Einblick 02/2009 - Stiftung Tosam
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D i e e i n z i G e n t e M P e l<br />
D i e u n s b l e i b e n<br />
s i n D D i e e i n k a u f s z e n t r e n<br />
Einkaufen, lädele, flanieren<br />
in Einkaufszentren hat heute<br />
einen ganz anderen Stellenwert<br />
als das Einkaufen von früher.<br />
Einkaufen ist heute mehr als<br />
nur posten. Einkaufen ist eine<br />
Freizeitbeschäftigung. Und<br />
wahrscheinlich ist es eben sogar<br />
mehr als nur dies. Es ist eine<br />
Huldigung an den Konsum.<br />
Und darum wohl der Vergleich<br />
von Konstantin Wecker mit den<br />
Tempeln. Es erstaunt mich auch<br />
nicht mehr, dass nun Bestrebungen<br />
im Gange sind, die Ladenöffnungszeiten<br />
erheblich zu ver-<br />
grössern. Denn schliesslich kaufen ja nicht mehr<br />
nur die Hausfrauen ein, sondern auch die ausser<br />
Haus werktätigen Männer und Frauen. Und<br />
anscheinend reicht dazu der Samstag nicht –<br />
nun bläst man zum Angriff auf den Sonntag.<br />
Womit wir wieder bei den Tempeln wären.<br />
Die Huldigung an den Konsum führt dazu,<br />
dass vieles neu gekauft wird, obwohl das Alte<br />
noch nicht defekt ist. Man möchte wieder einmal<br />
etwas Anderes, vielleicht etwas Besseres,<br />
Moderneres. Und dann bleibt das Alte übrig,<br />
immer noch brauchbar und nützlich. Dann<br />
MARTiN GROB, GESCHäFTSLEiTER<br />
6<br />
In einem Interview mit der<br />
Zeitschrift «Zeitpunkt» sagte<br />
der Liedermacher Konstantin<br />
Wecker:<br />
‹...Mittlerweile ist ja auch<br />
das gesamte leben schon<br />
eingestellt auf den konsum...<br />
Jugendliche treffen<br />
sich auch gerne in diesen<br />
einkaufszentren. es ist<br />
natürlich auch kein Wunder,<br />
dass wir keine spiritualität<br />
mehr haben, wenn<br />
die einzigen tempel, die<br />
uns bleiben, einkaufszentren<br />
sind...›<br />
bringt man es in die Sammelstellen<br />
oder Brockenhäuser der <strong>Stiftung</strong><br />
<strong>Tosam</strong>. Man ist froh, dass<br />
man es nicht zum Abfall degradieren<br />
muss – vielleicht hat man<br />
dem alten Stückli gegenüber<br />
sogar ein leises schlechtes<br />
Gewissen. Und die <strong>Stiftung</strong><br />
<strong>Tosam</strong> ist froh, all die Gaben<br />
gratis und franko zu erhalten,<br />
um sie anderen «Verbrauchern»<br />
wieder verkaufen zu können.<br />
Und alle sind zufrieden mit diesem<br />
Konsumkreislauf! Eine<br />
Win-Win-Situation.<br />
Dürfen wir als Betreiber<br />
von Recycling- und Wertstoffsammelstellen<br />
trotzdem unsere Bedenken äussern? Ich meine,<br />
wir dürfen nicht nur, wir müssen sogar. In der<br />
Recyclingstelle in Herisau werden durchschnittlich<br />
jeden Tag 8,5 Tonnen Güter angeliefert. An<br />
einem Samstag können es auch schon mal 16<br />
Tonnen sein. Dass bei diesen Gütern nicht nur<br />
Abfall dabei ist, versteht sich von selbst. Hier<br />
zeigt sich das Gesicht unseres Wohlstandes.<br />
Wohin führt das wohl?<br />
Mich dünkt es schon leicht ironisch, dass in<br />
diesen Sammelstellen mehrheitlich Menschen<br />
arbeiten, die sich ein solches Gebaren schlicht<br />
nicht leisten können, da sie an oder unter der<br />
Armutsgrenze leben. Aber sie können ja dann<br />
wenigstens diese Zweithand-Artikel zu günstigen<br />
Preisen erstehen und sind somit ebenfalls<br />
zufrieden mit diesem Konsumkreislauf. Wieder<br />
eine Win-Win-Situation.<br />
Ich könnte mir durchaus noch sinnvollere<br />
Tempel vorstellen, als die Einkaufszentren. In<br />
diesem Herbst war ich z.B. auf dem Rotsteinpass,<br />
auf der Meglisalp und am Seealpsee. Dies<br />
waren alles Tempel. Und es gibt sie noch zahlreich<br />
in unserer nächsten Umgebung. Lauter<br />
Tempel, um seine Spiritualität zu aktivieren.<br />
Martin Grob, Geschäftsleiter y