Hochburg der Schleppjagden

sport
Niedersachsen „wo die Jagd zu Hause ist“
Hochburg der
Schleppjagden
Niedersachsen ist die Hochburg der Schleppjagd in Deutschland. Vier renommierte
Meuten sind hier zu Hause: Die Niedersachsen-Meute in Dorfmark, die Böhmer
Harrier Meute und die Brandenburger Meute in Böhme bei Rethem und auch
der Hamburger Schleppjagdverein. Der älteste Schleppjagdverein Deutschlands –
„Tradition seit 1866“ – hat zwar den Stadtstaat im Namen, aber die Hunde leben
auf Gut Schnede, ganz in der Nähe von Luhmühlen. Das Jagdjahr ist noch nicht zu
Ende – auch im Dezember und je nach Wetter noch darüber hinaus wird weiter
geritten – aber eine Bilanz lässt sich schon ziehen: Es war eine großartige Saison,
und es ist weit mehr als kostümiertes Brauchtum, was da mit den Hunden im
Galopp gepflegt wird.
Die Niedersachsen-Meute
hat inzwischen deutlich
mehr als 600 Mitglieder
und ist damit der mit weitem Abstand
stärkste Schleppjagdverein
in Deutschland. Knapp ein
Drittel sind Jugendliche – auch
das ist einzigartig. Bei dem jährlichen
Jugendlehrgang über eine
ganze Woche, den der Meutegründer
Christian von Loesch vor
einem halben Jahrhundert eingeführt
hat, haben schon Generationen
von Jagdreitern mitgemacht
und sind dann als „Alt-Jugendliche“
Betreuer gewesen. Auch
Hochzeiten haben dort schon
ihren Anfang genommen. Die
Meute selbst ist Familiensache
und wird das auch weiter bleiben:
Die dritte Generation macht sich
auf den Weg ins Masteramt. Dr.
Max Sponagel (dritter Sohn von
Carmen von Loesch), Cosimo von
Dungern (jüngster Sohn von Camill
von Dungern und Camilla von
Loesch) und Casimir und Leonhard
von Schultzendorff haben in
dieser Saison die Hunde geführt.
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Paul von Schultzendorff (ältester
Sohn von Egbert von Schultzendorff
und Cosima von Loesch)
betreut die Jugendlichen des Vereins.
Und die vierte Generation ist
bereits in der Equipage aktiv: Celina
Löbbecke (16), Enkelin des
Masters Camill, reitet aktiv an den
Hunden.
47 Jahre Jagd
im Solling
Jugend ist die Basis für die Zukunft,
aber dabei wird auch Vergangenheit
gegenwärtig gehalten.
Seit 47 Jahren jagt die
Niedersachsen-Meute in Neuhaus
im Solling und 47 Mal ist auch
Bernd Büttner mitgeritten. Der
Landwirt aus Steimke bei Uslar
hat mit 14 seine erste Jagd absolviert
und war beim ersten Mal in
Neuhaus dabei. Jetzt setzt er alles
daran das Jubiläum 2015 noch
aktiv zu bestreiten. „Ich bin 68
und meine Stute ist jetzt 16.“ Die
Planungen für das Jubiläum hat
Torsten Koßmann, seit 13 Jahren
Jagdherr im Solling, bereits begonnen.
Die Teilnehmer-Zahlen
der Jagd sind bereits wieder verdoppelt
nach etlichen mageren
Jahren bis jetzt über gezielte Lehrgänge
wieder Jugendliche gefunden
worden sind.
Neubau des
Hundezwingers
Parallel zu den sportlichen Terminen
beschäftigt der Neubau des
Hundezwingers die Dorfmarker. Eine neue Hundehütte – big deal?
Wenn vier Dutzend große Foxhounds
tiergerecht und handlich
für die Betreuer untergebracht
werden müssen, ist dazu ein Neubau
in der Dimension eines stattlichen
Eigenheims notwendig. Die
finanzielle Belastung ist entsprechend.
Mehr als die Hälfte der
Im september war richtfest
für den neuen Hundestall in
Dorfmark. Jetzt ziehen die Hunde
ein. Egbert von schultzendorff als
Bauherr überwacht die Baustelle
und begrüßte die Gäste.
Foto: Schlemm
Foto: Sievers
Bausumme in Höhe einer Viertel-Million
Euro ist bislang durch
Spenden gedeckt. Mehr sind willkommen.
Der Einzug steht bevor,
„sofern uns der Winter keinen
Strich durch die Rechnung
macht“, sagt der Bauherr Egbert

von Schultzendorff. „Wir sind voll
im Plan, aber Frost kann die Versiegelung
von Boden und Wänden
noch behindern.“
Die
„blauen Reiter“
Die Böhmer Harrier unter Master
Thorsten Mönchmeyer haben
sich eine „corporate identity“ als
„blaue Reiter“ geschaffen. Binnen
kürzester Zeit sind ihre dunkelblauen
langen Jagdröcke ein
Markenzeichen geworden für besonders
sportliches Reiten. 31
Termine hat die Meute
2012 zu reiten. Mehrmals
wurde das Pack
halbiert und ist an zwei
Terminen zugleich gelaufen,
war oft drei Mal
an einem Wochenende
im Einsatz. Geführt wurden
die Hunde dann
auch von Stephanie Boss.
Die ehemalige Vielseitigkeitsreiterin
ist die
Tochter des Masters aus
dem Rheinisch-Westfälischen
Schleppjagdverein, Günter
Dörken, und bringt lebenslange
„In schnellem tempo denken und handeln“ verlangt die schleppjagd hinter der Hundemeute.
Augenmaß und rücksichtnahme sind wichtig und fordern reiterliches Können:
Die Niedersachsenmeute (rot) und die Böhmer Harrier (blau) in Isernhagen.
Pferde- und Hunde-Erfahrung
mit ein. Hinter
den Böhmern standen
bislang auch Eugen
Klein und Dr. Gerhard
Bosselmann, Rechtsanwalt
der eine und Bäckerei-Unternehmer
der
andere, beide aus Isernhagen
„wo die Jagd zu
Hause ist“. Die feierliche
Schleppjagd am Hubertustag
(3. November)
auf dem Gelände,
wo ehemals die Kavallerieschule
Hannover beheimatet war, lockte
jetzt wieder knapp 100 Reiter aus
dem ganzen Bundesgebiet und
sogar aus dem Ausland. Sechs
Jahre haben die Harrier mit den
Foxhounds der Niedersachsen-
Meute in deren „Stamm-Land“
die Schleppe verfolgt. Nicht weniger
als 35 dicke Hindernisse auf
16 Kilometern: Diese Jagd gilt
als die schwerste im Land – und
dementsprechend selektiv ist auch
das erste Feld besetzt. Im kommenden
Jahr wird der RV Isernhagen
100 Jahre alt – man darf auf
diese Jubiläumsjagd besonders
gespannt sein. ➜
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sport
sie kommen aus allen Lagern auf die schleppe und haben gemeinsam
spaß: Vanessa Bölting (mit Helmkamera) reitet Vielseitigkeit, Wolfgang
Kailing findet sich auch auf dem poloplatz zurecht.
Sportlicher
Wettkampf
Die Böhmer veranstalten in 2013
auch zum zweiten Mal das Jagdreiter-Championat
in Warmeloh.
Dieser Mehrkampf für versierte
Jagdpferde soll dann später
im turnusmäßigen Wechsel mit
dem Paargeländeritt der Niedersachsen-Meute
stattfinden.
Jagdreiter können auch sportlichen
Wettkampf um Sieg und
Platz. Und haben dabei trotzdem
Spaß – und Musik. Die Harrier
bieten dazu auch eine eigene
Parforce-Horn-Gruppe auf.
Die Meute-Fanfare zum Mitsin-
reitsport
MAGAZIN
InformatIonen
www.niedersachsenmeute.de
www.harrier24.de
www.hsjv.com
www.brandenburgermeute.de
www.schleppjagd24.de
www.drfv-jagdreiten.de
Elrike Hemme, 12, ist die jüngste pikörin der
Niedersachsen-Meute. sie hat in Isernhagen im 1. Feld
bestanden UND kennt die Namen der Hunde.
gen hat der Japaner Keiji Takao
komponiert. Junge Jagdreiter treffen
sich nicht nur draußen im Gelände
sondern auch auf facebook,
wo die „Young Harriers“ eine eigene
Kommunikationsplattform
finden. Nicht nur neue Jagdherren
werden betreut über Regional-Beauftragte.
Die Harrier nutzen ihre
weitläufig verteilten Mitglieder
als Ansprechpartner und Anlaufstelle,
die vor Ort Tipps und Hinweise
für eine gelungene Jagd
geben können.
Professioneller
Huntsman
Der Hamburger Schleppjagdverein
geht in dieser Saison neue Wege
und erprobt sich in team work.
Nach einem fliegenden Rückzug
des bisherigen Amtsinhabers mitten
in der Saison wird das Masteramt
von Mitgliedern der Equipage
im Wechsel ausgeübt. „Das klappt
hervorragend“, wurde allerseits
Foto: Ix
bestätigt. Die Hamburger bauen
jetzt zunehmend auf Jens Möllering,
einen Ex-„Böhmer“, den die
Liebe und der Beruf zum Meutewechsel
nach Hamburg bewogen
hat. Die tägliche Arbeit mit den
Hunden auf Gut Schnede besorgt
Heiko Lindner, einer von zwei professionellen,
das heißt fest angestellten
Huntsmen in Deutschland.
Jeder ist ein
Gewinner
Die Brandenburger Meute aus
französischen Bracken jagt vornehmlich
in den neuen Bundesländern.
Hervorgegangen aus
der ehemaligen Böhmer Beagle
Meute, gegründet von Hinrich
Mönchmeyer 1985, ist diese
Meute letztlich auch die Keimzelle
für die Harrier Meute, die
von Mönchmeyers Sohn Thorsten
geführt wird. Das Pack der
niedersächsischen „Brandenburger“
wird nicht nur von „Chef
Hinnerk“ geführt sondern auch
von einer Schwiegertochter bzw
Schwägerin, Svenja Mönchmeyer.
Es bleibt halt alles irgendwie in
der Familie bei den Jagdreitern.
Man kennt sich und reitet entweder
gemeinsam oder getrennt –
immer vorwärts, aber nie in verbissener
Konkurrenz sondern
jeder als ein Gewinner.
Petra Schlemm
Foto: Sievers