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Im Fokus<br />
um die Jagd <strong>der</strong> besten Köpfe aus dem<br />
Ausland zur Debatte, son<strong>der</strong>n auch das<br />
Dilemma des mehr o<strong>der</strong> weniger ethisch<br />
und politisch vertretbaren Grenzschutzes<br />
des europäischen Wirtschafts- und<br />
Zivilisationsraums gegen Menschen aus<br />
dem grenznahen Ausland, denen man<br />
helfen möchte, aber nur schwerlich helfen<br />
kann. Und dann gibt es auch noch<br />
diejenigen Gruppen wie beispielsweise<br />
die Salafisten, die die Werte unseres säkularen<br />
Grundgesetzes nicht akzeptieren,<br />
und die man nicht gerne als Mitbürger<br />
hätte. So komme ich zu drei Schlussfolgerungen:<br />
• Fluchtursachenbekämpfung in Herkunftslän<strong>der</strong>n<br />
von Migranten ist prinzipiell<br />
politisch wie ethisch richtig,<br />
nützt aber kurzfristig kaum etwas;<br />
dennoch sollten alle Chancen zur Stabilisierung<br />
<strong>der</strong> von Staatszerfall und<br />
weiterer Verarmung bedrohten Län<strong>der</strong><br />
weiter erforscht und genutzt werden.<br />
• Bau und Unterhaltung von Grenzregimen<br />
an den Außengrenzen <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union zur Ausgrenzung unerwünschter<br />
Menschen aus Nachbarlän<strong>der</strong>n<br />
sind auf absehbare Zeit unverzichtbar<br />
(FRONTEX) und auch<br />
ethisch zu rechtfertigen, aber die Verteidigung<br />
ihrer Grenzen wird die EU<br />
immer auch <strong>der</strong> verständlichen Anklage<br />
durch Außenstehende aussetzen,<br />
den eigenen Wohlstand und die Privilegien<br />
<strong>der</strong> Freiheit selbstsüchtig zu genießen.<br />
Diese Schmähung müssen wir<br />
ertragen. Alles muss daher versucht<br />
werden, durch Handlungstransparenz<br />
und Aufklärung in Herkunftslän<strong>der</strong>n<br />
das europäische Grenzregime effektiv<br />
und Menschenrechte schonend zu gestalten.<br />
• Wenn also die Lebenslügen von rechts,<br />
Deutschland sei kein Einwan<strong>der</strong>ungs-<br />
62 POLITISCHE STUDIEN // 448<br />
land und brauche keine Zuwan<strong>der</strong>ung,<br />
und die Lebenslüge von links,<br />
die Europäische Union brauche keine<br />
Grenzen und sei offen für alle, als solche<br />
weithin anerkannt sind, dann ist<br />
<strong>der</strong> vernünftigste Ausweg die schrittweise<br />
Entwicklung einer regelbasierten<br />
Willkommenskultur. Nötig ist die<br />
Schaffung klarer Signale an Auslän<strong>der</strong>,<br />
die deutlich machen, nicht nur<br />
wer unerwünscht ist in <strong>der</strong> EU, son<strong>der</strong>n<br />
wer gebraucht und gewollt wird.<br />
Diese müsste von Bürgern und Politikern<br />
mit und ohne Migrationshintergrund<br />
erstritten werden, im erlebten<br />
Bewusstsein, dass wir alle voneinan<strong>der</strong><br />
profitieren können. ///<br />
/// PROf. DR. RAINER TETZLAff<br />
ist Wisdom Professor für afrikanische<br />
Studien und Entwicklung an <strong>der</strong> Jacobs<br />
University Bremen.<br />
anmerkungen<br />
1 Niebel, Dirk: Triple-Win, in: E + Z (Entwicklung<br />
und Zusammenarbeit), Nr. 12/2012, Bonn, S. 457.<br />
2 Angenendt, Steffen: Schwerfällige Öffnung, in: E<br />
und Z, Nr. 12/2012, Bonn, S. 460-461.<br />
3 Der damalige Bundesinnenminister Maizière de,<br />
Thomas, in: Die Zeit, Nr. 50/3, Dezember 2009.<br />
4 Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich auf<br />
<strong>der</strong> Tagung des dbb in Köln, laut dapd, zit. nach<br />
Hamburger Abendblatt vom 8.1.2013, Bund will<br />
mehr Zuwan<strong>der</strong>er im öffentlichen Dienst, S. 4.<br />
5 Leggewie, Claus: Zukunft im Süden. Wie die Mittelmeerunion<br />
Europa wie<strong>der</strong>beleben könnte,<br />
Hamburg 2012.<br />
6 Nach Netzwerk Migration in Europa, Newsletter,<br />
Januar 2013, S. 2.<br />
7 Angaben des UNHCR, zit. nach Leggewie, Zukunft<br />
im Süden, S. 42-43.<br />
8 Kreditanstalt für Wie<strong>der</strong>aufbau: Entwicklung in<br />
fragilen Staaten: Krisen bewältigen, Perspektiven<br />
schaffen, Jahresbericht über die Zusammenarbeit<br />
mit Entwicklungslän<strong>der</strong>n 2011, Frankfurt am<br />
Main 2012, S. 32.<br />
9 Schmidt, Friedrich: Parteihäuser triumphieren<br />
über Hinterzimmer, in: Frankfurter Allgemeine<br />
Zeitung vom 27.10.2011, S. 6.<br />
10 Perthes, Volker: Der Aufstand. Die arabische Revolution<br />
und ihre Folgen, München 2011, hier zit.<br />
nach Leggewie, Zukunft im Süden, S. 41 und S.<br />
249 mit weiteren Literaturangaben zum Thema<br />
„Arabische Revolution“.<br />
11 Zitiert nach Leggewie, Zukunft im Süden, S. 45-<br />
46.<br />
12 Meyer, Thomas: Fundamentalismus. Aufstand gegen<br />
die Mo<strong>der</strong>ne. Essay, Reinbek bei Hamburg<br />
1989, S. 9.<br />
13 Diese Ambivalenz (Ambiguität) prägte von Anfang<br />
an bis heute „das Antlitz von Aufklärung und<br />
Mo<strong>der</strong>nisierung“, Meyer: Fundamentalismus, S. 10.<br />
14 Borgolte, Michael: Christen, Juden, Muselmanen.<br />
Die Erben <strong>der</strong> Antike und <strong>der</strong> Aufstieg des Abendlandes<br />
300 bis 1400 n. Chr., München 2006, S. 10.<br />
15 Die Volkshochschule Nor<strong>der</strong>stedt hilft Migranten<br />
bei <strong>der</strong> Jobsuche, in: Hamburger Abendblatt vom<br />
8.1.2013, S. 10.<br />
16 Siehe Saun<strong>der</strong>s, Soung: Arrival City, München<br />
2012.<br />
17 Wie <strong>der</strong> Entwicklungspsychologe Silbereisen, Rainer<br />
formulierte in: Grenzen-los? Jedes System<br />
braucht Grenzen – aber wie durchlässig müssen<br />
diese sein?, hrsg. von Ernst Ulrich von Weizsäcker,<br />
Berlin / Basel / Boston 1997, S. 197.<br />
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