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nah dran - Ausgabe 2008 - Kinderschutz eV

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<strong>Ausgabe</strong> <strong>2008</strong><br />

Zeitschrift des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. 8. Jahrgang <strong>Ausgabe</strong> <strong>2008</strong><br />

Traditionsbewusst und zukunftsweisend:<br />

Wir heißen wieder <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

Im Überblick: Alle Angebote von AEH bis Vormundschaft<br />

Neues aus dem Verein: Zuwachs für den <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

Rückblick: Das Jahr 2007 in Zahlen


2<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

Inhalt<br />

4 Editorial<br />

5 Wir heißen wieder <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

Jugendsozialarbeit an Schulen und<br />

berufsbezogene Jugendhilfe<br />

6 Jugendsozialarbeit an Schulen<br />

8 Job in Dachau<br />

Kindertagesstätten<br />

10 Spielerisch Fördern und Fordern<br />

Beratung<br />

12 kids-hotline<br />

14 kibs<br />

Ambulante Erziehungshilfe<br />

16 Familien stärken und<br />

Herausforderungen meistern<br />

Heilpädagogische Tagesstätte<br />

18 Verhaltensauffällige Kinder erfahren ihre<br />

Stärken und Grenzen<br />

Tiergestützte Pädagogik und Therapie<br />

20 Paulihof – Heilende Pädagogik mit Tieren<br />

Schule zur sonderpädagogischen Förderung<br />

22 Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />

1 + 1 = Eins<br />

22 Zukunftsweisende Integration von Schule<br />

und Jugendhilfe<br />

Stationäre Erziehungsangebote und<br />

betreute Wohnformen<br />

24 Amalie-Nacken-Heim<br />

25 Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen (SBW)<br />

und Intensive Sozialpädagogische<br />

Einzelbetreuung (ISE)


26 Kurt-Seelmann-Wohngruppen<br />

27 Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen für<br />

Mutter/Vater und Kind (MVK)<br />

28 NahRaum<br />

Vormundschaft<br />

29 Auf die Weichenstellung kommt es an<br />

29 Allein in einem fremden Land<br />

Rechtliche Betreuung<br />

30 Profis und Ehrenamtliche organisieren Leben<br />

31 Wir sagen Danke<br />

32 Neues aus dem Verein<br />

34 Zum Gedenken an Lotte Wetter<br />

36 Das Jahr 2007 in Zahlen<br />

38 Ihr Engagement<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

Liebherrstraße 5, 80538 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -0<br />

Fax (089) 23 17 16 -9969<br />

info@kinderschutz.de<br />

www.kinderschutz.de<br />

Verantwortlich für den Inhalt:<br />

Norbert Blesch, Geschäftsführer<br />

Redaktion dieser <strong>Ausgabe</strong>:<br />

Norbert Blesch, Annette Gans, Anja Hunsinger<br />

Grafik + Layout:<br />

sputniks werbeagentur GmbH, München<br />

Druck:<br />

Print 24<br />

Beiträge (als Word-Dokument per eMail oder auf<br />

Datenträger) sind stets willkommen.<br />

eMail: <strong>nah</strong><strong>dran</strong>@kinderschutz.de<br />

Unaufgefordert zugesandte Manuskripte werden<br />

nicht zurückgesandt. Ein Anspruch auf Veröffentlichung<br />

besteht nicht.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong> erscheint nach Bedarf und wird kostenlos<br />

an Freunde, Förderer und Interessierte des<br />

<strong>Kinderschutz</strong> e.V. verteilt. Ein Anspruch auf<br />

Belieferung besteht nicht.<br />

Nachdruck nur mit Genehmigung gestattet.<br />

© <strong>2008</strong><br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

3


4<br />

Editorial<br />

Liebe Leserin, lieber Leser!<br />

In Bayern läuft in diesen Tagen die Wahlkampfmaschine an.<br />

Und ein Blick in die Bundespolitik lässt vermuten, dass der<br />

Wahlkampf nie ganz aufgehört hat. Unsere Volksvertreterinnen<br />

und –vertreter lassen uns mal wieder vermehrt teilhaben<br />

an ihren Gedanken und Vorstellungen. Jede und jeder einzelne<br />

von uns wird am Ende die Feststellung treffen müssen,<br />

wo das gesprochene Wort letztlich dann doch nur ein hohles<br />

Lippenbekenntnis war.<br />

Zur Zeit wird bundesweit darüber diskutiert, ob Kinderrechte<br />

in die Verfassung aufgenommen werden sollen oder nicht.<br />

Sicherlich eine spannende Diskussion für Verfassungsrechtler.<br />

Aber würde sich die Situation von Kindern und Jugendlichen<br />

in Deutschland tatsächlich dadurch verbessern? Wäre<br />

ein Sozialstaat, der auch ohne verfasste Kinderrechte Kinder<br />

und Jugendliche ernst nimmt nicht mehr wert als ein Sozialstaat<br />

mit verfassten Kinderrechten, in dem eine<br />

nachhaltige Verbesserung von Entwicklungs- und Zukunftschancen<br />

junger Menschen von der Kassenlage abhängig ist?<br />

Kein Lippenbekenntnis wäre es, wenn in Zukunft unter Investitionsförderung<br />

nicht ausschließlich die Förderung von<br />

Zukunftstechnologie verstanden würde, sondern weit davor<br />

die Förderung unserer jungen Generationen. Kein Lippenbe-<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

kenntnis wäre es, wenn die öffentlichen Haushalte so ausgestattet<br />

wären, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

in den Jugendämtern Zeit hätten, sich wirklich um „ihre“ Familien<br />

zu kümmern und nicht unter der Aktenlast von bis zu<br />

150 „Fällen“ zusammenbrechen würden. Kein Lippenbekenntnis<br />

wäre es, wenn die Angebote der Bildung, Erziehung<br />

und Unterstützung von Kindern und Familien an deren indivuellen<br />

Situation orientiert bedarfsgerecht ausgestaltet werden<br />

könnten.<br />

Wir brauchen weniger Lippenbekenntnisse als praktisches<br />

Handeln. Wir brauchen keine selbst ernannten „Stimmen für<br />

Kinderrechte“ sondern vielmehr aktiv handelnde Entscheidungsträger/innen,<br />

für die junge Menschen und Familien<br />

wirklich etwas WERT sind und die die Voraussetzung schaffen,<br />

damit in die Zukunft investiert werden kann. Das ist <strong>Kinderschutz</strong>arbeit<br />

von heute für morgen.<br />

Norbert Blesch


Traditionsbewusst und zukunftsweisend für Kinder und Familien<br />

Wir heißen wieder <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

In der über 100-jährigen Geschichte des<br />

Vereins kommt dem 23. November 2007<br />

eine besondere Bedeutung zu: Die Mitgliederversammlung<br />

beschloss einstimmig,<br />

den Namen des Vereins zu ändern.<br />

Mittlerweile ist der Verein unter seinem<br />

neuen Namen im Vereinsregister eingetragen<br />

und heißt fortan <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

Damit kehrt der Verein nach genau 60<br />

Jahren zu seinem Gründungsnamen aus<br />

dem Jahre 1901 zurück, der nach dem<br />

zweiten Weltkrieg 1948 zu <strong>Kinderschutz</strong><br />

und Mutterschutz e.V. umbenannt wurde.<br />

Damals hatte der <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

zusätzlich die Aufgaben des Mutterschutz<br />

e.V. übernommen und damit seine Zielsetzung<br />

erweitert: Zusätzlich zu den<br />

Kindern rückten die Mütter, die nach dem<br />

Krieg überwiegend alleine die Erziehungsverantwortung<br />

zu tragen hatten, in den<br />

Fokus und wurden in die Beratung und<br />

Betreuung einbezogen. Denn damals wie<br />

heute bedeutete Kinderhilfe auch immer<br />

„Familienhilfe“.<br />

Mit der Rückkehr zum Namen <strong>Kinderschutz</strong><br />

e.V. grenzen wir Mütter bzw. Eltern<br />

nun keineswegs wieder aus. Vielmehr ist es<br />

für uns selbstverständlich, dass Elternarbeit<br />

ein wichtiger Erfolgsfaktor für<br />

gelungene Kinder- und Jugendhilfe ist. Die<br />

„Reduzierung“ unseres Namens auf die<br />

Begriffe Kinder und Schutz bedeutet<br />

daher mit Blick auf die Vielfalt der<br />

Angebote des Vereins keine inhaltliche<br />

Verkürzung. Sie schärft hingegen unser<br />

Profil und steht für unsere inhaltliche<br />

Ausrichtung.<br />

Mit der Fokussierung auf den Begriff<br />

Kinder stehen wir ein für unsere Überzeugung,<br />

dass soziale Arbeit umso wirksamer<br />

ist, je eher (junge) Menschen<br />

erreicht werden können. Kinder- und<br />

Jugendhilfe ist im Idealfall so aufgestellt,<br />

dass ihre Angebote junge Menschen so<br />

rechtzeitig erreichen, dass durch gezielte<br />

Förderung und Ansprache Lebenschancen<br />

verbessert werden.<br />

Die Zielgruppe, die durch die Angebote des<br />

<strong>Kinderschutz</strong> e.V. erreicht wird, erstreckt<br />

sich gleichwertig vom Kleinkind bis zum<br />

jungen Volljährigen. Die Elternarbeit ist<br />

dabei Dreh- und Angelpunkt, um gemeinsam<br />

neue Perspektiven für die Kinder und<br />

Familien zu entwickeln. Bewusst hat sich<br />

der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. im Jahre 2002 dazu<br />

entschlossen, die Betriebsträgerschaft von<br />

Kindertagesstätten zu übernehmen.<br />

Dadurch können wir Familien in einem<br />

Stadium erreichen, in denen eher präventiv<br />

und fördernd als nachsorgend und intervenierend<br />

gearbeitet werden kann. Ein<br />

Grundsatz, der für alle Angebote des<br />

Vereins gilt: Die bestmögliche Unterstützung<br />

ist immer die, die so frühzeitig wie<br />

möglich angeboten werden kann.<br />

Jedes gelungene Angebot der Beratung,<br />

Begleitung und Förderung von Kindern<br />

und Familien bedeutet für uns, dass<br />

Zukunft möglich wird. Und Zukunft<br />

ermöglichen ist letztlich die präventive<br />

Form von Schutz.<br />

<strong>Kinderschutz</strong> soll und kann heißen, „es gar<br />

nicht so weit kommen zu lassen“, heißt<br />

aber auch, dort mit aller Klarheit und<br />

Konsequenz einzugreifen, wo das Wohl<br />

von Kindern gefährdet ist. Dass dies<br />

dringend geboten ist, zeigen leider die<br />

Fälle verwahrloster Kinder oder sogar<br />

Kindstötungen, die seit vielen Monaten<br />

das Interesse der Medien auf sich ziehen.<br />

Sie machen deutlich, wie eng die Herausforderungen<br />

des <strong>Kinderschutz</strong>es verknüpft<br />

sind mit den Lebensbedingungen von<br />

Familien und guten Angeboten der Beratung,<br />

Begleitung und Bildung von Kindern<br />

und Familien.<br />

<strong>Kinderschutz</strong> <strong>2008</strong> heißt daher<br />

immer<br />

■ da sein für die Jüngsten und da sein<br />

für die, die – aus welchen Gründen<br />

auch immer – mehr brauchen, weil in<br />

ihrer (jungen) Geschichte Dinge<br />

einfach schief gelaufen sind.<br />

■ sich starkmachen für positive Lebens-<br />

bedingungen von jungen Menschen<br />

und ihren Familien.<br />

■ dafür sorgen, dass junge Menschen zu<br />

eigenständigen Persönlichkeiten<br />

werden, die sich in Achtung ihrer<br />

Mitmenschen zu tragenden Säulen der<br />

Gesellschaft entwickeln.<br />

Die Jahresausgabe <strong>2008</strong> gibt Ihnen einen<br />

Einblick, wie wir <strong>Kinderschutz</strong> verstehen<br />

und aktiv betreiben. In dieser <strong>Ausgabe</strong><br />

finden Sie eine Gesamtschau auf die<br />

Angebotspalette des <strong>Kinderschutz</strong> e.V., mit<br />

der wir 2007 über 5.000 Kinder, Jugend -<br />

liche und Familien erreichen und Fachkräfte<br />

unterstützen konnten.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

5


6<br />

Jugendsozialarbeit an Schulen und berufsbezogene Jugendhilfe<br />

Jugendsozialarbeit an Schulen<br />

Zuhören, hinsehen und<br />

gemeinsam Lösungen finden<br />

Die Hauptschule rückt immer mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Beklagt<br />

werden das mangelhafte Bildungsniveau und die nicht ausreichenden sozialen<br />

Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Für diese jungen Menschen ist es meist<br />

ein schwieriger Weg in das Berufs- und Erwachsenenleben. Es besteht ein hoher<br />

Bedarf an Anleitung und Betreuung, der weit über die Möglichkeiten des überwiegend<br />

kognitiv ausgerichteten Schulunterrichts hinausgeht. Viele Schülerinnen<br />

und Schüler werden ab der 5. Klasse am Nachmittag sich selbst überlassen, oft ohne<br />

Mittagessen oder Hilfestellung.<br />

In München und Dachau bietet der<br />

<strong>Kinderschutz</strong> e.V. seit vielen Jahren<br />

Jugendsozialarbeit an Schulen an. Diese<br />

Betreuung hilft, im Kontext Schule auftretende<br />

Konflikte und Spannungen zu<br />

reduzieren und ihnen präventiv entgegenzuwirken.<br />

Gleichzeitig gibt es Betreuungsangebote<br />

am Nachmittag, die vom<br />

warmen Mittagessen bis zur Freizeitaktivität<br />

die Grundversorgung und Förderung<br />

der Kinder beinhalten. Am Vormittag<br />

bieten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

Berufsvorbereitungseinheiten und Sozialtraining<br />

an. Die pädagogischen Fachkräfte<br />

arbeiten mit einzelnen Schülern, die<br />

besondere Unterstützung benötigen.<br />

Gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen<br />

werden Lösungsmöglichkeiten für<br />

die jeweilige Problemlage entwickelt.<br />

Als Mira beispielsweise neu in die 6. Klasse<br />

kam, war sie sehr still und zurückhaltend.<br />

Sie fehlte häufig wegen Krankheit<br />

Unter fachkundiger Anleitung lernen die Jugendlichen das 1x1 der Fahrradreparatur.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

und kam auch im Winter mit leichter<br />

Sommerbekleidung zur Schule. Der Versuch<br />

von Lehrern und Jugendsozialarbeit,<br />

mit der Familie Kontakt aufzunehmen,<br />

scheiterte an den mangelnden Deutschkenntnissen<br />

der Mutter. Mit Hilfe einer<br />

Dolmetscherin konnte schließlich ein<br />

gemeinsamer Termin mit der Mitarbeiterin<br />

der Jugendsozialarbeit und der Familie in<br />

deren Wohnung vereinbart werden. Dabei<br />

stellte sich heraus, dass die Familie sehr<br />

isoliert lebt. Mira und ihre Mutter waren<br />

erst vor drei Jahren nach Deutschland<br />

nachgezogen. Die Familie hatte keinerlei<br />

Kontakt zu anderen Familien. Miras Vater<br />

arbeitete für einen Hungerlohn in<br />

Doppelschicht. Mit einem halbjährigen<br />

Zwillingspaar war die Mutter überlastet.<br />

Im gemeinsamen Gespräch konnte die<br />

Familie überzeugt werden Hilfe anzunehmen.<br />

Die Mutter hat Kontakt zur Frauenberatung<br />

für Migrantinnen aufgenommen.<br />

Kindergeld und Elterngeld wurden<br />

beantragt und die<br />

Mutter nimmt mittlerweile<br />

an einem<br />

Deutschkurs mit Kinderbetreuung<br />

teil.<br />

Mira geht jetzt in die<br />

Ganztagsbetreuung<br />

der Jugendsozialarbeit<br />

an ihrer Schule.<br />

Regelmäßig kommt<br />

sie zum kostenlosen<br />

Frühstück, welches –<br />

genauso wie ihr<br />

Mittagessen - aus<br />

Spenden finanziert<br />

wird.<br />

Engagiert legen die Schülerinnen und Schüler bei<br />

der Neugestaltung des Schülergartens Hand an.<br />

Grundversorgung und Förderung<br />

Nach Unterrichtsende nehmen Kinder, die<br />

zur offenen Ganztagsbetreuung oder zur<br />

Mittagsbetreuung angemeldet sind, ein<br />

gemeinsames Essen ein und machen anschließend<br />

in betreuten Kleingruppen<br />

Hausaufgaben. Im Anschluss gibt es Sportund<br />

Spielangebote.<br />

Ein Schwerpunkt der Arbeit an den Schulen<br />

liegt auf der Berufsvorbereitung der<br />

Schülerinnen und Schüler. So werden<br />

verschiedenste Projekte, beispielsweise die<br />

Neugestaltung des Schülergartens, ein<br />

Fahrradworkshop, ein Schülercafé oder ein<br />

Fähigkeitenparcours, angeboten. Dort<br />

können die jungen Menschen bestehende<br />

Fähigkeiten weiterentwickeln und trainieren<br />

sowie neue entdecken.<br />

Da Jugendsozialarbeit an Schulen und die<br />

offene Ganztagsbetreuung keine Pflichtleistung<br />

nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz<br />

sind, wird vielfach unter<br />

improvisierten Bedingungen gearbeitet. Es<br />

gibt nur einen Gruppenraum indem auch<br />

gegessen wird, die Hausaufgabengruppen<br />

verteilen sich auf einzelne Klassenzimmer,<br />

für die Hausaufgabenbetreuung und die<br />

Spiel- und Sportangebote können nur<br />

Hilfskräfte finanziert werden.<br />

Durch Spenden von Stiftungen und engagierten<br />

Bürgerinnen und Bürgern aus<br />

München und dem Landkreis Dachau<br />

werden Familien unterstützt, die das Mittagessen<br />

der Kinder nicht bezahlen können.


EinBlick Zahlen und Standorte<br />

Frühstück, kostenlos, für alle, mit Musik<br />

Auf den Tischen im Schülercafé stehen Brotkörbe,<br />

Obst, Honig, Joghurt, Marmelade. Der<br />

Duft von frischen Brezn, Blumen und Kerzen<br />

machen das Frühstücksambiente perfekt. Im<br />

Hintergrund läuft leise HipHop-Musik. Seit<br />

viertel nach sieben trudeln hier Schülerinnen<br />

und Schüler der Wörthschule ein, setzen sich<br />

an den gedeckten Frühstückstisch und lassen<br />

es sich schmecken. Das Angebot, das täglich<br />

bis zu 30 Schülerinnen und Schüler der<br />

Hauptschule gerne annehmen, hat eigentlich<br />

einen traurigen Hintergrund: Viele Jugendliche<br />

starten den Schultag mit leerem<br />

Magen. Zu Hause fällt das Frühstück aus,<br />

weil die finanziellen Mittel in der Familie<br />

knapp sind. Ab der Mitte des Monats wird an<br />

Lebensmitteln gespart. Oder das Frühstück<br />

zu Hause fällt aus, weil sich niemand darum<br />

kümmert oder schlicht aus Zeitgründen<br />

bzw. Bequemlichkeit der Schülerinnen und<br />

Schüler. „Uns ist wichtig, dass die Kinder versorgt<br />

sind. Die Gründe, weshalb sie zum<br />

Frühstück kommen, sind erst einmal nachrangig“,<br />

erklärt die Schulsozialarbeiterin<br />

Martina von Dewitz des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

Die Folgen von unzureichender Nahrungsversorgung<br />

erleben die Lehrerinnen und<br />

Lehrer im Unterricht: Unkonzentriertheit<br />

und Schlappheit machen sich bemerkbar –<br />

Zeichen von Unterzuckerung. Gesund ist<br />

das nicht. Und nachdem ein Schüler sogar<br />

vom Stuhl gekippt ist, hat der damalige<br />

Rektor Martin Winter die Initiative ergriffen:<br />

Schluss mit dem Hunger an seiner<br />

Schule! Zusammen mit dem Team der<br />

Schulsozialarbeit vom <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

hat er das Schulfrühstück ins Leben gerufen.<br />

Seither lädt ein buntes Plakat am<br />

Schuleingang zum täglichen Frühstück im<br />

Schülercafé ein. Hier treffen sich Schülerinnen<br />

und Schüler eine gute halbe Stunde<br />

vor Unterrichtsbeginn. Einer der<br />

wenigen Orte, an dem sie sich klassenübergreifend<br />

begegnen und austauschen.<br />

„Die Hackordnung, die sonst oft auf dem<br />

Schulhof herrscht, ist hier aufgehoben“,<br />

erzählt Nina Diemer, die das Frühstücksangebot<br />

morgens organisiert und betreut.<br />

„Hier kann jeder herkommen und muss<br />

sich nicht blöd fühlen, wenn er sich den<br />

Euro für die Frühstücksemmel am Kiosk<br />

nicht leisten kann.“<br />

Nina Diemer setzt sich meist eine Weile<br />

an den Tisch dazu und hat ein offenes Ohr<br />

für die Fragen und Erzählungen der Jugendlichen.<br />

Wenn sie für das Frühstück<br />

einkaufen geht, berücksichtigt sie auch<br />

Wünsche der Schülerinnen und Schüler:<br />

Schokocreme gehört für die Kids auf den<br />

Tisch. Ist kein Joghurt mehr da, gibt’s lange<br />

Gesichter. Müsli kommt nicht so gut an.<br />

Manche lernen beim Schulfrühstück erstmals<br />

eine „Frühstückskultur“ kennen. Ein<br />

Schüler hat hier zum ersten Mal Erdbeeren<br />

gesehen, einer vorher noch nie Vollkornbrot<br />

gegessen. Die Schülerinnen und Schüler<br />

sind nicht nur für den Moment versorgt,<br />

sie haben hier auch ein Vorbild und lernen,<br />

wie man sich ausgewogen ernähren<br />

kann.<br />

Die Lebensmittel für das Frühstück werden<br />

zum Teil von der Münchner Tafel e.V.<br />

zur Verfügung gestellt, zum Teil werden<br />

sie aus eigenen Mitteln der Schulsozialarbeit<br />

eingekauft. Die Kinder- und Jugendstiftung<br />

der Stadt München hat einen<br />

Zuschuss gegeben. Doch die finanzielle<br />

Sicherung des Frühstücksangebots ist<br />

nicht einfach. „Neben Geldspenden zur<br />

Finanzierung des Frühstücks würden uns<br />

auch Lebensmittelspenden, beispielsweise<br />

von einer Bäckerei oder einem Supermarkt<br />

weiterhelfen“, sagt Martina von Dewitz.<br />

Schön wäre, wenn sich auch andere Schulen<br />

ein Vorbild am Schulfrühstück an der<br />

Wörthschule nähmen. Meist mangelt es<br />

jedoch nicht an der Idee und am Willen,<br />

sondern an der Finanzierung… Der Bedarf<br />

ist jedenfalls da!<br />

Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. bietet an folgenden Schulen<br />

in München und im Landkreis Dachau Jugendsozialarbeit<br />

und/oder offene Ganztagsbetreuung an:<br />

Hauptschule an der Wörthstraße<br />

Jugendsozialarbeit Wörthschule<br />

Wörthstraße 2<br />

81667 München<br />

Tel. (089) 45 86 75 88<br />

woerthschule@kinderschutz.de<br />

Schule zur individuellen Lernförderung in der<br />

Kirchenstraße<br />

Jugendsozialarbeit Förderschule Kirchenstraße<br />

Kirchenstraße 13<br />

81675 München<br />

Tel. (089) 41 94 23 -29<br />

kirchenstrasse@kinderschutz.de<br />

Sozialpädagogisches Förderzentrum-Ost<br />

Jugendsozialarbeit Förderzentrum München-Ost<br />

Astrid-Lindgren-Straße 5<br />

81829 München<br />

Tel. (089) 233 -47434<br />

foerderzentrum-muenchen-ost@kinderschutz.de<br />

Schule zur individuellen Lernförderung in der<br />

Dachauer Straße<br />

Jugendsozialarbeit Förderschule<br />

Dachauer Straße<br />

Dachauer Straße 98<br />

80335 München<br />

Tel. (089) 121 16 39 -24<br />

dachauer-strasse@kinderschutz.de<br />

Schule zur individuellen Lernförderung in der<br />

Herrnstraße<br />

Jugendsozialarbeit Förderschule Herrnstraße<br />

Herrnstraße 21<br />

80539 München<br />

Tel. (089) 233 -20428<br />

herrnstrasse@kinderschutz.de<br />

Sonderpädagogisches Förderzentrum Dachau<br />

Schülerzentrum am Schlossberg<br />

Dr.-Engert-Straße 9<br />

85221 Dachau<br />

Tel. (089) 23 17 16 -8820<br />

schuelerzentrum.schlossberg@kinderschutz.de<br />

Hauptschule Markt Indersdorf<br />

Jugendsozialarbeit Hauptschule<br />

Markt Indersdorf<br />

Wittelsbacherring 15<br />

85229 Markt Indersdorf<br />

Tel. (08136) 93 12 20<br />

hauptschule-markt-indersdorf@kinderschutz.de<br />

Die Zentrale der Münchner Jugendsozialarbeit an<br />

Schulen ist die Kreppe, ein Herbergshäuschen in<br />

Haidhausen, das für alle Schulen und die AEH ein<br />

verbindendes Element ist. Die Kreppe ist Ort für<br />

über die Arbeit in den Schulen hinausgehende<br />

Gruppenarbeit und Teambesprechungen, und es<br />

wird ein Schülercafé angeboten.<br />

Kreppe<br />

An der Kreppe 5<br />

81667 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7610<br />

kreppe@kinderschutz.de<br />

31 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />

Bereich tätig.<br />

Rund 750 Schülerinnen und Schüler wurden<br />

2007 im Rahmen der Angebote an Schulen<br />

betreut und gefördert.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

7


8<br />

Jugendsozialarbeit an Schulen und berufsbezogene Jugendhilfe<br />

Job in Dachau<br />

Berufsperspektive im Landkreis Dachau<br />

„Job-in Dachau“ heißt das im Mai 2007<br />

gestartete Gemeinschaftsprojekt des<br />

Landkreises Dachau, der Arbeitsagentur<br />

(AA) München und des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

So ganz neu ist das Projekt eigentlich gar<br />

nicht, denn schon seit sieben Jahren<br />

unterstützt der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. junge<br />

Menschen bei ihrem Weg ins Berufsleben.<br />

Im Mittelpunkt von Job-in Dachau steht<br />

die intensive Begleitung Jugendlicher bei<br />

ihrem Übergang von der Schule in die Ausbildungs-<br />

bzw. Arbeitswelt. Zwei sozialpädagogische<br />

Fachkräfte des Vereins<br />

begleiten die Schulen, Schülerinnen und<br />

Schüler sowie Ausbildungsbetriebe bei der<br />

Suche bzw. Vermittlung von Ausbildungsund<br />

Praktikumsplätzen.<br />

Insgesamt neun Hauptschulen im Landkreis<br />

Dachau profitieren von der individuellen<br />

Berufsvorbereitung des erprobten<br />

Projektes. Beeindruckend ist die Zahl der<br />

Schülerinnen und Schüler, die von Job-in<br />

Dachau betreut werden: insgesamt ca. 860<br />

Schülerinnen und Schüler in 39 Klassen<br />

der Jahrgangsstufen 7 bis 9. Eindrucksvoll<br />

ist auch die Vermittlungsquote: Nach den<br />

ersten vier Monaten konnten bereits 111<br />

Jugendliche in Ausbildung vermittelt werden.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

Zum Start des Projekts wurde Job-in<br />

Dachau in den Abschlussklassen der teilnehmenden<br />

Schulen vorgestellt und mit<br />

den noch unversorgten Jugendlichen möglichst<br />

rasch Einzeltermine vereinbart.<br />

Dabei war unter anderem ein junger Mann<br />

aus dem Kosovo, dessen Familie von Hartz<br />

IV lebt. Er hatte sich noch nicht beworben,<br />

doch die Mitarbeiterin des Projekts<br />

konnte ihn sehr schnell motivieren. In<br />

gemeinsamen Gesprächen entwickelte er<br />

eine berufliche Perspektive. Mit Unterstützung<br />

seiner Betreuerin erstellte er<br />

Bewerbungsunterlagen und fand rasch eine<br />

Ausbildungsstelle als medizinischer Fachangestellter.<br />

Er hat seine Probezeit gut<br />

gemeistert.<br />

Die Ausbildungsstelle als Hotelfachmann in der Tasche und ein süßes Dankeschön für Julia Tröger-Hierl<br />

„Uns geht es darum, die spezifischen<br />

Fähigkeiten junger Menschen auszuloten<br />

durch Praktikumsplätze und Vermittlung<br />

zwischen Schule und Wirtschaft“, so Julia<br />

Tröger-Hierl, die Projektleiterin von<br />

Job-in Dachau. Die pädagogischen Fachkräfte<br />

sind für die jungen Menschen Lotsen<br />

und Motivatoren auf dem Weg zum<br />

passenden Beruf. Vielfach müssen sich die<br />

Schülerinnen und Schüler von illusorischen<br />

Wunschvorstellungen verabschieden und<br />

zu einer realistischen Einschätzung der<br />

eigenen Fähigkeiten gelangen. „Eine Fünf<br />

in Mathe und dann Mechatroniker werden<br />

wollen – das geht halt nicht“, erklärt Julia<br />

Tröger-Hierl.<br />

Den Praktika kommt hierbei eine besondere<br />

Bedeutung zu. Bereits in der noch<br />

verbleibenden Schulzeit können Schülerinnen<br />

und Schüler einerseits und Ausbildungsbetriebe<br />

andererseits sich im Rahmen<br />

der Praktika gegenseitig kennenlernen.<br />

Bei der Ausgestaltung der Praktika<br />

finden die individuellen Bedürfnisse der<br />

Betriebe besondere Berücksichtigung, z.B.<br />

Form und Dauer der Praktika können<br />

flexibel gestaltet werden. „Ein Praktikum<br />

beispielsweise im sozialen Bereich kann<br />

ungeahnte Vorlieben und Fähigkeiten und<br />

somit viel Spaß an einem Beruf in diesem<br />

Bereich zutage fördern“, erklärt die<br />

Projektmitarbeiterin Patricia Wohlleben-<br />

Deiler. Die sozialpädagogischen Fachkräfte<br />

begleiten während des Praktikums sowohl<br />

die Schülerin bzw. den Schüler als auch<br />

den Praktikumsbetrieb.<br />

Die vernetzte Zusammenarbeit mit den<br />

Hauptschulen im Landkreis, den Projektpartnern<br />

- dem Landratsamt und der Arbeitsagentur<br />

für Arbeit in Dachau - sowie<br />

der regionalen Wirtschaft ist Basis für den<br />

Erfolg der Arbeit.<br />

Zahlen und Standort<br />

2 Fachkräfte sind in diesem Bereich tätig.<br />

2007 wurden rund…<br />

- 860 Schülerinnen und Schüler im Rahmen von<br />

Schulbesuchen informiert und beraten.<br />

- 180 Einzelberatungen geleistet.<br />

- 10 Schülerinnen und Schüler in Ausbildung<br />

vermittelt.<br />

Job-in Dachau<br />

Münchner Straße 11<br />

85221 Dachau<br />

Tel. (089) 23 17 16 -8720<br />

job-in@kinderschutz.de


10<br />

Kindertagesstätten<br />

Spielerisch Fördern<br />

und Fordern<br />

Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. hat die Betriebsträgerschaft für drei Kindertagesstätten der<br />

Landeshauptstadt München übernommen. Die Arbeit in den Kindertagesstätten<br />

des Vereins ist auf die Bedürfnisse der Kinder ausgerichtet und an die Richtlinien<br />

des Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplanes angelehnt. Im Mittelpunkt steht<br />

die ganzheitliche Förderung der Kinder in ihrer gesamten Persönlichkeit und Entwicklung.<br />

Im Spiel als Hauptmethode der pädagogischen Arbeit werden durch freies<br />

Handeln und angeleitete Angebote Lernprozesse angeregt, die die Kinder aktiv<br />

selbst mit gestalten.<br />

Der Tag beginnt in den Kindertagesstätten<br />

um 9 Uhr mit dem „Morgenkreis“. „Guten<br />

Tag liebe Leute, guten Tag. Wir spielen<br />

wieder heute, wer ist da“, tönt es fröhlich<br />

über den Gang. Im Lied werden alle Kinder<br />

persönlich begrüßt: „…der Luca ist da, die<br />

Sophie-Marie ist da, die Raihana ist da…“<br />

Solche festen Rituale geben den Kindern<br />

Sicherheit, fördern das Gemeinschaftsgefühl<br />

und die Sprachentwicklung. Nach der<br />

Begrüßung dürfen die Kleinen ihre<br />

Wünsche in die Gestaltung des Tages<br />

einbringen. Die Kinder haben vielfältige<br />

Vorstellungen, angefangen vom Basteln<br />

von Flugzeugen, über Singen und Malen,<br />

bis zur Erkundung von Natur- und<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

Alltagsphänomen wie „Wo wohnt die<br />

Spinne und was macht sie?“<br />

Freiräume zur Entwicklung<br />

Die Kinder haben ihre festen Gruppen,<br />

doch das „teil-offene Betreuungskonzept“<br />

ermöglicht, dass sie sich auch außerhalb<br />

der Gruppe neue Spiel- und Erfahrungsräume<br />

erschließen können. Entstanden ist<br />

diese pädagogische Umorientierung im<br />

Rahmen eines Konzepttages, an dem die<br />

pädagogischen Fachkräfte beleuchteten,<br />

was gut im Alltag funktioniert und was<br />

weiter verbessert werden könnte. Im<br />

Tagesablauf konzentrierte sich beispiels-<br />

weise sehr viel auf die Gruppe, es war oft<br />

sehr laut und es fehlten Rückzugs -<br />

möglichkeiten für die Kinder. Im Rahmen<br />

der Teilöffnung wurden deshalb „Lernangebote<br />

auf dem Gang“ eingeführt. Die<br />

Kinder können 1,5 Stunden am Vor- und<br />

Nachmittag an verschiedenen Spiel- und<br />

Beschäftigungsgruppen, wie beispielsweise<br />

der „Bewegungsbaustelle“ oder „Kochund<br />

Backgruppe“ teilnehmen, sie können<br />

aber auch alleine spielen oder andere<br />

Gruppen besuchen. Die Autonomie und<br />

das Selbstbewusstsein der Kinder werden<br />

durch dieses Angebot gestärkt und gleichzeitig<br />

konzentriert sich nicht mehr alles<br />

auf den begrenzten Gruppenraum.


Multikulturelles Miteinander<br />

Die kleinen Besucherinnen und Besucher<br />

der Kindertagesstätten stammen aus 22<br />

verschiedenen Nationen. Eine wesentliche<br />

Aufgabe ist daher die Integration von Kindern<br />

und Familien mit Migrationshintergrund.<br />

Im pädagogischen Alltag werden<br />

interkulturelle Begegnungen gelebt – wie<br />

beispielsweise bei der Kinderolympiade im<br />

Rahmen der 5-Jahr-Feier der Kindertagesstätte<br />

Parkstatt Schwabing: Das Fest<br />

wurde mit der Entzündung des olympischen<br />

Feuers und dem feierlichen Einzug<br />

der Nachwuchsathleten zu den Nationalhymnen<br />

aller im Kindergarten vertretenen<br />

Nationen gestartet.<br />

Besonders bewährt hat sich das „Förderkonzept“<br />

der Kindertagesstätten. Mit vielfältigen<br />

Angeboten unterstützt eine<br />

Förder-Erzieherin die bedarfsorientierte<br />

individuelle Förderung einzelner Kinder. So<br />

findet z.B. eine gezielte Sprachförderung<br />

in Kleingruppen statt. Die Kinder lernen<br />

vom Ergreifen zum Begreifen: Beim<br />

Verkleiden und Wühlen in der Kleiderkiste<br />

erfassen die Kinder beispielsweise die<br />

Begrifflichkeiten vom „Pullover“ bis zur<br />

„Strumpfhose“ mit verschiedenen Sinnen.<br />

Die Einheiten zur Vorschul-Erziehung und<br />

der Vorkurs Deutsch sollen die Kinder<br />

optimal auf den Übergang in die Grundschule<br />

vorbereiten. Projektgruppen und<br />

gruppenübergreifende Angebote in den<br />

Bereichen musisch-kreative Entwicklung,<br />

Gesellschaft für Sportförderung sorgt<br />

mit Sponsoren für neue Sportgeräte<br />

Turnen und Sport sind wichtiger Bestandteil<br />

der pädagogischen Arbeit und Förderung<br />

in der Kindertagesstätte Parkstadt<br />

Schwabing. Durch die Sportangebote werden<br />

die motorischen Fähigkeiten, Kraft,<br />

Geschicklichkeit, Beweglichkeit und<br />

Ausdauer der Kinder spielerisch trainiert.<br />

Dabei stehen der Spaß an der Bewegung<br />

und das Wohlbefinden der Kinder im<br />

Mittelpunkt.<br />

Die Gesellschaft für Sportförderung (GFS)<br />

konnte zehn engagierte Unternehmen<br />

mobilisieren, die Anschaffung von neuen<br />

Sportgeräten in einem Gesamtwert von<br />

1.551 Euro zu sponsern. Vom Gymnastikball<br />

über einen Bewegungsparcours bis hin<br />

zu vielfältigen Geschicklichkeitsgeräten<br />

konnte das Sportgeräteangebot der Kindertagesstätte<br />

erweitert werden. Die neuen<br />

Geräte sind mobil einsetzbar und können<br />

für verschiedenste Sportübungen in der<br />

Turnhalle, im Garten und in den Gruppenräumen<br />

genutzt werden. Die Kinder und<br />

Erzieherinnen freuten sich sehr über diese<br />

Förderung der sportlichen Aktivitäten<br />

in der Kindertagesstätte. Dabei gilt ein<br />

herzlicher Dank allen Sponsoren dieser<br />

gelungenen Aktion!<br />

Sprachen, Naturwissenschaften und<br />

Bewegungserziehung unterstützen das<br />

Lernverhalten sowie die Denkfähigkeit und<br />

fördern die Fein- und Grobmotorik.<br />

Hortgruppe für Grundschulkinder<br />

Grundschülerinnen und Grundschüler bis<br />

zehn Jahre besuchen die Hortgruppe in der<br />

Kindertagesstätte Fingerkrautanger. Hier<br />

steht der Übergang vom Kindergarten zur<br />

Schule im Mittelpunkt: Die Kinder werden<br />

beim Lernen unterstützt, in ihrer Selbständigkeit<br />

gefördert und können gemeinsam<br />

ihre Freizeit mit altersgerechten<br />

Aktivitäten verbringen.<br />

Die Weiterentwicklung der pädagogischen<br />

Arbeit der Kindertagesstätten steht nicht<br />

still, denn die Ausrichtung der Arbeit auf<br />

die Bedürfnisse von Kindern und Eltern ist<br />

ein fortwährender Prozess. So werden<br />

<strong>2008</strong> die interkulturelle Erziehung, die<br />

Elternarbeit und die Netzwerkarbeit mit<br />

dem Jugendamt und anderen sozialen<br />

Einrichtungen in den jeweiligen Stadtvierteln<br />

intensiviert werden.<br />

Zahlen und Standorte<br />

Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. betreibt drei Kindertagesstätten<br />

in München:<br />

Kindertagesstätte Parkstadt Schwabing<br />

(3 Kindergartengruppen)<br />

Lilly-Reich-Straße 14<br />

80807 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7230<br />

kita-parkstadt-schwabing@kinderschutz.de<br />

Kindertagesstätte Fingerkrautanger<br />

(2 Kindergartengruppen und 1 Hortgruppe)<br />

Fingerkrautanger 4<br />

80937 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7730<br />

kita-fingerkrautanger@kinderschutz.de<br />

Kindertagesstätte Michael-Huber-Weg<br />

(2 Kindergartengruppen)<br />

Michael-Huber-Weg 28<br />

81667 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7330<br />

kita-michael-huber-weg@kinderschutz.de<br />

29 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />

Bereich tätig.<br />

Rund 165 Kinder im Alter von 3 bis 10 Jahren<br />

wurden 2007 in den Kindergarten- und<br />

Hortgruppen betreut und gefördert.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

11


12<br />

Beratung<br />

kids-hotline<br />

24 Stunden geöffnet -<br />

Anonyme und kostenlose<br />

Beratung im Internet<br />

Acht von zehn Kindern und Jugendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren sind fast<br />

täglich online: Sie „treffen“ Freunde, mailen, chatten, skypen, spielen, shoppen,<br />

lernen, hören Musik, schauen Videos … und suchen bei persönlichen Problemen<br />

Rat und Hilfe. Die kids-hotline ist da wo die Jugendlichen sind – im Internet. Unter<br />

www.kids-hotline.de bietet das Projekt des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. jungen Menschen<br />

schnelle, unkomplizierte und kompetente Hilfestellungen bei allen Fragen und<br />

Problemen in ihrer jeweiligen Lebenssituation.<br />

Für die Kinder und Jugendlichen ist dieser<br />

„virtuelle“ Ort oftmals ein Anker in stürmischer<br />

See. Hier fühlen sie sich ernst genommen<br />

und können – im Schutz des<br />

anonymen Nicknames, ein Phantasiename,<br />

den sich die jungen Menschen geben – offen<br />

über ihre Schwierigkeiten und Fragen<br />

„sprechen“ bzw. vielmehr schreiben. Wie<br />

beispielsweise die 15-jährige Carla, die im<br />

Forum verzweifelt berichtet, wie sehr sie<br />

unter Mobbing in der Schule leidet: „Angefangen<br />

hat es schon in der Grundschule.<br />

Meine Klassenkameraden haben mich<br />

geärgert und wegen meiner Kleidung gehänselt.<br />

Als ich auf eine neue Schule kam,<br />

war ich noch voller Hoffnung, dass sich<br />

jetzt etwas ändern würde. Aber jetzt ist<br />

alles noch viel schlimmer als vorher. Ich<br />

fühle mich ständig unter Druck gesetzt<br />

und meine schulischen Leistungen lassen<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

auch zu wünschen übrig. Ich will das diesmal<br />

aber wirklich schaffen! Kann mir jemand<br />

einen Rat geben? Ehrlich gesagt<br />

denke ich manchmal schon an Selbstmord…“<br />

Bürgerschaftliches<br />

Engagement<br />

Einstiegsseite in die Forenberatung: Foren sind virtuelle Pinnwände<br />

auf der Webseite der kids-hotline. Kinder und Jugendliche<br />

auf der Suche nach Unterstützung und Beratung können ihre<br />

Fragen öffentlich und für jeden lesbar hier „anheften“. Die Antworten<br />

der User und des Berater-Teams werden der jeweiligen<br />

Frage zugeordnet.<br />

Das Team, das sich den Sorgen und Nöten<br />

der Kinder und Jugendlichen annimmt,<br />

setzt sich aus erwachsenen Fachberaterinnen<br />

und -beratern sowie Peers, also<br />

gleichaltrigen Jugendlichen zusammen.<br />

Sie alle arbeiten ehrenamtlich mit bei der<br />

kids-hotline. Im Fachteam finden sich vom<br />

Sozialarbeiter oder Therapeuten über die<br />

Lehrerin und Ärztin bis hin zum Pfarrer die<br />

verschiedensten Professionen wieder. Alle<br />

bringen ihr spezielles Fachwissen aber<br />

auch schlicht ihre Lebenserfahrung<br />

ein. Die Peers<br />

werden fachlich betreut,<br />

sie kennen die Lebenswelt<br />

der User aus eigener Erfahrung<br />

am besten und begegnen<br />

den Ratsuchenden<br />

auf Augenhöhe. Oftmals<br />

schließen sich Jugendliche<br />

dem Peer-Team an, die<br />

selbst einmal bei kids-hotline<br />

gut beraten wurden. In<br />

jede „Beitragskette“ im Forum<br />

können sich auch an-<br />

dere registrierte junge<br />

Menschen „beratend“ einbringen.<br />

So manch einem<br />

Hilfesuchenden hat so die<br />

Lösungsstrategie eines<br />

„Leidensgenossen“ oder „-genossin“ schon<br />

weiter geholfen.<br />

Hilfestellung in allen<br />

Lebenssituationen<br />

Mobbing ist nur eines der vielen Themen,<br />

zu denen die Kinder und Jugendlichen ihre<br />

Fragen und Beiträge „posten“, also für<br />

alle anderen sichtbar in die Foren schreiben.<br />

In über 20 Foren finden Beratungen<br />

zu den verschiedensten Themen statt, die<br />

Heranwachsende bewegen: von Liebeskummer,<br />

Pubertät, Ärger und Stress in der<br />

Familie bis hin zu Suchtproblemen und sexueller<br />

Gewalt. Die mittlerweile fast<br />

140.000 Forenbeiträge geben nicht nur<br />

den aktiv Ratsuchenden Hilfestellung. Sie<br />

können auch von Besucherinnen und<br />

Besuchern der Internetseite gelesen werden.<br />

Somit profitieren Jugendliche, die sich<br />

in ähnlichen Situationen befinden, vom<br />

Meinungs- und Erfahrungsaustausch der<br />

anderen.<br />

Die kids-hotline bietet seit ihrer Gründung<br />

1999 jugendgerechte Beratung mit hohen<br />

pädagogischen Standards durch die Verbindung<br />

von Fachkompetenz in Beratung<br />

und Online-Kommunikationstechniken. Sie<br />

ist mit mehr als 380 neuen Anfragen im<br />

Monat das größte deutschsprachige<br />

Online-Beratungsangebot für junge<br />

Menschen. Über 17.800 Kinder und<br />

Jugendliche haben sich inzwischen als<br />

User der kids-hotline registriert, um bei ihren<br />

Problemen Rat und Hilfe zu bekommen.<br />

Die Online-Beratung erfolgt über offene<br />

Foren, geschützte Einzelberatung sowie


Chatberatung. Wichtig ist, dass die<br />

Ratsuchenden möglichst schnell Hilfe<br />

erhalten. Auf www.kids-hotline.de ist rund<br />

um die Uhr jemand erreichbar, der den<br />

Kindern und Jugendlichen hilft, Antworten<br />

auf ihre Fragen zu finden und sie bei<br />

der Lösung ihrer Probleme unterstützt.<br />

Die kids-hotline wird nicht öffentlich gefördert.<br />

Um die technische Infrastruktur<br />

stellen und weiter entwickeln zu können<br />

und vor allem um die Ehrenamtlichen<br />

auszubilden und zu coachen, ist sie zu<br />

100% auf Spendenmittel und Sponsorengelder<br />

angewiesen.<br />

ki-konzept – Lösungen und<br />

Konzepte für Onlineberatung<br />

Die Arbeit in der Online-Beratungsstelle<br />

EinBlick<br />

Projekt „Anders zuhören“<br />

Die kids-hotline konnte im vergangenen<br />

Jahr neben ihrem „Tagesgeschäft“ – der<br />

Beratung junger Menschen im Internet –<br />

ein ganz besonderes Projekt umsetzen: die<br />

Ausbildung körperbehinderter Jugendlicher<br />

zu Peer-Beraterinnen und –Beratern<br />

für die kids-hotline. Peers sind speziell geschulte<br />

Jugendliche, die die Ratsuchenden,<br />

die sich an die kids-hotline wenden,<br />

auf Augenhöhe beraten. Das Medium Internet<br />

bietet den Projektmitgliedern eine<br />

Möglichkeit diese Augenhöhe – unabhängig<br />

von körperlichen Behinderungen und<br />

den damit oftmals verbundenen Einschränkungen<br />

der Kontaktauf<strong>nah</strong>me bzw.<br />

der Teil<strong>nah</strong>me am gesellschaftlichen Leben<br />

– zu erreichen. Als Partner für dieses<br />

Projekt konnten die Rummelsberger Dienste<br />

gewonnen werden. Fünf Jugendliche<br />

zwischen 15 und 25 Jahren aus der Einrichtung<br />

„Wichernhaus“ in Altdorf <strong>nah</strong>men<br />

an der Schulung teil.<br />

Gemeinsam mit dem bestehenden Peer-<br />

Team wurde ein Mentoren-Konzept entwickelt,<br />

so dass alle neuen Peers eine<br />

Mentorin bzw. einen Mentor erhielten, die<br />

kids-hotline zeigt seit neun<br />

Jahren, dass das Internet eine<br />

geeignete Infrastruktur<br />

für den Austausch zwischen<br />

Beratenden und Hilfesuchenden<br />

ist. Als know-how-<br />

Träger für Online-Beratung<br />

und Anbieter einer ausgereiften<br />

webbasierten Kommunikationsplattform<br />

berät und<br />

unterstützt das kids-hotline-<br />

Team auch andere soziale<br />

Einrichtungen, Schulen und<br />

Hochschulen in allen Fragen<br />

zur Online-Beratung mit Konzepten,<br />

Schulungen und Workshops. So können<br />

Synergien geschaffen werden. Nicht jeder<br />

muss „das Rad neu erfinden“. Unter<br />

www.ki-konzept.de können sich interessierte<br />

Einrichtungen umfassend darüber<br />

sie auf den ersten Schritten durch die kidshotline<br />

begleiteten. So wurden gleich zu<br />

Beginn des Projektes persönliche Kontakte<br />

geknüpft, die auch weiterhin bestehen.<br />

Nach Abschluss der Ausbildung wurden<br />

die Peers in das Team der kids-hotline<br />

integriert. Hierdurch entstanden wertvolle<br />

Synergien: Zum einen bekamen die Projektteilnehmerinnen<br />

und -teilnehmer die<br />

Möglichkeit, nicht nur andere behinderte<br />

und nicht-behinderte Beraterinnen und<br />

Berater kennen zu lernen, sondern auch<br />

gemeinsam mit dem bestehenden Team<br />

„Gutes zu tun“ und jugendliche Ratsuchende<br />

im Internet zu beraten. Zum<br />

anderen profitiert das bestehende kidshotline<br />

Beratungsteam von neuen Ein -<br />

blicken, die die Körperbehinderten aus<br />

ihrer Lebenserfahrung mitbringen. Hemmschwellen<br />

gegenüber Behinderten können<br />

dabei abgebaut werden; Erfahrungen von<br />

denen auch alle Ratsuchenden der kidshotline<br />

profitieren.<br />

Für den Sommer <strong>2008</strong> ist ein Treffen der<br />

„alten“ kids-hotline Peer-Beraterinnen und<br />

Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kidshotline:<br />

Sie unterstützen die jungen Menschen mit ihrer Zeit und<br />

ihrem Know-How.<br />

informieren, wie sie ein eigenes Online-<br />

Beratungsangebot umsetzen können und<br />

mit welchen Dienstleistungen das Team<br />

der kids-hotline ihnen den Weg zur Realisierung<br />

ebnet.<br />

–berater mit den „neuen“ Peers geplant.<br />

Hier sollen alle Beteiligten zum ersten Mal<br />

außerhalb der „virtuellen Welt“ aufeinander<br />

treffen. Ein von allen Jugendlichen mit<br />

großer Spannung erwarteter Moment.<br />

Derzeit werden noch finanzielle Förderer<br />

für die Ermöglichung dieses Treffen<br />

gesucht.<br />

Zahlen und Standort<br />

3 Fachkräfte in Voll- und Teilzeit sind bei der<br />

kids-hotline tätig.<br />

Rund 70 ehrenamtliche Beraterinnen und Berater<br />

investieren über 2.500 Stunden monatlich in die<br />

Online-Beratung – davon 15 Peers im Alter<br />

zwischen 14 und 21 Jahren.<br />

2.000 neue User registrieren sich durchschnittlich<br />

in einem Jahr und wenden sich mit ihren<br />

Fragen an die kids-hotline.<br />

kids-hotline<br />

Kathi-Kobus-Straße 9<br />

80797 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -9950<br />

info@kids-hotline.de<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

13


14<br />

Beratung<br />

kibs<br />

Tabuthema: Sexuelle Gewalt<br />

gegen Jungen<br />

Die Kontakt-, Informations- und Beratungsstelle für männliche Opfer sexueller<br />

Gewalt bis 21 Jahre (kibs) des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. ist bisher bayernweit die einzige<br />

Anlaufstelle speziell für männliche Opfer sexueller Gewalt. Die Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter von kibs betreuen Jungen bis 21 Jahre, die sexuelle Gewalt erlebt haben.<br />

Vielfach werden über die Opfer und deren Angehörige hinaus auch weitere<br />

Bezugspersonen in den Beratungsprozess mit einbezogen, zum Beispiel Lehrkräfte<br />

oder pädagogische Fachkräfte aus dem Hilfesystem oder dem Jugendamt. Zusätzlich<br />

berät kibs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sozialer Einrichtungen wie beispielsweise<br />

Kindergärten, Heilpädagogische Tagesstätten, Horte, Freizeiteinrichtungen,<br />

Vereine und Schulen.<br />

Statistisch gesehen hat in jeder Schulklasse<br />

mindestens ein Junge sexuellen<br />

Missbrauch erlebt. Denn – was kaum<br />

jemand ahnt – jeder fünfte bis achte<br />

Junge wird Opfer sexueller Gewalt. Doch<br />

die Taten und das Leiden der Jungen<br />

bleiben zumeist im Dunkeln. Das<br />

Schweigen der Opfer trifft auf die mangelnde<br />

Bereitschaft ihrer Umgebung,<br />

sexuellen Missbrauch an Jungen überhaupt<br />

als Realität anzuerkennen.<br />

Jedes Opfer hat seine individuelle<br />

Geschichte. Deshalb ist das Unterstützungsangebot<br />

von kibs speziell auf die<br />

Situation des einzelnen Kindes oder Jugendlichen<br />

bezogen. Und dennoch gibt es<br />

Gemeinsamkeiten, die viele männliche Opfer<br />

sexueller Gewalt teilen. Entweder, weil sie<br />

noch zu klein sind oder aber jungentypisch<br />

„nicht gern reden“, ist es nicht leicht, an sie<br />

„heranzukommen“. So bedarf es für die<br />

Hilfe von Betroffenen immer wieder nonverbaler<br />

Methoden, wie z.B. Musiktherapie<br />

oder erlebnispädagogische Angebote.<br />

Beratung und Begleitung<br />

Etwa die Hälfte der Jungen, die Unterstützung<br />

von kibs erhalten, sind zwischen drei<br />

und zehn Jahre alt. Die Täter stammen meist<br />

aus dem sozialen Umfeld – aus dem Freundes-,<br />

Familien- oder Bekanntenkreis.<br />

Da es den Missbrauchten schwer fällt, mit<br />

Bezugspersonen über ihre Situation zu<br />

sprechen, ist es für viele hilfreich, anonym<br />

über das Internet oder telefonisch Kontakt<br />

aufnehmen und um Unterstützung bitten<br />

zu können.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

Das Angebot von kibs reicht von der Verdachtsabklärung<br />

bis zur Krisenintervention.<br />

Die Beratung und Begleitung der Opfer und<br />

Angehörigen kann durch Familien-, Trauma-<br />

und Musiktherapie unterstützt werden.<br />

Gleichzeitig werden therapeutische Kindergruppen,<br />

erlebnispädagogische Gruppenangebote<br />

und Selbstbehauptungstrainings für<br />

die Opfer angeboten. Wenn es zum für die<br />

Jungen vielfach belastenden Gerichtsprozess<br />

kommt, können die männlichen Opfer<br />

bei Prozessvorbereitung, -begleitung und<br />

-nachbereitung auf das Hilfsangebot der<br />

Beratungsstelle zurückgreifen.<br />

Fachberatung und<br />

Multiplikatorenarbeit<br />

kibs wird von Fachkräften meist dann hinzugezogen,<br />

wenn der Missbrauch bereits<br />

geschehen ist und das Opfer, die Familie,<br />

der Kindergarten oder die Schule akut<br />

Unterstützung benötigen. Deshalb trägt kibs<br />

durch entsprechende Fortbildungen und<br />

Vorträge zur Sensibilisierung von Fachkräften<br />

bei, mit dem Ziel, dass diese rechtzeitiger<br />

auf missbrauchte oder gefährdete<br />

Jungen aufmerksam werden und geeignete<br />

Maß<strong>nah</strong>men einleiten können.<br />

Im Rahmen eines Modellprojektes zur<br />

bayernweiten Schulung der Erziehungsberatungsstellen<br />

und Notrufe leistet kibs<br />

wichtige Multiplikatorenarbeit im Auftrag<br />

des bayerischen Sozialministeriums.<br />

kibs war gemeinsam mit dem Arbeitskreis<br />

„Runder Tisch gegen Männergewalt“ und<br />

der Gleichstellungsstelle der Landeshauptstadt<br />

München aktiv an der Erstellung und<br />

Veröffentlichung der Opferschutzbroschüre:<br />

„Opfer stärken – Verfahrensrechte nutzen,<br />

Opfer stärken im Strafrecht“ beteiligt.<br />

KIM – eine Kooperation von<br />

IMMA und kibs<br />

Nachdem sich der Kinder- und Jugendhilfeausschuss<br />

im Landkreis Fürstenfeldbruck<br />

seit sieben Jahren mit dem Thema<br />

Fachberatung bei sexueller Gewalt an<br />

Kindern und Jugendlichen beschäftig hatte<br />

und regelmäßig an der Finanzierung<br />

gescheitert war, stand der Beschluss Anfang<br />

2007 endlich fest: Fürstenfeldbruck<br />

bekommt eine Einrichtung, die Kinder und<br />

Jugendliche berät, die Opfer von sexueller<br />

Gewalt geworden sind.<br />

Im Frühjahr 2007 wurde einstimmig<br />

beschlossen, diese Aufgabe an IMMA e.V.,<br />

Initiative für Münchner Mädchen und kibs<br />

zu übertragen. Im Dezember 2007 wurde in<br />

Fürstenfeldbruck der Vertrag unterzeichnet.<br />

Die neue Beratungsstelle heißt KIM und<br />

unterstützt Mädchen und Jungen mit<br />

sexuellen Gewalterfahrungen, ihre Bezugspersonen<br />

sowie Fachkräfte – sowohl bei<br />

erlebter Gewalt als auch bei der Verdachtabklärung.<br />

Seit Februar <strong>2008</strong> finden jeweils<br />

donnerstags die Sprechzeiten im Zentrum<br />

von Fürstenfeldbruck statt. Mit dem vom<br />

Kreistag bewilligten Zuschuss von 25.000<br />

Euro jährlich können rund zehn Beratungsstunden<br />

pro Woche angeboten werden, das<br />

ist zunächst nur ein Tropfen auf den heißen<br />

Stein – aber es ist ein Anfang.


EinBlick<br />

„Ich werde es sagen!“ – oder:<br />

Wie man sexuellen Missbrauch an<br />

Jungen besprechbar macht<br />

Das Bühnenstück „Ich werde es sagen“ ist<br />

eine Produktion der theaterpädagogischen<br />

werkstatt Osnabrück in Zusammenarbeit<br />

mit dem Hamburger Verein Dunkelziffer<br />

e.V. – Hilfe für sexuell missbrauchte Kinder.<br />

Es entstand auf der Grundlage des autobiographischen<br />

Romans von Kristian Ditlev<br />

Jansen. Während das Thema sexuelle<br />

Gewalt gegen Mädchen und Frauen schon<br />

mehrfach bearbeitet wurde, ist „Ich werde<br />

es sagen“ die erste deutsche Bühnen -<br />

inszenierung, die sich mit den Erlebnissen<br />

eines missbrauchten Jungen auseinandersetzt.<br />

In Kooperation mit der Landeshauptstadt<br />

München holte kibs „Ich werde es sagen“<br />

im März 2007 nach München. Die erste<br />

Münchner Aufführung diente dazu, pädagogischen,<br />

therapeutischen und psycho-<br />

logischen Fachkräften aus allen Bereichen<br />

(Schulen, Beratungsstellen, Jugendhilfe<br />

u.a.) das Stück vorzustellen und die<br />

Thematik an sie heranzutragen. Gleichzeitig<br />

sollten sie ermutigt werden, das Stück<br />

zusammen mit ihrer Klasse oder Kinder-/<br />

Jugendgruppe anzuschauen als Grundlage<br />

dafür, das stark tabuisierte Thema überhaupt<br />

besprechbar zu machen. Die Theaterproduktion<br />

tourt durch Deutschland<br />

und kann von Schulen und anderen (sozial-)<br />

pädagogischen Einrichtungen für eine individuelle<br />

Vorstellung gebucht werden. So<br />

hat beispielweise eine Aufführung in der<br />

Carl-Spitzweg-Realschule in Allach stattgefunden.<br />

In den Nachbereitungen mit<br />

den Fachkräften von kibs zeigten sowohl<br />

die Schülerinnen als auch die Schüler eine<br />

große Offenheit in der Auseinander -<br />

setzung mit diesem schwierigen Thema.<br />

Zahlen und Standort<br />

4 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />

Bereich tätig.<br />

855 Klienten und Fachkräfte wurden 2007 von<br />

kibs betreut und informiert.<br />

Davon<br />

– 288 betroffene Jungen<br />

– 141 Angehörige<br />

– 426 Fachkräfte<br />

27 Fortbildungen und Informationsveranstaltungen<br />

wurden 2007 durchgeführt.<br />

Rund 620 Fachkräfte, Schülerinnen und Schüler<br />

sowie Interessierte wurden damit erreicht.<br />

kibs<br />

Kathi-Kobus-Straße 9<br />

80797 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -9120<br />

mail@kibs.de<br />

KIM<br />

Beratung für Mädchen und Jungen bei sexuellen<br />

Gewalterfahrungen<br />

Ludwigstraße 4<br />

82256 Fürstenfeldbruck<br />

Tel. (08141) 35 72 87<br />

info@kim-ffb.de<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

15


16<br />

Ambulante Erziehungshilfe<br />

Familien stärken und<br />

Herausforderungen meistern<br />

Ambulante Erziehungshilfe (AEH) ist eine Hilfe nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz.<br />

Übergeordnetes Ziel der AEH ist es, die Familien zu befähigen, ihr<br />

Leben wieder selbständig und den gesellschaftlichen Erwartungen entsprechend<br />

zu gestalten. Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. bietet im Auftrag des Stadtjugendamtes<br />

München in 5 von 13 Sozialregionen in München dieses sozialräumlich orientierte<br />

Erziehungsangebot an. Neben der sozialräumlichen AEH bietet der <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

auch AEH für Familien an, die von Gehörlosigkeit betroffen sind.<br />

Die pädagogische Hilfe findet im Lebensraum<br />

der Familien, in den Wohnungen der<br />

Betroffenen oder aber den Räumlichkeiten<br />

des Vereins statt. Zusätzlich zu den vielfältigen<br />

Einzelkontakten mit der Familie<br />

gibt es unterstützende Gruppenangebote.<br />

Neben der Arbeit mit den Familien und deren<br />

Kindern wirken die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter der AEH an der Gestaltung<br />

des Sozialraums mit und sind somit an der<br />

Entwicklung des Stadtbezirks aktiv beteiligt.<br />

Der 14-jährige Johannes und seine Familie<br />

werden bereits seit einem Jahr von einer<br />

Mitarbeiterin des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. betreut.<br />

Die Zusammenarbeit mit der Familie begann,<br />

nachdem der Junge mehrmals beim<br />

Ladendiebstahl erwischt wurde. Johannes<br />

und seine Eltern vereinbarten zusammen<br />

mit dem Jugendamt und hinzugezogenen<br />

Jugendhilfe-Einrichtungen die Einleitung<br />

einer Ambulanten Erziehungshilfe.<br />

Beide Eltern haben mehrere Jobs und sind<br />

kaum zuhause. Johannes war meist sich<br />

selbst überlassen und nicht ausreichend<br />

versorgt. Der Junge hatte sich einer<br />

Jugendclique angeschlossen, die immer<br />

wieder Diebstähle begeht und nur noch<br />

sporadisch die Schule besucht.<br />

Die Mitarbeiterin der AEH muss im ersten<br />

Schritt Johannes und seine Eltern überzeugen,<br />

dass eine ernsthafte Gefährdung<br />

vorliegt und an der Situation gearbeitet<br />

werden muss. Für die Familie ist es schwierig,<br />

sich auf die Hilfe von außen einzulassen.<br />

Ihre Betreuerin sucht nach verschiedenen<br />

Ansatzpunkten: Wer ist noch in Johannes<br />

Clique? Gibt es einen Lehrer, dem Johannes<br />

vertraut? Was in teressiert Johannes? Wo<br />

würden die Eltern Entlastung spüren? Welche<br />

Träume hatten sie für ihre Kinder? Mit<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

den Eltern und Johannes werden regelmäßige<br />

Besprechungen vereinbart. Gleichzeitig<br />

erhalten die Eltern eine Einladung zu den<br />

Mehrfamilienangeboten des Vereins. Im<br />

Hintergrund gibt es zahlreiche Kontakte zur<br />

Schule, zum Jugendpolizisten und zur Streetwork,<br />

die ebenfalls daran arbeitet, Kontakt<br />

zu der Clique von Johannes aufzubauen.<br />

Es gelingt, Johannes für die erlebnispädagogischen<br />

Angebote in der Region zu<br />

begeistern. Er beteiligt sich an Höhlenerkundungen,<br />

fährt mit zum Fischen und ist<br />

langsam bereit, an den wöchentlichen<br />

Gruppentreffen teilzunehmen. So entsteht<br />

im Lauf von mehreren Monaten ein Vertrauensverhältnis<br />

zwischen ihm und der Mitarbeiterin<br />

der AEH. Er beginnt, mit ihr über<br />

seine Situation und die Zukunft zu sprechen.<br />

Die Eltern tun sich immer noch schwer.<br />

Vereinbarte Termine werden kurz vorher abgesagt.<br />

Trotzdem bewegt sich einiges in der<br />

Familie. Johannes nimmt auf Veranlassung<br />

der AEH inzwischen an einem Nachmittagsbetreuungsprogramm<br />

an seiner Hauptschule<br />

teil, so dass er in seinem Tagesablauf - unabhängig<br />

von den Eltern - Struktur erfährt.<br />

Der Junge erhält in der Schule Frühstück und<br />

Mittagessen. Er erledigt dort seine Hausaufgaben<br />

und nimmt an den verschieden Freizeitangeboten<br />

der Nachmittagsbetreuung teil.<br />

Einmal wöchentlich kommt Johannes zur<br />

Jugendgruppe in die Außenstelle der AEH<br />

und bespricht im Anschluss daran mit der<br />

AEH-Mitarbeiterin seine Schwierigkeiten,<br />

aber auch Erfolge. Die Schulleistungen des<br />

Jungen haben sich in der Zwischenzeit stark<br />

verbessert. Johannes hat neue Freunde<br />

gefunden und nimmt regelmäßig am Unterricht<br />

teil. Diese Erfolgserlebnisse motivieren<br />

ihn und entlasten auch das Zusammenleben<br />

mit seinen Eltern. Ihnen fallen die Erfolge<br />

ihres Sohnes auf. So beginnen auch sie zu<br />

ihrer Betreuerin Vertrauen zu fassen. Sie<br />

verstehen Gesprächsangebote und begleitende<br />

Elternveranstaltungen immer stärker<br />

als Chance, die dazu dienen ihre Familiensituation<br />

zu verbessern.<br />

Interkulturelles<br />

Qualitätsmanagement<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AEH<br />

haben eine zweijährige Ausbildung zum<br />

Interkulturellen Qualitätsmanagement mit<br />

Erfolg abgeschlossen. Ziel der von der<br />

Landeshauptstadt München angebotenen<br />

Ausbildung ist die Intensivierung und Qualifizierung<br />

der interkulturellen Arbeit mit<br />

Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshintergrund.<br />

Im Rahmen von verschiedensten<br />

multikulturellen Projekten haben<br />

die pädagogischen Fachkräfte ihre neuen<br />

Erfahrungen bereits in die Praxis einbringen<br />

können. So feierten Klientinnen und Klienten<br />

gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeitern der AEH unter dem Motto<br />

“Vielfalt erleben“ ein interkulturelles Fest.<br />

Ein Länderbazar sowie ein internationales<br />

Buffet machten unter anderem die kulturelle<br />

Vielfalt erlebbar.


Das Projekt „Kinder- und Familienleben in<br />

Ramersdorf-Perlach - Hilfe und Unterstützung<br />

für Kinder und ihre Eltern von<br />

Geburt an“ wurde gemeinsam mit dem<br />

Sozialbürgerhaus Ramersdorf-Perlach, der<br />

Abteilung Kindertagesbetreuung des Stadt-<br />

EinBlick<br />

jugendamtes sowie anderen Kooperationspartnerinnen<br />

und -partnern der AEH im<br />

Sozialraum initiiert. Gemeinsam wird daran<br />

gearbeitet, die Angebote im Stadtteil<br />

besser miteinander zu vernetzen. Unter<br />

anderem werden die Abläufe und Schnitt-<br />

Kinder / Kunst / Kultur<br />

Sommer-Kunstprojekt der AEH<br />

Hasenbergl/Feldmoching in<br />

Kooperation mit E.ON Energie<br />

Staffeleien, Becher mit Pinseln, bekleckste<br />

Unterlagen und Farbtuben – wie im Atelier<br />

sah es aus inmitten des schicken Ambientes<br />

der Konzernzentrale von E.ON Energie.<br />

Die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe<br />

der Kinder und Jugendlichen, die<br />

am Sommer-Kunstprojekt der Ambulanten<br />

Erziehungshilfe Hasenbergl/Feldmoching<br />

des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. teil<strong>nah</strong>men, hinterließen<br />

in Form und Farbe ihre Spuren in<br />

den Bildern der jungen Menschen. Das<br />

Kunstprojekt, das in Kooperation mit E.ON<br />

Energie durchgeführt wurde, zeigte, was<br />

die Kinder im Hasenbergl bewegt. Im Rahmen<br />

des Projektes „Kinder / Kunst / Kultur“<br />

erhielten fünfzehn Kinder und Jugendliche<br />

im Alter von acht bis sechzehn Jahren aus<br />

sozial belasteten und aus Migrantenfamilien<br />

die Möglichkeit, kreativ-gestalterisch<br />

tätig zu sein. Im Vorfeld der „Schaffensphase“<br />

bei E.ON hatte die Künstlergruppe<br />

nicht nur ihre Leinwände selbst aufgezogen,<br />

sondern sich auch mit ihrem kulturellen<br />

Hintergrund beschäftigt. Beim „Nachmittag<br />

der Kulturen“, zu dem Kinder und Eltern in<br />

die Ambulante Erziehungshilfe eingeladen<br />

waren, konnten zum Beispiel eine traditionelle<br />

afrikanische Kaffeezeremonie<br />

bestaunt und folkloristische Tänze gelernt<br />

werden. Minarette, ein Kaffeekrug, eine<br />

Tempeltänzerin – zahlreiche Motive spiegelten<br />

denn auch die Einflüsse der verschiedenen<br />

Herkunftskulturen der Kinder<br />

wider. Auch Impressionen aus einem<br />

gemeinsamen Besuch des Völkerkundemuseums<br />

flossen in die Bilder ein, beispielsweise<br />

in die Darstellungen eines Buddhakopfes<br />

oder einer afrikanischen Maske.<br />

Zum krönenden Abschluss fand eine Werkschau<br />

und Versteigerung auf der E.ON-<br />

Piazza statt, bei der die Kinder und<br />

Jugendlichen ihre Werke mit Stolz präsentierten.<br />

Rund vierzig phantasievolle Werke<br />

der jungen Künstlerinnen und Künstler<br />

kamen dabei unter<br />

den Hammer. Der<br />

Erlös der Versteigerung<br />

in Höhe von<br />

rund 2.200 Euro<br />

floss direkt in die<br />

Arbeit des „Offenen<br />

Ateliers“ für Kinder<br />

und Jugendliche im<br />

Hasenbergl und ermöglichte<br />

die Weiterführung<br />

des kreativen<br />

Sozialprojektes.<br />

stellen in der Zusammenarbeit der unterschiedlichen<br />

Hilfsangebote optimiert,<br />

damit Eltern und Kinder unkomplizierter<br />

individuelle Hilfe und Unterstützung<br />

erhalten können.<br />

Zahlen und Standorte<br />

In fünf Münchner Sozialregionen bietet der<br />

<strong>Kinderschutz</strong> e.V. in Kooperation mit anderen<br />

Trägern der Kinder- und Jugendhilfe Ambulante<br />

Erziehungshilfe an.<br />

Ambulante Erziehungshilfe<br />

Schwabing/Freimann<br />

Heidemannstraße 25-27<br />

80939 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7210<br />

aeh4-12@kinderschutz.de<br />

Ambulante Erziehungshilfe<br />

Au/Haidhausen/Bogenhausen<br />

Muspillistraße 21<br />

81925 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7310<br />

aeh5-13@kinderschutz.de<br />

Ambulante Erziehungshilfe Milbertshofen/<br />

Am Hart/Harthof<br />

Milbertshofener Straße 12<br />

80807 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7110<br />

aeh11@kinderschutz.de<br />

Ambulante Erziehungshilfe Ramersdorf/Perlach<br />

Feichtstraße 5<br />

81735 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7410<br />

aeh16@kinderschutz.de<br />

Ambulante Erziehungshilfe Hasenbergl/<br />

Feldmoching<br />

Walter-Sedlmayr-Platz 9<br />

80995 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7510<br />

aeh24@kinderschutz.de<br />

Außerdem bietet der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. Ambulante<br />

Erziehungshilfe speziell für Familien an,<br />

die von Gehörlosigkeit betroffen sind. Die „AEH<br />

für Gehörlose“ ist keiner bestimmten Sozialregion<br />

zugeordnet, sie arbeitet überregional und betreut<br />

Familien, Kinder und Jugendliche aus allen<br />

Stadtbezirken.<br />

Ambulante Erziehungshilfe für Gehörlose<br />

Milbertshofener Straße 12<br />

80807 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7110<br />

Bildtel. (089) 23 17 16 -7126<br />

aeh-gehoerlose@kinderschutz.de<br />

70 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />

Bereich tätig.<br />

256 Kinder, Jugendliche und deren Familien<br />

wurden 2007 im Rahmen der Angebote betreut<br />

und begleitet.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

17


18<br />

Heilpädagogische Tagesstätte<br />

Verhaltensauffällige Kinder<br />

erfahren ihre Stärken und<br />

Grenzen<br />

Die Heilpädagogische Tagesstätte (HPT) in Dachau besteht aus einem heilpädagogischen<br />

Kindergarten für Vorschulkinder ab drei Jahre sowie aus zwei Gruppen für<br />

Grund- und Hauptschüler bis 14 Jahre. Hier erhalten verhaltensauffällige und in<br />

ihrer Entwicklung verzögerte Kinder tagsüber intensive pädagogische und therapeutische<br />

Betreuung. Gleichzeitig wird ihnen ermöglicht, weiter in ihrer Familie und<br />

in ihrem sozialen Umfeld zu leben.<br />

Grund für die Auf<strong>nah</strong>me in die HPT sind<br />

meist Auffälligkeiten im Sozialverhalten<br />

der Kinder. Sie reagieren oft unangemessen<br />

auf harmlos scheinende Situationen,<br />

sind aggressiv, verschlossen oder verweigern<br />

sich total. Infolgedessen haben sie<br />

nicht selten auch erhebliche Schulprobleme.<br />

Die Ursachen für diese Verhaltensauffälligkeiten<br />

sind vielfältig und liegen oft im<br />

familiären Umfeld.<br />

Raus aus dem Teufelskreis<br />

Viele Kinder haben schon mehrfach Enttäuschungen<br />

und Zurückweisungen erlebt,<br />

kämpfen mit Selbstzweifeln und können<br />

die ersehnte Zuwendung nicht zulassen.<br />

In den meisten Fällen sind die Eltern mit<br />

dieser Situation überfordert. Sie haben das<br />

Gefühl, versagt zu haben und können ihre<br />

Kinder selbst nicht mehr unterstützen.<br />

Als Oliver beispielsweise vor einem Jahr in<br />

die HPT kam, wirkte er verzweifelt und<br />

vereinsamt. Seine Grundschulzeugnisse<br />

waren schlecht, doch seine alleinstehende<br />

Mutter hatte weder die Zeit noch die Kraft,<br />

ihn ausreichend zu fördern. Oliver spielte<br />

kaum mit anderen Kindern, aus Angst vor<br />

Zurückweisung und Hänseleien. Durch die<br />

immer wiederkehrenden Misserfolge geriet<br />

er in einen Teufelskreis aus Misserfolgen,<br />

negativem Selbstwertgefühl und weiteren<br />

Rückschlägen.<br />

Das Ziel der HPT-Betreuung ist es zum einen,<br />

dem Kind bei der Überwindung seiner<br />

Schwierigkeiten zu helfen. Gleichzeitig<br />

wird die Familie durch intensive Elternarbeit<br />

stabilisiert mit dem Ziel, dass sie ihre<br />

Erziehungsaufgaben zukünftig eigenstän-<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

dig bewältigen können. In neun von zehn<br />

Fällen gelingt es, dass durch die Arbeit der<br />

HPT auf eine stationäre Unterbringung z.B.<br />

in einem Heim verzichtet werden kann<br />

und das Kind im familiären Umfeld wieder<br />

guten Anschluss findet.<br />

Klare Strukturen schaffen<br />

Sicherheit und Erfolge<br />

In der HPT erleben Kinder einen strukturierten<br />

Tag. Regelmäßige „Programmpunkte“<br />

wie das gemeinsame Mittagessen,<br />

Hausaufgabenzeiten oder eine wöchentliche<br />

Kinderkonferenz geben ihnen einen<br />

sicheren Rahmen. Es gibt Regeln, die sie<br />

beachten müssen und Anreize, sie einzuhalten.<br />

Montags versammeln sich z.B. die<br />

Kinder der Gruppe 2 zur Taschengeldverteilung.<br />

Für „gutes Verhalten“ gibt es bis<br />

zu zwei Euro in die Spardose. Worauf gespart<br />

wird, schreiben die Kinder vorher auf.<br />

Der Reihe nach beurteilen sie selbst ihr<br />

Verhalten in der vergangenen Woche, die<br />

beiden Betreuer ergänzen oder korrigieren<br />

aus ihrer Sicht: Wie war der Umgang mit<br />

Erwachsenen und den anderen Kindern?<br />

Wurden die Hausaufgaben immer gemacht?<br />

Hat jeder sein „Amt“ erfüllt – z.B.<br />

den Küchendienst erledigt oder die Fenster<br />

abends geschlossen? Hat jeder mit<br />

mindestens drei anderen Kindern verschiedene<br />

Spiele gespielt? Hatte jeder eine<br />

Uhr dabei? Oder hat jemand sogar etwas<br />

besonderes für die Gruppe geleistet? Für<br />

jede erfüllte Aufgabe oder eingehaltene<br />

Regel gibt es 25 Cent in die Spardose, 50<br />

Cent können sich alle „verdienen“, die sich<br />

„keinen großen Schmarrn“ geleistet haben<br />

– z.B. Nachsitzen oder einen Schulverweis.<br />

Oliver hat in einem Jahr viel gelernt. Er<br />

hat erkannt, dass er Dinge beherrscht, auf<br />

die er stolz sein kann. Seine Erfolgserlebnisse<br />

haben ihn ermutigt, auch die nicht<br />

so einfachen Aufgaben anzupacken. Auch<br />

wenn es hin und wieder mal Rückschläge<br />

gibt, eine fünf in Deutsch oder Tränen<br />

wenn jemand ihn einen Feigling schimpft,<br />

Oliver hat gelernt, nicht aufzugeben und<br />

sich Fehler ein- und zuzugestehen. Er weiß<br />

jetzt, dass er trotzdem geliebt und respektiert<br />

wird.


EinBlick<br />

Ohne Netz und doppelten Boden<br />

Die Kinder der HPT sind eine ausgemachte<br />

Rasselbande. Alle auf einem Haufen<br />

sind sie kaum zu bändigen und es kommt<br />

nicht oft vor, dass sie zusammen mit<br />

Feuereifer an einer Sache <strong>dran</strong> bleiben.<br />

Sechs Tage im Sommer gaben jedoch<br />

Mirjam Avellis, Andreas Schanz und Tom<br />

Tak Jana den Ton in den Gruppen an und<br />

begeisterten sie für die fremde Welt des<br />

Zirkus. Die drei Gäste sind Zirkusprofis, die<br />

es verstehen, ihr Publikum mit Clownerie,<br />

Zauberei und Akrobatik in ihren Bann zu<br />

ziehen. In einem Zirkusworkshop weckten<br />

sie in den rund 25 Kindern der HPT komödiantisches<br />

Talent, magische Präzision und<br />

körperliche Geschicklichkeit.<br />

Nach tagelangem konzentriertem Training<br />

präsentierten die jungen Künstler dann<br />

beim Sommerfest der HPT endlich ihr Können.<br />

Vor den neugierigen Augen der Eltern,<br />

Geschwister, Freunde und Lehrer hieß es<br />

endlich: „Manege frei!“. Die wendigen<br />

Akrobaten und fantasievollen Clowns<br />

brachten das Publikum mit ihren Einlagen<br />

zum Lachen und geheimnisvolle Zauberer<br />

versetzten die Zuschauer mit unglaublichen<br />

Tricks in Erstaunen.<br />

Das Zirkusprojekt mit abschließendem<br />

Manegenspektakel war das unangefochtene<br />

Highlight des Jahres. Die HPT wäre<br />

jedoch keine Jugendhilfeeinrichtung, wenn<br />

neben Spaß und Unterhaltung nicht auch<br />

pädagogische Ziele verfolgt würden. Die<br />

Fantasie stößt Türen auf, die für gewöhnlich<br />

verschlossen bleiben. In der Gestalt<br />

eines Zirkusakteurs erkennen<br />

sie im darstellenden<br />

Spiel Verhaltensweisen<br />

des Menschen: ungeschickt<br />

oder geschickt<br />

sein, ängstlich, mutig,<br />

neugierig, gleichgültig,<br />

groß, klein, dumm, klug,<br />

nachdenklich… Sie lernen,<br />

sich in andere Lebenssituationenhineinzuversetzen.<br />

Dies erleichtert<br />

ihnen einen verständnisvolleren<br />

und aufgeschlossenen<br />

Umgang<br />

gegenüber ihren Mitmenschen.<br />

Die Profi-Artistin, die die<br />

Kinder anleitete, war vollauf<br />

begeistert vom Proben<br />

mit den Nachwuchstalenten:<br />

„Sie lassen sich<br />

darauf ein, ganz andere<br />

Seiten an sich selbst zu<br />

entdecken und stecken<br />

voller Überraschungen.“<br />

Viele bringen hier verborgene<br />

Talente zutage<br />

und können sich<br />

uneingeschränkt und<br />

ohne Selbstzweifel über<br />

Szenenapplaus und Lob<br />

freuen. Und sie erkennen, dass intensive<br />

Übung und Ausdauer zum Erfolg führen.<br />

Das Zirkusprojekt konnte Dank finanzieller<br />

Mittel aus der Spendenaktion „Der Merkur<br />

hilft Kindern“ und einer großzügigen<br />

Spende des „Dachauer Kleidersalons“<br />

realisiert werden.<br />

Zahlen und Standort<br />

11 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in<br />

diesem Bereich tätig.<br />

30 Kinder wurden 2007 in den<br />

Gruppen der Heilpädagogischen<br />

Tagesstätte und in Sonderbetreuungsformen<br />

gefördert.<br />

Heilpädagogische Tagesstätte<br />

Hermann-Stockmann-Straße 13<br />

85221 Dachau<br />

Tel. (08131) 332 06 31<br />

hpt@kinderschutz.de<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

19


20<br />

Tiergestützte Pädagogik und Therapie<br />

Paulihof – Heilende Pädagogik mit Tieren<br />

Neue Chancen<br />

für traumatisierte Kinder<br />

Der Paulihof befindet sich auf einer Hofstelle in der Nähe von Augsburg. Auf dem<br />

Hof werden benachteiligte, traumatisierte und vernachlässigte Kinder und<br />

Jugendliche betreut, deren Lebensalltag schwer beeinträchtigt ist. Im Zuge der<br />

tiergestützten Pädagogik lernen die jungen Menschen durch den behutsamen<br />

Kontaktaufbau mit den vierbeinigen oder gefiederten Freunden, Ängste zu überwinden,<br />

wieder Mut zu fassen und Verantwortung zu übernehmen.<br />

Rund 50 Tiere – von Hunden, über Ziegen,<br />

Schweine und Esel bis hin zu Pferden -<br />

fungieren für die pädagogischen Fachkräfte<br />

des Paulihofs als Co-Therapeuten<br />

bei der Betreuung von Kindern und Jugendlichen.<br />

Bis zu acht Kinder und Jugendliche<br />

können für einen längeren Zeitraum<br />

auf dem Paulihof leben. Die Arbeit<br />

mit den Tieren und klare Strukturen helfen<br />

den Kindern, sich langsam wieder zu öffnen<br />

und neue Perspektiven zu entwickeln.<br />

Die Kinder und Jugendlichen werden in<br />

das Hofleben integriert und müssen sich in<br />

die Gemeinschaft einbringen.<br />

Tiere spiegeln das eigene<br />

Verhalten<br />

Durch die tiergestützte Arbeit können die<br />

Kinder und Jugendlichen neues Selbstbewusstsein<br />

aufbauen. Sie lernen ihre Bedürfnisse<br />

und Grenzen wahrzunehmen.<br />

Das eigene Verhalten wird reflektiert und<br />

die Konzentrationsfähigkeit gestärkt. Der<br />

Abbau von Ängsten und das Trainieren<br />

neuer Verhaltensmuster sind ebenso Ziele<br />

der Arbeit wie die Förderung des Sozialverhaltens.<br />

Zu Beginn der therapeutischen Arbeit<br />

wählen die Kinder und Jugendlichen jeweils<br />

ihr Bezugstier aus, mit dem sie intensiv<br />

arbeiten. Clara beispielsweise hat<br />

sich das Pony Lorenz ausgesucht, obwohl<br />

sie eigentlich Angst vor Pferden hat. Im<br />

Alltag traut sie sich nicht, Wünsche zu äußern<br />

und sagt zu allem einfach „Ja“. Durch<br />

die Arbeit mit dem zutraulichen, aber<br />

manchmal etwas eigensinnigen Lorenz<br />

schafft sie es zunehmend sich durchzusetzen.<br />

Sie hat ihre Angst vor den Pferden<br />

und Ponys abgebaut. Clara arbeitet mit<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

Unterstützung der Pädagogen nun intensiv<br />

daran, ihre Erfahrungen mit dem Pony<br />

auf den Umgang mit Menschen zu übertragen.<br />

Ihr Selbstbewusstsein ist merklich<br />

gestiegen und sie ist richtig aufgeblüht.<br />

Aus der ängstlichen, kaum wahrnehmbaren<br />

Clara ist ein „richtiges“ Mädchen geworden,<br />

das auch mal ein bisschen frech<br />

sein kann.<br />

Leon ist ein schwer traumatisiertes Kind,<br />

das von vielen Ängsten gequält wird. An<br />

der Reaktion „seines Tieres“, dem verschmusten<br />

Ziegenbock Ivan, kann er nun<br />

sein Verhalten ablesen. Es hat Leon sehr<br />

betroffen gemacht, wenn Ivan und die anderen<br />

Tiere erschraken oder sogar davonliefen,<br />

wenn er, typisch für sein Verhalten,<br />

laut schrie. Inzwischen kann Leon im Kontakt<br />

mit den Tieren seine Impulse zunehmend<br />

besser kontrollieren und findet gu-<br />

ten Zugang zu den Tieren. Seine Ängste<br />

werden weniger und umfassen nicht mehr<br />

so viele Lebensbereiche. Die positiven Effekte<br />

im Umgang mit den Tieren spiegeln<br />

sich auch in seinem Verhalten in der Schule<br />

wieder. Dort wird er zunehmend besser<br />

und hat darüber wieder Erfolgserlebnisse.<br />

Tierbegegnungen<br />

Über den stationären Bereich hinaus bietet<br />

der Paulihof ambulante Angebote der<br />

tiergestützten Pädagogik für einzelne Kinder<br />

und Jugendliche sowie für Kinder- und<br />

Jugendgruppen. Beispielsweise besucht<br />

eine Gruppe der Lebenshilfe Aichach mit<br />

körperlich und geistig behinderten jungen<br />

Menschen regelmäßig die Hofstelle. Dabei<br />

geht es darum, dass die Kinder Kontakt<br />

zur Umwelt aufnehmen, Selbstvertrauen


gewinnen und sich auf den Kontakt mit<br />

den Tieren – fühlen und auch sich spüren<br />

– einlassen. Ein Mädchen konnte durch die<br />

Tierbegegnungen ein durch viele Beinoperationen<br />

verursachtes Trauma überwinden.<br />

Sie ließ sich nicht mehr an den Beinen<br />

anfassen. Inzwischen darf sogar eine<br />

kleine Ziege auf ihr „turnen“.<br />

Die Hilfsaktion „Sternstunden – Wir helfen<br />

Kindern“ ermöglicht den Bau einer Therapiehalle<br />

auf dem Paulihof. Dies ist ein<br />

wichtiger Schritt,<br />

um ganzjährig mit<br />

Kindern und Tieren<br />

arbeiten zu können.<br />

Denn schlechtes<br />

Wetter – von Regen<br />

bis Schnee – verwandelte<br />

bisher den<br />

lehmhaltigen Boden<br />

regelmäßig zu einer<br />

kleinen Moorlandschaft,<br />

die das therapeutische<br />

Arbeiten<br />

unmöglich machte.<br />

Tierpatenschaften auf dem Paulihof<br />

Das stete Training und die Versorgung der<br />

Tiere sind eine wichtige Voraussetzung,<br />

um erfolgreich mit den jungen Menschen<br />

arbeiten zu können. Dabei sind Zeit,<br />

Geduld und Liebe ebenso notwendig wie<br />

ausreichende finanzielle Mittel für die laufenden<br />

Kosten vom Futter bis zur tierärztlichen<br />

Versorgung. Deshalb ist der Paulihof<br />

dauerhaft auf die Unterstützung von<br />

Förderern angewiesen.<br />

Eine besondere Möglichkeit dazu ist die<br />

Über<strong>nah</strong>me einer Tierpatenschaft für einzelne<br />

Tiere auf dem Paulihof. Die Schlagersängerin<br />

Claudia Jung und ihre Tochter<br />

Anna gehören beispielsweise zu den Unterstützern<br />

des Paulihofs. So über<strong>nah</strong>m die<br />

Sängerin am Patentag im November 2007<br />

die offizielle Schirmherrschaft für das Projekt<br />

und ihre Tochter ist stolze Patin des<br />

verschmusten Ziegenbocks Ivan geworden.<br />

Was Ihre Patenschaft bedeutet<br />

■ Sie erklären sich bereit, ein Tier gezielt<br />

finanziell zu unterstützen.<br />

■ Sie tragen mit Ihrer regelmäßigen<br />

Spende zur Finanzierung der laufenden<br />

Kosten (Futter, Impfungen, Wurmkuren,<br />

Scherer, Hufschmied etc.) bei.<br />

■ Sie unterstützen die Ausbildung des<br />

Tieres für dessen therapeutischen Einsatz.<br />

■ Sie haben an zwei „Patenschaftswochenenden“<br />

im Jahr die Möglichkeit,<br />

Ihr Patentier zu besuchen.<br />

■ Sie erhalten eine Patenschaftsurkunde.<br />

Übrigens: Sie können eine Tierpatenschaft<br />

auch verschenken. Ebenso können Gruppen,<br />

Firmen oder Vereine Tierpatenschaften<br />

übernehmen.<br />

Zahlen und Standort<br />

8 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />

Bereich tätig.<br />

89 Kinder, Jugendliche und ihre Familien wurden<br />

2007 im Rahmen eines dauerhaften Aufenthaltes<br />

oder von Gruppenbesuchen auf dem Paulihof betreut.<br />

Paulihof – Heilende Pädagogik mit Tieren<br />

Reifersdorfer Straße 2<br />

86556 Kühbach/Unterbernbach<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7810 oder (08257) 99 78 33<br />

paulihof@kinderschutz.de<br />

Claudia Jung, Schirmherrin des Paulihofs<br />

Weitere Informationen zur Tierpatenschaft finden Sie auch auf unserer Internetseite<br />

www.kinderschutz.de.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

21


22<br />

Schule zur sonderpädagogischen Förderung<br />

Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />

Mehr als Mathe, Deutsch und Sport – Eine<br />

besondere Schule für besondere Menschen<br />

Rund 60 Schüler aus Dachau und den umliegenden Landkreisen besuchen die<br />

Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule. Als Schule zur Erziehungshilfe nimmt sie Kinder<br />

und Jugendliche mit einem hohen Förderbedarf im Bereich der emotionalen und<br />

sozialen Entwicklung auf. Diese Schüler sind normal begabt und intelligent – nur<br />

konnte man ihrem außerordentlichen Förderbedarf im Unterricht einer regulären<br />

Grund- und Hauptschule nicht (mehr) gerecht werden. Fälschlicherweise spricht man<br />

oft von „unbeschulbaren“ Kindern – was die Erfahrungen und Erfolge an der<br />

Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule widerlegen.<br />

Die meisten Schüler tragen einen Rucksack<br />

voller sozialer und psychischer Probleme,<br />

teils aufgrund ihrer familiären Geschichte<br />

und Hintergründe, teils aufgrund ihrer<br />

eigenen Persönlichkeitsstrukturen. Viele<br />

befinden sich in ambulanter kinder- und<br />

jugendpsychiatrischer Behandlung oder<br />

haben einen längeren stationären Aufenthalt<br />

hinter sich. Die Diagnosen reichen von<br />

Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-<br />

Störung (ADHS) über Störung des Sozialverhaltens,<br />

Angst- und Tic-Störungen,<br />

Depressionen bis hin zu autistischen Zügen.<br />

Infolgedessen leiden die Kinder oft unter<br />

sozialer Isolation und schulischen Misserfolgen.<br />

Mangelndes Selbstvertrauen,<br />

Rückzugsverhalten, geringes Durchhaltevermögen<br />

gepaart mit geringer Frustrationstoleranz<br />

und eine mangelhafte Gruppen -<br />

fähigkeit sind weitere Auswirkungen.<br />

Voraussetzung für einen erfolgreichen<br />

Schulbesuch trotz dieses „Problempaketes“<br />

ist eine gleichzeitige Jugendhilfemaß<strong>nah</strong>me,<br />

die die Kinder und Jugendlichen dabei unterstützt,<br />

ihre sozialen und emotionalen<br />

Defizite auszugleichen. Einige der Jungen<br />

besuchen daher die ebenfalls auf dem<br />

Grundstück gelegene Heilpädagogische<br />

Tagesstätte, andere werden im Rahmen<br />

einer „Intensiven Sozialpädagogischen<br />

Einzelmaß<strong>nah</strong>me“ in einer Kleingruppe<br />

betreut. Der größte Teil der Schüler, für die<br />

wegen ihrer sozialen und psychischen Problemlagen<br />

ambulante Erziehungs- und<br />

Förderangebote nicht ausreichen, lebt im<br />

benachbarten Amalie-Nacken-Heim. „Bildung“<br />

und „Erziehung“ laufen hier jedoch<br />

nicht nebeneinander her, sondern gehen<br />

Hand in Hand: Gemeinsam mit den sozialpädagogischen<br />

Fachkräften des Heims<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

entwickeln die Lehrkräfte für jedes Kind<br />

und jeden Jugendlichen einen individuellen<br />

Förderplan. Darüber hinaus haben<br />

zahlreiche sozialpädagogische Elemente<br />

wie Sozialtraining Einzug in den Schulalltag<br />

gefunden, Unterrichtsphasen wechseln<br />

sich mit Spiel- und Entspannungsphasen<br />

ab und einzelne Schüler werden im Unterricht<br />

von sozialpädagogischen Fachkräften<br />

begleitet.<br />

Durchgangsstation oder Brücke<br />

ins Berufsleben<br />

In kleinen Klassen der Jahrgangsstufen 3<br />

bis 9 bekommen die Schüler den Unterrichtsstoff<br />

der Grund- und Hauptschulen<br />

vermittelt und haben die Möglichkeit, den<br />

qualifizierenden Hauptschulabschluss zu<br />

erlangen. Eine Schule zur Erziehungshilfe<br />

soll jedoch möglichst eine Durchgangsschule<br />

sein. Intensive Förderung, soziales<br />

Training, Aufbau von Selbstbewusstsein<br />

und Leistungsbereitschaft, sowie eine eng<br />

eingebundene Elternarbeit ermöglichen<br />

zahlreichen Schülern die Rückkehr an eine<br />

Regelschule.<br />

Schüler der Hauptschuloberstufe werden<br />

gezielt auf den Einstieg in das Berufsleben<br />

vorbereitet. Im Umfeld der Schule bestehen<br />

gute Kontakte zu Betrieben, in denen die<br />

Schüler Praktika absolvieren können. Hier<br />

erleben sie, worauf es im Job ankommt,<br />

sie erkennen ihre beruflichen Neigungen<br />

und Fähigkeiten und können einen persönlichen<br />

Eindruck im Betrieb hinterlassen. So<br />

manchem Schulabgänger hat dies schon<br />

den Weg in eine Ausbildung geebnet, wie<br />

auch dem heute 17-jährigen Azubi Jo: „Ich<br />

war damals in der Dr.-Elisabeth-Bamberger-<br />

Schule kein leichter Fall. Ich habe ja keinen<br />

an mich rangelassen. Trotzdem haben<br />

mich die Lehrer nie aufgegeben, sondern<br />

immer wieder versucht, einen Zugang zu<br />

mir zu finden. Schließlich habe ich auch<br />

die Kurve gekriegt. Ich bin froh, dass ich<br />

durch den Kontakt in einem Praktikum<br />

jetzt einen Ausbildungsplatz bekommen<br />

habe.“<br />

Auch der Rückblick auf die Abgangsklasse<br />

des Schuljahrs 2006/07 bestätigt den<br />

Erfolg des Zusammenwirkens von Jugendhilfe<br />

und Schule: Sieben Schüler des<br />

Jahrgangs schlossen die Hauptschule<br />

erfolgreich ab, davon sogar sechs mit dem<br />

„Qualifizierenden Hauptschulabschluss“.<br />

Einer dieser erfolgreichen Abgänger<br />

besucht jetzt eine weiterführende Schule,<br />

drei machen ein Berufsgrundschuljahr und<br />

drei haben bereits eine betriebliche Lehre<br />

begonnen.<br />

Stütz- und Förderklasse<br />

Musterbeispiel einer gelungenen Verzahnung<br />

von Schule und Jugendhilfe ist auch<br />

die Stütz- und Förderklasse (SFK), die seit<br />

dem Schuljahr 2007/08 unter dem Dach<br />

der Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule an-


gesiedelt ist. Fünf bis sechs Grundschüler<br />

mit extrem hohem Förderbedarf – der<br />

auch an anderen Sondereinrichtungen<br />

nicht zu erfüllen war – werden hier<br />

gemeinsam von einer Sonderschullehrerin,<br />

einer Heilpädagogin, Sozialpädagogen und<br />

einem Psychologen ganztags betreut.<br />

Diese intensive Betreuung erweist sich als<br />

äußerst effektiv und erfolgreich und<br />

ermöglicht die schrittweise Rückführung<br />

der Schüler in eine reguläre Schule.<br />

1 + 1 = Eins<br />

Zahlen und Standort<br />

16 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in der<br />

Schule und in der Stütz- und Förderklasse tätig.<br />

3 der Lehrkräfte unterstützen zusätzlich im<br />

Mobilen Sonderpädagogischen Dienst örtliche<br />

Grund-, Haupt- und Realschulen und das<br />

Förderzentrum in Dachau.<br />

60 Schüler besuchten 2007 die Dr.-Elisabeth-<br />

Bamberger-Schule. Davon wurden 5 Schüler in<br />

der Stütz- und Förderklasse betreut.<br />

Zukunftsweisende Integration<br />

von Schule und Jugendhilfe<br />

In Deutschland sind schulische Angebote<br />

und Angebot der Jugendhilfe traditionell<br />

organisatorisch und von ihrer Finanzierung<br />

her weitestgehend getrennte Bereiche.<br />

Schulen arbeiten primär an der Wissensvermittlung,<br />

Jugendhilfe widmet sich der<br />

„Lebenserziehung“. Das isolierte Verhältnis<br />

von Schule und Jugendhilfe führt dazu,<br />

dass ihre Angebote – die sich in großen<br />

Teilen an dieselbe Zielgruppe richten und<br />

sich ergänzen müssten – oft nebeneinander<br />

herlaufen. Damit verpufft ein Teil ihrer<br />

Wirkung ebenso wie Investitionen öffentlicher<br />

Mittel. Was nützt beispielsweise der<br />

beste Förderunterricht, wenn es zugleich<br />

an therapeutischen und sozialpädagogischen<br />

Angeboten fehlt, die bei belasteten<br />

Kindern erst die Bereitschaft zum Lernen<br />

und zu einem sozialen Miteinander in der<br />

Schule wecken könnten?<br />

Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. hat bereits vor vielen<br />

Jahren begonnen, in der engen Kooperation<br />

der Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule und<br />

des Amalie-Nacken-Heims die Angebote<br />

von Jugendhilfe und Schule zu verzahnen.<br />

Auf Basis all der Erfahrungen der letzten<br />

Jahre möchte der Verein diese Integration<br />

nun weiter vorantreiben und optimieren:<br />

Im Angebot einer integrierten Lern- und<br />

Lebenswelt für Kinder und Jugendliche mit<br />

emotionalem und sozialem Förderbedarf.<br />

Das geplante Schulkonzept mit angeschlossenem<br />

Wohnangebot zielt auf ein<br />

differenziertes, sowohl stationäres als<br />

auch ambulantes Angebot für Kinder und<br />

Jugendliche der Klassen 1 bis 9 mit heilpädagogischem<br />

oder therapeutischem<br />

Betreuungsbedarf. Ziel der stationären<br />

Maß<strong>nah</strong>men und der gleichzeitig stattfindenden<br />

intensiven Elternarbeit ist die<br />

Rückkehr der Kinder in ihre Familie beziehungsweise<br />

die Vorbereitung auf ein selbständiges<br />

und eigenverantwortliches<br />

Leben. Das ganzheitliche Angebot steht<br />

dabei nicht nur den in den Wohngruppen<br />

lebenden Kindern und Jugendlichen offen.<br />

Auch zahlreiche „externe“ Schülerinnen<br />

und Schüler werden das Ganztagsprogramm<br />

wahrnehmen und am Ende des<br />

Tages in ihre Familien zurückkehren können.<br />

Kern der geplanten „Lern- und Lebenswelt“<br />

ist ein Ganztagskonzept, das die<br />

praktische Verzahnung von Schule und<br />

Jugendhilfe im Tagesablauf ermöglicht. Ein<br />

strikt durchgängiges Schulprogramm am<br />

Vormittag erweist sich erfahrungsgemäß<br />

für die unter Verhaltensauffälligkeiten und<br />

Entwicklungsrückständen leidenden Kinder<br />

als ungeeignet. Ein durch Spiel- und Frei-<br />

Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />

Hermann-Stockmann-Straße 13<br />

85221 Dachau<br />

Tel. (089) 23 17 16 -8910<br />

bamberger-schule@kinderschutz.de<br />

Stütz- und Förderklassen<br />

Hermann-Stockmann-Straße 13<br />

85221 Dachau<br />

Tel. (089) 23 17 16 -8310<br />

sfk@kinderschutz.de<br />

zeiteinheiten, Schulblöcke sowie therapeutische<br />

und heilpädagogische Phasen<br />

gegliederter Tag kommt daher der Leistungsentwicklung<br />

der Schülerinnen und<br />

Schüler ebenso zugute wie der Entwicklung<br />

ihrer sozialen und emotionalen Fähigkeiten.<br />

Ein durchgehend strukturierter<br />

Tagesablauf bietet zudem Halt und Orientierung<br />

– was für Kinder, die aus extremer<br />

Strukturlosigkeit kommen, ganz entscheidend<br />

ist. Auch ist durch das Ganztagsprogramm<br />

mehr Zeit vorhanden, sich den<br />

individuellen Problemen ebenso wie den<br />

Neigungen und Interessen der Schülerinnen<br />

und Schülern zuzuwenden.<br />

Die bestehenden Gebäude der Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule<br />

und des Amalie-<br />

Nacken-Heims in der Dachauer Herrmann-<br />

Stockmann-Straße sind nach mehr als 30<br />

Jahren Betrieb marode. Eine Sanierung<br />

kommt aus wirtschaftlicher Sicht nicht<br />

mehr in Frage. Der Verein nutzt diese<br />

Situation als Chance und hat bereits mit<br />

den Planungen für einen Neubau begonnen,<br />

in dem die Integration von Schule und<br />

Jugendhilfe im Rahmen eines Ganztagskonzeptes<br />

optimal umgesetzt werden<br />

kann.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

23


24<br />

Stationäre Erziehungsangebote und betreute Wohnformen<br />

Amalie-Nacken-Heim<br />

In der Heimat auf Zeit keimen Vertrauen<br />

und Zukunftsperspektiven<br />

Wenn Kinder sich auffällig oder antisozial<br />

verhalten, ist das meist ein Hilfeschrei.<br />

Oftmals ist unsere Gesellschaft aber so<br />

laut, dass wir solche Schreie nicht wahrnehmen.<br />

Die Hilferufe der rund vierzig<br />

Jungen, die im Amalie-Nacken-Heim ein<br />

Zuhause finden, wurden gehört. Hier<br />

erhalten sie Hilfe und Förderung in ihrer<br />

individuellen Krise. Sie lernen und erfahren<br />

in einer vertrauensvollen und geborgenen<br />

Umgebung das, worauf sie in ihrem<br />

bekannten Umfeld vielfach keine Chance<br />

hätten: Vertrauen, Erfolg, Selbstwert -<br />

gefühl, Motivation, einen Schulabschluss<br />

und Perspektiven. Das ist besonders in jungen<br />

Jahren notwendig, um nicht in einen<br />

Lebens(kreis)lauf aus Misserfolgen und<br />

Verzweiflung zu geraten, der dann allzu<br />

oft in Isolation oder sogar Gewalt mündet.<br />

Die Jungen im Alter zwischen sieben und<br />

15 Jahren leben zu maximal neunt in den<br />

heilpädagogischen und therapeutischen<br />

Wohngruppen des Heims. Das bisherige<br />

(Familien-)Leben dieser Kinder und<br />

Jugendlichen ist oft gekennzeichnet von<br />

Beziehungsabbrüchen und seelischen<br />

Verletzungen. Viele haben Scheidung,<br />

Gewalt oder Sucht im Elternhaus erlebt.<br />

Andere leiden aufgrund ihrer Persönlichkeitsstrukturen<br />

unter sozialen und emotionalen<br />

Defiziten. Verhaltensauffälligkeiten<br />

und Entwicklungsstörungen können<br />

sowohl Folge als auch Ursache sein, dass<br />

Eltern vollkommen mit ihrer Erziehungsaufgabe<br />

überfordert sind.<br />

Grenzen schaffen Halt und<br />

Sicherheit<br />

Mittwochnachmittag im Amalie-Nacken-<br />

Heim. Boris kommt gerade von einem<br />

therapeutischen Familiengespräch in seine<br />

Wohngruppe zurück. Er braucht jetzt<br />

unbedingt Ablenkung. Die anderen Jungs<br />

haben sich um den Tischkicker geschart.<br />

Die Plätze in einem der beiden Kickerteams<br />

sind heiß begehrt. Darum wird lautstark<br />

verhandelt, wer wie lange spielen<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

darf. Betreuer Martin lässt das die Jungs<br />

unter sich ausmachen, solange keiner<br />

unfair oder zu aggressiv wird. Die Jungen<br />

würden nach der ruhigen Hausaufgabenstunde<br />

am liebsten auf dem Bolzplatz<br />

toben, sich miteinander messen und ihre<br />

Muskeln spielen lassen. Doch an diesem<br />

verregneten Tag muss Mini-Fußball genügen<br />

– bis in zwei Stunden endlich der<br />

wöchentliche Videoabend beginnt.<br />

Die Jungen führen im Amalie-Nacken-<br />

Heim ein sehr strukturiertes Leben. Pädagogische<br />

Rituale, Regeln in den Gruppen<br />

aber auch feste Vereinbarungen mit den<br />

einzelnen Kindern und Jugendlichen sowie<br />

den Familien sind zentraler Bestandteil der<br />

heilpädagogischen und therapeutischen<br />

Maß<strong>nah</strong>men. Was einem Außenstehenden<br />

übertrieben streng erscheinen mag ist genau<br />

das, was diese Jungen brauchen: einen<br />

verlässlichen Rahmen, an dessen Grenzen<br />

sie schon einmal stoßen, der ihnen jedoch<br />

Halt und Sicherheit gibt. Dafür erfahren<br />

sie hier auch persönliche Verlässlichkeit,<br />

Geborgenheit und Verständnis.<br />

Kind und Familie<br />

auf den Weg helfen<br />

Vorrangiges Ziel ist es, durch gleichzeitige<br />

intensive Elternarbeit die Erziehungs -<br />

fähigkeit in der Familie des einzelnen Kindes<br />

zu stärken, so dass eine Rückkehr<br />

möglich ist. Doch auch die Entwicklung<br />

der Jungen während des Heimaufenthalts<br />

wird in den altersgemischten Gruppen gefördert.<br />

Sie erleben soziales Zusammen-<br />

leben mit allen Bereicherungen, Rücksichten<br />

und Pflichten. Rechtzeitig aufstehen,<br />

Körperpflege, Kleidungswechsel,<br />

Ordnung halten, Saubermachen, Umgang<br />

mit Taschengeld, Einkaufen, Kochen etc. –<br />

all dies wird eingeübt und macht die<br />

jungen Menschen „alltagstauglich“.<br />

Etwa zwei Drittel der Jungen besuchen die<br />

benachbarte Dr.-Elisabeth-Bamberger-<br />

Schule, eine Schule zur Erziehungshilfe.<br />

Lehrkräfte und Fachkräfte des Heims<br />

können dadurch eng zusammen wirken in<br />

der Betreuung der Kinder: Nicht nur, indem<br />

sie die individuellen Förderpläne<br />

gemeinsam erarbeiten und sich regelmäßig<br />

über die Situation in Schule, Heim und<br />

Familie austauschen. Jugendhilfe hält<br />

direkt Einzug in den Unterricht der<br />

Förderschüler. Wenn die Jungs im Fach<br />

„Sozialtraining“ lernen, Krisen zu reflektieren<br />

und in Konfliktsituationen fair<br />

miteinander umzugehen, dann lernen sie<br />

nicht für die Schule und nicht (nur) für<br />

das Miteinander im Heim – sondern für<br />

ihr Leben.<br />

Zahlen und Standort<br />

39 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in dem<br />

Bereich tätig.<br />

61 Kinder und Jugendliche zwischen<br />

9 und 16 Jahren wohnten 2007 im<br />

Amalie-Nacken-Heim.<br />

Amalie-Nacken-Heim<br />

Hermann-Stockmann-Straße 13<br />

85221 Dachau<br />

Tel. (089) 23 17 16 -8410<br />

amalie-nacken-heim@kinderschutz.de


Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen (SBW)<br />

und Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung (ISE)<br />

Leben lernen<br />

Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen (SBW) und Intensive Sozialpädagogische<br />

Einzelbetreuung (ISE) sind stationäre Angebote der Jugendhilfe, in denen Jugendliche<br />

in der Regel ab 16 Jahren in vom <strong>Kinderschutz</strong> e.V. angemieteten Wohnungen<br />

betreut werden. Die Jugendlichen wohnen entweder alleine in Appartements oder<br />

in Wohngemeinschaften mit bis zu drei Jugendlichen.<br />

Im SBW oder in der ISE werden junge<br />

Menschen betreut, die nicht oder nicht<br />

mehr in größeren Gruppen leben können<br />

oder wollen und ein durch eine sozialpädagogische<br />

Bezugsperson begleitetes<br />

spezielles Betreuungsumfeld brauchen. Sie<br />

werden wöchentlich zwischen acht und<br />

15 Stunden betreut, je nach ihren Bedürfnissen.<br />

Häufig handelt es sich um junge<br />

Menschen mit sogenannten „Multiproblemlagen“,<br />

also Schwierigkeiten in<br />

verschiedenen persönlichen Bereichen, in<br />

unterschiedlichen Situationen und Lebenslagen.<br />

Ihnen kann durch diese intensive<br />

Form der Betreuung individuell und flexibel<br />

begegnet werden. Inhalt der Betreuung<br />

kann es auch sein, die Jugendlichen in<br />

weiterführende Hilfen wie z.B. eine Therapie<br />

zu vermitteln bzw. sie zur An<strong>nah</strong>me<br />

solcher Hilfen zu motivieren.<br />

Ein Weg aus der Isolation<br />

Alexander ist 18 und lebt seit einem Jahr<br />

in einem Appartement des SBW. Er ist ein<br />

Einzelgänger, die Geschichte seiner Jugend<br />

von Zurückweisungen geprägt. Seine Mutter<br />

hatte den Kontakt zu ihm schon früh ab-<br />

gebrochen. Sein einziger Sozialkontakt in<br />

der Kindheit war sein Onkel, bei dem er<br />

aufwuchs. Eines Tages jedoch war dem<br />

„Pflegeonkel“ die neue Partnerschaft wichtiger<br />

als Alexander und er wollte den<br />

Jungen nicht mehr bei sich haben.<br />

Alexander war gerade einmal 14 Jahre alt.<br />

Er lebte daraufhin drei Jahre lang in verschiedenen<br />

Wohngruppen. Wohl gefühlt<br />

hat er sich dort nicht.<br />

Der junge Mann wirkt äußerlich sehr<br />

angepasst und sucht hauptsächlich<br />

Kontakt zu Erwachsenen – zu Jugendlichen<br />

seines Alters kann er hingegen nur<br />

schwer Kontakte aufbauen. Alexander hat<br />

einen Realschulabschluss. In einer bereits<br />

begonnenen Lehre konnte er den Belastungen<br />

des Alltags jedoch nicht standgehalten<br />

und brach die Ausbildung ab. Ein<br />

Sozialpädagoge im SBW übernimmt vielfältige<br />

Aufgaben in der Betreuung des<br />

Jugendlichen: Alexander benötigt Unterstützung<br />

bei der Berufsfindung, in der<br />

selbständigen Führung eines Haushalts, im<br />

Umgang mit Geld und bei vielen anderen<br />

„alltäglichen“ Dingen. Er muss all das lernen,<br />

was Jugendliche normalerweise aus dem<br />

Auch Gruppenaktivitäten wie Gitarrenkurse<br />

gehören zum Angebot des SWB. Sie schaffen den<br />

Jugendlichen einen Raum für gemeinsame<br />

Erlebnisse.<br />

Elternhaus oder ihrem sozialen Umfeld<br />

mitbekommen, bevor sie flügge werden.<br />

Übergeordnetes Ziel ist es jedoch,<br />

gemeinsam mit Alexander nach Wegen zu<br />

suchen, die ihn aus seiner Isolation führen<br />

und ihm Kontakte zu Gleichaltrigen<br />

ermöglichen.<br />

Bei Bedarf auch intensiv<br />

Die Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung<br />

ISE unterscheidet sich vom<br />

sozialpädagogisch Betreuten Wohnen<br />

(SBW) hinsichtlich der Ausgangslage der<br />

Klienten und damit im Betreuungsumfang:<br />

Die jungen Menschen, die im Rahmen der<br />

ISE betreut werden haben meist keinen<br />

Schulabschluss, große Probleme mit der<br />

Alltagsstruktur und bedürfen oft aufgrund<br />

von psychischen Erkrankungen einer intensiveren<br />

Betreuung. Sowohl im SBW wie<br />

auch im ISE wird – bei Volljährigen nur<br />

mit deren Zustimmung – versucht, auch<br />

mit den Eltern der Jugendlichen zu arbeiten<br />

um wichtige Familienbindungen zu stärken.<br />

Zahlen und Standort<br />

19 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />

Bereich tätig.<br />

41 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene<br />

wurden 2007 im Rahmen des Angebotes betreut.<br />

Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen /<br />

Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung<br />

Kathi-Kobus-Straße 11<br />

80797 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -9010<br />

sbw-ise@kinderschutz.de<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

25


26<br />

Stationäre Erziehungsangebote und betreute Wohnformen<br />

Kurt-Seelmann-Wohngruppen<br />

Tür an Tür mit Alex –<br />

junge Menschen lernen<br />

Selbständigkeit im Miteinander<br />

Eine ruhige Straße, ein Gartentor, ein kleines<br />

Rasenstück – von außen strahlt das Häuschen<br />

im Karlsfelder Wohngebiet normale<br />

Familienidylle aus. Innen eigentlich auch –<br />

nur dass die „Kinder“ keine Geschwister<br />

sind und sozialpädagogische Fachkräfte<br />

die Betreuung übernehmen. Dieses und ein<br />

weiteres Haus in Karlsfeld <strong>nah</strong>e Dachau<br />

sind sozusagen heilpädagogische „Mini-<br />

Heime“. Ruhig, glücklich und friedlich geht<br />

es hier – wie in jeder Familie – nicht immer<br />

zu. Massive soziale und emotionale Belastungen<br />

prägten die Kindheit und Jugend<br />

der Bewohnerinnen und Bewohner. In der<br />

Wohngruppe finden sie nun einen Ort, an<br />

dem sie Geborgenheit, Zuverlässigkeit und<br />

klare Strukturen erfahren. Hier werden sie<br />

gefördert und gefordert.<br />

Für die Vermittlung der Jugendlichen in<br />

die Wohngruppe ist das Jugendamt zuständig.<br />

Gründe für die Auf<strong>nah</strong>me der<br />

Jungen und Mädchen sind meist seelische<br />

Verletzungen und Verwahrlosungstendenzen.<br />

Die Entwicklungs- und Sozialisations -<br />

defizite der jungen Menschen äußern sich<br />

unterschiedlich. Manche können ihre<br />

Aggressionen nicht kontrollieren und<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

zerstören zum Beispiel sinnlos Gegenstände.<br />

Andere haben Schwierigkeiten im<br />

gesellschaftlichen Umgang, leben total<br />

isoliert und ziehen sich bis zur völligen<br />

Vereinsamung zurück. Die meisten haben<br />

massive Schulprobleme und sehen einer<br />

unsicheren Zukunft entgegen.<br />

Stabilität durch einen<br />

strukturierten Tag<br />

In zwei heilpädagogischen Wohngruppen<br />

leben jeweils acht Kinder und Jugendliche<br />

im Alter von acht bis achtzehn Jahren. Sie<br />

werden von einem Team aus sozialpädagogischen<br />

und psychologischen Fachkräften<br />

rund um die Uhr betreut. Ein geregelter<br />

Tagesablauf mit beispielsweise gemeinsamen<br />

Mahlzeiten, Freizeitaktivitäten, Zeiten<br />

der Hausaufgabenbetreuung sowie individuellen<br />

Lernzeiten bietet den stabilisierenden<br />

Rahmen, den die jungen Menschen<br />

brauchen, um sich weiter entwickeln zu<br />

können.<br />

Gemeinsame Freizeitaktivitäten wie Spielangebote,<br />

Ausflüge oder Ferienfreizeiten<br />

stärken den Zusammenhalt der jungen<br />

Menschen und sind Übungsfelder, in denen<br />

sie sich im sozialen<br />

Miteinander erproben<br />

können.<br />

Die Kurt-Seelmann-<br />

Wohngruppen bieten<br />

den Kindern<br />

und Jugendlichen<br />

in erster Linie einen<br />

geschützten, strukturierten<br />

Rahmen,<br />

in dem sie sich ihrem<br />

Alter entsprechend<br />

entwickeln<br />

können. Hier können<br />

sie lernen, ein<br />

selbständiges und<br />

selbstbewusstes<br />

Leben zu führen. In<br />

Einzelfällen kann es Ziel der stationären<br />

Unterbringung sein, durch Entzerrung der<br />

familiären Situation die Verhältnisse zu<br />

entspannen und den Jugendlichen nach<br />

intensiver Arbeit mit den Eltern wieder in<br />

die Familie einzugliedern.<br />

2007 war für die Kurt-Seelmann-Wohngruppen<br />

ein sehr erfolgreiches Jahr. Alle<br />

Jugendlichen haben ihr Klassenziel<br />

erreicht bzw. ihre Schule erfolgreich<br />

abgeschlossen, wobei auch Realschüler<br />

und Gymnasiasten ihren schulischen<br />

Anforderungen gewachsen waren. Vier<br />

Jugendliche konnten in Berufsfördermaß<strong>nah</strong>men<br />

vermittelt werden, ebenso viele<br />

begannen im September eine Lehre, unter<br />

anderem zur Erzieherin und zum Kfz-<br />

Mechatroniker. Für sieben Jugendliche<br />

hieß es letztes Jahr Abschied nehmen. Sie<br />

konnten in eigene Wohnungen umziehen<br />

und werden von sozialpädagogischen<br />

Fachkräften der Kurt-Seelmann-Wohngruppen<br />

nur noch wenige Stunden<br />

wöchentlich betreut.<br />

Zahlen und Standort<br />

19 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />

Bereich tätig.<br />

20 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene<br />

zwischen 8 und 18 Jahren wurden 2007 in den<br />

Wohngruppen betreut.<br />

Kurt-Seelmann-Wohngruppen<br />

Burgfriedenstraße 34a<br />

85221 Dachau<br />

Tel. (089) 23 17 16 -8110<br />

wohngruppen@kinderschutz.de


Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen<br />

für Mutter/Vater und Kind (MVK)<br />

Wenn die Kraft für zwei<br />

(noch) nicht reicht<br />

6.163 Mütter waren laut statistischem Bundesamt im Jahr 2006 noch minderjährig,<br />

als sie ihr Kind zur Welt brachten. Zwar sank die jährliche Anzahl der<br />

Teenagerschwangerschaften in den vergangenen Jahren stetig um einige Hundert,<br />

dennoch: von etwa 100 Neugeborenen hat eines eine Mutter unter 18 – und auch<br />

der Vater des Kindes ist oftmals noch minderjährig.<br />

Nicht immer kommen die selbst noch<br />

heranwachsenden Mütter und Väter so<br />

unerwartet früh mit dem „Elternsein“ zurecht.<br />

Wenn die Partnerschaft intakt ist,<br />

sind viele junge Eltern ihrer neuen Aufgabe<br />

mit etwas Hilfe häufig gewachsen. Oft<br />

werden sie auch von helfenden Händen<br />

aus der Familie unterstützt. Was aber,<br />

wenn die minderjährigen Mamas und<br />

Papas ohne Partner oder Partnerin dastehen<br />

und ihr eigenes Leben noch nicht im Griff<br />

haben?<br />

Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. unterstützt und hilft<br />

alleinerziehenden Müttern und Vätern ab<br />

16 Jahren und deren Kind(ern) im Rahmen<br />

des sozialpädagogisch betreuten Wohnens<br />

für Mut-ter/Vater und Kind (MVK). Die<br />

betreuten kleinen Familien leben möglichst<br />

selbständig in vom <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

angemieteten Wohnungen und werden<br />

jeweils durch ein oder auch zwei Betreuerinnen<br />

bedarfsorientiert unterstützt.<br />

Reif für Familie?<br />

Die betreuten Alleinerziehenden benötigen<br />

aufgrund ihres Alters und/oder<br />

schwierigen Lebenslagen sozialpädagogische<br />

Hilfe, Orientierung und Rat, um ihr<br />

Kleinkind adäquat versorgen zu können.<br />

Doch nicht nur um die Kindererziehung zu<br />

bewältigen, sondern auch um ihr eigenes<br />

Leben zu meistern, ihre Schul- oder Ausbildungssituation<br />

zu klären oder ggf. eine<br />

weiterführende Hilfe wie z.B. eine Therapie<br />

zu finden, erhalten diese Eltern Unterstützung.<br />

Da die Beziehung zum Vater<br />

bzw. zur Mutter des Kindes oft in Scherben<br />

liegt, erhalten die jungen Männer und<br />

Frauen auch in der Überwindung dieser<br />

Gräben Beistand, so dass das Kind möglichst<br />

zu beiden Elternteilen eine Beziehung<br />

aufbauen kann. Auch der oder die<br />

neue Partner/in wird einbezogen.<br />

Perspektiven entwickeln<br />

Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. betreut im MVK<br />

zahlreiche junge Mütter mit Migrationshintergrund.<br />

Sie leiden neben sprachlichen<br />

Problemen und Isolation oftmals unter<br />

unverarbeiteten Traumata – wie die 19jährige<br />

Aishe. Sie ist aus ihrer Heimat<br />

Äthiopien geflohen und wurde bereits<br />

während der Schwangerschaft betreut.<br />

Ihre Tochter ist jetzt 18<br />

Monate alt. Die junge Frau<br />

leidet seit sie in Deutschland<br />

ist unter Alpträumen.<br />

Über ihre Fluchtgeschichte<br />

kann und will sie nicht<br />

sprechen. Nachdem Aishe<br />

anfänglich extrem misstrauisch<br />

war und sich niemandem<br />

öffnete, hat sie<br />

inzwischen Vertrauen zu<br />

ihrer Betreuerin gefasst.<br />

Um ihre Vergangenheit zu<br />

bewältigen und sich für ein selbständiges<br />

Leben mit ihrer Tochter zu stärken, hat sie<br />

mittlerweile einer Therapie zugestimmt.<br />

Zwei Termine hat sie bereits wahrgenommen.<br />

Auch beruflich hat sich Aishe inzwischen<br />

Ziele gesteckt. Sie besucht nun einen<br />

Deutschkurs und ihre Tochter konnte mit<br />

Unterstützung der Betreuerin halbtags in<br />

einer Kinderkrippe untergebracht werden.<br />

Höhepunkt der Woche ist für Aishe die<br />

Nähgruppe im Haus des MVK. Hier hat sie<br />

ihr Talent für Handarbeit entdeckt. Sie ist<br />

stolz auf ihre Fähigkeiten, entwirft und<br />

näht Kleidung für sich und ihre Tochter<br />

und gibt den anderen Frauen in der Gruppe<br />

Ratschläge. Sie hofft, mit ein bisschen<br />

Übung so gut zu werden, dass es für einen<br />

Job, z.B. eine Ausbildung in einer Änderungsschneiderei,<br />

reicht. In der Nähgruppe<br />

hat Aishe auch erstmals seit sie in<br />

Deutschland ist eine Freundin gefunden,<br />

mit der sie sich treffen, über Kinderkrankheiten<br />

und Mode aber auch über die Freuden<br />

und Schwierigkeiten des Alltags austauschen<br />

kann.<br />

Zahlen und Standort<br />

11 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />

Bereich tätig.<br />

20 Mütter und Väter wurden mit ihren Kindern<br />

2007 betreut und begleitet.<br />

Sozialpädagogisch Betreutes Wohnen für<br />

Mutter/Vater und Kind<br />

Olga-Heerdegen-Haus<br />

Heimperthstraße 13<br />

80935 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -9010<br />

mvk@kinderschutz.de<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

27


28<br />

Stationäre Erziehungsangebote und betreute Wohnformen<br />

NahRaum<br />

„Konstruktive Auszeit“ für die Familie<br />

Die sozialräumliche Wohngruppe NahRaum<br />

wurde im September 2007 eröffnet und<br />

bietet Betreuung für bis zu acht Kinder,<br />

Jugendliche und deren Familien. Das<br />

Modellprojekt wurde in enger Kooperation<br />

mit dem Stadtjugendamt München und<br />

zwei Sozialbürgerhäusern entwickelt.<br />

Sozialräumlich bedeutet, dass in NahRaum<br />

nur Kinder und Jugendliche aus den<br />

Sozialregionen Feldmoching/Hasenbergl<br />

und Milbertshofen/Am Hart/Harthof aufgenommen<br />

werden, die aufgrund einer<br />

Krise vorübergehend nicht bei ihren Eltern<br />

leben können. Wenn Platz in NahRaum ist,<br />

kann ein Kind sofort aufgenommen werden.<br />

In einem begrenzten Zeitraum von maximal<br />

sechs Monaten wird auf der Basis<br />

eines fundierten Clearings intensiv mit der<br />

Familie gearbeitet. Ziel ist es, den Kindern<br />

schnell wieder ein Leben zuhause zu ermöglichen.<br />

Eine erfolgreiche Unterstützung<br />

durch NahRaum verhindert im besten<br />

Fall einen kostspieligen dauerhaften<br />

Heimaufenthalt.<br />

Eltern bleiben in der<br />

Verantwortung<br />

Die Eltern sind intensiv am Leben in der<br />

Wohngruppe beteiligt und werden dabei<br />

in Gesprächen beraten als auch in Alltagssituationen<br />

begleitet. Zusätzlich zu<br />

der Arbeit mit Kind und Eltern in NahRaum<br />

erhalten die Eltern Unterstützung durch<br />

die Ambulante Erziehungshilfe (AEH), die<br />

spätestens mit Beginn der Auf<strong>nah</strong>me des<br />

Kindes in NahRaum installiert wird.<br />

NahRaum und AEH arbeiten abgestimmt<br />

und eng zusammen, um eine größtmögliche<br />

Kontinuität im Betreuungsprozess und den<br />

Erfolg der „konstruktiven Auszeit“ sicher<br />

zu stellen.<br />

Beispielsweise wurden die drei Geschwister<br />

Lukas, Jessika und Marie in NahRaum aufgenommen.<br />

Ihre Eltern leben getrennt. Die<br />

Mutter ist mit der Erziehung der Kinder<br />

zeitweise vollkommen überfordert. Zwischen<br />

den Eltern ist kaum noch ein<br />

freundliches Wort möglich, nur das nötigste<br />

wird besprochen. Das belastet nicht<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

nur die Mutter, sondern auch die Kinder.<br />

Besonders Lukas, mit neun Jahren der älteste,<br />

leidet sehr darunter, seinen Vater<br />

nicht mehr so oft zu sehen. Er versteht<br />

nicht, warum die Familie nicht mehr zusammen<br />

leben kann.<br />

Vertrautes bewahren und neue<br />

Bezüge herstellen<br />

Die Kinder können durch die wohnort<strong>nah</strong>e<br />

Unterbringung weiterhin ihren Kindergarten,<br />

ihre Schule und ihren Hort<br />

besuchen und verlieren so nicht den Bezug<br />

zu Schulfreunden, Lehrerinnen und<br />

Lehrern sowie weiteren Bezugspersonen.<br />

In NahRaum haben die Geschwister auch<br />

weiterhin regelmäßig Kontakt zu ihren Eltern,<br />

die in ihrer Erziehungsverantwortung<br />

bleiben. Eigentlich geht das Familienleben<br />

zu großen Teilen weiter – aber in einem<br />

geschützten Raum: Die Mutter bringt<br />

morgens z.B. Lukas zum Schulbus, am<br />

Nachmittag kommt sie in die Wohngruppe,<br />

um mit Jessika und Marie zu spielen.<br />

Gemeinsam mit einer Sozialpädagogin erarbeitet<br />

sie Möglichkeiten einer sinnvollen<br />

und dem Alter ihrer Kinder angemessenen<br />

Freizeitbeschäftigung. Beim gemeinsamen<br />

Kochen nähern sich Mutter und Sohn mit<br />

Unterstützung der Betreuerin langsam<br />

wieder an.<br />

Der Vater der Kinder kommt regelmäßig,<br />

um am Abendessen teilzunehmen und anschließend<br />

die Kinder ins Bett zu bringen.<br />

Schwierige Situationen werden zeit<strong>nah</strong><br />

gemeinsam geklärt und mit dem jeweiligen<br />

Elternteil Lösungen erarbeitet, was zu einer<br />

Verbesserung der familiären Situation beitragen<br />

kann. Bereits nach wenigen Wochen<br />

zeigen sich sowohl im Verhalten der<br />

Kinder, wie auch im Umgang der Mutter<br />

bzw. des Vaters mit den Kindern erste<br />

Erfolge und die Rückführung der Kinder<br />

kann schrittweise begonnen werden.<br />

Zahlen und Standort<br />

10 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />

Bereich tätig.<br />

6 Kinder, Jugendliche und deren Familien wurden<br />

2007 im Rahmen des Projekts unterstützt und<br />

begleitet.<br />

NahRaum<br />

Olga-Heerdegen-Haus<br />

Heimperthstraße 13a<br />

80935 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -7540<br />

<strong>nah</strong>raum@kinderschutz.de


Vormundschaft<br />

Vormundschaften und Pflegschaften<br />

Auf die Weichenstellung kommt es an<br />

Ein Vormund oder Pfleger wird vom Vormundschaftsgericht<br />

bestellt, wenn die<br />

gesetzliche Vertretung des Kindes von den<br />

Eltern nicht oder nur in Teilbereichen ausgeübt<br />

werden kann. Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

ist mit Vormundschaften für etwa 75<br />

Kinder und Jugendliche betraut. Eine<br />

Sozialpädagogin und ein Sozialpädagoge<br />

erfüllen ganz oder in Teilbereichen die<br />

Personensorge, d.h. die Pflege, Erziehung,<br />

Beaufsichtigung und Aufenthaltsortbestimmung<br />

eines jungen Menschen die<br />

Vertretung in allen Rechtsgeschäften und<br />

die Vermögenssorge. Sie sind auch für die<br />

Organisation von geeigneten Hilfen, die<br />

Kooperation mit Schule, Ausbildungsbetrieb,<br />

Eltern sowie dem sozialen Umfeld<br />

verantwortlich.<br />

Oftmals stellen Pfleger und Vormunde<br />

ganz maßgebliche Weichen im Leben der<br />

Mündel. Der 9-jährige Sebastian würde<br />

heute eine andere Schullaufbahn verfolgen,<br />

hätte sein Pfleger nicht das Potenzial<br />

gesehen, das in dem quirligen Jungen<br />

steckte. Sebastian lebt bei Pflegeeltern,<br />

die Pflegschaft für den Bereich „Regelung<br />

der schulischen Belange“ wurde dem<br />

<strong>Kinderschutz</strong> e.V. übertragen. Bei der<br />

Einschulung hatte der betreuende Sozialpädagoge<br />

die Schulwahl zu treffen.<br />

Sebastian besuchte seit zwei Jahren eine<br />

Heilpädagogische Tagesstätte. Sein Betreuer<br />

in der HPT beschrieb den Jungen als<br />

intelligent. Allerdings sei er sehr unruhig<br />

und lasse sich leicht ablenken. Da eine<br />

reguläre Grundschule mit großen Klassen<br />

den „Problemjungen“ vermutlich vollkommen<br />

überfordern würde, empfahl er eine<br />

Schule zur Erziehungshilfe.<br />

Der mit der Pflegschaft betraute Mitarbeiter<br />

bestand jedoch darauf, der Einschätzung<br />

der Pflegeeltern zu vertrauen<br />

und den künftigen ABC-Schützen mit<br />

Zustimmung des Rektors in die nächstgelegene<br />

Grundschule einzuschulen. Heute,<br />

in der 3. Klasse, sind seine Noten „gut“ bis<br />

„sehr gut“. Sein Sozialverhalten und seine<br />

Lern- und Arbeitsmotivation werden gelobt.<br />

Sebastian kann sehr wahrscheinlich<br />

nach der 4. Klasse auf ein Gymnasium<br />

wechseln.<br />

Vormundschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge<br />

Allein in einem fremden Land<br />

Eine Sonderform der Vormundschaft ist<br />

die Sorge für unbegleitete minderjährige<br />

Flüchtlinge (UmF). Diese sind nach Flucht<br />

vor Krieg, Verfolgung, Vertreibung, Gewalt,<br />

Hunger oder Naturkatastrophen nach<br />

Deutschland gelangt. So wurden sie von<br />

ihrer Familie, ihren Freunden und ihrer<br />

Heimat abgeschnitten. Der weitere Lebensweg<br />

ist für sie völlig ungewiss. Die<br />

entwurzelten Kinder und Jugendlichen<br />

brauchen insbesondere Unterstützung bei<br />

der Beantragung von Asyl, bei der Sicherung<br />

ihres Lebensunterhalts und der Entwicklung<br />

neuer Perspektiven. Zwei Juristinnen<br />

mit Schwerpunkt Ausländerrecht<br />

sind beim <strong>Kinderschutz</strong> e.V. für etwa 45<br />

Minderjährige, die ohne sorgeberechtigte<br />

Begleitung nach Deutschland geflohen<br />

sind, Helferinnen in allen Lebenslagen.<br />

Oft wurden die jungen Flüchtlinge von<br />

Schleppern aus krisengeschüttelten Ländern<br />

wie bei-spielsweise dem Irak, Afghanistan,<br />

Äthiopien, Sierra Leone, Somalia<br />

oder dem Kongo nach Deutschland geschleust.<br />

Aus ihrer Heimat und den Tagen<br />

oder sogar Wochen ihrer Flucht haben sie<br />

unterschiedlichste Erfahrungen mitgebracht.<br />

Viele sind traumatisiert, sei es<br />

durch Kriegserlebnisse, weil sie Gewalt<br />

ausgesetzt waren, als Kindersoldaten dienen<br />

mussten, vergewaltigt wurden oder<br />

auf der Flucht traumatisierende Situationen<br />

erlebt haben. Um damit umgehen zu<br />

können, benötigen sie Sicherheit in ihrem<br />

persönlichen Umfeld. Die Betreuerinnen<br />

des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. fördern diese<br />

Sicherheit und Geborgenheit, indem sie<br />

stabile Beziehungen pflegen und die jungen<br />

Menschen bei der Organisation ihres<br />

Lebensalltags unterstützen.<br />

Auch in Deutschland haben die jungen<br />

Menschen einige Hürden zu überwinden:<br />

Falls sie nicht gleich „untertauchen“,<br />

werden sie in der Erstauf<strong>nah</strong>meeinrichtung<br />

durch das Jugendamt in Obhut<br />

genommen. Nach einem Zeitraum von oft<br />

mehreren Monaten bestellt das Vormundschaftsgericht<br />

einen Vormund. Jugendliche<br />

über 16 Jahre bleiben dann oft in der Gemeinschaftsunterkunft.<br />

Wird keine<br />

Jugendhilfe gewährt, müssen sie sich sogar<br />

ohne Betreuung hier zurechtfinden.<br />

Für die Mündel üben die Mitarbeiterinnen<br />

des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. in Zusammenarbeit<br />

mit dem Jugendamt und den betreuenden<br />

Einrichtungen die Personensorge aus. Sie<br />

kümmern sich darum, dass die Jugendlichen<br />

deutsch lernen, zur Schule gehen<br />

können, sich in Deutschland eingewöhnen<br />

und realistische Lebensperspektiven für ein<br />

Leben in Deutschland entwickeln – und<br />

auch Szenarien für eine eventuell erforderliche<br />

Rückkehr in ihr Heimatland.<br />

Zusätzlich begleiten und vertreten die<br />

Mitarbeiterinnen des <strong>Kinderschutz</strong> e.V. die<br />

Kinder und Jugendlichen im Asylverfahren<br />

und vor der Ausländerverwaltung.<br />

Zahlen und Standort<br />

4 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />

Bereich tätig.<br />

121 Kinder und Jugendliche wurden 2007 als<br />

Mündel betreut und begleitet.<br />

Vormundschaft<br />

Liebherrstraße 5<br />

80538 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -9710<br />

vormundschaft@kinderschutz.de<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

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30<br />

Rechtliche Betreuung<br />

Profis und Ehrenamtliche organisieren Leben<br />

Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. ist einer von acht<br />

Münchner Betreuungsvereinen. Zwei Sozialpädagoginnen<br />

und eine Psychologin<br />

mit türkischem Migrationshintergrund<br />

betreuen etwa 60 erwachsene Menschen,<br />

die aufgrund geistiger, psychischer oder<br />

körperlicher Behinderung nicht in der Lage<br />

sind, ihre Rechtsgeschäfte eigenständig zu<br />

erledigen. Jemanden rechtlich zu betreuen<br />

bedeutet, ihn beispielsweise gegenüber<br />

Banken, Versicherungen, Behörden, Ärzten,<br />

Vermieter etc. zu vertreten. Der persönliche<br />

Wille der oder des Betreuten steht dabei<br />

immer im Vordergrund.<br />

Querschnittsaufgabe: Beratung<br />

und Information<br />

Eine Mitarbeiterin des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

hat die Aufgabe, im Auftrag der Landeshauptstadt<br />

München Bürgerinnen und<br />

Bürger über Vorsorgemöglichkeiten (Vorsorgevollmacht,<br />

Betreuungsverfügung,<br />

Patientenverfügung) zu informieren und<br />

bei der Erstellung einer Vollmacht oder<br />

Verfügung zu unterstützen. Im Rahmen<br />

von Informationsveranstaltungen und in<br />

persönlichen Beratungsgesprächen können<br />

Fragen geklärt werden wie:<br />

■ Soll ich eine Patientenverfügung<br />

handschriftlich schreiben oder ein<br />

Formular benutzen?<br />

■ Welches Formular ist das Richtige?<br />

■ Wo bewahrt man dieses Schriftstück<br />

am besten auf?<br />

■ Was sind lebensverlängernde<br />

Maß<strong>nah</strong>men?<br />

■ Verhungert derjenige, der nicht<br />

künstlich ernährt werden möchte?<br />

Auch Bürgerinnen und Bürger, die eine<br />

rechtliche Betreuung beispielsweise eines<br />

oder einer Angehörigen übernehmen, stehen<br />

oftmals vor Fragen wie:<br />

■ Muss mich der Arzt fragen, ob ich mit<br />

der Untersuchung einverstanden bin?<br />

■ Muss mir die Bank Auskunft geben<br />

über den Kontostand?<br />

■ Darf ich eine Pflegestufe beantragen<br />

und wie geht das?<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

■ Woran erkenne ich ein gutes<br />

Pflegeheim?<br />

Bei all diesen Fragen ist der <strong>Kinderschutz</strong><br />

e.V. eine kompetente Anlaufstelle.<br />

Querschnittsaufgabe: Brücke<br />

zum Ehrenamt<br />

Darüber hinaus setzt sich der Verein dafür<br />

ein, das ehrenamtliche Engagement im<br />

Bereich der rechtlichen Betreuung zu fördern<br />

und Interessierte für diese verant-<br />

Möchten Sie sich über Vorsorgemöglichkeiten<br />

informieren? Oder können<br />

Sie sich vorstellen, ein paar Stunden<br />

ehrenamtlich zu investieren und<br />

selbst eine rechtliche Betreuung zu<br />

übernehmen?<br />

Dann ist unsere hauptamtliche<br />

Betreuerin Veronika Vaitl die richtige<br />

Ansprechpartnerin.<br />

Sie steht Ihnen gerne für ein ausführ -<br />

liches Gespräch zur Verfügung:<br />

Tel. (089) 23 17 16 -9732,<br />

v.vaitl@kinderschutz.de<br />

wortungsvolle und auch bereichernde<br />

Aufgabe zu motivieren. Dazu werden<br />

Informationsveranstaltungen und Beratung<br />

für Interessierte angeboten. Auch ist<br />

der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. beispielsweise auf<br />

der Münchner Freiwilligenmesse vertreten.<br />

Die ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer<br />

erhalten Schulungen und Fortbildungen<br />

und werden bei ihrer Tätigkeit begleitet.<br />

Ein regelmäßiger Stammtisch bietet den Ehrenamtlichen<br />

die Gelegenheit zum fachlichen<br />

und persönlichen Austausch.<br />

Zahlen und Standort<br />

3 Fachkräfte sind in Voll- und Teilzeit in diesem<br />

Bereich tätig.<br />

65 Erwachsene wurden 2007 rechtlich betreut.<br />

53 ehrenamtliche rechtliche Betreuerinnen und<br />

Betreuer wurden informiert, geschult und bei<br />

ihrer Aufgabe begleitet.<br />

Rechtliche Betreuung<br />

Liebherrstraße 5<br />

80538 München<br />

Tel. (089) 23 17 16 -9710<br />

betreuung@kinderschutz.de


Wir sagen Danke<br />

Damit unsere Konzepte gelingen und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Ziele in ihrer Arbeit mit Kindern, Jugendlichen<br />

und Familien erreichen können, bedarf es der Unterstützung vieler. Nicht nur, dass unsere Bemühungen Hand in Hand<br />

gehen müssen mit den Leistungen anderer Institutionen und Organisationen. Soziale Dienstleistung ist immer auch auf<br />

finanzielle Unterstützung angewiesen. Dies wird umso bedeutender, je mehr öffentliche Budgets unter das Maß des dringend<br />

Notwendigen gestrichen werden. Ohne die Unterstützung Dritter würden viele unserer Projekte nicht möglich sein, ließen sich<br />

keine neuen Projekte entwickeln, würden einzelne Familien nicht mal mehr das Notwendige zum Leben haben. Dankenswerterweise<br />

werden wir von einer Vielzahl an Förderern unterstützt, die unsere Arbeit schätzen und sich gerne engagieren.<br />

Wir danken unseren<br />

■ Mitgliedern<br />

■ Fördermitgliedern<br />

■ Tierpatinnen und Tierpaten<br />

■ Spenderinnen und Spendern,<br />

die mit ihren kleinen und großen Beiträgen<br />

unsere Bemühungen zum Wohle von<br />

Kindern, Jugendlichen und Familien unterstützen.<br />

Unseren Dank richten wir auch<br />

an alle Stiftungen und Organisationen,<br />

Vereine und Initiativen, Spenderinnen und<br />

Spender sowie Kooperationspartnerinnen<br />

und Kooperationspartner aus der Wirtschaft<br />

– insbesondere an all diejenigen,<br />

die das Engagement möglich gemacht und<br />

tatkräftig unterstützt haben.<br />

Stiftungen, Organisationen &<br />

Initiativen<br />

■ Charlotte und Werner Herrmann<br />

Stiftung<br />

■ Children for a better world e.V.<br />

■ Dachauer Kleidersalon<br />

■ Deutsche Kinderhilfe Direkt e.V.<br />

■ Gesellschaft für Sportförderung (GFS)<br />

■ Joyful Gospel Singers<br />

■ Lichterkette e.V.<br />

■ Prof. Hermann Auer Stiftung<br />

■ Sportfreunde Aying 1948 e.V.<br />

■ Sternstunden e.V.<br />

■ Stiftung Antenne Bayern hilft e.V.<br />

■ SZ Adventskalender für<br />

gute Werke e.V.<br />

■ Theatergruppe der Haidhauser<br />

Pfarrgemeinde St. Johann Baptist<br />

Unternehmen<br />

■ Accor Hotellerie GmbH – Suitehotel<br />

Parkstadt Schwabing<br />

■ ACE - Schneider<br />

■ Alan Tec Engineering GmbH<br />

■ Allianz<br />

■ Babcock & Brown GmbH<br />

■ BBBank eG<br />

■ bia – Beratung für IT-Anwender<br />

■ BMW Group<br />

■ Burggraf, Weichinger + Partner<br />

Ingenieurgesellschaft mbH<br />

■ Ciao GmbH<br />

■ D&B Deutschland GmbH<br />

■ Deutsche Plasser Baumaschinen GmbH<br />

■ E.ON Energie AG<br />

■ EADS Deutschland GmbH<br />

■ Gaststätte Keferloher<br />

■ Gewinn-Sparverein der Sparda Bank<br />

München e.V.<br />

■ Hewlett-Packard GmbH<br />

■ Koch Universal Music<br />

■ Model Holding AG<br />

■ Münchener Rückversicherungs-<br />

Gesellschaft<br />

■ Münchner Bank eG<br />

■ Münchner Merkur<br />

■ MW Office<br />

■ PlatinMond Media GmbH<br />

■ Praxis für Kinderheilkunde Dr. Knebel<br />

■ Raechl & Mentil<br />

■ RMO & welte DRUCK und Repro<br />

Produktions GmbH<br />

■ RSTV GmbH<br />

■ Siemens AG<br />

■ sputniks werbeagentur GmbH<br />

■ Stadtsparkasse München<br />

■ State Street Bank<br />

■ UBS Deutschland AG<br />

■ Versicherungskammer Bayern<br />

■ Welleat GmbH<br />

■ Yellowspace smart solutions<br />

■ Zahnarztpraxis Dr. med. dent. Gerhard<br />

Schuh<br />

Darüber hinaus gilt unser Dank<br />

■ den Kommunen und den Bezirken<br />

■ der Justiz für die Zuweisung von<br />

Geldauflagen<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

31


32<br />

Neues aus dem Verein<br />

Zuwachs für den <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

Leistungsbereich „Sozialregion Landkreis Dachau“<br />

Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. stärkt mit der Etablierung<br />

des neuen Leistungsbereichs „Sozialregion<br />

Landkreis Dachau“ sein Engagement<br />

für die Kinder, Jugendlichen und<br />

Eltern im Landkreis Dachau. Seit September<br />

2007 sind die heilpädagogische Tagesstätte,<br />

das Schülerzentrum am Schlossberg,<br />

Die Kindertagesstätte Fingerkrautanger<br />

(Milbertshofen), die ihren Betrieb schon einige<br />

Monate vorher aufgenommen hatte,<br />

wurde im Juni 2007 offiziell eingeweiht.<br />

Den Festakt untermalten die Kinder aus<br />

Hort und Kindergarten gemeinsam mit<br />

das Projekt „Job-in“ und die Jugendsozialarbeit<br />

in Markt Indersdorf organisatorisch<br />

im Leistungsbereich Sozialregion Landkreis<br />

Dachau zusammengefasst. Insgesamt 25<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in<br />

dem neuen Bereich unter der Leitung des<br />

langjährigen Leiters des Amalie-Nacken-<br />

einem Theaterstück. Darin und auch in den<br />

internationalen Grüßen, die die Kinder<br />

übermittelten, zeigte sich den Gästen die<br />

kulturelle Vielfalt, die die Kinderbetreuung<br />

im Fingerkrautanger prägt. Seit Oktober<br />

betreut der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. als Betriebs-<br />

Heims, Walter Wüst, beschäftigt. Bisher<br />

waren die Angebote organisatorisch dem<br />

Amalie-Nacken-Heim zugeordnet.<br />

Sozialregion Landkreis Dachau<br />

Frühlingstraße 16<br />

85221 Dachau<br />

Tel. (08131) 332 06 31<br />

sr-landkreis-dachau@kinderschutz.de<br />

Betriebsträgerschaft für drei weitere Kindertagesstätten<br />

Sozialräumliche Wohngruppe NahRaum<br />

Die sozialräumliche Wohngruppe Nah-<br />

Raum wurde im September 2007 eröffnet<br />

und bietet bei akuten familiären Krisen<br />

Betreuung für bis zu acht Kinder, Jugendliche<br />

und deren Familien aus den<br />

Sozialregionen Feldmoching/Hasenbergl<br />

und Milbertshofen/Am Hart/Harthof. Die<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

Kinder leben höchstens ein halbes Jahr<br />

lang in NahRaum. Die Nähe zur elterlichen<br />

Wohnung ermöglicht einen aktiven<br />

Einbezug der Eltern in den Erziehungsalltag<br />

ihres Kindes in der Wohngruppe.<br />

Gleichzeitig werden die Eltern durch eine<br />

ambulante Erziehungshilfe unterstützt.<br />

träger zwei weitere Kindergartengruppen<br />

in der Kindertagesstätte im Michael-<br />

Huber-Weg in München-Haidhausen.<br />

Eine weitere Kindertagesstätte wird im<br />

September <strong>2008</strong> in München-Berg am<br />

Laim eröffnet werden.<br />

Auf diese Weise soll das Kind so schnell<br />

wie möglich wieder nach Hause zurückkehren<br />

können und ein längerer und<br />

kostspieligerer Heimaufenthalt verhindert<br />

werden.


Neue Standorte der Jugendsozialarbeit<br />

Hauptschule Markt Indersdorf<br />

Seit November 2007 wird die Praxisklasse<br />

des Schulverbands Markt Indersdorf durch<br />

eine Sozialpädagogin des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

mit 19,25 Stunden in der Woche unterstützt.<br />

Bereits nach kurzer Zeit zeigt die<br />

Arbeit der Jugendsozialarbeit ihre Wirkung:<br />

Eine Entspannung des Schulalltages<br />

ist für alle spürbar, die Konflikte neben ab<br />

bzw. werden bewältigt und im sozialen<br />

Umgang ist das Miteinander stärker in den<br />

Schule zur individuellen Lernförderung an der Herrnstraße<br />

Auch an der Schule zur individuellen<br />

Lernförderung in der Herrnstraße leistet<br />

der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. seit letztem Jahr<br />

Jugendsozialarbeit. Im Rahmen einer<br />

Nachmittagsbetreuung werden 16 Schülerinnen<br />

und Schüler über den Unter-<br />

richt hinaus versorgt. Sie erhalten dort<br />

unter anderem ein Mittagessen und<br />

Hausaufgabenbetreuung. Für die altehrwürdige<br />

Schule, die im vergangenen Jahr<br />

ihr 125-jähriges Bestehen feierte – die<br />

Grundschule wurde bereits 1882 ge-<br />

Vordergrund getreten.<br />

Ende Januar <strong>2008</strong> startete die Jugendsozialarbeit<br />

an der Hauptschule in Markt Indersdorf.<br />

Durch das Angebot werden rund<br />

500 Schülerinnen und Schüler erreicht.<br />

gründet, der Förderschulbetrieb 1969<br />

aufgenommen – ist diese „offene Ganztagsschule“<br />

eine zeitgemäße Erweiterung<br />

der Förderung von Kindern und Jugendlichen.<br />

KIM - Beratungsstelle für Mädchen und Jungen bei sexuellen<br />

Gewalterfahrungen in FFB<br />

Mit der Unterzeichnung eines entsprechenden<br />

Vertrags mit dem Landkreis<br />

Fürstenfeldbruck haben der <strong>Kinderschutz</strong><br />

e.V. und der Münchner Verein IMMA e.V.<br />

den Grundstein für eine gemeinsame<br />

Fach beratungsstelle im Landkreis gelegt.<br />

Im Februar <strong>2008</strong> hat die Beratungsstelle<br />

mit dem Namen KIM ihre Arbeit aufgenommen.<br />

Das Angebot richtet sich in<br />

erster Linie an Kinder und Jugendliche<br />

bis 21 Jahre mit sexuellen Gewalterfahrungen,<br />

aber auch an ihre Bezugspersonen.<br />

Die Beratung erfolgt telefonisch,<br />

nach Absprache persönlich oder online.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

33


34<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

Eine großartige Frau ist gestorben. Zum Gedenken an<br />

Lotte Wetter<br />

Trägerin des Bayerischen Verdienstordens und<br />

Ehrenvorstandsmitglied des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

* 29. Juni 1909 ✝ 30. November 2007


Am 1. Februar 1949 <strong>nah</strong>m Lotte Wetter ihre Tätigkeit beim<br />

<strong>Kinderschutz</strong> e.V. auf – damit begann für den Verein ein wichtiger<br />

Abschnitt in seiner jetzt 107-jährigen Geschichte.<br />

Zusammen mit der Geschäftsführerin des Vereins Franziska<br />

Reislhuber war sie die zweite fest angestellte Wohlfahrtspflegerin<br />

des Vereins überhaupt. Damals waren die Zeiten besonders<br />

für Frauen schwer. Die wirtschaftliche Not war groß und<br />

Wohnraum knapp. Hilfe für Kinder und deren Familien war<br />

dringend geboten. In einem Interview beschrieb Lotte Wetter<br />

ihren Anfang beim <strong>Kinderschutz</strong> – wie sie den Verein bis zuletzt<br />

liebevoll nannte - wie folgt: „Die Geschäftsstelle, in der<br />

wir beide gearbeitet haben, war in Frau Reislhubers Privaträumen.<br />

In den ersten fünf Monaten bekam ich 100 Mark vom<br />

Paritätischen und Essen. Die Tante von Frau Reislhuber hat für<br />

uns gekocht. Danach, als die Sache ganz gut anlief, bekam ich<br />

240 Mark im Monat. Wir führten Vormundschaften. Dazu<br />

kamen Unterhalts- und Sorgerechtspflegschaften. Jede von<br />

uns war für 500 Mündel zuständig. Später war ich einen Tag<br />

in der Woche in der Erziehungsberatungsstelle der Poliklinik in<br />

der Pettenkoferstraße.“<br />

500 Akten waren zu bewältigen. Und Lotte Wetter sah hinter<br />

den Akten stets die Menschen. Sie war stolz darauf, dass sie<br />

in jedem Falle sagen konnte, wo in der Wohnung der Herd<br />

stand. Bald hatte Lotte Wetter den Ruf eines „Vaterschrecks“,<br />

weil sie nichts unversucht ließ, Unterhaltszahlungen für die<br />

Kinder zu erreichen: Dazu gehörte Aufsuchen des Vaters am<br />

Arbeitsplatz, Lohnpfändung, Taschenpfändung. Auch Mütter,<br />

die sich um ihre Kinder nicht kümmerten und der Prostitution<br />

nachgingen, suchte sie in den einschlägigen Etablissements<br />

auf, um ihrer habhaft zu werden.<br />

1962 über<strong>nah</strong>m Lotte Wetter die Geschäftsführung des<br />

Vereins. Eine Reduzierung der Fälle, die sie als Wohlfahrtspflegerin<br />

zu betreuen hatte, war damit nicht verbunden. Später<br />

wurde sie zusätzlich von Prof. Biermann, dem damaligen Leiter<br />

der psychosomatischen Beratungsstelle für Kinder bei der<br />

Universitäts-Kinderpoliklinik München, ins Beratungsteam<br />

geholt und war unter den Ärzten und Therapeuten ein gleichrangiges<br />

Mitglied der psychosomatischen Beratungsstelle.<br />

<strong>Kinderschutz</strong>arbeit, Geschäftsführung und Mitarbeit in der<br />

Klinik waren eigentlich von einer Person nicht zu bewältigen.<br />

Frau Wetter arbeitete immer über dem Limit. Solche<br />

Arbeitsbedingungen sind heute unvorstellbar. Lotte Wetter<br />

fragte nicht danach – sie packte an und versuchte, den<br />

Kindern gerecht zu werden. Wie sie das mit ihrer eigenen Familie<br />

und den drei Kindern fertig gebracht hat, bleibt ein Rätsel.<br />

Sicher mussten ihre Kinder zugunsten der Kinder vom<br />

<strong>Kinderschutz</strong> vieles entbehren.<br />

Das Ansehen des <strong>Kinderschutz</strong> e.V., das er sich bei den<br />

Jugendämtern erworben hat, geht auf Lotte Wetter zurück.<br />

Wenn sie oder der <strong>Kinderschutz</strong> einen schwierigen Fall übernommen<br />

hatten, dann war man beim Jugendamt München<br />

sicher, dass das Kind in guten Händen war. Hier wurde nicht<br />

nur das Notwendige getan, sondern das, was die Not wirklich<br />

wendete.<br />

Mit ihrem 65. Geburtstag begann die Rente. Jetzt aufhören?<br />

Für Lotte Wetter, deren bisheriges Leben aus Arbeit im<br />

<strong>Kinderschutz</strong> und in der Familie bestand, eigentlich nicht<br />

vorstellbar. Sie arbeitete noch zwei Jahre in der Vormundschaft<br />

weiter. Danach setzte Frau Wetter ihr Engagement für<br />

die Kinder und den Verein noch viele Jahre im Vorstand fort.<br />

Sie konnte ihren Verein, ihr Lebenswerk nicht im Stich lassen.<br />

Und das war gut so. Ihre Beteiligung im Vorstand war für<br />

manches Vorstandsmitglied überraschend, denn Lotte Wetter<br />

war stets bestens über die neuen Entwicklungen in der<br />

sozialen Arbeit informiert. Sie stand hinter der Grundaussage<br />

des Vorstandes, dass der Verein alle sozialen Aufgaben der<br />

Jugendhilfe anpacken soll, wenn er sie denn finanzieren kann.<br />

Lotte Wetter war immer mit dabei, wenn es um Innovationen<br />

in der sozialen Arbeit ging. Sie sah die Aufgabe der freien<br />

Wohlfahrtpflege darin, neues zu erproben und notwendige<br />

Hilfen zum Wohl der Kinder und Jugendlichen zu entwickeln.<br />

Der <strong>Kinderschutz</strong> sollte eine Vorreiterrolle spielen.<br />

<strong>Kinderschutz</strong>, so wie ihn Lotte Wetter verstanden hat, ist<br />

heute mehr denn je notwendig. Wenn statistisch gesehen jede<br />

Woche zwei Kinder in Deutschland durch Misshandlung,<br />

Verwahrlosung, Hunger und Durst zu Tode kommen, dann<br />

wird klar, dass Lotte Wetters <strong>Kinderschutz</strong>arbeit weitergehen<br />

muss.<br />

Der Vorstand und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des<br />

<strong>Kinderschutz</strong> e.V. wollen diesen Auftrag weiter verfolgen.<br />

Lotte Wetter hat überzeugend vorgelebt, wie es geht. Dafür<br />

sagen wir im Auftrag aller Kinderschützer Danke.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

35


36<br />

Das Jahr 2007 in Zahlen<br />

Wieviele Menschen haben wir erreicht?<br />

2007 hat der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. mit seinen Betreuungs- und<br />

Beratungsangeboten weit über 5.000 Menschen erreicht.<br />

Einzelne Kinder, Jugendliche,<br />

junge Erwachsene 4.170<br />

Kinder und ihre Familien 780<br />

Fachkräfte 415<br />

Erwachsene Betreute 65<br />

Davon…<br />

…durch unsere Beratungsangebote 3.165<br />

…durch schulische Angebote und<br />

Angebote in Schulen 1.341<br />

…durch Einrichtungen und Angebote<br />

der Kinder- und Jugendhilfe 545<br />

…durch Wahrnehmung rechtlicher<br />

Betreuungen und Vormundschaften 214<br />

…durch Einrichtungen der<br />

Kindertagesbetreuung 165<br />

Ehrenamt<br />

Der <strong>Kinderschutz</strong> e.V. qualifizierte darüber hinaus engagierte Menschen für ein Ehrenamt: Bei der Online-Beratung kids-hotline<br />

wurden fortlaufend 70 mitwirkende Ehrenamtliche bei ihrem Engagement begleitet und geschult. Im Bereich rechtliche Betreuung<br />

wurden 53 Menschen informiert und beraten.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong>


Beschäftigte 1994 bis 2007<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

119<br />

130<br />

136<br />

0<br />

1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

Ein<strong>nah</strong>men und <strong>Ausgabe</strong>n<br />

Woher kommen unsere Ein<strong>nah</strong>men?<br />

Erträge aus stationären und<br />

teilstationären Leistungen 6.606.157 €<br />

Erträge aus ambulanten Leistungen 2.581.380 €<br />

Öffentliche Zuschüsse 2.655.513 €<br />

Spenden, Sponsoring, Bußgelder 337.413 €<br />

(Teilnehmer/innen-)beiträge Betreute 188.879 €<br />

Sonstige Erträge 283.964 €<br />

Wofür geben wir wieviel aus?<br />

Personalkosten der Angebote und<br />

Einrichtungen 8.239.386 €<br />

Betreuungskosten 1.754.094 €<br />

Hauskosten<br />

Verwaltungskosten (zentrale Dienste,<br />

896.574 €<br />

Büro- und Verwaltungsbedarf) 1.060.155 €<br />

Investitionskosten und Abschreibung 530.897 €<br />

KFZ- und Fahrtkosten 120.251 €<br />

Sonstige Kosten 35.785 €<br />

145<br />

153<br />

159<br />

160<br />

175<br />

53%<br />

20%<br />

21%<br />

3%<br />

1%<br />

2%<br />

66%<br />

14%<br />

7%<br />

8%<br />

4%<br />

1%<br />


38<br />

Ihr Engagement<br />

Sie finden unsere Arbeit wichtig? Sie möchten einen persönlichen Beitrag dazu leisten, dass Kinder und<br />

Jugendliche in eine bessere Zukunft blicken können?<br />

Dann unterstützen Sie uns!<br />

Mit einer Spende:<br />

Sie können zweckgebunden für ein bestimmtes Angebot oder<br />

eines unserer „Förderprojekte“ spenden. Oder Sie überlassen uns<br />

die Entscheidung: Wir wissen, wo ihre Spende am nötigsten<br />

gebraucht wird. Oder machen Sie mit bei der Aktion „Spenden<br />

statt Geschenke“. Sie motivieren Ihre Freunde, Verwandte oder<br />

Mit einer Fördermitgliedschaft:<br />

Als Fördermitglied unterstützen Sie den <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

dauerhaft. Schon ab 10 Euro im Jahr begleiten Sie Kinder und<br />

Jugendliche auf Ihrem Weg in die Zukunft. Entscheiden Sie selbst:<br />

Mit einer Tierpatenschaft auf dem Paulihof:<br />

Die intensive Ausbildung und Versorgung der Tiere ist eine wichtige<br />

Voraussetzung, um auf unserem Paulihof erfolgreich mit Kindern<br />

Ihr Beitrag kommt Kindern, Jugendlichen und<br />

deren Familien auf folgende Weise zu Gute:<br />

Hilfe im Einzelfall<br />

Menschen, die in Not geraten, haben einen Anspruch auf Hilfe.<br />

Doch immer wieder fallen Menschen durch das soziale Netz.<br />

Manchmal braucht es auch ein klein wenig mehr als gesetzlich<br />

vorgeschrieben, um zum Erfolg zu kommen. Wir helfen in ganz<br />

konkreten Krisensituationen. Wir ermöglichen damit vor allem<br />

Kindern und Jugendlichen, dass sie wieder mit etwas mehr Hoffnung<br />

in die Zukunft schauen können.<br />

Neue Projekte<br />

Wir sind bemüht, zeit<strong>nah</strong>e und zielgenaue Antworten zu finden<br />

auf die Not junger Menschen und ihrer Familien. Beim Aufbau<br />

neuer Projekte sind wir auf Spenden angewiesen. Sie sind eine Investition<br />

in neue Angebote, die Zukunftsperspektiven eröffnen.<br />

Sicherstellung einer dauerhaften Hilfe<br />

Einige unserer Angebote werden nicht (ausreichend) durch die<br />

öffentliche Hand finanziert. Um den Rat- und Hilfesuchenden eine<br />

zuverlässige Unterstützung anbieten zu können, sind wir für<br />

diese „Förderprojekte“ dringend auf private Spenden angewiesen.<br />

<strong>nah</strong> <strong>dran</strong><br />

Ihr Kollegium zum Spenden z.B. im Rahmen einer Geburtstagsoder<br />

Jubiläumsfeier. Gerne unterstützen wir Sie bei der Realisierung<br />

und stellen Ihnen entsprechendes Informationsmaterial zur<br />

Verfügung.<br />

Soll Ihre regelmäßige Spende einem ausgewählten Projekt zugute<br />

kommen, oder soll der Verein das Geld dort einsetzen, wo es am<br />

dringendsten gebraucht wird?<br />

und Jugendlichen arbeiten zu können. Mit einer Tierpatenschaft<br />

engagieren Sie sich für Kind und Tier! (Seite 18)<br />

Unsere Förderprojekte:<br />

kids-hotline<br />

(Seite 12)<br />

Paulihof<br />

(Seite 20)<br />

Sie wünschen weitere Informationen zum Thema Spenden, Fördermitgliedschaft<br />

oder Tierpatenschaft? Wir stehen Ihnen bei Fragen gerne zur Verfügung!<br />

Wenden Sie sich einfach an:<br />

<strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

Annette Gans<br />

Tel. (089) 23 17 16 -9923<br />

Fax (089) 23 17 16 -9919<br />

a.gans@kinderschutz.de<br />

kibs<br />

(Seite 14)<br />

Jugendsozialarbeit<br />

an Schulen (Seite 6)<br />

Spendenkonto des <strong>Kinderschutz</strong> e.V.<br />

Kontonummer 7 818 307, BLZ 700 205 00 bei der Bank für Sozialwirtschaft


OFFENSICHTLICH<br />

UNSICHTBAR!<br />

SEXUELLER MISSBRAUCH AN JUNGEN IST<br />

NOCH IMMER EIN TABU! WWW.KIBS.DE

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