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QUILT - Ausgabe 2007 - Münchner Aids-Hilfe eV

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Titel: Isabella Jantz, P.O.A. PicOneAgency<br />

<strong>Ausgabe</strong> 17/<strong>2007</strong><br />

Das Magazin der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> e.V.<br />

Schauspielerin Isabella Jantz ist aktiv beim Welt-<strong>Aids</strong>-Tag


Erinnerungsservice per SMS<br />

Mal wieder die Pillen vergessen?<br />

Betroffene helfen Betroffenen,<br />

damit die HIV-Therapie auch klappt!<br />

Infos bei <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>, Engelbert Zankl, HIV-Therapie-Hotline<br />

Tel. 089-54 333-123 oder therapie.hotline@muenchner-aidshilfe.de<br />

2<br />

HIV-THERAPIE HOTLINE<br />

089-54 333-123<br />

Gruppenangebote für Menschen mit HIV<br />

bei der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong><br />

Freizeitgruppe<br />

Gemeinsame Ausflüge, Wanderungen, Theaterbesuche, gesellige<br />

Abende und mehr. Aktuelles Monatsprogramm bitte telefonisch<br />

erfragen bei Andrea Brunner<br />

Stammtisch Freizeitgruppe<br />

Jeden dritten Mittwoch eines Monats im Café Regenbogen der<br />

<strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> um 19 Uhr.<br />

Information und Anmeldung: Andrea Brunner, Tel. 089- 54 333-0,<br />

E-Mail: andrea.brunner@muenchner-aidshilfe.de<br />

Heterotreff<br />

Für positive Männer und Frauen jeden 4. Mittwoch um 19.30 Uhr<br />

im Café Regenbogen der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>. Information: Antje<br />

Sanogo, <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>, Tel. 089- 54 333-0,<br />

E-Mail: antje.sanogo@muenchner-aidshilfe.de<br />

Positiver Stammtisch<br />

Jeden Dienstag ab 19.30 Uhr im Café Regenbogen der <strong>Münchner</strong><br />

<strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>. Information: Engelbert Zankl, Tel. 089-54 333-123,<br />

E-Mail: therapie.hotline@muenchner-aidshilfe.de<br />

Tabakentwöhnung für Menschen mit HIV<br />

Die <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> bietet mehrmals im Jahr Tabakentwöhnungskurse<br />

für Menschen mit HIV an.<br />

Termine und Infos bei Daphne Cisneros, Tel. 089-54 333-0,<br />

E-Mail: daphne.cisneros@muenchner-aidshilfe.de<br />

Regelmäßige Sportangebote<br />

Yoga (Sivananda)<br />

Jeden Dienstag von 19.00 bis 20.30 Uhr<br />

im 2. Stock der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>.<br />

Yoga (Iyengar)<br />

Jeden Mittwoch von 19.00 bis 20.30 Uhr<br />

im 2. Stock der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>.<br />

Sport - AnfängerInnen, sanfte Gymnastik<br />

Jeden Donnerstag von 19.00 bis 20.00 Uhr im Max-Planck-<br />

Institut, Kraepelinstraße 10. Anschließendes Schwimmen bei 27°C<br />

Wassertemperatur möglich.<br />

Sport - Gymnastik, Kondition<br />

Jeden Donnerstag von 20.00 bis 21.00 Uhr im Max-Planck-Institut,<br />

Kraepelinstraße 10. Anschließendes Schwimmen bei 27°C<br />

Wassertemperatur möglich.<br />

Informationen zu allen Sportangeboten: Engelbert Zankl,<br />

Tel. 089-54 333-0, E-Mail: therapie-hotline@muenchner-aidshilfe.de


Gemeinsam gegen <strong>Aids</strong>:<br />

Wir übernehmen Verantwortung. Für uns und für andere.<br />

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freundinnen und Freunde,<br />

auch wenn <strong>Aids</strong> keine Sensation mehr ist: Der Kampf gegen <strong>Aids</strong> ist noch<br />

lange nicht gewonnen. <strong>Aids</strong> ist immer noch eine weltweite Katastrophe,<br />

vor allem in Afrika, Asien und Osteuropa. Über 40 Millionen Menschen<br />

leben mit HIV, nur ein Bruchteil erhält die lebensverlängernden Therapien.<br />

Jährlich sterben 3 Millionen Menschen an <strong>Aids</strong>. In jeder Minute infizieren<br />

sich acht Menschen neu. Hinter diesen abstrakten Zahlen steht das Leid<br />

einzelner Frauen und Männer, das Familien, ja, ganze Gesellschaften zerstört.<br />

Hier sind Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in der Pflicht, Initiative<br />

zu zeigen und gemeinsam zu handeln. Dabei ist aber nicht nur die Politik,<br />

sondern jeder Einzelne gefragt. Deshalb steht der Welt-<strong>Aids</strong>-Tag am 1. Dezember<br />

auch unter dem Motto „Gemeinsam gegen <strong>Aids</strong>: Wir übernehmen<br />

Verantwortung. Für uns und für andere.“ Doch bei einem globalen Blick<br />

darf München kein blinder Fleck werden.<br />

Auch wenn es uns mit den niedrigen Infektionszahlen und den HIV-Therapien<br />

relativ gut geht, müssen wir lokal handeln. Da übernehmen wir, die<br />

130 ehrenamtlichen und 60 hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>, Verantwortung und fordern diese auch von<br />

anderen ein. Denn es besteht Grund zur Sorge: <strong>Aids</strong> wird bagatellisiert,<br />

das Sterben verdrängt. HIV scheint für viele zu einer leicht behandelbaren,<br />

nur sexuell übertragbaren Krankheit zu werden. Die Realität sieht oft<br />

anders aus. Gerade in den letzten Monaten hat unser Case Management<br />

wieder verstärkt Klienten mit lebensbedrohlichen Folgeerkrankungen<br />

versorgt. Und wir wurden wieder häufiger mit dem Tod von Klientinnen<br />

und Klienten konfrontiert. <strong>Aids</strong> kann immer noch tödlich sein.<br />

Trotzdem gibt es eine gewisse Präventionsmüdigkeit. Zu viele denken,<br />

<strong>Aids</strong> könne ihnen nicht passieren. Es werden weniger Kondome gekauft,<br />

weniger benutzt. Die Neuinfektionen steigen. Deshalb haben wir unsere<br />

Präventionsbemühungen verstärkt. Mit der Aktion „Danke für Safer Sex“<br />

sagten wir auf Postkarten, mit Anzeigen und kleinen Geschenken all<br />

denen Danke, die sich und andere immer noch schützen. Und wir werben<br />

intensiv für den HIV-Test, vor allem bei schwulen Männern. Denn getestete<br />

schwule Männer, ob negativ oder positiv, sind eher bereit, sich und<br />

andere zu schützen. Mit unserem neuen Projekt „Checkpoint München“<br />

bieten wir eine ausführliche Risikoberatung und zum ersten Mal auch<br />

die Möglichkeit zu einem HIV-Test, dessen Ergebnis bereits nach 30 Minuten<br />

vorliegt. Außerdem werden wir die Test-Abende im Sub-Zentrum für<br />

schwule Männer vierteljährlich fortführen, wenn uns das städtische Gesundheitsreferat<br />

unterstützt. Dass heute 80 Prozent derer, die mit <strong>Aids</strong><br />

ins Krankenhaus kommen, bis dahin nicht wussten, dass sie HIV-positiv<br />

sind, ist erschreckend. Erschreckend ist aber auch das Ergebnis zweier<br />

Umfragen, die wir in Haftanstalten und Pflegeeinrichtungen gemacht haben:<br />

Gefangene haben in Bayern praktisch keinen Zugang zu Kondomen,<br />

Pflegeeinrichtungen sind auf Menschen mit HIV kaum eingestellt. Das<br />

sollte anders sein. Deshalb ist unsere Arbeit, Aufklärung und Information<br />

immer noch so wichtig.<br />

Wichtig sind aber auch unsere vielfältigen Beratungs- und Hilfsangebote<br />

für Betroffene, mit denen wir immer auch innovativ auf deren Bedürfnisse<br />

reagieren. Aktuell durch Tabakentwöhnungskurse für Positive oder<br />

durch die neue ehrenamtliche Internet-Beratung bei Gayromeo. Die<br />

größte Veränderung im <strong>Aids</strong>-Geschehen brachten jedoch die Therapieerfolge:<br />

Betroffene konnten und wollten wieder arbeiten. Deshalb schufen<br />

wir mit den Projekten Metha-Job, Tagungszentrum und Café Regenbogen<br />

eine neue Angebotssäule „Arbeit, Beschäftigung und Qualifizierung“.<br />

Durch geförderte Arbeitsplätze finden dort Menschen mit HIV und <strong>Aids</strong>,<br />

die langzeitarbeitslos sind oder Arbeitslosengeld II beziehen, nicht nur<br />

Beschäftigung. Dank der Deutschen <strong>Aids</strong>-Stiftung können wir als einziger<br />

Träger in München unseren Hartz-IV-MitarbeiterInnen auch kostenlose<br />

Mittagessen anbieten. Außerdem werden sie parallel zu ihrer Tätigkeit<br />

intensiv betreut und angeleitet. In ihrer spezifischen psychosozialen<br />

Situation genauso wie im Beruf. Dabei ist es unser Ziel, mittelfristig den<br />

Wiedereinstieg in das Arbeitsleben zu ermöglichen. Wenn Sie dieses<br />

Ziel unterstützen wollen, dann kommen Sie doch als Gast in unser neu<br />

renoviertes und öko-zertifiziertes Café Regenbogen. Wir bieten: ein<br />

frisches, farbenfrohes, modernes Ambiente; viel Licht, das durch die<br />

großen Scheiben in den Gastraum fällt; ein reichhaltiges Speisenangebot;<br />

freundlichen, zuvorkommenden Service. Eine Atmosphäre, in der Sie<br />

sich wohlfühlen werden. Und gleichzeitig unterstützen Sie die Arbeit der<br />

<strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>. Charity auf kulinarischer Ebene sozusagen. Oder mieten Sie<br />

in unserem Tagungszentrum Seminar- und Tagungsräume. Auch damit<br />

unterstützen Sie uns.<br />

Mit diesem Quilt geben wir Ihnen wieder einen Einblick in die Themen<br />

und Schwerpunkte, die uns gerade beschäftigen. Aktuelle Informationen<br />

finden Sie jederzeit auf www.muenchner-aidshilfe.de. Dort können Sie<br />

unseren Newsletter abonnieren. Aber auch Spenden ist dort bequem<br />

und sicher online möglich. Denn wir brauchen Ihre Unterstützung. Seit<br />

23 Jahren übernehmen wir Verantwortung. Aus der Selbsthilfe ist ein erfolgreiches,<br />

professionelles Sozialunternehmen mit einem umfassenden<br />

Netz an notwendigen Hilfsangeboten entstanden. Während unsere Arbeit<br />

immer mehr wurde, wir neue bezuschusste Projekte anfingen, wurde<br />

aber auch unsere Verpflichtung, einen 20-Prozent-Anteil über Spenden<br />

aufzubringen, immer größer. Gleichzeitig nahm jedoch das öffentliche<br />

Interesse und mit ihm Zuschüsse und Spenden immer mehr ab. Deshalb<br />

brauchen wir Ihre <strong>Hilfe</strong> - nicht nur zum Welt-<strong>Aids</strong>-Tag. Kaufen Sie den<br />

kuscheligen <strong>Aids</strong>-Teddy. Gehen Sie mit uns zum Candle-Light-Walk. Besuchen<br />

Sie uns beim Pink-Christmas-Weihnachtsmarkt am Stephansplatz.<br />

Kommen Sie zur <strong>Aids</strong>-TanzGala ins Gärtnerplatztheater oder zum <strong>Aids</strong>-<br />

Konzert des Münchener Kammerorchesters ins Prinzregententheater.<br />

Trainieren Sie jetzt schon, am besten im Team, für den nächsten Run for<br />

Life im Englischen Garten. Organisieren Sie Ihre eigene Benefizveranstaltung.<br />

Lassen Sie sich zum Geburtstag, zur Verpartnerung oder zur Firmenfeier<br />

Geld für uns spenden. Für uns zählt jeder Euro. Unterstützen Sie<br />

uns auch in der Politik, in den Medien oder durch ehrenamtliche Mitarbeit.<br />

Übernehmen Sie mit uns Verantwortung. Für uns und für andere. Allein<br />

schaffen wir das nicht. Nur so können wir auch in Zukunft die zentrale<br />

Stelle für Selbsthilfe, Prävention, Gesundheitsförderung, Beratung, Rehabilitation<br />

und Versorgung im HIV-Bereich sein. Nur so können wir zu einem<br />

besseren Leben beitragen: für Menschen mit HIV und für schwule Männer,<br />

Drogen gebrauchende Menschen und MigrantInnen, die am stärksten<br />

von HIV bedroht sind. Dafür sagen wir ganz herzlich: Danke!<br />

Thomas Niederbühl<br />

Geschäftsführer der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> e.V.<br />

thomas.niederbuehl@muenchner-aidshilfe.de<br />

3


„Wie das halt so läuft“ − Mario H. (35) hat eine extreme Drogenvergangenheit.<br />

Jetzt ist er Auszubildender der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> und schmiedet Pläne.<br />

135 Kilometer liegen zwischen München und Bad Reichenhall, dem<br />

beliebten oberbayerischen Urlaubsort am Fuße des Predigtstuhls.<br />

Auf der Homepage lockt die Gemeinde ihre Gäste mit den Worten: „Inmitten<br />

herrlicher Natur, umgeben von den Bergen der Alpen, erleben<br />

Sie eine Mischung aus Natur, Gesundheit und Kultur. Bekannt durch<br />

das Salz, gehört Bad Reichenhall heute zu den beliebtesten Kur- und<br />

Urlaubszielen in Bayern. Das noble Ambiente und die mondäne Weltoffenheit<br />

in alpiner Landschaft bilden den eigentlichen Wesenszug<br />

Bad Reichenhalls.“ Vor 35 Jahren ist in dieser Idylle Mario H. zur Welt<br />

gekommen und aufgewachsen. Jetzt erzählt er an einem sonnigen<br />

Septembertag mit weiß-blauem Himmel in den Räumen der <strong>Münchner</strong><br />

<strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> unweit des Goetheplatzes in anderthalb Stunden seine<br />

Lebensgeschichte. Draußen ist München im Wiesnfieber, noch zwei<br />

Tage bis zum legendären „Ozapft is“. Am Ende werden 6,7 Millionen<br />

Liter Bier durch durstige Kehlen gespült worden sein. Mario, den die<br />

leitenden MitarbeiterInnen der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> auch liebevoll<br />

ihren „Vorzeige-Azubi“ nennen, gießt sich Tee ein. Von eher kleiner,<br />

muskulöser Statur ist er. Ein sportlicher Typ, gekleidet in Jeans und<br />

T-Shirt mit sympathischen, strahlend blauen Augen. Das einzig Auffällige<br />

an ihm sind die bunten Turnschuhe und mehrere Tätowierungen.<br />

Auf seinem Oberarm ist in Großbuchstaben der Name seines Sohnes<br />

zu lesen. Der ist heute fast neun Jahre alt und stolz auf seinen Papa.<br />

Doch der Reihe nach erzählt.<br />

Marios Lebensgeschichte beginnt mit einer recht beschaulichen<br />

Kindheit in Bad Reichenhall in den siebziger Jahren. Die Mutter, die<br />

in der Gastronomie tätig ist und oft 14 Stunden am Tag arbeitet, ist<br />

fürsorglich und versucht, es ihrem Buben an nichts fehlen zu lassen.<br />

Soweit das eben bei diesem Arbeitspensum geht. Vor allem die Oma<br />

kümmert sich um das Kind, das zwischen Schulzimmer und Fußballplatz<br />

groß wird. Er zeigt spielerisches Talent und Ehrgeiz, und in<br />

der Schule läuft es ganz gut. „Ich hatte eine harmonische Kindheit“,<br />

4<br />

meint Mario rückblickend und fügt lachend hinzu: „Ich war ein verwöhntes<br />

Einzelkind.“ Auch ein Scheidungskind. Der Vater hat sich früh<br />

von der Familie verabschiedet. Es gibt keinen Kontakt zwischen Vater<br />

und Sohn. Mario wird ihn im Laufe des Gesprächs nicht mehr erwähnen.<br />

Der Junge wechselt in die Realschule, wo weitere vier Jahre ohne<br />

größere Aufregung vergehen. Als Mario 14 Jahre ist, kommt der erste<br />

große Einschnitt. Oder wie man auch sagen könnte: Sein Leben gerät<br />

langsam und schleichend aus den Fugen. Warum das so ist, kann er<br />

sich auch heute nicht so recht erklären. „Eigentlich hat es weder an<br />

Nestwärme noch an Geld gefehlt. Aber wie es sich später rausstellte,<br />

war es doch nicht das Optimale.“<br />

Langsam beginnt er sich für Mädchen zu interessieren. Für einen<br />

Jungen in diesem Alter nicht gerade untypisch. Aber zunehmend<br />

auch für Alkohol. „Da habe ich mein erstes Bier getrunken.“ Seine Clique<br />

aus gleichaltrigen Schulfreunden organisiert regelmäßig Partys.<br />

Durchfeiern ist angesagt und einen über den Durst trinken. Der Einstieg<br />

in die erste Droge Alkohol klingt so banal wie lapidar. „Wir haben<br />

Feste gefeiert. Und natürlich ist da auch was getrunken worden. So<br />

hat das seinen Gang genommen.“ Mario sieht sich nicht als Einzelfall.<br />

Er habe auch nicht mehr getrunken als die anderen. „Das war damals<br />

bei jedem so.“ Die Jugendlichen in den achtziger Jahren wissen in<br />

Bad Reichenhall nicht so recht, wohin mit sich. Die Gemeinschaft ist<br />

ihnen jedenfalls wichtig, der Zusammenhalt, Spaß haben und feiern.<br />

„Wir haben sogar eine Partyhütte gebaut.“ Und zu allen Gelegenheiten<br />

fließt reichlich der Alkohol. Wer von den Jugendlichen denkt da schon<br />

ans Ausscheren oder vernünftig sein? Noch ist die Grenze zu härteren<br />

Drogen nicht überschritten. Doch zwangsläufig lassen die schulischen<br />

Leistungen bei Mario nach. Innerhalb eines halben Jahres geht<br />

es rapide mit den Noten abwärts. Trotzdem reicht es am Ende für die<br />

Mittlere Reife. „Es wäre aber viel besser gegangen.“ Bis hier ist alles<br />

irgendwie im Lot. Seine Familie ist am Ort angesehen und verfügt<br />

über gute Verbindungen.<br />

Er beginnt gleich nach der Schule 1989 in einer ortsansässigen Autofirma<br />

seine Lehre zum Bürokaufmann. „Wie man es halt so macht.“<br />

Ab hier beginnt der Abwärtsstrudel in der Lebensgeschichte von<br />

Mario sich immer schneller zu drehen. In der Autofirma sind ältere<br />

Lehrlinge und Gesellen, die ihm Drogen anbieten. Und er probiert<br />

davon. Wieder klingt es wie eine Zwangsläufigkeit. Nicht, dass er sein<br />

Verhalten entschuldigen möchte. Er bereut seinen damaligen Drogenkonsum.<br />

Aber für ein Nein hat er zu der Zeit offensichtlich nicht den<br />

Willen. „Als ich das erste Mal Hasch genommen habe, war bei mir die<br />

Hemmschwelle weg. Ich habe dann einfach alles mal ausprobiert. Wie<br />

das halt so abläuft.“ Eine Mischung aus Abenteuer, Neugier, Trotz und<br />

Aufbegehren treibt ihn an. „Als Jugendlicher war ich ein richtiger Revoluzzer.<br />

Ich habe gemeint, dass ich viele Sachen besser weiß.“ Und er<br />

weiß ganz genau, dass er noch längst nicht aufhören will. Der Damm<br />

ist gebrochen, die Hemmschelle überschritten. Eine Drogenkarrriere<br />

nimmt ihren Lauf. Erst Haschisch als Einstieg, dann die Partydroge<br />

Amphetamin, schließlich „die ganzen Palette“. Tagsüber Lehre,<br />

abends Technopartys. „Ich wollte das einfach alles ausprobieren.“<br />

Mit 17 Jahren lernt er „einen Typen aus Nordrhein-Westfalen“ kennen.<br />

Der ist auch auf Drogen und wird sein bester Kumpel. Die Lehre wirft<br />

er nach 14 Monaten hin. Auch intervenierende Gespräche zwischen<br />

Berufsschullehrer und Chef können das nicht verhindern. Mario ist es


leid, immer nur im Ersatzteilelager zu arbeiten. „Der Chef hat einen<br />

Deppen gesucht, der die Arbeit macht.“ Die Situation zwischen Mutter<br />

und Sohn verschlechtert sich daraufhin. Die Streitigkeiten häufen<br />

sich, die Mutter macht ihm Vorwürfe. „Es war ein einziges Geschrei.“<br />

Mario beschließt, die Fachoberschule zu besuchen. Und lebt parallel<br />

sein Leben aus Technoszene und Partydrogen. Quer durch Deutschland<br />

und übers Wochenende auch mal eben schnell ins Ausland. Es<br />

hagelt Verweise, und er macht häufig blau. Die Mutter ahnt, dass ihr<br />

Sohn Drogen nimmt, spricht ihn aber nicht darauf an. Sie will das Offensichtliche<br />

nicht sehen. „Ich habe es immer geschafft, die Fassade<br />

aufrechtzuerhalten.“ Immer mehr wird sein Drogenkonsum auch<br />

ein finanzielles Problem. „Wenn man Drogen nimmt, geht es immer<br />

nur ums Geld.“ Mario beginnt zu dealen, ist in der Szene einschlägig<br />

bekannt. Er schläft nicht mehr daheim und lässt sich bei der Mutter<br />

auch mal einen ganzen Monat nicht blicken. „Sie war ja eh den ganzen<br />

Tag nicht da.“ Das ging lange so − es ging auch gut, aus Marios Perspektive.<br />

Zum Dealen ist er nach Holland gefahren. „Da konnte man<br />

viel Geld verdienen. Für mich war es auch Selbstbestätigung. Ich hab<br />

das Zeug, und alle laufen mir hinterher.“ Mit der Polizei hat er bis dato<br />

nie „Stress gehabt“. Er hat Spaß an diesem Leben. Gleichwohl ist ihm<br />

ein Erlebnis in Erinnerung geblieben. Ein guter Freund hat mal zu ihm<br />

gesagt: „Du bist zum Arschloch mutiert.“ Aber es gelingt ihm, „Drogen<br />

und Schule unter einen Hut zu bringen“. Er schafft 1993 sein Fachabitur.<br />

„Es ist nie daran gescheitert, dass ich nicht intelligent genug<br />

wäre.“ Er ist stolz auf sich, glücklich, etwas gut geschafft zu haben.<br />

„Es war ein befreiendes Gefühl.“ Vor dem Zivildienst jobbt er einige<br />

Wochen in einer Brauerei. In dieser Zeit lernt er dann „die Mutter meines<br />

Sohnes“ kennen, mit der er zwölf Jahre zusammenbleibt. Seinen<br />

Zivildienst absolviert er zunächst als Aushilfshausmeister im katholischen<br />

Pfarramt von Bad Reichenhall. Die Müdigkeit nach durchgefeierten<br />

Drogennächten wird mit einer Nase Speed hinweggefegt.<br />

Er bleibt − trotz Drogen und Partys − so gerade noch in der Spur.<br />

Einen Plan zu haben, ist ihm immer wichtig. „Nie den Anschluss zu<br />

verpassen und die Dinge anzugehen.“ Das kann auch mal die nächste<br />

Stufe der Drogenkarriere bedeuten. Als er mit seinem Vorgesetzen im<br />

Pfarramt aneckt, wechselt er ins Städtische Altersheim. Dort bringt<br />

ihn ein Freund zum Heroin. „Das war der Anfang vom Ende. Das hat<br />

eingeschlagen wie eine Bombe.“ Da ist er 21. „Ich war schlagartig auf<br />

das Zeug fixiert.“<br />

Seine Freundin bedrängt ihn mit ihren Plänen vom Familienglück mit<br />

schöner Wohnung und einem Kind. „Ich bin dann den einfacheren<br />

Weg gegangen und habe das geplante Studium sein lassen.“ Er jobbt<br />

zunächst zwei Jahre an einer Autobahntankstelle und verdient sich<br />

zusätzlich als Drogendealer. Die Freundin, die selber keine Drogen<br />

nimmt, weiß um seine Abhängigkeit. Heroin braucht er mittlerweile<br />

mehrmals am Tag. Die Tagesdosis liegt bei zwei Gramm; der Kostenpunkt<br />

für ein Gramm bei 200 bis 250 Mark. „Ich habe das damals aber<br />

noch nicht intravenös genommen.“ Schließlich macht die Freundin<br />

Druck und stellt ihn vor die Wahl: Kind und Entzug oder Trennung.<br />

Er willigt ein. „Ich wollte das auch. Unser Kind war ein Wunschkind.“<br />

Mit 24 Jahren macht er zu Hause mithilfe der Freundin seinen ersten<br />

Entzug. „Das war nicht angenehm. Aber die meisten Leute wissen gar<br />

nicht, was sie aushalten können, wenn es wirklich sein muss.“<br />

Noch kein Geschenk?<br />

Wie wäre es mit einem<br />

Gutschein<br />

für einen schönen Abend<br />

im Café Regenbogen!<br />

Gutscheine für 10 Euro und 25 Euro<br />

sind ab sofort erhältlich im<br />

regenbogen<br />

Café Regenbogen<br />

Lindwurmstr. 71<br />

80337 München


Als ihm eine Lehre als Vermessungstechniker in einem Ingenieurbüro<br />

angeboten wird, kommt es wieder anders. Marios Mutter übernimmt<br />

eine gutgehende Gaststätte in Bad Reichenhall und der Sohn wird ihr<br />

Angestellter. „Die Mutter hat erwartet, dass ich da mitarbeite.“ Der<br />

Arbeitstag ist lang, von morgens um 10 Uhr bis weit nach Mitternacht.<br />

Und das sechs Tage die Woche. Der siebte Tage wird zum Putzen und<br />

Einkaufen genutzt. Die Freundin wird schwanger, und Mario ist fast<br />

nur in der Arbeit. Da ist sie 26, er 25. „Ich habe wieder verstärkt zu<br />

trinken angefangen. So 10 bis 15 Bier am Tag. Das hat mir über den Tag<br />

geholfen.“ Die Beziehung wird schwieriger, die Freundin ist unzufrieden,<br />

das Paar streitet sich oft. „Mir ist das alles zu viel geworden.“ Und<br />

eines Tages kam einer, der Heroin dabei hatte. Mario nimmt wieder<br />

Heroin und fängt wieder mit dem Dealen an. „Und dann ist es richtig<br />

rund gegangen. Ich konnte am Tag zwischen 30 und 50 Gramm Heroin<br />

verkaufen. Und das in der Kleinstadt Bad Reichenhall!“<br />

Am 7. November 1998 kommt der Sohn zur Welt. Der Vater ist bei seinem<br />

ersten Besuch im Krankenhaus voll auf Drogen. Daran erinnert<br />

ihn heute noch der Ausdruck seiner Augen auf dem Foto. Marios Mutter<br />

bekommt gesundheitliche Probleme und löst nach vier Jahren den<br />

Gaststättenvertrag auf. Er jobbt wieder an einer Tankstelle. Nachdem<br />

der Sohn ungefähr ein halbes Jahr alt ist, fängt die Freundin auch mit<br />

Heroin an. Ihm kommt das nicht ungelegen. „Wir saßen dann zusammen<br />

in einem Boot.“ Die bürgerliche Fassade wird aufrechterhalten,<br />

tagsüber gehen beide zur Arbeit. Als Außenseiter kommt er sich nicht<br />

vor, sondern eher mittendrin. „In Bad Reichenhall ist an jeder Ecke<br />

gedealt worden.“ Er sagt von sich, dass er damals ein guter Vater<br />

war. „Ich war immer derjenige, der in der Nacht aufgestanden ist. Klar<br />

hat es an allen Ecken und Enden gefehlt. Aber das merkt man ja erst,<br />

wenn man wieder nüchtern ist.“<br />

Zum ersten Mal vor Gericht steht er ebenfalls 1998. Ironischerweise<br />

in dem Jahr, in dem Mario clean ist. „Ich wollte damit nichts mehr zu<br />

tun haben.“ Eine Sache von früher holt ihn ein. Es folgen die erste Bewährungsstrafe<br />

und eine Geldbuße. Und er ist wieder arbeitslos. Um<br />

die Jahreswende 2000/2001 steht die Polizei mit einem Haftbefehl<br />

vor der Tür. Ehemalige Kunden haben gegen Mario ausgesagt. Seine<br />

Dealer werden alle inhaftiert. Er kommt nach dem Verhör vorläufig auf<br />

freien Fuß. Und stürzt sich voll in die Drogen. „In der Zeit war ich dann<br />

nur noch Käufer und Konsument. Das ging brutal ins Geld. Da kämpfst<br />

du nur noch ums nackte Überleben. Und wir waren zu zweit.“ Schließlich<br />

geht er mit seiner Freundin zur Drogenberatung. Beide werden<br />

substituiert. Sie planen eine Paartherapie. Doch soweit kommt es<br />

nicht mehr. Mario wird kurz davor verhaftet. „Da bin ich dann zum<br />

ersten Mal eingesperrt worden.“ Ihm droht eine längere Haftstrafe,<br />

die auf 14 Monate verkürzt wird. Er sitzt in Traunstein und Landsberg<br />

am Lech ein.<br />

Anschließend ist er zu einer Therapie verpflichtet. Zehn Monate „Therapie<br />

statt Strafe“ in Frankfurt. Ein durchstrukturierter Rahmen, eine<br />

Welt bestehend aus Ärzten, Therapeuten, Sozialpädagogen. Einzel-<br />

und Gruppengesprächen, Sportprogramm. „Eben das, was jedem Giftler<br />

fehlt: Struktur.“ Auch seine Freundin beginnt eine Therapie. „Aber<br />

dann habe ich den Fehler gemacht, dass ich wieder zurückgegangen<br />

bin.“ Eigentlich hätte er ein befristetes Jobangebot für 12 Monate in<br />

einer Behinderteneinrichtung in Frankfurt gehabt. Eine Schwangerschaftsvertretung,<br />

aus der dann nichts wird, weil die Frau ihr Kind<br />

verliert. Also wieder nach Bad Reichenhall. Er hat an eine gemeinsame<br />

Zukunft für seine Familie geglaubt. Wollte eine Ausbildung machen.<br />

Das Paar schafft es nicht und wird wieder rückfällig. „Schlimmer als<br />

6<br />

je zuvor.“ Der Sohn sei dennoch gut versorgt gewesen, sagt Mario. Er<br />

ist in einem Ganztageskindergarten untergebracht. Die Freundin hat<br />

wieder ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern. „Aber das Geld war knapp<br />

wie immer. Nur noch kaufen und konsumieren.“<br />

Während der Bewährungsstrafe fängt er wieder an zu klauen und<br />

wird dreimal wegen Diebstahls verurteilt. Keine Beschaffungskriminalität,<br />

sondern Klamotten und Zigaretten. „Ich war da überhaupt<br />

nicht lebensfähig.“ Er regt sich heute noch über sich auf, wenn er an<br />

diese Zeiten zurückdenkt. Die Bewährung wird widerrufen. Er wird<br />

zu 14 Monaten verurteilt und kommt nach Bernau. Ein halbes Jahr<br />

verbringt er in Haft. Jetzt will er endlich sein Leben radikal ändern.<br />

Seine Freundin will diesen Weg nicht gehen. Sie kommt von den Drogen<br />

nicht los. Sie trennen sich. Anschließend kommt er zur zweiten<br />

Drogentherapie nach Gräfelfing in die Würmtalklinik. Es ist der 13. Juli<br />

2005. „Da hat mein neues Leben angefangen.“ Vier Monate verbringt<br />

er dort. Macht eine Kerntherapie und ist inzwischen 33 Jahre alt.<br />

Dann ist er weitere vier Monate im Adaptionshaus Kieferngarten, wo<br />

suchtkranke Menschen arbeitsbezogene medizinische Rehabilitation<br />

erfahren. Er bemüht sich intensiv, einen Job zu finden. Sein ARGE-<br />

Arbeitsberater gibt ihm den Tipp mit der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>. Nach<br />

einem Vorstellungsgespräch mit dem Sozialpädagogen Christian<br />

Kranich beginnt er im Februar 2006 im Tagungszentrum. Von der<br />

Arbeit der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> wusste er bis dahin nichts. Auch nicht,<br />

dass dort substituierte Leute arbeiten. Dass er sich als langjähriger<br />

Junkie nicht selber infiziert hat, weder mit HIV, noch mit Hepatitis,<br />

bezeichnet er als „wahnsinniges Glück“.<br />

Mit einem sogenannten 1-Euro-Job, auch MAW-Stelle genannt (MAW<br />

meint Mehraufwandsentschädigung), fängt er an, 20 Stunden die<br />

Woche im Tagungszentrum der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> zu arbeiten.<br />

Ziemlich schnell fühlt er sich unterfordert und wechselt nach drei<br />

Monaten in die Verwaltung. Er ist wissbegierig , motiviert und lernt<br />

schnell. „Alles, was ich über PCs weiß, habe ich hier in der <strong>Münchner</strong><br />

<strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> gelernt.“ Der Bereich Rechnungswesen interessiert ihn.<br />

Er will wissen, ob er eine Ausbildung machen kann. Wie soll das<br />

finanziert werden? So einen Fall gab es bislang in der <strong>Münchner</strong><br />

<strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> nicht. Mario macht einen Termin bei dem zuständigen<br />

ARGE-Arbeitsberater, den er mit Christian Kranich wahrnimmt. Und<br />

er hat die Chance und das Glück, eine Ausbildung zum Kaufmann<br />

für Bürokommunikation zu bekommen. Er kann sein Glück auch<br />

jetzt noch nicht so richtig fassen. Und er ist dankbar. „So wie das bei<br />

mir gelaufen ist, ist das absolut unüblich.“ Seit 1. September 2006<br />

ist er ganz offiziell Auszubildender in der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>. Mario<br />

bekommt Arbeitslosengeld II (Hartz IV) in Höhe von 347 Euro, eine<br />

Fahrkarte über 46 Euro, einen Lehrmittelzuschuss. Seine Miete wird<br />

teilfinanziert. Er jobbt nebenbei. Die Ausbildung geht bis 31. August<br />

2008. Im Bürokratendeutsch heißt die Stelle „Umschulung im Dualen<br />

System“, das bedeutet, Mario arbeitet in der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> und<br />

geht zur Berufsschule. Seine MitschülerInnen sind 16 bis 18Jährige,<br />

und manche beneiden ihn um seinen Ausbildungsplatz. „Für mich ist<br />

die <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> ein Geschenk“. Er schätzt die Kompetenz<br />

seiner Vorgesetzen und das gute Betriebsklima unter den MitarbeiterInnen.<br />

„Ich genieße hier eine gute Ausbildung.“ Die Zwischenprüfung<br />

hat er inzwischen geschafft. Und nach Bad Reichenhall fährt er auch<br />

wieder regelmäßig, um seinen mittlerweile fast neunjährigen Sohn<br />

zu besuchen. Und er hat weitere Pläne. Finanzbuchhalter möchte er<br />

einmal werden − und den Führerschein machen.<br />

Text: Marion Hölczl Foto: Michael Tappe


!<br />

Das Beschäftigungsprojekt Tagungszentrum<br />

In diesem Projekt soll Menschen der (Wieder-)Einstieg in den ersten<br />

Arbeitsmarkt ermöglicht werden. Zielgruppen sind langzeitarbeitslose<br />

Menschen, insbesondere - aber nicht ausschließlich - mit HIV und<br />

<strong>Aids</strong> sowie Menschen, die traditionell das Angebot der <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> in<br />

Anspruch nehmen wie homo- und bisexuelle Männer, DrogengebraucherInnen<br />

und MigrantInnen. Im Tagungszentrum werden Räume an<br />

externe Nutzer vermietet, denen eine ganze Etage mit vier Räumen<br />

zur Verfügung steht. Der dazugehörige Veranstaltungsservice bietet<br />

den MAW-MitarbeiterInnen des Projekts die Möglichkeit, Erfahrungen<br />

in der Betreuung und Begleitung von Veranstaltungen zu sammeln.<br />

Die zu erledigenden Aufgaben reichen von der Vorbereitung und<br />

Planung von Veranstaltungen über die Übernahme verwaltungstechnischer<br />

Aufgaben wie das Erstellung von Serienbriefen bis hin zum<br />

direkten Kundenkontakt in der Begleitung und Durchführung von Veranstaltungen.<br />

Die Übernahme von leichten Putztätigkeiten ist ebenso<br />

gefordert wie die Vorbereitung der Seminarräume. Die Anforderungen<br />

werden individuell auf die MAW-MitarbeiterInnen und ihre persönlichen<br />

beruflichen Vorkenntnisse zugeschnitten. Die TeilnehmerInnen<br />

des Modellprojekts werden im Wesentlichen durch „learning by<br />

doing“ qualifiziert. Dazu ist eine kontinuierliche Anleitung erforderlich,<br />

die durch die SozialpädagogInnen des Projektes gewährleistet<br />

wird. Für alle TeilnehmerInnen werden Schulungen durchgeführt, die<br />

grundlegende Fähigkeiten vermitteln, um im Projekt mitzuarbeiten.<br />

Die Schulungen werden durch Fachkräfte der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong><br />

durchgeführt. Dieses Arbeitsfeld wurde 2006 erfolgreich ausgebaut<br />

und erweitert.<br />

Tagungszentrum<br />

<strong>Münchner</strong>-<strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> e.V.<br />

Lindwurmstr. 71<br />

80337 München<br />

Telefon: 089-54 333-201<br />

tagungszentrum@muenchner-aidshilfe.de<br />

www.muenchner-aidshilfe.de<br />

Folgende Themen und Methoden stehen im Mittelpunkt:<br />

- Qualifizierung im Bereich Veranstaltungsorganisation<br />

und Verwaltung<br />

- Qualifizierung im Umgang mit EDV<br />

- Qualifizierung im Bereich Kommunikation<br />

(Telefondienst, direkter Kundenkontakt)<br />

- Bewerbungstraining<br />

- Workshops zu HIV/<strong>Aids</strong> und Hepatitis<br />

- Workshops zu persönlichen Fragestellungen<br />

- regelmäßige Gruppengespräche<br />

- Coaching auf Wunsch<br />

Im Tagungszentrum arbeiten derzeit 14 MAW-MitarbeiterInnen, im<br />

gesamten Haus der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> über 50 Personen.<br />

Haben Sie Interesse?<br />

Dann rufen Sie an, wir freuen uns!<br />

Christian Kranich, <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong><br />

Tel. 089-54 333-201, Fax 089-54 333-111<br />

tagungszentrum@muenchner-aidshilfe.de<br />

Preiswerte Seminarräume im Haus<br />

der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> zu vermieten<br />

Wir bieten Ihnen professionell ausgestattete Räume für Ihre Bedürfnisse.<br />

Ob Sie nun Konferenzen, Tagungen, Trainings, Gruppentreffen, Supervisionen<br />

oder Kurse (z.B. Yoga, Entspannung etc.) durchführen wollen. Unser individuelles<br />

und preisgünstiges Angebot lässt keine Wünsche offen, denn wir schaffen für<br />

Ihre Veranstaltung das ideale, maßgeschneiderte Ambiente.<br />

Besuchen Sie uns oder rufen Sie uns an.<br />

Wir freuen uns über Ihr Interesse.


Schnell wie nie − Checkpoint München bietet HIV-Schnelltest an<br />

* „Ich war am Wochenende in der Sauna und habe einem Mann den<br />

Schwanz geblasen – ohne Gummi. Und irgendwie hab ich jetzt das<br />

Gefühl, dass das riskant gewesen sein könnte.“<br />

* „Ich hab mit meinem HIV-positiven Freund Sex gemacht. Dabei<br />

ist das Gummi gerissen, er hat aber nicht abgespritzt. Wie gefährlich<br />

ist das denn?“<br />

* „Ich hatte schon ein paar Mal ungeschützten Sex mit anderen<br />

Kerlen, von denen ich aber jeweils denke, dass die nicht positiv<br />

sind. Aber sicher weiß ich es halt leider nicht. Was soll ich jetzt<br />

machen?“<br />

* „Ich hatte ungeschützten Sex mit ´nem positiven Mann, dessen<br />

Viruslast allerdings unter der Nachweisgrenze ist – war das ok?<br />

Oder ist das doch riskant?“<br />

Diese Liste von Situationen, bei denen schwule Männer das Risiko im<br />

Einzelfall nicht recht einschätzen können, ließe sich beliebig fortsetzen.<br />

Denn wenn auch die meisten schwulen Männer recht gut über<br />

Safer Sex informiert sind, so tauchen doch immer wieder Fragen oder<br />

Unsicherheiten auf, wie risikoreich denn die eine oder andere Situation<br />

war. Genau dafür gibt es jetzt ein eigenes spezielles Angebot bei<br />

der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>: Checkpoint München – Beratung zu sexuellen<br />

Risiken und HIV-Test. Anders als beim Arzt oder in herkömmlichen<br />

Beratungen wird bei Checkpoint München zuerst eine genaue Risikoanalyse<br />

mittels eines spezifischen Fragebogens vorgenommen, den<br />

wir dann mit den Ratsuchenden genau durchgehen. Dabei können<br />

wir die in Frage kommenden Verhaltensweisen und Strategien genau<br />

besprechen, und ob da ein Risiko vorlag – oder ob nicht.<br />

Wenn ein Risiko vorhanden war, dann können wir das natürlich nicht<br />

rückgängig machen. Es stellt sich dann aber die Frage, ob durch einen<br />

HIV-Test abgeklärt werden soll, ob es zu einer Infektion kam. Diese<br />

Frage wird in der Beratung ausführlich besprochen. Wenn der Ratsuchende<br />

einen Test zur Abklärung machen möchte, können wir diesen<br />

an Ort und Stelle durchführen. In den meisten Fällen werden wir – und<br />

da sind wir in Bayern die erste Teststelle, die dies anbietet – den HIV-<br />

Schnelltest anwenden, denn wir erhalten das Ergebnis bereits nach<br />

30 Minuten. Der Schnelltest ist genauso sicher wie der ansonsten<br />

angewendete „Langtest“ – und bietet den Vorteil, dass die von vielen<br />

als quälend erlebte tagelange Wartezeit entfällt. Auch für andere<br />

sexuelle Risiken bietet Checkpoint München spezielle Testverfahren<br />

an, etwa einen Syphilis-Schnelltest. Oder Behandlungsmethoden wie<br />

8<br />

!<br />

die Postexpositionsprophylaxe, das heißt, die medikamentöse Behandlung<br />

innerhalb von 72 Stunden nach einem eindeutigen Risiko<br />

(Checkpoint München wird natürlich von einem Arzt mitbetreut). Die<br />

Testverfahren werden zum Selbstkostenpreis durchgeführt – und sie<br />

sind selbstverständlich alle anonym!<br />

Wir richten uns mit unserem Angebot gezielt an schwule Männer,<br />

denn gerade bei diesen ist das Wissen um HIV zwar oft erfreulich<br />

hoch – aber genauso oft auch die Unsicherheit. Für viele Schwule<br />

spielt das Thema „Risikomanagement“ – also auf das Kondom zu<br />

verzichten und das Risiko trotzdem niedrig zu halten – eine große<br />

Rolle. Das führt aber auch dazu, dass man oft nicht mehr genau einschätzen<br />

kann, wie hoch das Restrisiko ist. Die letztendliche Klärung<br />

durch eine genaue Risikoanalyse und gegebenenfalls einen HIV-Test<br />

ist für viele schwule Männer hilfreich. Und genau an die Personen<br />

richtet sich Checkpoint München: an schwule Männer, die es genau<br />

wissen wollen.<br />

Checkpoint München existiert seit drei Monaten. Die erste Bilanz:<br />

In dieser Zeit hatten wir cirka 150 Ratsuchende, davon ungefähr 60<br />

Prozent schwule Männer. Aber auch viele heterosexuelle Männer und<br />

Frauen finden das Konzept und die Angebote so gut, dass Checkpoint<br />

München für alle offen ist. Die meisten Ratsuchenden kommen wegen<br />

konkreter Risikosituationen oder sie wollen eine Bilanz ziehen,<br />

da sie am Anfang einer neuen Beziehung stehen. Und 15 Prozent<br />

aller Testbereiten machen dann doch keinen Test, weil die Risikoanalyse<br />

ergeben hat, dass gar kein Risiko vorhanden war. Und wegen<br />

mangelnder Risiken keinen Test machen zu müssen – das ist auch<br />

Checkpoint München am liebsten.<br />

Christopher Knoll, Diplom-Psychologe<br />

Checkpoint München<br />

Öffnungszeiten:<br />

Montags und donnerstags 17 bis 20 Uhr.<br />

Lindwurmstraße 71, 1. Stock<br />

U-Bahn Goetheplatz<br />

Tel. 089 - 54 333-666<br />

www.checkpoint-muenchen.de


„Es muss einfach weitergehen“ − Rene Henschel (52) erfuhr von<br />

seiner HIV-Infektion nach einem Schlaganfall. Nach Krankenhaus<br />

und Altersheim erobert er sich langsam wieder sein Leben zurück.<br />

Geboren bin ich in Frankreich, am Atlantik. Als ich zwei Jahre alt<br />

war, sind meine Eltern, beide Deutsche, mit mir in den Schwarzwald<br />

gezogen. Bis zu meinem Schlaganfall vor fünf Jahren war ich als<br />

Betriebstechniker beschäftigt. Ich hatte bis dahin mein Leben lang<br />

gearbeitet. Vier Monate lag ich dann zunächst im Krankenhaus. Dort<br />

habe ich auch erfahren, dass ich HIV-positiv bin. Vielleicht habe ich es<br />

schon vorher geahnt und wollte es nicht wahrhaben. Es gab Anzeichen<br />

dafür. Ich war damals mit meiner zweiten Ehefrau zusammen,<br />

wir hatten in Togo geheiratet. Sie wusste bis dahin - so wie ich auch<br />

- nichts von meiner Krankheit. Sie selber ist negativ. Wegen <strong>Aids</strong> hat<br />

sie dann die Scheidung eingereicht. Sie hat mir damals gesagt: “Wenn<br />

du nur einen Schlaganfall gehabt hättest, wäre ich bei dir geblieben.”<br />

Das war natürlich schwer für mich. Wir sind aber bis heute Freunde<br />

geblieben. Im Krankenhaus wurde mir eine gesetzliche Betreuerin<br />

zugeteilt, die mich regelrecht entmündigt hat. Während ich dort lag,<br />

waren plötzlich meine Wohnung und all meine persönlichen Sachen<br />

weg. Die Betreuerin hatte einfach die Auflösung veranlasst. Damals<br />

konnte ich mich nicht dagegen wehren, denn ich konnte nicht sprechen<br />

und saß im Rollstuhl. Aber es hat mich schon sehr gewurmt.<br />

Vom Krankenhaus aus bin ich dann direkt in ein Altersheim auf die<br />

Demenzstation gekommen. Ohne Mitspracherecht, obwohl ich geistig<br />

voll da war. Dort habe ich mit Gehübungen angefangen und konnte<br />

allmählich wieder die ersten Schritte gehen.<br />

Meine Tochter Selma aus meiner ersten Ehe, heute ist sie 26 Jahre alt,<br />

hat sich in dieser schwierigen Situation hilfesuchend an die <strong>Münchner</strong><br />

<strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> gewandt. Sie wollte mich aus dem Heim rausholen. Eines<br />

Tages ist also Gerd Hartmann vom Case Management der <strong>Münchner</strong><br />

<strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> zu mir gekommen und hat mir von da an weitergeholfen.<br />

Nach genau einem Jahr im Altersheim bin ich schließlich am 15. März<br />

2003 in die Betreute Krankenwohnung der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> eingezogen.<br />

Ich kann mich noch wie heute an diesen Tag erinnern. Dort<br />

habe ich ein neues „Zuhause“ gefunden. Den MitarbeiterInnen, die mir<br />

von Anfang an sehr geholfen haben und es immer noch tun, vertraue<br />

ich voll und ganz. Die gesetzliche Betreuerin wollte übrigens nicht,<br />

dass ich in die <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> ziehe. Sie meinte, ich solle im<br />

Altersheim bleiben. Als ich in die Wohngemeinschaft kam, brauchte<br />

ich immer noch den Rollstuhl und konnte nur schlecht sprechen. Wir<br />

haben dort zu siebt gewohnt. Ich bin kontinuierlich zur Krankengymnastik<br />

und Logopädie gegangen und habe allmählich Fortschritte gemacht.<br />

Ja, ich war in all den Jahren auch ab und zu verzweifelt, habe<br />

aber immer gedacht: Es muss einfach weitergehen.<br />

Im Frühjahr diesen Jahres wurde meine gesetzliche Betreuung<br />

aufgelöst. Das bedeutet, dass ich wieder alleine für mich verantwortlich<br />

bin. Und seit August wohne ich in meiner eigenen Wohnung<br />

in Sendling. Die <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> hatte lange nach einer barrierefreien<br />

Wohnung für mich gesucht. In München ist es nicht leicht, das<br />

Passende zu finden. Mir gefällt es dort sehr gut. Jetzt, wo ich alleine<br />

wohne, muss ich auch wieder viel mehr Arbeiten übernehmen. In der<br />

Wohngruppe der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> war einfach immer jemand da.<br />

Mir ist es aber lieber, meine Sachen alleine zu machen. Ich will nicht<br />

immer um <strong>Hilfe</strong> bitten müssen. Das mag vielleicht blöd klingen. Und<br />

viele Dinge schaffe ich gar nicht alleine, wie beispielsweise die Wohnung<br />

einzurichten. Es ist aber nicht immer leicht, die <strong>Hilfe</strong> anderer<br />

anzunehmen. Trotzdem bin ich natürlich sehr froh um die Unterstützung.<br />

Jetzt werde ich im Rahmen des Betreuten Einzelwohnens<br />

begleitet. Hier bekomme ich <strong>Hilfe</strong> bei vielen Dingen, die ich alleine gar<br />

nicht schaffen würde. Die Uli, meine begleitende Sozialpädagogin,<br />

sehe ich mindestens zweimal die Woche. Sie hilft mir, wo sie kann.<br />

Ich wüsste ganz genau, was ich für meine Wohnung bräuchte, um<br />

unabhängiger zu werden. Im Internet habe ich diverse Hilfsmittel<br />

recherchiert. Natürlich zahlt die Krankenkasse nicht alles.<br />

Den HIV-Virus habe ich soweit unter Kontrolle. Ich nehme regelmäßig<br />

mehrmals täglich meine Tabletten. Und ich mache weiter körperliche<br />

Fortschritte. Inzwischen kann ich mit kleinen Pausen schon längere<br />

Strecken am Stock zurücklegen. Aber so richtig wird das mit dem<br />

Arm und dem Bein nicht mehr. Mittlerweile habe ich mir beigebracht,<br />

mit der linken Hand zu schreiben. Mir ist gar nichts anderes übrig<br />

geblieben. Langeweile kommt bei mir nicht auf, ich habe viel zu tun.<br />

Montags und mittwochs gehe ich zur Krankengymnastik, dienstags<br />

besucht mich immer Inge, meine ehrenamtliche Patin von der <strong>Münchner</strong><br />

<strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>. Ich kenne sie jetzt über drei Jahre. Freitags gehe ich zur<br />

Logopädie, dazwischen sind Termine mit Uli. Ich schaue regelmäßig<br />

bei meiner alten Wohngruppe im 5. Stock in der Lindwurmstraße<br />

vorbei und esse auch oft dort zu Mittag. Meine Tochter Selma besucht<br />

mich regelmäßig, sie gibt mir sehr viel Halt. Wir haben ein sehr gutes<br />

Verhältnis zueinander. Ohne die Unterstützung der MitarbeiterInnen<br />

der <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> hätte ich das alles nie geschafft.<br />

Protokoll: Marion Hölczl Foto: Diana Zambelli<br />

!<br />

BKW:<br />

Stationäre Wohngemeinschaft in der <strong>Münchner</strong><br />

<strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> mit sieben Plätzen für Menschen mit<br />

HIV/<strong>Aids</strong> und einer 24-Stunden-Betreuung durch<br />

ein multidisziplinäres Team.<br />

BEW/TWG:<br />

Betreutes Einzelwohnen im eigenen Wohnraum,<br />

Einzelappartements der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong><br />

oder einer Wohngemeinschaft im Glockenbachviertel.<br />

Verschiedene Betreuungsintensitäten sind je<br />

nach <strong>Hilfe</strong>bedarf möglich.<br />

Kontakt:<br />

Diana Zambelli, <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong><br />

Leitung Betreutes Wohnen, Tel. 089-54 333-309<br />

9


Projekt rosa Alter – Alternative Lebensformen<br />

für homosexuelle und Transgender-SeniorInnen<br />

Mit „rosa Alter“ sind zwei Projekte der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> gemeint:<br />

Die „rosa Alternative“, eine Wohngemeinschaft für homosexuelle<br />

Männer im Alter mit und ohne HIV, sowie die Angebote von „Altrosa“<br />

für ältere Lesben, Schwule und Transgender (Beratung, Vernetzung,<br />

Freizeitangebote und Schulungen im Bereich der Altenhilfe).<br />

Die <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> beschäftigt sich seit Juni 2006 intensiv mit<br />

der Planung einer alternativen Wohnform, der rosa Alternative, einer<br />

Wohngemeinschaft für homosexuelle Männer im Alter (50 plus) mit<br />

und ohne HIV. Der Verein bringt hier seine jahrelange Erfahrung in<br />

der Betreuung von HIV-positiven und an <strong>Aids</strong> erkrankten Menschen<br />

in verschiedenen Wohnsituationen mit ein. Neben einer internen<br />

Arbeitsgruppe von hauptamtlichen MitarbeiterInnen wurde die Projektentwicklung<br />

von Anfang an von dem monatlich stattfindenden<br />

rosa Alternative-Stammtisch begleitet. Jeden zweiten Mittwoch treffen<br />

sich potenzielle Bewohner, Pflegedienste, Pflegewissenschaftler,<br />

Sozialdienste, andere Szeneeinrichtungen und ehrenamtliche MitarbeiterInnen,<br />

um die Entstehung der Wohngemeinschaft zu begleiten.<br />

Erklärtes Ziel ist es, eine Alternative zur gängigen Betreuung im Heim<br />

zu gewährleisten: <strong>Hilfe</strong> soll individuell gestaltet werden und schwules<br />

Leben selbstverständlich sein. Die Philosophie der Wohngemeinschaft<br />

gründet sich auf den Maximen: selbstverständlich schwul<br />

leben, gemeinsam und szenenah wohnen, auf Erfahrung vertrauen,<br />

gemeinsam planen. Die Wohngemeinschaft wird von der Landeshauptstadt<br />

München bezuschusst und gehört zu einem Modellprojekt,<br />

die Alternativen zum Heimaufenthalt anbietet.<br />

10<br />

Die Veranstaltung der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> „Schattige Pinien“ im August<br />

diesen Jahres hat gezeigt, dass dieses Thema, bisher auch in<br />

der Community nur wenig sichtbar, auf vielseitiges Interesse trifft.<br />

Die Zusammenarbeit mit dem schwulen Patenprojekt und der Gruppe<br />

Gay & Grey sind für uns selbstverständlich. Dabei wurde deutlich,<br />

dass es trotz einer Alternative zu den bestehenden Alten- und Pflegeheimen<br />

für homosexuelle SeniorInnen noch weitere Lücken gibt.<br />

Neben der verbesserten Zusammenarbeit der bereits bestehenden<br />

Projekte müssen neue zielgruppenspezifische Angebote geschaffen<br />

werden. Denn homosexuell lebende Senioren und Seniorinnen sind<br />

in München nur bedingt sichtbar. Sicherlich hängt dies einerseits mit<br />

der grundsätzlichen Thematik des Alter(n)s zusammen – oftmals<br />

geprägt von Rückzug, Isolation, Einsamkeit. Andererseits hat gerade<br />

diese Zielgruppe aufgrund von Diskriminierung und Verfolgungserfahrung<br />

große Ängste, in die Öffentlichkeit zu treten und <strong>Hilfe</strong> in<br />

Anspruch zu nehmen.<br />

Vergangenen März hat die <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> ein Programm an<br />

Angeboten entwickelt, um die Gruppe der schwulen, lesbischen und<br />

Transgender-SeniorInnen zu erreichen sowie ein Sichtbarwerden<br />

dieser Personengruppe zu ermöglichen. Leider kann derzeit ein sehr<br />

wichtiger Hauptaspekt, die Entwicklung eines Kooperationsnetzes,<br />

mit der traditionellen Altenhilfe nur bedingt verwirklicht werden.<br />

Neben einem wöchentlich stattfindenden Beratungsangebot (dienstags<br />

13 bis 14 Uhr und nach Absprache), bei dem Fragen rund um das<br />

Alter(n) beantwortet werden, hat die <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> ihr Freizeitprogramm<br />

für HIV-positive Menschen punktuell auch für schwule,<br />

nicht HIV-positive Senioren geöffnet. Ein weiteres Angebot ist das<br />

erweiterte Schulungsangebot für pflegende Berufe, das das Case-Management<br />

im Haus seit März diesen Jahres anbietet: Biografiearbeit<br />

in Pflegeberufen unter Berücksichtigung von schwul-lesbischen und<br />

Transgender-Lebensweisen.<br />

Durch die aktive Beteiligung an dem im Januar nächsten Jahres<br />

stattfindenden Fachtag der Landeshaupstadt München „Ambulant<br />

betreute Wohngemeinschaften – Konzepte, Qualität, Praxisbeispiele“<br />

sowie dem Austausch mit Alten- und Service-Zentren in verschiedenen<br />

Stadtteilen wurde deutlich, dass sich bisher die wenigsten<br />

Anbieter der Altenhilfe in München über diese Zielgruppe tatsächlich<br />

Gedanken machen. Für die Szene war dies ein weiterer Anstoß, in<br />

der Altenhilfeszene präsent zu werden. Etwa durch einen gemeinsamen<br />

Auftritt bei der im April nächsten Jahres stattfindenden<br />

Messe 66 in München, vertreten durch die <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>, der<br />

Koordinierungsstelle der Landeshauptstadt München, Sub (Schwules<br />

Zentrum), Letra (Lesbenberatung) und der Gruppe Gay & Grey.<br />

Zudem ist es dringend notwendig, vermehrt spezielle Angebote für<br />

homosexuelle SeniorInnen anzubieten und mit bereits bestehenden<br />

Angeboten der Altenhilfe zusammenzuarbeiten.<br />

Deutlich wird hier auf jeden Fall eines: es ist schon einiges zum<br />

Thema rosa Alter geschehen und es ist noch viel mehr zu tun! Ein<br />

spannendes und wichtiges Thema, dem sich die <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong><br />

auch 2008 verstärkt annehmen will.<br />

Text: Diana Zambelli<br />

diana.zambelli@muenchner-aidshilfe.de


Foto: P.O.A., Marion Hölczl<br />

Welt-<strong>Aids</strong>-Tag 1. Dezember <strong>2007</strong>:<br />

Wir übernehmen Verantwortung.<br />

Für uns und für andere.<br />

Der <strong>Aids</strong>-Teddy <strong>2007</strong><br />

Der <strong>Aids</strong>-Teddy ist zu haben ab dem 29. November u.a. im Gasteig<br />

(Cafeteria Conviva), in der Stadtinformation am Marienplatz und<br />

an vielen anderen Stellen in der Stadt für nur 6 Euro, gepowert von<br />

95,5 Charivari.<br />

Außerdem am Stand beim Sendlinger Tor (Do 29.11. bis Sa 1.12.,<br />

Do 6.12. bis Sa 8.12., Do 13.12. bis Sa 15.12.) und beim rosa<br />

Weihnachtsmarkt Pink Christmas, Fr 7.12. bis So 16.12. auf dem<br />

Stephansplatz.<br />

Helfen Sie uns an den Ständen: Ob alleine oder in einer Gruppe, ob<br />

eine Stunde oder zwei, jede <strong>Hilfe</strong> zählt! Als kleines Dankeschön<br />

erhalten Sie einen unserer <strong>Aids</strong>-Teddys geschenkt. Weitere Infos<br />

bei der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>, Judith Herbst, unter 089-54 333-307<br />

oder judith.herbst@muenchner-aidshilfe.de<br />

Veranstaltungen und Aktionen<br />

zum Welt-<strong>Aids</strong>-Tag <strong>2007</strong><br />

Freitag, 30. November<br />

Achtung: neuer Termin, neuer Start!<br />

19 Uhr: Candle-Light-Walk der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong><br />

Lichterzug durch die <strong>Münchner</strong> Innenstadt zum Gedenken an die<br />

Opfer von <strong>Aids</strong>. Treffpunkt ab 18.30 Uhr am Max-Joseph-Platz, um<br />

19 Uhr startet der Zug zum Marienplatz, weiter zum Isartor und<br />

endet vor der St. Lukas-Kirche am Mariannenplatz. Dort findet um<br />

20 Uhr eine Gedenkveranstaltung statt.<br />

20 Uhr: Gedenkveranstaltung in St. Lukas<br />

20 Uhr: mathäser Filmpalast präsentiert<br />

ein Filmscreening zum Welt-<strong>Aids</strong>-Tag auf großer Kinoleinwand;<br />

Eintritt 5 Euro zugunsten der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>; Popcorn und<br />

Prosecco gegen "kleine Spende". Vorverkauf läuft. Mehr Infos<br />

unter www.mathaeser.de<br />

Samstag, 1. Dezember<br />

20 Uhr: 1. <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-TanzGala<br />

Im Staatstheater am Gärtnerplatz findet auf Initiative von Hans<br />

Henning Paar, neuer künstlerischer Leiter und Chefchoreograf des<br />

TanzTheaterMünchen, erstmals eine Benefiz-TanzGala zugunsten<br />

der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> statt. Tanzstars der europäischen Tanzszene<br />

und SolistInnen großer europäischer Ballett-Ensembles<br />

bringen gemeinsam mit der Tanzkompanie des Staatstheater<br />

am Gärtnerplatz ein einmaliges Galaprogramm auf die Bühne.<br />

Moderation: Marianne Larsen und Dirk Lohr. Schirmherr: Christian<br />

Ude. Der Vorverkauf läuft; rechtzeitig Karten sichern. Mehr Infos<br />

zu finden unter www.staatstheater-am-gaertnerplatz.de<br />

ab 23 Uhr (open end) „Die Nacht der Roten Schleifen“ im NY.Club<br />

In der Sonnenstraße 25. Benefiz-Party zugunsten der <strong>Münchner</strong><br />

<strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> und 20+pos. Infos unter www.nyclub.de<br />

Ab 26. November<br />

Schaufenster-Flohmarkt der Regenbogen-Apotheke<br />

In der Sonnenstraße 33 gibt es Kurioses und Grandioses zu<br />

besichtigen – und zugunsten der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> zu kaufen.<br />

Sachspenden werden von Besitzer Werner Schelken gerne<br />

entgegengenommen.<br />

Aktuelle Infos unter www.muenchner-aidshilfe.de<br />

<strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> e.V.<br />

Lindwurmstr. 71<br />

80337 München<br />

Telefon 089 - 54 333 - 0<br />

Fax 089 - 54 333 - 111<br />

Spendenkonto<br />

Stadtsparkasse München<br />

BLZ 701 500 00<br />

Konto 47 47 42<br />

11<br />

!


<strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> aktiv<br />

Gerhard und Michael, zwei von 16 ehrenamtlichen<br />

MitarbeiterInnen der Benefiz-<br />

und Öffentlichkeitsgruppe, geben beim<br />

Streetlife-Festival München an einem<br />

strahlenden Spätsommertag Auskunft. Bei<br />

den rund 30 Infoständen und 40 Benefizaktionen<br />

im Jahr ist allerdings nicht immer<br />

mit Sonnenschein zu rechnen. Vor allem im<br />

November und Dezember − rund um den<br />

Welt-<strong>Aids</strong>-Tag − braucht es viel heißen Tee,<br />

um gegen die Kälte anzukommen.<br />

Antje und Herbert, zwei von fünf ehrenamtlichen<br />

MitarbeiterInnenn der „Tafelrunde“,<br />

warten auf ihre Gäste. Seit Jahren versorgt<br />

die <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> jeden Montag 24<br />

DrogenkonsumentInnen, und seit fast einem<br />

Jahr weitere 15 HIV-positive Menschen<br />

mit Lebensmitteln der <strong>Münchner</strong> Tafel.<br />

Armut ist bei vielen unserer KlientInnen ein<br />

Problem. Umso wichtiger ist eine gut gefüllte<br />

Tüte mit Lebensmitteln.<br />

12<br />

Die Kampagne „Für immer. Dein <strong>Aids</strong>“<br />

erregte große Aufmerksamkeit beim Christopher<br />

Street Day in München: Überall in<br />

der Stadt gab es Großplakate zu sehen,<br />

wurden Postkarten verteilt und Anzeigen<br />

in Szenemagazinen geschaltet. Die Website<br />

www.make-love-not-aids.de informierte<br />

virtuell. Ein Highlight war die Projektion auf<br />

eine Häuserwand in der Müllerstraße während<br />

der Nächte um den Christopher Street<br />

Day im August. Die Kampagne wurde von<br />

der Agentur Wächter & Wächter kostenlos<br />

entwickelt und komplett über Sponsoren<br />

finanziert.<br />

Fast 80 Schulklassen besuchen jedes Jahr<br />

die <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>, um sich über HIV<br />

und <strong>Aids</strong> zu informieren. Sie verbringen<br />

einen Vormittag in der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>,<br />

bekommen viel Informationen und lernen<br />

HIV „hautnah“ kennen: Bei den Präventionsveranstaltungen<br />

berichten meist Betroffene<br />

aus ihrem Leben und stellen sich den Fragen<br />

der SchülerInnen. Die meisten Veranstaltungen<br />

finden in Kooperation mit der AOK München<br />

und ihrem Schulservice statt.<br />

Ein Dankeschön an alle SpenderInnen, die<br />

es 17 Klienten aus dem Projekt Betreutes<br />

Wohnen ermöglicht haben, dem Alltag mit<br />

all seinen Sorgen zu entfliehen und eine<br />

Woche im italienischen Jesolo mit Sonne,<br />

Strand und Meer zu verbringen.<br />

Trotz anfangs widriger Wetterlage fanden<br />

sich am 9. September über 500 LäuferInnen<br />

zum Run for Life <strong>2007</strong> hinter dem<br />

Haus der Kunst ein. Der Schirmherr, ein gut<br />

gelaunter Oberbürgermeister Christian Ude,<br />

gab das Startsignal. Der jüngste Läufer war<br />

8 Jahre, der älteste 71 Jahre. Durch Teilnehmerbeiträge,<br />

Sponsorengelder und Spenden<br />

kamen dabei über 13.000 Euro zusammen,<br />

die direkt der Arbeit der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong><br />

zugute kommen.


So wie hier die SchauspielerInnen Sissy<br />

Höfferer, Joachim Król sowie an weiteren<br />

Tagen Isabella Jantz, Katrin Ritt, Giovanni<br />

Arvaneh, Diana Körner, Katrin Filzen,<br />

Eva-Katrin Hermann, Julia Thurnau und<br />

das Team von 95,5 Charivari waren am<br />

1. Dezember wieder viele Prominente und<br />

ehrenamtliche MitarbeiterInnen rund um<br />

den Welt-<strong>Aids</strong>-Tag für die <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<br />

<strong>Hilfe</strong> am Sendlinger Tor aktiv. Und Tausende<br />

von <strong>Aids</strong>-Teddys fanden ein neues Zuhause.<br />

Auch in diesem Jahr wird am Stand der<br />

<strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> wieder prominente<br />

Unterstützung zu finden sein.<br />

Philipp Lahm, Nationalspieler des FC Bayern<br />

München, besuchte am 11. Oktober das<br />

Café Regenbogen der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>,<br />

um sich bei Betroffenen über ihr Leben mit<br />

HIV zu informieren. Nach einem ausführlichen<br />

Gespräch mit fünf positiven haupt-<br />

und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen zeigte<br />

sich der Fußballer, auch nationaler Botschafter<br />

des Welt-<strong>Aids</strong>-Tages <strong>2007</strong>, sehr bewegt<br />

von ihren vielschichtigen Problemen.<br />

Foto: Thomas Niederbühl, Geschäftsführer<br />

der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>, heftete dem sympathischen<br />

24-jährigen Sportler die rote<br />

Schleife ans Revers, Philipp Lahm bedankte<br />

sich mit einem T-Shirt.<br />

Petition erfolgreich<br />

MitarbeiterInnen der AG <strong>Aids</strong> & Haft in Bayern hatten im Bayerischen<br />

Landtag eine Petition eingereicht, die das Verbot für Menschen mit<br />

HIV und Hepatitis aufheben sollte, den Fitnessraum in der JVA Stadelheim<br />

zu nutzen. Bis dahin war es den betroffenen Gefangenen<br />

wegen einer Entscheidung des Anstaltsarztes verwehrt, Fitness zu<br />

betreiben. Der Eingabe wurde in der öffentlichen Sitzung des zuständigen<br />

Landtagsausschusses am 15. November letzten Jahres<br />

stattgegeben. Bundesweit war dies die erste erfolgreiche Petition<br />

aus dem Haftbereich seit Jahren. Für Gefangene in den bayerischen<br />

Haftanstalten wird damit ein Zustand beendet, der zu Recht als diskriminierend<br />

galt. Gerade in Haft können irrationale Infektionsängste<br />

leicht in die Diskriminierung der Betroffenen umschlagen. Sie werden<br />

nur noch als wegzusperrende Virenträger wahrgenommen. Um eine<br />

vernünftige Prävention auch in Haft durchsetzen zu können, hilft nur<br />

Aufklärung und Information − ein Ziel, das die <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong><br />

mit ehrenamtlichen MitarbeiterInnen der JVA-Gruppe verfolgt. Die<br />

Pressemitteilung zur erfolgreichen Petition ist nachzulesen unter<br />

www.muenchner-aidshilfe.de<br />

Betreutes Wohnen<br />

Die <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> bietet in ihrem Projekt Betreutes Wohnen folgende<br />

Angebote: Intensiv betreute Wohngemeinschaft (24 Stunden)<br />

für sieben BewohnerInnen; drei Wohn- und Betreuungsplätze in unserer<br />

3-er Wohngemeinschaft im Glockenbachviertel; zwei Wohn- und<br />

Betreuungsplätze in zwei Appartements in der Müllerstraße sowie 33<br />

Plätze mit unterschiedlichen Betreuungsintensitäten (Schlüssel 1:6<br />

und 1:8). Wir bieten individuelle <strong>Hilfe</strong> für Betroffene in unterschiedlichen<br />

Lebenssituationen.<br />

13


Neulich montags im Café Regenbogen<br />

7.45 Die ersten Mitarbeiter stehen schon vor der Tür.<br />

7.48 Der Personalkaffee ist aus.<br />

Gott sei Dank öffnet der Nahkauf um 8 Uhr.<br />

8.00 Die erste telefonische Krankmeldung.<br />

Wie viele werden noch folgen?<br />

Der Brotteig wird angesetzt.<br />

Die Personalumkleide muss gelüftet werden.<br />

8.15 Der Kaffee ist fertig. Pause. Die Aschenbecher füllen sich.<br />

Es muss noch geputzt werden. Wo bleibt die Putzcrew?<br />

Es fehlen schon wieder zwei Kochjacken.<br />

8.30 Die mittlerweile um drei weitere Krankmeldungen (sogenannte<br />

Montagskrankheit) reduzierte Küchenmannschaft<br />

bewegt sich in die Lagerräume. Das erste Drama bahnt<br />

sich an: Es wurden keine Tomaten geliefert, noch mal Nahkauf.<br />

Heute gibt es Gemüsecremesuppe, gefüllte Tomaten<br />

mit Frischkäse, Schweinebraten mit Semmelknödel, Apfelkücherl<br />

mit Sahne, Tomaten, Mozzarella. Basilikum wird<br />

gestrichen, der Rest für die Standardkarte ist vorhanden.<br />

9.00 Die erste Schnittwunde muss in der Küche verbunden<br />

werden. Die Kellner trudeln langsam ein.<br />

9.05 Wir vermissen immer noch den Mitarbeiter vom Putzdienst.<br />

Jetzt müssen die Kellner mithelfen. Erster Unmut regt sich.<br />

9.15 Der erste Unmut entlädt sich im Streit zwischen Kellner<br />

und Küchenhelfer. Wer hat wem was anzuschaffen? Krisenintervention<br />

ist fällig.<br />

9.30 Der Personalkaffee ist schon wieder aus.<br />

Es stehen noch an: eine Getränkebestellung, zwei<br />

Einstellungsgespräche, zwei Cateringanfragen müssen<br />

beantwortet, ein Arbeitszeugnis geschrieben werden. Die<br />

Abendkarte ist noch nicht fertig. Der Einkauf Großmarkt<br />

muss vorgezogen werden.<br />

10.00<br />

Der Dampfkonvektomat fällt aus. Es war aber nur die<br />

Thermosicherung. Gut, dass das Brot schon fertig ist. Es<br />

riecht gut.<br />

14<br />

10.05<br />

Jetzt ist Stau vor dem Konvektomaten.<br />

Was zuerst: Schweinebraten oder Tomaten?<br />

10.30<br />

Vom Nachbarn des Putzmannes erreicht uns die Nachricht,<br />

dieser habe am Vortag ein schlechtes Weißbier getrunken.<br />

Er falle für heute aus.<br />

10.35<br />

Es kracht in der Spülküche: Fünf Teller gehen zu Bruch.<br />

Die Stimmung ist gut.<br />

10.45<br />

Die Anzahl der Mitarbeiter liegt jetzt bei 20 Personen (statt<br />

30 in der Tagschicht). Der Putzmann für die zweite Schicht<br />

ist auch da.<br />

11.00<br />

Die Suppe ist versalzen. Wer ist verantwortlich? Suppe neu<br />

aufsetzen. Der Öko-Lieferant kommt verspätet und hat nur<br />

die Hälfte der Bestellung dabei.<br />

11.30<br />

Die ersten Gäste besetzen ihre Stammplätze. Die Espressomaschine<br />

ist noch nicht an, die Kasse ist noch nicht programmiert.<br />

Die Kartoffeln sind fertig, aber keiner kann den<br />

Topf tragen. Ein Bewerber ist zum Vorstellungsgespräch da.<br />

11.45<br />

Die Kasse ist programmiert. Über die Einteilung des Servicebereichs<br />

geraten zwei Kellner in Streit. Das Schlichtungsgespräch<br />

wird auf Nachmittag verschoben (nicht vor den<br />

Gästen!).<br />

12.00<br />

Es ist mal wieder geschafft:<br />

Das Essen ist fertig, die Frisur sitzt.<br />

Guten Appetit!<br />

Protokoll: Michèle Lutzenberger und Horst Schreck<br />

Café Regenbogen


Helfen Sie uns helfen!<br />

!<br />

Seit über 20 Jahren setzt die <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> <strong>Hilfe</strong> und<br />

Solidarität gegen die Ausgrenzung von Menschen mit HIV,<br />

MigrantInnen, schwulen Männern und Drogen gebrauchenden<br />

Menschen. Damit Menschen mit HIV und <strong>Aids</strong> auch in Zukunft<br />

umfassende Hilfsangebote erhalten, braucht die <strong>Münchner</strong><br />

<strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> Ihre Unterstützung.<br />

Spendenkonto<br />

Stadtsparkasse München<br />

BLZ 701 500 00<br />

Konto 47 47 42<br />

Die <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> e.V. ist als gemeinnütziger und<br />

mildtätiger Verein vom Finanzamt anerkannt. Ihre Spende<br />

können Sie also steuerlich geltend machen. Damit wir Ihnen<br />

eine Spendenquittung zuschicken können, vergessen Sie<br />

bitte nicht, uns Ihre Anschrift (Straße, Hausnummer, PLZ, Ort)<br />

bei der Überweisung mitzuteilen. Ihren Namen müssen Sie<br />

nicht eintragen, er wird automatisch von Ihrer Bank an uns<br />

übermittelt. Falls Sie weitere Fragen haben sollten oder uns<br />

auf eine noch nicht erhaltene Spendenquittung aufmerksam<br />

machen möchten, steht Ihnen unser Mitarbeiter Peter<br />

Becker gerne telefonisch (089-54 333-10) oder per E-Mail<br />

(peter.becker@muenchner-aidshilfe.de) zur Verfügung.<br />

Foto: P.O.A.<br />

Impressum<br />

das Magazin der <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> e.V. wird<br />

herausgegeben und verlegt von <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> e.V., Geschäfts-<br />

und Beratungsstelle, Lindwurmstr. 71, 80337 München, Telefon<br />

089-54 333 - 0, Fax 089-54 333 - 111, info@muenchner-aidshilfe.de,<br />

www.muenchner-aidshilfe.de<br />

Redaktion: Marion Hölczl, Thomas Niederbühl, Michael Tappe. MitarbeiterInnen<br />

dieser <strong>Ausgabe</strong>: Christopher Knoll, Christian Kranich, Diana<br />

Zambelli. Verantwortlich für den Inhalt: Thomas Niederbühl. Titelfoto:<br />

Isabella Jantz © P.O.A. PicOneAgency. Grafikdesign: Rosemarie Rosen.<br />

Lektorat: Marina Burwitz. Druck: Lipp Grafische Betriebe, München.<br />

Auflage: 5000.<br />

Die <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong> dankt Lipp Graphische Betriebe für die<br />

freundliche Unterstützung.<br />

Ihr direkter Draht zur <strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong><br />

Geschäftsführung<br />

Thomas Niederbühl, E-Mail: thomas.niederbuehl@muenchner-aidshilfe.de<br />

Spenden<br />

Peter Becker, E-Mail: peter.becker@muenchner-aidshilfe.de<br />

Ehrenamt<br />

Peter Wiessner, E-Mail: peter.wiessner@muenchner-aidshilfe.de<br />

Beratungsstelle<br />

Montag bis Donnerstag 9 - 17 Uhr<br />

Freitag 9 - 14 Uhr<br />

Telefon 089-54 333-0<br />

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Anonyme Telefonberatung<br />

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Telefon 19 411<br />

HIV-Therapie-Hotline<br />

Montag bis Donnerstag 16 - 19 Uhr<br />

Telefon: 089-54 333-123<br />

E-Mail: therapie.hotline@muenchner-aidshilfe.de<br />

Betreutes Wohnen<br />

E-Mail: betreutes.wohnen@muenchner-aidshilfe.de<br />

Café Regenbogen<br />

E-Mail: regenbogen@muenchner-aidshilfe.de<br />

Checkpoint München<br />

Anonymer HIV-Schnelltest<br />

Montag und Donnerstag 17 - 20 Uhr<br />

E-Mail: checkpoint@muenchner-aidshilfe.de<br />

Rosa Alter<br />

Beratungsangebote und Wohngemeinschaft für ältere schwule Männer<br />

mit und ohne HIV, E-Mail: diana.zambelli@muenchner-aidshilfe.de<br />

Telefon: 089-54 333-314<br />

Newsletter<br />

Bitte abonnieren unter www.muenchner-aidshilfe.de<br />

Wohnung gesucht<br />

!<br />

HIV-Infizierte haben es besonders schwer, eine bezahlbare<br />

Wohnung zu finden. Häufig machen sie die Erfahrung, dass<br />

HIV-positive MieterInnen nicht willkommen sind. Man könnte<br />

sich ja doch an der Türklinke anstecken. Deshalb suchen<br />

wir ständig preisgünstige Ein- bis Zwei-Zimmerwohnungen.<br />

Wenn Sie eine Wohnung anbieten können oder einen Tipp<br />

haben, freue ich mich über Ihren Anruf: Johanna Schneider,<br />

<strong>Münchner</strong> <strong>Aids</strong>-<strong>Hilfe</strong>,<br />

Tel. 089-54 333-116<br />

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