KVNO aktuell 9 2009 - Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein
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Liebe Frau Kollegin, lieber Herr Kollege,<br />
„Wer Wind säht, wird Sturm ernten“. Diese alte Weisheit<br />
hat Ulla Schmidt in diesen Tagen eingeholt. Nein,<br />
wir meinen nicht die Dienstwagenaffäre. Wir meinen die<br />
jetzt öffentlich gewordene Praxis der Krankenhäuser,<br />
mit Einweiserprämien auf Patientenfang zu gehen. Sie<br />
fragen sich, was Ulla Schmidt damit zu tun hat?<br />
Die Politik hat die Saat für diesen Wildwuchs gelegt.<br />
Doch lassen Sie uns gleich klarstellen: es ist und bleibt<br />
unzulässig, wenn niedergelassene Kolleginnen und Kollegen<br />
leistungslose oder völlig überzogene Einweiserprämien<br />
annehmen. Doch die eigentliche Ursache liegt<br />
in der Ökonomisierung des Gesundheitswesens und im<br />
Glauben an das Allheilmittel Wettbewerb.<br />
Die Überkapazitäten des stationären Sektors wurden<br />
nicht planmäßig und systematisch abgebaut, sie sollten<br />
sich selbst regulieren. Gleichzeitig wurde ein System<br />
von Fallpauschalen eingeführt, die sich nur durch eine<br />
schnelle, zum Teil sogar „englische“ Entlassung rechnen.<br />
Die Krankenhäuser müssen also für einen wirtschaftlichen<br />
Auslastungsgrad sorgen. Das funktioniert nur,<br />
wenn die Auslastungszahlen stimmen. Dafür sollen die<br />
niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen sorgen.<br />
Hinzukommt, dass viele Leistungen heute ambulant erbracht<br />
werden können. Klassisches Beispiel ist die Katarakt-OP.<br />
Häufig werden die Zuweiserpauschalen hinter<br />
überzogenen Honoraren für die vor- und nachstationäre<br />
Versorgung versteckt. Aber, und das ist die Kehrseite der<br />
Medaille, noch häufiger versuchen Kliniken Leistungen<br />
der prä- und poststationären Versorgung ohne Vergütung<br />
in den ambulanten Bereich zu drücken. Davon<br />
redet natürlich keiner!<br />
Auch Verträge der so genannten Integrierten Versorgung<br />
nach § 140 SGB V erhalten häufig eine legale Variante<br />
dieser Form der Korruption. Diese Verträge hat Bundesgesundheitsministerin<br />
Ulla Schmidt selbst eingeführt<br />
und die KV bewusst ausgeschlossen, ohne für die not-<br />
wendige Transparenz zu sorgen. Wir als KV <strong>Nordrhein</strong><br />
erhalten noch nicht einmal Kenntnis vom Inhalt dieser<br />
Verträge. In der Vergangenheit mussten wir sie auch<br />
noch finanzieren. Denn durch die so genannte Anschubfinanzierung<br />
mussten alle niedergelassenen Kollegen<br />
mit einem Prozent ihres Honorars auch diese undurchsichtigen<br />
Verfahren fördern. Wäre die KV als Regulativ<br />
von vorneherein mit dabei, hätte man sich die jetzt notwendig<br />
gewordene Clearing-Stelle sparen können.<br />
Wenn Ulla Schmidt jetzt tönt, dass diese Praktiken strafbar<br />
seien, muss sie sich schon an die eigene Nase fassen.<br />
Durch Gesetze wie das Wettbewerbsstärkungsgesetz<br />
hat sie diese Praktiken geradezu herausgefordert.<br />
Nicht weniger verwerflich ist aber, wenn ein Kölner Professor<br />
mit einer Vorliebe für Fliegen auf dem Problem<br />
der Prämien sein Wahlkampfsüppchen kochen will. Er<br />
scheut sich nicht, Patienten in Angst und Schrecken zu<br />
versetzen durch seine unbelegten Behauptungen, Krebspatienten<br />
z. B. würden dadurch in die falsche Klinik eingewiesen<br />
und bekämen nicht die notwendige Behandlung.<br />
Das ist unverantwortliche Panikmache.<br />
Aber die jetzt inkriminierten Praktiken sind die Ausnahme.<br />
In der Regel ist die Kooperation mit dem stationären<br />
Bereich ziel führend und rechtskonform, manchmal sogar<br />
vorbildlich. Das Solimed, der diesjährige Preisträger<br />
unseres Innovationspreises, ist dafür ein herausragendes<br />
Beispiel. Dort arbeiten Praxen und Kliniken Hand in Hand<br />
auf kollegialer Basis mit dem Einsatz moderner Kommunikationstechnologien,<br />
zum gegenseitigen Nutzen.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Ihr KV-Vorstand<br />
Dr. Leonhard Hansen Dr. Klaus Enderer<br />
Editorial<br />
<strong>KVNO</strong> <strong>aktuell</strong> 9 <strong>2009</strong><br />
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