Flyer Seilbahn - SSB
Ein Denkmal raffinierter Mobilität
In vier Minuten vom hektischen Großstadttrubel mitten in die
ruhigste Waldidylle … die Fahrt mit der Stuttgarter Standseilbahn ist
immer ein Erlebnis. Die ungewöhnliche Verbindung von Heslach zum
Stuttgarter Waldfriedhof wurde 1929 erstmals in Betrieb genommen.
Die beiden Wagen, die nach dem Gewichtsausgleichsprinzip
nahezu geräuschlos betrieben werden, sind noch heute weitestgehend
im Originalzustand und wurden zum 75-jährigen Jubiläum
feinfühlig restauriert. Waren es früher hauptsächlich Besucher des
Waldfriedhofes, die das ungewöhnliche Transportmittel nutzten
(daher der augenzwinkernde Name „Erbschleicherexpress“), so bilden
heute auch Wandergruppen, technikbegeisterte Familien, Schulklassen
und Touristen ihr typisches Publikum.
Durch die Einführung neuer internationaler Vorschriften für Seilbahnen
musste der Fortbestand der Standseilbahn 2003 zunächst
einmal in Frage gestellt werden – schließlich waren dadurch umfangreiche
Renovierungsarbeiten notwendig geworden. Dann aber wurde
doch beschlossen, dieses faszinierende Transportmittel zu erhalten,
und in Zusammenarbeit mit den Denkmalbehörden ein neues
Konzept der „sanften“ Modernisierung erarbeitet. Dadurch wurde
die Heslacher Seilbahn zur ersten EU-zertifizierten Seilbahn Europas.
Seither, behutsam erneuert, ist der Fortbestand der Stuttgarter
Standseilbahn für die nächsten Jahrzehnte technisch gesichert.
Der Heslacher Blaustrümpflerweg
– ein Rundwanderweg mit
Seilbahn und Zahnradbahn
Einer Legende nach wurde der württembergische
Herzog Ulrich auf der
Flucht aus Stuttgart anno 1518 von
den Heslachern verraten. Als er zurückkehrte,
mussten die Heslacher zur
Strafe sonntags zum Kirchgang blaue
Strümpfe tragen – daher ihr Neckname
„Blaustrümpfler“. In herrlicher Höhenlage
führt der Blaustrümpflerweg des
Schwäbischen Albvereins (Ortsgruppe
Heslach) rund um Heslach.
Sein Verlauf: Marienplatz (Talstation
der Zahnradbahn), Karlshöhe, Hasenbergsteige,
Blauer Weg, Ziegelklinge,
Talstation Seilbahn (Südheimer Platz),
Fahrt mit der Seilbahn, Bergstation
Seilbahn (Waldfriedhof), Dornhaldenfriedhof,
Haigst (Degerloch), Fahrt mit
der Zahnradbahnzurück zur Talstation
am Marienplatz. Wegstrecke ca. 10 km,
Gehzeit ca. 2,5 - 3 Std.
Fahrplan:
Täglich, Südheimer Platz / Waldfriedhof.
Erste Fahrt ist um 9.10 Uhr, dann alle
20 min. Letzte Fahrt ist um 17.50 Uhr
(an Heiligabend um 17.10 Uhr). Tarif:
Es gelten die Tickets des Verkehrs- und
Tarifverbunds Stuttgart (VVS). Fahrscheine
gibt es an den Automaten der
Tal- und Bergstation.
Stuttgarter Straßenbahnen AG
Schockenriedstraße 50
70565 Stuttgart
Telefon: 0711.7885-3333
Fax: 0711.7885-7777
service@mail.ssb-ag.de
www.ssb-ag.de
Mat. 6036285
Die „Zacke“
Die Stuttgarter Seilbahn
Stuttgarts schönste schräge Sache
Ihre beiden Wagen sind immer gleichzeitig unterwegs – aber nie
treffen sie auf dem gleichen Gleis zusammen. Wie schnell oder langsam
sie sich auch bewegen – stets haben sie die gleiche Geschwindigkeit.
Egal, ob die Wagen aufeinander zufahren oder sich entfernen
– am Seil haben sie den gleichen Abstand. Die Weichen der Bahn
werden abwechselnd in verschiedenen Richtungen befahren – aber
sie müssen nicht umgestellt werden. Mal fahren die Wagen links
aneinander vorbei, mal rechts – aber immer mit System. Ständig
überwinden ihre Wagen einen enormen Höhenunterschied – aber die
Bahn braucht fast keine Energie.
Was ist das für eine Bahn?
Es ist eine Standseilbahn ...
Fortschrittlich, wirtschaftlich und zeitlos schön
Bei ihrer Eröffnung war die Stuttgarter Seilbahn die erste in-
Deutschland mit automatischer Steuerung: Die Wagenbegleiter drücken
zur Abfahrt nur eine Taste, alles andere geht dann von alleine.
Einen Maschinisten am Fahrpult brauchte es deshalb nicht. Und sie
war die schnellste Bahn ihrer Art. Auch der Fahrscheinverkauf ging
von Anfang an „automatisch“: durch Stuttgarts erste Fahrscheinautomaten,
die es nur bei der Seilbahn gab. Denn die SSB wollten
nicht nur eine moderne Bahn: Nur durch die eingesparten Personalkosten
für Schaffner und Maschinisten war der Betrieb überhaupt
finanzierbar. 1929 herrschte Wirtschaftskrise!
Kostendeckend konnte die Bahn nie fahren, aber bis heute ist sie
dennoch das effektivste und wirtschaftlichste öffentliche Verkehrsmittel
für den Betrieb zum Waldfriedhof und deshalb unersetzbar.
Die hügelige und kurvige Streckenführung ist absichtlich gewählt
worden: Die Baukosten sollten niedrig sein, und man wollte – ganz
ökologisch – den Wald möglichst schonen und die Bahn unauffällig
in die Landschaft einfügen.
Übliche Schienenfahrzeuge wären 1929 äußerlich schon wesentlich
moderner und eleganter gestaltet worden als die eckigen Teakholzwagen
der Seilbahn. Und der puristische und sparsame Bauhausstil
der beiden Stationsgebäude wäre bei einer Touristik- und Ausflugsbahn
sicherlich festlicher ausgefallen. Aber die Baulichkeiten nüchtern,
die Wagen in der tröstlich-heimeligen „Holzklasse“, dies hat sich bis
heute als treffend und zeitlos erwiesen und war und ist einer „Friedhofsbahn“
wohl überlegt und angemessen.
Antrieb Elektromotor in der Bergstation im neuen Anbau;
400 V Spannung, 110 kW Leistung; Drehstrom-
Asynchronmotor, 1.418 U / min; 2-rillige Treibscheibe
(2.800 mm Durchmesser), 2-rillige Umlenkscheibe,
waagerecht gelagert
Bauart Standseilbahn (Schienenseilbahn)
Baujahr 1929
Bremsen elektrische Widerstandsbremse (Motorbremse);
Windwerk: 1 Scheibenbremse (Betriebsbremsen),
3 Scheibenbremsen auf die Treibscheibe (Sicherheitsbremse);
Fahrzeuge: 2 Zangenbremsen (Fangbremsen),
hydraulische Auslösung je nach Last,
Steigung, Tempo
Förderleistung maximal 75 Personen pro Wagen (22 Sitzplätze, 52
Stehplätze, 1 Begleiterplatz) pro Stunde maximal
ca. 8 bis 9 Fahrten
Fahrgäste höchste Tagesleistung war am 23.11.1930 mit
6.671 Personen
Fahrtzeit 4 Minuten; Abfahrt täglich 9.10 Uhr bis 17.50 Uhr
Geschwindigkeit maximal 3,1 m/s (ca. 11 km/h)
Höhendifferenz 87 m
Neigung 28,2 % (steilste SSB-Schienenstrecke)
Personal 2 Personen (1 Begleiter pro Wagen)
Höhenlage Talstation 297 m, Bergstation 382 m
Sicherheit tägliche Funktionsprüfung der Anlage (vor Betriebsbeginn)
als Grundprüfung; vierteljährliche
Seilprüfung; jährliche Prüfung der Gesamteinrichtung
mit Seilprüfung auf die 10-fache Belastbarkeit
Spurweite 1.000 mm (Meterspur, wie frühere SSB-Straßenbahn)
Stahlseil kombinierte Zugseil-Gegenseil-Anordnung, Umlenkung
in beiden Stationen, Wagenbewegung
unabhängig von der Schwerkraft durch Seilzug;
Seillänge Zugseil: ca. 600 m; Durchmesser: 35 mm;
Masse: gesamt ca. 3,43 t; Gegenseil: Durchmesser
18 mm
Steuerung elektronische, selbstüberwachende speicherprogrammierbare
Steuerung; Signalübertragung über
Linienleiter im Gleis
Streckenlänge 536 m, 1 Ausweiche
Stromleitung Frühere Signalleitung heute als Baumfallmelder
durch Stromkreisunterbrechung, Stromschiene in
den Stationen, für Batterieversorgung der Wagen
und Frischstrom- und Speicherheizung
Wagen 2 (einer an jedem Ende des Zugseiles),
Maße: 9.800 mm Länge, 2.200 mm Breite,
7.800 kg Leergewicht, 13.425 kg Gesamtgewicht
Chronik der Stuttgarter Standseilbahn
1914 Eröffnung des Stuttgarter Waldfriedhofs
1928 Einrichtung der Buslinie „W“ zum Waldfriedhof durch die
Stuttgarter Kraftwagenlinien-Gesellschaft SKG Baubeschluss
für die Standseilbahn
1929 Bau der Seilbahn (von März bis September)
30. Oktober: offizielle Einweihung, wegen fehlerhaften
Motors jedoch kurzfristig wieder außer Betrieb
17. November: Aufnahme des dauerhaften Betriebs
19. November: Einstellung der Buslinie „W“
1951 19. November: erste Fahrt werktags statt um 9 Uhr bereits
um 6.30 Uhr „für Berufspendler“
1986 Einstufung als Kulturdenkmal nach § 2 des Landesdenkmalschutzgesetzes
1999 26. Dezember: starke Beschädigung des Wagens Nr. 1
durch den Orkan Lothar; Bahn außer Betrieb
2000 9. Februar: Bahn wieder im Einsatz
2003 2. November: Einstellung des Betriebs, Beginn der Sanierungs-
und Umbauarbeiten
2004 24. Juli: Wiederinbetriebnahme mit neuer Antriebstechnik
30. Oktober: Jubiläum „75 Jahre Seilbahn“
Wie funktioniert die Seilbahn? Wo sind die Gräber berühmter
Persönlichkeiten auf dem Waldfriedhof?
Lebens-Linien: Die Besucherführung der SSB zu Seilbahn und
Waldfriedhof. Jeden 1. Sonntag von Mai bis Oktober.
Anmeldung: SSB-Pressestelle, Tel. 0711.7885-2687