaus. Damit wird OTELO für viele Menschen<br />
wahrnehmbar.<br />
Offene Räume<br />
Das Gegenteil von offenen Räumen wären Räume mit Zugangsbeschränkung und komplett gefüllte<br />
Zimmer – so richtig fertig und professionell. Dann noch eine schön teure Mitgliedschaft dazu, damit<br />
das auch wirklich übersichtlich (elitär) bleibt… Das ist NICHT der OTELO Zugang! Damit die Räume<br />
offen sind und auch so wahrgenommen werden, braucht es in einem OTELO neben einem sehr<br />
gemütlichen Gemeinschaftsraum mit Küche, einem Raum für Workshops und einer (zumindest)<br />
kleinen Gemeinschaftswerkstatt auch leere Räume. Diese Räume sollen leicht zugänglich sein. Wenn<br />
K Rahmenbedingungen – Hard Facts<br />
68
sie als Nodes verwendet werden, sollte es auch möglich sein sie abzusperren. Zumindest drei Nodes<br />
sollten bei der OTELO Gründung möglich sein. Idealerweise kann ein Gebäude Stockwerkweise<br />
besiedelt werden, damit klein begonnen werden kann, aber eine Erweiterungsmöglichkeit besteht.<br />
Wichtig ist es aus unserer Sicht auch den Wert eines Frei(en) Raumes zu thematisieren, damit das<br />
Gefühl von Offenheit auch entstehen kann. Bei den Räumen sollte gewährleistet sein, dass sie<br />
verändert werden dürfen (Einbau einer Küche, farbliche Gestaltung,…).<br />
Zugänge ins OTELO<br />
Das Thema Zutritt wurde in den verschiedenen Standorten recht unterschiedlich gelöst. Die derzeit<br />
(kostenmäßig) beste Lösung erscheint die Schlüsselbox. Alle Mitglieder von OTELO Nodes können<br />
über einen Code jederzeit ins OTELO. Der Code wird regelmäßig geändert, um eine unkontrollierbare<br />
Weitergabe aus zu balancieren. Die Nodes haben eigene Schlüssel, oder eine eigene Schlüsselbox vor<br />
dem Node-Eingang. InteressentInnen können an den offenen Tagen das OTELO kennenlernen, oder<br />
sich direkt mit Personen aus den Nodes treffen. Sobald eine Gruppe Node-Status hat, bekommt sie<br />
auch den Zugangscode. Der Zugang ist nicht an finanzielle Beiträge gebunden!<br />
Mindestgröße von 250 m²<br />
Nach den bisherigen Erfahrungen kann ein OTELO Standort gut „gedeihen“ wenn mind. Ca 250m²<br />
Fläche am Beginn zur Verfügung stehen. Basis eines Standortes sollte der Aufenthaltsraum mit<br />
Küche, die Gemeinschaftswerkstätte,<br />
ein Raum für Workshops/Jam<br />
Sessions und mindesten 3 Räume, wo<br />
Nodes entstehen können. Die Nodes<br />
sind ein sehr zentraler Bestandteil<br />
des Konzeptes und müssen<br />
unbedingt vorgesehen werden. Die<br />
Node-Räume sollten mindesten 15m²<br />
Fläche bieten. Idealerweise besteht<br />
im Gebäude die Möglichkeit später<br />
weitere Räume dazu zu nehmen.<br />
Finanzierungsgrundlage<br />
Die Grundlage für ein OTELO sind leere Räume. Für den Basisbetrieb sollte das OTELO<br />
Fördermitgliedschaftsmodell in Verbindung mit privaten Leihgaben, Sachspenden und<br />
Sponsorenleistungen durch Betriebe gute Entwicklungsspielräume ermöglichen. Für inhaltliche<br />
Impulse sind natürlich auch Projekte förderlich. Bei Projekten unterscheiden wir noch einmal:<br />
private Projekte (Projekt, die von Personen aus dem OTELO Umfeld angestoßen werden)<br />
Förderprojekte (Projekte, die öffentliche Förderungen bekommen; mehrere Partner und Standorte<br />
können hier einbezogen werden)<br />
Kooperationsprojekte (Themenbezogene Projekte zwischen Nodes, Betrieben, Organisationen,…<br />
(ohne Förderung)<br />
interne Projekte: Projekte zur thematischen oder Organisatorischen Weiterentwicklung in den<br />
Standorten. Z.B. Weiterentwicklung der <strong>Otelo</strong>-Charta,…<br />
NODE-Projekte: Projekte, die von Nodes initiiert und getragen werden (eigenfinanziert)<br />
K Rahmenbedingungen – Hard Facts<br />
69
7) Lebendiges Netzwerk<br />
Community Building<br />
Die OTELO Community ist durch Vielfältigkeit charakterisiert, nicht homogen und je nach Standort<br />
sehr unterschiedlich geprägt – und das ist gut so. Verbunden wird die Community durch ein<br />
Selbstverständnis, welches in der OTELO Charta festgehalten wurde.<br />
Frau Raffaela Then von Ashoka beschreibt den Spagat, den die OTELO Community lebt, sehr schön in<br />
ihrer externen Betrachtung: „Der Einzelne hat bei OTELO die Freiheit, sich den Themen zu widmen,<br />
die ihn begeistern – dennoch wird von ihm die Bereitschaft zum Teilen erwartet. „Teilen“ kann bei<br />
OTELO vieles bedeuten: mitteilen, verteilen, beteiligen – all das gehört dazu und lässt sich vielleicht<br />
am besten mit dem englischen Begriff des „sharing“ subsumieren. Es geht darum, im Austausch zu<br />
bleiben und durch das gegenseitige Bereitstellen von Ressourcen neue Handlungsmöglichkeiten zu<br />
schaffen (sei es zwischen Einzelpersonen, zwischen den „Nodes“, zwischen OTELO Standorten oder<br />
im Austausch mit externen Partnern). „Sharing“ ist nicht Mittel zum Zweck, sondern<br />
„Organisationskultur“.<br />
Damit sich Ideen und Wissen durch „Sharing“ vervielfältigen können, braucht es Bindungen und<br />
Beziehungen zwischen Menschen, die wie ein Schmiermittel wirken. Es braucht Kommunikation und<br />
Interaktion, sowohl innerhalb der eigenen „kleinen Welt“ (Familie, Freundeskreis, Verein …) als auch<br />
zu Menschen außerhalb dieses engeren Kreises. Es braucht „Sozialkapital“.<br />
Der Begriff „Sozialkapital“ als soziologischer Fachbegriff wurde in der zweiten Hälfte des vorigen<br />
Jahrhunderts aus der Erkenntnis heraus geprägt, dass die sozialen Wirkkräfte für das Funktionieren<br />
von Gesellschaften ebenso bedeutsam sind wie das Finanzkapital der Wirtschaft und das<br />
Humankapital der Bildung. Der Begriff wurde in der soziologischen Theorie hauptsächlich von Pierre<br />
Bourdieu 13 und James S. Coleman 14 geprägt.<br />
„Sozialkapital“ ist die Summe derjenigen sozialen Bindungskräfte – von Liebe und Freundschaft bis<br />
zur Weltethik. Der Begriff umfasst Zusammenhalt und Zusammenarbeit in einer Gesellschaft,<br />
Solidarität und Gemeinsinn, sehr weit gegriffen: das Wesen und das Funktionieren von Gesellschaft<br />
überhaupt.<br />
Die Sozialkapital-Theorie unterscheidet drei Ebenen der Bindung:<br />
<br />
die Mikroebene der persönlichen Nahbeziehungen: enge persönliche Kooperation und<br />
gegenseitige Hilfe (Verwandtschaft, Freunde …)<br />
<br />
die Mesoebene der größeren Gruppen und Einheiten: organisierte Gemeinschaftsaktivitäten<br />
und Geselligkeit (erweiterter Bekanntenkreis, Organisationen, Vereine, Gruppen …)<br />
<br />
die Makroebene der nicht mehr durch persönlichen Kontakt verbundenen großen<br />
Sozietäten: höhere Ideale, Zugehörigkeiten, Identifikation mit der größeren Einheit<br />
(Religionsgemeinschaft, Wertegemeinschaften …)<br />
Außerdem ergibt sich Sozialkapital aus dem Zusammenspiel der beiden Hauptdimensionen<br />
„Bonding“ und „Bridging“. „Bonding“ meint die Bindung einer Gemeinschaft, einer Gruppe oder<br />
13 Bourdieu, Pierre (1983): Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital, Göttingen<br />
14 Coleman, James S. (1988): Social Capital in the Creation of Human Capital<br />
K Lebendiges Netzwerk<br />
70
einer Organisation nach innen, der Zusammenhalt in diesem „engeren Kreis“. „Bridging“ versteht den<br />
Brückenschlag über die jeweilige Gemeinschaft hinaus zu anderen Gruppen und Gemeinschaften,<br />
den „Fremden“. Entscheidend für die Steigerung des Sozialkapitals einer Gemeinschaft ist nicht die<br />
einseitige Stärkung des „Bondings“ oder des „Bridgings“, sondern immer die Beachtung und<br />
Belebung beider Dimensionen.<br />
Dieses gelebte Bridging und Bonding entscheidet sehr über die Stimmung in den einzelnen<br />
Standorten. Gibt es nur ein starkes „Bonding“ innerhalb des Nodes aber kein „Bridging“ zu den<br />
anderen Gruppen und Akteuren/innen von OTELO fehlt Stimmung und eine langdauernde<br />
Bereitschaft Mitzuwirken sinkt.<br />
Daher ist das Teilen – „Sharing“ so zentral verankert in den OTELOs und OTELO schafft bewusst<br />
Begegnungsräume für unterschiedliche Gruppen, ob durch Veranstaltunge oder<br />
Gemeinschaftsräume (KÜCHE!) – dadurch werden Verbindungen (die Brücken) vielfältiger und<br />
stabiler. In der Netzwerktheorie spricht man hier von stabilen Dreiecksbeziehungen.<br />
Netzwerke spielen in einer Situation zunehmender Unsicherheit und Unklarheit im Umgang mit<br />
komplexen Problemen und Herausforderungen eine wichtige Rolle für die „dezentrale“ Gewinnung<br />
und Vermittlung von Problemlösungen (Best/Good Practices). Die Zukunftsentwicklung ländlicher<br />
Regionen hängt auch vom Lernen in Netzwerken – vor allem dem Austausch von Wissen – ab. „Mit<br />
einem zielgerichteten Netzwerkaufbau kann das lokale und überregionale Sozialkapital gestärkt<br />
werden. Netzwerke verbinden Personen, Projekte und Organisationen. Sie unterstützen den<br />
Erfahrungsaustausch zwischen Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Interessensverbänden und<br />
BürgerInnen und tragen wesentlich zur Lernfähigkeit und Innovationskraft von Regionen bei“, so der<br />
Einleitungstext einer Publikation zum Thema Netzwerkkompetenz. 15<br />
Glücksfaktoren Neugier und Sozialkapital<br />
Neugier, die „Gier nach Neuem“ oder auch „Wissensdurst“ genannt, und Sozialkapital haben etwas<br />
gemeinsam, das sie unheimlich attraktiv macht: Beide machen – sofern man neuesten Forschungen<br />
Glauben schenken darf – glücklich! Man könnte sie daher auch als „Glücksfaktoren“ für Regionen<br />
bezeichnen.<br />
Die Zeitschrift „Psychologie Heute“ liefert für den Glücksfaktor „Neugier“ eine mögliche Erklärung:<br />
„... Aber was sind die Bedingungen fürs Glücklichsein, woraus setzt sich das heißbegehrte Gut<br />
zusammen? In einer neuen Studie fanden Forscher heraus, dass Neugier eine wichtige Komponente<br />
für das persönliche Wohlbefinden ist. Befragte mit dieser Eigenschaft waren nicht nur glücklicher,<br />
sondern auch psychisch stabiler, und sie fühlten sich in zwischenmenschlichen Beziehungen wohler.<br />
Wie die Forscher annehmen, könnte der Charakterzug Neugier nicht nur ein Indiz für ein hohes<br />
Glücksniveau sein, sondern den Betreffenden sogar noch zu weiterer Zufriedenheit verhelfen: Weil<br />
Neugier ein angenehmes Gefühl ist, das Menschen genießen, fühlen sich andere in Gegenwart von<br />
Neugierigen wahrscheinlich wohler, was letztere noch beliebter macht. ...“ 16<br />
15 Bauer-Wolf, Stefan u.a. (2008): Erfolgreich durch Netzwerkkompetenz, Handbuch für Regionalentwicklung, Wien<br />
16 Psychologie heute, Mai 2008, Seite 8<br />
K Lebendiges Netzwerk<br />
71
Beim Sozialkapital verhält es sich ähnlich: Aktuelle neurobiologische und soziologische Forschungen<br />
belegen, dass der Kern menschlicher Motivation in gelingenden sozialen Beziehungen liegt. Das<br />
Miteinander macht glücklich und gesund. 17<br />
Die Attraktivität von „Neugier“ und hohem Sozialkapital stellt bei entsprechender Kommunikation<br />
letztendlich auch einen wichtigen Motivationsfaktor für die Community und den Netzwerkaufbau in<br />
OTELOs dar. Ganz nach dem Motto: „Neugierige Menschen im OTELO sind glückliche Menschen!“<br />
OTELO Public Jump<br />
"Wenn du sie nicht überzeugen kannst, verwirr' sie!" (Garfield)<br />
Die Wortkreation „Public Jump“ verrät freilich schon, worum es in diesem Kapitel geht: Information,<br />
Kommunikation und Medien! Aber wir wollen uns an dieser Stelle aus gutem Grund nicht in diesen<br />
abstrakten Gedankengebäuden verzetteln, sondern im Sinne dieser Publikation den riesigen<br />
Themenkomplex stark reduzieren und dafür ein praxisorientiertes OTELO Tool-Kit für den Sprung in<br />
die Öffentlichkeit zusammenstellen. Gleichzeitig hat dieser Werkzeugkoffer neben dem öffentlichen<br />
Fach auch noch weitere: nämlich interne Kommunikation und Veranstaltungen. Letztere werden in<br />
einem eigenen Kapitel dargestellt und es macht durchaus Sinn, auch die anderen Fächer getrennt zu<br />
behandeln – selbst wenn sie in der Praxis freilich eng verwoben sind. Um etwaigen<br />
Missverständnissen vorzubeugen, möchten wir darauf hinweisen, dass dieser Werkzeugkoffer<br />
speziell auf OTELO abgestimmt ist. Es geht explizit darum aufzuzeigen, welche Werkzeuge OTELO wie<br />
und warum verwendet.<br />
Nach dieser Orientierung können wir die Öffentlichkeitsarbeit von OTELO grundsätzlich als „Cross-<br />
Media-Publishing“ beschreiben – also das gezielte Veröffentlichen und Streuen ausgewählter Inhalte<br />
mithilfe eines bestimmten Medien-Mix. Hierfür sind die Möglichkeiten freilich äußerst vielfältig,<br />
weswegen wir sie für die weitere Darstellung zuerst in drei verschiedene, grob sortierte Zugänge<br />
bündeln. OTELO bedient Printmedien, experimentiert mit neuen Medien und produziert Freie<br />
Medien. Weil diese Begriffe gemeinhin unterschiedlich gebraucht werden, stellen wir ihre hier<br />
verwendete Bedeutung kurz vor:<br />
Printmedien: Hier ist die klassische Pressearbeit gemeint. Das regelmäßige Verfassen von<br />
Medienaussendungen ist ein wesentlicher Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit. Daneben<br />
fallen in diesen Bereich auch eigene Drucksorten.<br />
Freie Medien: Freie Medien charakterisieren sich durch ihre Unabhängigkeit, Werbefreiheit<br />
und den offenen Zugang - „be the media“ lautet das Motto. Damit bilden sie neben<br />
öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen Medien eine dritte, eigenständige Säule in<br />
der Medienlandschaft. Freie Medien und die OTELO Idee bieten zahlreiche fruchtbare<br />
Synergien (Stichwort „Community Building“), weswegen OTELO auch die Kooperation mit<br />
Freien Radios und dorftv sucht. Verwandt mit der Idee der Freien Medien ist jene von Freier<br />
Software, oder allgemeiner: Open Source. OTELO greift bevorzugt diese Philosophie der<br />
offenen Quellen und Gemeingüter auf.<br />
17 Vgl. Büro für Zukunftsfragen, Publikation Sozialkapital, Bregenz 2008<br />
K Lebendiges Netzwerk<br />
72
Neue Medien: Hier ist die schier endlose Welt der Möglichkeiten im Internet gemeint.<br />
Einerseits als Medium und Infrastruktur im klassischen Sinne, andererseits zunehmend auch<br />
als interaktiver, dynamischer und ausgelagerter „Raum“ (Web 2.0.) und damit als<br />
Voraussetzung für kollaboratives Handeln (Social Media). Speziell neue Medien sind durch<br />
ihren partizipativen Charakter und ihre Einsatzmöglichkeiten für OTELO besonders<br />
interessant und die Auseinandersetzung mit ihnen würde weit mehr Raum gebühren als an<br />
dieser Stelle möglich. Darum möchten wir eine Leseempfehlung für das Handbuch „Soziale<br />
Bewegungen und Social Media (#sbsm)“ aussprechen. Diese Publikation wird dem<br />
umfangreichen Thema durch ihren partizipativen Charakter und den vielfältigsten Zugängen<br />
gerecht – sie ermöglicht einen praxisorientierten Einstieg in die Welt des Web 2.0 abseits<br />
kommerzieller Interessen. Außerdem wurde das Buch wie dieses unter Creative Commons<br />
veröffentlicht und alle Artikel können auf der Homepage www.sozialebewegungen.org<br />
nachgelesen werden.<br />
Diese grundlegenden Zugänge bilden die Basis für unsere Medienarchitektur, die wir im Folgenden<br />
vorstellen werden. Wir beginnen mit dem Bereich „Public Jump“:<br />
Homepage (www.otelo.or.at): Die Homepage bildet gewissermaßen als zentrale<br />
Anlaufstelle im Internet den Dreh- und Angelpunkt von OTELO. Sie ging kurz nach der<br />
Logoentwicklung im Februar 2010 online und basiert auf der Open Source-Software<br />
und Content-Management-System (CMS) Typo3. Damit wird ermöglicht, dass<br />
mehrere RedakteurInnen ihre Inhalte publizieren können – was angesichts des<br />
OTELO Konnektivs (vgl.) unabdingbare Voraussetzung war. Die Homepage ist für<br />
mehrere Standorte und ihre Nodes ausgerichtet, damit von dort aus auf alle<br />
relevanten Informationen zu OTELO zugegriffen werden kann. Der Schwerpunkt liegt<br />
auf der Darstellung des Programms, der Neuigkeiten und der Social-Media-Kanäle,<br />
weswegen diese Bereiche auch prominent auf der Startseite zu finden sind. Über das<br />
Menü sind die grundsätzlichen OTELO Informationen wie beispielsweise das Konzept,<br />
das Werknetz oder Netzwerk angeordnet.<br />
Facebook-Seite (http://www.facebook.com/otelos): Die weltumspannende Internetinsel ist<br />
schon alleine aufgrund ihrer großen NutzerInnenanzahl von Bedeutung und dient<br />
gewissermaßen als weiterer Knotenpunkt, speziell für SymphatisantInnen eine relativ<br />
unverbindliche Andockmöglichkeit. Die OTELO Seite wird verwendet um Informationen von<br />
der Homepage, Fotos und Videos zu verlinken, Workshops zu bewerben oder um Feedback<br />
von der Community einzuholen beziehungsweise darauf einzugehen.<br />
Twitteraccount (@otelos): Twitter ist wohl eines der spannendsten Kommunikations-<br />
Werkzeuge überhaupt und spielt seine ganze Stärke beim gebündelten „Weiterzwitschern“<br />
von Informationen und Nachrichten aus. OTELO hat beispielsweise die Barcamps mit Twitter<br />
besonders intensiv begleitet. Gleichzeitig ermöglicht dieses Medium auf schlichte Art,<br />
spezielle Themen in Echtzeit zu verfolgen. Das macht Twitter auch für Nodes interessant, sich<br />
mit fachspezifischen Medien, Blogs oder anderen Do-it-yourself-AktivistInnen zu vernetzen.<br />
Mediendatenbanken Flickr (www.flickr.com/photos/otelos) und Youtube (OTELO -<br />
YouTube): Bilder und Videos spielen bekanntlich eine große Rolle. OTELO nutzt seinen<br />
K Lebendiges Netzwerk<br />
73
Flickraccount um dort alle Fotoalben aus dem OTELO Universum zu sammeln und via<br />
Creative Commons zur Verfügung zu stellen. Auf Youtube werden eigene Videoproduktionen<br />
veröffentlicht.<br />
Newsletter: Mithilfe der Mailinglisten-Software „Mailman“ betreibt OTELO den monatlichen<br />
Newsletter „Postelo“. Obwohl Newsletter ihre alte Vormachtstellung längst verloren haben,<br />
ist ihre Wirkung für bestimmte Zielgruppen – beispielsweise Firmen oder<br />
KooperationspartnerInnen - nicht zu unterschätzen.<br />
Radiosendung: Aktuell gestalten die<br />
OTELO Radio-Nodes einmal monatlich eine<br />
Sendung im Freien Radio Salzkammergut<br />
und im Kirchdorfer Radio B138. Darüber<br />
hinaus sind vom Video-Node regelmäßige<br />
Beiträge auf dorftv geplant.<br />
Pressearbeit: Insbesondere für Programm-<br />
Ankündigungen und den Informationsfluss<br />
in Richtung Politik und Wirtschaft spielen<br />
lokale Printmedien eine große Rolle.<br />
OTELO verfasst und verschickt<br />
regelmäßige Medienaussendung und<br />
vergisst dabei nicht auf Onlinekalender<br />
oder Internetzeitungen.<br />
Drucksorten: OTELO druckt für das regelmäßige Workshopprogramm einen Folder in<br />
Hosentaschenformat, auf dessen Rückseite alle Termine auf einem Blick einsehbar sind.<br />
Diese Folder werden an öffentlichen Plätzen – speziell in Schulen – verteilt. Weiters wurde<br />
ein Imagefolder für Veranstaltungen und Sponsoring-Gespräche produziert und darüber<br />
hinaus OTELO Sticker, Banner und T-Shirts hergestellt.<br />
Damit hätten wir die wesentlichen Werkzeuge für unsere Medienarchitektur dargestellt. Diese ähnelt<br />
in ihrer Zusammensetzung freilich jenen anderer Organisationen, entscheidend ist im Endeffekt aber<br />
mit welchem Konzept sie bespielt werden. Schließlich haben wir hier es mit klassischen Infokanälen,<br />
aber auch mit Schnittstellen in beide Richtungen mit jeweils unterschiedlichen Eigenlogiken zu tun.<br />
Deswegen sind vorgefertigte Rezepte fehl am Platz und das Credo lautet stattdessen: Ausprobieren,<br />
für eigene Bedürfnisse anpassen und aus Fehlern lernen!<br />
K Lebendiges Netzwerk<br />
74
Die oben genannten Tools stellt der Verein grundsätzlich allen Standorten und Nodes als<br />
Grundstruktur zur Verfügung, speziell das dezentrale, gemeinsame Füttern der Homepage und<br />
Medienplattformen mit Inhalt bietet sich an. Gleichzeitig stellt sich die Frage: wer nimmt sich dem<br />
überhaupt an? Angesichts der heterogenen Struktur würde es bei mehreren Standorten dem OTELO<br />
Konzept widersprechen und es wäre auch unsinnig, bloß eine Person mit der Medienarbeit zu<br />
betrauen. Idealerweise gibt es pro Standort mindestens eine Person (vgl. Standortteam), welche sich<br />
schwerpunktmäßig um die gemeinsamen Infokanäle (Stichwort: Homepage) kümmert, sich<br />
diesbezüglich auch mit den anderen Standorten abstimmt und standorteigene Nodes bei ihrer<br />
Medienarbeit unterstützt. Angesichts regionaler Gegebenheiten und der Möglichkeit einen eigenen<br />
Stil auszuprägen, macht es für Standorte durchaus Sinn, beispielsweise eine eigene Facebook-Seite,<br />
einen Newsletter und eigene Pressearbeit zu betreiben. Speziell für fachspezifische Nodes könnte ein<br />
eigener Blog (Beispiel: Ogg-Streamer) oder Twitteraccount von Interesse sein.<br />
Wenden wir uns nun dem zweiten Teil dieses Kapitels, dem Werkzeugfach „interne<br />
Kommunikation“ zu. Grundsätzlich sind hiermit die Infokanäle zwischen Standorte,<br />
Nodes und Projekten gemeint. Diese funktionieren auf der Standortebene vor allem<br />
auch durch informellen Austausch vor Ort, Arbeitstreffen und Veranstaltungsformate<br />
gut – die große Herausforderung sind die Infokanäle zwischen mehreren Standorten<br />
und Projekten. Um es systemisch auszudrücken: es geht um Kopplungen zwischen<br />
den autonomen, eigengesteuerten OTELO Subsystemen. Die Kommunikation<br />
zwischen ihnen ist daher – in Anlehnung an Luhmann – unwahrscheinlich. Für das<br />
OTELO Konnektiv (vgl.) und seine gemeinsame (!) Weiterentwicklung ist folglich<br />
regelmäßiger Informationsfluss unabdingbar. An dieser Stelle sollen vier Werkzeuge<br />
hierfür vorgestellt werden:<br />
Infomail: Gewissermaßen ein interner Newsletter, der einmal im Monat alle Projekt-,<br />
Vorstands- und Standortgruppen gegenseitig mit Kurzinfos über die laufende Arbeit und<br />
Andockmöglichkeiten informiert. Damit dient es als umfassendes Update und als<br />
Prozessdoku zugleich, seine Erstellung benötigt aber ausreichend Ressourcen. Neben<br />
Infomail und Postelo, sind Mailinglisten generell ein sehr wichtiges Medium und werden von<br />
Nodes, Standorten und Projekten gleichermaßen eingesetzt.<br />
Forum: So praktisch Mailinglisten auch sein mögen, bei Diskussionen, größeren Projekten<br />
oder informellen Austausch stoßen sie auf ihre Grenzen, werden unübersichtlich oder gar als<br />
Spam wahrgenommen. Darum hat sich OTELO ein Board auf www.freieszene.org<br />
eingerichtet, um speziell der standortbezogenen Kommunikationen zwischen Nodes einen<br />
virtuellen Raum zu ermöglichen.<br />
Wiki: Diese Open Source-Software ist vor allem durch ihr größtes Einsatzgebiet „Wikipedia“<br />
bekannt und wird von OTELO vor allem für Archivzwecke genutzt.<br />
Dropbox: Ist ein Webdienst, der ein Netzwerk-Dateisystem für die Synchronisation von<br />
Dateien zwischen verschiedenen Rechnern und Benutzern bereitstellt und damit gleichzeitig<br />
eine Online-Datensicherung (Cloud) ermöglicht. Verwendet wird Dropbox als gemeinsamer<br />
virtueller Server der OTELOs und bewährt sich in der Projektarbeit. Zugangsrechte erhält<br />
man durch Einladungen.<br />
https://www.dropbox.com/<br />
K Lebendiges Netzwerk<br />
75
Lebendiges, offenes OTELO (OTELO Services)<br />
Partizipative Veranstaltungsformate<br />
„Wenn zwei Knaben jeder einen Apfel haben und sie diese Äpfel tauschen, hat am Ende auch nur jeder<br />
einen. Wenn aber zwei Menschen je einen Gedanken haben und diese tauschen, hat am Ende jeder<br />
zwei neue Gedanken“ (Platon)<br />
Rufen wir uns einleitend die OTELO Grundphilosophie in Erinnerung: Sie lautet, dass nichts<br />
Funktionierendes oder Verwertbares entstehen muss. Es geht darum, sich mit den Themenbereichen<br />
- beispielsweise Naturwissenschaften, technische Innovationen oder digitale Künste - grundsätzlich<br />
auf lustvolle, verspielte oder träumerische Weise zu beschäftigen, ohne jeglichen Druck, Zwängen<br />
oder Vorgaben ausgesetzt zu sein. Letztendlich sollen demnach soziale Begegnungen, Austausch und<br />
gemeinsam erlebte Inspirationen ermöglicht werden – der Grundstein für „Community Building“. Für<br />
die Realisierung dieser Idee in der Praxis, spielen freilich Nodes eine wesentliche Rolle. Gleichzeitig<br />
versuchen OTELO Standorte bzw. Vereine ihrerseits Impulse in diese Richtung zu setzen. Für diesen<br />
Zweck probiert, entwickelt und organisiert OTELO neue Veranstaltungsformate. Hiermit ist OTELO<br />
freilich nicht allein – darum soll hier in einem ersten Schritt kurz der inhaltliche Bezugsrahmen<br />
skizziert werden:<br />
Arbeit muss nicht nur als „milde Krankheit“ 18 erfahren werden, sondern kann auch eine lustvolle und<br />
sinnstiftende Wirkung erzielen. Diese sozialphilosophische These stammt von NANK - Neue Arbeit,<br />
Neue Kultur und stellt den ersten Anknüpfungspunkt dar. Der Zweite ist dem Ersten alles andere als<br />
unähnlich und wurde von Friebe und Lobo 2006 als „digitalen Bohéme“ bezeichnet. In ihrer<br />
Publikation „Wir nennen es Arbeit“ beschreiben sie diese „als Menschen, die sich dazu entschlossen<br />
haben, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, dabei die Segnungen der Technologie herzlich<br />
umarmen und die neusten Kommunikationstechnologien dazu nutzen, ihre Handlungsspielräume zu<br />
erweitern“ 19 . In der Tat bilden je nach Schwerpunktsetzung sinnvoll erlebte Beschäftigung, neue<br />
Technologien und Partizipationsmöglichkeiten die Bausteine für eine neue Kultur der<br />
Auseinandersetzung.<br />
Nach dieser knappen theoretischen Themenannäherung, stellt sich nun die Frage nach der<br />
Charakteristik darauf aufbauender Veranstaltungsformate. Genau diese wurde treffend in<br />
Publikation „Soziale Bewegungen und Social Media“ von Guido Brombach, Dieter Zirnig und<br />
Barcamp.at beschrieben. Darum übernehmen wir ganz im Sinne der Creative Commons-Idee<br />
dankend den ersten Teil ihres Beitrags:<br />
Wie können Veranstaltungen so organisiert werden, dass sich die begegnenden Menschen motiviert<br />
fühlen, ihr Wissen mit anderen zu teilen? Das Web 2.0 hat eine Kultur hervorgebracht, Menschen<br />
miteinander in Beziehung zu setzen, indem Gemeinsamkeiten über eine große Anzahl Beteiligter<br />
gesucht und gefunden werden. Die Aneignung von Wissen findet dann statt, wenn Menschen die<br />
Probleme ihres Alltags lösen müssen. Das häufig hoch spezialisierte Wissen weiterzugeben gelingt in<br />
Webforen, Blogs, den Facebook-Gruppen oder ganz allgemein in zahlreichen Communities im<br />
Internet. Seit geraumer Zeit sind Veranstaltungsformate zu beobachten, die die digitalen Pfade<br />
ergänzen und in der Kohlenstoffwelt face2face-Begegnungen hervorbringen. Socialbars, BarCamps,<br />
Twittwoche, Usergroups, “Web-Stammtische”, Hackerspaces: Die Namen sind zahlreich, die<br />
18 Vgl. Bergmann, Frithjof (2004): Neue Arbeit, Neue Kultur. Freiamt im Schwarzwald: Arbor Verlag, 13<br />
19 Vgl. Friebe, Holm/Lobo, Sascha (2006): Wir nennen es Arbeit. München: Wilhelm Heyne Verlag, 15<br />
K Lebendiges Netzwerk<br />
76
Veranstaltungskonzepte ebenso. die diesen Veranstaltungen gemeinsame Kultur ist geprägt von<br />
Ergebnisoffenheit, gleichrangiger Partizipation und Individualisierung.<br />
Die auf solchen Veranstaltungen zusammenkommenden Menschen sind geprägt durch die many-tomany-Kommunikation<br />
der digitalen Welt. Sie sind sowohl gestaltende als auch rezipierende Beteiligte<br />
in ihrer Community. ModeratorInnen haben strukturierende, systematisierende Aufgaben und<br />
enthalten sich der Einflussnahme auf Meinungsmache. Dort wo sich die Web 2.0-Kultur des<br />
Austausches bei Treffen, Versammlungen und Veranstaltungen herausgebildet hat, fühlen sich alle<br />
Beteiligten gleichermaßen für die Community und die gelebte Kultur verantwortlich. Sie leben und<br />
erleben die gegenseitige Wertschätzung ihrer eigenen Beiträge sowie der anderen Inputs.<br />
Veranstaltung mit Web 2.0-Kultur sind Trainingsräume für konstruktives Kritisieren, Feedback-<br />
Einholen und mit den Inputs der anderen Arbeiten. Der Austausch und die Weiterentwicklung von<br />
Wissen laufen selbstorganisiert und vielstimmig.<br />
Die in diesem Beitrag beschriebene Kultur schwingt in unterschiedlicher Intensität bei den OTELO<br />
Veranstaltungsformaten mit. Gleichzeitig ist bei OTELO schon von Konzeptwegen her die „Shared<br />
Office“ Idee sehr ausgeprägt, die von Friebe und Lobo wie folgt beschrieben wird: „Über die<br />
gemeinsame Nutzung der Infrastruktur hinaus haben diese kleinen Gemeinschaften oft den<br />
ausschließlichen Zweck, zur gleichen Zeit am gleichen Ort zu arbeiten. Willkommene<br />
Begleiterscheinungen sind gemeinsame Flow-Zustände bei der Arbeit, die erreicht werden, nur<br />
indem man sich am selben Ort gegenseitig mit der Begeisterung der Produktivität infiziert (…).“ 20 Bis<br />
dato wurden folgende Formate in der „Kohlenstoffwelt“ ausprobiert:<br />
OTELO Wochentag<br />
Der OTELO Wochentag ist eng mit Standorten verknüpft. Es geht darum, unabhängig von den<br />
Node-Aktivitäten oder sonstigen Terminen mindestens einmal in der Woche fixe<br />
Öffnungszeiten einzurichten. Damit wird die unkomplizierte Möglichkeit geschaffen, das<br />
gemeinsame Büro für Arbeiten zu nutzen oder einfach OTELO Menschen zu treffen. Damit<br />
belebt dieses „Shared Office“ zudem den Standort und ist ein bewährter „Türöffner“ für<br />
Interessierte.<br />
Vorgeschlagene Frequenz: einmal pro Woche<br />
Eine Besonderheit bietet das OTELO in Kirchdorf, welches einmal wöchentlich am Donnerstag<br />
zum gemeinsamen Kochen und Essen einlädt. So schmeckt „Community Building“ besonders<br />
lecker!<br />
OTELO 9to 5 Worknight<br />
Das Veranstaltungsformat „9to5 Worknight“ ist an einen Kongress der „digitalen Bohéme“<br />
angelehnt, wo mit dem Umkehren der Kernarbeitszeiten auf 21:00 bis 5:00 gewissermaßen<br />
zu einem temporären, lustvollen Ausbrechen aus dem Lohnarbeits-Korsett eingeladen wird.<br />
Es handelt sich um eine Mischung aus Party, Arbeit, Diskussion und Experiment.<br />
Die Nacht zum Tag machen. Dieses Format lädt ein sich die Nacht mit seinem Lieblingsthema<br />
„um die Ohren zu schlagen“. Gemeinsam mit Anderen beginnt um 21:00 Uhr das 9to5<br />
Frühstück. Anschließend wird an beliebigen Themen alleine oder gemeinsam gearbeitet.<br />
20 Friebe, Holm/Lobo, Sascha (2006): Wir nennen es Arbeit. München: Wilhelm Heyne Verlag, 155<br />
K Lebendiges Netzwerk<br />
77
Gegen Mitternacht wird gemeinsam gekocht und „Mittag“ gemacht. Danach geht’s weiter bis<br />
ca. 4 Uhr früh – es folgt noch ein kleines Abendessen vor der verdienten Morgenruhe.<br />
Vorgeschlagene Frequenz: zweimal pro Jahr<br />
OTELO Workshop und Session<br />
OTELO stellt auch hier seine Grundidee<br />
in den Vordergrund und konzipiert die<br />
Workshops so, dass die Angebote<br />
überwiegend kostenlos, ohne Druck<br />
oder Vorwissen kennengelernt werden<br />
können. Dabei steht das gemeinsame<br />
Schaffen auf Augenhöhe im<br />
Vordergrund, weswegen sie genauso<br />
gut als „Sessions“ beschrieben werden<br />
können.<br />
Vorgeschlagene Frequenz: ein- bis zweimal pro Monat<br />
http://www.otelo.or.at/programm/termine/<br />
OTELO Denk.Bar<br />
Die Denk.Bar könnte als kleine Barcamp-Schwester beschrieben werden, ist in erster Linie ein<br />
Austauschtreffen und trägt ihr Konzept im Namen: Denkbares in gemütlicher und offener<br />
Atmosphäre gemeinsam zu diskutieren, auszuhecken oder weiterzudenken – ohne<br />
Zielvorgaben oder Ergebnisdruck. Neben der thematisch völlig offenen Denk.Bar sind<br />
Termine zu einem bestimmten Themenaufriss gleichermaßen denkbar.<br />
Vorgeschlagene Frequenz: einmal pro Quartal<br />
OTELO BarCamps<br />
BarCamps können als Dreh- und Angelpunkt zahlreicher neuer Veranstaltungsformate<br />
angesehen werden, weswegen wir an dieser Stelle abschließend nochmal einen<br />
K Lebendiges Netzwerk<br />
78
ausführlichen Beitrag aus derselben #sbsm-Quelle übernehmen werden. Bisher hat OTELO<br />
zwei BarCamps initiiert, wobei zukünftig mindestens ein BarCamp pro Jahr angestrebt wird.<br />
A short history on BarCamps, die Veranstaltungen der Netizens:<br />
Der Begriff des «BarCamps» steht am bekanntesten für partizipative Veranstaltungen, wie sie<br />
durch die Netzkultur entwickelt wurden. BarCamps sind aus einer Abwandlung der<br />
sogenannten «FooCamps» hervorgegangen, die der einflussreiche “Tech-Guru” Tim O’Reilly<br />
seit 2003 jährlich abhält und “Friends of O’Reilly Camps” (FooCamp) nennt. O’Reillys<br />
Anspruch ist, HackerInnen, EntwicklerInnen neuer Technologien, VordenkerInnen und<br />
EvangelistInnen des Internets zusammenzubringen und bei einer Veranstaltung wie in<br />
einem Wiki zusammenarbeiten zu lassen. Da diese Camps in ihrer Anlage als “Un-<br />
Konferenzen” erfolgreich jedoch exklusiv sind – nur wer eingeladen ist kann teilnehmen –<br />
wird im Sommer 2005 von TeilnehmerInnen des FooCamps als Gegenentwurf ein erstes<br />
offenes BarCamp ausgerichtet.<br />
Das «Bar» in BarCamp steht dabei für “allgemein” beziehungsweise “offen” und leitet sich<br />
aus einem Element der Programmiersprache ab. Seit diesem ersten BarCamp in Palo Alto,<br />
Kalifornien, ist es Programm, dass BarCamps offen sind und «Jede/r sich auf die eine oder<br />
andere Weise einbringen muss». BarCamps sollen in jeder Hinsicht offen sein, sowohl was die<br />
diskutierten Inhalte, die Teilnehmenden als auch die Ergebnisse angeht. Aber sie haben<br />
natürlich einen Rahmen: sie entspringen der Netzkultur, werden über das Netz bekannt<br />
gemacht, widmen sich im weitesten Sinn Netzthemen und werden Teilnehmer_innen<br />
besucht, die viel mit dem Netz arbeiten. Sofort nach dem ersten BarCamp in Kalifornien<br />
treten das Veranstaltungskonzept und die damit einhergehende Kultur einen viralen<br />
Siegeszug um die Welt an.Da BarCamps aus der Netzkultur hervorgehen, stehen die<br />
übergeordneten Themen zumeist in einem Zusammenhang mit dem Netz, und neben den<br />
allgemein gehaltenen «BarCamps» als Treffen digitaler Kontakte in der “realen Welt” gibt es<br />
diverse Themencamps: PolitCamps, SocialCamps, DesignCamps, GenderCamps,<br />
OpenDataCamps etc.<br />
All diese BarCamps verzahnen die digitale mit der analogen Welt in jeder Hinsicht. Zuerst<br />
wird ein Pflock in Form der Bekanntmachung eines Ortes, des Datums und der<br />
Schwerpunktsetzung in die Erde geschlagen. Dann wird in Blogs, auf Twitter, Facebook und in<br />
den Soziale Netzwerke darüber geschrieben und dazu eingeladen. Und schließlich kann<br />
jede/r kommen und ein gewünschtes Thema anbieten, auf die Tagesordnung setzen und<br />
diskutieren. Die Kommunikation mit den Interessierten wird vor und nach den Un-<br />
Konferenzen fast nur digital abgewickelt. Auch auf der Veranstaltung selbst spielen Medien<br />
eine sehr wichtige Rolle. Sie dienen der Dokumentation der Veranstaltung und zu einem<br />
wesentlichen Teil der sozialen Vernetzung untereinander.<br />
BarCamps und die dem Veranstaltungsformat angelehnten Themencamps sind Treffpunkte,<br />
um den eigenen Horizont und das eigene Netzwerk zu erweitern. Deshalb haben solche<br />
Veranstaltungen in der Regel regionalen Charakter.<br />
http://www.barcamp.at/Was_ist_ein_BarCamp<br />
K Lebendiges Netzwerk<br />
79
OTELO offen für Schulen<br />
Gerne sind natürlich Schulklassen zu Gast in OTELOs, die sich der Herausforderung eines<br />
offenen Freiraums stellen wollen.<br />
Kooperationsveranstaltungen<br />
Der Standort kann sich natürlich auch an Kooperationsveranstaltungen wie z.B. der<br />
Montagsakademie, dem Ars Electronica Festival, Berufsinformationsmessen oder der Langen<br />
Nacht der Forschung und vieles beteiligen.<br />
Eine Darstellung von möglichen Anknüpfungspunkten für Kooperationen und Netzwerke:<br />
K Lebendiges Netzwerk<br />
80
8) Modell Know-how – International<br />
Im internationalen Vergleich gibt es einige, teilweise sehr ähnliche Konzepte, wie das von <strong>Otelo</strong>,<br />
aber, wie schon die allem vorausgegangene Machbarkeitsstudie 2009 klar dargestellt hat, gibt es kein<br />
vollkommen gleiches Projekt. Um die vorhandenen Unterschiede wie auch die Ähnlichkeiten<br />
aufzuzeigen folgt hier nun eine Auswahl an anderen Projekten.<br />
FabLab<br />
= Fabrikationslabor<br />
Ein FabLab stellt grundsätzlich moderne Produktionstechnologien, wie 3D-Drucker, CNC-Maschinen<br />
und Laser Cutter, und das notwendige Wissen über die Verwendung dieser Geräte für die Herstellung<br />
von Einzelstücken oder nicht mehr erhältlichen Ersatzteilen zur Verfügung.<br />
Die Idee stammt von Neil Gershenfeld am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und wurde<br />
dort im Jahre 2002 erstmals umgesetzt. Die Idee verbreitete sich schnell weltweit. Im<br />
deutschsprachigen Raum gibt es derzeit 11 FabLabs, darunter das „Happy Lab“ in Wien.<br />
Es gibt auch die sogenannten „Fab Charta“, eine Art Regelsammlung und Leitbild, welches ein FabLab<br />
erfüllen muss, um sich auch so nennen zu dürfen.<br />
http://www.happylab.at/<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/FabLab<br />
Hackerspace<br />
Ein Hackerspace ist ein offener Raum für, wie der Name schon sagt, Hacker, aber auch Interessierte<br />
an Technologie, Wissenschaft und digitaler Kunst.<br />
Meist setzen sich Hackerspaces für die Förderung der technischen Allgemeinbildung und typischen<br />
Hacker-Themen, wie Open Source und freie Hardware ein. Diese Themen variieren jedoch von<br />
Standort zu Standort sehr stark.<br />
Wichtig ist dabei die Bereitstellung der Infrastruktur wie Internet, Getränke, Strom und<br />
Netzwerkverbindungen, sowie das Abhalten von Workshops und das Weitergeben von Wissen.<br />
Teilweise gibt es auch Produktionsmaschinen; der Übergang zum FabLab ist fließend.<br />
In Österreich gibt es ein Hackerspace, das Metalab in Wien.<br />
Dort sind auf ca. 200m² verschiedenste Gruppierungen, wie der Chaos Computer Club (CCC) oder die<br />
Künstlergruppe Monochrom untergekommen.<br />
Finanziert wird das Ganze mit Hilfe des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit, der<br />
Stadt Wien und durch die Mitgliedsbeiträge.<br />
http://hackerspaces.org/wiki/<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Hackerspace<br />
https://metalab.at/<br />
K Modell Know-how – International<br />
81
Coworking<br />
Coworking heißt, dass sich Freiberufler, welche an verschiedensten Projekten bei unterschiedlichen<br />
Firmen arbeiten, in einem gemeinsamen Raum, dem „Coworking-Space“, zusammenschließen und<br />
sich gegenseitig unterstützen. Durch die große Vielfalt entsteht ein Nährboden für kreative Ideen und<br />
offene Innovationen.<br />
Coworking stellt die nötige Infrastruktur, wie Arbeitsplätze, Netzwerk, Drucker Fax, Internet usw., zur<br />
Verfügung und ermöglicht eine Gemeinschaft, welche durch gemeinsame Workshops und<br />
dergleichen gestärkt wird.<br />
http://www.coworking.de/<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Coworking<br />
Unperfekthaus in Essen<br />
Im Unperfekthaus (UpH) finden auf 4000m² Künstler, Gruppen und Gründer Räume, Technik, Bühnen<br />
und vieles mehr. Wenn man das gesamte Angebot nutzen möchte, empfiehlt es sich Mitglied zu<br />
werden gegen einen Mitgliedsbeitrag von 45€ pro Person und Quartal. Im Preis inbegriffen ist der<br />
Konsum von beliebig vielen alkoholfreien Getränken. Eigene Räume werden ab einer Nutzung von 40<br />
Stunden pro Woche ohne Zusatzkosten zur Verfügung gestellt. Wer durch seine Idee Geld verdient,<br />
muss keine Abgaben an das Haus zahlen. Bei Projekten ist alles erlaubt, was legal, kreativ und für die<br />
Öffentlichkeit interessant ist.<br />
Es geht darum, jedem die Möglichkeit zu geben, seinen Traum(job) auszuprobieren und vielleicht<br />
sogar schlussendlich selbstständig zu werden.<br />
Die Finanzierung läuft mit Hilfe des Restaurants und dem Hotel, welche sich auch im UpH befinden.<br />
Es wird darauf verzichtet, das Geld über staatliche Wege gehen zu lassen, sondern die Einnahmen<br />
werden intern wieder für Projekte verwendet.<br />
http://www.unperfekthaus.de/<br />
The HUB<br />
Das Leitbild von Hub ist einfach. Man ist der Meinung, dass es in unserer Welt nicht an Ideen mangelt<br />
sondern an Zusammenarbeit und unterstützenden Strukturen, um die Probleme der jetzigen Zeit zu<br />
lösen. Man versucht Räume zu schaffen, die das Beste aus einem Gründerzentrum, einem<br />
Innovationslabor und dem Komfort von zu Hause vereinen. Man stellt den Raum mit den benötigten<br />
Hilfsmitteln zur Verfügung und versucht damit Platz für innovative Zusammenarbeit zu schaffen.<br />
Die Idee hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet und ist bereits weltweit vertreten. Mittlerweile gibt es<br />
auch in Wien ein Hub. Verbunden sind alle Standorte durch das Hub-Netzwerk.<br />
In einem Hub zahlt man jedoch, je nach Art der Mitgliedschaft, zwischen 30 und 300€ monatlich.<br />
Man kann auch Meetingräume und Schreibtische für nur einen Tag mieten.<br />
http://www.the-hub.net/<br />
K Modell Know-how – International<br />
82
Betahaus<br />
Das Betahaus bietet, ähnlich wie The HUB, Büroräume und Arbeitsplätze in einem coworking space.<br />
Es wird das gemeinsame Arbeiten an Lösungen und die innovative Zusammenarbeit unterstützt.<br />
Benötige Infrastruktur wird zur Verfügung gestellt. Man muss jedoch dafür zahlen.<br />
http://betahaus.de/<br />
Ostsinn<br />
Ostsinn in der Schweiz bietet einerseits einen Coworking-Space, in den man sich gegen Bezahlung<br />
einmieten kann, und andererseits einen Projektsupport-Service. Die Grundleistung (laut Homepage:<br />
„ein offenes Ohr und ein paar Fragen bei einem Kaffee“) ist gratis, der eigentliche Support und ein<br />
Nachhaltigkeitscheck müssen jedoch bezahlt werden.<br />
Ostsinn sieht sich als Ermöglicher und führt Leute, die ähnliche Ideen verfolgen, zusammen.<br />
Der nicht zu übersehende Unterschied zu OTELO ist natürlich die Bezahlung. OTELO unterstützt die<br />
Projekte kostenfrei während sich Ostsinn dafür bezahlen lässt. Außerdem stellt OTELO die benötigten<br />
Räumlichkeiten gratis zur Verfügung.<br />
http://ostsinn.ch/<br />
Spektral<br />
Das Spektral in Graz hat es sich zum Ziel gemacht, Menschen bei der Umsetzung ihrer Ideen durch<br />
Vermittlung von Wissen, Räumen, Infrastruktur usw. zu unterstützen. Die Individuen sollen sich frei<br />
von Zwängen entwickeln können und dabei mit anderen Menschen in Austausch treten und etwas<br />
Gemeinsames schaffen. Die Zentrale von Spektral besteht aus einem großen Hauptraum mit Sitzecke,<br />
6 Büroplätzen und einer Gemeinschaftsküche.<br />
Der Unterschied zu OTELO liegt hier offensichtlich in der Organisation. Während ein OTELO immer<br />
ein Standort mit den zugehörigen Räumlichkeiten ist, gibt es bei Spektral eben nur diese Zentrale. Die<br />
Räumlichkeiten für die Projekte werden nicht direkt zur Verfügung gestellt, sondern nur vermittelt.<br />
http://spektral.at/<br />
K Modell Know-how – International<br />
83
9) Stolpersteine am Weg<br />
Für eine Gründung von einem neuen OTELO oder eine Belebung eines OTELO´s ist es oft sehr<br />
wertvoll nicht nur die positiven Faktoren kennenzulernen, sondern auch die diversen Stolpersteine,<br />
die sich am Weg zeigen.<br />
Hier ist eine kleine Auswahl zu finden:<br />
Perfekt und Fertig<br />
Vermittelt das OTELO den Eindruck bereits „fertig und perfekt“ zu sein, so kann es durchaus sein,<br />
dass mögliche Interessierte nicht mehr wissen, wie sie einsteigen können oder ob sie noch etwas<br />
„Wertvolles“ beitragen können. Fertiges ist oft nicht mehr so einladend (Bitte den Neurobiologen<br />
Prof. Hüther beachten, wie wichtig beständiges „Einladen“ ist.) und Zufriedenheit + Verbundenheit<br />
entsteht sehr durch Mitwirken am Entstehen und Gestalten eines OTELOs. Somit kann ein unfertiges<br />
und teilweise leeres (= offen für Neues) OTELO sehr einladend sein!<br />
Projektitis<br />
Projekte können eine große Chance sein aber zu viele Projekte können auch ein Fluch sein. Die<br />
Standorte sollen eigenständig und bewusst ihre Projektbeteiligungen prüfen, damit der Lust und<br />
Neugierde am eigenen OTELO-Standort nachgegangen werden kann.<br />
Die Überforderung und Ablenkung zeigte sich auch in diesem Projekt „OTELO NOW“, welches vor<br />
allem die Energie des bestehenden Vereins und dessen AkteurenInnen an den Standorten<br />
Vöcklabruck und Gmunden gebunden hat.<br />
Andererseits können passende Projekte einen Standort beflügeln, Neues ermöglichen und Netzwerke<br />
stärken.<br />
Bisher waren alle OTELOs in einem Verein zusammengefasst, was jedoch keine dauerhafte Lösung<br />
war, denn die größtenteils ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen sind mittlerweile durch die Anzahl der<br />
Standorte überfordert. Es soll in Zukunft jedes OTELO einen eigenen selbstständigen Standortverein<br />
gründen bzw. eine eigene Struktur.<br />
Strukturentwicklung – Vision vs. Strukturbau<br />
Die Struktur- und Organisationsentwicklung ist schon wichtig, aber um vieles größer soll die Vision,<br />
das gemeinsame „Bild“ von OTELO sein.<br />
Geschlossenes „OTELO“<br />
Eine Herausforderung für ein Offenes Technologielabor ist natürlich, wenn es ständig geschlossen ist.<br />
Die Nodes und die Räume sind oft nicht besetzt und es gibt sehr flexible Nutzungszeiten.<br />
Für die bereits aktiven AkteurInnen ist die Schlüsselbox entsprechend wichtig, aber für frisch<br />
Interessierte ist ein geschlossenes OTELO eine unüberwindbare Barriere.<br />
Bewährt haben sich die gut kommunizierten OTELO-Tage in den einzelnen Standorten. Ganz<br />
besonders gelebt wird es am Standort Kirchdorf, die jeden Donnerstag gemeinsam kochen.<br />
K Stolpersteine am Weg<br />
84
Eine besondere Herausforderung hat der Standort Gmunden, wenn die Zugangstüre durch andere<br />
Nutzer/Mieter immer wieder geschlossen wird, auch während des Eintreffens von<br />
Workshopteilnehmern.<br />
Das liebe Geld: OTELO braucht kein Geld, braucht aber Geld<br />
Einem OTELO kann einerseits eine anfängliche finanzielle Unterstützung für Standortaufbau und<br />
Prozessbegleitung sehr helfen. Andererseits kann Geld für Organisationsarbeit am Standort für das<br />
Community Building hinderlich sein. Die Abstimmung zwischen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen<br />
ist gut zu klären und zu erklären.<br />
Vereinnahmung<br />
Eine Vereinnahmung durch einseitige Interessensgruppen und bestehende Systeme würde der<br />
OTELO Charta widersprechen und Freiheit + Freiraum rauben.<br />
OTELO kann ALLES! Verzetteln? Zu viele Baustellen auf einmal…<br />
Ohne weitere Worte …<br />
OTELO Bubble<br />
Die öffentliche Wirkung und die entsprechenden Pressemeldungen können dem Selbstbewusstsein<br />
schmeicheln, aber auch vermitteln…<br />
… die machen es eh schon, ich bin nicht mehr gefragt = OTELO ist fertig.<br />
… jetzt ist Leistung gefordert, damit wir den hohen Ansprüchen gerecht werden.<br />
Ein Verzicht auf Medienarbeit ist natürlich nicht die Lösung, sondern eine gesunde, kontinuierliche<br />
Selbstreflexion der einzelnen Standorte könnte hilfreich sein.<br />
Unterschiedliches Begriffsverständnis „Was ist ein Projekt?“<br />
OTELO ist eine Organisation und kein Projekt.<br />
K Stolpersteine am Weg<br />
85
10) Prozessbegleitung OTELO<br />
Die Entstehung und Gründung von einem OTELO ist natürlich sehr variabel, abhängig von den<br />
Interessen der Community, den Möglichkeiten der Gebäudesubstanz usw.<br />
Daher kann kein fertiges Rezept „So macht man ein OTELO!“ präsentiert werden.<br />
Der Entstehungsprozess kann aber unterstützt werden durch folgende Instrumente:<br />
a) Erfahrungswerte + das frei nutzbare OTELO Handlungsbuch als Basisinformation<br />
b) Sicherung einer finanziellen Startunterstützung Pool für Standortaufbau, kleinere<br />
Erstinvestitionen, Öffentlichkeitsarbeit und Bildungsprogramm für 2 Projektjahre<br />
c) Externer Begleitungsprozess durch OTELO-erfahrene Prozessbegleiter, der individuell an den<br />
Standort angepasst wird.<br />
Als Beispiel eine mögliche Vorgangsweise für die Prozessbegleitung:<br />
Kontakt:<br />
Phase Projektschritt<br />
A Think Phase - Interessensklärung + Analyse der Ausgangsituation<br />
A Vorgespräch<br />
A Analyse des Standortes der regionalen Potentiale/Community<br />
A Vortrag OTELO<br />
A Erstes Treffen Standortteam ("Magic-Five")<br />
A Exkursion in ein bestehendes <strong>Otelo</strong><br />
A Begleitung Entscheidungsfindung<br />
B Game Phase - Erstellung des Standortkonzeptes<br />
B OTELO-Zukunftswerkstatt (=Startklausur mit 2 Moderator/innen)<br />
B Vortrag OTELO<br />
B Laufende Betreuung & Beratung in 6 Standortteamtreffen<br />
Workshop+Qualifizierung zum Organisationsaufbau des jeweiligen<br />
B OTELO-Standortes<br />
B NODE-Werkstatt<br />
B Erstellung des Standortkonzeptes<br />
C Project Phase - Umsetzungsstart<br />
C<br />
Workshop+Qualifizierung zum "Public Jump" des jeweiligen OTELO-<br />
Standorts (Öffentlichkeitsarbeit, Sponsorsuche, Finanzierungssuche, …)<br />
Workshop+Qualifizierung zu "OTELO-Services / Formate" des jeweiligen<br />
C OTELO-Standortes<br />
C Laufende Betreuung & Beratung in 3 Standortteamtreffen<br />
C Coaching des Standortteams & der Nodes<br />
Derzeit Martin Hollinetz oder Wolfgang Mader (SPES Zukunftsakademie) oder ein OTELO Standort,<br />
der eine Begleitung bereitstellen möchte.<br />
K Prozessbegleitung OTELO<br />
86
11) Anhänge<br />
Präsentation OTELO von Martin Hollinetz<br />
Die aktuellste Präsentation OTELO mit dem Stand 22.11.2012<br />
K Anhänge<br />
87
K Anhänge<br />
88
K Anhänge<br />
89
K Anhänge<br />
90
K Anhänge<br />
91
K Anhänge<br />
92
K Anhänge<br />
93
K Anhänge<br />
94
MUSTERSTATUTEN für Standortvereine:<br />
Statuten des Vereins<br />
„OTELO – Offenes Technologielabor Vöcklabruck“<br />
§ 1: Name, Sitz und Tätigkeitsbereich<br />
(1) Der Verein führt den Namen “OTELO – Offenes Technologielabor Vöcklabruck“.<br />
(2) Er hat seinen Sitz in Vöcklabruck und erstreckt seine Tätigkeit auf die Stadt Vöcklabruck, den<br />
Bezirk und darüber hinaus.<br />
§2: Zweck<br />
(1) Der Verein bezweckt die Konzeption, Schaffung und Verwaltung von offenen Räumen für<br />
technisch-kreative Aktivitäten.<br />
(2) Der Verein übernimmt die Trägerschaft für den OTELO Standort Vöcklabruck.<br />
(3) Der Verein ist Bindeglied und kommunikative Schnittstelle für die jeweiligen „OTELO-Gruppen“.<br />
(4) Der Verein verfolgt ausschließlich sowie unmittelbar gemeinnützige Zwecke im<br />
Sinne der Bundesabgabenordnung – BAO §§34 und ist nicht gewinnorientiert.<br />
(5) Dem Verein steht es frei, gemeinsam mit anderen OTELO Regionalgruppen und<br />
deren Standorten bei Bedarf einen überregionalen OTELO Dachverband zu gründen und/oder<br />
beizutreten.<br />
(6) Dem Verein steht es frei, bei einer gemeinnützigen Gesellschaft m.b.H.<br />
Gesellschafter zu werden.<br />
§3: Mittel zur Errichtung des Vereinszwecks<br />
(1) Der Vereinszweck soll durch die in den Abs. 2 und 3 angeführten ideellen und<br />
materiellen Mittel errichtet werden.<br />
(2) Als ideelle Mittel dienen<br />
• Bereitstellen von Räumlichkeiten und Werkstätten<br />
• Durchführen von Workshops, Vorträgen, Ausstellungen und Seminaren<br />
• Durchführen von Diskussionsveranstaltungen und Kongressen<br />
• Öffentlichkeitsarbeit und Dokumentation<br />
• Veranstaltung von und Teilnahme an Wettbewerben<br />
• Durchführung von Forschungsprojekten, Studien<br />
• Bereitstellung von Infrastruktur<br />
• Herausgabe von (periodischen) Publikationen<br />
• Einrichtung einer Mediathek<br />
• Durchführung von künstlerischen und kulturellen Veranstaltungen<br />
• Entwicklung und Produktion von Freien Medien, Freier Software und Sonstigem<br />
(3) Die erforderlichen materiellen Mittel sollen aufgebracht werden durch<br />
• Subventionen und Zuwendungen der öffentlichen Hand<br />
• Unterstützung durch Privatpersonen, Unternehmungen und Sponsoren<br />
• Verkauf vereinseigener Publikationen<br />
• Spenden, Sammlungen, Bausteinaktionen, Flohmärkte<br />
• Vermächtnisse, Schenkungen<br />
• Werbeeinnahmen<br />
• Einlagen durch die Mitglieder<br />
K Anhänge<br />
95
• Beteiligungen an Kapitalgesellschaften<br />
• Beitrittsgebühren und Mitgliedsbeiträge<br />
• Einnahmen aus Veranstaltungen<br />
• sonst. Zuwendungen<br />
§4: Arten der Mitgliedschaft<br />
(1) Die Mitglieder des Vereins gliedern sich in ordentliche, außerordentliche und<br />
Ehrenmitglieder.<br />
(2) Ordentliche Mitglieder sind jene, die sich aktiv an der Vereinsarbeit beteiligen. Die<br />
Bezeichnung „OTELO Mitglieder“ für ordentliche Mitglieder ist zulässig.<br />
Außerordentliche Mitglieder sind solche, die die Vereinstätigkeit vor allem durch<br />
Zahlung eines erhöhten Mitgliedsbeitrags fördern. Die Bezeichnung „Fördernde<br />
Mitglieder“ für außerordentliche Mitglieder ist zulässig. Ehrenmitglieder sind<br />
Personen, die hiezu wegen besonderer Verdienste um den Verein ernannt werden. Die<br />
Bezeichnung Jedi-Ritter ist zulässig.<br />
§5: Erwerb der Mitgliedschaft<br />
(1) Mitglieder des Vereins können alle physischen Personen, sowie juristische<br />
Personen und rechtsfähige Personengesellschaften werden, die sich mit dem<br />
Vereinszweck identifizieren.<br />
(2) Über die Aufnahme von ordentlichen und außerordentlichen Mitgliedern<br />
entscheidet der Vorstand. Die Aufnahme kann ohne Angabe von Gründen verweigert<br />
werden.<br />
(3) Die Ernennung zum Ehrenmitglied erfolgt durch die Generalversammlung.<br />
§6: Beendigung der Mitgliedschaft<br />
(1) Die Mitgliedschaft erlischt durch Tod, bei juristischen Personen und rechtsfähigen<br />
Personengesellschaften durch Verlust der Rechtspersönlichkeit, durch freiwilligen<br />
Austritt und durch Ausschluss.<br />
(2) Der Austritt ist jederzeit möglich und ist dem Vorstand schriftlich bekannt zu<br />
geben.<br />
(3) Der Vorstand kann ein Mitglied ausschließen, wenn dieses trotz<br />
zweimaliger schriftlicher Mahnung unter Setzung einer angemessenen Nachfrist<br />
länger als sechs Monate mit der Zahlung der Mitgliedsbeiträge im Rückstand ist. Die<br />
Verpflichtung zur Zahlung der fällig gewordenen Mitgliedsbeiträge bleibt hievon<br />
unberührt.<br />
(4) Der Ausschluss eines Mitglieds aus dem Verein kann von der<br />
Generalversammlung auch wegen grober Verletzung anderer Mitgliedspflichten und<br />
wegen unehrenhaften Verhaltens verfügt werden.<br />
(5) Die Aberkennung der Ehrenmitgliedschaft kann aus den im abs. 4 genannten<br />
Gründen von der Generalversammlung beschlossen werden.<br />
K Anhänge<br />
96
§7: Rechte und Pflichten der Mitglieder<br />
(1) Die Mitglieder sind berechtigt, an allen Veranstaltungen des Vereins teilzunehmen<br />
und die Einrichtung des Vereins zu beanspruchen. Das Stimmrecht in der<br />
Generalversammlung sowie das aktive und passive Wahlrecht stehen nur den<br />
ordentlichen und den Ehrenmitgliedern zu.<br />
(2) Jedes Mitglied ist berechtigt, vom Vorstand die Ausfolgung der Statuten zu<br />
verlangen.<br />
(3) Mindestens ein Zehntel der Mitglieder kann vom Vorstand die Einberufung einer<br />
Generalversammlung verlangen.<br />
(4) Die Mitglieder sind in jeder Generalversammlung vom Vorstand über die Tätigkeit<br />
und finanzielle Gebarung des Vereins zu informieren. Wenn mindestens ein Zehntel<br />
den betreffenden Mitgliedern dies unter Angabe von Gründen verlangt, hat der<br />
Vorstand den betreffenden Mitgliedern eine solche Information auch sonst binnen<br />
vier Wochen zu geben.<br />
(5) Die Mitglieder sind vom Vorstand über den geprüften Rechnungsabschluss<br />
(Rechnungslegung) zu informieren. Geschieht dies in der Generalversammlung, sind<br />
die RechnungsprüferInnen einzubinden.<br />
(6) Die Mitglieder sind verpflichtet, die Interessen des Vereins nach Kräften zu<br />
fördern und alles zu unterlassen, wodurch das Ansehen der Zweck des Vereins<br />
Abbruch erleiden könnte. Sie haben die Vereinsstatuten und die Beschlüsse der<br />
Vereinsorgane zu beachten. Die ordentlichen und außerordentlichen Mitglieder sind<br />
zur pünktlichen Zahlung der Beitrittsgebühr und der Mitgliedsbeiträge in der von der<br />
Generalversammlung beschlossenen Höhe verpflichtet.<br />
§8: Vereinsorgane<br />
Die Organe des Vereins sind<br />
a) Generalversammlung (§§9 und 10)<br />
b) Vorstand (§§11 bis 13)<br />
c) RechnungsprüferInnen (§14)<br />
d) OTELO Gruppe (§15).<br />
e) Schiedsgericht (§16).<br />
§9: Generalversammlung<br />
(1) Die Generalversammlung ist die “Jahreshauptversammlung” im Sinne des<br />
Vereinsgesetzes 2002. Eine ordentliche Generalversammlung findet jährlich statt.<br />
(2) Eine außerordentliche Generalversammlung findet auf<br />
a. Beschluss des Vorstands oder der ordentlichen Generalversammlung,<br />
b. Schriftlichen Antrag von mindestens einem Zehntel der Mitglieder,<br />
c. Verlangen der RechnungsprüferInnen (§21 Abs. 5 erster Satz VereinsG)<br />
d. Beschluss eines/r Rechnungsprüfers/in (§21 Abs. 5 zweiter Satz VereinsG, § 11 Abs.<br />
2 dritter Satz dieser Statuten),<br />
e. Beschluss eines gerichtliche/n bestellte/n Kurators/in (§ 11 Abs. 2 letzter Satz<br />
dieser Statuten)<br />
binnen vier Wochen statt.<br />
K Anhänge<br />
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(3) Sowohl zu den ordentlichen wie auch zu den außerordentlichen<br />
Generalversammlungen sind alle Mitglieder mindestens eine Woche vor dem Termin<br />
schriftlichen, mittels Telefax oder per E-Mail an die vom Mitglied dem Verein bekannt<br />
gegebene Faxnummer oder E-Mail-Adresse einzuladen. Die Anberaumung der<br />
Generalversammlung hat unter Angabe der Tagesordnung zu erfolgen. Die<br />
Einberufung erfolgt durch den Vorstand (Abs. 1 und Abs. 2 lit. a – c), durch eine/n<br />
Rechnungsprüfer/in (abs. 2 lit. d) oder durch einen gerichtlich bestellte/n KuratorIn<br />
(Abs. 2 lit. d).<br />
(4) Anträge zur Generalversammlung können bis vor Beginn der<br />
Generalversammlung schriftlich oder mündlich eingebracht werden.<br />
(5) Gültige Beschlüsse – ausgenommen solche über einen Antrag auf Einberufung<br />
einer außerordentlichen Generalversammlung - können nur zur Tagesordnung<br />
gefasst werden.<br />
(6) Bei der Generalversammlung sind alle Mitglieder teilnahmeberechtigt.<br />
Stimmberechtigt sind nur die ordentlichen und die Ehrenmitglieder. Jedes Mitglied<br />
hat eine Stimme. Die Übertragung des Stimmrechts auf ein anderes Mitglied im Wege<br />
einer schriftlichen Bevollmächtigung ist nicht zulässig.<br />
(7) Die Generalversammlung ist ohne Rücksicht auf die Anzahl der Erschienenen<br />
beschlussfähig.<br />
(8) Die Wahlen und die Beschlussfassung in der Generalversammlung erfolgen in der<br />
Regel mit einfacher Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Bei<br />
Stimmengleicheit gilt der Antrag als abgelehnt. Beschlüsse, mit denen das Statut des<br />
Vereins geändert oder Verein aufgelöst werden soll, bedürfen jedoch einer<br />
qualifizierten Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen gültigen Stimmen.<br />
(9) Den Vorsitz in der Generalversammlung führt der/die Sprecher/Sprecherin, bei<br />
Verhinderung sein/e/ihr/e Stellvertreter/in. Ist auch diese/r verhindert, obliegt der<br />
Vorsitz jenem Mitglied, das die übrigen anwesenden der Generalversammlung<br />
mehrheitlich dazu bestimmen.<br />
§10: Aufgaben der Generalversammlung<br />
Der Generalversammlung sind folgende Aufgaben vorbehalten:<br />
a) Beschlussfassung über den Voranschlag ;<br />
b) Entgegennahme und Genehmigung des Rechenschaftsberichts und des<br />
Rechnungsabschlusses unter Einbindung der RechnungsprüferInnen;<br />
c) Wahl und Enthebung der Mitglieder des Vorstands und der RechnungsprüferInnen;<br />
d) Genehmigung von Rechtsgeschäften zwischen RechnungsprüferInnen und Verein;<br />
e) Entlastung des Vorstands;<br />
f) Festsetzung der Höhe der Beitrittsgebühr und der Mitgliedsbeiträge für ordentliche<br />
und für außerordentliche Mitglieder ;<br />
g) Verleihung und Anerkennung der Ehrenmitgliedschaft;<br />
h) Beschlussfassung über Statutenänderungen und die freiwillige Auflösung des<br />
Vereins;<br />
i) Beratung und Beschlussfassung über sonstige auf der Tagesordnung stehende<br />
Fragen.<br />
§ 11: Vorstand<br />
(1) Der Vorstand besteht aus mindestens 4, maximal 9 Mitgliedern, und zwar aus<br />
K Anhänge<br />
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Sprecher/Sprecherin, Schriftführer/in und Kassier/in sowie deren Stellvertretung (sofern möglich<br />
bei ausreichend Kandidaten/innen) und „Freie Funktionen“.<br />
(2) Der Vorstand wird von der Generalversammlung gewählt. Der Vorstand hat bei<br />
Ausscheiden eines gewählten Mitglieds das Recht, an seine Stelle ein anderes<br />
wählbares Mitglied zu kooptieren, wozu die nachträgliche Genehmigung in der<br />
nächstfolgenden Generalversammlung einzuholen ist. Fällt der Vorstand ohne<br />
Selbstergänzung durch Kooptierung überhaupt oder auf unvorhersehbar lange Zeit<br />
aus, so ist jede/r Rechnungsprüfer/in verpflichtet, unverzüglich eine außerordentliche<br />
Generalversammlung zum Zweck der Neuwahl eines Vorstands einzuberufen. Sollten<br />
auch die RechnungsprüferInnen handlungsunfähig sein, hat jedes ordentliche<br />
Mitglied, das die Notsituation erkennt, unverzüglich die Bestellung eines/r Kurators/in<br />
beim zuständigen Gericht zu beantragen, der umgehend eine außerordentliche<br />
Generalversammlung einzuberufen hat.<br />
(3) Die Funktionsperiode des Vorstands beträgt 1 Jahr; Wiederwahl ist möglich. Jede<br />
Funktion im Vorstand ist persönlich auszuüben.<br />
(4) Der Vorstand kann von jedem Vorstandsmitglied, schriftlich oder mündlich<br />
einberufen werden.<br />
(5) Der Vorstand ist beschlussfähig, wenn alle seine Mitglieder eingeladen worden<br />
und mindestens die Hälfte von ihnen anwesend ist.<br />
(6) Der Vorstand fasst seine Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit; bei<br />
Stimmengleichheit gilt der Antrag als abgelehnt.<br />
(7) Den Vorsitz führt der/die Sprecher/Sprecherin, bei Verhinderung sein/e/ihr/e<br />
Stellvertreter/in. Ist auch diese/r verhindert, obliegt der Vorsitz jenem<br />
Vorstandsmitglied, das die übrigen Vorstandsmitglieder mehrheitlich dazu<br />
bestimmen.<br />
(8) Außer durch den Tod und Ablauf der Funktionsperiode (Abs. 3) erlischt die<br />
Funktion eines Vorstandsmitglieds durch Enthebung (Abs.9) und Rücktritt (Abs. 10).<br />
(9) Die Generalversammlung kann jederzeit den gesamten Vorstand oder einzelne<br />
seiner Mitglieder entheben. Die Enthebung tritt mit Bestellung des neuen Vorstands<br />
bzw. Vorstandsmitglieds in Kraft.<br />
(10) Die Vorstandsmitglieder können jederzeit schriftlich ihren Rücktritt erklären. Die<br />
Rücktrittserklärung ist an den Vorstand, im Falle des Rücktritts des gesamten<br />
Vorstands an die Generalversammlung zu richten. Der Rücktritt wird erst mit Wahl<br />
bzw. Kooptierung (Abs. 2) eine/s Nachfolgers/in wirksam.<br />
§12: Aufgaben des Vorstands<br />
Dem Vorstand obliegt die Leitung des Vereins. Er ist das “Leitungsorgan” im Sinne<br />
des Vereingesetzes 2002. Ihm kommen alle Aufgaben zu, die nicht durch die Statuten<br />
einem anderen Vereinsorgan zugewiesen sind. In seinen Wirkungsbereich fallen<br />
insbesondere folgende Angelegenheiten:<br />
(1) Einrichtung eines den Anforderungen des Vereins entsprechenden<br />
Rechnungswesen mit laufender Aufzeichnung der Einnahmen/Ausgaben und Führung<br />
eines Vermögensverzeichnisses als Mindesterfordernis;<br />
K Anhänge<br />
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(2) Erstellung des Jahresvoranschlags, des Rechenschaftsberichts und des<br />
Rechnungsabschlusses im Sinne des Vereinsgesetzes 2002;<br />
(3) Vorbereitung und Einberufung der Generalversammlung in den Fällen des § 9 Abs.<br />
1 und Abs. 2 lit. a – c dieser Statuten;<br />
(4) Information der Vereinsmitglieder über die Vereinstätigkeit, die Vereinsgebarung<br />
und den geprüften Rechnungsabschluss;<br />
(5) Verwaltung des Vereinsvermögens;<br />
(6) Aufnahme und Ausschluss von ordentlichen und außerordentlichen<br />
Vereinsmitgliedern;<br />
(7) Aufnahme und Kündigung von Angestellten des Vereins.<br />
(8) Gründung , Aufnahme oder Auflösung von OTELO Gruppen.<br />
§ 13: Besondere Obliegenheiten einzelner Vorstandsmitglieder<br />
(1) Der/die Sprecher/Sprecherin führt die laufenden Geschäfte des Vereins. Der/die<br />
Schriftführer/in unterstützt den/die Sprecher/Sprecherin bei der Führung der<br />
Vereinsgeschäfte.<br />
(2) Schriftliche Ausfertigung des Vereins bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Unterschriften des/der<br />
Sprecher/Sprecherin und des Schriftführers/der Schriftführerin in Geldangelegenheiten<br />
(vermögenswerte Dispositionen) des/der Sprecher/Sprecherin und des Kassiers/der Kassierin.<br />
Rechtsgeschäfte zwischen Vorstandsmitgliedern und Verein bedürfen der Zustimmung eines<br />
anderen Vorstandsmitglieds.<br />
(3) Rechtsgeschäftliche Bevollmächtigungen, den Verein nach außen zu vertreten<br />
bzw. für ihn zu zeichnen, können ausschließlich von den in Abs. 2 genannten<br />
Vorstandsmitgliedern erteilt werden.<br />
(4) Bei Gefahr im Verzug ist der/die Sprecher/Sprecherin sowie der/die<br />
Schriftführer/Schriftführerin und der/die Kassier/Kassierin berechtigt, auch in<br />
Angelegenheiten, die in den Wirkungsbereich der Generalversammlung oder des<br />
Vorstands fallen, unter eigener Verantwortung selbständig Anordnung zu treffen; im<br />
Innenverhältnis bedürfen diese jedoch der nachträglichen Genehmigung durch das<br />
zuständige Vereinsorgan.<br />
(5) Der/die Sprecher/Sprecherin führt den Vorsitz in der Generalversammlung und im<br />
Vorstand.<br />
(6) Der/die Schriftführer/in führt die Protokolle der Generalversammlung und des<br />
Vorstands.<br />
(7) Der/die Kassier/in ist für die ordnungsgemäße Geldgebarung des Vereins<br />
verantwortlich.<br />
(8) Im Fall der Verhinderung treten an die Stelle des Sprechers/der Sprecherin, des<br />
K Anhänge<br />
10<br />
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Schriftführers/der Schriftführerin oder des Kassiers/ der Kassierin ihre<br />
Stellvertreter/innen.<br />
§ 14: RechnungsprüferInnen<br />
(1) Zwei RechnungsprüferInnen werden von der Generalversammlung auf die Dauer<br />
von einem Jahr gewählt. Wiederwahl ist möglich. Die RechnungsprüferInnen dürfen<br />
keinem Organ – mit Ausnahme der Generalversammlung - angehören, dessen<br />
Tätigkeit Gegenstand der Prüfung ist.<br />
(2) Den RechnungsprüferInnen obliegt die laufende Geschäftskontrolle sowie die<br />
Prüfung der Finanzgebarung des Vereins im Hinblick auf die Ordnungsmäßigkeit der<br />
Rechnungslegung und die statutengemäße Verwendung der Mittel. Der Vorstand hat<br />
den RechnungsprüferInnen die erforderlichen Unterlagen vorzulegen und die<br />
erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die RechnungsprüferInnen haben dem Vorstand<br />
über das Ergebnis der Prüfung zu berichten.<br />
(3) Rechtsgeschäfte zwischen RechnungsprüferInnen und Verein bedürfen der<br />
Genehmigung durch die Generalversammlung. Im Übrigen gelten für die<br />
RechnungsprüferInnen die Bestimmungen des § 11 Abs. 8 bis 10 sinngemäß.<br />
§ 15: OTELO Gruppe<br />
(1) Eine sogenannte „OTELO Gruppe“ ist ein unbefristetes Vereinsorgan, das gemäß<br />
dem Vereinszweck zu bestimmten Sachbereichen, Projekten und Aufgabengebieten<br />
auf Beschluss des Vorstands gegründet oder aufgenommen werden kann.<br />
(2) Die Bezeichnungen „Projektgruppe“, „Nest“ oder „Node“ sind für die „OTELO<br />
Gruppe“ zulässig.<br />
(3) Die „OTELO Gruppe“ setzt sich aus „OTELO Mitgliedern“ zusammen, die im<br />
jeweiligen Sachgebiet arbeiten. Diese „OTELO Gruppenmitglieder“ können über ihre<br />
internen Entscheidungsstrukturen selbst bestimmten, wobei stets alle anwesenden<br />
„OTELO Gruppenmitglieder“ stimmberechtigt sind. Die Teilnahme von Gästen ist<br />
ausdrücklich erwünscht, deren Stimmrecht ist am Beginn des jeweiligen Treffens zu<br />
klären. Die Bezeichnung „Nodemitglied“ für „OTELO Gruppenmitglieder“ ist zulässig.<br />
(4) Die „OTELO Gruppe“ ist verpflichtet, gegenüber dem Vorstand eine<br />
Ansprechperson zu nennen. Die Bezeichnungen „Nodesprecher/in“,<br />
„Keynodespeaker“ und „Projektleiter/in“ sind je nach Sachverhalt zulässig. Diese<br />
besagte Person hat das Recht, mit beratender Stimme bei Vorstandssitzungen<br />
teilzunehmen, sofern sie nicht ohnehin in selbigem Mitglied ist.<br />
(5) Die „OTELO Gruppe“ arbeitet im Rahmen ihres Sachbereiches selbstständig und<br />
unabhängig. Entscheidungen, die über das jeweilige Sachgebiet hinaus den<br />
gesamten Verein betreffen oder möglicherweise die Vereinsgeschäfte als ganzes<br />
beeinflussen, bedürfen einer Genehmigung durch den Vorstand.<br />
(6) Die „OTELO Gruppe“ nutzt die vom Verein zur Verfügung gestellten<br />
Räumlichkeiten an einem Standort und kann auf die vorgesehene Infrastruktur<br />
zurückgreifen. Die „OTELO Gruppe“ hat das Recht über Arbeitsabläufe und den<br />
Raumzugang in ihrem Sachbereich selbst zu entscheiden.<br />
K Anhänge<br />
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(7) Für die „OTELO Gruppe“ gelten die Bestimmungen des § 11 Abs. 3 bis 10<br />
sinngemäß.<br />
§ 16: Schiedsgericht<br />
(1) Zur Schlichtung von allen aus dem Vereinsverhältnis entstehenden Streitigkeiten<br />
ist das vereinsinterne Schiedsgericht berufen. Es ist eine “Schlichtungseinrichtung”<br />
im Sinne des Vereinsgesetzes 2002 und kein Schiedsgericht nach den §§ 577 ff ZPO.<br />
(2) Das Schiedsgericht setzt sich aus drei unbefangenen ordentlichen<br />
Vereinsmitgliedern zusammen. Es wird derart gebildet, dass ein Streitteil dem<br />
Vorstand ein Mitglied als Schiedsrichter/in schriftlich namhaft macht. Über<br />
Aufforderung durch den Vorstand binnen sieben tagen macht der andere Streitteil<br />
innerhalb von 14 Tagen seinerseits ein Mitglied des Schiedsgerichts namhaft. Nach<br />
Verständigung durch den Vorstand innerhalb von sieben tagen wählen die namhaft<br />
gemachten Schiedsrichter/in binnen weiterer 14 Tage ein drittes ordentliches Mitglied<br />
zum/zur Vorsitzenden des Schiedsgerichts. Bei Stimmengleichheit entscheidet unter<br />
den Vorgeschlagenen das Los. Die Mitglieder des Schiedsgerichts dürfen keinem<br />
Organ – mit Ausnahme der Generalversammlung - angehören, dessen Tätigkeit<br />
Gegenstand der Streitigkeit ist.<br />
(3) Das Schiedsgericht fällt seine Entscheidung nach Gewährung beiderseitigen<br />
Gehörs bei Anwesenheit aller seiner Mitglieder mit einfacher Stimmenmehrheit. Es<br />
entscheidet nach bestem Wissen und Gewissen. Seine Entscheidungen sind<br />
vereinsintern endgültig.<br />
§ 17: Freiwillige Auflösung des Vereins<br />
(1) Die freiwillige Auflösung des Vereins kann nur in einer eigens zu diesem Zweck<br />
einberufenen außerordentlichen Generalversammlung und nur mit<br />
Zweidrittelmehrheit der anwesenden gültigen Stimmen beschlossen werden.<br />
(2) Diese Generalversammlung hat auch – sofern Vereinsvermögen vorhanden ist –<br />
über die Abwicklung zu beschließen. Insbesondere hat sie einen Abwickler zu berufen<br />
und Beschluss darüber zu fassen, wem dieser das nach Abdeckung der Passiven<br />
verbleibende Vereinsvermögen zu übertragen hat. Dieses Vermögen ist,<br />
gemeinnützigen Organisationen zuzufallen, die gleiche oder ähnliche Zwecke<br />
wie dieser Verein verfolgen.<br />
(3) Es darf keine Ausschüttung von Vereinsvermögen an Mitglieder erfolgen, von<br />
Mitgliedern geleistete Einlagen werden jedoch rückerstattet.<br />
(4) Der letzte Vereinsvorstand hat die freiwillige Auflösung binnen vier Wochen nach<br />
Beschlussfassung der zuständigen Vereinsbehörde schriftlich anzuzeigen.<br />
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