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Facharbeit im Leistungskurs Geschichte Pazifismus in der Weimarer ...

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<strong>Facharbeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Leistungskurs</strong><br />

<strong>Geschichte</strong><br />

<strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik: Zum Scheitern verurteilt?<br />

Verfasser: Kathr<strong>in</strong> Krebeck<br />

Fachlehrer: Frau Wilhelm<br />

Abgabeterm<strong>in</strong>: 28. März 2003


Inhaltsverzeichnis<br />

1. E<strong>in</strong>leitung -1-<br />

2. Hauptteil<br />

2.1. Bedeutung des Versailler Vertrages -2-<br />

2.2. Die Frage nach <strong>der</strong> Kriegsschuld aus pazifistischer Sicht -3-<br />

2.3. Der <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> den Anfangsjahren <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik -5-<br />

2.4. Hauptrichtungen des <strong>Pazifismus</strong> -7-<br />

2.4.1. Gemäßigter <strong>Pazifismus</strong> -7-<br />

2.4.2. Radikaler <strong>Pazifismus</strong> -7-<br />

2.4.3. Revolutionärer <strong>Pazifismus</strong> -7-<br />

2.5. Pazifistische Organisationen -8-<br />

2.5.1 Die Deutsche Friedensgesellschaft -8-<br />

2.5.2. Das An<strong>der</strong>e Deutschland -9-<br />

2.6. Umsetzung <strong>der</strong> pazifistischen Ideen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Politik -9-<br />

2.7. Der <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krise -12-<br />

3.Fazit -14-<br />

4. Literaturverzeichnis


1. E<strong>in</strong>leitung<br />

Zur Beurteilung, ob <strong>der</strong> <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik zum Scheitern verurteilt<br />

war, gehe ich zuerst auf den Friedensvertrag nach dem 1. Weltkrieg, dem Versailler<br />

Vertrag e<strong>in</strong> (Kapitel 2.1.). Der Versailler Vertrag war best<strong>im</strong>mend für die Entwicklung <strong>der</strong><br />

We<strong>im</strong>arer Republik und muss deshalb <strong>in</strong> die Thematik e<strong>in</strong>bezogen werden. Im Anschluss<br />

daran gebe ich die Antwort auf die Frage <strong>der</strong> Kriegsschuld aus pazifistischer Sicht (Kap.<br />

2.2.), da sich hier die unterschiedlichen Tendenzen des <strong>Pazifismus</strong> bemerkbar machen und<br />

diese als Ausgangspunktse<strong>in</strong>er weiteren Entwicklung betrachtet werden können.<br />

Daraufh<strong>in</strong> stelle ich die Entwicklung des <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> den Anfangsjahren <strong>der</strong> Republik<br />

dar, wobei ich auch wirtschaftliche Faktoren, <strong>in</strong>nenpolitische Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen und<br />

die politische Justiz berücksichtigt habe, die ebenfalls e<strong>in</strong>e wichtige Rolle gespielt haben.<br />

Anschließend erstelle ich e<strong>in</strong>e kurze Übersicht über die verschiedenen Hauptrichtungen<br />

des <strong>Pazifismus</strong> (gemäßigt, radikal, revolutionär) (Kap. 2.4.) und daraufh<strong>in</strong> erläutere ich<br />

die pazifistischen Organisationen und ihre Entwicklung <strong>in</strong> <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik (Kap.<br />

2.5.). In Kapitel 2.6. beschäftige ich mich mit <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> pazifistischen Ideen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Politik. Außen- und <strong>in</strong>nenpolitische Ziele habe ich dabei von e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> getrennt und<br />

darüber h<strong>in</strong>aus wird <strong>der</strong> Verlauf <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit DDP und SPD dargestellt. Im<br />

letzten Kapitel me<strong>in</strong>es Hauptteils, habe ich die Entwicklung des <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Krise<br />

aufgezeigt. (Kap. 2.7.) Im Schlussteil me<strong>in</strong>er <strong>Facharbeit</strong> begründe ich nach <strong>der</strong><br />

vorangegangenen Darstellung, warum <strong>der</strong> <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik zum<br />

Scheitern verurteilt war. In Kapitel 4 habe ich die benutzte Literatur zwecks Nachschlagen<br />

aufgelistet.


2. Hauptteil<br />

2.1. Bedeutung des Versailler Vertrages<br />

Nach <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lage Deutschlands <strong>im</strong> 1. Weltkrieg diktierten die Siegermächte Frankreich,<br />

Großbritannien und die USA Deutschland ihre Friedensbed<strong>in</strong>gungen u.a. die Abschaffung des<br />

Kaiserreiches. Die Gegenvorschläge Deutschlands wurden von den Alliierten fast gänzlich<br />

abgelehnt und sie stellten Deutschland das Ult<strong>im</strong>atum bis zum 22. Juni 1919 den Versailler<br />

Vertrag zu akzeptieren und zu unterschreiben. Unter dem Druck <strong>der</strong> Alliierten, die mit <strong>der</strong><br />

Besatzung des gesamten Deutschen Reiches drohten, musste die neue Regierung aus<br />

Sozialdemokraten und Zentrum am 22. Juni 1919 den Versailler Vertrag nach ergebnislosem<br />

Wi<strong>der</strong>stand schließlich unterschreiben. Im 1.Teil wurde die Satzung des Völkerbundes<br />

verankert, dem Deutschland jedoch nicht beitreten durfte. Im 2. und 3. Teil wurden die<br />

Grenzen des Deutschen Reiches festgelegt entgegen dem Selbstbest<strong>im</strong>mungsrecht <strong>der</strong> Völker<br />

und damit auch entgegen dem 14. Punkte Plans des amerikanischen Präsidenten Wilson, den<br />

vor allem die gemäßigten Pazifisten begrüßt hätten. So verlor Deutschland rund 70579 km²<br />

se<strong>in</strong>er Landesfläche und 6,5 Mio. E<strong>in</strong>wohner. Der 4. Teil best<strong>im</strong>mte die Entwaffnung und<br />

erlaubte e<strong>in</strong> deutsches Heer von nur noch 100000 Mann . Die Höhe <strong>der</strong> Reparationen, die<br />

Deutschland zu zahlen hatte, war <strong>im</strong> Versailler Vertrag noch nicht e<strong>in</strong>mal festgelegt worden. 1<br />

Beson<strong>der</strong>s den Kriegsschuldartikel empfand die deutsche Bevölkerung als e<strong>in</strong>zige<br />

Demütigung, denn er for<strong>der</strong>te, dass sich Deutschland zur Alle<strong>in</strong>schuld am 1. Weltkrieg<br />

bekannte. Die Bevölkerung, die sich noch an den Glanz des Kaiserreiches er<strong>in</strong>nern konnte,<br />

nannte diesen Artikel „Schmachparagraph“. Wie bedeutend die Demütigung durch den<br />

Versailler Vertrag für die Menschen <strong>der</strong> damaligen Zeit war, wird <strong>in</strong> dem Zitat von<br />

M<strong>in</strong>isterpräsident Scheidemann deutlich: „Welche Hand müßte nicht verdorren, die sich und<br />

uns <strong>in</strong> solche Fesseln legt?“ 2<br />

Die Dolchstoßlegende, die das Versagen <strong>der</strong> politischen Führung, sowie die Sozialisten und<br />

Pazifisten beschuldigte, Deutschland <strong>im</strong> Krieg <strong>in</strong> den Rücken gefallen zu se<strong>in</strong> und damit den<br />

Kriegsausgang zu Ungunsten Deutschlands bee<strong>in</strong>flusst zu haben, wurde für die Militärs zum<br />

geeigneten Mittel Sympathisanten für ihre Politik zu f<strong>in</strong>den. Später benutzten auch die<br />

Nationalsozialisten die Dolchstoßlegende als Propagandaparole gegen die We<strong>im</strong>arer<br />

Republik, obwohl sie <strong>im</strong> Dolchstoßprozess 1925 für sachlich unhaltbar erklärt wurde. 3<br />

1<br />

Vgl. Meyers Lexikonredaktion (Hrsg). Schülerduden <strong>Geschichte</strong>. Mannhe<strong>im</strong>/ Leipzig/ Wien/ Zürich ³1996.<br />

S.469 f.<br />

2 2<br />

Gerik, A. Der Staat, <strong>in</strong> dem wir leben. Breisgau 1973. S.279.<br />

3<br />

Vgl. Schülerduden <strong>Geschichte</strong>. S.116.


Die Auswirkungen des Versailler Vertrages waren verheerend. Frankreich hatte den Vertrag<br />

maßgeblich dom<strong>in</strong>iert, was man z.B. daran erkennen kann, dass <strong>der</strong> amerikanische Präsident<br />

Wilson se<strong>in</strong>en 14. Punkte Plan nicht <strong>in</strong> den Versailler Vertrag e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen konnte. Dadurch<br />

wollte Frankreich die eigene Vormachtstellung <strong>in</strong> Europa sichern und e<strong>in</strong>e Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

e<strong>in</strong>es Deutschlands wie zur Kaiserzeit unterb<strong>in</strong>den. England jedoch befürchtete e<strong>in</strong>e<br />

Hegemonie Frankreichs <strong>in</strong> Europa und war schon bald kompromissbereiter als die Franzosen.<br />

Ihr Ziel war es, Deutschland als Bollwerk gegen den Bolschewismus zu benutzen. 4<br />

Das „Diktat“ von Versailles verweigerte Deutschland die wirtschaftliche und politische<br />

Gleichberechtigung und das stark verletzte Nationalgefühl leitete e<strong>in</strong>en latenten Wi<strong>der</strong>stand<br />

gegen den Versailler Vertrag e<strong>in</strong>. Die neue Staatsform war durch den Vertrag politisch nicht<br />

legit<strong>im</strong>iert und dadurch wurde die junge deutsche Demokratie stark belastet. Sie traf häufig<br />

auf die Opposition <strong>der</strong> Bürger. Kaisertreue Offiziere begriffen die Reichswehr als „Staat <strong>im</strong><br />

Staate“ und g<strong>in</strong>gen teilweise offene Angriffe auf die Republik e<strong>in</strong>. Die Mehrheit <strong>der</strong><br />

Bevölkerung stand <strong>der</strong> Republik mit Argwohn gegenüber und dieser schlug <strong>in</strong> Fe<strong>in</strong>dschaft<br />

um, als die Inflation, als Folge <strong>der</strong> wirtschaftlichen Repressalien des Versailler Vertrages, vor<br />

allem für die Arbeiter und den Mittelstand große soziale Not brachte. National ges<strong>in</strong>nte Kräfte<br />

wollen Vergeltung und Rache am Friedensdiktat ausüben und so wurde <strong>der</strong> Kampf gegen den<br />

Versailler Vertrag zum Kampf gegen die We<strong>im</strong>arer Republik. 5<br />

Selbst die Deutsche Friedensgesellschaft war <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, dass <strong>der</strong> „Diktatfrieden“<br />

unweigerlich zu e<strong>in</strong>em neuen Kriege führen würde. Dies brachte sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief an<br />

Präsident Wilson <strong>im</strong> Mai 1919 zum Ausdruck. Der Friede von Versailles sei ke<strong>in</strong><br />

pazifistischer Friede. 6<br />

4 Vgl. Schülerduden <strong>Geschichte</strong>. S.470.<br />

5 Vgl. Der Deutsch Bundestag (Hrsg.). Fragen an die deutsche <strong>Geschichte</strong>: Ideen, Kräfte, Entscheidungen von<br />

1800 bis zur Gegenwart. Bonn 7 1981. S.279f.<br />

6 Vgl. Scheer, K-F. Die deutsche Friedensgesellschaft (1892-1933) Organisation, Ideologie, politische Ziele.<br />

Frankfurt am Ma<strong>in</strong> 2 1963. S.358 u. S.363.


2.2. Die Frage nach <strong>der</strong> Kriegsschuld aus pazifistischer Sicht<br />

Die Me<strong>in</strong>ungen <strong>der</strong> Pazifisten zum „Kriegsschuldartikel“ des Versailler Vertrages g<strong>in</strong>gen <strong>in</strong><br />

zwei ganz verschiedene Richtungen, die klar von e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu trennen s<strong>in</strong>d.<br />

Die radikalen Pazifisten, wie z. B. Fried und Foerster, waren <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, Deutschland trüge<br />

die alle<strong>in</strong>ige Schuld am Krieg. Sie hielten das Schulde<strong>in</strong>geständnis für die Vorraussetzung<br />

dafür, dass <strong>der</strong> Frieden gesichert werden kann und wollten dadurch das „militaristische<br />

Deutschland <strong>der</strong> Autokratie“ 7 von <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik trennen, denn für sie war <strong>der</strong><br />

Vertrag nur die Folge e<strong>in</strong>er „größenwahns<strong>in</strong>nigen preußisch-deutschen Macht- und<br />

Eroberungspolitik“ 8 . Der Versailler Vertrag war für die radikalen Pazifisten also ke<strong>in</strong><br />

„Diktatfriede“ und galt auch nicht als unannehmbar. Die Mehrheit <strong>der</strong> Pazifisten st<strong>im</strong>mte<br />

dieser Ansicht zu, allerd<strong>in</strong>gs fand diese Me<strong>in</strong>ung nur bei e<strong>in</strong>em sehr kle<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong><br />

Bevölkerung Zust<strong>im</strong>mung, was dazu führte, dass die radikalen Pazifisten ke<strong>in</strong>en Rückhalt<br />

be<strong>im</strong> deutschen Volk erlangten, weil die Bürger e<strong>in</strong>e allzu große Bürde durch den Versailler<br />

Vertrag tragen mussten.<br />

Die gemäßigten Pazifisten h<strong>in</strong>gegen wi<strong>der</strong>legten die e<strong>in</strong>seitige Schuldfrage und waren <strong>der</strong><br />

Auffassung, dass alle Staaten e<strong>in</strong>e Teilschuld am Krieg tragen. Damit wollten sie dem Vertrag<br />

die moralische Basis nehmen und somit die Rechtsgrundlage <strong>der</strong> Reparationszahlungen. 9<br />

Bestätigt wurde ihre Haltung auch durch ausländische Pazifisten, die ebenfalls auf e<strong>in</strong>e<br />

Revision des Vertrages h<strong>in</strong>arbeiteten (Morel) und <strong>im</strong> deutschen radikalen <strong>Pazifismus</strong> e<strong>in</strong><br />

großes H<strong>in</strong><strong>der</strong>nis dafür sahen. Die gemäßigten Pazifisten g<strong>in</strong>gen ebenfalls vorsichtiger mit<br />

ihrer Haltung um, damit sie sich nicht selbst <strong>in</strong>s politische Abseits verfrachteten. Ludwig<br />

Quidde hielt es für e<strong>in</strong>en Selbstbetrug sich <strong>im</strong> Büßergewandt den Fe<strong>in</strong>den zu stellen, um so<br />

Sympathien zu erlangen, verurteilte die Anmaßung <strong>der</strong> Sieger als Richter aufzutreten und<br />

kritisierten ebenfalls die Klassifizierung <strong>in</strong> moralisch höher o<strong>der</strong> m<strong>in</strong><strong>der</strong>wertiger Völker. 10<br />

Als Folge dieser unterschiedlichen Auffassungen nach <strong>der</strong> Kriegsschuld, entstanden auch<br />

zwei unterschiedliche Hauptströmungen, was die Entwaffnungspolitik betrifft. Während die<br />

radikalen Pazifisten <strong>im</strong> Militarismus, <strong>der</strong> auch noch die We<strong>im</strong>arer Republik beherrschte, die<br />

größte Gefährdung des Friedens sahen, for<strong>der</strong>te L. Quidde die <strong>in</strong>ternational Abrüstung,<br />

nachdem Deutschland dies bereits getan hat und beteuerte, dass von Deutschland ke<strong>in</strong>e<br />

Gefahr mehr ausgehe. F.W. Foerster war jedoch weiterh<strong>in</strong> <strong>der</strong> Überzeugung, dass man sich<br />

7 Scheer, F-K. Die DFG. S.366.<br />

8 Donat, H. In: Holl, K., Wette, W. <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik. Pa<strong>der</strong>born 1981. S.30.<br />

9 Vgl. Scheer, F-K. Die DFG. S.367.<br />

10 Vgl. ebda. S.367.


vor <strong>der</strong> 100000 Mann starken Reichswehr mehr fürchten müsse, als vor <strong>der</strong> 500000 Mann<br />

starken Armee Frankreichs. 11<br />

Somit gab es <strong>im</strong> deutschen <strong>Pazifismus</strong> bereits seit dem Ende des 1. Weltkrieges 2<br />

Streitpunkte, nämlich die unterschiedlichen Me<strong>in</strong>ungen zur Kriegsschuld und zur<br />

Entwaffnungspolitik, die die E<strong>in</strong>heitsfront des <strong>Pazifismus</strong> durchlöcherte, die<br />

Friedensbewegung <strong>in</strong> 2 Lager spaltete und e<strong>in</strong>e große Reibungsfläche darstellte. 12<br />

2.3. Der <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> den Anfangsjahren <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik<br />

Unmittelbar nach dem Ende des 1. Weltkrieges gewann <strong>der</strong> <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

deutlich an Popularität; er sah sich durch die Auswirkungen des Krieges bestätigt.<br />

Pazifistische Publizisten und Gelehrte gewannen vorübergehend auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Politik an<br />

E<strong>in</strong>fluss und stellten deutlich klar, dass niemand e<strong>in</strong>e wichtigeren Grund hatte, gegen den<br />

„Diktatfrieden“ 13 anzutreten als die Pazifisten selbst. Gleichzeitig bestanden sie jedoch auch<br />

auf <strong>der</strong> Erfüllung des Versailler Vertrages.<br />

Neben den schon bestehenden pazifistischen Organisationen, wie <strong>der</strong> DFG und <strong>der</strong> deutschen<br />

Liga für Menschenrechte wurden viele pazifistische Organisationen neu gegründet, welche <strong>in</strong><br />

unterschiedliche Richtungen tendierten. So vertrat <strong>der</strong> Bund <strong>der</strong> Kriegsgegner, 1919<br />

gegründet, die radikalpazifistische Richtung und wurde zu ihrem stärksten Organ, obwohl er<br />

nur ger<strong>in</strong>ge Mitglie<strong>der</strong>zahlen aufweisen konnten. Der radikale <strong>Pazifismus</strong> stand für die<br />

absolute Gewaltfreiheit e<strong>in</strong> und war gegen den Kriegsdienst und auch gegen e<strong>in</strong>en<br />

Verteidigungskrieg.<br />

Die Nie-Wie<strong>der</strong>-Krieg-Bewegung wollte jedes Jahr am Tag des Ausbruchs des 1. Weltkrieges<br />

durch Demonstrationen die Haltung <strong>der</strong> Deutschen gegen den Krieg dokumentieren. Zum 1.<br />

Mal erreichte <strong>der</strong> <strong>Pazifismus</strong> die Größe e<strong>in</strong>er Massenbewegung und brachte bis zu 500000<br />

Bürger dazu, sich für den Frieden stark zu machen. Im Laufe <strong>der</strong> Jahre verlor diese Bewegung<br />

allerd<strong>in</strong>gs an Bedeutung. Denn die Gewerkschaften und die SPD, die die Bewegung zunächst<br />

unterstützen, organisierten konkurrierende Massendemonstrationen.<br />

1921 wurde das deutsche Friedenskartell gegründet, e<strong>in</strong> Dachverband fast aller pazifistischer<br />

Organisationen. Zunächst gelang es den gemäßigten Pazifisten ihre L<strong>in</strong>ie beizubehalten, <strong>im</strong><br />

Laufe <strong>der</strong> Jahre konnten die radikalen Kräfte jedoch die Führung an sich reißen. 14<br />

11 Vgl. Holl, K., Wette,W. <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> WR. S.35.<br />

12 Scheer, F-K. Die DFG. S.370.<br />

13 Kolb, E. Die We<strong>im</strong>arar Republik. München 6 2002. S.36.<br />

14 Vgl. Hart, D., Schubert, D., Schmidt, R.M. (Hrsg.). <strong>Pazifismus</strong> zwischen den Weltkriegen. Heidelberg 1985.<br />

S.26 f.


E<strong>in</strong>fach hatte es <strong>der</strong> deutsche <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> den Anfangsjahren <strong>der</strong> Republik nicht, denn man<br />

muss die an<strong>der</strong>en Entwicklungen dieser Zeit berücksichtigen. Durch die fortdauernde<br />

Inflation gerieten große Teile <strong>der</strong> Bevölkerung <strong>in</strong> soziale Not. Die Arbeiter konnten ihre<br />

Familien nicht mehr ernähren, weil ihnen <strong>der</strong> Lohn <strong>in</strong> den Händen zerrann. Den Mittelstand<br />

traf es hart, denn er verlor se<strong>in</strong>e gesamten Rücklagen e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> gezeichneten<br />

Rüstungsanleihen und wurde dadurch quasi proletarisiert. Er machte das We<strong>im</strong>arer System<br />

für se<strong>in</strong>e soziale Not verantwortlich. Gleichzeitig unternahm die Regierung nichts gegen die<br />

hohe Arbeitslosigkeit, was die Lebensbed<strong>in</strong>gungen, die wesentlich schlechter waren als vor<br />

dem Krieg noch verschlechterte. Die Menschen hatten also sehr viele Probleme mit ihrer<br />

eigenen Situation und sahen <strong>in</strong> den rechtsextremen Kräften und <strong>der</strong>en Programm die Lösung<br />

dieser Probleme. 15<br />

Bis 1923 gab es auch heftige <strong>in</strong>nenpolitische Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen; zahlreiche<br />

Putschversuche von l<strong>in</strong>ks und rechts brachten die Republik <strong>in</strong>s Wanken. Seit <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lage<br />

<strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Koalition bei den Reichstagswahlen erstarkten die L<strong>in</strong>ken und rechten Parteien<br />

und diese Polarisierung machte das Wechselspiel von Regierung und Opposition unmöglich.<br />

Außerdem waren diese radikalen Kräfte antirepublikanisch ges<strong>in</strong>nt und somit e<strong>in</strong>e Gefahr für<br />

die Republik. Die demokratische Mitte war nicht mehr stark genug sich zu behaupten und für<br />

den Rest <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik erwies sich ke<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Regierungen als stabil. 16<br />

Die meisten Richter waren durch das Kaiserreich stark geprägt und bezweifelten die<br />

Legit<strong>im</strong>ität <strong>der</strong> neuen Ordnung. In ihren Urteilssprüchen brachten sie ihre Abneigung gegen<br />

die We<strong>im</strong>arer Republik zum Ausdruck und konnten auf Grund ihres Privilegs <strong>der</strong><br />

Unabsetzbarkeit auch nicht ausgetauscht werden. Die deutlich national ges<strong>in</strong>nten Richter<br />

g<strong>in</strong>gen gegen Aufstände von L<strong>in</strong>ksextremen deutlich härter vor als gegen die Aufstände <strong>der</strong><br />

rechten Kräfte. In vier Jahren hatten rechtsstehende Täter 354 politische Morde verübt. Sie<br />

erhielten dafür e<strong>in</strong>e Gefängnisstrafe von nur 4 Monaten. Die Morde <strong>der</strong> L<strong>in</strong>ksstehenden,<br />

<strong>in</strong>sgesamt 22, wurden zehn mal mit dem Tod bestraft und ansonsten mit e<strong>in</strong>er Haft von 15<br />

Jahren. 17<br />

Zusammenfassend kann man festhalten, dass <strong>der</strong> <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anfangsphase <strong>der</strong><br />

Republik zwar an Popularität gewann, aber auch wesentlich mannigfaltiger war als vor dem<br />

Krieg. Durch das Erstarken des Rechtsradikalismus hatte <strong>der</strong> <strong>Pazifismus</strong> aber auch e<strong>in</strong>en<br />

größeren Gegner als zuvor.<br />

15<br />

Vgl. Der Deutsch Bundestag (Hrsg.). Fragen an die dt. <strong>Geschichte</strong>. S.280.<br />

16<br />

Vgl. Kolb, E. Die WR. S.42.<br />

17<br />

Vgl. Holl, K., Wette, W. <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> WR. S 121.


2.4. Ideologische Wandlung des <strong>Pazifismus</strong><br />

2.4.1. Gemäßigter <strong>Pazifismus</strong><br />

Die gemäßigten Pazifisten betrachteten den Völkerbund als die beste Möglichkeit den Frieden<br />

<strong>der</strong> Völker zu bewahren. Aus diesem Grund arbeiteten sie unaufhaltsam auf e<strong>in</strong>e Aufnahme<br />

Deutschlands <strong>in</strong> den Völkerbund h<strong>in</strong>. Das hielt sie jedoch nicht davon ab, auf die Schwächen<br />

des Völkerbundes h<strong>in</strong>zuweisen und Än<strong>der</strong>ungsvorschläge zu machen, um ihm zu e<strong>in</strong>em<br />

wirklich Völkerbund zu machen. 18 Wie ich schon <strong>in</strong> Kapitel 2.2. erläutert habe, bestanden die<br />

gemäßigten Pazifisten auf <strong>der</strong> kollektiven Abrüstung <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>. Um das Recht des<br />

Völkerbundes, also e<strong>in</strong>er überstaatlichen Institution, durchzusetzen, schlossen sie die<br />

Anwendung von Gewalt jedoch nicht aus. Darüber h<strong>in</strong>aus waren sie <strong>der</strong> Überzeugung, dass<br />

e<strong>in</strong> Verteidigungskrieg durchaus legit<strong>im</strong>iert sei. Langfristig gesehen sollte <strong>der</strong> Völkerbund<br />

soviel Souveränität bekommen, dass jede Anwendung von Gewalt überflüssig würde. 19<br />

2.4.2. Radikaler <strong>Pazifismus</strong><br />

An<strong>der</strong>s als die gemäßigten Pazifisten lehnten die radikalen Pazifisten jegliche Art von Gewalt<br />

ab. Zu den bestehenden Instrumenten zur Friedenssicherung wie dem Völkerbund benutzten<br />

sie neue Mittel wie z.B. die absolute Kriegsdienstverweigerung. Darüber h<strong>in</strong>aus wollten sie<br />

durch die Herstellung von sozialer Gerechtigkeit die bestehende „Friedlosigkeit“ 20<br />

überw<strong>in</strong>den.<br />

2.4.3. Revolutionärer <strong>Pazifismus</strong><br />

Kernfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> revolutionären Pazifisten waren u.a. die Abschaffung <strong>der</strong> Wehrpflicht,<br />

<strong>der</strong> Ausbau des Völkerbundes und die Sozialisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. E<strong>in</strong>e<br />

Elite von Denkern sollte die politische Macht ergreifen und alles Übel beseitigen. Die<br />

Anwendung von Gewalt als Mittel zum Zweck wurde ke<strong>in</strong>eswegs verworfen, aber sie sollte<br />

sich nicht gegen den äußeren Fe<strong>in</strong>d wenden, son<strong>der</strong>n nur gegen die „Herrschenden“ 21 , die sich<br />

<strong>der</strong> Errichtung des Sozialismus voraussichtlich wi<strong>der</strong>setzten würden. Den Sozialismus<br />

betrachteten die revolutionären Pazifisten als die Voraussetzung für die Realisierung ihrer<br />

pazifistischen Idee. 22<br />

18<br />

Vgl. Scheer, K-F. Die DFG. S.372f.<br />

19<br />

Vgl. ebda. S.378f.<br />

20<br />

ebda. S.599.<br />

21<br />

ebda. S.599.<br />

22<br />

Vgl. ebda. S.406ff.


2.5. Pazifistische Organisationen<br />

2.5.1. Die Deutsche Friedensgesellschaft<br />

Nach dem Krieg stieg die Mitglie<strong>der</strong>zahl <strong>der</strong> Deutschen Friedensgesellschaft (DFG) an, da<br />

viele Menschen auf Grund <strong>der</strong> Kriegserlebnisse dem <strong>Pazifismus</strong> weniger kritisch<br />

gegenüberstanden als zuvor. Selbst aktive Generäle des Krieges wie Freiherr von Schoenaich<br />

o<strong>der</strong> von Bresler wechselten <strong>in</strong> das Lager <strong>der</strong> DFG. 23<br />

Gleichzeitig verän<strong>der</strong>te sich auch die politische Haltung <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>. Die ältere Generation<br />

vertrat nach wie vor die Ideale <strong>der</strong> Vorkriegszeit, was vor allem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Person von Quidde<br />

se<strong>in</strong>e Kont<strong>in</strong>uität fand, während die Frontgeneration, die durch die Kriegserlebnisse geprägt<br />

war, e<strong>in</strong>e radikalere Position vertrat (vgl. Kap. 2.2). 24 Dieses Generationsproblem führte dazu,<br />

dass bereits <strong>im</strong> Juni 1919 drei Vorstandsmitglie<strong>der</strong>, nämlich Quidde, Stöcker und Gerlach,<br />

gewählt werden mussten, um den unterschiedlichen Tendenzen gerecht zu werden.<br />

Zuvor hatte sich die DFG bereits mit <strong>der</strong> Zentralstelle Völkerrecht zusammenge-schlossen<br />

und Berl<strong>in</strong> wurde wie<strong>der</strong> Sitz <strong>der</strong> Gesellschaft. Bemerkbar wurden auch Tendenzen, die auf<br />

e<strong>in</strong>e engere Zusammenarbeit <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Verbände h<strong>in</strong>ausliefen. Die Jahre 1926/27 waren<br />

für die DFG e<strong>in</strong> Höhepunkt, da sie 30000 Mitglie<strong>der</strong> <strong>in</strong> 300 Ortsgruppen zählen konnte und es<br />

wurden bis zu diesem Zeitpunkt auch 14 Landesverbände gebildet, die zunächst Koord<strong>in</strong>ation<br />

vere<strong>in</strong>fachen und Propagandamaßnahmen wirksamer gestalten sollten. Der Westdeutsche<br />

Landesverband (WDL) entwickelte sich hierbei zum entscheidenden Organ. Ihm gelang es die<br />

westdeutschen Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaften an sich zu b<strong>in</strong>den und er erwirkte, dass die<br />

Mitgliedsbeiträge an die Landesverbände zu entrichten seien, wodurch er sich noch enger an<br />

se<strong>in</strong>e Hagener Zentrale b<strong>in</strong>den konnte. Diese Entwicklung wurde von <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er Zentrale<br />

mit beson<strong>der</strong>em Argwohn betrachtet, da sie befürchtete, dass <strong>der</strong> WDL e<strong>in</strong>e zu große<br />

Machtposition <strong>in</strong> <strong>der</strong> DFG erreichen könnte, denn die meisten se<strong>in</strong>er Mitglie<strong>der</strong> waren<br />

radikale Pazifisten. 25<br />

Die f<strong>in</strong>anzielle Lage <strong>der</strong> DFG stellte e<strong>in</strong> weiteres Problem dar, denn mit den<br />

Mitgliedsbeiträgen konnte man nicht e<strong>in</strong>mal annähernd die Kosten decken, zumal <strong>im</strong> Laufe<br />

<strong>der</strong> Jahre <strong>der</strong> Honorationscharakter <strong>der</strong> Organisation verloren g<strong>in</strong>g. Vor allem Quidde gelang<br />

es <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> neue Spen<strong>der</strong> für die DFG zu gew<strong>in</strong>nen.<br />

Auch das Anhängerspektrum än<strong>der</strong>te sich. Im Kaiserreich bildeten noch das mittlere<br />

Bürgertum, sowie das Bildungs- und Besitzbürgertum die Mehrheit <strong>der</strong> Anhänger, ab 1919<br />

23 Vgl. Scheer, F-K. Die DFG. S.421.<br />

24 Vgl. ebda. S.421.<br />

25 Vgl. ebda. S.424f


jedoch gewannen das Kle<strong>in</strong>bürgertum und viele proletariatsnahe Gruppen zunehmend<br />

E<strong>in</strong>fluss <strong>in</strong> <strong>der</strong> DFG. Trotz des starken Zulaufs sozialdemokratischer Wählerschichten,<br />

stammten die meisten Mitglie<strong>der</strong> aber noch <strong>im</strong>mer aus <strong>der</strong> Mittelschicht. 26<br />

Abschließend kann man festhalten, dass die DFG zwar die größte pazifistische Organisation<br />

war, auf Grund ihrer <strong>in</strong>neren Spannungen (radikale und gemäßigte Mitglie<strong>der</strong>) und <strong>der</strong><br />

Vielfalt <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Organisationen jedoch nicht mehr als 30000<br />

Mitglie<strong>der</strong> hatte und ke<strong>in</strong> entscheidendes Massenorgan wurde.<br />

2.5.2. „Das An<strong>der</strong>e Deutschland“<br />

1921 gegründete Fritz Küster die Zeitschrift „Der Pazifist“. Sie vertrat zunächst die lokalen<br />

Interessen, richtete ihre Propaganda vornehmlich auf die spezielle Situation des<br />

südwestfälischen Industriegebietes ab, entwickelte sich jedoch schnell zu e<strong>in</strong>er überregionalen<br />

Zeitschrift und vertrat vor allem die radikale Position ihrer Autoren und des Verlegers. Sie<br />

kämpfte entschieden gegen die Reichswehr und die schwarze Reichswehr und prangerte vor<br />

allem auch die politischen Kampfverbände <strong>der</strong> Rechten an. Im April 1925 erhielt die<br />

Zeitschrift den neuen Namen „Das An<strong>der</strong>e Deutschland“ und entwickelte sich zur am<br />

weitesten verbreiteten pazifistischen Zeitschrift <strong>in</strong> Deutschland. 27<br />

2.6. Umsetzung <strong>der</strong> pazifistischen Ideen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Politik<br />

Die Hauptüberzeugung <strong>der</strong> Pazifisten war, dass die Errichtung e<strong>in</strong>er Gewaltherrschaft, egal ob<br />

es e<strong>in</strong>e „Sowjetdiktatur“ o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e „nationale Diktatur“ 28 sei, e<strong>in</strong>en Krieg mit sich ziehen<br />

würde. Die Pazifisten unterstützten also we<strong>der</strong> die Kommunisten noch die Nationalisten. Sie<br />

sahen <strong>im</strong> Ausbau <strong>der</strong> Demokratie den besten Weg um den <strong>in</strong>neren und äußeren Frieden zu<br />

sichern. Aus diesem Grund unterstützten die Pazifisten vor den Reichstagswahlen regelmäßig<br />

die demokratischen Parteien SPD, DDP und Zentrum. 29<br />

26 Vgl. ebda. S.434 f.<br />

27 Vgl. Scheer, K-F. Die DFG. S.426.<br />

28 Vgl. Scheer, F-K. Die DFG. S.467.<br />

29 Vgl. ebda. S.472.


Außenpolitisch versuchten die Pazifisten mit ihren französischen Interessensges<strong>in</strong>nten e<strong>in</strong>e<br />

Annäherung <strong>der</strong> beiden Län<strong>der</strong> zu erreichen, sowie die Aufnahme Deutschlands <strong>in</strong> den<br />

Völkerbund. Bereits <strong>im</strong> März 1919 gelang es auf <strong>der</strong> Berner Völkerbundkonferenz zwar nur<br />

unter Schwierigkeiten e<strong>in</strong>e Resolution zu verabschieden, die feststellte, dass die Schuld <strong>der</strong><br />

Zentralmächte mit <strong>der</strong> Auslösung des Krieges zu begründen sei. Der Grundste<strong>in</strong> für e<strong>in</strong>e<br />

Zusammenarbeit war gelegt. Nach 2 Jahren erließen sie e<strong>in</strong> Manifest, dass als Intention die<br />

Versöhnung <strong>der</strong> beiden Völker hatte. Man wollte e<strong>in</strong>e „Brücke über den Abgrund“ 30 schlagen.<br />

Auch während des Ruhrkampfes, <strong>der</strong> Besetzung des Ruhrgebiets durch die Franzosen auf<br />

Grund nicht gezahlter Reparationsleistungen, waren die Pazifisten bei<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> größtenteils<br />

e<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung und versuchten das Problem geme<strong>in</strong>sam zu lösen. Die deutschen Pazifisten<br />

unterstützten den passiven Wi<strong>der</strong>stand und appellierten an die Regierung den For<strong>der</strong>ungen<br />

Frankreichs nachzukommen. Als sich herausstellte, dass man sich damit nur selbst h<strong>in</strong><strong>der</strong>t,<br />

wollte man den Abbau des passiven Wi<strong>der</strong>standes zur Verhandlungssache machen. Dieses<br />

Vorhaben schlug jedoch fehl, als Frankreich se<strong>in</strong>en machtpolitischen Kurs wie<strong>der</strong> aufnahm. 31<br />

Mit <strong>der</strong> Unterzeichnung des Dawes Plans 1923 wurde die Zahlung <strong>der</strong> Reparationen für<br />

Deutschland endlich festgelegt und die Pazifisten erhofften sich nun den Völkerbund zur<br />

Friedenssicherung nutzen zu können. Dass Deutschland 1926 schließlich <strong>in</strong> den Völkerbund<br />

e<strong>in</strong>treten konnte, war also auch den Pazifisten zu verdanken, was durch die Verleihung des<br />

Friedensnobelpreises 1927 an Quidde und Buisson zu belegen ist.<br />

An<strong>der</strong>s als <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vorkriegszeit verfolgte <strong>der</strong> deutsche <strong>Pazifismus</strong> zum ersten Mal auch<br />

<strong>in</strong>nenpolitische Ziele, wie z.B. die Frage nach <strong>der</strong> Fürstenenteignung. Aber auch hier waren<br />

sich die Pazifisten nicht e<strong>in</strong>ig beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> „entschädigungslosen Enteignung“.<br />

Ludwig Quidde, <strong>der</strong> selbst gegen diese Form <strong>der</strong> Fürstenenteignung war, äußerte sogar Kritik<br />

daran, sich überhaupt <strong>in</strong>nenpolitisch zu engagieren, denn dies sei nicht die Aufgabe des<br />

<strong>Pazifismus</strong>. 32<br />

Auch das Verhältnis zu den Parteien <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Koalition verschlechterte sich <strong>im</strong> Laufe<br />

<strong>der</strong> 20er Jahre. Die DDP trat durchaus für die „Ideengänge des organisierten <strong>Pazifismus</strong>“ 33<br />

e<strong>in</strong>, <strong>im</strong>merh<strong>in</strong> waren über e<strong>in</strong> viertel aller Pazifisten Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> DDP. Dabei distanzierte<br />

sich die DDP 1924 deutlich von den Pazifisten, die dieser Entwicklung natürlich<br />

entgegenwirken wollten. Der Unterschied zwischen <strong>der</strong> DDP und dem ideellen <strong>Pazifismus</strong><br />

war die Tatsache, dass die DDP Opportunitätspolitik betrieb und den <strong>Pazifismus</strong> für die<br />

30 Scheer, K-F. Die DFG. S. 452.<br />

31 Vgl. ebda. S. 455.<br />

32 Vgl. ebda. S.500.<br />

33 edba. S.553.


Durchsetzung ihrer Interessen benutzte. So entstand e<strong>in</strong> Spannungsverhältnis zwischen <strong>der</strong><br />

DDP und dem <strong>Pazifismus</strong>. Als die DDP deutlich an Wählern verlor, distanzierte sie sich vom<br />

<strong>Pazifismus</strong> und versuchte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Öffnung nach Rechts diese Wählerverluste<br />

wettzumachen. 34 Aus diesem Grund traten e<strong>in</strong>ige Pazifisten wie z.B. Gerlach aus <strong>der</strong> DDP<br />

aus. Die E<strong>in</strong>flussmöglichkeiten <strong>der</strong> Pazifisten <strong>in</strong> <strong>der</strong> DDP schrumpften somit zusammen. Vor<br />

allem aber distanzierte sich die DDP von den radikalen Pazifisten und da diese <strong>im</strong> Laufe <strong>der</strong><br />

20er Jahre die Führung <strong>der</strong> DFG mehr und mehr übernommen hatten, begann e<strong>in</strong><br />

Teufelskreis, <strong>der</strong> den <strong>Pazifismus</strong> <strong>im</strong>mer mehr <strong>in</strong>s Abseits drängte. Mit <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>igung <strong>der</strong><br />

DDP und <strong>der</strong> Volksnationalen Reichsvere<strong>in</strong>igung 1930 zur Deutschen Staatspartei hatten sich<br />

die national ges<strong>in</strong>nten Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> DDP entgültig durchgesetzt und somit den Bruch mit<br />

den Pazifisten e<strong>in</strong>geleitet. Diese sammelten sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>igung unabhängiger<br />

Demokraten und gründeten später die Radikaldemokratische Partei (RDP). Diese Partei hatte<br />

allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e nennenswerten Erfolge, erst recht nicht, 1932 da <strong>der</strong> Nationalsozialismus<br />

schon deutlich dom<strong>in</strong>ierte. 35 Bereits 1918 hatte die DFG festgestellt, dass das Programm des<br />

<strong>Pazifismus</strong> zu speziell sei, um e<strong>in</strong>e eigene Partei zu gründen. 36<br />

Auch das Verhältnis zur SPD, <strong>in</strong> <strong>der</strong> gut die Hälfte <strong>der</strong> Pazifisten organisiert waren,<br />

verschlechterte sich zusehends. Unmittelbar nach dem Kriegsende 1918 befürworteten die<br />

Sozialdemokraten e<strong>in</strong>e Annäherung an die DFG, weil sie von dem durch die Gerechtigkeit<br />

organisiertem Friedensprogramm überzeugt waren. Darüber h<strong>in</strong>aus g<strong>in</strong>gen viele Ziele <strong>der</strong><br />

SPD und <strong>der</strong> DFG konform. E<strong>in</strong> Streitpunkt bildete jedoch die Wehrpolitik. Die SPD, die für<br />

die Wehrhaftigkeit e<strong>in</strong>stand, wurde <strong>im</strong>mer mehr von den radikalen Pazifisten kritisiert, die<br />

jegliche Gewaltanwendung ablehnten. Als das Regierungsprogramm 1928 verabschiedet<br />

wurde bezeichneten die Pazifisten es als „unbefriedigend“ und „tief bedauerlich“ 37 . Durch<br />

diese Entwicklung hat sich auch zwischen <strong>der</strong> DFG und <strong>der</strong> SPD e<strong>in</strong> tiefer Graben aufgetan.<br />

Die SPD war nicht fähig die aktiven Kräfte mit e<strong>in</strong> zu beziehen, weshalb viele frustrierte<br />

Sozialdemokraten die DFG dazu nutzten e<strong>in</strong>e außerparlamentarische Opposition zu bilden.<br />

Die Pazifisten machten die SPD für das Versagen <strong>der</strong> Demokratie verantwortlich und<br />

betrachteten sich selbst als „Kerntruppe <strong>im</strong> republikanischen Deutschland“. 38 Der radikale<br />

Pazifist P. Küster und „Das An<strong>der</strong>e Deutschland“ arbeiteten auf e<strong>in</strong>e Neugruppierung h<strong>in</strong>,<br />

denn die Mehrheit <strong>der</strong> SPD war nicht mehr für e<strong>in</strong>e politische Kursän<strong>der</strong>ung zu gew<strong>in</strong>nen.<br />

Diese Entwicklung dauerte nur wenige Monate und endete <strong>im</strong> endgültigem Bruch mit <strong>der</strong><br />

34 Vgl. ebda. S.535.<br />

35 Vgl. ebda. S.542.<br />

36 Vgl. ebda. S.533.<br />

37 ebda. S.542.<br />

38 edba. S.551.


SPD. Im Juli 1931 wurde die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft für l<strong>in</strong>kssoziale Politik (AG) gebildet, die<br />

durch die DFG unterstützt wurde und von <strong>der</strong> SPD scharf kritisiert wurde. Mit <strong>der</strong> entgültigen<br />

Konstituierung <strong>der</strong> AG traten alle SPD Mitglie<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> DFG aus, weil sie nicht mit den<br />

Grundsätzen <strong>der</strong> Sozialdemokratie vere<strong>in</strong>bar war. Parallel dazu wurde die Sozialistische<br />

Arbeiterpartei (SAP) gegründet, die e<strong>in</strong>e neue L<strong>in</strong>ke zwischen KPD und SPD darstellen<br />

sollte. Die SAP erreichte ebenso wie die RDP ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss <strong>im</strong> Parlament. Für die DFG war<br />

diese Entwicklung verheerend, denn sie verlor den Großteil ihrer Mitglie<strong>der</strong> und wurde<br />

dadurch völlig isoliert.<br />

2.7 Der <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krise<br />

Die größte pazifistische Organisation, die Deutsche Friedensgesellschaft, war wie ich schon<br />

erläutert habe, äußerst mannigfaltig und facettenreich. Zu <strong>in</strong>nen- und außenpolitischen Fragen<br />

gab es völlig divergierende Me<strong>in</strong>ungen und man konnte sich nicht mehr auf e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche<br />

L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>igen. Der radikale Flügel distanzierte sich <strong>im</strong>mer mehr von dem gemäßigten und<br />

versuchte bei je<strong>der</strong> Gelegenheit se<strong>in</strong> Mehrheitsverhältnis auszunutzen. Sie ersehnten sich die<br />

alle<strong>in</strong>ige Führung <strong>in</strong> <strong>der</strong> DFG und alle Aufrufe, nach außen h<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Front mit<br />

den gemäßigten Pazifisten zu bilden blieben ungehört. 39<br />

Die Intoleranz des radikalen Flügels bewegte etliche Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> DGF dazu ihre Ämter<br />

nie<strong>der</strong>zulegen und aus <strong>der</strong> Friedensbewegung auszutreten. (1922: Schück<strong>in</strong>g, 1924 Gerlach).<br />

Der gemäßigte Geschäftsführer Quidde allerd<strong>in</strong>gs behielt se<strong>in</strong> Amt, weil er fürchtete, dass<br />

e<strong>in</strong>e rivalisierende zweite Organisation, dem Ziel den geme<strong>in</strong>samen Gegner zu bekämpfen,<br />

h<strong>in</strong><strong>der</strong>lich se<strong>in</strong> könnte.<br />

Das Verhalten <strong>der</strong> Friedensbewegung war nun den Parteien gegenüber äußerst kritisch und<br />

isolierte die Organisation <strong>im</strong>mer mehr. Alle<strong>in</strong> den nichtradikalen Kräften gelang es die<br />

Beziehung zu den Parteien und <strong>der</strong> Regierung nicht gänzlich auf Eis zu legen und sich be<strong>im</strong><br />

39 Vgl. Scheer, K-F. Die DFG. S.507.


Reichswehrm<strong>in</strong>isterium ab und zu Gehör zu verschaffen, während dieses gleichzeitig e<strong>in</strong>en<br />

großen Streit mit den radikalen Pazifisten pflegte.<br />

Der Westdeutesche Landesverband bildete e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche radikale Front und for<strong>der</strong>te die<br />

Führung <strong>der</strong> Gesellschaft. Gänzlich gegen den wie<strong>der</strong>erwachenden deutschen Militarismus<br />

vertrat er den Gedanken <strong>der</strong> „aktiven Kriegssabotage“ 40 und veranstaltete nach dem Beispiel<br />

e<strong>in</strong>er Zwickauer Aktion e<strong>in</strong>e Abst<strong>im</strong>mung über den Krieg <strong>in</strong> <strong>der</strong> sich die Beteiligten durch<br />

e<strong>in</strong>e Unterschrift zum Kriegsdienstverweigerer erklärten. Diese Aktion wurde von den<br />

gemäßigten Pazifisten nicht unterstützt, weil man glaubte, dass somit alle Gegner <strong>der</strong><br />

Kriegsdienstverweigerung <strong>der</strong> DFG verwehrt bleiben würden. Und gerade eben diese<br />

Aktionen zur Verweigerung des Kriegsdienstes festigte die gegensätzlichen<br />

Grundauffassungen des <strong>Pazifismus</strong>. Satzungsän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> DFG führten dazu, dass,<br />

Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaften gestärkt wurden, dem WDL e<strong>in</strong> Übergewicht verschafft wurde, die<br />

Berl<strong>in</strong>er Zentrale nur noch regional handeln konnte und ihr direkter Kontakt zu Ortsgruppen<br />

verloren g<strong>in</strong>g, und dass die Mitgliedsbeiträge an die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaften flossen, wodurch<br />

die Zentrale ihre f<strong>in</strong>anziell geschwächt werden sollte. Jedoch war die neue Satzung dem WDL<br />

zugeschnitten, weshalb e<strong>in</strong>ige an<strong>der</strong>e Regionale Geme<strong>in</strong>schaften f<strong>in</strong>anziell gefährdet waren.<br />

1927 for<strong>der</strong>te <strong>der</strong> WDL dann den endgültigen Rücktritt Quiddes und die Übernahme des<br />

Kurses ihres Verbandes <strong>in</strong> <strong>der</strong> DFG. Auf <strong>der</strong> Erfurter Generalversammlung konnte zwar e<strong>in</strong><br />

Kompromiss die gänzliche Spaltung <strong>der</strong> Gesellschaft verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, jedoch konnte Küster die<br />

Friedensbewegung nun entscheidend bee<strong>in</strong>flussen, da se<strong>in</strong>e Zeitschrift als Pflichtorgan<br />

e<strong>in</strong>geführt wurde, gegenüber an<strong>der</strong>en Zeitschriften Vorteile <strong>in</strong>nehatte und er selbst die<br />

„<strong>in</strong>nere Organisation und Propaganda“ 41 zu leiten hatte.<br />

1929 legten viele <strong>der</strong> Präsidiumsmitglie<strong>der</strong> ihr Amt nie<strong>der</strong>, weil am 10. Februar <strong>der</strong> Beschluss<br />

zur Aufhebung <strong>der</strong> Erfurter Beschlüsse (Inhalt s<strong>in</strong>d die Satzungsän<strong>der</strong>ungen) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er zweiten<br />

40 ebda. S.512.<br />

41 ebda. S.516.


Abst<strong>im</strong>mung revidiert wurde. Auch <strong>der</strong> langjährige Präsident und Friedensnobelpreisträger L.<br />

Quidde gehörte zu ihnen. Die radikalen Kräfte hatten nun die Führung <strong>der</strong> DFG komplett<br />

übernommen. 42<br />

Nun wurde die Organisation komplett umstrukturiert und gewann dadurch an Homogenität.<br />

Sogenannte „Organisationssekretariate“ sollten die nunmehr 14 regionale Verbände<br />

koord<strong>in</strong>ieren und die Geschäftstelle entlasten. Der neue Bundesvorstand bestand nur noch aus<br />

fünf Personen. Der e<strong>in</strong>stige Mangel an e<strong>in</strong>er klaren L<strong>in</strong>ie war nun zwar durchbrochen, jedoch<br />

stieß das neue System auch auf große Wi<strong>der</strong>stände und führte dazu dass die Organisation<br />

e<strong>in</strong>en großen Rückgang <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>bußen musste, sich sogar ganze Ortsgruppen<br />

abspalteten. Diese wie<strong>der</strong>um gründeten e<strong>in</strong>en „Unabhängigen Kriegsgegnerbund“ <strong>der</strong> sich<br />

1932 weiter ausdehnte und sich „Allgeme<strong>in</strong>e Deutsche Friedensbund“ nannte. 43<br />

1932 besaß die DFG nur noch gut 5000 Mitglie<strong>der</strong>. Dieser drastischer Rückgang <strong>der</strong><br />

Mitgliedszahlen ist natürlich nicht nur mit <strong>der</strong> Spaltung und den <strong>in</strong>neren Differenzen <strong>der</strong><br />

Friedensgesellschaft zu begründen, <strong>der</strong> aufsteigende Nationalsozialismus o<strong>der</strong> die<br />

Wirtschaftskrise und die damit verbundene Arbeitslosigkeit, haben den <strong>Pazifismus</strong> ebenfalls<br />

deutlich geschwächt, jedoch hat die DFG unter dem starken E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> radikalen Kräfte<br />

reichlich gelitten. Sie konnte nun nicht mehr zur Massenbewegung werden und die vom<br />

Nationalsozialismus ausgehende Gefahr nicht entgegenwirken. 44<br />

3. Fazit<br />

Anhand <strong>der</strong> vorangegangenen Darstellung werde ich nun die Frage erläutern, ob <strong>der</strong><br />

<strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik zum Scheitern verurteilt war.<br />

Fakt ist, dass <strong>der</strong> <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> den Jahren nach dem Krieg e<strong>in</strong>en enormen Aufschwung<br />

verbuchen konnte. Die DFG besaß bis zu 30000 Mitglie<strong>der</strong> und bei den Massenkundgebungen<br />

42 Vgl. ebda. S.514ff.<br />

43 Vgl. ebda. S.520f.<br />

44 Vgl. ebda. S.522f.


<strong>der</strong> Nie-wie<strong>der</strong>-Krieg-Bewegung g<strong>in</strong>gen fast 500000 Menschen auf die Straße um gegen den<br />

Krieg zu demonstrieren Sie waren vor allem durch die grausamen Kriegserfahrungen des 1.<br />

Weltkrieges geprägt und nun überzeugte Kriegsgegner. Auch <strong>der</strong> Versuch alle pazifistischen<br />

Organisationen und Verbände <strong>im</strong> deutschen Friedenskartell zu sammeln ist positiv zu<br />

bewerten, weil man geme<strong>in</strong>sam se<strong>in</strong>e Ziele besser erreichen kann und vor allem auch<br />

überregional agieren kann. Beson<strong>der</strong>s auch <strong>der</strong> große Beitrag des deutschen <strong>Pazifismus</strong> zur<br />

Versöhnung von Deutschland und Frankreich muss entsprechend honoriert werden. Denn die<br />

Pazifisten haben unaufhaltsam auf die Versöhnung <strong>der</strong> beiden verfe<strong>in</strong>deten Län<strong>der</strong><br />

h<strong>in</strong>gearbeitet und dadurch den E<strong>in</strong>tritt Deutschlands <strong>in</strong> den Völkerbund erst ermöglicht. Sie<br />

haben e<strong>in</strong> großes Ziel erreicht und obwohl sie den Völkerbund für noch verbesserungswürdig<br />

hielten, war durch den E<strong>in</strong>tritt Deutschlands <strong>in</strong> den Völkerbund die Perspektive auf e<strong>in</strong>en<br />

friedlichen Umgang <strong>der</strong> verschiedenen Völker entstanden. Das Pazifisten wie Ludwig<br />

Quidde bereits 1927 den Friedensnobelpreis verliehen bekamen, unterstützt diese These und<br />

beweist, dass die Menschen <strong>der</strong> damaligen Zeit dies genauso sahen.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs darf man die prekäre Lage, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sich Deutschland damals befand nicht<br />

unterschätzen. Durch den Versailler Vertrag waren die Menschen zutiefst gedemütigt und die<br />

soziale Not, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sie sich befanden war groß. Sie hatten ke<strong>in</strong> Geld, waren oft arbeitslos und<br />

ohne jede Perspektive. Die D<strong>in</strong>ge, die die Menschen nun am dr<strong>in</strong>gendsten brauchten, konnte<br />

ihnen <strong>der</strong> <strong>Pazifismus</strong> nicht geben. Dazu kam das Bestreben <strong>der</strong> Revision des Versailler<br />

Vertrages und die damit oftmals verbundene große Distanz zu den Franzosen, die<br />

augensche<strong>in</strong>lich die Ursache ihres Leids waren. Deshalb flüchteten viele Menschen <strong>in</strong> das<br />

Lager <strong>der</strong> Rechten, getäuscht von den Versprechungen und unwissend über <strong>der</strong>en wahre<br />

Interessen. Der größte Fe<strong>in</strong>d des <strong>Pazifismus</strong>, <strong>der</strong> Nationalismus bzw. <strong>der</strong> Nationalsozialismus<br />

gewann also zunehmend an E<strong>in</strong>fluss. Die Spaltung des <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> zwei Lager halte ich<br />

ebenfalls für e<strong>in</strong>e Entwicklung, die dem <strong>Pazifismus</strong> erheblich geschwächt hat. Dies begann<br />

mit <strong>der</strong> unterschiedlichen E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> Kriegsschuldfrage und <strong>der</strong> daraus resultierenden<br />

divergierenden Entwaffnungspolitik. Me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach war vor allem die radikale<br />

Richtung, die die alle<strong>in</strong>ige Kriegsschuld auf deutscher Seite sah, e<strong>in</strong> gefährlicher Faktor für<br />

die deutsche Friedensbewegung. Die Ansicht <strong>der</strong> radikalen Pazifisten zur absoluten<br />

Gewaltfreiheit, nicht mal als Defensive <strong>im</strong> Falle e<strong>in</strong>es Angriffs auf das eigene Land,<br />

überfor<strong>der</strong>ten die Menschen, die preußisch erzogen waren, wohlmöglich. Die Haltung <strong>der</strong><br />

gemäßigten Pazifisten, die den Krieg als Verteidigungsmaßnahme nicht ablehnten, f<strong>in</strong>de ich<br />

wesentlich realistischer. Dass die Pazifisten die Führung <strong>der</strong> DFG übernehmen konnten, halte<br />

ich für das eigentliche Todesurteil des <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik, denn dadurch


distanzierten sich die demokratischen Parteien von <strong>der</strong> DFG und <strong>der</strong> deutsche <strong>Pazifismus</strong><br />

geriet <strong>in</strong> die Isolation. Die For<strong>der</strong>ung nach politischem <strong>Pazifismus</strong> war nun überhaupt nicht<br />

mehr realisierbar. Dieser politisch wertlose <strong>Pazifismus</strong> konnte dem aufstrebenden<br />

Nationalismus nichts mehr entgegensetzen und war <strong>im</strong> entscheidenden Moment machtlos.<br />

Abschließend möchte ich also festhalten, dass ich <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung b<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

We<strong>im</strong>arer Republik zum Scheitern verurteilt war. Es g<strong>in</strong>g den Menschen <strong>der</strong> damaligen Zeit<br />

e<strong>in</strong>fach zu schlecht, um sich mit politischen Ideen ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu setzen. Sie mussten sich um<br />

ihre Familien und um sich selbst kümmern. Dass sich die radikalen Kräfte <strong>im</strong> deutschen<br />

<strong>Pazifismus</strong> durchsetzten konnten, überzeugte die Menschen ke<strong>in</strong>eswegs vom <strong>Pazifismus</strong>. Es<br />

erreichte viel mehr das Gegenteil, denn die Bürger standen dieser Richtung des <strong>Pazifismus</strong><br />

mit großer Skepsis gegenüber. Darüber h<strong>in</strong>aus wandten sich auch die demokratischen Parteien<br />

von dem deutschen <strong>Pazifismus</strong> ab, <strong>der</strong> dadurch <strong>in</strong>s politische Abseits gedrängt wurde.<br />

Lediglich den gemäßigten Pazifisten war es gelungen, e<strong>in</strong> paar ihrer Ziele zu verwirklichen,<br />

aber dadurch dass sich die radikalen Kräfte durchsetzen konnten waren auch sie machtlos.


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Holl,K. / Wette,W. <strong>Pazifismus</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik. Pa<strong>der</strong>born 1981


Hiermit versichere ich, dass ich diese Arbeit selbstständig angefertigt, ke<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>en als die<br />

angegebenen Hilfmittel benutzt und die Stellen <strong>der</strong> <strong>Facharbeit</strong>, die <strong>im</strong> Wortlaut o<strong>der</strong> <strong>im</strong><br />

wesentlichen Inhalt an<strong>der</strong>en Werken entnommen wurden mit genauer Quellenangabe<br />

kenntlich gemacht habe.<br />

Verwendete Informationen aus dem Internet s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Lehrer<strong>in</strong> vollständig <strong>im</strong> Ausdruck zur<br />

Verfügung gestellt worden.<br />

Ort, Datum Kathr<strong>in</strong> Krebeck

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