Jahresbericht 2010 - Kinderschutz-Zentrum Berlin
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die Kinder stark belastet sind. Sie brauchen in dieser Situation<br />
die Erfahrung, dass sie den Beschuldigungen nicht hilfl os ausgeliefert<br />
sind, so wie es zu Hause der Fall ist. Sie benötigen von der<br />
Beraterin/dem Berater ein Zeichen, dass sie sich für ihre Perspektive<br />
interessieren. Wir Berater sind gefordert, eine Brücke zu bauen<br />
zwischen den Bedürfnissen des Kindes nach Wertschätzung,<br />
Verständnis und Entlastung und dem Bedürfnis der Eltern nach<br />
Anerkennung und Unterstützung in ihrem Elternsein.<br />
Eltern und Kinder sollen mit Hilfe der Beraterin/des Beraters<br />
eine neue Basis entwickeln können. Eltern und Kinder verbindet<br />
in solchen Situationen die Annahme, nicht geliebt und anerkannt<br />
zu werden. Eltern erleben das oben geschilderte Verhalten ihrer<br />
Kinder als Beweis, dass diese nur provokant und ignorant sind.<br />
Kinder haben den Eindruck, sie sind unnütz, voller Fehler und<br />
nicht wert, geliebt zu werden. Solange diese Wahrnehmung nicht<br />
aufgelöst werden kann, ist kein Arbeiten am Konfl ikt zwischen<br />
Eltern und Kindern möglich.<br />
Ein erstes Ziel der Beratung ist daher, den Eltern zu ermöglichen,<br />
die Probleme aus der Perspektive des Kindes wahrzunehmen.<br />
Damit dies gelingen kann, brauchen Eltern und Kinder die<br />
Sicherheit, dass alle von Beratern geschätzt und akzeptiert werden.<br />
Manchmal ist es dafür sinnvoll, dass die Eltern zum ersten<br />
Gespräch allein kommen und auch den Kindern ein Gespräch allein<br />
mit dem Berater angeboten wird. So haben beide die Chance,<br />
unabhängig von einander Vertrauen zu den Beratungspersonen<br />
aufzubauen.<br />
Das nachfolgende Beispiel veranschaulicht die beschriebene<br />
wechselseitige Dynamik.<br />
Fallbeispiel<br />
Der achtjährige Max1 kommt mit seinen Eltern zum ersten<br />
Gespräch in die Beratungsstelle des <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong>s.<br />
Max ha e in der Schule erzählt, sein Vater habe ihn mit<br />
einem Zollstock geschlagen. Die zuständige Sozialarbeiterin<br />
im Jugendamt, die von der Lehrerin verständigt worden war,<br />
ha e nach einem Krisengespräch mit den Eltern die Familie<br />
zu einer Beratung im <strong>Kinderschutz</strong>-<strong>Zentrum</strong> verpfl ichtet.<br />
Während der Vater ausführlich die Schläge rech er gt, sinkt<br />
Max immer mehr in sich zusammen. Es hat den Anschein,<br />
als ob er durch die Worte des Vaters noch mal geschlagen<br />
wird. Der Vater beschreibt seinen Sohn als faul und<br />
schlampig. Dass es zu den he igen Schlägen gekommen sei,<br />
habe sich Max selbst zuzuschreiben, er habe durch seine<br />
Schlamperei eine teure Jacke und Sportschuhe verloren.<br />
1 Name geändert<br />
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