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Begegnung auf Augenhöhe – Schulbegleitende Gespräche zu dritt

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<strong>Begegnung</strong> <strong>auf</strong> Augenhöhe – <strong>Schulbegleitende</strong> Gespräche <strong>zu</strong> <strong>dritt</strong><br />

Andererseits machen die Anschlussbeiträge des Lehrers deutlich, dass es ihm nicht um einen<br />

gemeinsam <strong>zu</strong> verantwortenden Bildungsprozess geht, sondern um eine Verantwortungs<strong>zu</strong>weisung<br />

an die Mutter: So fokussiert der Lehrer die Frage, ob die Mutter „denn <strong>zu</strong> Hause Rechtschreibung<br />

mit ihrer Tochter“ übe (Z. 64). Er weist somit Annas Rechtschreibschwierigkeiten<br />

als ein Problem aus, dass in der Schule <strong>auf</strong>fällt und daher geändert werden muss, jedoch nicht<br />

in einem gemeinsam <strong>zu</strong> verantwortenden Bildungsprozess, sondern allein von der Mutter als<br />

eine Art Hilfslehrerin <strong>zu</strong> Hause. Dass der Lehrer Verantwortung an die Mutter delegiert, zeigt<br />

sich auch in der an Anna gerichteten Frage des Lehrers, ob die Mutter denn mit ihr übe. Der<br />

Lehrer versucht so, ein Bündnis mit der Schülerin <strong>zu</strong> bilden und schließt dabei die Mutter und<br />

ihre Perspektive aus. Bemerkenswert ist dies vor allem deshalb, weil sich die Mutter <strong>zu</strong>vor <strong>auf</strong><br />

die Rolle als Hilfslehrerin ein<strong>zu</strong>lassen scheint („Na ja, gut, also Sie meinen, ich müsste da mehr<br />

üben?“, Z. 72). Für eine triangulierende Gesprächsführung ist es wichtig, dass jede der beteiligten<br />

Parteien ihre eigene Perspektive einbringen kann und diese auch wahrgenommen wird<br />

und Gehör findet. In dem vorliegenden Beispiel lässt sich der Lehrer nicht <strong>auf</strong> die Position<br />

der Mutter ein, die sich angesichts der Verschlechterung der Deutschnoten Sorgen um Anna<br />

macht: „Ich mache mir da wirklich Gedanken, also ich weiß gar nicht, wie ich sie da wieder <strong>auf</strong>richten<br />

soll.“ (Z. 62f.). Auf diese Sorge der Mutter geht der Lehrer wenig empathisch ein, sondern<br />

fragt die Mutter, ob sie mit Anna „<strong>zu</strong> Hause Rechtschreibung mit ihrer Tochter“ übe (Z. 64).<br />

Nach einem kurzen Austausch darüber, dass sowohl Anna (Geigenunterricht) als auch die Mutter<br />

(Arbeit) wenig Zeit haben, teilt der Lehrer Anna mit, dass sie eine „wirklich [...] gute Schülerin“<br />

sei, was Anna mit einem Hinweis <strong>auf</strong> ihre Leistungen in Mathematik verneint und <strong>zu</strong>rückweist<br />

(Z. 85ff.). In den Augen Annas beurteilt der Lehrer sie nicht realitätsgerecht. Ein übertriebenes<br />

Lob findet sich auch dort, wo die Mutter und der Lehrer sich darin einig sind, dass Anna ganz<br />

tolle, kreative Geschichten schreibt (Z. 48, Z. 52f., Z. 70f.). Für eine triangulierende Gesprächsführung<br />

ist es allerdings wichtig, dass Schüler mit einer realistischen Anerkennung der eigenen<br />

Leistung meist mehr anfangen können als mit einem überzogenen Lob.<br />

Der Lehrer wechselt anschließend allerdings nicht <strong>zu</strong> den Leistungen Annas in Mathematik,<br />

sondern bleibt beim Deutschunterricht. Tatsächlich empfiehlt es sich, dass der Lehrer das Gespräch<br />

nicht mit <strong>zu</strong> vielen Punkten überfrachtet, sondern sich <strong>auf</strong> einige wenige beschränkt und<br />

diese exemplarisch bespricht.<br />

Der Lehrer will eine Vereinbarung <strong>zu</strong> den Haus<strong>auf</strong>gaben schriftlich festhalten und verweist<br />

gleichzeitig dar<strong>auf</strong>, dass dies auch hilfreich in Be<strong>zu</strong>g <strong>auf</strong> die schlechte Rechtschreibung von<br />

Anna sein kann (Z. 98-101). Die Mutter hört vor allem den Vorwurf, dass Anna Haus<strong>auf</strong>gaben<br />

nicht gemacht habe (Z. 102/103). Es beginnt ein Gesprächsabschnitt, der geprägt ist von<br />

Schuld<strong>zu</strong>weisungen, während es vordergründig darum geht, was genau und warum geschehen<br />

ist (Z. 104-120). Die eingangs <strong>zu</strong> diesem Punkt vom Lehrer vorgeschlagene schriftliche<br />

Vereinbarung wird schließlich von diesem konkreter formuliert und damit dieses Thema be-<br />

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