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Titelthema<br />
Und dann ist plötzlich alles anders<br />
In Deutschland sind über zwei Millionen Menschen pflegebedürftig im Sinne des<br />
Pflegegesetzes. Rund drei Viertel von ihnen werden zu Hause gepflegt, fast<br />
immer von Familienangehörigen, meistens sind es Frauen: Ehefrauen, Töchter,<br />
Verwandte. Es sollte kein Problem sein, einige pflegende Angehörige für ein Interview<br />
zu finden, dachten wir. Aber es war gar nicht so leicht, denn pflegende<br />
Angehörige sind vielfach schwer erreichbar. Sie arbeiten zu Hause, also außerhalb<br />
der Öffentlichkeit, oft unsichtbar und stark belastet.<br />
„Oh, die Dosenmilch ist alle, kann es<br />
auch Vollmilch für den Kaffee sein?“<br />
Gerade bei Familie Kettler in Borgfeld angekommen,<br />
lernen wir auch schon eines<br />
ihrer größten Probleme kennen: Alles<br />
muss gut organisiert werden. Mal eben<br />
loslaufen und im Supermarkt etwas einkaufen,<br />
geht nicht, denn Sohn Christian<br />
(im Mai 17 Jahre) kann und soll nicht<br />
alleine sein.<br />
„Das Schwierigste? Alles muss<br />
organisiert werden. Und das<br />
ewige Kämpfen, weil sich nichts<br />
von selbst regelt.“<br />
Seit fast 12 Jahren lebt die Familie mit der<br />
Gewissheit, dass Christian früh sterben<br />
wird. Er hat eine Stoffwechselstörung.<br />
Seine prognostizierte Lebenserwartung<br />
hat er bereits überschritten. „Er will wohl<br />
noch ein bisschen“, sagt seine Mutter.<br />
Wer sich nun vorstellt, bei den Kettlers<br />
eine gedrückte Stimmung und vielleicht<br />
noch halb geschlossene Rollläden vorzufinden,<br />
der irrt. Eine Momentaufnahme:<br />
Tom, der jüngere Sohn der Familie, albert<br />
ausgelassen mit Regina Kleingrothe<br />
(ehrenamtliche Mitarbeiterin des ambulanten<br />
Hospizdienstes Löwenherz) im<br />
Wohnzimmer. Im angrenzenden Raum<br />
liegt Christian im Bett. Viele bunte Bilder,<br />
lustige Lichterketten, Kuscheltiere …,<br />
wäre da nicht der Inhalator und die<br />
Ernährungspumpe – ein normales Kinderzimmer.<br />
Im Wintergarten wird der<br />
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Kaffeetisch gedeckt. „Nur-Hausfrau“<br />
wollte Petra Kettler eigentlich nie sein.<br />
Doch durch Christians Diagnose und<br />
Toms Geburt gab sie ihren Job in der<br />
Bank auf. Seit letztem Dezember arbeitet<br />
sie einige Stunden als Koordinatorin für<br />
die „Persönlichen Hilfen“ im m|c. Hier<br />
kann sie Eltern von behinderten Kindern<br />
nicht nur individuelle Betreuungsleistungen<br />
anbieten, sondern auch ihre Erfah-