Mitteilungen April 2006.prn - Münchener Anwaltverein eV
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Nachrichten und aktuelle Beiträge<br />
Aktuelles<br />
DAV verschickt Mitgliedsausweise<br />
- Wichtig für die Anmeldung zur DAV-Onlineplattform -<br />
In diesen Tagen erhalten Sie per Post Ihren neuen DAV-Mitgliedsausweis.<br />
Mit ihm können Sie sich als Mitglied Ihres <strong>Anwaltverein</strong>s<br />
ausweisen. Sie finden darauf Ihre Mitgliedsnummer, die künftig notwendig<br />
sein wird, um die Leistungen der zahlreichen Kooperationspartner<br />
des DAV in Anspruch nehmen zu können, u.a. die preiswertere<br />
Buchung von Seminaren bei der Deutschen Anwaltakademie.<br />
Aber auch für die DAV-Onlineplattform <br />
im Internet ist Ihre Mitgliedsnummer<br />
notwendig. Auf dieser Plattform können Sie Ihre Daten, mit denen<br />
Sie bei uns registriert sind und die Grundlage Ihres Eintrages in dem<br />
demnächst erscheinenden Anwaltsverzeichnisses sind, einsehen,<br />
ändern und diese Änderungen mitteilen. Für den Zugang zur<br />
DAV-Online-Plattform ist eine Anmeldung erforderlich. Hierfür<br />
benötigen Sie die Mitgliedsnummer.<br />
Bitte beachten Sie in Ihrem Posteingang das Schreiben des DAV mit<br />
Ihrem Mitgliedsausweis.<br />
Entwicklung der außergerichtlichen Streitbeilegung in Bayern<br />
von RiAG Martina Schaffer und RA Dr. Jörn Steike (1)<br />
Die Anwendbarkeit des im Jahre 2000 in Bayern eingeführten<br />
Schlichtungsgesetzes, dessen Gültigkeitsdauer gemäß Art. 21 Abs. 2<br />
BaySchlG ursprünglich bis zum 31.12.2005 begrenzt war, ist um drei<br />
Jahre verlängert worden. Gleichzeitig wurde der Anwendungsbereich<br />
des Bayerischen Schlichtungsgesetzes verändert. Vermögensrechtliche<br />
Streitigkeiten über Ansprüche bis zu einem Streitwert von<br />
EUR 750,-- unterliegen in Bayern nicht mehr der obligatorischen<br />
außergerichtlichen Streitschlichtung (2). Hiermit vollzog der Gesetzgeber<br />
nach, was sich bereits in der Praxis durchgesetzt hatte. Aufgrund<br />
der bisherigen Regelung in Art. 1 Nr. 1 BaySchlG mit § 15 a<br />
Abs. 1, S. 1, Nr. 5 EGZPO war die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens<br />
nicht erforderlich, wenn diese Ansprüche in einem Mahnverfahren<br />
geltend gemacht worden waren. Daher wurde der weit<br />
überwiegende Teil dieser Ansprüche bisher schon im Wege des<br />
Mahnverfahrens geltend gemacht, so dass die Schlichtungsvorschriften<br />
über vermögensrechtliche Bagatellstreitigkeiten in der Praxis im<br />
wesentlichen leerliefen. Für die bisher dem Schlichtungsverfahren<br />
unterfallenden nachbarrechtlichen Streitigkeiten (3) und Auseinandersetzungen<br />
wegen Verletzungen der persönlichen Ehre (4) ist<br />
auch weiterhin vor der Erhebung einer Klage die Durchführung<br />
eines Schlichtungsverfahrens erforderlich.<br />
Die 76. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister vom<br />
29./ 30.06.2005 beschloss, die Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Umsetzung<br />
des § 15 a EGZPO" auf Bundesebene prüfen zu lassen, welche<br />
Sachgebiete sich über die bereits in § 15 a EGZPO genannten hinaus<br />
möglicherweise für die Einführung einer obligatorischen Streitschlichtung<br />
eignen (5). Diese Frage soll nachfolgend aufgegriffen werden.<br />
Gleichzeitig sollen einige Vorschläge für die Änderung des<br />
Schlichtungswesens in Bayern gemacht werden.<br />
1. Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 15 a EGZPO<br />
Bevor beurteilt werden kann, ob sich auch weitere, bislang nicht von<br />
der obligatorischen Streitschlichtung erfasste Sachgebiete für diese<br />
eignen, muss die Frage beantwortet werden, welcher Zweck mit der<br />
obligatorischen Streitschlichtung verfolgt werden soll. Die Einführung<br />
der obligatorischen Streitschlichtung wurde einerseits damit<br />
begründet, dass die Ziviljustiz entlastet werden sollte, andererseits<br />
wurde auf die Förderung der konsensualen Streitbeilegung durch<br />
die Parteien zur Vermeidung zukünftigen Streites abgestellt (6).<br />
Wenn man beide Zwecke weiterhin verfolgen will, so wären all die-<br />
jenigen Streitfälle für die außergerichtliche Streitbeilegung geeignet,<br />
die einerseits bisher überhaupt in einer signifikanten Menge<br />
der richterlichen Entscheidung zugeführt werden, da sich sonst eine<br />
Justizentlastung mangels Masse nicht erreichen ließe, und die andererseits<br />
ihren Ursprung in länger andauernden Beziehungen der Parteien<br />
zueinander haben, da sonst zukünftiger Streit zwischen den<br />
Parteien mangels Reibeflächen nicht entstehen könnte und somit<br />
auch nicht vermieden werden müsste. Entgegen dem Abschlussbericht<br />
zum Forschungsprojekt "Außergerichtliche Streitbeilegung in<br />
Bayern" (7) lassen sich unter dieser Prämisse durchaus Streitigkeiten<br />
denken, auf die das obligatorische Schlichtungsverfahren ausgedehnt<br />
werden könnte. Zu nennen wären hier unter anderem WEG-<br />
Streitigkeiten und Mietsachen.<br />
Bei WEG-Streitigkeiten liegen zu einem nicht unerheblichen Teil<br />
gestörte Beziehungen der Miteigentümer untereinander vor. Dies<br />
betrifft insbesondere Streitigkeiten im Rahmen der §§ 13 und 14<br />
WEG (Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer). Nachdem<br />
diese Streitigkeiten für signifikante Fallzahlen bei den Gerichten<br />
sorgen, wäre auch der Entlastungseffekt erzielbar. Nicht geeignet<br />
für die obligatorische Streitbeilegung außerhalb des Gerichtes dürften<br />
dagegen Streitigkeiten über die Entziehung des Wohnungseigentums<br />
(§ 18 WEG) sein. Aufgrund des möglichen schwerwiegenden<br />
Eingriffes in die Rechte des einzelnen Wohnungseigentümers<br />
sollte insoweit dem staatlichen Gericht die Entscheidung vorbehalten<br />
bleiben. Im Übrigen steht hier auch nicht eine längerdauernde<br />
Beziehung zwischen den Parteien im Vordergrund, sondern gerade<br />
die Beendigung dieser Beziehung.<br />
Im Hinblick auf Mietsachen dürften sich insbesondere Streitigkeiten<br />
über Nebenkostenabrechnungen für die obligatorische außergerichtliche<br />
Streitbeilegung eignen, da auch sie einerseits für signifikante<br />
Fallzahlen bei den Gerichten sorgen und andererseits die Störung<br />
längerfristiger vertraglicher Beziehungen der Parteien in Rede<br />
steht. Dagegen sollten Streitigkeiten über die Beendigung des Mietverhältnisses<br />
aufgrund der Schutzbedürftigkeit der Mieter der Entscheidung<br />
des staatlichen Gerichtes vorbehalten bleiben. Auch hier<br />
stehen im Übrigen nicht die längerdauernden Beziehungen der Parteien<br />
im Vordergrund, sondern die Beendigung dieser Beziehungen.<br />
Auch auf den Gebieten des Gesellschafts- und des Familienrechtes<br />
lassen sich Streitigkeiten denken, die unter den vorgenannten<br />
Prämissen schlichtungsgeeignet sind.<br />
Die nunmehr in Bayern erfolgte Ausgliederung der Bagatellforderungsrechtsstreitigkeiten<br />
aus der obligatorischen Streitbeilegung ist<br />
nach dem bisherigen System des Schlichtungsrechtes konsequent.<br />
Sowohl der Bundes- als auch der Landesgesetzgeber hatten den<br />
Ausschluss des Schlichtungsverfahrens in Mahnsachen ausdrücklich<br />
vorgesehen, weshalb auch nicht von einer "Umgehung" der Schlichtung<br />
durch die Beantragung eines Mahnbescheides gesprochen werden<br />
kann (8). Bagatellforderungsstreitigkeiten kamen in der Konsequenz<br />
beim Schlichter regelmäßig nur dann an, wenn die Beantragung<br />
des Mahnbescheides "übersehen" und gleich Klage erhoben<br />
worden war oder ein Mahnverfahren wegen einer nichterfüllten<br />
Gegenforderung nicht eingeleitet werden konnte. Sofern jedoch<br />
das bisherige Schlichtungssystem mit vorrangigem Blick auf die<br />
Justizentlastung verändert werden würde, wäre es durchaus vorstellbar,<br />
auch Bagatellforderungsstreitigkeiten wieder der außergerichtlichen<br />
Streitbeilegung zuzuweisen. Um die Masseverfahren von<br />
Bagatellforderungen aus dem gewerblichen Bereich (Telefonrechnungen,<br />
Versandhausrechnungen), deren Bewältigung die bisherige<br />
Schlichtungsinfrastruktur schlicht überfordern dürfte, aus dem<br />
Schlichtungsverfahren herauszuhalten, sollten lediglich diejenigen<br />
Forderungsstreitigkeiten dem obligatorischen Schlichtungsverfahren<br />
unterworfen werden, die von Verbrauchern gegenüber Verbrauchern<br />
geltend gemacht werden. Bei diesen Forderungen müsste<br />
allerdings der Weg über das Mahnverfahren ausgeschlossen werden.<br />
Sobald an dem Forderungsrechtsstreit zumindest ein Unternehmer<br />
beteiligt ist, sollte dagegen die Möglichkeit eröffnet bleiben,<br />
Streitigkeiten im Wege des Mahnverfahrens unmittelbar zum<br />
Gericht zu bringen. Wenn dieser Systemwechsel vorgenommen wer-<br />
4 <strong>Mitteilungen</strong> <strong>April</strong> 2006