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BfN-Forschungsprojekt:<br />
Implementation von Naturschutz: Naturschutzstandards<br />
Institutionelle Gestaltungsoptionen zur<br />
"Standardisierung im Naturschutz"<br />
2003-03-04<br />
erstellt im Rahmen des<br />
UFOPLAN 2001 – Forschungs- und Entwicklungsvorhaben des Bundesamtes für Naturschutz:<br />
Implementation von Naturschutz: Naturschutzstandards (FKZ 801 82 080)<br />
im Auftrag der<br />
Fachhochschule Darmstadt<br />
Sonderforschungsgruppe<br />
Institutionenanalyse – <strong>sofia</strong><br />
www.<strong>sofia</strong>-darmstadt.de<br />
Leitung des Gesamtprojektes:<br />
Kilian Bizer und Martin Führ<br />
1<br />
von<br />
Martin Führ und<br />
Dipl.Soz. Cornelia Becker<br />
<strong>sofia</strong> Darmstadt<br />
Sonderforschungsgruppe<br />
Institutionenanalyse – <strong>sofia</strong><br />
www.<strong>sofia</strong>-darmstadt.de
Sonderforschung Institutionenanalyse<br />
Institutionelle Gestaltungsoptionen<br />
Inhalt<br />
1 Einleitung 3<br />
1.1 Begriffsbestimmung 3<br />
1.2 Wirkungsbedingungen für nicht-staatliche Standardisierungen 4<br />
2 Entwicklung von Kriterien 5<br />
2.1 Prozedurale Kriterien 5<br />
Prozedurale Kriterien in Kurzform: 6<br />
2.2 Organisationsbezogene Kriterien 7<br />
Organisationsbezogene Kriterien in Kurzform: 7<br />
3 Gestaltungsoptionen 8<br />
3.1. Bundesweit beim DIN 8<br />
3.2 Eigenständige "Agentur" (in Kooperation mit DIN) 9<br />
3.3 Föderale Struktur (angelehnt an LANA) 10<br />
3.4 Gemeinsame Organisation 11<br />
3.5 Anwendung der Kriterien 11<br />
4 Hinweise zum Umgang mit dem Kriterienraster 13<br />
5 Literatur 14<br />
2
1<br />
Einleitung<br />
Die zweite Projektphase dient dazu, konkrete Vorschläge zu erarbeiten, in welchen<br />
Standardisierungsbereichen eine exemplarische Erprobung des Konzeptes sinnvoll erscheint.<br />
Darzustellen ist hier der erforderliche institutionelle Rahmen, also vor allem die noch zu<br />
schaffenden Randbedingungen1, die für einen erfolgreichen Standardisierungsprozess<br />
gegeben sein müssen. Im Rahmen der zweiten Projektphase wird zunächst der<br />
Standardisierungsbedarf einschließlich der normativen, administrativen oder<br />
programmatischen Anknüpfungspunkte dargestellt. Anschließend sind die organisatorischinstitutionellen<br />
Gestaltungsoptionen aufzuzeigen (siehe die Überblicksgraphik).<br />
Aufgabe dieses Papiers ist es, Gestaltungsoptionen für eine "Standardisierung im<br />
Naturschutz" aufzuzeigen und Kriterien zu entwickeln, anhand derer im weiteren<br />
Projektfortgang eine Auswahl unter den verschiedenen Optionen erfolgen soll. Es geht nicht<br />
darum, bereits jetzt Zeitpunkt diese Auswahl vorzunehmen; vielmehr ist – auch unter<br />
Berücksichtigung der Einschätzungen der jeweils relevanten Akteure – die Auswahl dann zu<br />
einem späteren Zeitpunkt zu treffen und im Hinblick auf die Kriterien zu begründen. Weil es<br />
zumindest zu einer „Kooperation“ zwischen den Standardisierungsaktivitäten in der<br />
„Naturschutz-Säule“ und denen bei DIN/CEN kommen wird, sind die Kriterien auch die „DIN-<br />
Säule“ relevant.<br />
Nach einer kurzen Begriffsbestimmung werden die Wirkungsbedingungen für nicht-staatliche<br />
Organisationen dargestellt. Danach folgt die Zusammenfassung der prozeduralen und<br />
organisatorischen Kriterien zur Gestaltung von Institutionen. Darauf aufbauend werden<br />
alternative Standardisierungs-Organisationen beschrieben, unter denen ausgewählt werden<br />
kann. Danach folgen die Anforderungen an die einzelnen Alternativen.<br />
1.1 Begriffsbestimmung<br />
Eine Organisation bezeichnet ein soziales Gebilde, welches drei Hauptmerkmale hat:<br />
Das Prinzip der Freiwilligkeit der Klientenschaft, was bedeutet, dass die Mitglieder freiwillig<br />
der Organisation angehören, die freie Gestaltbarkeit von Strukturen und Prozessen und die<br />
freie Zwecksetzung. Damit ist eine Organisation grundsätzlich selbstverantwortlich gestaltbar.<br />
Institutionen werden im alltagssprachlichen Gebrauch oft mit Organisationen gleichgesetzt.<br />
Der hier verwendete Institutionenbegriff weicht davon ab. Institutionen sind Spielregeln, die<br />
sich Gruppen und Individuen geben, um bestimmte Ziele zu erreichen. Institutionen umfassen<br />
somit sowohl rechtliche Regelwerke als auch Regeln in Organisationen bis hin zu<br />
stillschweigenden Konventionen (vgl. <strong>sofia</strong> 2002). Institutionen sind also<br />
Vermittlungsinstanzen, welche bestimmte Werte und Normen verbindlich machen. Sie<br />
regulieren soziale Vorgänge innerhalb einer Organisation, indem sie zu<br />
Selbstbeschränkungen motivieren. In jeder Organisation sind bestimmt institutionelle Regeln<br />
wirksam; teils sind diese formalisiert (in den rechtlichen Rahmenbedingungen, in dem<br />
„Binnenrecht“ der Organisation – etwa Arbeitsanweisungen, Zuständigkeits- und<br />
Kompetenzregeln); zu einem erheblichen Teil sind die Regeln informeller Natur.<br />
Organisationen bringen also Institutionen hervor, können Institutionen auch (nach innen und<br />
außen) vermitteln und fortentwickeln. In diesem Sinne ist im Folgenden nach einer (oder<br />
mehreren) geeigneten „Standardisierungs-Organisationen“ zu suchen. Die internen und<br />
externen Regeln, nach denen die Standardisierung abläuft (wer wirkt mit, was ist Gegenstand<br />
3
Sonderforschung Institutionenanalyse<br />
Institutionelle Gestaltungsoptionen<br />
des Verfahrens, wie sind die Spielregeln des Verfahrens) sind der „institutionelle Rahmen“,<br />
der zu definieren ist.<br />
1.2 Wirkungsbedingungen für nicht-staatliche Standardisierungen<br />
Wie das Merkmal einer Organisation schon nahe legt, ist die Voraussetzung für den Erfolg<br />
der angestrebten Standardisierung nicht (hierarchischer) Zwang, sondern die freiwillige<br />
Folgebereitschaft der Akteure. Bei der privaten Normung sind allerdings nur partikulare<br />
Gruppen beteiligt. Dies wirft die Frage auf, inwieweit private ausgehandelte Vorgaben dem<br />
öffentlichen Interesse entsprechen können oder ob nicht die gesetzliche Regelung<br />
vorzuziehen ist. Denn man kann einerseits die verbandliche Normung als Ausfüllung von<br />
bestehenden Gesetzen sehen oder als einseitigen Einfluss auf Rechtsanwendung<br />
(Lobbyismus) interpretieren. Das Verhältnis zwischen rechtlicher und privater Normung ist<br />
nicht abschließend geklärt. Nicht-staatliche Standards entfalten jedoch in der Regel eine<br />
"faktische Bindungswirkung", die in ihrer Grundrechtsrelevanz durchaus die Intensität<br />
hoheitlicher Vorgaben erreichen kann. Daraus ergeben sich Verfahrensanforderungen, die es<br />
den "Betroffenen" ermöglichen, für eine Berücksichtigung ihrer Belange im<br />
Standardisierungsverfahren einzutreten (siehe Führ et al. 1995) Die Aufgabe besteht darin,<br />
einerseits die Vorteile eines flexiblen, nicht-staatlichen Verfahrens zu erhalten, andererseits<br />
aber die im Gemeinschaftsrecht und im Grundgesetz verankerten "Essentialia" des<br />
demokratischen Rechtstaates zu wahren. Die Randbedingungen oder Spielregeln müssen<br />
definiert werden, damit beide Seiten miteinander kooperieren und voneinander profitieren<br />
können.<br />
4
2<br />
Entwicklung von Kriterien<br />
2.1 Prozedurale Kriterien<br />
Die rechtlichen Kriterien an Normungsinstitutionen leiten sich aus grundrechtlich gebotenen<br />
fairen Verfahrensregeln ab. Da der Staat Regelungs- und Ausfüllungskompetenz an eine<br />
private Organisation delegiert, ist darauf zu achten, dass das Demokratie-, das Rechtstaats-<br />
und das Sozialstaatsprinzip Geltung hat. Die faktische Wirkung privater Standards ist relevant<br />
für die Grundrechte (etwa der Produkthersteller, der Verbraucher, der Vorhabenträger).<br />
Deshalb sind – analog zum „richtigen“ Gesetzgebungsverfahren - bestimmte prozedurale<br />
Vorkehrungen zu treffen, die einen „Grundrechtsschutz durch Verfahren“ sicherstellen.<br />
Weitere Anforderungen ergeben sich aus dem Demokratie-Grundsatz der Verfassung (Art. 20<br />
GG). Aus beidem resultiert die Forderung an das Verfahren, dieses so auszugestalten, dass<br />
die „Intention auf Gemeinwohlrichtigkeit“ (Denninger 1990) möglichst weitgehend gewahrt<br />
bleibt. Die Ausrichtung der Verfahrensgestaltung sollte daher am Gemeinwohl orientiert sein.<br />
Eine bloße Beteiligungsmöglichkeit am Normungsprozess reicht nicht aus. Vielmehr ist eine<br />
Angleichung der tatsächlichen Voraussetzungen der Akteure zur Inanspruchnahme ihrer<br />
Rechte vorzunehmen Dem dient es, wenn in das Verfahren nicht nur eine Sichtweise,<br />
sondern „Kontrastinformationen“ eingebracht werden können, was voraussetzt, dass<br />
Akteure in der Lage sind, diese Kontrastinformationen zu erarbeiten und ihnen auch im<br />
Verfahren Geltung zu verschaffen. (vgl. Führ et al., 1995, S.10 ff.). Anforderungen an das<br />
Verfahren setzen sich aus den Rechten auf Anhörung, auf Auskunft, ausreichende<br />
Unterrichtung, sachkundige Vertretung und ausreichende Begründung der Entscheidung<br />
zusammen. Die Kriterien für die Normungsinstitution schließen daran an. Im Verfahren muss<br />
darauf geachtet werden, dass die interessierten Kreise frühzeitig beteiligt werden, ein<br />
Scoping auf Umwelt- und Naturschutzrelevanz eingerichtet, und den Minderheiten<br />
besondere Verfahrensrechte eingeräumt werden. Verschiedene Interessen und Perspektiven<br />
sollten Raum haben. Um die ausgewogene Zusammensetzung zu erreichen, muss die<br />
Möglichkeit der Meinungserarbeitung bestehen und die Vertretung auch diffuser Interessen<br />
sachkundig ablaufen. Allgemein sollte der Verfahrensstand transparent sein. Dazu gehört<br />
auch, dass Entscheidungen und Voten dokumentiert und begründet werden. Wichtig für die<br />
Ergebniskontrolle ist eine Regelung, wie, wie häufig und durch wen (bspw. KU oder – bei<br />
CEN-Normen auf der Grundlage einer EG-Richtlinie und eines entsprechenden<br />
Normungsmandates – Europaparlament oder Europäische Kommission) kontrolliert wird.<br />
Inhaltliche Kriterien für die Prüfung sind vorher festzulegen (Prüfungskatalog). Eine<br />
weitgreifende Verfahrensanforderung wäre, das Einspruchsrecht auf jedermann<br />
auszudehnen, so dass im Einzelfall die Normungsergebnisse erneut überprüft werden<br />
müssen.<br />
5
Sonderforschung Institutionenanalyse<br />
Institutionelle Gestaltungsoptionen<br />
Prozedurale Kriterien in Kurzform:<br />
1. Verfahrensablauf<br />
• Frühzeitige Beteiligung aller interessierten Kreise<br />
• Scoping auf Umwelt- und Naturschutzrelevanz<br />
• Besondere Verfahrensrechte der Minderheit<br />
2. Ausgewogene Zusammensetzung<br />
• Interessenpluralismus<br />
• Perspektivenpluralismus<br />
• Möglichkeit der Meinungserarbeitung<br />
• Sachkundige Vertretung auch „diffuser“ Interessen<br />
3. Transparenz<br />
• Allgemein zugängliche Information über Verfahrensstand und - planung<br />
• Dokumentation der Entscheidungsfindung<br />
• Begründung der getroffenen Festlegungen<br />
• Dokumentation von Minderheitenvoten<br />
4. Ergebniskontrolle<br />
• Abstrakte Normenkontrolle auf Naturschutzaspekte<br />
• Inzidente Überprüfung im Einzelfall<br />
• Periodische Überprüfung nach einem Prüfungskatalog<br />
6
2.2 Organisationsbezogene Kriterien<br />
Voraussetzung für die Neubildung oder erfolgreichen Ausbau einer Organisation ist die<br />
regelsetzende Kompetenz und Sanktionspotenzial. Dies erfordert externe Stützung durch den<br />
Staat, die überzeugend sein muss. Sanktionsmittel Dritter (Staat, Markt, Öffentlichkeit…)<br />
spielen hierbei ein wichtige Rolle. Die Einflussnahme auf Regelsetzung im Sinne des<br />
Naturschutzes muss staatlich rechtsrelevant sein, wofür handlungsfähige Partner auf<br />
politischer Ebene hilfreich sind. Die vertragliche Verpflichtung auf ein ausreichendes<br />
Schutzniveau ist anzustreben. Normungsinstitutionen erfüllen nur ihren Sinn, wenn sie<br />
mindestens bundesweite, besser europaweite Bindungswirkung bei den entsprechenden<br />
Zielgruppen erlangen, (vgl. Voelzkow, 1994, S. 185). Zusätzlich muss eine Organisation in der<br />
Lage sein, homogene Entscheidungen zu treffen, ohne dass Minderheiten grundsätzlich<br />
übergangen werden. Die entsprechend günstigste organisatorische Voraussetzung ist die<br />
gegenseitige Interdependenz der Akteure. Dies fördert die Kooperationsbereitschaft der<br />
Beteiligten.<br />
Organisationsbezogene Kriterien in Kurzform:<br />
• finanzielle Ressourcen<br />
• externe Stützung<br />
• bundesweit regelsetzende Kompetenz<br />
• Sanktionspotenzial<br />
• vertragliche Regelung mit dem Staat<br />
• Internationale Einbettung<br />
7
Sonderforschung Institutionenanalyse<br />
Institutionelle Gestaltungsoptionen<br />
3<br />
Gestaltungsoptionen<br />
Generell spricht für die Einrichtung einer Institution für naturschutzrelevante<br />
Normungsprozesse, dass nicht im Einzelfall darum gekämpft werden muss, an der Normung<br />
beteiligt zu werden. Dazu müsste jeweils ein hoher Informationsaufwand betrieben werden,<br />
den Einzelne, auch Naturschutzverbände gar nicht leisten können. Der Vorteil bei der<br />
Institutionalisierung liegt in der direkten Beteiligung. Andererseits ist der personelle,<br />
organisatorische und finanzielle Aufwand der Neubildung einer Institution entsprechend<br />
hoch. Daher bietet sich die Überprüfung der bestehenden Organisationen wie DIN/ KU nach<br />
Ausbaupotenzial und die Anlehnung an bereits existierende Strukturen an. Der Abbau von<br />
Berührungsängsten ist in bestehenden Organisationen möglicherweise leichter als in neu zu<br />
schaffenden.<br />
Für die Säule 1 „Standardisierung im Naturschutz“ kommen folgende Organisationsformen<br />
in Betracht:<br />
1. Bundesweit beim DIN (Fortentwicklung der KU und der Verfahrensregeln)<br />
2. Eigenständige bundesweite "Agentur" (in Kooperation mit DIN)<br />
3. Föderale Struktur (angelehnt an LANA 1 , ebenfalls in Kooperation mit DIN)<br />
3.1. Bundesweit beim DIN<br />
Die Vorteile der Institutionalisierung von Naturschutzinteressen beim DIN liegen darin, dass<br />
einige infrastrukturelle Voraussetzungen bereits existieren. So gibt es einen Vertrag mit dem<br />
Staat, der die Zuständigkeit für Normung für das privatrechtliche Institut regelt. Eine<br />
Schutzverpflichtung, die sich auf Umweltschutz und Verbraucherbelange bezieht, könnte um<br />
Naturschutzverpflichtung erweitert werden. Die Verpflichtung, interessierte Kreise zu<br />
beteiligen, ist bereits in der Satzung formuliert. Es gibt Grundregeln und Verfahrensweisen,<br />
an denen man sich orientieren kann. Problematisch ist, dass die Vorteile zum Teil empirisch<br />
nicht haltbar sind. So sind beispielsweise die interessierten Kreise oft gar nicht bekannt oder<br />
Minderheiten werden gruppendynamisch unter Druck gesetzt und sozial isoliert, so dass in<br />
der Regel Machtasymmetrie und einseitige Interessenvertretung vorherrschen.<br />
Vereinbarungen sind häufig schwammig, die mentalen Beharrungskräfte der „Lobby“ oft<br />
nicht argumentativ zugänglich (vgl. Voelzkow, 1994). Die Interdependenz der Akteure ist<br />
nicht vorhanden. Dies bedeutet, dass im Falle dieser Variante der Institutionalisierung<br />
umfangreiche zusätzliche Regelungen (Kriterien siehe oben) für Organisation und<br />
Verfahrensweisen getroffen werden müssten.<br />
1 Die Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung (LANA) ist ein länderübergreifendes<br />
Arbeitsgremium der Umweltministerkonferenz, in dem die Vertreter der obersten Naturschutzbehörden der Bundesländer mit<br />
dem Bund über die Schwerpunktthemen des Naturschutzes beraten und fachliche Grundlage für Beschlüsse zu liefern. Die LANA<br />
kann auch eigene Beschlussvorschläge in die Umweltministerkonferenz einbringen. Eine weitere Aufgabe der LANA ist die<br />
fachübergreifende Zusammenarbeit mit anderen Länderarbeitsgemeinschaften, z. B. der LABO, LAWA und der Arge<br />
Landentwicklung und den Naturschutzverbänden. Wichtig sind der Informationsaustausch zwischen den Ländern und die<br />
Vereinheitlichung der Umsetzung des Naturschutzrechtes. Die ständigen Ausschüsse der LANA haben bestimmte<br />
Aufgabenbereiche.<br />
8
Vorteile: ideell<br />
• keine neue Organisation notwendig<br />
• vertragliche Regelung mit dem Staat schon vorhanden<br />
• bundesweite Regelungskompetenz<br />
• Interessierte Kreise sollen nach der Satzung beteiligt werden<br />
• Schutzverpflichtung bereits vorhanden (Verbraucher, Umwelt)<br />
Probleme: empirisch<br />
Fazit:<br />
• Schutzniveau zu gering oder wird nicht eingehalten<br />
• Interessierte Kreise nicht ausreichend bekannt<br />
• Einseitige Interessensbevorzugung<br />
• Schwammige Vereinbarungen, Informelle Regelungen<br />
• Machtasymmetrie<br />
• Gruppendynamik (soziale Isolation der Minderheiten)<br />
• Evolutionär „stabile“ Strategien (Konventionen)<br />
• Mentale Modelle, Beharrungskräfte<br />
• Fehlende Interdependenzen aller Akteure (Außenseiterbildung)<br />
• nur mit umfangreichen Verfahrensregelungen anwendbar<br />
3.2 Eigenständige "Agentur" (in Kooperation mit DIN)<br />
Ähnliche strukturelle Vorteile hat die kooperative Anbindung an das DIN. Hier können bereits<br />
vorhandene Erfahrungen genutzt werden. Die Normungsdokumente können eingesehen<br />
werden, das Expertenwissen ist bereits institutionalisiert. Vorteile der Einrichtung eines neuen<br />
Gremiums an dieser Stelle liegen in der bundesweiten Kompetenz mit internationaler<br />
Einbettungsmöglichkeit. Die gruppendynamischen Druckmöglichkeiten entfallen, da eine<br />
eigenständige Institution besteht. Problempotenzial besteht in der Unklarheit der<br />
Kompetenzen, der Durchsetzungsfähigkeit und der Schwierigkeit, homogene<br />
Entscheidungen zu treffen. Man könnte die Kooperation mit bereits bestehenden<br />
Organisationen wie Fachverbänden oder dem Bundesamt für Naturschutz mit dem DIN<br />
anstreben und deren Ressourcen nutzen. Beispielsweise gibt es die „Kommission zur<br />
Reinhaltung der Luft“ beim VDI, die Normen „unter dem Dach des DIN“ erarbeitet. Es wäre<br />
allerdings wichtig, Generalisten statt Spezialisten in dieser Organisation zu haben. Die<br />
gegenseitigen Interdependenzen zwischen DIN und dem neuen Gremium müssten geregelt,<br />
die Zusammensetzung gut überlegt und entsprechendes Sanktionspotenzial und klare<br />
Kompetenzen vertraglich eingerichtet werden.<br />
9
Sonderforschung Institutionenanalyse<br />
Vorteile:<br />
Institutionelle Gestaltungsoptionen<br />
• direkter Zugang zu den Dokumenten der Normungsgremien<br />
• Erfahrungen können genutzt werden<br />
• Expertenwissen bereits institutionalisiert<br />
• Bundesweite Kompetenz, Einbettung in internationale Debatten<br />
Probleme:<br />
Fazit:<br />
• eine neue Organisation notwendig<br />
• Unklarheit über Kompetenzen<br />
• Schwierigkeiten homogene Entscheidungen zu treffen<br />
• Fehlende Generalisten anstatt Spezialisten<br />
• Fehlende Durchsetzungsfähigkeit<br />
• Fehlendes Sanktionspotenzial<br />
• Regelung der Kompetenzen usw. mit etwas Aufwand machbar<br />
3.3 Föderale Struktur (angelehnt an LANA 2 )<br />
Auch hier entfallen die gruppendynamischen Druckmöglichkeiten wie im ersten Beispiel, da<br />
eine eigenständige Institution besteht. Problempotenzial besteht ebenfalls in der Unklarheit<br />
der Kompetenzen, der Durchsetzungsfähigkeit und der Schwierigkeit, homogene<br />
Entscheidungen zu treffen. Die Akteure auf Landesebene wären hier entsprechend<br />
motivierbar, während die bundesweite Regelungskompetenz fehlt und sich in dem bereits<br />
bekannten Bund-Länder-Konflikt äußern kann, wenn nicht die Beschränkung auf die<br />
Landesebene von vornherein besteht. Die Kompetenz zur und Koordination der Normung<br />
müssten geregelt, die Zusammensetzung des Gremiums gut überlegt und entsprechendes<br />
Sanktionspotenzial und eingerichtet werden.<br />
2 Die Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung (LANA) ist ein länderübergreifendes<br />
Arbeitsgremium der Umweltministerkonferenz, in dem die Vertreter der obersten Naturschutzbehörden der Bundesländer<br />
mit dem Bund über die Schwerpunktthemen des Naturschutzes beraten und fachliche Grundlage für Beschlüsse zu liefern.<br />
Die LANA kann auch eigene Beschlussvorschläge in die Umweltministerkonferenz einbringen. Eine weitere Aufgabe der<br />
LANA ist die fachübergreifende Zusammenarbeit mit anderen Länderarbeitsgemeinschaften, z. B. der LABO, LAWA und der<br />
Arge Landentwicklung und den Naturschutzverbänden. Wichtig sind der Informationsaustausch zwischen den Ländern und<br />
die Vereinheitlichung der Umsetzung des Naturschutzrechtes. Die ständigen Ausschüsse der LANA haben bestimmte<br />
Aufgabenbereiche.<br />
10
Vorteile:<br />
• Motivation durch Beteiligung der Akteure auf der Landesebene<br />
Probleme:<br />
Fazit:<br />
• Durchsetzungsfähigkeit, Koordination<br />
• Bund-Länder-Konflikt<br />
• Beschränkung auf Landesebene<br />
• Keine internationale Einbettung<br />
• Nur bei Beschränkung auf Länderebene und entsprechende Regel der Kompetenzen<br />
sinnvoll<br />
3.4<br />
Gemeinsame Organisation<br />
Für die gemeinsame Lösung in der bestehenden Organisation spricht zwar die idelle Seite der<br />
bestehenden Grundsätze und Verträge des DIN, die Erfahrung scheint diesen Idealen<br />
allerdings nicht Stand zu halten. Für getrennte (aber kooperierende) Organisationen spricht,<br />
dass es bereits erfolgreiche Beispiele gibt. Die Verfahrensregeln können neu gestaltet<br />
werden, ohne auf die nutzbaren Ressourcen und Erleichterungen verzichten zu müssen. Der<br />
<strong>Mehr</strong>aufwand für die Neugründung einer Organisation müsste noch abgeschätzt werden.<br />
Der Aufwand für die Verfahrensänderungen der bestehenden Organisation wie dem DIN ist<br />
aber ähnlich groß einzuschätzen. Zusätzlich sind Beharrungskräfte zu überwinden, was bei<br />
Neugründung zunächst frei gestaltbar und leichter scheint. Die Kooperation mit dem DIN ist<br />
in jedem Fall als günstig einzuschätzen.<br />
3.5<br />
Anwendung der Kriterien<br />
Einleitung: Die folgende Tabelle fasst die Kriterien für Verfahren und Organisation nochmals<br />
zusammen. Die Tabelle soll die Auswahl unter den drei Optionen erleichtern. Die Bewertung<br />
(nach dem Schlüssel + vorhanden, 0 ausbaufähig, - nicht durchführbar) ist als vorläufige<br />
Einschätzung zu verstehen. Die Einteilung in kooperative und konfrontative<br />
Verfahrenselemente hilft den Eingriff in Abläufe zu beurteilen.<br />
11
Sonderforschung Institutionenanalyse<br />
Institutionelle Gestaltungsoptionen<br />
Tabelle 1: Grundlegenden Kriterien für Normungsorganisation und Verfahrenselemente<br />
Materiell-organisatorische Voraussetzungen<br />
12<br />
DIN Zentrale<br />
Agentur<br />
Föderale<br />
Struktur<br />
finanzielle Ressourcen + 0 +<br />
externe Stützung + + +<br />
bundesweit regelsetzende Kompetenz + + -<br />
Sanktionspotenzial + 0 -<br />
vertragliche Regelung mit dem Staat + 0 0<br />
Internationale Einbettung + + -<br />
Kooperative Verfahrenselemente<br />
Frühzeitige Beteiligung aller interessierten Kreise 0 + +<br />
Ausgewogene Zusammensetzung 0 0 0<br />
Perspektiven- und Interessenpluralismus - 0 0<br />
Möglichkeiten der Meinungserarbeitung 0 + -<br />
Sachkundige Vertretung auch „diffuser“ Interessen 0 + -<br />
<strong>Mehr</strong>heitsentscheidungen + + +<br />
Transparenz: Allgemein zugängliche Information über<br />
Verfahrensstand und – planung<br />
Konfrontative Verfahrenselemente<br />
Scoping-Verpflichtung auf Umwelt- und<br />
Naturschutzrelevanz<br />
Besondere Verfahrensrechte der Minderheiten, Regeln für<br />
kompensatorische Intervention<br />
Transparenz: Dokumentation des Verfahrens, der<br />
Entscheidungsfindung und der Minderheitenvoten<br />
0 + 0<br />
- + 0<br />
- 0 0<br />
0 0 0<br />
Begründungspflicht der getroffenen Festlegungen - 0 0<br />
Ergebniskontrolle: Normenkontrolle auf<br />
Naturschutzaspekte<br />
Periodische Überprüfung und im Einzelfall<br />
(Prüfungskatalog)<br />
Tabelle 1: Grundlegenden Kriterien für Normungsorganisation und Verfahrenselemente<br />
- 0 0<br />
0 0 0
4<br />
Hinweise zum Umgang mit dem Kriterienraster<br />
Bei der Bearbeitung in Stufe B kommt es darauf an, die Vor- und Nachteile der verschiedenen<br />
Gestaltungsoptionen genauer zu beschreiben. Wo dies nicht aus eigener Kenntnis möglich<br />
ist, kommen Experteninterviews (bzw. ggf. auch –workshops) zum Einsatz. Ziel ist es, die<br />
organisatorisch-institutionellen Gestaltungsoptionen detailliert aufzuzeigen, also vor allem die<br />
noch zu schaffenden Randbedingungen1, die für einen erfolgreichen Standardisierungsprozess<br />
gegeben sein müssen.<br />
In den weiteren Diskussionen war zu klären:<br />
1. Ob Veränderungen an den Kriterien erforderlich sind<br />
2. Ob sich nach den Einschätzungen der übrigen BearbeiterInnen (sowie auf der<br />
Grundlage der Gespräche mit Experten und Akteuren) die Bewertung zu verändern<br />
ist.<br />
13
Sonderforschung Institutionenanalyse<br />
Institutionelle Gestaltungsoptionen<br />
5<br />
Literatur<br />
Hauchler, Ingomar, 2002: Globale Trends. Fakten, Analysen, Prognosen, Frankfurt a. M.<br />
Fischer<br />
Führ, Martin, et al., 1995, Reform der europäischen Normungsverfahren, Forschungsbericht<br />
Sofia Diskussionsbeiträge 2002, Liste der Veröffentlichungen<br />
Voelzkow, Helmut, 1994, Verhandlungssysteme zwischen organisierten Interessen und Staat<br />
14