Berjer Depesche 3d_A1-A4 - Förderkreis Historisches Walberberg eV
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Seite 2 Förderkreis <strong>Historisches</strong> <strong>Walberberg</strong> e.V.<br />
straße hinauf bis zum Kirchplatz.<br />
Die Kirchstraße (heute: Walburgisstraße)<br />
war offensichtlich sehr<br />
begehrt, denn hier mussten die<br />
Budenbetreiber Ende der 1880er<br />
Jahre 20 Pfg. für den Quadratmeter<br />
Verkaufsfläche zahlen,<br />
während dieser nur 15 Pfg. im<br />
Rest des Dorfes kostete.<br />
Der älteste Ratsbeschluss für die<br />
<strong>Walberberg</strong>er Kirmes stammt<br />
aus 1847. Der <strong>Walberberg</strong>er<br />
Gemeinderat beschließt die<br />
"Erhebung einer Standgebühr für<br />
jede Bude am Kirmestag<br />
(Pfingstmontag), an dem sich<br />
auch viel auswärtiges Volk<br />
wegen der Wallfahrt im Dorf<br />
befindet". Die Standgebühren<br />
sollten der Gemeinde jährlich<br />
6 Taler einbringen. Der Gemeinderat<br />
rechnete wohl mit rd. 35-<br />
40 Verkaufsständen auf der<br />
Pfingstkirmes, da die übliche<br />
Gebühr für einen einfachen<br />
Verkaufsstand bei 4-5 Silbergroschen<br />
lag.<br />
Und es ging in <strong>Walberberg</strong> auf<br />
der Pfingstkirmes immer hoch<br />
her, wie auch viele ältere Mitbürger<br />
noch aus den Erzählungen<br />
ihrer Eltern und Großeltern<br />
zu berichten wissen. Man feierte<br />
sehr ausgelassen und so kam es<br />
auch zu teilweisen derben Auseinandersetzungen.<br />
Dass dies<br />
offensichtlich die Regel war, kann<br />
man auch einem polizeilichen<br />
Protokoll zur Pfingstkirmes von<br />
1885 entnehmen. Hier wird ausdrücklich<br />
erwähnt, dass "die<br />
Kirmes in <strong>Walberberg</strong>, die früher<br />
vielfach mit Schlägereien verbunden<br />
war …", in diesem Jahr<br />
ohne nennenswerte Vorfälle verlaufen<br />
sei.<br />
Kirmes im 20. Jahrhundert<br />
Auch die öffentlichen Verkehrsmittel<br />
leisteten ihren Beitrag, um<br />
Abb.. 2: Lithographiekarte "Jahrmarkt anno 2000" - GRUSS v.d. <strong>Walberberg</strong>er Kirmes um 1900. So stellte<br />
man sich vor 100 Jahren eine Kirmes im Jahr 2000 vor. Frauen-Power pur!<br />
mit dem zunehmenden<br />
Besucherstrom fertig zu werden.<br />
So setzten die Cöln-Bonner<br />
Kreisbahnen (CBK), die 1898 die<br />
Vorgebirgsbahn (Köln-Brühl-<br />
Bonn) eröffnet hatten, im ersten<br />
Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts<br />
zunehmend Sonderzüge an den<br />
Pfingsttagen ein. So steht im<br />
Dispositionsplan für den 30./31.<br />
Mai 1909: "Zur Bewältigung des<br />
Verkehrs werden auf der Vorgebirgsbahn<br />
alle Züge verstärkt.<br />
Die Wälder des Vorgebirges und<br />
die berühmte Pfingstkirmes in<br />
<strong>Walberberg</strong> üben ihre Anziehungskraft<br />
aus und spiegeln sich<br />
in einem sehr starken Verkehr<br />
wider. Durch die zahlreichen<br />
Sonntagszüge, die an beiden<br />
Festtagen verstärkt fahren, wird<br />
dem Verkehr Rechnung getragen.<br />
Für die Rückfahrt werden<br />
Sonderzüge, die bei Bedarf in<br />
der Regel kurz nach den fahrplanmäßigen<br />
Zügen abgefertigt<br />
werden, bereitgestellt."<br />
Mit Ausbruch des 1. Weltkrieges<br />
verlor auch die <strong>Walberberg</strong>er<br />
Pfingstkirmes an Bedeutung.<br />
1920 wurde aber den zehn<br />
Gastwirten in <strong>Walberberg</strong> wieder<br />
gestattet, an den 3 Kirmestagen<br />
Tanzmusik zu spielen, was<br />
sicherlich von der Bevölkerung in<br />
und um <strong>Walberberg</strong> nach dem<br />
Ende des Krieges mit Freude<br />
aufgenommen wurde, und 1925<br />
waren wieder allein 59 Buden<br />
und sonstige Attraktionen an den<br />
drei Kirmestagen vertreten.<br />
So herrschte auch in der ersten<br />
Hälfte des 20. Jahrhunderts zwei<br />
Wochen vor Pfingsten reges<br />
Treiben im Ort, um das Dorf für<br />
die anstehenden Pfingsttage<br />
ansehnlich herzurichten und<br />
gebührend herauszuputzen. Es<br />
gab auch zur Feier der Kirmes<br />
einen Kirmesbraten, und beim<br />
Bäcker erhielt man einen riesigen<br />
Wecken aus Griesmehl, den<br />
es früher in dieser Form nur zur<br />
Kirmes gab! Im Lauf des<br />
Montags kamen die Verwandten<br />
aus den umliegenden Dörfern,<br />
wie es schon seit Jahrhunderten<br />
zu Pfingsten Brauch war. Man<br />
traf sich in geselliger Runde,<br />
genoss die Blütenpracht des