Bericht über den Euro-Fighter "Huracan" - Gerstlauer Elektro GmbH

COASTER
Die innovativen sechssitzigen
Wagen in Pfeilform
versprechen jedem Fahrgast
einen fast freien Blick
Die Silhouette des größten Freizeitparks
in Ostdeutschland hat
sich zur Saison 2010 überraschend
sowie gewaltig geändert!
Denn seit diesem Jahr gibt
es im Belantis eine schon von
Weitem unübersehbare Achterbahnkonstruktion:
„Huracan”
von Gerstlauer Rides.
Text: Frank Lanfer
Photos: Frank Lanfer, Belantis
Was noch fehlt, sind große
Bäume und dichter Bewuchs
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Huracan
Nur wenige Fahrminuten von Leipzigs Innenstadt
entfernt, erfreut sich jeder Durchreisende nicht
mehr nur an der großen sandfarbenen Pyramide, sondern
seit dem 26. Juni schiebt sich nun auch die neue,
knallrote Stahlkonstruktion ins Blickfeld, mit der man
künftig auch neue Märkte erreichen will.
Die Wahl auf Gerstlauer fiel nicht von ungefähr,
schließlich bestand seit Parkeröffnung ein enges Verhältnis
mit dem Hersteller aus Schwaben: Seit 2003
weiß die fantastisch thematisierte Achterbahn „Drachenritt”
zu überzeugen, und seit 2009 befindet sich
hier die bisher weltweit einmalige Gerstlauer-Attraktion
„Götterflug”. Und dass die nächste Großinvestition
eine Achterbahn sein musste, habe man aus permanenten
Marktforschungen schon seit Jahren gewusst,
so der geschäftsführende Gesellschafter Nikolaus
Job: „Seit gut vier Jahren arbeiten wir auf dieses Ziel
hin. Durch eine sehr gute Opportunität ergab es sich
nun, dass wir auf eine ingenieurseitig in den Grundzügen
bereits konzipierte Anlage zurückgreifen und
diese in einer Rekordbauzeit von drei Monaten errichten
konnten. Das hat uns letztlich auch ermöglicht, die
Achterbahn zwei Nummern größer als ursprünglich
geplant umzusetzen und hier in Leipzig ein echtes
Monster zu realisieren. Mit der neuen Achterbahn ist
der Startschuss für eine neue, die achte Themenwelt
gefallen, wofür ein Gesamtinvest von 10 bis 12 Millionen
Euro geplant ist. Die rasante Entwicklung geht in
den nächsten Jahren also weiter.”

Ende Februar fiel die Entscheidung zugunsten eines
„Euro-Fighters”. Schon zwei Monate später fing man
mit der Montage der Stützen und Schienen vor Ort an,
und innerhalb von nur zwölf Tagen stand die 280
Tonnen schwere Achterbahn bereits. Nach der Installation
der kompletten Steuerungstechnik (ebenfalls
von Gerstlauer) begannen Anfang Juni die dreiwöchigen
Testfahrten seitens des Herstellers, gefolgt von
einer dreitägigen Abnahmeprüfung durch den TÜV
Süd. Und seit Ende Juni steht die neue Mega-Attraktion
allen Belantis-Besuchern zur Verfügung.
Dabei handelt es sich um den weltweit zehnten „Euro-
Fighter”-Typ. Mit einer Fahrbahnlänge von 560 Metern
ist es zwar nur der Viertlängste seiner Gattung und mit
einer Schienenhöhe von 32 Metern der Zweithöchste,
aber kein „Euro-Fighter” hat mehr Inversionen als der
in Belantis: Nach der markanten Turmkonstruktion mit
Senkrechtauffahrt und einem mehr als vertikalen Absturz
in die Tiefe folgen fünf Komplettüberschläge.
Eine mächtige Revolution-Fahrfigur und eine Cobra-
Rolle müssen zunächst überwunden werden, bevor
ein sehr niedrig gehaltener und daher intensiver Camelback
angefahren wird und schließlich eine Zwischenbremse
eingreift. Nach dieser kurzen Verschnaufpause
folgen, nach einer etwas zu eng bemessenen
Kurve,
so genannte Interlocked
Corkscrews,
also zwei einzelne
Corkscrews beziehungsweiseFlatspins,
die mit einer
Kehrtwende verbunden
sind.
Die Rohre sind mit circa
vier Tonnen Sand befüllt worden,
um die Fahrgeräusche zu
minimieren – obwohl es bei Belantis
noch gar keine Anwohner
gibt
Parkchef Nikolaus Job
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Wunderschöne und individuell
gestaltete Wagen
Kein Looping, sondern
eine riesige Revolution-Figur
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Einmal um die ganze Welt
Zunächst sollte die Achterbahn „Anakonda” heißen,
benannt nach einer Riesenschlange, die vor allem in
Brasilien beheimatet ist. Doch letztendlich entschied
man sich für „Huracan”, dem Maya-Gott des Windes,
des Sturmes und des Feuers – wovon sich auch das
Wort Orkan herleiten lässt. Also eigentlich ein sehr
trefflicher Name für einen kraftvollen Coaster wie diesen,
doch genau betrachtet lebten die Stämme der
Maya in Mittel- und nicht in Südamerika.
Ein Tag in Belantis umfasst nicht „nur” die Länder
Europas, sondern offeriert einen Ausflug zu allen Kontinenten
dieser Erde. Das Erlebnis der Tagesgäste beginnt
mit dem Zugang über den afrikanischen Kontinent,
der allerdings (noch) nicht in dieser Form zu
erfahren ist; vielmehr markiert das „Schloss Belantis”
den Eingang zu einer ungewöhnlichen Weltreise. Bislang
bewegte sich der Großteil der Besuchermasse
auf dem Parkweg rund um das „Mittelmeer” entgegen
dem Uhrzeigersinn, da sich rechts vom Eingang die
bisherige Hauptattraktion befand: das „Tal der Pharaonen”
(synchron zu Ägypten) mit der 38 Meter hohen
Pyramide und der großen Wildwasserbahn von Hafema,
gefolgt von den Themenländern „Strand der Götter”
(Griechenland), „Land der Grafen” (Mitteleuropa),
„Insel der Ritter” (Großbritannien/Irland), „Küste der
Entdecker” (Spanien/Portugal) und „Prärie der Indianer”
(Nordamerika). Doch mit der Errichtung des neuen
Coasters auf der linken Seite des Eingangsbereichs
hat man den Besucherstrom komplett gedreht: Die
meisten Gäste zieht es sofort nach Betreten des Parks
zur Neuheit „Huracan”, die als erste Baumaßnahme
das neue Themenland „Reich der Sonnentempel”
(Südamerika) markiert.
Schritt für Schritt soll dieser Bereich ausgebaut werden;
in dieser Saison bestand die Erweiterung, abgesehen
vom Coaster, lediglich aus einer leicht auf
Maya-Outfit getrimmten Imbissbude mit ausreichender
Sitzkapazität im Freien – taktisch klug platziert vor
der markanten Turmkonstruktion mit Vertikallift und 95°
steiler Abfahrt – und einem kleinen Zelt, in dem eine
anerkennenswerte Sonderausstellung über die Entwicklungsgeschichte
der Achterbahnen im Allgemeinen
und über die Entstehung des Belantis-Coasters im
Besonderen gezeigt werden. Allem voran aber fehlt
dem neu erschlossenen „Südamerika”-Kontinent ein
kräftiger Baumbestand, wodurch die Simulation eines
amazonischen Regenwaldes besser gelungen wäre.
Doch erst langsam beginnt das im Park angepflanzte
Grün zu gedeihen, denn die 27 Hektar große Parkfläche
befindet sich auf einer ehemaligen, monströsen
Braunkohletagebaufläche, die noch bis 1992 bewirtschaftet
wurde – sicherlich war die in den Anfangsjahren
sehr spärliche Begrünung auch ein Grund
dafür, dass man diesen Park aus westdeutscher Sicht
häufig unterschätzte, und das obwohl Belantis von Beginn
an jährlich über 500.000 Besucher zählte und damit
einer der zehn meistbesuchten Parks in Deutschland
ist.
Durch die Einnahme des neuen „Südamerika”-Kontinents
wird es sicherlich nicht mehr lange dauern, bis
ein zweiter Rundweg komplettiert ist: Neben dem „Mittelmeer”
könnte man dann auch bald alle Kontinente
rund um den Parksee „Atlantik” erkunden. Aus der Besucherperspektive
kaum erlebbar, wird die ungewöhnliche
Landschaftsgestaltung, durch die man sich hindurchbewegt,
allerdings erst beim Blick auf den Parkplan
ersichtlich. Dieser ist jedoch kostenpflichtig, so
dass den meisten Besuchern die Erkenntnis dieses

einmaligen Abenteuers leider verwehrt bleiben dürfte.
Zudem ist die Realisierung der Gestaltungsidee letztendlich
etwas zu schematisch geraten, aber immer
noch erkennbar als solche.
Belantis ist kein über die Jahre hinweg natürlich gewachsener
Freizeitpark, sondern wurde, nach intensiven
Marktforschungen, mit einer Anfangsinvestition
von rund 50 Millionen Euro aus der Retorte geboren –
Fluch und Segen zugleich. Zwar konnte das auf dem
Reißbrett entworfene Projekt sein erstaunliches Overall-Theming
konsequent einhalten, doch während sich
westdeutsche Parks in den Jahrzehnten ihres Entstehens
natürlich etablierten und privatwirtschaftlich ausgebaut
wurden, wollte und musste man den Ostdeutschen
gleich von Beginn an einen ausgewachsenen
Freizeitpark bieten können. Belantis-Chef Nikolaus
Job: „Viele der Freizeitparks in Deutschland sind seit
30 Jahren und mehr am Markt und waren in ihrer Startphase
nicht halb so groß wie Belantis.” Die schnelle
Entwicklung des Freizeitparks führt Job auch auf das
investorenfreundliche Klima in seiner Region zurück:
„Wir haben von Beginn an und nun auch mit dem Bau
der neuen Achterbahn eine Unterstützung erfahren,
von der viele westdeutsche Kollegen träumen und für
die wir sehr dankbar sind. In einer Rekordzeit haben
wir sämtliche Anträge und Genehmigungen umsetzen
können – dafür waren in den Ämtern sicher einige
Überstunden notwendig. Es war zu spüren: Dieses
Projekt war und ist gewollt, auf allen Seiten.” Unterstützung
aus öffentlicher Hand gab es auch finanziell:
Im Rahmen der GA-Förderung gilt Belantis mitsamt
seiner wirtschaftlichen und touristischen Motorfunktion
für die Region in und um Leipzig als förderfähiges
Unternehmen. Großes Vertrauen bei Finanzierungspartnern
genießt der Freizeitpark nicht zuletzt durch
gute betriebswirtschaftliche Ergebnisse, die in den
letzten beiden Jahren jeweils einen Rekord hervorbrachten:
„Wir haben unsere Öffnungszeiten genau
an unsere Zielgruppe angepasst und von Beginn
an in der Nebensaison Schließtage eingeführt. Wir fahren
damit nahezu keinen Tag
unter Deckung. Dass sich dieses
Konzept bewährt, zeigt ein
Blick in die Branche: Mittlerweile
haben auch andere Freizeitparks
Schließtage in der
Wochenmitte”, so Nikolaus Job.
Er ist einer von sieben vorwiegend
regional ansässigen Gesellschaftern
der Belantis-Eigentümerin
Event Park GmbH &
Co. KG, darunter befindet sich
auch die deutsche Radioholding
Regiocast.
Ein Park im Park
Erst einige Jahre nach der
Wende wurde der Braunkohleabbau
komplett gestoppt
und mit der Renaturierung der
geschundenen Landschaft und
der Flutung der Tagebaurestlöcher
begonnen. Das größte ist
der heutige Cospudener See;
unweit davon eröffnete 2003 der
Freizeitpark Belantis. Die Weitsicht
der sieben Investoren
zeichnet sich aus, denn mittlerweile
liegt der Freizeitpark
Eigentlich war der Coaster
für den F1-X Park in Dubai bestimmt,
der 2009 eröffnen sollte
– daher auch die knallroten
Schienen, die nicht so recht in
den Themenbereich passen
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Neben dem Coaster befindet
sich eine sehr temporär
wirkende Imbissbude
Bemerkenswert hingegen
die Ausstellung im Belantis-Zelt
■ Eröffnung: 26. Juni 2010
■ Schienenlänge: 560 m
■ Schienenhöhe: 32 m
■ Geschwindigkeit: 85 km/h
■ 5 Inversionen: 1x Revolution,
1x Cobra-Roll, 2x Flatspin
■ Max. Beschleunigung: 5,5 g
■ Fahrzeit: 1 min 15 sec
■ 6 Einzelwagen für je 6 Pers.
■ Kapazität: 800 Pers./h
■ Grundfläche: 135 x 50 m
■ Dynamics/Statik: Stengel,
München, Deutschland
■ Hersteller: Gerstlauer, Münsterhausen,
Deutschland
■ Betreiber: Belantis, Leipzig,
Deutschland
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FAKTEN
innerhalb des attraktiven Naherholungsgebiets „Leipziger
Neuseenland”, das zukünftig noch an Wert gewinnen
wird, sobald alle 18 Restlöcher mit Grundwasser
gefüllt und durch Kanäle verbunden sind. Schiffsfahrten,
Surf- und Wasserskimöglichkeiten sorgen
schon heute für Erholung pur. Daher ist es kaum ein
Wunder, dass Belantis bald ein Komplettresort werden
soll. Denn nach der diesjährigen Achterbahnkonstruktion
will man künftig auch Übernachtungsmöglichkeiten
schaffen. Nikolaus Job: „Wir haben noch viele
Ideen – und auch den Raum dafür.” Die Liegenschaften
des Unternehmens belaufen sich auf 112 Hektar,
ein gutes Viertel davon wird derzeit betriebsseitig
genutzt. „Langfristig gesehen wird der nächste große
Schritt in Richtung Übernachtungen gehen. Auf der
Wunschliste unserer Gäste stand dieser Punkt auf
Platz zwei, direkt nach der großen Achterbahn. Wir
denken dabei weniger an ein Hotel, sondern an etwas
Familienaffines. Ich bin ein ‘alter Robinson’, in den
Ferienclubs war ich früher tätig. Ein solches Konzept
kann ich mir sehr gut auch für Leipzig vorstellen.”
Doch schon jetzt ist Belantis weithin bekannt: Seitdem
es mehr und mehr im Park grünt, spätestens aber mit
der Errichtung von „Huracan” ist Belantis kein dunkelgrauer
Kohlefleck mehr auf der Freizeitpark-Landkarte.
Mit dem Einzug des Gottes der ungezügelten
Naturkräfte ist ein unübersehbares, rotes Ausrufezeichen
im Osten Deutschlands gesetzt worden! Und
ganz bestimmt gelingt es der Gottheit, einen Besucheransturm
loszutreten. ■