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Unzensuriert Magazin 9/2013 - Medien - Leseprobe

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nes und sich selbst reproduzierendes System, das<br />

nur jenen Nachwuchs zulässt, der die Regeln des<br />

Systems hundertprozentig akzeptiert und sklavisch<br />

umsetzt. In die Publizistik-Studiengänge drängen<br />

schon deshalb fast nur politisch links orientierte<br />

junge Menschen. Für Andersdenkende bietet sich<br />

schlicht keine Jobchance. Die Handvoll Schreiber,<br />

die sich selbst als konservativ oder patriotisch, vielleicht<br />

gar als „rechts“ verorten, sind meist talentierte<br />

Autodidakten, in seltenen Fällen Ausbrecher aus<br />

dem System.<br />

Peinlicher Polit-Striptease auf Twitter<br />

Einen Teil ihrer Arbeitszeit und einen geringeren<br />

Anteil ihrer Freizeit verbringen Journalisten<br />

im sozialen Medium Twitter. Zu den Zeiten, in denen<br />

üblicherweise die Artikel entstehen, herrscht<br />

besondere Betriebsamkeit, an den Wochenenden<br />

nimmt die Journalisten-Dominanz in der „Twitteria“<br />

ab. Regelmäßige Bestandteile der Unterhaltung<br />

sind gegenseitiges Schulterklopfen für meist<br />

recht durchschnittliche Elaborate, mit seichter<br />

Ironie vorgetragene Sticheleien untereinander und<br />

rudelweise Angriffe auf die systemkritische politische<br />

Opposition, in Österreich also auf die Freiheitlichen.<br />

Zu letzterem Zweck verbünden sich<br />

Journalisten auch gerne mit Politikern von SPÖ<br />

und Grünen. Nachdem praktisch jeder Journalist<br />

in seiner Kurzvorstellung mit pseudooriginellen<br />

Formulierungen wie „Meinungen sind die meinen“<br />

oder – international angehaucht – „Expressing my<br />

own views“ jede noch so plumpe politische Attacke<br />

rechtfertigt, ziehen sich die meisten mehrmals<br />

wöchentlich ideologisch splitternackt aus und lassen<br />

ihrem blanken Hass freien Lauf. Besonders<br />

radikal und zugleich rüpelhaft äußerte sich jüngst<br />

der Chefredakteur der Wiener Lokalzeitung Falter,<br />

Florian Klenk, über die Aussagen des Salzburger<br />

FPÖ-Obmanns Karl Schnell in der Zuwanderungsdebatte:<br />

„Karl Schnell, Chef der Salzburger FPÖ,<br />

spricht von ‚Umvolkung‘. Er ist entweder ein Nazi<br />

oder ein Trottel“, twitterte Klenk zur Begeisterung<br />

nicht weniger Kollegen. Ein Online-Ressortleiter<br />

des Wirtschaftsmagazins Format antwortete „Tippe<br />

auch auf NaziTrottel... jederzeit erweiterbar um<br />

‚Voll‘!“. Und auch der ehemalige Kurier-Herausgeber<br />

Peter Rabl („Tippe auf Kombination von beidem“)<br />

mischte sich mit in den Chor der Claqueure,<br />

dem auch eine Nationalratsabgeordnete der Grünen<br />

angehörte.<br />

Selbst derart verbalrabiate Attacken auf jene, über<br />

die man in objektiver Weise berichten sollte, lösen<br />

in der selbstgerechten Journalisten-Gesellschaft<br />

also ausschließlich Bewunderung und keineswegs<br />

Zweifel an der Eignung für den Job aus. Immerhin<br />

sind die Meinungen ja als „die eigenen“ ausgewiesen<br />

worden. Im Beruflichen ist man natürlich in<br />

der Lage, diese strikt beiseite zu schieben...<br />

<strong>Medien</strong><br />

Journalisten gegen Journalisten<br />

Eine Gruppe, die sich über die (halb-)private<br />

Dauerkommunikation miteinander noch weiter<br />

homogenisiert und einschwört, geht entsprechend<br />

rüde mit ihren „schwarzen Schafen“ um – mit<br />

Journalisten oder <strong>Medien</strong>, die es wagen, dem politkorrekten<br />

Mainstream zu widersprechen, wenn<br />

auch nur in Momentaufnahmen. Wenn Heute-Redakteure<br />

nach dem Mord eines Mannes an seiner<br />

Ehefrau in Klagenfurt schreiben, dass der Täter zu<br />

jener „Sorte Mann“ gehöre, die „zum Glück eher<br />

hinterm Halbmond“ leben – in „Ländern, wo das<br />

Gesäß beim Beten höher ist als der Kopf “, so sind<br />

es Journalisten, die auf Twitter den unvermeidlichen<br />

„Shitstorm“ anführen und die sofortige Entschuldigung<br />

des Chefredakteurs samt Bestrafung<br />

der Verantwortlichen erzwingen. Gleiches fand<br />

statt, als in der Tiroler Tageszeitung jüngst ein Marokkaner<br />

portraitiert wurde, „der mit Bier und<br />

Toast statt Drogen handelt“. Und selbstverständlich<br />

war es ein Journalist – der beim profil für die<br />

neuesten Entwicklungen in Österreichs gehobener<br />

Gastronomie verantwortliche Klaus Karnolz – der<br />

das Schweizer <strong>Magazin</strong> Weltwoche wegen angeblicher<br />

Verhetzung anzeigte, weil dieses auf dem Cover<br />

die Problematik krimineller Zigeunerbanden<br />

mit einem Foto darstellte, das einen Roma-Buben<br />

mit Pistole zeigt. Ein Schweizer Journalist lieferte<br />

damals die Erklärung für das hysterische Geschrei<br />

zahlreicher Branchenkollegen: Mit der Weltwoche-<br />

Story würden „Themen salonfähig gemacht, die<br />

man nicht debattieren sollte“.<br />

(Fortsetzung auf der nächsten Seite)<br />

Die in der Schweiz verlegte<br />

Weltwoche ist ein konservativliberales<br />

Wochenmagazin.<br />

2012 stellte sie die Problematik<br />

krimineller Zigeunerbanden<br />

plakativ durch das Foto eines<br />

Roma-Buben mit Pistole dar<br />

und wurde deshalb wegen angeblicher<br />

Verhetzung angezeigt.<br />

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