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Arbeitsblätter für den Unterricht Sek. II. Das Privileg von 1111

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<strong>Arbeitsblätter</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Unterricht</strong>: <strong>Sek</strong>. <strong>II</strong><br />

Erarbeitet <strong>von</strong> Bernhard Kaas, VGD<br />

<strong>Das</strong> <strong>Privileg</strong> <strong>von</strong> <strong>1111</strong> – „Magna Charta der Bürgerschaft“? Teil I<br />

Es handelt beim <strong>Privileg</strong> Heinrichs V. <strong>für</strong> die Speyerer vom 14. August <strong>1111</strong> um zwei Urkun<strong>den</strong>texte, die<br />

nur in einer 1340 erstellten Abschrift der damals noch erhaltenen Inschrift über dem Domportal<br />

überliefert sind. Ausfertigungen auf Pergament sind weder erhalten noch belegt.<br />

„Allen Christus und uns Getreuen wollen wir jetzt und in Zukunft zu wissen kundtun, dass wir mit<br />

Rat und auf Bitte unserer Fürsten […] 1 zum Seelenheil unseres lieben Vaters, des Kaisers Heinrich, an<br />

<strong>den</strong> wir uns gerne erinnern, am Tage seiner Beisetzung alle, die jetzt in der Stadt Speyer wohnen oder<br />

die in Zukunft dort wohnen wollen, woher sie auch immer kommen oder welchen Standes sie auch<br />

sein mögen, einschließlich ihrer Erben einem nichtsnutzigen und schändlichen Gesetz entrissen<br />

haben, nämlich der Abgabe, die volkssprachlich Buteil 2 genannt wird und durch welche eine ganze<br />

Stadt in unvorstellbare Armut hinabgezogen wird [...]; und wir haben mit Zustimmung des Speyerer<br />

Bischofs Bruno, der persönlich am Lesepult [im Dom] stand, zugestan<strong>den</strong> und bekräftigt, dass alle<br />

Bewohner die freie Befugnis haben sollen, ihre Habe ihren Erben zu vermachen oder <strong>für</strong> ihre Seele zu<br />

spen<strong>den</strong> oder zu schenken, wem sie wollen; womit wir jedoch die Bedingung verknüpfen, dass sie<br />

sich alle zum Jahresgedächtnis unseres Vaters feierlich zu <strong>den</strong> Nachtgottesdiensten und zur<br />

Tagesmesse versammeln, Kerzen in <strong>den</strong> Hän<strong>den</strong> tragen und <strong>von</strong> jedem Haus ein Brot als Almosen<br />

abgeben, das <strong>den</strong> Armen zugewandt wer<strong>den</strong> soll.<br />

15 Damit aber diese unsere Vergünstigung und Bestätigung <strong>für</strong> alle Zeiten fest und unverbrüchlich in<br />

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Geltung bleibe und kein Kaiser, König, Bischof, Graf oder sonst ein Machthaber es wage, sie<br />

einzuschränken, wird zur bleiben<strong>den</strong> Erinnerung an unser besonderes <strong>Privileg</strong> diese Urkunde in<br />

einem dauerhaften Material, das ihr Festigkeit verleiht, mit gol<strong>den</strong>en Buchstaben, wie es sich gehört,<br />

unter Beifügung unseres Portraits, das ihre Rechtskraft sichert, an der Stirnseite dieser Kirche offen<br />

zugänglich mit Hilfe unserer Bürger angebracht. Ihnen zeigen wir damit unsere einzigartige<br />

liebevolle Zuneigung. […]“<br />

1 Es folgt die Auflistung der anwesen<strong>den</strong> Adeligen.<br />

2 Mit dem „Buteil“ stan<strong>den</strong> dem Bischof zwei Drittel des Erbes seiner „Zensualen“ zu. Zensualen hatten einen rechtlichen<br />

Status zwischen Hörigkeit und Freiheit inne. Sie durften sich frei bewegen und mussten keine Frondienste leisten,<br />

hatten aber die Pflicht, ihrem Herrn eine jährlich Abgabe, oft <strong>von</strong> einer bestimmten Menge Wachs zu leisten. Zensualität<br />

war gerade in damaligen Bischofsstädten weit verbreitet.<br />

Historisches Museum der Pfalz Speyer<br />

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<strong>Arbeitsblätter</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Unterricht</strong>: <strong>Sek</strong>. <strong>II</strong><br />

Erarbeitet <strong>von</strong> Bernhard Kaas, VGD<br />

<strong>Das</strong> <strong>Privileg</strong> <strong>von</strong> <strong>1111</strong> – „Magna Charta der Bürgerschaft“? Teil <strong>II</strong><br />

Die zweite Urkunde fügt u. a. folgende Rechte hinzu:<br />

„1. Wir stellen unsere Bürger <strong>von</strong> jedem Zoll frei, der in dieser Stadt bis jetzt üblicherweise<br />

entrichtet wer<strong>den</strong> musste [...].<br />

4. Kein Burggraf [gemeint ist der bischöfliche Vogt] unterstehe sich [...] das Schiff eines Bürgers<br />

gegen dessen Willen <strong>für</strong> Zwecke seines Herrn zu beschlagnahmen. […]<br />

6. Auch darf keine Gewalt aus irgendeinem Grund die Münze leichter oder [sonstwie] schlechter<br />

machen, es sei <strong>den</strong>n, er nähme die Änderung auf gemeinsamen Beschluss der Bürger vor. […]<br />

8. Wenn jemand über Jahr und Tag ohne Einrede eine Hofstätte oder ein Haus besitzt, so braucht<br />

er sich keinem gegenüber rechtlich zu verantworten, der inzwischen hier<strong>von</strong> Kenntnis erlangt<br />

hat.<br />

9. Der Bischof oder eine sonstige Macht darf nicht erzwingen, dass eine Gerichtssache, die in der<br />

Stadt begonnen hat, außerhalb der Stadt entschie<strong>den</strong> wird. […]“<br />

Aus: Hergemöller, Bernd-Ulrich (Hg.): Quellen zur Verfassungsgeschichte der deutschen Stadt im Mittelalter. Darmstadt 2000.<br />

118–123. (Übersetzung vom Herausgeber, überarbeitet <strong>von</strong> B. Kaas.)<br />

Arbeitsvorschläge:<br />

1. Stellen Sie die Vor- und Nachteile, die die Inschrift (a) <strong>den</strong> Einwohnern bzw. Bürgern <strong>von</strong> Speyer<br />

und (b) dem Kaiser bringt, übersichtlich zusammen.<br />

2. Erklären Sie, warum die Urkunde <strong>den</strong> Bischof <strong>von</strong> Speyer besonders hervorhebt (Z. 8).<br />

Berücksichtigen Sie dabei, welche Folgen die Urkunde <strong>für</strong> <strong>den</strong> Bischof gehabt haben dürfte.<br />

3. „Magna Charta der Bürgerschaft“ (St. Weinfurter) – „Gründungsurkunde der Stadt als politische<br />

Gemeinde“ – „Unabhängigkeitserklärung durch Heinrich V.“: Beurteilen Sie, ob diese<br />

Bezeichnungen <strong>für</strong> das <strong>Privileg</strong> <strong>von</strong> <strong>1111</strong> gerechtfertigt sind.<br />

Historisches Museum der Pfalz Speyer<br />

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<strong>Arbeitsblätter</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Unterricht</strong>: <strong>Sek</strong>. <strong>II</strong><br />

Erarbeitet <strong>von</strong> Bernhard Kaas, VGD<br />

Didaktischer Kommentar<br />

Einsatzbereich und Intention: Dieses Arbeitsblatt richtet sich an Schüler der Oberstufe. Es stellt ein<br />

regionalgeschichtliches relevantes Ereignis des Salierjahres 2011 vor. Dies kann, gerade über die<br />

Verbindung mit einem Besuch Speyers und der Salierausstellung, motivierend wirken. Zugleich wird<br />

exemplarisch der typische, aber nicht zwangsläufige Übergang einer Bischofsstadt zur Reichsstadt<br />

thematisiert, der mit der Konstituierung der Bürgerschaft verbun<strong>den</strong> ist. Die Entwicklung des<br />

neuzeitlichen Demokratieverständnisses aus der europäischen Stadtkultur und dem<br />

bürgerschaftlichen Bewusstsein, ist ein bedeutendes mittelalterliches Erbe auch an die Welt des 21.<br />

Jahrhunderts.<br />

<strong>Unterricht</strong>liche Voraussetzungen: Die mittelalterliche Gesellschaftsordnung (Hörige, Freie, Adel,<br />

Klerus) muss <strong>den</strong> Schülern bekannt sein. Um gerade bei der Aufgabe 3 zu einem differenzierten Urteil<br />

zu gelangen, müssen die Schüler <strong>den</strong> Unterschied <strong>von</strong> Bischofsstadt und freier Reichsstadt kennen<br />

und darüber informiert sein, dass Speyer in Spätmittelalter und früher Neuzeit freie Reichsstadt war.<br />

Die Bedeutung <strong>von</strong> „Magna Charta“ kann durch einen kurzen Lehrervortrag geklärt wer<strong>den</strong>.<br />

Informationen zum Gegenstand: Mit dem <strong>Privileg</strong> Heinrichs V. <strong>von</strong> <strong>1111</strong> begünstigt ein Kaiser<br />

erstmals die Bürger <strong>von</strong> Speyer. Anlass ist die endgültige Beisetzung seines fünf Jahre zuvor<br />

verstorbenen Vaters, Heinrichs IV., dessen Leichnam zwar nach Speyer gebracht wor<strong>den</strong> war, aber<br />

zunächst nicht in der salischen Grablege im Dom beigesetzt wer<strong>den</strong> konnte, da er im Bann<br />

verstorben war. Nachdem es Heinrich V. gelungen war, die Lösung des Bannes durch <strong>den</strong> Papst zu<br />

erwirken, konnte er <strong>den</strong> Sarkophag mit <strong>den</strong> sterblichen Überresten seines Vaters <strong>von</strong> der noch<br />

ungeweihten Afrakapelle, einem nördlichen Anbau des Domes, in die Grablege im Mittelschiff<br />

feierlich überführen lassen. Möglicherweise spielte die intensive Verehrung, die dem Verstorbenen<br />

durch die Speyerer Bevölkerung zuteil wurde, eine Rolle bei der Entscheidung Heinrichs V., das<br />

vorliegende <strong>Privileg</strong> auszustellen. Je<strong>den</strong>falls stellt es nicht nur in der Einleitung, sondern auch in der<br />

Bedingung <strong>den</strong> Bezug zu Heinrich IV. mehrfach her: Nicht Kleriker, sondern die gesamte<br />

Einwohnerschaft Speyers wird zum erinnern<strong>den</strong> Gebet <strong>für</strong> <strong>den</strong> verstorbenen Kaiser verpflichtet. Die<br />

damit verbun<strong>den</strong>en Vergünstigungen der Speyerer Bevölkerung gehen zu Lasten des Stadtherren, des<br />

Bischofs. Und darüber hinaus muss der Bischof es auch ertragen, dass die Bestimmungen über dem<br />

Portal „seiner“ Kirche verewigt wer<strong>den</strong>: „Der Dom erscheint wie eine 'Bürger-' oder 'Stadtkirche'“. 3<br />

3 Weinfurter, Stefan: Salisches Herrschaftsverständnis im Wandel. Heinrich V. und sein <strong>Privileg</strong> <strong>für</strong> die Bürger <strong>von</strong><br />

Speyer. In: Frühmittelalterliche Studien. Bd. 36 (2002). 317–335. S. 320<br />

Historisches Museum der Pfalz Speyer<br />

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<strong>Arbeitsblätter</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Unterricht</strong>: <strong>Sek</strong>. <strong>II</strong><br />

Erarbeitet <strong>von</strong> Bernhard Kaas, VGD<br />

Schon im 11. Jahrhundert ist <strong>von</strong> einer Speyerer Bürgerschaft die Rede, also <strong>von</strong> einer Gemeinschaft,<br />

die als eigener Rechtskreis begriffen wird. Unbestritten ist noch die Herrschaft des Bischofs über die<br />

cives. Verglichen mit der im Spätmittelalter üblichen Exklusivität des Bürgerrechts lassen die<br />

Urkun<strong>den</strong> der salischen Zeit ein überraschend offenes und auf Erweiterung angelegten Verständnis<br />

<strong>von</strong> cives erkennen. Nach H. Grafen wird „die Stadt rechtlich definiert als ein dynamisches Gebilde,<br />

dessen es konstituierende Personengruppe sich durch Zuzug ergänzte“. 4 Dieses offene Verständnis<br />

wird im Freiheitsbrief <strong>von</strong> <strong>1111</strong> beibehalten, da die begünstigte Gruppe ausdrücklich die in Zukunft<br />

Zuwandern<strong>den</strong> einschließt. Da der erste Teil des <strong>Privileg</strong>s ausschließlich Beschränkungen des<br />

Erbrechts aufhebt und besonders nachdrücklich das „Buteil“ an <strong>den</strong> Anfang stellt, kann man<br />

schließen, dass es sich bei einem Großteil der damaligen Einwohnerschaft und bestimmt auch der<br />

wirtschaftlich erfolgreichen Bürger um Zensualen gehandelt hat. Diese hatten einen Rechtsstatus<br />

eingeschränkter Hörigkeit bzw. Halbfreiheit, in dem gerade die <strong>für</strong> das städtische Leben hinderliche<br />

Schollenbindung und Dienstpflicht aufgehoben waren. 5 Ohne dass deren Status formell aufgehoben<br />

wird (noch ist es nicht so, dass „Stadtluft frei macht“), wird durch das freie Erbrecht und die<br />

Abschaffung der Abgaben an <strong>den</strong> Herrn einerseits die wirtschaftliche Sicherheit der Erben und –<br />

indirekt – die Prosperität der Stadt befördert, andererseits aber auch die rechtliche Bindung an <strong>den</strong><br />

Herrn gelockert. So befördert das <strong>Privileg</strong> auch die Ausweitung und rechtliche Homogenisierung der<br />

Bürgerschaft.<br />

Indem nun der Kaiser unmittelbar die Speyerer Bürgerschaft begünstigt, schwächt er <strong>den</strong> Einfluss des<br />

Bischofs. Damit beginnt <strong>1111</strong> ein Prozess, der schließlich zum Ende der bischöflichen Herrschaft über<br />

Speyer führt. Ein langer Prozess, <strong>den</strong>n erst 1294 setzt sich der Rat gegen <strong>den</strong> Bischof durch, indem<br />

dieser auf die Besetzung der wichtigsten städtischen Ämter und die Rechtsprechung in der Stadt<br />

verzichtet: Speyer wird endgültig <strong>von</strong> einer Bischofsstadt zur freien Reichsstadt. <strong>1111</strong> ist aber noch<br />

keineswegs entschie<strong>den</strong>, wer schließlich <strong>den</strong> Sieg da<strong>von</strong>tragen wird. Auch wenn der Bischof die<br />

Bestimmungen des kaiserlichen <strong>Privileg</strong>s keineswegs begrüßen konnte, bleibt seine Stadtherrschaft<br />

bestehen. Die Situation ist noch offen.<br />

4 Hansjörg Grafen: Die Speyerer im 11. Jahrhundert. Zur Formierung eines städtischen Selbstverständnisses in<br />

der Salierzeit. In: H. W. Böhme (Hg.), Siedlungen und Landesausbau zur Salierzeit. Teil 2: In <strong>den</strong> südlichen<br />

Landschaften des Reiches. Sigmaringen 1992. S. 97–152. S. 115.<br />

5 Vgl. Grafen, 116ff.<br />

Historisches Museum der Pfalz Speyer<br />

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<strong>Arbeitsblätter</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Unterricht</strong>: <strong>Sek</strong>. <strong>II</strong><br />

Erarbeitet <strong>von</strong> Bernhard Kaas, VGD<br />

Erwartete Schülerleistung<br />

1. Die Tabelle zeigt, dass beide Seiten Vorteile haben, gegenüber <strong>den</strong>en die Nachteile jeweils<br />

kaum ins Gewicht fallen.<br />

(a)<br />

Einwohner/Bürger<br />

Historisches Museum der Pfalz Speyer<br />

Vorteile Nachteile<br />

Finanzielle Vorteile:<br />

• Keine Erbschaftsabgaben (Z. 5-<br />

7)<br />

• Zollfreiheit (Nr. 1);<br />

Selbstbestimmung und<br />

Rechtssicherheit:<br />

• Keine Einschränkung des<br />

Erbrechts (Z. 9f.);<br />

• Beschränkung der bischöflichen<br />

Rechtsprechung auf das Gebiet<br />

der Stadt (Nr. 9);<br />

• Sicherheit des Eigentums<br />

(Schiffe, Häuser) (Nr. 4 und 8);<br />

• alleinige Zuständigkeit der<br />

Bürger <strong>für</strong> die Münzprägung<br />

(Nr. 6).<br />

• Die Urkunde soll als Inschrift am<br />

Dom sichtbar bleiben. (Z. 14-19)<br />

(b) Kaiser Heinrich V. • Trifft Maßnahmen <strong>für</strong> das<br />

Seelenheil seines Vaters.<br />

• Stellt sich als würdiger Sohn<br />

und Nachfolger seines Vaters<br />

dar, <strong>den</strong> er selbst zur<br />

Abdankung gezwungen hat.<br />

• Stärkt die Verbun<strong>den</strong>heit der<br />

Bürger <strong>von</strong> Speyer mit seiner<br />

Familie.<br />

• Pflicht, an <strong>den</strong><br />

Ge<strong>den</strong>kgottesdiensten <strong>für</strong><br />

Heinrich IV. teilzunehmen und<br />

<strong>den</strong> Armen zu spen<strong>den</strong>. (Z. 10-<br />

13)<br />

• Die Inschrift am Dom sollte<br />

vermutlich <strong>von</strong> <strong>den</strong> Bürgern<br />

bezahlt wer<strong>den</strong>. (Z. 19)<br />

• (Nimmt sich bzw. seinen<br />

Nachfolgern die Möglichkeit, die<br />

Rechte zu widerrufen.)<br />

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<strong>Arbeitsblätter</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Unterricht</strong>: <strong>Sek</strong>. <strong>II</strong><br />

Erarbeitet <strong>von</strong> Bernhard Kaas, VGD<br />

2. Die Rechte – und damit vor allem die Einkünfte – des Bischofs wer<strong>den</strong> geschmälert. Daher<br />

war es wichtig, die Zustimmung des Bischofs ausdrücklich in der Urkunde zu verankern. Die<br />

Urkunde bedeutet einen wichtigen Schritt der Ablösung des Bischofs <strong>von</strong> seinen Rechten über<br />

die Stadtbürger. Dies findet einen deutlichen symbolischen Ausdruck in der Inschrift, die<br />

ausgerechnet an der Bischofskirche angebracht wird.<br />

3. „Magna Charta“: Wie in der englischen Magna Charta <strong>von</strong> 1215 wer<strong>den</strong> grundlegende Rechte<br />

festgehalten, die eine Beschränkung der Macht des Herrn bedeuten – hier des Bischofs, dort<br />

des Königs. Auch die dauerhafte öffentliche Darstellung erhebt <strong>den</strong> Text zu etwas<br />

Besonderem, ja Konstitutivem.<br />

„Gründungsurkunde“: Der Text setzt einerseits bereits „Bürger“ (cives) voraus und gibt<br />

Zeugnis <strong>von</strong> deren vielfältigen wirtschaftlichen Aktivitäten. Eine Stadt als „Bürgerschaft“<br />

(civitas) besteht also bereits. Andererseits ist noch nicht <strong>von</strong> einer rechtlichen Vertretung der<br />

Bürger, einem „Rat“ die Rede, wie er <strong>für</strong> mittelalterliche Städte, die über eine gewisse<br />

politische Selbständigkeit verfügen, wesentlich ist. Immerhin wird aber <strong>von</strong> einem<br />

„gemeinsamen Beschluss der Bürger“ gesprochen. Von einer Gründungsurkunde sollte man<br />

daher nicht sprechen, wenngleich sie einen wichtigen Schritt in Richtung politischer<br />

Handlungsfähigkeit bedeutet.<br />

„Unabhängigkeitserklärung“: <strong>Das</strong> <strong>Privileg</strong> <strong>von</strong> <strong>1111</strong> ist allenfalls ein erster Schritt auf dem<br />

langen Weg <strong>von</strong> der Bischofsstadt zur freien Reichsstadt. Noch bleibt der Bischof Stadtherr, ja<br />

seine Gerichtshoheit wird ausdrücklich genannt. Daher ist diese Bezeichnung nicht sinnvoll.<br />

Historisches Museum der Pfalz Speyer<br />

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