Das neue Teilsicherheitskonzept im Tunnelbau â Auswirkungen auf ...
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<strong>Das</strong> <strong>neue</strong> <strong>Teilsicherheitskonzept</strong> <strong>im</strong> <strong>Tunnelbau</strong> –<br />
<strong>Auswirkungen</strong> <strong>auf</strong> das Sicherheitsniveau der Konstruktion<br />
und Empfehlungen zur Anwendung<br />
Dr.-Ing. Axel Städing/Dipl.-Ing. Tina Krocker, Ingenieurbüro Prof. Duddeck + Partner GmbH,<br />
Braunschweig/D<br />
Dipl.-Ing. Wolf-Dieter Friebel, Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Bonn/D<br />
Dr.-Ing. Frank He<strong>im</strong>becher, Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach/D<br />
Kurzfassung<br />
Zur Überprüfung der <strong>Auswirkungen</strong> aus der Einführung der <strong>neue</strong>n<br />
Regelwerke <strong>auf</strong> Basis der <strong>neue</strong>n europäischen Regelungen <strong>im</strong><br />
Grund- und Straßentunnelbau in Deutschland wurden Vergleichsberechnungen<br />
nach dem <strong>neue</strong>n <strong>Teilsicherheitskonzept</strong> und nach dem<br />
bisherigen Globalsicherheitskonzept durchgeführt. Der Bericht erläutert<br />
an drei praxisnahen Beispielen – einem Trogbauwerk, einem Tunnel<br />
in offener Bauweise und einem Tunnel in geschlossener Bauweise<br />
– die bei der Berechnung und Bemessung von Straßentunnelbauwerken<br />
anzusetzenden Einwirkungen, die Wahl der Teilsicherheiten, den<br />
Berechnungsgang und die Ergebnisse. Die <strong>Auswirkungen</strong> des <strong>Teilsicherheitskonzept</strong>es<br />
hinsichtlich Sicherheit und Wirtschaftlichkeit werden<br />
durch Vergleich mit den Ergebnissen nach dem Globalsicherheitskonzept<br />
dargelegt. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die<br />
ZTV-ING und die zugehörigen fachspezifischen Vorschriften, insbesondere<br />
DIN 1054 und die DIN-Fachberichte 101 und 102, zusammen<br />
eine hinreichende und zweckmäßige Grundlage für die Anwendung<br />
des <strong>Teilsicherheitskonzept</strong>es <strong>im</strong> <strong>Tunnelbau</strong> darstellen.<br />
1 Aufgabenstellung<br />
Die seit Mai 2003 <strong>im</strong> Geschäftsbereich des Bundesministeriums für<br />
Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) eingeführten Zusätzlichen<br />
Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Brückenund<br />
Ingenieurbauwerke (ZTV-ING [3]) schreiben die Anwendung der<br />
<strong>neue</strong>n Vorschriftengeneration vor. Für <strong>Tunnelbau</strong>werke in geschlossener<br />
und offener Bauweise (ZTV-ING, Teil 5, Abschnitte 1 und 2 – siehe<br />
Bild 1) sind dies in erster Linie die DIN 1054 „Baugrund – Sicherheitsnachweise<br />
<strong>im</strong> Erd- und Grundbau“, die DIN-Fachberichte 101 „Einwirkungen<br />
<strong>auf</strong> Brücken“ und 102 „Betonbrücken“ sowie die fachspezifischen<br />
europäischen Normen, z. B. DIN EN 1536 (Bohrpfähle).<br />
Daneben sind selbstverständlich auch die übrigen diesbezüglichen<br />
Vorschriften in ihrer <strong>neue</strong>sten Fassung zu berücksichtigen, z. B. DIN<br />
4085 (Erddruckberechnung), DIN 4084-100 (Böschungs- und Geländebruchberechnungen),<br />
EAB-100.<br />
Bild 1: Zuordnung des Teils 5 <strong>Tunnelbau</strong> zur ZTV-ING<br />
The new concept of partial safety<br />
coefficients for road tunnelling – Effects<br />
on the safety level of the construction and<br />
recommendations for the application<br />
Abstract<br />
In order to verify the effects of the introduction of new standards in<br />
the area of foundation works and road tunnelling in Germany on<br />
the basis of new European regulations, comparing calculations<br />
have been established according to the new concept using partial<br />
safety coefficients on the one hand and the previous one of global<br />
safety coefficients on the other hand. On the basis of three realistic<br />
examples – a trough construction, a cut and cover tunnel and a<br />
tunnel driven by underground means – the report illustrates the <strong>im</strong>pacts<br />
and the choice of partial safety coefficients, which have to be<br />
applied in the calculation and d<strong>im</strong>ensioning of road tunnels, and it<br />
shows the calculation process and the results. The effects of the<br />
concept using partial safety coefficients with regard to safety and<br />
profitability are exemplified by a comparison with the results based<br />
on the concept using global safety coefficients. The calculations<br />
have proved that the ZTV-ING (Additional technical contract conditions<br />
and guidelines for constructional engineering) and the respective<br />
specific standards, especially DIN 1054 and the technical<br />
reports 101 and 102 are a sufficient and appropriate basis for the<br />
application of the concept of partial safety coefficients for foundation<br />
works and road tunnelling.<br />
Für den Entwurf und die Bemessung von Straßentunnelbauwerken,<br />
aber auch für die Herstellung der Baugruben und Gründungen – geregelt<br />
<strong>im</strong> Teil 2 Grundbau der ZTV-ING – wurden damit eine Reihe von<br />
<strong>neue</strong>n Vorschriften maßgebend, mit deren Anwendung bisher kaum<br />
Erfahrungen vorlagen.<br />
Aus diesem Grund wurde ein Forschungsprojekt [2] <strong>im</strong> Auftrag des<br />
BMVBW, vertreten durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt),<br />
initiiert, welches folgende Zielsetzungen hatte:<br />
– Anwendung der <strong>neue</strong>n ZTV-ING und der zugehörigen fachspezifischen<br />
Normen <strong>auf</strong> die Berechnung und Bemessung repräsentativer<br />
Tunnel- und Grundbauwerke<br />
– Überprüfung der <strong>Auswirkungen</strong> des <strong>Teilsicherheitskonzept</strong>es hinsichtlich<br />
Sicherheit und Wirtschaftlichkeit durch Vergleichsberechnungen<br />
mit dem bisherigen Globalsicherheitskonzept<br />
– Ableitung von Empfehlungen für die Anwendung des <strong>Teilsicherheitskonzept</strong>es<br />
bei der statischen Berechnung von Tunnel- und<br />
Grundbauwerken.<br />
Zur Durchführung des Projektes wurden für die Berechnung der <strong>Tunnelbau</strong>werke<br />
die folgenden praxisnahen Bauwerksbeispiele gewählt:<br />
40 Forschung + Praxis 97
– Stahlbetontrogbauwerk (Straßenquerschnitt RQ 26T)<br />
– <strong>Tunnelbau</strong>werk in offener Bauweise als zweizelliger Stahlbetonrahmen<br />
(Straßenquerschnitt RQ 26T)<br />
– Zweischaliger Tunnel in geschlossener Bauweise (Spritzbeton,<br />
Straßenquerschnitt RQ 10,5T).<br />
Nachfolgend werden die Standsicherheitsnachweise für die o.g. Beispiele<br />
nach dem <strong>Teilsicherheitskonzept</strong> erläutert, die Ergebnisse mit<br />
den Resultaten nach dem Globalsicherheitskonzept verglichen und<br />
Empfehlungen zur Anwendung des <strong>Teilsicherheitskonzept</strong>es <strong>im</strong><br />
Straßentunnelbau gegeben.<br />
2 Standsicherheitsnachweis für ein<br />
Trogbauwerk<br />
2.1 Berechnung nach dem <strong>Teilsicherheitskonzept</strong><br />
Die Abmessungen des betrachteten Stahlbetontrogs, die Baugrundverhältnisse<br />
und der für den Endzustand maßgebende Grundwasserspiegel<br />
sind Bild 2 zu entnehmen.<br />
Bild 2: Trogbauwerk<br />
Für dieses Bauwerk sind die Regelungen entsprechend ZTV-ING,<br />
Teil 5, Abschnitt 2 sinngemäß anzuwenden. Für die baugrundspezifischen<br />
Nachweise gilt die DIN 1054 und hinsichtlich der Verkehrslasten<br />
der DIN-Fachbericht 101. Auf der Grundlage dieser Vorschriften<br />
sind für die Bau- und Endzustände die Tragfähigkeit inkl. Auftriebssicherheit<br />
und die Gebrauchstauglichkeit nachzuweisen.<br />
Für die statische Berechnung werden die folgenden Grundlagen zusammengestellt:<br />
Die charakteristischen Baugrundkennwerte werden in der Regel <strong>im</strong><br />
geotechnischen Bericht angegeben. Sie entsprechen den be<strong>im</strong> Globalsicherheitskonzept<br />
zu Grunde zu legenden Rechenwerten der<br />
Baugrundkennwerte. Die Materialkennwerte für den Beton und den<br />
Betonstahl sowie die zugehörigen Teilsicherheitsbeiwerte sind dem<br />
DIN-Fachbericht 102 bzw. DIN 488 zu entnehmen. <strong>Das</strong> statische System<br />
wird mit seinen wahren Abmessungen und charakteristischen<br />
Steifigkeiten <strong>im</strong> Berechnungsmodell abgebildet.<br />
Als Einwirkungen <strong>auf</strong> das Trogbauwerk werden angesetzt: das Eigengewicht<br />
nach DIN 1055, der Wasserdruck gemäß geotechnischem<br />
Bericht, der min<strong>im</strong>ale und der max<strong>im</strong>ale Erddruck nach E DIN 4085<br />
unter Berücksichtigung des aktuellen Bearbeitungsstandes, die Verkehrslast<br />
<strong>auf</strong> der Hinterfüllung sowie die Temperaturbeanspruchungen<br />
nach Abschn. 2 der ZTV-ING, Teil 5 und die Verkehrslasten <strong>im</strong><br />
Trog nach DIN-Fachbericht 101.<br />
Als Bauwerk, welches maßgebend durch Erd- und Wasserdruck belastet<br />
wird, liegt der Trog definitionsgemäß <strong>im</strong> Anwendungsbereich<br />
der DIN 1054 – Sicherheitsnachweise <strong>im</strong> Erd- und Grundbau. Für den<br />
Tragfähigkeitsnachweis sind die Teilsicherheiten für die Einwirkungen<br />
daher in erster Linie der DIN 1054 zu entnehmen. Hinsichtlich der Ver-<br />
Globale Sicherheitsbeiwerte Teilsicherheitsbeiwerte und<br />
Kombinationsbeiwerte<br />
Einwirkungen<br />
ständige, ständige,<br />
Verkehr = 1,0 allgemein G = 1,35<br />
akt. Erddruck,<br />
Wasserdruck G = 1,35<br />
Erdruhedruck G = 1,20<br />
veränderliche<br />
Verkehr i. Trog Q = 1,50<br />
Doppelachse TS O = 1,50<br />
Streifenlast UDL O = 0,40<br />
Temperatur = 1/1,75 Temperatur Q = 1,00<br />
Widerstände<br />
Betonstahl S = 1,75 Betonstahl S = 1,15<br />
Beton B = 2,10 Beton C = 1,50<br />
Tabelle 1: Sicherheits- und Kombinationsbeiwerte für die Tragfähigkeitsnachweise<br />
des Trogbauwerks<br />
kehrslasten ist der DIN-Fachbericht 101 anzuwenden, für die Temperatur,<br />
die in diesem Beispiel die vorherrschende veränderliche Einwirkung<br />
darstellt, ist der Wert nach ZTV-ING anzusetzen. Zusätzlich zu<br />
den Teilsicherheiten erhalten die nicht vorherrschenden veränderlichen<br />
Einwirkungen einen Kombinationsbeiwert. Dieser wird <strong>im</strong> DIN-<br />
Fachbericht 101 angegeben. Er ergibt sich für die Verkehrslasten <strong>im</strong><br />
Trog zu 0,75 bzw. 0,4, siehe Tabelle 1. Um Überbeanspruchungen<br />
des endgültigen Bauwerks aus Bauzuständen zu vermeiden, werden<br />
auch die Bauzustände mit den Teilsicherheiten des Lastfalles 1 (Endzustand)<br />
berechnet.<br />
Für den Nachweis der Gebrauchstauglichkeit, d. h. für die Begrenzung<br />
der in den ZTV-ING vorgegebenen Rissbreiten, sind die Einwirkungen<br />
mit ihren charakteristischen Werten und die Kombinationsbeiwerte<br />
nach DIN-Fachbericht 101, Tabelle 9.4 und C.2 heranzuziehen.<br />
Die anzusetzende Einwirkungskombination „häufig“ ergibt sich<br />
aus der Tabelle 4.118 des DIN-Fachberichtes 102, da das schlaff bewehrte<br />
Bauwerk in die Anforderungsklassen D und E fällt (Dekompression<br />
entfällt) und D maßgebend wird.<br />
Die Schnittgrößen <strong>im</strong> Bauwerk werden mithilfe eines Stabwerkprogrammes<br />
für alle Lastfallkombinationen berechnet. Dazu werden die<br />
aus den einzelnen charakteristischen Einwirkungen resultierenden<br />
Schnittgrößen bei linearer Berechnung mit den o.g. Teilsicherheitsund<br />
Kombinationsbeiwerten multipliziert und miteinander überlagert.<br />
Die Bemessung für den Grenzzustand der Tragfähigkeit erfolgt nach<br />
DIN-Fachbericht 102. Im Unterschied zur bisherigen Biegebemessung<br />
nach DIN 1045 darf dabei die Verfestigung des Betonstahls bis<br />
zu einer Zugfestigkeit von f tk,cal = 525 N/mm 2 berücksichtigt werden<br />
(anstatt s = 500 N/mm 2). Die Bemessung der Schubbewehrung erfolgt<br />
wie bisher in Anlehnung an ein Fachwerkmodell, wobei die<br />
Druckstrebenneigung in Abhängigkeit von der Größe der Querkraft<br />
zwischen 18,4° und 60° anzunehmen ist.<br />
Die Bemessung für den Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit besteht<br />
in der Beschränkung der Rissbreite, die in ZTV-ING, Teil 5,<br />
Abschn. 2 für Wasserundurchlässige Betonkonstruktionen (WUB-<br />
KO) vorgegeben ist (w k,cal = 0,2 mm bzw. w k,cal = 0,15 mm). Dabei<br />
braucht die aus Temperatur resultierende Stahlspannung nur berücksichtigt<br />
zu werden, wenn die Stahlspannung <strong>im</strong> Gebrauchszustand<br />
ohne Temperatureinwirkung kleiner ist als die Anrissspannung<br />
<strong>im</strong> betrachteten Querschnitt. Diese kann mit den Gleichungen 4.194<br />
98 40 Forschung + Praxis
und 4.201 <strong>im</strong> DIN-Fachbericht 102, Kap. II unter Ansatz von s = sr<br />
ermittelt werden.<br />
2.2 Vergleich der Ergebnisse nach dem Teil- und dem Globalsicherheitskonzept<br />
Im Bild 3 sind die für die Tragfähigkeit erforderlichen Bewehrungsquerschnitte<br />
nach beiden Sicherheitskonzepten gegenübergestellt.<br />
Demnach führen die Berechnungen nach dem <strong>Teilsicherheitskonzept</strong><br />
in der Wand zu weniger Biegebewehrung als die Berechnungen nach<br />
dem Globalsicherheitskonzept. Aus den Teilsicherheiten für die Einwirkungen<br />
Erd- und Wasserdruck multipliziert mit dem Teilsicherheitsbeiwert<br />
für den Betonstahl ergibt sich ein Gesamtwert von etwa 1,20 x<br />
Bild 3: Bewehrungsquerschnitte aus dem Tragfähigkeitsnachweis<br />
nach dem Teil- und nach dem Globalsicherheitskonzept<br />
1,15 = 1,38 bzw. 1,35 x 1,15 = 1,55. Nach dem Globalsicherheitskonzept<br />
ist ein pauschaler Sicherheitsbeiwert für diese Fälle von 1,75<br />
anzusetzen. Zusätzlich ergibt sich aus der <strong>neue</strong>n Biegebemessung<br />
bei geringer bis mäßiger Biegebeanspruchung durch den Ansatz einer<br />
höheren rechnerischen Stahlzugfestigkeit (f tk,cal = 525 N/mm 2 )<br />
eine weitere Verringerung des erforderlichen Bewehrungsquerschnittes<br />
( ≤ 5 %). Darüber hinaus ist der resultierende Verdichtungserddruck<br />
nach dem aktuellen Bearbeitungsstand der E DIN 4085 etwas<br />
kleiner als nach alter Vorschrift. Diese Einflüsse werden nur unwesentlich<br />
verkleinert durch den um 15 % höheren Teilsicherheitsbeiwert<br />
für die Temperaturbeanspruchungen ( = 1,15 <strong>auf</strong> der Materialseite).<br />
Im Hinblick <strong>auf</strong> die zu erwartende hohe Wahrscheinlichkeit, dass der<br />
tatsächliche Erddruck nicht größer wird als der angesetzte Erdruhedruck,<br />
werden die Ergebnisse aus den Wasser- und Erdruhedruckbeanspruchungen<br />
als akzeptabel eingestuft. Die etwas höheren Bewehrungsquerschnitte<br />
aus den Temperaturbeanspruchungen sind für das<br />
Gesamtergebnis der Bemessung von untergeordneter Bedeutung<br />
und ebenfalls akzeptabel.<br />
Der für das <strong>Teilsicherheitskonzept</strong> größere Bewehrungsquerschnitt<br />
<strong>auf</strong> der Sohloberseite resultiert <strong>im</strong> Wesentlichen aus dem ungünstigeren<br />
Ansatz für Wintertemperaturen (Innenseite – 25 °C anstatt – 20 °C)<br />
nach ZTV-ING, Teil 5, Abschn. 2 gegenüber den bisherigen Ansätzen<br />
nach ZTV-Tunnel, Teil 2.<br />
Bei der Schubbemessung ergeben sich nach den <strong>neue</strong>n Vorschriften<br />
ebenfalls kleinere Bewehrungsquerschnitte. Auch hier ist das Produkt<br />
der Teilsicherheiten kleiner als die Globalsicherheit von 1,75. Darüber<br />
hinaus wird be<strong>im</strong> <strong>neue</strong>n Bemessungskonzept bei vergleichbaren<br />
Schubbeanspruchungen mit flacheren Druckstreben gerechnet. Die<br />
Schubbewehrung in der Sohle ergibt sich aus der Definition von Balken<br />
und Platten nach DIN-Fachbericht 102. Für das Verhältnis von<br />
Breite zu Dicke < 5 (10 m/2,35 m = 4,26) gilt die Sohle als Balken, welcher<br />
der Vorschrift nach eine Mindestbewehrung erhält.<br />
Bild 4: Bewehrungsquerschnitte aus dem Gebrauchstauglichkeitsnachweis<br />
nach dem Teil- und nach dem Globalsicherheitskonzept<br />
Die aus dem Nachweis der Gebrauchstauglichkeit resultierenden Bewehrungsquerschnitte<br />
nach beiden Konzepten sind in Bild 4 dargestellt.<br />
In der Wandmitte ergibt sich hier nach <strong>neue</strong>m Konzept deutlich<br />
weniger Bewehrung, da für diesen Punkt nach <strong>neue</strong>m Rissbreitennachweis<br />
die Stahlspannung ohne Temperatureinwirkung größer ist<br />
als die Anrissspannung, sodass die Temperaturschnittgrößen nicht in<br />
die Bewehrungsberechnung eingehen.<br />
Für die Sohlmitte, Unterseite führt das gegenüber dem Globalkonzept<br />
kleinere Bemessungsmoment aus Temperatur (Faktor 0,5 statt 0,7)<br />
bei etwa gleicher Normalkraft aus Erddruck zu einem deutlich kleineren<br />
Bewehrungsquerschnitt.<br />
Der Vergleich mit den statisch erforderlichen Bewehrungsquerschnitten<br />
macht deutlich, dass die Formeln zur Rissbreitenbeschränkung<br />
unter Umständen sensibel reagieren und Bemessungssprünge ( s <<br />
oder > sr ) möglich sind.<br />
3 Standsicherheitsnachweis für ein<br />
<strong>Tunnelbau</strong>werk in offener Bauweise<br />
3.1 Berechnung nach dem <strong>Teilsicherheitskonzept</strong><br />
<strong>Das</strong> betrachtete <strong>Tunnelbau</strong>werk ist mit seinen Abmessungen, den<br />
Baugrund- und Grundwasserverhältnissen in Bild 5 dargestellt. Die<br />
hierfür maßgebenden Vorschriften sind dieselben, wie die für das<br />
Trogbauwerk genannten. Damit ergeben sich für den Tunnelrahmen<br />
die dem Trog entsprechenden Eingangswerte für die statische Berechnung,<br />
vgl. 2.1. Zusätzlich sind für den Tunnelrahmen die außergewöhnlichen<br />
Einwirkungen Fahrzeuganprall und Brand nach DIN-<br />
Fachbericht 101, Kap. IV bzw. ZTV-ING, Teil 5, Abschn. 2 anzusetzen.<br />
Für diese beiden Einwirkungen sind die Lastfallkombinationen für<br />
außergewöhnliche Situationen zu untersuchen (DIN-Fachbericht 101,<br />
Kapitel II, 9.4.2 ).<br />
Bild 5: Tunnel in offener Bauweise, Querschnitt<br />
40 Forschung + Praxis 99
Bild 6: Bewehrungsquerschnitte aus dem Tragfähigkeitsnachweis<br />
nach dem Teil- und nach dem Globalsicherheitskonzept<br />
Die Nachweise der Tragfähigkeit und der Gebrauchstauglichkeit für<br />
das Bauwerk werden analog zum Vorgehen be<strong>im</strong> Trogbauwerk geführt,<br />
vgl. 2.1.<br />
3.2 Vergleich der Ergebnisse nach dem Teil- und dem<br />
Globalsicherheitskonzept<br />
Der Vergleich der für die Tragfähigkeit erforderlichen Bewehrungsquerschnitte<br />
zeigt auch für dieses Beispiel, dass das <strong>Teilsicherheitskonzept</strong><br />
in allen Querschnitten etwa 7 bis 16 % weniger Biegebewehrung<br />
erfordert als das Globalsicherheitskonzept, siehe Bild 6.<br />
Die Ursachen wurden bereits am Beispiel des Trogbauwerks erläutert.<br />
Im Hinblick dar<strong>auf</strong>, dass Überschüttung, Wasserdruck und Eigengewicht<br />
mit hoher Wahrscheinlichkeit zutreffend erfasst werden können,<br />
wird das Ergebnis als akzeptabel eingestuft.<br />
Auch die Schubbewehrungsquerschnitte sind nach dem <strong>Teilsicherheitskonzept</strong><br />
kleiner als nach den alten Vorschriften. Die Ursachen –<br />
kleinere Gesamtsicherheit und flachere Druckstreben – wurden bereits<br />
unter 2.2 erläutert.<br />
Die aus dem Nachweis der Gebrauchstauglichkeit resultierenden Bewehrungsquerschnitte<br />
nach beiden Konzepten weichen mit Ausnahme<br />
der Werte in der Außenwand nur mäßig voneinander ab, siehe<br />
Bild 7. In diesen beiden Punkten überschreitet die nach DIN-Fachbericht<br />
errechnete Stahlspannung die Anrissspannung bereits ohne<br />
Temperatureinwirkung, sodass diese bei der Rissbreitenbemessung<br />
nicht berücksichtigt zu werden braucht. Im Gegensatz dazu muss die<br />
Temperatur bei der Bemessung nach dem Globalsicherheitskonzept<br />
(DAfStb-Heft 400) <strong>im</strong> vorliegenden Fall mit angesetzt werden.<br />
Bild 7: Bewehrungsquerschnitte aus dem Gebrauchstauglichkeitsnachweis<br />
nach dem Teil- und nach dem Globalsicherheitskonzept<br />
Bild 8: Tunnel in bergmännischer Bauweise, Querschnitt<br />
4 Standsicherheitsnachweis für ein <strong>Tunnelbau</strong>werk<br />
in geschlossener Bauweise<br />
4.1 Berechnung nach dem <strong>Teilsicherheitskonzept</strong><br />
Der betrachtete Straßentunnel wird in bergmännischer Bauweise <strong>auf</strong>gefahren.<br />
Er liegt mit einer Überlagerung von 18 m in unverwitterten<br />
bis schwach verwitterten Tonstein-Sandstein-Wechselfolgen. Der<br />
Grundwasserspiegel wird <strong>im</strong> Bauzustand bis <strong>auf</strong> Höhe der Tunnelsohle<br />
abgesenkt und liegt <strong>im</strong> Endzustand 10 m über der Tunnelfirste.<br />
Die Gesamtkonstruktion und die Abmessungen sind Bild 8 zu entnehmen.<br />
Abweichend von der dränierten Regelbauweise [1] wird für<br />
das Beispiel ein undränierter Tunnel gewählt, um sämtliche Bemessungssituationen<br />
erfassen zu können.<br />
Für dieses Bauwerk gelten die Regelungen des Abschnittes 1 der<br />
ZTV-ING, Teil 5. Für die Ansätze <strong>im</strong> Einzelnen gelten dieselben fachspezifischen<br />
Vorschriften wie für die vorangegangenen Beispiele.<br />
Globale Sicherheitsbeiwerte Teilsicherheitsbeiwerte<br />
Einwirkungen<br />
ständige, ständige,<br />
Verkehr = 1,0 allgemein,<br />
Eigengewicht,<br />
Erd- und<br />
Wasserdruck G = 1,35<br />
veränderliche<br />
Temperatur = 1/1,75 Temperatur Q = 1,0<br />
Widerstände<br />
Betonstahl S = 1,75 Betonstahl S = 1,15<br />
Beton B = 2,10 Beton C = 1,50<br />
Tabelle 2: Sicherheitsbeiwerte für Tragfähigkeitsnachweise der<br />
Tunnelinnenschale<br />
100 40 Forschung + Praxis
Ebenso ergeben sich die Eingangswerte für die statische Berechnung<br />
entsprechend den Ansätzen für den Trog und den Tunnelrahmen.<br />
Als statisches System wird für diesen Tunnel ein Finite-Elemente-Modell<br />
(FE-Modell) gewählt, in welchem Bauwerk und Baugrund mit ihren<br />
wahren Abmessungen und mit ihren charakteristischen Steifigkeiten<br />
abgebildet werden. Darüber hinaus wird mit dem FE-Modell auch<br />
der B<strong>auf</strong>ortschritt mit den daraus resultierenden Lastumlagerungen<br />
erfasst. Die Anforderungen an das Berechnungsmodell sind Abschnitt<br />
1 der ZTV-ING, Teil 5 zu entnehmen.<br />
Hinsichtlich der Sicherheitsnachweise ist festzustellen, dass Tunnel in<br />
geschlossener Bauweise in der DIN 1054 nicht ausdrücklich als Anwendungsbereich<br />
genannt werden. Da jedoch auch diese Bauwerke<br />
in erster Linie durch Wasserdruck und Erd- oder Gebirgsdruck belastet<br />
werden und es keine diesbezügliche Vorschrift für bergmännische<br />
Tunnel gibt, erscheint es zweckmäßig, auch für diesen Tunnel die Sicherheitsnachweise<br />
nach DIN 1054 zu führen. Die Einwirkungen Eigengewicht,<br />
Gebirgsdruck und Wasserdruck werden dabei mit ihren<br />
charakteristischen Werten <strong>auf</strong> das System angesetzt. Für die Bemessung<br />
werden die Schnittgrößen anschließend mit den in Tabelle 2 dargestellten<br />
zugehörigen Teilsicherheitsbeiwerten nach DIN 1054, Tabelle<br />
2 multipliziert. Der Ansatz erhöhter Lasten <strong>auf</strong> das FE-Modell ist<br />
wegen des nicht linearen Spannungs-Dehnungs-Verhaltens des Baugrundes<br />
nicht praktikabel. Lediglich die Temperatureinwirkungen werden<br />
für den Tragfähigkeitsnachweis mit dem Faktor 1/<br />
G multipliziert<br />
und <strong>auf</strong> das System <strong>auf</strong>gebracht, um bei der Bemessung als Ergebnis<br />
die Temperaturteilsicherheit von 1,0 zu erreichen.<br />
Bei der Ermittlung der Schnittgrößen für den Nachweis <strong>im</strong> Grenzzustand<br />
der Gebrauchstauglichkeit werden die Temperatureinwirkungen<br />
entsprechend den Vorgaben der ZTV-ING, Teil 5, Abschn. 2 mit<br />
einem Kombinationsbeiwert von = 0,5 multipliziert.<br />
Die Bemessung der Außen- und der Innenschale für den Grenzzustand<br />
der Tragfähigkeit erfolgt nach DIN-Fachbericht 102.<br />
Ein Nachweis der Gebrauchstauglichkeit wird in Abschn. 1 der ZTV-<br />
ING, Teil 5 nur für Wasserundurchlässige Betonkonstruktionen (WUB-<br />
KO) gefordert. Im Hinblick <strong>auf</strong> die korrosionsfördernden Einflüsse, denen<br />
die Tunnelinnenflächen ausgesetzt sind (z. B. Tausalz), wird zur<br />
Verbesserung der Dauerhaftigkeit <strong>im</strong> betrachteten Beispiel für die<br />
Bild 9: Bewehrungsquerschnitte aus dem Tragfähigkeitsnachweis<br />
nach dem Teil- und nach dem Globalsicherheitskonzept<br />
Innenschale entsprechend den Anforderungen an Tunneln in offener<br />
Bauweise eine Rissbreite von w k,cal ≤ 0,20 mm als zweckmäßig angesehen<br />
und zu Grunde gelegt.<br />
4.2 Vergleich der Ergebnisse nach dem Teil- und dem<br />
Globalsicherheitskonzept<br />
Wesentliche Biegebeanspruchungen infolge Gebirgsdruck treten bei<br />
dem gewählten Beispiel nicht <strong>auf</strong>, siehe Bild 9. Der Tragfähigkeitsnachweis<br />
für die Außenschale ergibt daher nur in einem Punkt eine<br />
geringe Biegebewehrung. Auch für die Innenschale liefert er nur kleine<br />
Bewehrungsquerschnitte, die sich überwiegend aus dem Lastfall<br />
„Eigengewicht und Temperatur“ ergeben. Hierbei tritt die Besonderheit<br />
<strong>auf</strong>, dass die Temperatureinwirkungen „Winter“ als weit überwiegende<br />
Einwirkungen be<strong>im</strong> <strong>Teilsicherheitskonzept</strong> zu größeren Bewehrungsquerschnitten<br />
<strong>auf</strong> der Innenseite führen als be<strong>im</strong> Globalsicherheitskonzept,<br />
da die Temperatureinwirkungen hier mit dem Faktor<br />
1/1,35 und be<strong>im</strong> Globalsicherheitskonzept mit 1/1,75 <strong>auf</strong> das System<br />
angesetzt werden. Im Lastfall „Sommer“ dagegen ergibt sich aus der<br />
Temperatureinwirkung neben der Biegebeanspruchung auch eine<br />
wesentliche Ringdruckkraft, da Spritzbetonschale und Gebirge eine<br />
Ausdehnung der Innenschale behindern. Darüber hinaus ist nach<br />
ZTV-ING, Teil 5, Abschn. 1 sowohl für „Winter“ als auch für „Sommer“<br />
eine um jeweils 5 °C größere Änderung der mittleren Bauteiltemperatur<br />
anzunehmen als nach den bisherigen Vorgaben der ZTV-Tunnel,<br />
Teil 1 (neu: T0 = + 10 °C/– 15°C, alt: T0 = + 5°C/– 10 °C). Daraus resultiert<br />
be<strong>im</strong> <strong>Teilsicherheitskonzept</strong> (größere Ringdruckkraft) <strong>auf</strong> der<br />
Außenseite ein kleinerer Bewehrungsquerschnitt als be<strong>im</strong> Globalsicherheitskonzept.<br />
Eine Übersicht der Bemessungssicherheiten nach beiden Konzepten<br />
für die wesentlichen Einwirkungen (Erd- und Wasserdruck) erhält man<br />
aus der Gegenüberstellung des Produktes der Teilsicherheiten und<br />
des Globalsicherheitswertes:<br />
Für den Bauzustand:<br />
– Stahlversagen:<br />
<br />
Teil,Gesamt <br />
Einw. x <br />
Mat = 1,20 x 1,15 = 1,38 (<br />
Glob. = 1,75)<br />
– Betonversagen:<br />
<br />
Teil,Gesamt 1,20 x 1,50 = 1,80 (<br />
Glob. = 2,10)<br />
Bild 10: Bewehrungsquerschnitte aus dem Gebrauchstauglichkeitsnachweis<br />
nach dem Teil- und nach dem Globalsicherheitskonzept<br />
40 Forschung + Praxis 101
Für den Endzustand:<br />
– Stahlversagen:<br />
<br />
Teil,Gesamt 1,35 x 1,15 = 1,55 (<br />
Glob. = 1,75)<br />
– Betonversagen:<br />
<br />
Teil,Gesamt 1,35 x 1,50 = 2,03 (<br />
Glob. = 2,10)<br />
Die vereinfachte Darstellung zeigt, dass sich das Produkt der Teilsicherheiten<br />
für den Bauzustand deutlich und für den Endzustand mäßig<br />
bzw. geringfügig von dem Globalsicherheitsbeiwert unterscheidet.<br />
Bei der Bewertung der oben dargestellten Faktoren ist das Tragverhalten<br />
des bergmännischen Tunnels besonders zu beachten. Wegen<br />
der vollständigen Einbettung der Tunnelschalen ist sowohl für die Außen-<br />
als auch für die Innenschale die Ringdrucktragfähigkeit das maßgebende<br />
Tragelement und die Biegetragfähigkeit von deutlich geringerer<br />
Bedeutung. Für den Endzustand ist damit die nach dem <strong>Teilsicherheitskonzept</strong><br />
bemessene Haupttragsicherheit (= Ringdruck)<br />
nahezu genauso groß wie die nach dem Globalsicherheitskonzept<br />
(∆ = – 3,3 %). Die für den Endzustand verringerte Biegetragsicherheit<br />
(– 11 %) ist <strong>im</strong> Hinblick <strong>auf</strong> die oben erläuterte geringere Bedeutung<br />
der Biegemomente akzeptabel.<br />
Für den Bauzustand sind die Unterschiede der Tragsicherheiten deutlich<br />
größer: – 14 % bei der Normalkraftsicherheit und – 21 % bei der<br />
Biegetragsicherheit. Im Hinblick <strong>auf</strong> die Unsicherheiten bei der Abschätzung<br />
der wirksamen Gebirgsdrücke und die oft lange Standzeit<br />
der vorläufigen Sicherung sollten auch die Nachweise für die Spritzbetonschale<br />
in Lastfall 1 (Endzustand) eingestuft werden.<br />
Be<strong>im</strong> Nachweis der Rissbreiten werden ebenfalls die Lastfälle Eigengewicht<br />
und Temperatur Winter (Innenseite) bzw. Sommer (Außenseite)<br />
maßgebend, siehe Bild 10. Hierbei liefert in allen Bemessungspunkten<br />
das <strong>Teilsicherheitskonzept</strong> kleinere Bewehrungsquerschnitte<br />
als das Globalsicherheitskonzept. Die Ursache hierfür liegt in den<br />
unterschiedlichen Formeln zur Rissbreitenberechnung und in den<br />
unterschiedlichen Abminderungsfaktoren für die anzusetzenden<br />
Temperaturunterschiede (0,50 x ∆T nach ZTV-ING, Teil 5 Abschn. 2<br />
und 0,70 x ∆T nach ZTV-Tunnel, Teil 2).<br />
5 Ergebnisse der Untersuchungen<br />
Die Ergebnisse der Erprobung des <strong>neue</strong>n <strong>Teilsicherheitskonzept</strong>es<br />
mit den gewählten Beispielen und der Vergleich mit Berechnungen<br />
nach dem bisherigen Globalsicherheitskonzept lassen sich wie folgt<br />
zusammenfassen:<br />
Trog und Tunnel in offener Bauweise<br />
– Erd- und Wasserdrücke sind die vorherrschenden Einwirkungen<br />
<strong>auf</strong> Tröge und Tunnel in offener Bauweise. Die Teilsicherheitsbeiwerte<br />
für alle ständigen Lasten werden daher nach DIN 1054 angesetzt.<br />
– Die errechnete Biege- und Schubbewehrung des Trogbauwerkes<br />
und des Tunnels ist bei Bemessung nach dem <strong>neue</strong>n Sicherheitskonzept<br />
etwas geringer als nach dem bisherigen Konzept. Im Hinblick<br />
dar<strong>auf</strong>, dass die wesentlichen Einwirkungen mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
genau erfasst werden können, werden diese Ergebnisse<br />
als zutreffend bewertet und entsprechen der Zielsetzung des<br />
probabilistischen Sicherheitskonzeptes.<br />
– Abweichend vom DIN-Fachbericht 102 unterscheidet DIN 1054<br />
zwischen Bau- und Endzuständen. Im Hinblick <strong>auf</strong> die oben erläuterte<br />
Reduktion der Tragsicherheit bei Anwendung des <strong>Teilsicherheitskonzept</strong>es<br />
wird empfohlen, für die Trog- und <strong>Tunnelbau</strong>werke<br />
in offener Bauweise nur Teilsicherheiten für LF 1 (Endzustand) nach<br />
DIN 1054 anzusetzen.<br />
– Bzgl. des Rissbreitennachweises bietet sich an, den Nachweis zu<br />
vereinfachen, z.B. mittels tabellarischer Zuordnung von Stabdurchmessern<br />
und Stahlspannungen.<br />
Tunnel in geschlossener Bauweise<br />
– Erd- und Wasserdrücke sind die vorherrschenden Einwirkungen<br />
<strong>auf</strong> das <strong>Tunnelbau</strong>werk. Für die Teilsicherheitsbeiwerte dieser Lasten<br />
wird daher DIN 1054 zu Grunde gelegt.<br />
– Die Bemessung der Bauzustände mit Teilsicherheiten nach DIN<br />
1054 ergibt für die Außenschale kleinere erforderliche Ringdruckund<br />
Biegetragsicherheiten als das Globalsicherheitskonzept. Im<br />
Hinblick <strong>auf</strong> die Unsicherheiten bei der Abschätzung der <strong>auf</strong> die<br />
Schale wirkenden Gebirgsdrücke und die oft lange Standzeit der<br />
vorläufigen Sicherung wird empfohlen, die Tragfähigkeitsnachweise<br />
für die Spritzbetonschale in Lastfall 1 einzustufen.<br />
– Im Hinblick <strong>auf</strong> die Streuung der Berechnungsansätze und Ergebnisse<br />
bietet sich auch hier an, den Rissbreitennachweis zu vereinfachen,<br />
z. B. mittels tabellarischer Zuordnung von Stabdurchmessern<br />
und Stahlspannungen.<br />
– Bei der Anwendung des <strong>Teilsicherheitskonzept</strong>es <strong>auf</strong> Tunnel in geschlossener<br />
Bauweise ist ein geringfügiges Absinken der Biegetragfähigkeit<br />
der Tunnelschalen möglich.<br />
Die Ergebnisse der vorgenannten Untersuchungen wurden <strong>im</strong> Wesentlichen<br />
bei der Erstellung der Abschnitte 1 und 2 des Teils 5 <strong>Tunnelbau</strong><br />
der ZTV-ING berücksichtigt. Zusammen mit den <strong>neue</strong>n fachspezifischen<br />
Vorschriften stellen die ZTV-ING eine hinreichende und<br />
zweckmäßige Grundlage für die Anwendung des <strong>Teilsicherheitskonzept</strong>es<br />
<strong>im</strong> <strong>Tunnelbau</strong> dar.<br />
Literatur<br />
[1] Naumann, J.; Friebel, W.-D.: Straßentunnel planen, bauen und<br />
verwalten. Taschenbuch für den <strong>Tunnelbau</strong> 2002 (26. Jahrgang).<br />
Essen: Verlag Glück<strong>auf</strong><br />
[2] Städing, A.; Krocker, T.: Anwendung des <strong>Teilsicherheitskonzept</strong>es<br />
<strong>im</strong> <strong>Tunnelbau</strong>. Forschungsbericht <strong>im</strong> Auftrag der Bundesanstalt für<br />
Straßenwesen, Bergisch Gladbach 03/1993<br />
[3] ZTV-ING – Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und<br />
Richtlinien für Ingenieurbauten. Sammlung Brücken- und Ingenieurbau,<br />
Verkehrsblatt Verlag, Dortmund<br />
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