K U L L A C K - VSVI Hessen
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Seminar Vergaberecht<br />
Andrea Maria Kullack<br />
Rechtsanwältin<br />
Seminar <strong>VSVI</strong><br />
21. November 2007<br />
Friedrichstraße 15 · 60323 Frankfurt am Main · Tel. 069 / 719 126 30 · Fax 069/ 719 126 31<br />
Gliederung<br />
A. Neue Regelungen<br />
B. VOB/A – Verfahren<br />
• Unterkriterien<br />
• Austausch eines<br />
Bietergemeinschaftsmitglieds<br />
• Nachweis der Eignung<br />
• Ausschluss von Angeboten<br />
• Aufhebung der Ausschreibung<br />
• Mehrkosten aus Zuschlagsverlängerung<br />
1<br />
2
A. Neue Regelungen<br />
VOB/A 2006<br />
• Präqualifikationsverfahren, § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A<br />
• Wettbewerblicher Dialog; § 3a Nr. 1c) u. Nr. 4 Abs. 1 – 7 VOB/A<br />
• Einsatz von Nachunternehmer, § 8a Nr. 10 VOB/A<br />
• Gewichtung von Wertungskriterien, § 10a VOB/A<br />
• Anforderungen an Vergabevermerk, §§ 30a, 33a VOB/A<br />
3
B. VOB/A - Verfahren<br />
Unterkriterien<br />
5<br />
6
Bewertung anhand von Unter-<br />
Unterkriterien ist zulässig!<br />
Einem Auftraggeber ist es gestattet, "Unterkriterien der Unterkriterien"<br />
zu bilden.<br />
Wird dem Auftraggeber eine Neubewertung aufgegeben, können<br />
weitere "Unter"-Unterkriterien gebildet werden, soweit sie sachlich auch<br />
tatsächlich unter das bekannt gemachte Unterkriterium subsumierbar<br />
sind und nicht gegen das Transparenzgebot, das Gleichbehandlungsgebot<br />
oder das Willkürverbot verstoßen.<br />
(VK Sachsen, Beschluss vom 14.12.2005 - 1/SVK/142-05)<br />
Fehlende Angabe der Gewichtung<br />
vorhandener Unterkriterien: Preis ist<br />
entscheidend!<br />
Die fehlende Angabe der Zuschlags(unter)kriterien führt nicht automatisch<br />
zur Rechtswidrigkeit des Verfahrens. Aus der unterbliebenen<br />
Angabe von Wertungskriterien entgegen § 9a VOL/A folgt nur, dass die<br />
Vergabestelle bei der Entscheidung über die Auftragsvergabe solche<br />
Kriterien nicht berücksichtigen darf, sondern dann ausschließlich der<br />
niedrigste Preis entscheidend ist.<br />
(VK Brandenburg, Beschluss vom 13.03.2007 - 1 VK 7/07)<br />
7<br />
8
Fragenkatalog: Gewichtung der<br />
Antworten nach Ablauf der Angebotsfrist<br />
ist unzulässig!<br />
Die Vergabestelle hat die für eine Zuschlagserteilung maßgeblichen<br />
Kriterien, einschließlich der Unterkriterien und der Ausgestaltung der<br />
Wertungsmatrix, zwingend allen Bietern vor Ablauf der Angebotsfrist<br />
bekannt zu geben, sofern diese für die Angebotsgestaltung der Bieter<br />
relevant sind.<br />
Auch ein Fragenkatalog in den Verdingungsunterlagen, dessen Fragen<br />
mit "Ja", "Nein" oder "Optional" zu beantworten sind und der bewertet<br />
wird, stellt eine Bewertungsmatrix dar.<br />
Die Gewichtung der Antworten des Fragenkatalogs ist ebenfalls vor<br />
Ablauf der Angebotsfrist bekannt zu geben.<br />
(OLG Jena, Beschluss vom 26.03.2007 - 9 Verg 2/07)<br />
Wann sind Unterkriterien<br />
bekannt zu machen?<br />
Nimmt die Vergabestelle im Rahmen einer internen Bewertungsmatrix<br />
eine weitere Unterteilung der bekannt gegebenen Zuschlagskriterien<br />
und deren Unterkriterien vor und ordnet sie diesen eigene Gewichtungen/Punktsysteme<br />
zu, so erhebt sie diese in den Rang von Zuschlagskriterien,<br />
die gemäß Richtlinie 2004/18/EG Art. 53 Abs. 2 bzw. §<br />
10a a) VOB/A bekannt zu machen sind.<br />
(VK Thüringen, Beschluss vom 22.08.2007 - 360-4003.20-2713/2007-<br />
007-SHK)<br />
9<br />
10
Austausch eines<br />
Bietergemeinschaftsmitglieds<br />
Bietergemeinschaften /<br />
Arbeitsgemeinschaften<br />
• Das Angebot ist von sämtlichen Mitgliedern der Bietergemeinschaft<br />
zu unterzeichnen oder ein bevollmächtigter Vertreter wird bestimmt.<br />
• Die Vollmacht ist bei Angebotsabgabe vorzulegen.<br />
11<br />
12
Änderungen in Bietergemeinschaft<br />
führen zu erneuter Prüfpflicht der<br />
Vergabestelle!<br />
Der Gesellschafter einer Bietergemeinschaft scheidet nach<br />
Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwingend aus, die<br />
Bietergemeinschaft besteht aber weiter fort und verbleibt<br />
auch in der Wertung.<br />
Die Vergabestelle muss eine erneute Eignungsprüfung<br />
vornehmen und gegebenenfalls durch Aufklärung nach §<br />
24 VOB/A prüfen, ob die verbliebenen Mitglieder der<br />
Bietergemeinschaft in der Lage sind, auch ohne den<br />
insolventen Partner den Auftrag auszuführen.<br />
(VK Lüneburg, Beschluss vom 12.06.2007 - VgK-23/2007)<br />
Insolvenz eines<br />
Bietergemeinschaftsmitglieds: Kein<br />
zwingender Angebotsausschluss!<br />
Scheidet ein Gesellschafter einer Bietergemeinschaft nach<br />
Angebotsabgabe wegen Insolvenz aus, ist die Bietergemeinschaft nicht<br />
allein deshalb zwingend auszuschließen. Der Auftraggeber hat dann<br />
allerdings erneut die Eignung der Bietergemeinschaft zu prüfen.<br />
(OLG Celle, Beschluss vom 05.09.2007 - 13 Verg 9/07)<br />
13<br />
14
Bietergemeinschaft hinreichend<br />
erkennbar: Angebotsausschluss<br />
unzulässig!<br />
Auch wenn das Angebotsformular nur die Unterschrift und den Stempel<br />
einer Firma enthält, ist es als Angebot einer Bietergemeinschaft zu<br />
erkennen und einzuordnen, wenn dem Angebotsformular zugleich eine<br />
ausdrückliche Erklärung beiliegt, dass es sich um eine Bietergemeinschaft<br />
handle, die aus den darin aufgezählten Firmen gebildet<br />
werde, und sämtliche beteiligten Firmen diese Erklärung auch<br />
unterschrieben und abgestempelt haben.<br />
Die fehlende Bezeichnung des Bevollmächtigten der<br />
Bietergemeinschaft im Angebot kann auch nach dem Angebot, vor der<br />
Zuschlagserteilung beigebracht werden.<br />
(OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24.07.2007 - 17 Verg 6/07)<br />
Nachweis der Eignung<br />
15<br />
16
Konzeptionelle Darstellung und Planung<br />
als Gegenstand der Eignungsprüfung<br />
Ein Bieter ist nur insoweit verpflichtet, seinem Angebot<br />
Eignungsangaben und -nachweise beizufügen, wie der öffentliche<br />
Auftraggeber dies wirksam gefordert hat. Eine wirksame Forderung der<br />
Vergabestelle liegt auch vor, wenn konzeptionelle Darstellungen und<br />
Planungen zum Gegenstand der Eignungsprüfung gemacht werden<br />
und für deren Prüfung ein sich aus den Verdingungsunterlagen<br />
ergebender objektiver Maßstab angelegt wird.<br />
(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.05.2007 - Verg 1/0)<br />
Keine inhaltliche Prüfungspflicht des<br />
Auftraggebers hinsichtlich der vom<br />
Bieter genannten Referenzen<br />
Die Angabe von Referenzen soll den Auftraggeber gerade in die Lage<br />
versetzen, die Einschätzungen der in der Referenzliste genannten<br />
Auftraggeber in Erfahrung zu bringen. Er ist nicht verpflichtet, durch<br />
eigene Ermittlungen diese Einschätzungen auf ihren objektiven Gehalt<br />
hin zu überprüfen oder vor Verwertung der Informationen sogar eine<br />
gerichtliche Klärung der Bemängelungen, die ein früherer Auftraggeber<br />
erhebt, abzuwarten.<br />
(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.05.2007 - Verg 12/07)<br />
17<br />
18
Eignung muss auch auf nur optional<br />
beauftragte Leistungen geprüft werden!<br />
• Beinhaltet eine öffentliche Vergabe das<br />
Recht des Auftraggebers, weitere Leistungen<br />
optional abzurufen, muss sich die<br />
Eignungsprüfung auf alle Leistungen<br />
beziehen, das heißt sowohl auf die "fest" zu<br />
beauftragenden Leistungen als auch auf die<br />
später eventuell noch abzurufenden<br />
Leistungen.<br />
• VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom<br />
30.11.2006 – 1 VK LVwA 35/2006<br />
• VOB/A § 8Nr. 3, § 25Nr. 2; VOF §§ 10, 12<br />
Ausschluss von Angeboten<br />
19<br />
20
Angebote müssen vollständig sein, d.h.<br />
alle verlangten Erklärungen, Unterlagen<br />
etc. enthalten; § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3<br />
VOB/A<br />
Problembereiche:<br />
• Fehlende Preisangaben<br />
• Nachunternehmererklärungen<br />
• Fabrikats-, Typen und sonstige Produktangaben<br />
• Nebenangebote<br />
• Sonstige Erklärungen, z.B. Aufteilung in Material-/Lohnkosten,<br />
Bauzeitenplan, Eignungsnachweise, Tariftreueerklärung<br />
Angebotsausschluss wegen fehlender<br />
Unterlagen nicht immer zwingend!<br />
Ein Angebot muss nicht ausgeschlossen werden, wenn die fehlenden<br />
Unterlagen keine eigenständigen Erklärungen des Bieters enthalten.<br />
(OLG München, Beschluss vom 23.05.2007 - Verg 3/07)<br />
21<br />
22
Formale Angebotsprüfung: Keine<br />
übertriebenen Anforderungen!<br />
An die formalen Prüfungskriterien sind keine übertriebenen<br />
Anforderungen zu stellen.<br />
"Gegebenenfalls" geforderte Angaben brauchen zur Angebotsabgabe<br />
nicht vorzuliegen.<br />
Wird eine Bestempelung "aller Unterlagen" mit der Einschränkung<br />
versehen, dass es auf die Zuordnungsfähigkeit zum Bieter ankommt,<br />
so ist eine Stempelung jeder einzelnen Seite nicht erforderlich.<br />
Bei Mitgliedern einer Bietergemeinschaft reicht es aus, wenn ein<br />
Mitglied die erforderlichen Referenzen erbringt.<br />
(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.07.2007 - Verg 25/07)<br />
Inländerdiskriminierung durch<br />
vereinfachte Nachweisregelungen für<br />
ausländische Bieter?<br />
Die Forderung nach Vorlage eines Gewerbezentralregisterauszugs<br />
oder eines anderen amtlichern Nachweises, die von ausländischen<br />
Bietern in Ausnahmefällen durch eine Eigenerklärung erfüllt werden<br />
kann, stellt keine unzulässige Inländerdiskriminierung dar.<br />
(VK Bund, Beschluss vom 18.01.2007 - VK 3-153/06)<br />
23<br />
24
Gewerbezentralregisterauszug<br />
Bisher:<br />
Unternehmen mussten bei allen Vergabeverfahren für öffentliche<br />
Bauaufträge einen Gewerbezentralregisterauszug, der nicht älter als 3<br />
Monate war, vorlegen, um Zuverlässigkeit nachzuweisen<br />
Ab 14.09.2007 (Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zum Abbau<br />
bürokratische Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen<br />
Wirtschaft (MEG II)):<br />
• Ersetzung des Gewerbezentralregisterauszugs nach § 150 a der<br />
GewO durch Eigenerklärung oder / und Auftraggeber fordert selbst die<br />
Auskünfte aus dem Gewerbezentralregister<br />
• ab einer Bausummer von 30.000 €: Verpflichtung für öffentlichen<br />
Auftraggeber einen Gewerbezentralregisterauszug für den Bieter, der<br />
den Zuschlag erhalten soll, anzufordern<br />
Sozialversicherungsnachweis:<br />
Krankenkassenbescheinigungen für<br />
sämtliche Arbeitnehmer!<br />
Angebote sind zwingend vom Vergabeverfahren auszuschließen,<br />
soweit diese nicht die von der Vergabestelle zur Angebotsabgabe<br />
zwingend geforderten Eignungsnachweise enthalten.<br />
Verlangt die Vergabestelle als Eignungsnachweis den "Nachweis über<br />
die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung in der Sozialversicherung",<br />
sind Bescheinigungen sämtlicher gesetzlicher Krankenkassen<br />
vorzulegen, bei denen Arbeitnehmer des Bieters versichert sind.<br />
(OLG Koblenz, Beschluss vom 04.07.2007 - 1 Verg 3/07)<br />
25<br />
26
Zwingender Ausschluss eines Angebots<br />
bei fehlender - geforderter -<br />
Urkalkulation!<br />
Unter Erklärungen im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A fallen alle<br />
Erklärungen, die sowohl den Inhalt als auch die rechtlichen und<br />
sonstigen Rahmenbedingungen der zu erbringenden Leistung<br />
betreffen. Hierzu gehört auch die Urkalkulation, die die Preisermittlung<br />
im Detail festhält.<br />
Angebote, bei denen geforderte Erklärungen (z. B. die Urkalkulation)<br />
fehlen, sind zwingend auszuschließen. Die Gleichbehandlung ist nur<br />
gewährleistet, wenn alle Angebote die geforderten Erklärungen<br />
enthalten. Darauf, ob es sich um wettbewerbserhebliche Erklärungen<br />
handelt, kommt es nicht an.<br />
(VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.03.2007 - 1 VK 7/07, 8/07)<br />
Zwingender Wertungsauschluss bei<br />
Nichtvorlage der geforderten<br />
Urkalkulation<br />
Angebote, denen die in den Verdingungsunterlagen<br />
verlangte Urkalkulation bei Ablauf der Angebotsfrist<br />
nicht beigefügt ist, sind gemäß § 25Nr. 1 Abs. 1 b<br />
VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A von der<br />
Wertung auszuschließen.<br />
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.05.2007 - 17 Verg<br />
5/07<br />
VOB/A § 21 Nr.1 Abs. 1, § 25Nr. 1 Abs. 1 b<br />
27<br />
28
Urkalkulation - Genehmigungsfähigkeit<br />
der Erklärung zur Angebotsabgabe<br />
Wird in den Verdingungsunterlagen gefordert, dass man zu bestimmten Themen (z. B.<br />
Eintragung in die Handwerksrolle) "Angaben" machen muss, so genügen diesbezüglich<br />
auch Angaben; Nachweise können aufgrund einer solchen Formulierung nicht verlangt<br />
werden.<br />
Auch bei (aktiver) Ausübung einer Gesamtprokura kann die Rechtshandlung eines zunächst<br />
ohne Vertretungsmacht handelnden Gesamtvertreters nachträglich (formfrei, BGB § 182<br />
Abs. 2, und damit auch konkludent) sowohl gegenüber dem anderen Vertragsteil als auch<br />
(nur) gegenüber dem Gesamtprokuristen (BGB § 182 Abs. 1) genehmigt werden.<br />
Die Vertretungsmacht des die Unterschrift Leistenden muss der Vergabestelle, wenn sie<br />
dies nicht in den Vergabeunterlagen verlangt hat, nicht schon mit dem Angebot<br />
nachgewiesen werden. Eine entsprechende Verpflichtung des Bieters lässt sich weder den<br />
Vergabeunterlagen noch der gleichlautenden, bis 2000 gültigen Fassung des § 21 Nr. 1<br />
Abs. 1 VOB/A entnehmen.<br />
Wird die geforderte Urkalkulation nicht mit dem Angebot abgegeben, so ist dieses<br />
zwingend auszuschließen.<br />
Wird das wirtschaftlich günstigste Angebot aus Preis, Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und<br />
Fachkunde ermittelt, so muss die Wertung wiederholt werden, da es sich bei den drei<br />
letztgenannten Kriterien um Eignungskriterien handelt, die nicht nochmals zur<br />
Wertungsprüfung herangezogen werden dürfen.<br />
(OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24.07.2007 - 17 Verg 6/07)<br />
29<br />
Geforderter Bauzeitenplan muss mit dem<br />
Angebot abgegeben werden!<br />
Wird in der Ausschreibung die Vorlage eines Bauzeiten-<br />
/Bauablaufplans verlangt, so ist dieser zwingend abzugeben.<br />
Einen in Fachkreisen anerkannten Unterschied zwischen den Begriffen<br />
"Bauzeitenplan" und "Bauablaufplan" gibt es nicht. Beide bezeichnen<br />
eine Übersicht über die zeitliche Abfolge von Arbeiten auf einer<br />
Baustelle zur Information über den geplanten Beginn, die Dauer und<br />
das voraussichtliche Ende einzelner Tätigkeiten. Ein solcher Plan kann<br />
auch in Form eines Netz- oder Balkenplans erstellt werden.<br />
(OLG München, Beschluss vom 23.05.2007 - Verg 3/07)<br />
30
Änderung der Verdingungsunterlagen<br />
durch Beifügung eines Bauzeitenplanes:<br />
Ausschluss!<br />
Die Änderung von Verdingungsunterlagen<br />
gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A kann auch<br />
durch die Beifügung von Unterlagen und<br />
Begleitschreiben (hier ein nicht geforderter<br />
Bauzeitenplan) entstehen, wenn damit von<br />
den in den Verdingungsunterlagen<br />
vorgegebenen Vorgaben abgewichen wird.<br />
VK Münster, Beschluss vom 10.08.2007 – VK<br />
13/07<br />
GWB § 107 Abs. 2; VOB/A § 21 Nr. 1 Abs. 3<br />
Verpflichtungserklärung von<br />
Nachunternehmern: Prüfung auf erster<br />
Wertungsstufe!<br />
Die Verpflichtungserklärung eines Nachunternehmers gemäß § 8a Nr.<br />
10 VOB/A ist zunächst rein formal eine Erklärung im Sinne von § 21 Nr.<br />
1 Abs. 2 Satz 5 VOB/A 2006, mit der ein Nachunternehmer verbindlich<br />
erklärt, dass er für die Ausführung des Auftrags auch tatsächlich zur<br />
Verfügung stehen wird.<br />
Als Erklärung im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 VOB/A 2006 ist<br />
diese Verpflichtungserklärung auf der ersten Wertungsstufe gemäß §<br />
25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A zu prüfen. Angebote, denen die geforderten<br />
Nachunternehmererklärungen bis zu dem von der Vergabestelle<br />
bestimmten Zeitpunkt (vgl. hierzu Ziff. 7 im Vordruck EVM (B) BwB/E<br />
EG 212 des VHB) nicht beigefügt wurden, sind als unvollständig<br />
zwingend auszuschließen.<br />
(VK Münster, Beschluss vom 13.02.2007 - VK 17/06)<br />
31<br />
32
Verpflichtungserklärungen für (Nach-)<br />
Unternehmer sind mit dem Angebot<br />
vorzulegen!<br />
Nach § 8a Nr. 10 VOB/A sind Verpflichtungserklärungen unaufgefordert<br />
bereits mit dem Angebot vorzulegen.<br />
Die EG-Bekanntmachung muss keinen Hinweis auf die Vorlage von<br />
Verpflichtungserklärungen enthalten.<br />
Geforderte Angaben sind abzugeben, auch wenn hierfür kein Formular<br />
überlassen wird.<br />
(VK Köln, Beschluss vom 02.10.2007 - VK VOB 21/2007)<br />
Tariftreueerklärung des Nachunternehmers ist<br />
keine Verpflichtungserklärung!<br />
Die Tariftreueerklärung eines<br />
Nachunternehmers reicht zum Nachweis,<br />
dass dieser dem Bieter im Falle der<br />
Auftragserteilung zur Verfügung steht,<br />
nicht aus.<br />
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom<br />
10.10.2007 - VK-SH 20/07<br />
VOB/A § 8a Nr. 10 Satz 2, § 21 Nr. 1 Abs. 2, § 25<br />
Nr. 1 Abs. 1 b<br />
33<br />
34
Angebot mit Preisgleitklausel:<br />
Zwingender Ausschluss!<br />
Enthält das Angebot eines Bieters nicht - insgesamt - die geforderten<br />
Preisangaben, ist das Angebot gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 a VOL/A von<br />
der Wertung auszuschließen.<br />
Gleiches gilt auch, wenn das Angebot einen Vergütungsvorbehalt in<br />
Form einer Gleitklausel enthält, denn hierdurch werden die<br />
Preisangaben, soweit sie zukünftig zu erbringende Leistungen<br />
betreffen, relativiert, da insoweit keine konkrete Festlegung erfolgt.<br />
(OLG Saarbrücken, Beschluss vom 05.07.2006 - 1 Verg 1/06)<br />
Angebotsausschluss wegen<br />
Nichteinhaltung von<br />
Kalkulationsvorgaben<br />
Ein Angebot, das nicht auf der Basis eines verbindlich vorgegebenen<br />
Mindestlohns kalkuliert worden ist, enthält keine zutreffenden<br />
Preisangaben und ist zwingend auszuschließen.<br />
(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2007 - Verg 3/07)<br />
35<br />
36
Tarifuntreue Kalkulation: Kein<br />
zwangsläufiger Ausschluss!<br />
Das Tariftreuegesetz des Landes Schleswig-Holstein verpflichtet nicht<br />
zu einer tariftreuen Angebotskalkulation. In Betracht kommt lediglich<br />
ein Ausschluss als Unterkostenangebot.<br />
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 06.06.2007 - VK-SH 10/07<br />
(nicht bestandskräftig)<br />
Bauleitungskosten in<br />
Baustelleneinrichtungsposition:<br />
Ausschluss!<br />
Schlägt ein Bieter die gesamten Kosten der Bauleitung dem Preis einer<br />
Position zu, in der ausschließlich Baueinrichtungsleistungen erfasst<br />
sind, ist das Angebot auszuschließen.<br />
(OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.03.2007 - 17 Verg 4/07)<br />
37<br />
38
Baustellengemeinkosten: Keine<br />
Kalkulationsfreiheit der Bieter?<br />
Die Baustellengemeinkosten, für die das Leistungsverzeichnis eine<br />
Leistungsposition vorsieht, sind dort zu kalkulieren.<br />
Alle andere Baustellengemeinkosten müssen als Umlage bzw. als<br />
Zuschlag auf die Einheitspreise kalkuliert werden.<br />
(VK Bund, Beschluss vom 03.05.2007 - VK 2-27/07)<br />
Mischkalkulation von<br />
Baustellengemeinkosten in einzelnen<br />
Positionen zulässig!<br />
Eine unzulässige Mischkalkulation liegt nicht vor,<br />
wenn ein Bieter ohne Auf- und Abpreisung<br />
sogenannte Bereitstellungsgeräte (Baukran<br />
einschließlich Lohnkosten Kranführer) in die<br />
Position Baustelleneinrichtung einrechnet, wenn der<br />
Wortlaut des Leistungsverzeichnisses dies bei<br />
vertretbarer Auslegung zulässt, weil eine<br />
ausdrückliche Position für diese Kosten im<br />
Leistungsverzeichnis fehlt.<br />
VOB/A § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3, VOB/A § 21 Nr. 4, §<br />
25Nr. 1 Abs. 1 b, § 25Nr. 5 Satz 2<br />
OLG München, Beschluss vom 24.05.2007<br />
39<br />
40
Aufhebung der<br />
Ausschreibung<br />
Schwerwiegender Grund für Aufhebung<br />
der Ausschreibung?<br />
Ein schwerwiegender Grund im Sinne von § 26 Nr. 1 c VOB/A, der die<br />
Aufhebung der Ausschreibung rechtfertigt, kann vorliegen, wenn die<br />
Ausschreibung vergaberechtswidrige Anforderungen an die Bieter<br />
enthält, die zu einer Beschränkung des Bieterkreises führen<br />
(Eigenleistungsquote von 30% im eigenen Betrieb).<br />
Kann der Mangel des Verfahrens nicht anders und allenfalls im<br />
Rahmen einer Neuausschreibung behoben werden, so ist die<br />
Aufhebung der Ausschreibung unabhängig davon geboten, ob die<br />
Vergabestelle hinsichtlich der rechtswidrigen Vergabebedingungen ein<br />
Vorwurf trifft.<br />
(OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.03.2007 - 11 Verg 14/06)<br />
41<br />
42
Mehrkosten aus<br />
Zuschlagsfristverlängerung<br />
Bisherige Rechtsprechung<br />
• OLG Jena, Beschluss vom 28.06.2000<br />
• BayObLG, Beschluss vom 15.07.2002<br />
• OLG Jena, Beschluss vom 22.03.2005<br />
• OLG Jena, Beschluss vom 30.10.2006<br />
• OLG Hamm, Beschluss vom 05.12.2006<br />
• OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.02.2007<br />
• LG Saarbrücken, Urteil vom 06.09.2007<br />
• LG Köln, Urteil vom 23.10.2007<br />
43<br />
44
Auch im Bauvertragsrecht ist eine Vereinbarung<br />
der Leistungszeit entbehrlich und durchaus<br />
Raum für eine nachträgliche, dem eigentlichen<br />
Vertragsschluss nachfolgende Festlegung der<br />
Ausführungsfristen. Finden die Vertragsparteien<br />
insoweit keine Übereinstimmung, wird<br />
lückenfüllend auf die Bestimmungen der VOB/B<br />
(§§ 5 Nr. 2, 16), deren Anwendbarkeit hier<br />
vereinbart ist, zurückzugreifen sein.<br />
OLG Jena, Beschluss vom 28.06.2000 - 6 Verg<br />
2/00<br />
VOB/B §§ 5 Nr. 2, 16<br />
Vergabe - Verzögerung bei der Vergabe:<br />
Rechtsfolgen<br />
1. Die Bitte der Vergabestelle um Verlängerung der Zuschlagsfrist enthält<br />
nicht zugleich die konkludente Erklärung, über eine damit verbundene<br />
Neubestimmung der Bauausführungsfrist nachverhandeln zu wollen.<br />
2. Wird die Zuschlagsfrist verlängert, ohne daß sich die Beteiligten zu einer<br />
etwaigen Neubestimmung damit kollidierender Ausführungsfristen erklärt<br />
haben, so wird im Falle des Zuschlags das ursprüngliche Angebot mit den<br />
darin enthaltenen Ausführungsfristen Vertragsinhalt. Über die<br />
Neubestimmung der Leistungszeit und die etwaige Anpassung des<br />
Vertrages im Übrigen kann nach den Regeln der VOB/B auf der<br />
kalkulatorischen Grundlage des Ausgangsangebots eine Vereinbarung<br />
herbeigeführt werden.<br />
3. Zur Frage einer Aufhebung der Ausschreibung im Fall einer<br />
Neubestimmung der Bauausführungsfrist, die durch Verlängerung der<br />
Zuschlagsfrist erforderlich wird.<br />
BayObLG, Beschluss vom 15.07.2002 - Verg 15/02<br />
VOB/A § 11 Nr. 1, § 26 Nr. 1b, § 28Nr. 2 Abs. 2; VOB/B § 2 Nr. 5, §§ 5,6<br />
Nr. 2, 4<br />
45<br />
46
Bauvertrag - Auftraggeber trägt<br />
Vergabeverfahrensrisiko!<br />
1. Das sich aus einem Vergabenachprüfungsverfahren für den Bieter<br />
ergebende Verzögerungsrisiko (sog. Vergabeverfahrensrisiko) trägt<br />
grundsätzlich der Auftraggeber.<br />
2. Wird der Zuschlag in einer öffentlichen Bauvergabe aufgrund eines<br />
Nachprüfungsverfahrens mit Verzögerung erteilt und kommt ein Vertrag<br />
zustande, ist die Leistungszeit in entsprechender Anwendung von § 6 Nr. 2<br />
VOB/B, die Vergütung in entsprechender Anwendung von § 2 Nr. 5 VOB/B<br />
anzupassen.<br />
3. Lehnt der Auftraggeber eine solche vom Auftragnehmer verlangte<br />
Anpassung bereits dem Grunde nach ab, hat der Auftragnehmer ein<br />
Leistungsverweigerungsrecht und ist daher nicht verpflichtet, mit den<br />
Bauarbeiten zu beginnen.<br />
4. Eine darauf gestützte Auftragsentziehung stellt eine sog. freie Kündigung<br />
mit der Folge dar, dass der Auftragnehmer volle Vergütung abzüglich<br />
ersparter Aufwendungen verlangen kann.<br />
OLG Jena, Urteil vom 22.03.2005 - 8 U 318/04<br />
BGB §§ 242, 320, 649; VOB/B § 2Nr. 5, § 6 Nr. 2, § 8 Nr. 1<br />
Ablauf der Bindefrist – Keine<br />
nachträgliche Verlängerung<br />
Mit Ablauf der Bindefrist erlischt ein Angebot gemäß § 146 BGB, so dass<br />
ein Zuschlag hierauf nicht mehr erteilt werden kann. Eine nach Ablauf der<br />
Bindefrist nochmals erklärte "Verlängerung" der Bindefrist ist als Abgabe<br />
eines neuen Angebots zu sehen, welches nach § 25 Nr.1 Abs.1 e VOL/A<br />
auszuschließen ist, da die Angebotsfrist überschritten ist. (OLG Jena,<br />
Beschluss vom 30.10.2006 – 9 Verg 4/06)<br />
47<br />
48
Mehrvergütungsanspruch nach<br />
Verlängerung der Zuschlagsfrist?<br />
• 1. Die Erklärung des Bieters gegenüber einem öffentlich-rechtlichen Auftraggeber,<br />
dass er einer Verlängerung der Zuschlagsfrist zustimme, enthält unter<br />
Berücksichtigung des Nachverhandlungsverbots (§ 24 Nr. 3 VOB/A) weder ein<br />
stillschweigendes Angebot zu einer Preisanpassung noch einen Verzicht auf ein<br />
Mehrpreisverlangen.<br />
• 2. Die Zustimmungserklärung schafft im Rahmen der Vertragsanbahnung lediglich<br />
eine Vertrauensgrundlage für den Auftraggeber, dass der Bieter weiterhin bereit ist,<br />
den Auftrag entsprechend seinem Angebot auszuführen, soweit sich dessen<br />
Grundlagen nicht nachweislich geändert haben.<br />
• 3. Die auf das ursprüngliche Angebot bezogene Zuschlagserteilung stellt ein<br />
verändertes Angebot im Sinne des § 150 Abs. 2 BGB dar, wenn die zunächst<br />
geplanten Termine nach dem übereinstimmenden Verständnis der Parteien im<br />
Zeitpunkt des Zuschlags nicht mehr vereinbart werden sollen.<br />
• 4. Der Bieter kann das veränderte Angebot annehmen oder seine Annahmeerklärung<br />
hinsichtlich der Vergütung modifizieren. Das darf er unter Beachtung des<br />
vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses der Parteien nur auf der Grundlage seiner<br />
Kalkulation und den vergütungsrelevanten Veränderungen, die zwischen dem<br />
ursprünglich vorgesehenen und dem tatsächlichen Zuschlagszeitpunkt eingetreten<br />
sind.<br />
• 5. Der Besteller ist in diesem Fall unter Beachtung seiner Kooperationspflicht<br />
verpflichtet, das hinsichtlich der Vergütung modifizierte Angebot anzunehmen, wenn<br />
er keinen triftigen Grund hat, es abzulehnen.<br />
OLG Hamm, Beschluss vom 05.12.2006<br />
49<br />
BGB § 150 Abs. 2; VOB/A § 24 Nr. 3<br />
Angebot auch nach Ablauf der Bindefrist<br />
zuschlagsfähig!<br />
Auch nach Ablauf der Bindefrist kann auf ein Angebot noch ein<br />
Zuschlag erfolgen.<br />
Der Ablauf der Bindefrist hat lediglich zur Folge, dass der Bieter an sein<br />
Angebot nicht mehr gebunden, ein Zuschlag vielmehr als Angebot der<br />
Vergabestelle zu werten ist (BGB §§ 148, 150 Abs. 1). Derartiges ist<br />
nur in § 28 Abs. 2 Satz 2 VOB/A ausdrücklich vorgesehen, für<br />
Vergaben nach der VOL/A sind jedoch keine Sachgründe für eine<br />
abweichende Handhabung ersichtlich.<br />
(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.02.2007 - Verg 3/07)<br />
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LG Saarbrücken, Urteil vom<br />
06.09.2007<br />
Bauzeit: 120 Werktage nach<br />
Zuschlagserteilung<br />
Beginn der Ausführung: spätestens 18 WT nach<br />
Zuschlagserteilung<br />
Bindefristverlängerung: 12,5 Monate (wg.<br />
Selbst. Beweisverfahren)<br />
Mehrkostenforderung: ca. 133 T €<br />
(AS: 1.384.098,10 €= 10 %)<br />
LG Saarbrücken: Klage abgewiesen<br />
Argumentation: vorbehaltlose Bindefristverlängerung bindet<br />
an das abgegebene Angebot ohne dessen<br />
Inhalt zu verändern aber! Diff. Zu Verzögerung<br />
wegen Nachprüfungsverfahren<br />
Zuschlagsverzögerung: Auftragnehmer hat<br />
keinen Anspruch auf Mehrvergütung<br />
• Stimmt der Auftragnehmer der<br />
Bindefristverlängerung vorbehaltlos zu, dann hält er<br />
sein Angebot in der ursprünglichen Fassung<br />
aufrecht, so dass mit der Zuschlagserteilung ein<br />
Vertrag mit diesem Inhalt zu Stande kommt und<br />
Kosten infolge Bauzeitverzögerung auch nicht aus<br />
einer analogen Anwendung des § 2 Nr. 5 VOB/B<br />
erstattet werden.<br />
• LG Saarbrücken, Urteil vom 06.09.2007 - 11 O 142/06<br />
(nicht rechtskräftig)<br />
• BGB 150 Abs. 2; VOB/A § 24Nr. 3, § 28; VOB/B § 2<br />
Nr. 5<br />
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52
Ich danke für Ihre<br />
Aufmerksamkeit!<br />
Andrea Kullack<br />
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Tel.: 069 – 71 91 26 30 / Fax: 069 – 71 91 26 31<br />
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