24.03.2013 Aufrufe

Programmheft - Badisches Staatstheater Karlsruhe

Programmheft - Badisches Staatstheater Karlsruhe

Programmheft - Badisches Staatstheater Karlsruhe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Ganz unverhofft kommt oft das Glück,<br />

Wahnst du es fern, so ist es nah,<br />

du denkst voll sehnsucht sein zurück,<br />

und plötzlich, plotzlich ist es da!


der vetter aus dinGsda<br />

Operette in drei Akten von Eduard Künneke<br />

Text von Hermann Haller und Rideamus<br />

nach einem Lustspiel von Max Kempner-Hochstädt<br />

Julia de Weert veronika pfaffenzeller /<br />

ina schlinGensiepen<br />

Hannchen christina Bock * / lydia leitner *<br />

August Kuhbrot, der erste Fremde steven eBel / seBastian kohlhepp<br />

Roderich de Weert, der zweite Fremde andreW finden / armin kolarczyk<br />

Joseph Kuhbrot, Julias Vormund ks. tero hannula a. G. /<br />

ks. hans-JörG Weinschenk<br />

Wilhelmine Kuhbrot, seine Frau reBecca raffell / stefanie schaefer<br />

Egon von Wildenhagen florian kontschak * /<br />

max friedrich schäffer *<br />

Diener Hans dominik Büttner a. G. /<br />

eric rentmeister a. G.<br />

Diener Karl dominik Büttner a. G. /<br />

frank Wöhrmann a. G.<br />

Doppelbesetzungen in alphabetischer Reihenfolge<br />

* Opernstudio<br />

Musikalische Leitung florian ziemen<br />

Nachdirigat steven moore<br />

Regie Bernd mottl<br />

Bühne friedrich eGGert<br />

Kostüm alfred mayerhofer<br />

Choreografie otto pichler<br />

Licht rico Gerstner<br />

Dramaturgie raphael rösler<br />

statisterie des staatstheaters karlsruhe<br />

Badische staatskapelle<br />

premiere 8.12.12 Grosses haus<br />

Aufführungsdauer ca. 2 ½ Stunden, eine Pause<br />

Aufführungsrechte: Dreiklang-Dreimasken Bühnen- und Musikverlag GmbH München –<br />

G. Ricordi & Co., Bühnen- und Musikverlag GmbH, München<br />

1


Abendspielleitung eva schuch Regieassistenz eva schuch, christine hüBner<br />

Musikalische Assistenz miho uchida, Justus thorau, Julia simonyan, steven<br />

moore, klaus Walz, peter sommer Studienleitung Jan roelof Wolthuis<br />

Sprachcoach cornelia matthes Bühnenbildassistenz silvia maradea<br />

Kostümassistenz kim lotz Übertitel daniel rillinG Soufflage anGelika pfau, anGela<br />

pfützenreuter Inspizienz GaBriella muraro Leitung der Statisterie ursula<br />

leGeland<br />

Technische Direktion harald fasslrinner, ralf haslinGer Bühneninspektor rudolf<br />

BilfinGer Bühne stephan ullrich, marGit WeBer Leiter der Beleuchtungsabteilung<br />

stefan Woinke Leiter der Tonabteilung stefan raeBel Ton huBert BuBser,<br />

BenJamin WolfGarten Leiter der Requisite WolfGanG feGer Werkstättenleiter<br />

Guido schneitz Malsaalvorstand dieter moser Leiter der Theaterplastiker ladislaus<br />

zaBan Schreinerei rouven Bitsch Schlosserei mario Weimar Polster- und<br />

Dekoabteilung ute WienBerG<br />

Kostümdirektorin doris hersmann Gewandmeister/in Herren petra annette<br />

schreiBer, roBert harter Gewandmeisterinnen Damen tatJana Graf, karin<br />

Wörner, annette Gropp Waffenmeister michael paolone Schuhmacherei thomas<br />

mahler, BarBara kistner, Gülay yilmaz Modisterei diana ferrara, Jeanette<br />

hardy Chefmaskenbildner raimund ostertaG Maske frei kaufmann, dorothee<br />

sonntaG-molz, sotirios noutsos<br />

Wir danken<br />

der Privatbrauerei Hoepfner für die Unterstützung der Premierenfeier.<br />

2 Eric Rentmeister, Christina Bock, Frank Wöhrmann


erBschleicherkomödie<br />

zum inhalt<br />

1. akt<br />

Die Vollwaise Julia de Weert lebt mit ihrem<br />

Onkel Josef Kuhbrot, genannt Josse, und<br />

seiner Frau Wilhelmine, genannt Wimpel,<br />

auf dem Schloss ihrer verstorbenen Eltern.<br />

Josse verprasst nicht nur Julias Erbe,<br />

das er als Vormund bis zu ihrer Volljährigkeit<br />

verwaltet, sondern möchte Geld und<br />

Schloss samt Dienerschaft auch längerfristig<br />

an sich binden. Damit das Vermögen<br />

in der Familie bleibt, hat er seinen Neffen<br />

August Kuhbrot, den er nur als Kleinkind zu<br />

Gesicht bekommen hat, herbestellt, um ihn<br />

Julia als zukünftigen Ehemann schmackhaft<br />

zu machen. Julia jedoch hat ihr Herz bereits<br />

an Vetter Roderich, ihre alte Jugendliebe,<br />

verschenkt, der vor sieben Jahren nach<br />

„Dingsda“ bzw. Batavia ausgewandert<br />

ist. Beflügelt von ihrer allabendlichen<br />

Korrespondenz mit ihm über den Mond als<br />

Vermittler, wartet sie sehnsüchtig auf seine<br />

Rückkehr. Landratssohn Egon von Wildenhagen,<br />

der es ebenfalls auf Julia und ihr<br />

4<br />

Vermögen abgesehen hat, übermittelt ihr<br />

– nicht ganz uneigennützig – die freudige<br />

Nachricht, dass sie vom Gericht vorzeitig<br />

für volljährig erklärt wurde und somit nicht<br />

mehr unter der Vormundschaft ihres unliebsamen<br />

Onkels steht. Als ein Fremder<br />

im Schloss auftaucht, machen sich Julia,<br />

Hannchen und die beiden Diener Hans und<br />

Karl zur Feier des Tages einen großen Spaß<br />

mit ihm und lassen ihn anschließend im<br />

Zimmer von Julias verschollenem Bruder<br />

Kurt übernachten.<br />

2. akt<br />

Der Fremde, der sich kurzfristig in Julia<br />

verguckt hat, freut sich über die unverhoffte<br />

Gastfreundschaft und kostet sie auch am<br />

nächsten Morgen weiter aus. Als er von<br />

Hannchen erfährt, dass Julia sehnsüchtig<br />

auf die Wiederkehr ihrer großen Liebe


Roderich wartet, gibt er sich als dieser aus.<br />

Josse und Wimpel staunen, als sie den<br />

Fremden am Frühstückstisch erblicken und<br />

erfahren, dass „Roderich“ aus Batavia zurückgekehrt<br />

ist. Josse sieht das Erbe dahinschwinden<br />

und lässt zum wiederholten Male<br />

nach seinem Neffen August fragen, der<br />

schon längst im Wirtshaus in der Nähe des<br />

Schlosses angekommen sein sollte. Egon<br />

taucht erneut auf, diesmal mit einem Telegramm<br />

vom deutschen Konsulat in Batavia,<br />

das besagt, dass sein Konkurrent Roderich<br />

erst vor sechs Wochen in Batavia aufgebrochen<br />

und eine recht zwielichtige Person<br />

sei. Zu seiner Überraschung wird er diesem<br />

sogleich vorgestellt. Als Julia seiner Warnung<br />

trotzt, lässt Egon die Angelegenheit<br />

nicht auf sich beruhen: Wenig später belegt<br />

er mit einem weiteren Telegramm, dass das<br />

Schiff des Vetters Roderich erst heute im<br />

Hafen gelandet sei und also noch gar nicht<br />

im Hause de Weert angekommen sein kann.<br />

Der Schwindel des vermeintlichen Roderich,<br />

der seine Identität immer noch nicht zu erkennen<br />

geben möchte, fliegt auf und er wird<br />

von Julia vor die Tür gesetzt.<br />

3. akt<br />

Während der falsche Roderich das Schloss<br />

verlässt, betritt ein zweiter Fremder die<br />

Szene, der sich mit Hannchen bestens versteht.<br />

Wie sich herausstellt, handelt es sich<br />

diesmal um den wahren Roderich, der seine<br />

Verwandten besuchen möchte. Anders als<br />

Julia kann er sich nur sehr schwach an die<br />

frühere Liebelei erinnern und verlobt sich<br />

stattdessen mit Hannchen. Als der erste<br />

Fremde, der sich als der von Josse sehnlichst<br />

erwartete August Kuhbrot entpuppt,<br />

zurückkommt, verabreden die drei einen<br />

Rollentausch: Roderich soll sich Julia als<br />

August Kuhbrot vorstellen, damit sie ihn<br />

abweist und Hannchen ihren Verlobten<br />

behalten kann. Es kommt, wie es kommen<br />

muss: Julia will vom echten Roderich nun<br />

doch nichts mehr wissen, auch dann nicht,<br />

als er seine Identität mit einem Ring unter<br />

Beweis stellt. Hannchen darf Roderich behalten<br />

und Julia besinnt sich auf ihre wahren<br />

Gefühle zu August Kuhbrot. Nur Egon<br />

geht leer aus.<br />

kindchen, du musst nicht so<br />

schrecklich viel denken,<br />

kuss mich und alles ist Gut.<br />

Folgeseiten Frank Wöhrmann, Rebecca Raffell, Christina Bock, Eric Rentmeister, Ks. Hans-Jörg Weinschenk<br />

5


vom dranG,<br />

Gehört<br />

zu Werden<br />

zum komponisten<br />

Anlässlich eines Besuchs im Dezember<br />

1948 in seiner Geburtstadt Emmerich hinterließ<br />

Eduard Künneke im Goldenen Buch<br />

einen bemerkenswerten Eintrag. Es waren<br />

die Anfangstakte von „Ich bin nur ein armer<br />

Wandergesell’, gute Nacht, liebes Mädel,<br />

gut’ Nacht“, die der wohl berühmteste<br />

Sohn anstatt einer der üblichen Floskeln im<br />

Rathaus der kleinen Hansestadt hinterließ.<br />

Unter den flüchtig skizzierten Notenlinien<br />

verweist Künneke auf den großen Erfolg,<br />

den er mit der weltbekannten Nummer aus<br />

seiner Operette der vetter aus dingsda<br />

hatte. In der Tat war der „Wandergesell’“<br />

ein internationaler Hit, der „einmal durch [!]<br />

die Welt ging“ und in Europa, Nord- und<br />

Südamerika und in Afrika – zum Teil in<br />

verschiedenen Übersetzungen und unter<br />

anderem Titel – gespielt wurde. Gelesen als<br />

selbstbewusstes und zugleich berührendes<br />

autobiografisches Zeugnis stehen diese<br />

kurzen Zeilen für einen Komponisten,<br />

8<br />

dessen Leben durch die konstante Spannung<br />

zwischen Wirklichkeit und Wunschdenken<br />

geprägt war. Sie stehen für einen<br />

Komponisten, der im Bereich der Filmmusik<br />

und des sogenannten „gehobenen Unterhaltungstheaters“,<br />

beispielsweise mit der<br />

vetter aus dingsda, triumphale Erfolge<br />

feierte und doch Zeit seines Lebens nach<br />

öffentlicher Anerkennung als Komponist<br />

„Ernster Musik“ strebte – ohne dieses Ziel<br />

je zu erreichen. Sie stehen letztlich auch für<br />

finanzielle Nöte, für die große Armut, unter<br />

der Künneke viele Jahre litt, und die ihn<br />

zur Komposition „kassenwirksamer“ Musik<br />

antrieb.<br />

Eduard Künneke wurde am 27. Januar 1885<br />

in Emmerich, nahe der niederländischen<br />

Grenze, geboren. Noch als 18-Jähriger zog<br />

er 1903 allein vom Niederrhein nach Berlin,<br />

um an der Königlich Akademischen Hochschule<br />

für Musik Klavier, Musiktheorie und


Kontrapunkt zu studieren. Seine musikpraktische<br />

Ausbildung an der renommierten<br />

Hochschule ergänzte er mit Vorlesungen in<br />

Musikwissenschaft und Literaturgeschichte<br />

an der Berliner Universität. Die Karriere des<br />

ehrgeizigen Studenten nahm ihren ersten<br />

Anlauf: 1906 wurde er Meisterschüler von<br />

Max Bruch, zu dessen Schülern auch Oscar<br />

Straus und Ralph Vaughan Williams zählten.<br />

Es folgten, teilweise parallel zum Studium,<br />

verschiedene Anstellungen als Dirigent<br />

und Pianist an diversen Berliner Theatern<br />

und Plattenfirmen. Künnekes erklärtes Ziel<br />

war, sich als Dirigent und vor allem als<br />

Komponist auf den großen Konzert- und<br />

Opernbühnen zu etablieren. Ein nächster<br />

Karriereschritt in diese Richtung war im<br />

Mai 1909 die erfolgreiche Uraufführung seiner<br />

einaktigen Oper robins ende am Nationaltheater<br />

in Mannheim, die zumindest mit<br />

Blick auf die Musik uneingeschränkt positiv<br />

aufgenommen wurde. Künneke blieb seinem<br />

künstlerischen Selbstverständnis und<br />

dem Anspruch, Ernste Musik zu schreiben,<br />

treu und komponierte neben einer zweiten<br />

Oper (coeur-as, 1913) Orchesterwerke und<br />

Lieder. Zwei seiner Kompositionen kamen<br />

sogar in Konzerten durch Richard Strauss<br />

und Arthur Nikisch zur Aufführung. Einen<br />

festen Platz im Konzertrepertoire erhielt<br />

Künneke jedoch nicht.<br />

Einen entscheidenden Impuls gab ihm das<br />

Singspiel das dreimäderlhaus von Heinrich<br />

Berté mit Musik von Franz Schubert,<br />

dessen Erfolg den jungen Kapellmeister<br />

am Friedrich-Wilhelmstädtischen Theater<br />

Berlin offenkundig nachhaltig beeindruckte.<br />

Er äußert sich rückblickend: „Es [das<br />

dreimäderlhaus] blieb drei Jahre hindurch<br />

auf dem Spielplan, ich selbst dirigierte das<br />

Werk mindestens fünfzigmal. Das ermutigte<br />

mich, ebenfalls ein Singspiel zu schreiben,<br />

denn ich hatte nun mal den starken Drang,<br />

gehört zu werden.“ Diesem Drang folgend,<br />

wandte Künneke sich zunehmend dem<br />

einträglichen Unterhaltungstheater zu, das<br />

im Berlin der Zeit grassierte, und komponierte<br />

mit das dorf ohne Glocke sein erstes<br />

Singspiel, das er als seinen „Übergang zur<br />

Operette“ bezeichnete. In den Rezensionen<br />

der erfolgreichen Uraufführung im Mai 1919<br />

am Friedrich-Wilhelmstädtischen Theater<br />

begegnet man den Urteilen, die sich für<br />

die Künneke-Rezeption als prägend herausstellen<br />

sollten und bis heute Bestand<br />

haben: Die Musik sei „geschickt gemacht“<br />

und zeuge von „technischem Können“,<br />

„bühnendramatischer Begabung“ und dem<br />

melodischen Talent des Komponisten. das<br />

dorf ohne Glocke wurde im gleichen Jahr<br />

noch von 14 Bühnen nachgespielt und war<br />

sein erstes Werk, das in den USA aufgeführt<br />

wurde.<br />

Wenngleich das Urteil der Öffentlichkeit<br />

eindeutig positiv war, haderte Künneke<br />

weiterhin mit seiner künstlerischen Ausrichtung:<br />

„Nach meinem dorf ohne Glocke<br />

konnte ich immer wieder zur Oper zurückkehren.<br />

Anders lag der Fall, wenn ich eine<br />

richtige Operette versuchte und keinen<br />

Erfolg damit hätte; dann sah die Sache so<br />

aus, als hätte ich mich als Opernkomponist<br />

nicht durchsetzen können und ebenfalls<br />

nicht bei dem Versuch, eine Operette zu<br />

schreiben. Ich wäre als Komponist zunächst<br />

einmal erledigt gewesen.“ Doch der<br />

Erfolg von das dorf ohne Glocke war zu<br />

verlockend, zumal Hermann Haller, der einflussreiche<br />

Theaterdirektor, Regisseur und<br />

Librettist, auf den jungen Komponisten und<br />

dessen hochgelobte Musik aufmerksam<br />

wurde. Haller leitete mit dem Theater am<br />

Nollendorfplatz von 1914 bis 1923 eine der<br />

wichtigsten Bühnen für die Uraufführung<br />

von Operetten. Er brachte Künneke mit dem<br />

Textdichter Rideamus (lat. für „Lasst uns<br />

9


lachen“) alias Fritz Oliven zusammen, und<br />

als erstes gemeinsames Werk, dem vier<br />

weitere folgen sollten, wurde im Oktober<br />

1919 die Operette der vielgeliebte uraufgeführt.<br />

Haller schrieb die Dialoge, Rideamus<br />

die Gesangstexte und Künneke war für<br />

einprägsame Melodien und mitreißende<br />

Orchestermusik zuständig. Die Aufnahme in<br />

der Presse dürfte ganz im Sinne des Komponisten<br />

gewesen sein: „Sie [Die Operette]<br />

steht musikalisch weit über den Erzeugnissen,<br />

die sich heutzutage anmaßend Operette<br />

nennen, und die nichts weiter sind als ein<br />

Sammelsurium von platten Tanzschlagern<br />

und Gassenmelodien. Eduard Künneke, der<br />

Komponist, kommt von der Oper her, und<br />

das merkt man seiner vielgeliebten-Musik,<br />

was Durcharbeitung, Instrumentierung,<br />

Melodik und Aufbau betrifft, sofort an.“<br />

Der weiteren Zusammenarbeit zwischen<br />

Haller, Rideamus und Künneke stand nichts<br />

im Wege und gipfelte wenig später im Sensationserfolg<br />

von der vetter aus dingsda,<br />

dessen Uraufführung 1921 in die Blütezeit<br />

der Berliner Operette fiel.<br />

Dem triumphalen Siegeszug des vetter um<br />

die Welt schlossen sich weitere kleinere<br />

und größere Erfolge, auch einige Misserfolge<br />

und eine Phase an, in der Künneke<br />

sich in New York als Arrangeur versuchte.<br />

der vetter aus dingsda blieb unerreicht.<br />

Aufgrund der sinkenden Nachfrage nach<br />

seiner Musik und der Inflation 1923 hatte<br />

Künneke sich bei Verlagen, Banken und<br />

bei seinem Vermieter so hoch verschuldet,<br />

dass er im Januar 1927 einen zweifelhaften<br />

Vertrag mit dem Londoner International Copyright<br />

Bureau abschloss: Für die einmalige<br />

Zahlung von 2.000 Mark veräußerte Künneke<br />

die Aufführungsrechte an seinen bekanntesten<br />

Bühnenwerken, darunter auch der<br />

vetter aus dingsda, von dessen Popularität<br />

er von nun an nicht mehr profitierte. Der<br />

10<br />

Vertrag wurde erst im Oktober 1943, nachdem<br />

das Londoner Büro an Künnekes<br />

Musik mindestens 25.000 Mark verdient<br />

hatte, durch ein Gerichtsurteil aufgehoben.<br />

Zu der schwierigen wirtschaftlichen Situation<br />

kam hinzu, dass auf seinen Werken<br />

in den Jahren 1933 bis 1935 ein inoffizieller<br />

Aufführungsboykott lag. Künneke, der zwar<br />

neben Komponisten wie Paul Hindemith<br />

oder Hans Pfitzner dem Führerrat der<br />

Reichsmusikkammer angehörte, war für<br />

das nationalsozialistische Regime politisch<br />

zunächst nicht tragbar, da er in zweiter Ehe<br />

mit einer „Halbjüdin“, der Opernsängerin<br />

Katarina Garden, verheiratet war und somit<br />

als „jüdisch versippt“ galt. Doch in den<br />

Amtlichen Mitteilungen der Reichsmusikkammer<br />

vom 31. Mai 1935 ließ der Präsident<br />

der Kammer Richard Strauss anordnen,<br />

dass dem Komponisten „trotz seiner<br />

nichtarischen Frau keinerlei Schwierigkeiten<br />

bereitet werden und er bei Aufführung<br />

seiner Werke in Deutschland ungehindert<br />

seiner künstlerischen Betätigung nachgehen<br />

darf.“ Kurz nach der Rehabilitation<br />

von höchster Stelle folgte an der Berliner<br />

Lindenoper am 31. Dezember 1935 die Uraufführung<br />

von die große sünderin, einer<br />

heiteren Oper: Künneke sah sich und sein<br />

Werk endlich auf der großen Bühne angekommen.<br />

Doch der Erfolg war mäßig und<br />

die Kritik hart. Künneke versuchte sich in<br />

der Folge, erneut als „Ernster Komponist“<br />

zu etablieren: Er schrieb neben weiteren<br />

Singspielen und Operetten einige Instrumentalwerke,<br />

darunter Orchestersuiten und<br />

zwei Klavierkonzerte, und arbeitete über<br />

zehn Jahre an seiner großen Oper Walther<br />

von der vogelweide, die unaufgeführt blieb.<br />

Sein selbst gesetztes Lebensziel erreichte<br />

er bis zu seinem Tode am 27. Oktober 1953<br />

nicht, doch als Genius der Operette ist er in<br />

die Musikgeschichte eingegangen.<br />

Christina Bock, Ks. Hans-Jörg Weinschenk


auf dem WeG zur<br />

Jazz-<br />

operette<br />

zum stück<br />

„Ich habe zwar die Musik nicht auf neue<br />

Wege geführt, weder harmonisch, noch<br />

was die Formen anlangt. Ich war mit dem<br />

Überkommenen zufrieden; ich hatte etwas<br />

zu sagen, das der neuen Form oder irgendwelcher<br />

Harmonik nicht bedurfte“, schrieb<br />

Eduard Künneke in einem Brief vom 30.<br />

Juni 1941 an einen Freund. Diese Selbsteinschätzung<br />

trifft nur zum Teil zu, zum<br />

anderen Teil ist sie schlicht Bescheidenheit.<br />

Künneke, der Meister der Berliner Operette,<br />

hat in seinen Kompositionen gewiss keine<br />

avantgardistischen Stilmittel oder experimentelle<br />

Kompositionstechniken angewendet,<br />

wie beispielsweise die Vertreter der<br />

Wiener Schule. Genauso wenig hat er neue<br />

musikalische Formen entwickelt oder gar<br />

eine eigene Schule begründet. Sein Welterfolg<br />

der vetter aus dingsda ist jedoch das<br />

beste Beispiel dafür, dass er „das Überkommene“,<br />

die Operette, musikalisch und dramaturgisch<br />

neu gedacht, in entscheidender<br />

Weise geprägt und weiterentwickelt hat.<br />

12<br />

Künnekes berühmtesten Bühnenwerke<br />

entstanden im Berlin der 20er und 30er<br />

Jahre, in einer Zeit, in der gesellschaftliche<br />

Konventionen und Standesunterschiede<br />

schwanden und die Operette, die im 19.<br />

Jahrhundert bei Jacques Offenbach sozialkritisches,<br />

wenn nicht gar anarchistisches<br />

Potenzial besaß, ihr Feindbild verlor. Künnekes<br />

genialer vetter aus dingsda aus dem<br />

Jahr 1921 stellt mit Blick auf das Libretto<br />

keine Ausnahme dar und ist repräsentativ<br />

für das Berliner Unterhaltungstheater<br />

der noch jungen Weimarer Republik. Die<br />

Handlung ist überschaubar, die Verse und<br />

Dialogtexte entsprechen dem Stil und dem<br />

Humor der Zeit, ohne politische Relevanz<br />

zu entfalten. Im Zentrum der Handlung<br />

steht die Alleinerbin Julia de Weert, die<br />

wegen mangelnder Volljährigkeit von Josse<br />

und Wimpel Kuhbrot, ihren ungeliebten<br />

Vormündern, nun ja, bevormundet wird.<br />

Beide laben sich an dem fremden Reichtum,<br />

den sie zeitweise verwalten, und setzen


alles daran, diese Teilhabe am großen Geld<br />

längerfristig zu festigen. Sie stehen, ebenso<br />

wie Egon von Wildenhagen oder der Erste<br />

Fremde, beispielhaft für eine aufstrebende<br />

Bürgerschicht, die sich nach altem Reichtum<br />

streckt und in adelig-repräsentativen<br />

Gemäuern und Gemächern einnisten<br />

möchte. Dennoch ist das Libretto in seiner<br />

beschreibenden Haltung eher harmlos als<br />

gesellschaftskritisch. Die sozialen Unterschiede,<br />

die zwischen den Figuren bestehen,<br />

werden nicht thematisiert und schon<br />

gar nicht problematisiert. Die beiden Alten<br />

als Vertreter eines derben Proletariats und<br />

der stotternde Egon als linkischer Vertreter<br />

des Bildungsbürgertums sind Projektionsfläche<br />

für Vorurteile und dienen in ihrer parodistischen<br />

Überzeichnung dazu, möglichst<br />

viele Lacher zu provozieren.<br />

Als Vorlage für Künneke und die beiden<br />

Textdichter Hermann Haller und Rideamus<br />

(alias Fritz Oliven) diente das gleichnamige<br />

Lustspiel von Max Kempner-Hochstädt,<br />

welches 1919 auf die Bühne kam und<br />

bereits nach wenigen Vorstellungen wieder<br />

verschwand. Die Vertonung als Operette<br />

folgte zwei Jahre später und wurde<br />

mit großem Erfolg am 15. April 1921 am<br />

Berliner Theater am Nollendorfplatz, einer<br />

der wichtigsten Berliner Bühnen für die<br />

Uraufführung von Operetten, uraufgeführt.<br />

Künneke und seine Librettisten bleiben<br />

nahe bei der Vorlage und wahren in der<br />

klingenden Neufassung den Kammerspiel-<br />

Charakter der Handlung: Der vetter aus<br />

dingsda ist eine der wenigen Operetten,<br />

die ohne Ballett und Chor auskommt. Die<br />

Verwechslungs- und Erbschleicher-Komödie<br />

wird als privates Familienstück in den<br />

„vier Wänden“ des Schlosses de Weert mit<br />

neun Solisten erzählt, ohne dass ein Außen<br />

oder eine gesellschaftliche Öffentlichkeit<br />

gezeigt wird. Bezeichnend für die Kon-<br />

zeption des Werkes ist die Gestaltung der<br />

einzelnen Gesangsnummern: „Strahlender<br />

Mond“ und „Ob Sturm, ob Graus“ sind in<br />

der Operette die einzigen Solonummern.<br />

Die anderen Nummern sind Duette, Trios<br />

oder groß angelegte Ensembles, in denen<br />

die grotesk-komischen Verwicklungen der<br />

Figuren erzählt werden, und sogar „Ich bin<br />

nur ein armer Wandergesell‘“, das weltberühmte<br />

Lied des Ersten Fremden, ist in<br />

das Finale des ersten Aktes eingebunden.<br />

Gerade die ausgreifenden Finali der drei<br />

Akte sind es, in denen das Ensemblespiel<br />

im Mittelpunkt steht und in denen Künneke<br />

virtuos zwischen Solo, Duett, Melodram<br />

und Gruppe wechselt.<br />

Schon im Titel parodiert der vetter aus<br />

dingsda den Exotismus, der für die Gattung<br />

der Operette lange Zeit charakteristisch<br />

war: das land des lächelns, der zarewitsch<br />

oder im reiche des indra sind<br />

nur Beispiele für die operettentypische<br />

Fernsucht, die in Künnekes Operette nicht<br />

bedient wird. Der Topos der exotischen<br />

Ferne wird lediglich aufgegriffen, um<br />

bereits vor dem ersten Ton persifliert zu<br />

werden. Die Welt außerhalb des Schlosses<br />

der Familie de Weert – sei es unmittelbar<br />

vor den Toren des Anwesens, sei es in<br />

weiter geografischer Ferne – wird durch<br />

das saloppe wie unspezifische „Dingsda“,<br />

mit dem Josse das ferne Batavia bzw. das<br />

heutige Jakarta auf der indonesischen<br />

Hauptinsel Java bezeichnet, thematisiert.<br />

Batavia als konkreter geografischer Ort ist<br />

für die Handlung ohne Bedeutung; es geht<br />

schlicht um ein „Anderswo“ und um die<br />

europäische Perspektive auf diese unspezifische<br />

Ferne.<br />

Den Höhepunkt der Exotismus-Parodie<br />

stellt die Nr. 10, der „Batavia-Foxtrott“, dar.<br />

Hier werden nicht nur platte Klischees und<br />

13


Vorurteile über das Leben in der indonesischen<br />

Wildnis reproduziert, sondern<br />

eindeutig als solche ausgestellt und gebrandmarkt.<br />

Der Erste Fremde alias August<br />

Kuhbrot, welcher sich als der weitgereiste<br />

Vetter Roderich ausgibt, berichtet über das<br />

Liebesleben der Wilden in Batavia, ohne jemals<br />

vor Ort gewesen zu sein. Die Nummer<br />

mit ihrer stampfenden Rhythmik ist keine<br />

plumpe und unreflektierte Zurschaustellung<br />

rassistischer Plattitüden, sondern vielmehr<br />

eine sarkastische Kritik einer eurozentristischen<br />

Sicht auf den Rest der Welt, wie sie<br />

in den einschlägigen Vorgängerwerken des<br />

vetter zum Tragen kommt.<br />

Vor diesem Hintergrund ist es nur folgerichtig,<br />

dass Künneke sich nicht einmal<br />

im Ansatz mit pseudo-folkloristischen<br />

Melodien, Rhythmen und Harmonien, die<br />

die fernöstliche Inselgruppe herbeizitieren,<br />

abgibt. Er greift vielmehr auf amerikanische<br />

Tanzformen aus dem Bereich des Jazz<br />

zurück, die in der Entstehungszeit in Europa<br />

noch einigermaßen unbekannt waren und<br />

erst ab Mitte der Zwanziger Jahre, der<br />

„Roaring Twenties“, in Mode kamen. Welchen<br />

Einfluss Künneke, der 1926 in seiner<br />

Operette lady hamilton als erster Komponist<br />

ein Saxofon-Trio in den Orchestersatz<br />

integrierte, auf die deutschsprachige<br />

Operette hatte, zeigt sich in den späteren<br />

Jazz-Operetten von Paul Abraham, Ralph<br />

Benatzky oder Kurt Weill, die Künnekes<br />

Neuerungen aufgriffen.<br />

14<br />

Künneke zeigt sich im vetter nicht nur als<br />

„Trendsetter“ und Wegbereiter, sondern<br />

auch als meisterhafter, dramaturgisch denkender<br />

Komponist. Er misst jeder Nummer<br />

einen eigenen Ausdrucksgehalt bei, der<br />

nicht nur musikalisch attraktiv, sondern<br />

auch dramaturgisch sinnfällig ist, indem er<br />

beispielsweise Julias weltfremde Auftrittsarie<br />

„Strahlender Mond“ als verträumtschwelgerischen<br />

Valse boston oder die<br />

Nr. 3, das Terzett von Julia, Hannchen und<br />

Egon, als flotten One-Step konzipiert. Waren<br />

frühere Operetten von Polka, Marsch,<br />

Cancan oder Walzer geprägt, wartet der<br />

vetter aus dingsda mit den „wilden Rhythmen“<br />

des Foxtrott, One-Step oder Paso<br />

Doble (Nr. 13a „Vor dem Himmel und den<br />

Weibern“) bzw. dem breiten Valse boston<br />

oder einem lasziven Tango (Nr. 8 „Kindchen,<br />

du musst nicht so schrecklich viel denken“)<br />

auf. Verbunden mit einem einzigartigen<br />

Reichtum an eingängigen Melodien werden<br />

die unterschiedlichen Tanzstile aus der<br />

amerikanischen Popularmusik aufgegriffen<br />

und mit spätromantischer Chromatik und<br />

dem dramatischen Tonfall der „großen<br />

Oper“ kombiniert. Künneke, der Genius des<br />

Ohrwurms, präsentiert mit dem vetter ein<br />

musikalisches Meisterwerk des Unterhaltungstheaters<br />

auf hohem satztechnischem<br />

Niveau und mit raffinierten Orchestrierungen,<br />

das seinen Witz – neben Situationskomik<br />

und Sprachspiel – zu einem großen Teil<br />

aus der Musik generiert.<br />

Sebastian Kohlhepp, Ina Schlingensiepen


zeittafel<br />

1871 Der Theaterdirektor und Bühnenschriftsteller Herman Haller wird<br />

am 24. Dezember in Berlin als Hermann Freund geboren.<br />

1874 Fritz Oliven (alias „Rideamus“, lat. für „Lasst uns lachen“) wird am<br />

10. Mai in Breslau geboren.<br />

1885 Eduard Künneke wird am 27. Januar in Emmerich geboren.<br />

1899 In Berlin werden von Paul Lincke die Operetten frau luna und<br />

im reiche des indra uraufgeführt und begründen eine Berliner<br />

Operettentradition.<br />

1903 – 1905 Künneke studiert in Berlin Klavier, Musiktheorie, Kontrapunkt,<br />

Musikwissenschaft und Literaturgeschichte.<br />

1905 Künneke wird Meisterschüler von Max Bruch.<br />

1907 – 1909 Künneke arbeitet als Korrepetitor und Chorleiter am Neuen<br />

Theater am Schiffbauerdamm, das als erste Berliner Bühne<br />

ausschließlich Operetten spielt.<br />

1908 – 1910 Künneke arbeitet gleichzeitig als Dirigent für das Plattenlabel<br />

Odeon und dirigiert u. a. die erste Einspielung des 2. Aktes von<br />

Richard Wagners tannhäuser.<br />

1909 Künnekes erste Oper robins ende wird am 5. Mai im Nationaltheater<br />

in Mannheim mit großem Erfolg uraufgeführt.<br />

16


1910 – 1911 Künneke arbeitet am Deutschen Theater unter Max Reinhardt<br />

als Kapellmeister.<br />

1918 Philipp Scheidemann und Karl Liebknecht rufen am 9. November<br />

in Deutschland die Republik aus.<br />

1919 Am 15. Januar werden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht verhaftet<br />

und ermordet.<br />

Friedrich Ebert wird am 11. Februar zum ersten Reichspräsidenten<br />

der Weimarer Republik gewählt.<br />

Künneke beginnt die Zusammenarbeit mit Herman Haller und<br />

Rideamus. Am 17. Oktober wird die Operette der vielgeliebte uraufgeführt.<br />

1920 Künnekes zweite Operette Wenn liebe erwacht mit Texten von<br />

Haller und Gesangstexten von Rideamus wird am 3. September<br />

uraufgeführt.<br />

1921 Am 15. April findet die Uraufführung von der vetter aus dingsda im<br />

Theater am Nollendorfplatz statt.<br />

Künnekes Tochter Eva (Evelyn) Künneke wird am 15. Dezember geboren, später<br />

eine bekannte Filmdarstellerin, Revue- und Schallplattensängerin.<br />

1923 der vetter aus dingsda wird am 11. Februar zum ersten Mal in <strong>Karlsruhe</strong><br />

aufgeführt.<br />

1927 Künneke verkauft wegen finanzieller Probleme die Rechte seiner<br />

bekanntesten Bühnenwerke an das International Copyright Bureau<br />

für 2.000 Mark.<br />

1933 Am 1. Mai wird Künneke Mitglied der NSDAP, wird aber bereits<br />

1934 wegen „nichtarischer Versippung“ ausgeschlossen, denn seine<br />

Frau ist „Halbjüdin“.<br />

1934 der vetter aus dingsda wird erstmals verfilmt (Regie: Georg Zoch).<br />

1935 Am 31. Dezember wird Künnekes die große sünderin an der Staatsoper<br />

Berlin uraufgeführt.<br />

1943 Am 2. Oktober wird Künnekes Vertrag mit dem International<br />

Copyright Bureau in London für nichtig erklärt: Er erhält 25.000 Mark<br />

zurück und ihm werden künftig 30 Prozent Tantiemen ausbezahlt.<br />

1953 Eduard Künneke stirbt am 27. Oktober in Berlin.<br />

Folgeseiten Ina Schlingensiepen<br />

17


sexyness,<br />

flexiBles tempo &<br />

das autoGraph<br />

auf den spuren des vetters<br />

Wenn man als Dirigent mit einer Operette<br />

wie dem vetter betraut wird, so fragt man<br />

sich üblicherweise und wird gefragt, ob<br />

das denn „gute Musik“ sei. Und man hört<br />

sich dann gegenüber Kollegen, in Interviews<br />

und der Matinee z. B. die gute handwerkliche<br />

Qualität der Partitur des Max-<br />

Bruch-Schülers loben und die stilistische<br />

Vielfalt zwischen deutscher Spätromantik<br />

und den starken Einflüssen der damals<br />

brandneuen Tanzmusik aus Amerika oder<br />

die raffinierten Instrumentationseinfälle<br />

mancher Stellen hervorheben. Das ist<br />

alles richtig – und doch bleibt irgendwo<br />

ein flaues Gefühl zurück. Denn (man sagt<br />

sowas keinesfalls öffentlich!!): In die<br />

Ahnenreihe der sonst im Opernspielplan<br />

vertretenen Komponistengenies passt Herr<br />

Künneke mit seinem Werk bei allem guten<br />

Willen nicht.<br />

Der erste Auslöser für eine ganz andere<br />

Annäherung war der Hinweis, dass der<br />

Nachlass von Eduard Künneke ja in der<br />

Berliner Akademie der Künste verwahrt<br />

20<br />

wird. Ich bewarb mich dort um eine Einsichtnahme,<br />

zunächst mit eher beiläufigem<br />

Interesse. Doch die Entdeckungen, die<br />

ich dort machte, zogen mich so in ihren<br />

Bann, dass ich schließlich viele Tage<br />

dort verbrachte. Das Hauptfundstück: Die<br />

autographe Partitur des Werks! Von Operetten<br />

wurden nämlich seinerzeit, da das<br />

ein schneller und kommerziell orientierter<br />

Markt war, üblicherweise nur ein Klavierauszug<br />

sowie die einzelnen Stimmen für<br />

die Orchestermusiker gedruckt. Eine Partitur,<br />

die dem Dirigenten eine genaue Übersicht<br />

gibt, wurde nicht hergestellt. Das hat<br />

zur Folge, dass man bei Details der Einstudierung,<br />

in Fragen der Artikulation, Dynamik<br />

und Phrasierung und vor allem auch<br />

beim Bereinigen von Fehlern, von denen<br />

es in dem meist eilig herausgebrachten<br />

Material regelmäßig nur so wimmelt, im<br />

Dunkeln tappt.<br />

Diese Situation ist nun seit so vielen Jahrzehnten<br />

die gängige Praxis, dass sie von<br />

manchem schon zur lieb gewonnenen


„Tradition“ verklärt wird. In Wahrheit ist<br />

diese Situation aber schlicht frustrierend<br />

und dem Anspruch einer heutigen Musizierpraxis<br />

nicht mehr angemessen. Wir<br />

präsentieren also hier in <strong>Karlsruhe</strong> eine<br />

Fassung, die von hunderten kleiner und<br />

größerer Fehler und Ungenauigkeiten,<br />

vielleicht auch teilweise willkürlichen Veränderungen<br />

der Verlagsredakteure bereinigt<br />

ist. Viele weitere konkrete aufführungspraktische<br />

Hinweise, beispielsweise<br />

von der exakten Orchesterbesetzung bis<br />

zu dirigentischen Details, konnten aus<br />

bezeichneten Noten, Briefen und Kritiken<br />

des Komponisten übernommen werden.<br />

Neben diesen begeisternden, quasi philologischen<br />

Funden gab es im Nachlass<br />

aber zwischen den Zeilen noch etwas zu<br />

entdecken: Einen Geist der Operette und<br />

ihrer Wahrnehmung, der grundverschieden<br />

ist von dem, wofür diese Stücke heute<br />

üblicherweise stehen!<br />

Der Musikwissenschaftler Kevin Clarke<br />

hat in seinen wunderbaren Aufsätzen den<br />

historischen Bruch ab 1933 in der Aufführungstradition<br />

sehr überzeugend dargestellt.<br />

Aber könnte man diesen verlorenen<br />

Geist heute wieder hörbar machen? Der<br />

zündende Funke dafür waren Aufnahmen<br />

einiger Nummern des vetter mit der Uraufführungsbesetzung<br />

oder unter Künnekes<br />

eigener Leitung, die ich von dem Berliner<br />

Schelllackplattensammler Raoul Konezni<br />

erhalten habe. Und hier, wie auf vielen<br />

weiteren, leichter zugänglichen Aufnahmen<br />

der Operettenstars der Vorkriegszeit,<br />

wie Fritzi Massary, Gitta Alpar, Oscar<br />

Denes, Karl Jöken u. a., die ich daraufhin<br />

begierig angehört habe, tat sich eine Welt<br />

auf, die die obige Frage nach der musikalischen<br />

Qualität sofort irrelevant machte:<br />

Man hört auf diesen Platten eine Intensität<br />

und Vielschichtigkeit der Gestaltung, ein<br />

Spiel der (damals nur selten Opern-) Sänger<br />

mit ihrem imaginären Hörer, eine Freude<br />

an der nur mit halbem Ernst eingenommenen<br />

Pose; und die Komposition ist der<br />

Rohstoff dafür! Dieses Verhältnis zwischen<br />

Werk und Darsteller brachte Alfred Polgar<br />

auf den Punkt, als er über eine neue Operette<br />

schrieb: „Die Noten sind von Leo Fall,<br />

die Musik von Fritzi Massary.“<br />

Zu den vielen Missverständnissen, die<br />

unsere heutige Wahrnehmung von Operette<br />

ausmachen, ist also auch das zu zählen,<br />

sie wie eine Oper zu lesen und zu besetzen<br />

– und sie damit erst zur B-Klasse in derselben<br />

Liga zu machen, anstatt den eigenen<br />

Regeln dieses Genres nachzuspüren. Und<br />

diese Regeln sind die des unmittelbar<br />

Wirksamen, des attraktiven Momentes,<br />

der stilisierten und sich keineswegs um<br />

Wahrhaftigkeit scherenden Pose, kurz: die<br />

des Pop.<br />

Kennen Sie die Komponisten von love me<br />

tender, my Way oder Je ne regrette rien?<br />

Wahrscheinlich nicht, denn das eigentlich<br />

Erregende findet sich nicht in den Harmonien<br />

oder Melodien dieser Songs, sondern<br />

hat zwischen den Stars und ihrem Publikum<br />

stattgefunden, weshalb eben Elvis<br />

Presley, Frank Sinatra und Edith Piaf die<br />

Unvergesslichen geworden sind. Und dieses<br />

Prinzip beherrscht auch die Operette:<br />

Die strukturell einfachen Kompositionen<br />

eröffnen einen Raum für die Darsteller,<br />

sich die jeweilige Nummer auf eine persönliche<br />

und eigenwillige Art anzueignen.<br />

Dieser Aneignung, diesem Füllen der vom<br />

Werk freigelassenen Leerstelle, ordnen<br />

sich dann andere musikalische Faktoren<br />

unter. Zuerst auffallend auf den alten Aufnahmen<br />

ist das völlig flexible Tempo, bei<br />

dem das Orchester gewillt ist, jeder Ausdrucksnuance<br />

der Diva oder ihres Lieb-<br />

21


habers zu folgen. Dieses „Tempo rubato“<br />

stellt nicht nur das richtige Verhältnis her,<br />

bei dem sich der Star eben keiner anderen<br />

Instanz unterwirft, sondern hat noch eine<br />

andere Wirkung: Der Rhythmus ist ja der<br />

Träger des Körperlichen – und was bei den<br />

alten Platten sofort ins Ohr springt, ist die<br />

unglaubliche Erotik, die zweideutige Laszivität,<br />

die dem Verzögern oder geschmeidig<br />

Anlaufenden, dem forsch Erstürmenden<br />

und gleich wieder Zeit Lassenden innewohnt.<br />

Die Musizierpraxis hat im Lauf<br />

des 20. Jahrhunderts in allen Stilen das<br />

Tempo starrer werden lassen, aber in der<br />

Operette tötet das einen Lebensnerv. Denn<br />

sie war als Gattung seinerzeit immer untrennbar<br />

mit Sexyness, Erotik und Frivolität<br />

verbunden. Erst seit dem „gelungenen“<br />

Kehraus der Nazi-Zeit verbindet man mit<br />

ihr Biederwelten, bevölkert von Anneliese<br />

Rothenberger und Rudolf Schock. Die<br />

kantenlose Harmlosigkeit, in der diese<br />

und andere Interpreten der 50er Jahre<br />

22<br />

und später das Genre (re-)präsentierten,<br />

und die heute unser Image der Operette<br />

prägt, steht in starkem Kontrast zu dem,<br />

was man in der Darstellungsweise der<br />

Originalzeit finden kann: eine Betonung<br />

des Eigenartigen, Eigenwilligen, auch<br />

grotesk Übertriebenen, immer mit dem<br />

Ziel, das Publikum theatralisch in Atem zu<br />

halten. Für das Konzept unserer <strong>Karlsruhe</strong>r<br />

Inszenierung war das Wiederfinden dieses<br />

skurrilen Aspekts auch in der musikalischen<br />

Ausführung besonders wichtig. Die<br />

immer pointierte und spielerische Textbehandlung,<br />

die stimmliche Variationsbreite<br />

von sentimentalen Portamenti bis zum<br />

Rufen, Jauchzen und Brüllen, die teils extreme<br />

Artikulation und den Mut zur starken<br />

musikalischen Zeichnung im Orchester,<br />

eben das flexible Tempo – alle diese den<br />

historischen Quellen abgelauschten Mittel<br />

versuchen wir einzusetzen, um unserer<br />

Aufführung die Schärfe, Farbigkeit und<br />

Sinnlichkeit der 20er zu verleihen.<br />

Florian Ziemen<br />

vorurteile, spinneWeBen,<br />

die in allen ecken kleBen,<br />

alles, Was uns stort im haus,<br />

das muss raus, das muss raus,<br />

das muss raus.<br />

Rebecca Raffell, Ks. Hans-Jörg Weinschenk


der<br />

entBlätterunG<br />

verhältnisse<br />

zur inszenierunG<br />

REGISSEUR BERND MOTTL<br />

IM GESPRäCH MIT DEM DRAMATURGEN<br />

RAPHAEL RÖSLER<br />

„strahlender mond, der am himmelszelt<br />

thront, / nachts zu dir steigen auf meine lieder,<br />

/ tön’, o töne dem liebsten sie wieder.“<br />

sind das zeilen, die die Welt noch braucht?<br />

Auf den ersten Blick wirkt die gesamte Vorlage<br />

ziemlich harmlos. Aber ich finde, wenn<br />

man mit einem heutigen, wachen Auge an<br />

Theater herangeht, kann man nahezu jeden<br />

Text auf Relevanz hin befragen. Nach dem<br />

Motto: Wo gibt es Überschneidungsmöglichkeiten<br />

mit uns? Mit meiner aktuellen<br />

Realität? Und im vetter aus dingsda finden<br />

sich ein paar Themen, die durchaus von<br />

Interesse sein können. Allerdings habe ich<br />

mich zunächst auch gefragt: Welches ist<br />

der Handlungsmotor? Was treibt die Figuren<br />

überhaupt an? Das Naheliegendste war für<br />

mich, die Erbschaft ins Zentrum zu rücken.<br />

Das Stück kann man eben auch als Erbschleicher-Komödie<br />

lesen: Ein steinreiches,<br />

aber zurückgebliebenes Mädchen steht vor<br />

24<br />

der Volljährigkeit und wird so zum begehrten<br />

Heirats-Objekt. Und aus diesem Ansatz haben<br />

wir die Krimi-Idee entwickelt und zeigen<br />

eine Ansammlung gieriger Charaktere, die<br />

auch über Leichen steigen, um an dieses<br />

Vermögen ranzukommen.<br />

Welches waren die inspirationen und<br />

vorbilder für diese lesart?<br />

Zunächst hat mich der Humor ein bisschen<br />

an Heinz Rühmann erinnert und überhaupt<br />

an einige Nachkriegsfilme. So sind wir ziemlich<br />

schnell auf die Edgar Wallace-Reihe<br />

und ähnliche Krimis gestoßen, die in diesem<br />

Umfeld entstanden sind: Sei es arsen und<br />

spitzenhäubchen , das Gespenst von canterville,<br />

oder seien es die Agatha Christie-<br />

Verfilmungen, die man heute gerne aus<br />

nostalgischen Gründen anschaut. Ich finde,<br />

dieser liebevoll, schmunzelnde Rückblick<br />

hat viel damit zu tun, wie wir heute auch auf<br />

Operette gucken können.<br />

erlaubt die vorlage diese erzählper-<br />

spektive? oder anders gefragt: Bleibt die


inszenierung nahe am original?<br />

Ein Eingriff in die Handlung schließt sich<br />

aus. Man darf rein rechtlich nicht an dem<br />

Text „rumdoktern“, und das ist auch nicht<br />

nötig, da alles darin belegbar ist. Wir mussten<br />

also nichts umschreiben. Interessant<br />

ist, dass der vetter aus dingsda eine<br />

Parallele zu einem klassischen Topos der<br />

Wallace-Filme aufweist: Im Zentrum steht<br />

eine Familiensituation mit merkwürdigen<br />

Gestalten; man lebt recht exklusiv in einer<br />

Art Schloss, eingesperrt und abgegrenzt von<br />

der Außenwelt. Nichts ist sicher und jeder<br />

ist verdächtig.<br />

Bestimmend für einen krimi ist der<br />

suspense-charakter, die spannung, die<br />

sich aus verdachtsmomenten entwickelt.<br />

Es geht um die Entblätterung der Verhältnisse:<br />

Wer wann welche Interessen offenlegt<br />

und wer welche in der Vergangenheit liegenden<br />

Verbrechen begangen haben könnte.<br />

Warum sind die Eltern von Julia tot? Eine<br />

Frage, die das Stück nicht beantwortet. Wo<br />

ist Kurt, ihr Bruder? Eine für den Handlungsverlauf<br />

wesentliche Frage, da er genauso<br />

erbschaftsberechtigt wäre wie sie. Warum<br />

ist Roderich weggegangen? Das sind alles<br />

Anlässe, die uns auf diese Fährte gebracht<br />

haben.<br />

Was muss eine operette bieten? sind Geldgier,<br />

erbschleicherei, rollenwechsel die<br />

parameter, aus denen eine gute operette<br />

gemacht sein muss?<br />

Man benötigt natürlich auch eine unerfüllte<br />

Liebe. Im vetter muß das späte Mädchen<br />

Julia ihre versponnenen Traumvorstellungen<br />

von Treue mit den ersten realen Gefühlen<br />

überein bringen. Wir versuchen dem Ganzen<br />

aber zudem Pfeffer zu geben, indem wir<br />

Folgeseiten Ina Schlingensiepen, Florian Kontschak, Christina Bock<br />

allen Figuren eine gewisse Doppelbödigkeit<br />

geben: Man kann ja an sämtlichen Liebesschwüren<br />

im Stück durchaus bezweifeln,<br />

wie echt und ehrlich sie sind. Und das<br />

ist ebenfalls ein großes Operettenthema:<br />

Welche Liebe basiert auf einer wahren Herzensregung<br />

und welche auf Kalkül? Und in<br />

unserer Inszenierung unterstellen wir den<br />

Charakteren, dass sie meist ein anderes Interesse<br />

haben, als sie artikulieren. Letztlich<br />

wie im Leben.<br />

in der entstehungszeit der operette, in den<br />

20er Jahren, war Berlin ein wahres theaterparadies,<br />

vor allem auf dem Gebiet des<br />

unterhaltungstheaters. steht künnekes<br />

vetter aus dingsda beispielhaft für reines<br />

lachtheater ohne jeglichen hintersinn?<br />

Künnekes Operette ist natürlich ein Stück<br />

Unterhaltungstheater, das in erster Linie als<br />

Publikumsmagnet und Erfolgsgarant geplant<br />

wurde. Aber jede Unterhaltung braucht<br />

einen gesellschaftlichen Anknüpfungspunkt.<br />

Nur das war sicherlich nicht der Grund für<br />

den Erfolg des vetter.<br />

Worin liegt der erfolg von der vetter aus<br />

dingsda begründet?<br />

An den tollen Melodien. Künneke besaß<br />

ein einzigartiges Talent für eingängige und<br />

sangbare Melodien, die auch jetzt noch wirken.<br />

Wer kann heute noch Ohrwürmer bzw.<br />

so variantenreiche Gesangslinien schreiben,<br />

die für eine ganz Nummer oder gar ein<br />

abendfüllendes Bühnenstück reichen?<br />

sie tragen einen berühmten nachnamen.<br />

sind sie mit dem berühmten karlsruher<br />

hofkapellmeister felix mottl verwandt?<br />

(lacht) Felix Mottl war mein Urgroßonkel,<br />

aber dafür kann man sich nichts kaufen.<br />

25


florian ziemen Dirigent<br />

Während seines Studiums in München<br />

leitete er zahlreiche Produktionen an der<br />

Bayerischen Theaterakademie und arbeitete<br />

als Chorassistent an der Bayerischen<br />

Staatsoper. Er setzte seine Ausbildung an<br />

der Londoner Royal Academy of Music bei<br />

Colin Metters und George Hurst fort. Als koordinierter<br />

Erster Kapellmeister am Theater<br />

Bremen dirigierte er u. a. madama Butterfly,<br />

tosca, die fledermaus, hänsel und Gretel<br />

sowie 2011 die Uraufführung von Moritz<br />

Eggerts all diese tage. Erfolge konnte<br />

er mit den historisch orientierten Neuerschließungen<br />

der Operetten der vetter aus<br />

dingsda und das land des lächelns feiern.<br />

Ab 2012 ist er Stellvertretender Generalmusikdirektor<br />

am Stadttheater Gießen. Dort<br />

präsentierte er kürzlich die Rekonstruktion<br />

der Jazz-Operette viktoria und ihr husar<br />

von Paul Abraham. Florian Ziemen interessiert<br />

sich für historische Aufführungspraxis<br />

und entwirft nebenher Bühnenmusiken und<br />

experimentelle Musiktheaterformen.<br />

28<br />

steven moore Dirigent<br />

Der australische Dirigent Steven Moore<br />

studierte Orgel, Klavierbegleitung und Gesang,<br />

bevor er nach London wechselte, um<br />

seinen Master als Repetitor an der Guildhall<br />

School of Music and Drama abzulegen.<br />

Weiteren Kursen am National Opera Studio<br />

folgte die Aufnahme in das Jette Parker<br />

Young Artists Programme in Covent Garden,<br />

wo er als Repetitor und Dirigent wirkte. Es<br />

folgten Dirigate in England, Frankreich und<br />

Australien beim Orchester des Royal Opera<br />

House, dem San Francisco Opera Orchestra,<br />

der Southbank Sinfonia, der West London<br />

Sinfonia sowie Assistenzen bei Nicola<br />

Luisotti, Thomas Hengelbrock, Frank Ollu<br />

oder Julia Jones. Dabei betreute er zahlreiche<br />

Produktionen des Royal Opera House<br />

Covent Garden, der San Francisco Opera<br />

und der Glyndebourne Touring Opera.<br />

Moore ist seit November 2011 Solorepetitor<br />

mit Dirigierverpflichtung am BADISCHEN<br />

STAATSTHEATER und hat seitdem Aufführungen<br />

von ritter Blaubart und dino und<br />

die arche geleitet.


Bernd mottl Regie<br />

Bernd Mottl brachte Inszenierungen an<br />

den Opern und Theatern in Berlin, Dresden,<br />

Leipzig, Hannover, Braunschweig, Kassel,<br />

Erfurt oder Wien auf die Bühne, u. a. madama<br />

Butterfly, tosca, la traviata, die entführung<br />

aus dem serail und martha, aber auch<br />

selten gespielte Werke wie Othmar Schoecks<br />

penthesilea oder die Uraufführung<br />

der Oper kleist von Tanja Neumann und<br />

Rainer Rubbert. Sprechtheater inszenierte<br />

er u. a. am Staatsschauspiel Dresden, am<br />

Renaissance-Theater Berlin, am Hans Otto<br />

Theater Potsdam sowie als Hausregisseur<br />

am Maxim Gorki Theater Berlin. Am Theater<br />

Bern zeigte er sowohl die fledermaus als<br />

auch Francis Poulencs dialogues des carmélites,<br />

am Theater St. Gallen die zauberflöte.<br />

An der Oper Köln inszenierte er nach<br />

dem Doppelabend mit la voix humaine<br />

von Poulenc und Bartóks herzog Blaubarts<br />

Burg, die csárdásfürstin von Emmerich<br />

Kálmán und Monteverdis il ritorno d’ulisse<br />

in patria. Zuletzt inszenierte Bernd Mottl<br />

kiss me, kate an der Volksoper Wien.<br />

friedrich eGGert Bühne<br />

Friedrich Eggert arbeitet als Bühnen- und<br />

Kostümbildner sowie Lichtdesigner für<br />

Oper, Schauspiel und Musical mit Regisseuren<br />

wie Inga Levant, Benedikt von<br />

Peter, Aron Stiehl, Sebastian Welker und<br />

Bernd Mottl. Letzte Engagements führten<br />

ihn an die Volksoper Wien (kiss me,<br />

kate), das Nationaltheater Brno (Boris<br />

Godunow), die Staatsoper Prag (cavalleria<br />

rusticana/pagliacci), nach Saarbrücken<br />

(la cenerentola), St. Gallen (die zauberflöte<br />

und il diluvio universale), Münster<br />

(il Barbiere di siviglia), Hannover (my fair<br />

lady und Greek), Bern (die fledermaus),<br />

Erfurt (orpheus in der unterwelt) und in<br />

den Club Berghain in Berlin (Uraufführung<br />

der Elektro-Oper after hours). An der Oper<br />

Köln stattete er den Doppelabend la voix<br />

humaine/herzog Blaubarts Burg, die Operette<br />

die csàrdasfürstin sowie il ritorno<br />

d’ulisse in patria aus. Als Lichtdesigner<br />

war Eggert zuletzt in Lausanne und Toulouse<br />

(le nozze di figaro) sowie London<br />

(la sonnambula) und Paris (arabella) tätig.<br />

29


alfred mayerhofer Kostüme<br />

Alfred Mayerhofer wurde in Schladming/<br />

Steiermark geboren. Er arbeitet regelmäßig<br />

mit Barrie Kosky, u. a. bei aufstieg und<br />

fall der stadt mahagonny, Der fliegende<br />

holländer und tristan und isolde am<br />

Aalto-Musiktheater Essen, peter Grimes<br />

an der Staatsoper Hannover, kiss me, kate<br />

und iphigenie auf tauris an der Komischen<br />

Oper Berlin, a midsummer night‘s<br />

dream am Bremer Theater und lohengrin<br />

an der Wiener Staatsoper. Zu seinen<br />

jüngeren Arbeiten zählen in der Spielzeit<br />

2012/13 die Kostümbilder für i pazzi per<br />

progetto und le Bal an der Bayerischen<br />

Theaterakademie im Prinzregententheater<br />

München und hänsel und Gretel am<br />

Deutschen Nationaltheater Weimar unter<br />

der Regie von Karsten Wiegand. Außerdem<br />

entwarf er die Kostüme für Georg<br />

Schmiedleitners kasimir und karoline am<br />

Theater in der Josefstadt. Eines seiner<br />

nächsten Projekte ist der ring des nibelungen<br />

am <strong>Staatstheater</strong> Nürnberg (Regie:<br />

Georg Schmiedleitner).<br />

30<br />

otto pichler Choreografie<br />

Der gebürtige Österreicher studierte am<br />

Tanz- und Gesangsstudio des Theaters an<br />

der Wien. Er erarbeitete u. a. die Choreografie<br />

zu die fledermaus und penthesilea<br />

an der Semperoper Dresden, anatevka und<br />

rheingold an der Staatsoper Hannover,<br />

faust und la traviata am Nationaltheater<br />

Weimar sowie kiss me, kate und zuletzt<br />

orpheus im Rahmen von Barrie Koskys<br />

gefeierter monteverdi-trilogie an der Komischen<br />

Oper Berlin. Weitere Engagements<br />

führten ihn zu den Salzburger Festspielen<br />

(mitridate) und an die Pariser Opéra Bastille<br />

(ring des nibelungen), beides in der<br />

Regie von Günter Krämer. 2006 gab er mit<br />

Jesus christ superstar am Landestheater<br />

Coburg sein Regiedebüt. Dort folgten weitere<br />

Regiearbeiten: Jekyll and hyde, zwei<br />

herzen im dreivierteltakt sowie hello dolly<br />

am Landestheater Linz. Mit Bernd Mottl<br />

arbeitete er bereits in Köln (csárdasfürstin)<br />

und in Hannover (my fair lady) zusammen.<br />

In dieser Spielzeit folgt die Choreografie zu<br />

Ball im savoy an der Komischen Oper.<br />

Sebastian Kohlhepp


32<br />

veronika pfaffenzeller Julia de Weert<br />

Seit der Spielzeit 2011/12 ist die Sopranistin Ensemblemitglied am<br />

STAATSTHEATER KARLSRUHE und sang hier u. a. bereits Zerlina in don<br />

Giovanni. In der Spielzeit 2012/13 ist sie als Erste Dame in Die Zauberflöte,<br />

Polyxène in die trojaner und als Gerhilde im ring des nibelungen zu<br />

erleben.<br />

ina schlinGensiepen Julia de Weert<br />

Die Sopranistin studierte in Sofia/Bulgarien, bevor sie 1999 am Theater<br />

Bremen engagiert wurde. Seit 2002 ist sie festes Ensemblemitglied am<br />

STAATSTHEATER KARLSRUHE. In der Spielzeit 2012/13 singt sie u. a.<br />

Beauty in der sieg von zeit und Wahrheit, Marie in die regimentstochter<br />

sowie Pamina in Die Zauberflöte.<br />

christina Bock Hannchen<br />

Die Sopranistin ist Mitglied des <strong>Karlsruhe</strong>r Opernstudios und in der<br />

Spielzeit 2012/13 als Abiah in der Jugendoper Border, Giovanna in rigoletto,<br />

Zweiter Diplomat/Mitarbeiter in Wallenberg sowie als Zweite<br />

Dame in Die Zauberflöte zu erleben.<br />

lydia leitner Hannchen<br />

Nachdem die österreichische Sopranistin in der Spielzeit 2011/12 bereits<br />

als Maid Mary-Ann in robin hood am STAATSTHEATER KARLSRUHE<br />

gastierte, ist sie seit 2012/13 Mitglied des <strong>Karlsruhe</strong>r Opernstudios und in<br />

dieser Spielzeit u. a. als Frasquita in carmen zu hören.<br />

steven eBel August Kuhbrot, der erste Fremde<br />

Der Tenor debütierte 2009 am Royal Opera House in London und gehört<br />

seit dieser Spielzeit fest zum Ensemble des STAATSTHEATERS KARLS-<br />

RUHE. In der Spielzeit 2012/13 singt er außerdem Cinna in die vestalin,<br />

Bob Bowles in peter Grimes, Dancaïro in carmen und den Ersten Geharnischten<br />

in Die Zauberflöte.<br />

seBastian kohlhepp August Kuhbrot, der erste Fremde<br />

Der Tenor singt in dieser Spielzeit Pleasure in der sieg von zeit und<br />

Wahrheit, Remendado in carmen, Tamino in Die Zauberflöte. Im<br />

Sommer 2012 gastierte er am Theater an der Wien als Eurimaco in<br />

l’incoronazione di poppea. Sebastian Kohlhepp wechselt zur Spielzeit<br />

2013/14 in das Ensemble der Wiener Staatsoper.


andreW finden Roderich de Weert, der zweite Fremde<br />

Seit der Spielzeit 2011/12 ist der australische Bariton festes Ensemblemitglied<br />

am STAATSTHEATER KARLSRUHE. In der Spielzeit 2012/13 singt<br />

er außerdem Farid in Border, Ned Keene in peter Grimes, Moralès in<br />

carmen, Papageno in Die Zauberflöte, Clito in alessandro und Graf Almaviva<br />

in die hochzeit des figaro.<br />

armin kolarczyk Roderich de Weert, der zweite Fremde<br />

Der Bariton war ab 1997 am Theater Bremen engagiert, bevor er 2007<br />

ans STAATSTHEATER KARLSRUHE wechselte. Eine CD mit Schuberts<br />

schwanengesang ist vor Kurzem erschienen. In dieser Spielzeit singt er<br />

außerdem Wolfram in tannhäuser, Tadeusz in die passagierin, Ioalas in<br />

Border sowie Graf Almaviva in die hochzeit des figaro.<br />

ks. tero hannula Joseph Kuhbrot<br />

Der aus Finnland stammende Bariton war ab 1993 festes Ensemblemitglied<br />

am STAATSTHEATER KARLSRUHE, wo ihm 2004 für seine künstlerische<br />

Arbeit der Titel „Kammersänger“ verliehen wurde. Gastspiele<br />

führten ihn außerdem u. a. nach Wien, Hamburg, Dresden, Moskau und<br />

St. Petersburg.<br />

ks. hans-JörG Weinschenk Joseph Kuhbrot<br />

Der Tenor ist seit 1980 Ensemblemitglied am STAATSTHEATER. 2000<br />

wurde ihm der Titel „Kammersänger“ als Anerkennung für seine künstlerische<br />

Leistung verliehen. In dieser Spielzeit singt er Remendado in<br />

carmen und Spoletta in tosca.<br />

reBecca raffell Wilhelmine Kuhbrot<br />

Die Altistin gastierte u. a. an der Deutschen Oper am Rhein, bevor sie in<br />

der Spielzeit 2011/12 ans STAATSTHEATER KARLSRUHE wechselte. In<br />

dieser Spielzeit singt sie außerdem die Marquise de Berkenfield in die<br />

regimentstochter, die Alte in die passagierin sowie die Dritte Dame in<br />

Die Zauberflöte.<br />

stefanie schaefer Wilhelmine Kuhbrot<br />

Die Mezzosopranistin gastierte u. a. am <strong>Staatstheater</strong> Wiesbaden, am<br />

<strong>Staatstheater</strong> Stuttgart sowie am Nationaltheater Mannheim. In der<br />

Spielzeit 2012/13 singt sie in <strong>Karlsruhe</strong> u. a. die Titelpartie in carmen,<br />

Cherubino in die hochzeit des figaro sowie Sigrune und Wellgunde im<br />

ring des nibelungen.<br />

33


34<br />

florian kontschak Egon von Wildenhagen<br />

Der Bass Florian Kontschak entdeckte sein Gesangstalent während des<br />

Schulmusikstudiums in <strong>Karlsruhe</strong> und begann 2006 mit der künstlerischen<br />

Ausbildung im Hauptfach. Seitdem sang er u. a. beim Vocalensemble<br />

Rastatt mit Holger Speck sowie vielfach im In- und Ausland.<br />

In der Spielzeit 12/13 ist er u. a. als Kopreus in Border zu erleben.<br />

max friedrich schäffer Egon von Wildenhagen<br />

Der Tenor studierte Gesang in Hamburg, bevor er 2010 an die Hochschule<br />

für Musik <strong>Karlsruhe</strong> wechselte. Als Mitglied des Opernstudios singt<br />

er in der Spielzeit 2012/13 u. a. Heinrich der Schreiber in tannhäuser,<br />

Manol in der Jugendoper Border, Borsa in rigoletto sowie Don Curzio in<br />

die hochzeit des figaro.<br />

dominik Büttner a. G. Diener Hans / Diener Karl<br />

Dominik Büttner absolvierte seine Ausbildung mit Diplom in Schauspiel,<br />

Gesang und Tanz an den Performing Arts Studios Wien und an der Ballettschule<br />

der Wiener Staatsoper. Daneben entwarf er die Choreografien<br />

z. B. für Friedrich Hollaenders tingel tangel und für la strada an der<br />

Vaganten Bühne Berlin.<br />

eric rentmeister a. G. Diener Hans<br />

Der freiberufliche Lehrer für Schauspiel, Rollenstudium und Liedinterpretation<br />

ist Dozent an der Universität Hildesheim und der Hochschule<br />

Osnabrück. Er steht regelmäßig als Schauspieler auf der Bühne und<br />

ist auch als Choreograf tätig. Seine nächste Arbeit ist das Musical das<br />

apartment von Burt Bacharach am Theater Heilbronn.<br />

frank Wöhrmann a. G. Diener Karl<br />

Frank Wöhrmann studierte an der renommierten Folkwang-Hochschule<br />

Essen Schauspiel, Gesang und Tanz. Es folgten Musical-Engagements<br />

in Deutschland, Österreich und der Schweiz. 2010 feierte er in Bernd<br />

Mottls legendär gewordener Inszenierung der csárdásfürstin sein Operettendebüt<br />

an der Oper Köln.<br />

Christina Bock, Andrew Finden


BildnachWeise<br />

umschlaG Felix Grünschloß<br />

szenenfotos Jochen Klenk<br />

textnachWeise<br />

Der Text von Florian Ziemen ist eine<br />

überarbeitete Fassung seines Beitrags<br />

für das <strong>Programmheft</strong> der vetter<br />

aus dingsda, Theater Bremen 2010.<br />

Die Zeittafel erstellte Sandra Kokott.<br />

Nicht gekennzeichnete Texte sind<br />

Originalbeiträge für dieses Heft von<br />

Raphael Rösler.<br />

Sollten wir Rechteinhaber übersehen<br />

haben, bitten wir um Nachricht.<br />

BADISCHES STAATSTHEATER<br />

KARLSRUHE 12/13,<br />

<strong>Programmheft</strong> Nr. 90<br />

www.staatstheater.karlsruhe.de<br />

impressum<br />

herausGeBer<br />

BADISCHES STAATSTHEATER<br />

KARLSRUHE<br />

Generalintendant<br />

Peter Spuhler<br />

verWaltunGsdirektor<br />

Michael Obermeier<br />

chefdramaturG<br />

Bernd Feuchtner<br />

operndirektor<br />

Joscha Schaback<br />

redaktion<br />

Raphael Rösler<br />

redaktionelle mitarBeit<br />

Daniel Rilling<br />

konzept<br />

DOUBLE STANDARDS BERLIN<br />

www.doublestandards.net<br />

GestaltunG<br />

Kristina Pernesch<br />

druck<br />

medialogik GmbH, <strong>Karlsruhe</strong><br />

War’s nur ein spuk<br />

im schadel?<br />

36 Sebastian Kohlhepp & Ensemble


och die märchen,<br />

ie marchen sind<br />

eider nicht Wahr.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!