Bericht
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JOSÉPHINE MARGAUX & CLARA PAULINE LAFLEUR<br />
Die Idee finde ich gut. Muss ich auch. Denn schliesslich heissen meine beiden Kinder<br />
Melanie Margaux und Stefan Palmer Gabriel. Bei diesen beiden besonders hübschen<br />
Mädchen handelt es sich um zwei ganz junge Kölnerinnen die in den Jahren 2009 (Clara<br />
Pauline Lafleur) und 2008 (Joséphine Margaux) das Licht der Weinwelt erblickten.<br />
Stolze Eltern; der weinangefressene Apotheker René und dessen das Hobby tolerierende<br />
und auch partizipierende Gattin Caroline Wagner.<br />
Von René Gabriel: www.weingabriel.ch<br />
Es war den auch nicht primär eine<br />
Raritätendegustation, sondern eine Art<br />
Namenstest um zu prüfen, ob die zu den<br />
Girlies dazugehörenden Châteaunamen<br />
auch richtig gewählt wurden.<br />
Test bestanden! Zumindest von der<br />
Auswahl der Charaktere. Zum einen der<br />
populäre Château Margaux. Der unter<br />
seinem Namen eine halbe Million Flaschen<br />
(inkl. Pavillon Blanc und Pavilon Rouge)<br />
jedes Jahr auf den Markt bringt. Beliebt,<br />
schön, fein und elegant.<br />
Zum andern der rare, nur den Freaks<br />
bekannte Château Lafleur. Gerade<br />
durchschnittlich 12'000 Flaschen werden<br />
von diesem tiefgründigen, extrem<br />
lagerfähigen, charaktervollen Pomerol<br />
produziert. Das Geheimnis seines<br />
Andersseins ist der – für die Region<br />
unglaublich hohe Anteil von 50 %<br />
Cabernet Franc. Ob diese ausgeprägten<br />
Eigenschaften später auch den nach deren<br />
Namen benannten Kinder zutrifft ist<br />
allerdings jetzt noch nicht abzuschätzen.<br />
Fest steht: Beide können sich dereinst auf<br />
eine ansehnliche Menge Ihres Namens-<br />
Châteaux freuen. Nomen est Omen!<br />
Leider zeigte sich der allererste Wein, der<br />
1934 Château Margaux mit einem<br />
fürchterlichen Essigstich. Also findet<br />
dieser vielleicht Verwendung für einen<br />
19/20-Salat. Eine überreife, eventuell<br />
irgendwann auf dem Weg vom Château bis<br />
zum Besitzer zu warm gelagerte Flasche<br />
Margaux liess ich ebenfalls ohne<br />
Bewertung stehen da vom Idealbild<br />
abweichend. Ein leichtes Fragezeichen<br />
notierte ich neben den Notizen zum<br />
Château Lafleur 1950. Sonst herrsche Eitel<br />
Freude, nicht zuletzt, weil diese Probe an<br />
der lediglich 8 Personen am Gabentisch<br />
sassen von einem sensationellen Menu aus<br />
der Küche von Steffen Kimig vom<br />
Restaurant Kap am Südkai in Köln<br />
unglaublich harmonisch und aromatisch<br />
ergänzt wurde.
1947 Margaux Vandermeulen: Dunkles<br />
Granat mit relativ wenig Reifetönen,<br />
wirkte jünger als der 59er der daneben<br />
stand. Herrlich süsser Terroirduft, ein<br />
Hauch Rosinen, feinschichtig und sehr<br />
elegant, intakt und perfekt, nach 10<br />
Minuten Curry- und Madeiraduft, nach 20<br />
Minuten Rubyportnuancen. Die Nase<br />
begann sogar mit 20/20! Im Gaumen<br />
saftig, wieder mit einer delikaten Süsse im<br />
Extrakt, Dörrfrüchte und gerösteter Kaffe<br />
im Finale, nach einer Viertelstunde dezent<br />
mürbe und trocken werdenden. Erst nach<br />
einer halben Stunde kam die<br />
jahrgangstypische, portige 47er Charakter<br />
zum Vorschein. 19/20 trinken<br />
1959 Margaux: Aufhellendes Weinrot,<br />
deutlich oranger und ziegelroter Rand.<br />
Geröstete Mandeln, leicht buttrig mit heller<br />
Schoko- und dunkler Caramelton, erinnert<br />
an einen sehr reifen Chambertin, vom Duft<br />
her dominikanischer Tabak und<br />
gebrauchtes Leder. Auch im Gaumen<br />
burgundisch, deutliche Süsse mit viel<br />
Schmelz in den fetten Tanninen. Noch nie<br />
so gut getrunken! 19/20 austrinken<br />
1900 Margaux: Trübe, orangebraune<br />
Farbe, transparenter Rad. Herrlich süsser,<br />
leicht leimiger Duft, getrocknetes<br />
Rosenholz, Thujatöne, Maccis, ein Hauch<br />
Bittermandel, Malznoten, ein Hauch<br />
Caramel, lieblicher Malvasia-Sherryduft<br />
mit feinen Kräuternoten durchsetzt. Im<br />
Gaumen völlig beschlagen mit feinem,<br />
kaltem Milchkaffee, wieder Caramel,<br />
Ricola-Bonbons und sogar eine Spur<br />
Erdbeermark, weiche, samtene Textur mit<br />
cremigem Fluss, in der Grundaromatisch<br />
schwankend zwischen leichtem,<br />
ausgereiftem Port und halbsüssem Sherry,<br />
klingt endlos nach mit einer tänzerischen<br />
Nonchalence. Bewegendes, emotionelles<br />
Altweinerelebnis. 20/20 austrinken<br />
1978 Margaux: Kräftige Farbe, wenig<br />
Reifeschimmer. Kühles, aromatisches<br />
Bouquet, leicht speckig und Fichtentouch.<br />
Saftiger, seidiger Gaumenfluss, sehr<br />
elegant, endet dezent grünlich, gebündeltes<br />
Finale. Toller, eleganter 19 78er, der zur<br />
Spitze gehört und dabei wahre eine<br />
Premier-Grand-Cru-Klasse zeigt. 18/20<br />
trinken<br />
1983 Margaux: Reduktiv, zeigt leider<br />
einen chemischen Ton. Dann habe ich das<br />
Glas genommen und x-Mal in ein anderes<br />
Glas hin und her dekantiert. Dann gewartet<br />
bis die Luftbläschen weg waren. Und siehe<br />
da. Süss, viel Frucht, fein pfeffrig, völlig<br />
jung. Im Gaumen (es gibt rustikalere<br />
Flaschen) fein, zart und mit traumhaftem<br />
Schmelz, gebündeltes Finale mit viel<br />
himbeerigen Fruchtresten drin. Selten so<br />
extrem jung erlebt. Eine sensationelle<br />
Flaschen mit mehreren Dekaden Reserven.<br />
20/20 trinken<br />
1947 Lafleur Vandermeulen: Dunkles<br />
Weinrot mit feinem Reifeschimmer.<br />
Minziges, Rotpflaumiges Bouquet, schön<br />
ausladend, Hagebuttentee, eine unglaublich<br />
rotbeerige Süsse zeigend, auch hier wieder<br />
Kräuter, Süssholz, extrem vielschichtig<br />
und berauschend, feine malzig im<br />
komplexen Untergrund, je länger der Wein<br />
an der Luft ist, desto tiefgründiger und<br />
tabakiger wird die Würztiefe. Erhabener<br />
Gaumen, samtener Fluss, noch etwas<br />
Frucht aber jetzt auch erdig-schokoladiger<br />
Geschmack auf der Zunge zeigend,<br />
unglaublich aromatisch noch eine gewisse<br />
Adstringenz zeigend. Eine Pomerollegende<br />
die nach allem anderen schmeckt ausser<br />
nach Pomerol, im Prinzip ganz einfach<br />
nach Lafleur. 20/20 trinken
1949 Lafleur: Dramatisch tiefe Farbe.<br />
Bakelitnoten zu Beginn, getrocknete<br />
schwarze Pilze, Süssholz, leere Tabakkiste,<br />
Backpflaumen, dezent salzig, ein Touch<br />
von Sojasauce. Im Gaumen fest, fleischig,<br />
rohes Hirschschnitzel, zeigt eine gewisse<br />
Cabernet-Affinität, bleibt eher rustikal,<br />
irgendwie fehlt ihm – auf hohem Niveau<br />
gejammert – der Schmelz. Im Prinzip<br />
leicht über dem Zenit. Ein sehr klassischer<br />
Lafleur. 19/20 austrinken<br />
1950 Lafleur: Dunkles Braun mit orangen<br />
Reflexen. Eigenwillige Nase, Boal-<br />
Madeiraduft, ziemlich süss, viel<br />
Feigensirup, sehr eigenwillig, fast schon<br />
etwas Kräuterliköriges drin zeigend. Im<br />
innern bleibt hartnäckig eine ganz feine<br />
Kohlensäure, aber auch Erinnerungen an<br />
einen Sirup. Ich hatte ihn schon anders. Es<br />
bleibt ein Fragezeichen. Nach 30 Minuten<br />
nochmals so dekantiert das die ganz feinen<br />
Bläschen verschwanden. Legte dabei zu<br />
und wurde fast genial. 19/20 austrinken<br />
1964 Lafleur: Sehr dunkel mit schwarzen<br />
Reflexen in der Mitte. Verhaltenes und<br />
gleichzeitig königliches Bouquet, zarteste<br />
Minztöne und sonstige, frische Kräuter,<br />
noch immer Cassis und Brombeeren, dann<br />
ledrige Noten zeigend, feine Fülle, absolut<br />
perfekt, grosse Bordeauxklassik vom Duft<br />
her. Grossartiger Gaumen, jung und kräftig<br />
und doch mit Finessen gepaart. Es gibt hier<br />
nicht Vergleichbares im Bordelais bei<br />
diesem Jahrgang. Vielleicht am ehesten<br />
mit Latour vergleichbar. Dies deutet auf<br />
den extrem tiefschürfenden Terroirton hin<br />
der sich in einer verschwenderisch<br />
schwarzen Trüffelnote offenbart. 20/20<br />
1970 Lafleur: Junge Farbe, satt, immer<br />
noch Granatschimmer in der Mitte.<br />
Intensive Würze, getrocknete<br />
Herbsttrompeten, Rauch, wirkt sehr barock<br />
und tiefgründig. Ein grosser, erhabener<br />
Schluck im Gaumen, fest, die Säure<br />
perfekt eingebunden, fleischig, muskulös,<br />
Torfnoten im schwarzaromatischen und<br />
schwarztabakigen Finale. Man sollte ihn<br />
sehr lange dekantieren – mindestens 4<br />
Stunden. Der Wein wird sich nicht schnell<br />
entwickeln und noch in 40 Jahren ein<br />
Jungbrunnen sein. 20/20 trinken<br />
1971 Lafleur: Mittlere Farbtiefe aber noch<br />
durchaus jung. Viel Hirschleder und heller<br />
Tabak, Zedernholz, Backpflaumen,<br />
dunkles Malz, eine weiche, charmante und<br />
doch etwas trockene Süsse zeigend,<br />
irgendwie eine gewisse La-Tâche-Affinität<br />
zeigend durch eine Anflug von<br />
Kreuzkümmel, man hat das Gefühl man<br />
schnuppert Zirkusluft. da. Cremiger<br />
Gaumen, saftig, weiche Säure, eine<br />
dezente Altfassnote die aber auch zum<br />
erdig-süssen Geschmack des recht<br />
voluminösen Gaumen passt, zeigt noch<br />
gewisse Reserven im Innern, genial und<br />
speziell. Wirkt sogar noch leicht jünger als<br />
Pétrus. 19/20 trinken<br />
Der Kölner Lafleur- und Margauxsammler<br />
René Wagner in seinem Königreich…