Blaue Reihe - Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen eV
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Handeln eine ernsthafte kriegerische Auseinandersetzung zwischen Nord und Süd ausgeschlossen<br />
werden kann. Garant hier<strong>für</strong> dürfte auch der massive Einfluss der USA sein, der öffentlich weniger<br />
Beachtung findet als <strong>die</strong> häufig überzeichnete Rolle der VR China wie auch das Engagement<br />
von AU und IGAD.<br />
Dies alles schließt aber nicht aus, dass man versucht, <strong>die</strong> Gegenseite zu schwächen, zu spalten<br />
oder zur Implosion zu bringen. In <strong>die</strong>ser Vorgehensweise unterscheiden sich Nord und Süd nicht<br />
wesentlich, nur dass <strong>die</strong> Republic of South Sudan noch erhebliche Probleme im Inneren hat. Diese<br />
liegen nicht zuletzt auch darin begründet, dass <strong>die</strong> Anführer der Rebellion ihre Rolle als politische<br />
Führer in einem Einigungsprozess <strong>die</strong>ses Staates ohne eigene Identität, aber mit über 200 Ethnien<br />
und langen Kämpfen <strong>die</strong>ser Gruppen untereinander, noch finden müssen. Die Auseinandersetzungen<br />
der Fraktionen im Süden forderten im Bürgerkrieg mehr Opfer als der Kampf gegen den Norden.<br />
Auf Abyei bezogen heißt das, dass dort auch aufgrund der Vielzahl der zum Teil nur begrenzt<br />
steuerbaren benannten Akteure, derzeit (Stand: Mitte Mai 2011) <strong>die</strong> Gefahr einer eng begrenzten<br />
militärischen Konfrontation zwischen Nord und Süd durchaus real ist. Mit dem weiteren Agieren<br />
der genannten „Stellvertreter“ und den bekannten katastrophalen humanitären Folgen ist mit hoher<br />
Wahrscheinlichkeit noch <strong>für</strong> längere Zeit zu rechnen.<br />
Die politische Lösung, das Referendum, dürfte auf <strong>die</strong> lange Bank geschoben werden, sofern es<br />
überhaupt noch stattfindet. Mit der Verzögerung halten sich <strong>die</strong> Parteien nicht zuletzt auch Möglichkeiten<br />
der Steuerung krisenhafter Entwicklungen in <strong>die</strong>ser Region offen. Keine guten Aussichten<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> leidgeplagte Bevölkerung Abyeis und eine gewaltige Herausforderung <strong>für</strong> <strong>die</strong> UNMIS-<br />
Nachfolgeoperation.<br />
Nachtrag<br />
Am 21. Mai 2011 ist <strong>die</strong> SAF in Abyei einmarschiert. Aus der zuvor noch als real gegeben bewerteten<br />
Gefahr einer eng begrenzten militärischen Nord-Süd-Konfrontation in Abyei ist bittere Realität<br />
geworden. Dies erfordert nun nach der Unabhängigkeitserklärung eine Fortschreibung der Ereignisse<br />
(Stand 18.07.2011).<br />
Dem Einmarsch der SAF am 21. Mai 2011 ging am 19. Mai ein Angriff auf einen von den sambischen<br />
Blauhelmen begleiteten Konvoi von 200 vertragsgemäß abziehenden Angehörigen des SAF-Anteils<br />
einer Joint Integrated Unit durch SPLA-Kräfte voraus. Die SPLA setzte den daraufhin einrückenden<br />
überlegenen Kräften des Nordens in dreitägigen Gefechten keinen nennenswerten Widerstand entgegen.<br />
Salva Kiir bezeichnete <strong>die</strong> Besetzung als Akt des Krieges, versicherte aber gleichzeitig, dass<br />
der Süden nicht zurückschlagen werde. Der Norden seinerseits widersetzte sich zwar der Aufforderung<br />
des UN-Sicherheitsrats („ernsthafte Verletzung des CPA“) zum Rückzug und begründete <strong>die</strong>s<br />
mit der Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Sicherheit, schlug aber vor, <strong>die</strong> UNMIS-Kräfte<br />
aus Abyei abzuziehen und durch effizientere Kräfte, – „of more African nature“ – zu ersetzen sowie<br />
erneut eine gemeinsame Administration zu bilden. Der erste Vorschlag (d.h. wirkungsvollere Kräfte<br />
zur Friedenssicherung) ist auf das Versagen der sambischen Peacekeeper zurückzuführen, <strong>die</strong><br />
nicht nur beim Schutz des o.g. Konvois, sondern auch bei der Erfüllung des mandatierten Auftrags<br />
zum Schutz der Bevölkerung in der Distrikthauptstadt Abyei beim Einmarsch versagt hatten. Sie<br />
blieben in der heißen Phase, in der u. a. auch Vorratslager der UN geplündert wurden, zunächst 48<br />
Stunden untätig im Schutz ihrer Unterkünfte. Die Flüchtlingszahl infolge des Einmarschs wird von<br />
OCHA (Office for the Coordination of Humanitarian Affairs) zurzeit auf 76.000 Menschen geschätzt,<br />
<strong>die</strong> Anzahl der Todesopfer soll bei mehreren Hundert liegen.<br />
Für <strong>die</strong> meisten Fragen der Post Referendum Arrangements (Teillösung <strong>für</strong> <strong>die</strong> Staatsbürgerschaft<br />
durch Gewährung einer neunmonatigen Übergangsfrist zur Beantragung von Aufenthaltsgenehmigungen<br />
im Gaststaat; Grenzen; Schulden; internationale Verträge; Öleinnahmen; Währung – neue<br />
Scheine sind angekündigt, <strong>für</strong> den Süden bereits gedruckt – usw.) sind nach wie vor keine Lösun-<br />
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