Heft 2/2004 - Pro Tier
Heft 2/2004 - Pro Tier
Heft 2/2004 - Pro Tier
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PRO<br />
2/<strong>2004</strong><br />
SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR TIERSCHUTZ<br />
Die Bärenwaisen<br />
von Kuterevo<br />
Stierkampf<br />
in Portugal
Impressum Inhalt<br />
Wir geben <strong>Tier</strong>en ein Zuhause 4<br />
Zeitschrift der Schweizerischen<br />
Gesellschaft für <strong>Tier</strong>schutz/<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong>,<br />
Zürich<br />
Nr. 2 Juni <strong>2004</strong><br />
32. Jahrgang<br />
Erscheint 4x jährlich<br />
Abonnement<br />
Mitglieder erhalten die Zeitschrift<br />
kostenlos<br />
Jahresbeitrag Fr. 30.–<br />
Jugendmitglieder (bis 18 Jahre) Fr. 20.–<br />
Einzelnummer Fr. 6.–<br />
Jahresabonnement Fr. 20.–<br />
Redaktion:<br />
Rita H. Dubois (rd)<br />
Ständige Mitarbeiter:<br />
Nathalie Dubois (nd)<br />
Ulrich Karlowski (uk)<br />
Ulrike Kirsch (uki)<br />
Mitarbeit an dieser Ausgabe:<br />
R. A. Attinger<br />
Alle Rechte vorbehalten. Jede Art der<br />
Weiterverwendung der Artikel und Bilder<br />
nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Genehmigung<br />
der Redaktion.<br />
Die Beiträge decken sich nicht unbedingt<br />
mit der Meinung der Redaktion und des<br />
Vorstandes<br />
Titelbild:<br />
Die Bärenwaisen von Kuterevo<br />
Foto: Ulrich Karlowski<br />
Layout:<br />
proVista – prepress, publishing, design<br />
Urs Widmer, 4123 Allschwil<br />
Druck:<br />
Fotorotar AG, 8132 Egg<br />
SCHWEIZERISCHE<br />
GESELLSCHAFT<br />
FÜR TIERSCHUTZ<br />
Alfred-Escher-Strasse 76<br />
CH-8002 Zürich<br />
Telefon: 01 201 25 03<br />
Telefax: 01 201 26 23<br />
Postcheck: 80-37221-2<br />
E-Mail: tierschutz@protier.ch<br />
URL: www.protier.ch<br />
Die Bärenwaisen von Kuterevo 6<br />
Stierkampf in Portugal – ein Augenzeugenbericht 12<br />
Stierkampf: Was können Sie dagegen tun? 17<br />
Mikrochips für Haustiere: Erst das <strong>Tier</strong> und dann der Mensch? 18<br />
Schwein gehabt Eber, dank <strong>Pro</strong>jekt von kagfreiland 21<br />
Bärenjagd in Osteuropa 24<br />
Bärenwilderei in Alaska nimmt zu 25<br />
Auch unter Hummeln gibt es Pedanten und Pfuscher 26<br />
EU versagt beim Verbot der Haiflossen-Fischerei 27<br />
Holt uns hier raus: Raubtiere in Zoos werden oft krank 28<br />
Samtpfoten seit 9500 Jahren an der Seite des Menschen 29<br />
Bei Gefahr: Schnabel halten! 30<br />
Gute Kumpels bei Esel, Schaf & Co. 30<br />
Chamäleon: Wenig erforschte Zeugen aus der Saurierzeit 31<br />
Nur mit Ihrer Hilfe können wir helfen! 36<br />
Exotische <strong>Tier</strong>e erobern Florida 37<br />
Buchbesprechungen 32<br />
Kurznachrichten 34<br />
<strong>Pro</strong>jekte + Kampagnen 38<br />
Patenschaften 39<br />
Die Bärenwaisen von Kuterevo<br />
Mikrochips für Haustiere<br />
2 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
6<br />
18<br />
Stierkampf in Portugal<br />
Schwein gehabt Eber<br />
12<br />
21
Liebe <strong>Tier</strong>freunde<br />
Ende April kehrte ich von einer<br />
Reise nach Kroatien zurück,<br />
die mich sehr bewegt<br />
hat. Zusammen mit dem Bärenspezialisten<br />
Gerard Baars besuchten<br />
ich das Bärenrefugium in Kuterevo<br />
einem kleinen Dorf im Velebit-Gebirge.<br />
Die Initianten dieser Auffangstation<br />
baten um finanzielle<br />
Hilfe für ihr <strong>Pro</strong>jekt. Zwei 12 Wochen<br />
alte Bären-Waisen müssen in<br />
einem alten Hühnerstall leben, da<br />
das Geld für ein artgerechtes Gehege<br />
fehlt.<br />
Als ich im Refugium eintraf, streckten<br />
mir zwei stürmische Bärenkinder<br />
ihre Tatzen durchs Gitter entgegen<br />
und wollten spielen. Immer<br />
wieder riefen sie laut fiepend nach<br />
ihrer Mutter, die von einem Jäger<br />
erschossen worden ist. Der Hüherstall<br />
ist viel zu klein für die beiden,<br />
doch etwas anderes können ihnen<br />
die engagierten Bärenschützer aus<br />
Kutervo zur Zeit nicht bieten, ein<br />
Grosssponsor hat erst kürzlich seine<br />
Unterstützung eingestellt.<br />
Dieses <strong>Pro</strong>jekt liegt mir sehr am<br />
Herzen und ich bin mir sicher, dass<br />
Sie mit mir einig sind, wenn Sie den<br />
ausführlichen Bericht auf Seite 6<br />
gelesen haben, <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> muss den<br />
kleinen Bären zu einem artgerechten<br />
Zuhause verhelfen.<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Editorial<br />
Stierkämpfe gehören zu den verwerflichsten<br />
<strong>Tier</strong>quälerein. Aus Portugal<br />
wird immer wieder versichert<br />
in ihrem Land, seien diese Machokämpfe<br />
keine <strong>Tier</strong>quälerei, die Stiere<br />
würden nicht getötet. Doch der<br />
Augenzeugenbericht auf Seite 12,<br />
wiederlegt diese Augenwischerei.<br />
Es stimmt zwar, der Stier kommt<br />
mit dem Leben davon, doch das<br />
heisst nur, dass sein Leiden weitergeht.<br />
Die Sommerferien stehen vor der<br />
Tür. Bitte unterstützen Sie an Ihrem<br />
Ferienort keine <strong>Tier</strong>quälerein. Besuchen<br />
Sie keine Stierkämpfe, bezahlen<br />
Sie kein Geld für Fotos am<br />
Strand mit einem Löwen- oder Affenbaby;<br />
in Osteuropa oder Indien<br />
für den makaberen Auftritt eines<br />
Tanzbären. Machen Sie keine Aus-<br />
Für mehr Informationen über unsere Tätigkeit besuchen<br />
Sie uns bitte im Internet unter: www.protier.ch<br />
Foto: Martin Siegenthaler<br />
ritte auf ausgemergelten Pferden<br />
oder Eseln. Kaufen Sie keine Souvenirs<br />
die mit <strong>Tier</strong>leid verbunden<br />
sind. Es ist leider eine Tatsache,<br />
dass viele <strong>Tier</strong>qualen von den Touristen,<br />
bewusst oder unbewusst,<br />
unterstützt werden.<br />
Ich wünsche Ihnen einen schönen<br />
Sommer und danke Ihnen für Ihre<br />
Hilfe und Unterstützung.<br />
Ihre<br />
Rita Dubois<br />
Geschäftsführerin<br />
3
Gina fühlt sich bei ihren neuen Besitzern rundum wohl.<br />
Sie hat sich sehr schnell eingelebt und bereitet Frauchen<br />
und Herrchen viel Freude. Sie ist mittlerweile der<br />
Liebling im Quartier. Auch mit der Erziehung klappt es<br />
inzwischen bestens. Gina hat gelernt, wie man sich als,<br />
inzwischen erwachsener, Hund benimmt.<br />
Bär, 8-jährig. Seinen Namen<br />
hat der Schäfermischling<br />
nicht von ungefähr – mit seinem<br />
wuschligen Fell sieht er<br />
wirklich etwas aus wie ein<br />
Bär. Der äusserst gutmütige<br />
Rüde hat sein geliebtes Herrchen<br />
verloren und wartet nun<br />
im <strong>Tier</strong>heim auf eine neue<br />
Chance. Er würde gut zu älteren,<br />
aber noch rüstigen Leuten<br />
passen und hätte auch mit schon etwas grösseren<br />
Enkeln keine <strong>Pro</strong>bleme. Mit anderen Hunden versteht<br />
er sich bestens.<br />
Foto: © Martin Siegenthaler<br />
Foto: © Martin Siegenthaler<br />
Glückspilz<br />
Todesfall<br />
Hundehaltung<br />
verboten<br />
Wir geben <strong>Tier</strong>en<br />
Pepe, 3 /4-jährig. Der kleine,<br />
hellbeige Terrier-<br />
Mischlingsrüde wurde<br />
im <strong>Tier</strong>heim abgegeben,<br />
weil er unüberlegt<br />
angeschafft wurde. In<br />
der Mietwohnung war<br />
<strong>Tier</strong>haltung nämlich gar<br />
nicht erlaubt. Pepe ist<br />
sehr lebhaft und ver-<br />
spielt. Ein Hundeerziehungkurs würde ihm gut tun und<br />
bietet auch für die neuen Besitzer eine ideale Basis, um<br />
sich kennen zu lernen und die Regeln für das Zusammenleben<br />
festzulegen. Pepe ist ein idealer Familienhund<br />
und kommt auch mit Katzen gut aus.<br />
Foto: © B. Weinrich<br />
Glückspilze<br />
Yuma (ehemals Nero), der schwarze Kater, war einer,<br />
der vielen Bauernhofkatzen, für die wir immer wieder<br />
Plätze suchen. Wie man sieht, hat er sich mit seinem<br />
neuen, gleichaltrigen Kumpel bestens angefreundet und<br />
hat auch seine anfängliche Schüchternheit verloren.<br />
Überdrüssig<br />
Tiger und James,<br />
1 1 /2- u. 2-jährig. Die<br />
beiden Kater wurden<br />
ohne spezielle<br />
Nennung eines<br />
Grundes im <strong>Tier</strong>heim<br />
abgegeben.<br />
Der Besitzer sprach<br />
kaum Deutsch und<br />
sagte nur, dass die <strong>Tier</strong>e weg müssten. Beide sind Auslauf<br />
gewohnt und suchen einen neuen Platz in verkehrsarmer<br />
Gegend. Auch sie sind anhänglich und suchen<br />
menschliche Nähe,<br />
um sich ihre Streicheleinheiten<br />
zu holen.<br />
Es wäre zwar<br />
schön, wenn sie gemeinsam<br />
einen Platz<br />
finden würden, sie<br />
müssen aber nicht<br />
zwingend zusammenbleiben.<br />
Angel und Yuppie (ehemals<br />
Histerie und Nina). Die beiden<br />
Katzendamen fühlen<br />
sich sehr wohl bei ihren<br />
neuen Besitzern und bringen<br />
sie mit ihren übermütigen<br />
Spielen oft zum Lachen.<br />
Da Angel, wie viele<br />
weisse Katzen, taub ist, war<br />
sie anfangs etwas schreckhaft,<br />
aber das hat sich inzwischen<br />
gelegt.<br />
Glückspilz<br />
4 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Foto: © J. Wiederkehr<br />
Foto: © L. Lipari<br />
Foto: © Martin Siegenthaler<br />
Foto: © Martin Siegenthaler
ein Zuhause<br />
Foto: © Martin Siegenthaler Foto: © Martin Siegenthaler<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Scheidung<br />
Simba und Baghira, 5jährig.<br />
Das Geschwisterpaar<br />
lief nach der<br />
Trennung und dem<br />
damit verbundenen<br />
Umzug seiner Besitzer<br />
immer wieder an den<br />
alten Wohnort zurück.<br />
Wahrscheinlich auch,<br />
weil sich zu Hause niemand<br />
mehr so richtig<br />
um sie kümmerte. Da<br />
die ehemalige Besitzerin<br />
sie leider nicht zu<br />
sich nehmen konnte,<br />
überliess sie die beiden<br />
schweren Herzens<br />
ihrem Exmann. Der<br />
zeigte allerdings wenig<br />
Interesse und<br />
kümmerte sich kaum<br />
um die Katzen. Sie<br />
sind beide kastriert<br />
und sehr anhänglich<br />
und verschmust. Simba<br />
und Baghira suchen<br />
einen Platz mit<br />
Auslauf.<br />
Glückspilz<br />
Schmüsi (ehemals Minouche) war eines unserer Sorgenkinder.<br />
Sie schien sich nicht besonders wohl zu fühlen<br />
im <strong>Tier</strong>heim und erbrach auch immer wieder ihr<br />
Futter. Doch wer will schon eine Katze, die gesundheitliche<br />
<strong>Pro</strong>bleme hat? Glücklicherweise gibt es doch immer<br />
wieder <strong>Tier</strong>freunde, die sich von so etwas nicht<br />
abhalten lassen und bereit sind, einem <strong>Tier</strong> eine Chance<br />
zu geben. Unsere Vermutung, dass Schmüsis Erbrechen<br />
auch eine psychische Ursache haben könnte, hat<br />
sich bestätigt: Sie hat sich in ihrem neuen Zuhause bestens<br />
eingelebt und keinerlei gesundheitliche <strong>Pro</strong>bleme<br />
mehr.<br />
Foto: © M. Braun<br />
Piggy und Spooky (ehemals Schnüsi und Boy). Piggy<br />
wurde als «Gspänli» zu einem Kater platziert. Leider<br />
starb dieser aber kurz darauf, und nun war Piggy<br />
alleine. Die Besitzer sahen sich also nochmals im<br />
<strong>Tier</strong>heim Stolzboden um und entschieden sich für<br />
Spooky. Piggy hat es mit dem jungen Haudegen allerdings<br />
nicht immer leicht, da er sehr temperamentvoll<br />
ist. Sie weiss sich aber schon zu helfen und gibt ihm<br />
und ihren Besitzern zwischendurch dann wieder den<br />
Tarif durch.<br />
Wohnungswechsel<br />
Zora und Sämi, ca. 2-jährig. Gleich mehrere Umstände<br />
trugen dazu bei, dass der Kater und die Kätzin nicht<br />
mehr bleiben konnten. Wohnungswechsel und Familienzuwachs<br />
brachten<br />
Veränderungen, die dazu<br />
führten, dass ihre<br />
Besitzer sie weggeben<br />
mussten. Die beiden<br />
sind sehr verschmust<br />
und äusserst liebesbedürftig.<br />
Sie brauchen<br />
sehr viel Zuwendung<br />
und wären bestens in einer<br />
Familie aufgehoben,<br />
wo immer jemand Zeit<br />
für sie hat.<br />
Foto: © Martin Siegenthaler<br />
Unser Spendenkonto<br />
PC: 80-37221-2<br />
Glückspilze<br />
Vermerk: Findeltiere<br />
Schweizerische Gesellschaft für <strong>Tier</strong>schutz<br />
Alfred-Escher-Strasse 76, CH-8002 Zürich<br />
Foto: © A. Gebhart<br />
Foto: © Martin Siegenthaler<br />
5
Ulrike Kirsch<br />
Die<br />
Bärenwaisen<br />
von Kuterevo<br />
Das kleine Dorf Kuterevo liegt in der Nähe des<br />
viel besuchten Nationalparks Plitvicer Seen<br />
und ist nicht weit von der Adriaküste Kroatiens<br />
entfernt. Doch es verirren sich kaum<br />
Touristen in den kleinen Ort im Velebit-<br />
Gebirge, in dem die Zeit stillgestanden<br />
scheint. Er zählt nur 655 Einwohner, fünf<br />
davon sind Braunbärenkinder.<br />
Diese sind auch der Grund für unseren<br />
Besuch. Im Februar hörten wir von der prekären<br />
finanziellen Situation der Bärenstation.<br />
Das Zentrum hatte soeben zwei<br />
anderthalb Monate alte Bärchen aufgenommen,<br />
deren Mutter von einem Jäger<br />
erschossen wurde. Mangels Platz und Finanzen<br />
müssen die Bärengeschwister provisorisch<br />
in einem Hühnerstall leben! Hilfe<br />
ist dringend nötig, um für die Kleinen ein<br />
geeignetes Zuhause zu schaffen. Zusam-<br />
Dank dem Engagement von <strong>Tier</strong>freunden werden<br />
in Kuterevo (Kroatien) Bärenwaisen gerettet und<br />
finden in einer Auffangstation ein neues Zuhause.<br />
Initiant des <strong>Pro</strong>jektes ist Ivan Vernkovi.<br />
men mit dem Bärenexperten Gerard Baars<br />
von der holländischen Bärenschutzorganisation<br />
Alertis, mit der <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> seit vielen<br />
Jahren erfolgreich zusammenarbeitet, reiste<br />
eine <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong>-Delegation nach Kroatien,<br />
um sich vor Ort ein Bild von der Situation<br />
zu machen.<br />
Gerard Baars (Alertis) und Rita Dubois (<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong>),<br />
im Gespräch mit Bärenvater Ivan Crnkovic.<br />
6 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Foto: © Ulrich Karlowski<br />
Foto: © Ulrike Kirsch<br />
Foto: © Ulrike Kirsch
Mara und Ado<br />
Mara Bunja und Ado Bunj, die beiden<br />
jüngsten Bewohner der Station, klettern bei<br />
unserer Ankunft aufgeregt am Drahtzaun<br />
auf und ab. Im Wettbewerb um den besseren<br />
und höheren Platz am Gitter treten sie<br />
sich dabei schon mal gegenseitig auf die<br />
Nase. Obwohl der Verlust ihrer Mutter bereits<br />
einige Wochen zurückliegt, rufen sie<br />
noch immer nach ihr. Sie strecken uns ihre<br />
Pfoten mit den schon jetzt beeindruckenden<br />
Krallen durch das Gitter entgegen und<br />
möchten spielen. Ihre Schnauzen sind<br />
weiss von der gerade beendeten Milchmahlzeit.<br />
Während wir Besucher verzückt<br />
die kleinen Wollknäuel betrachten, erzählt<br />
uns Ivan Crnkovic, einer der Gründer und<br />
ehrenamtlicher Mitarbeiter im Refugium,<br />
vom traurigen Schicksal der beiden. Ihre<br />
Mutter wurde im Februar von einem Jäger<br />
erschossen, angeblich aus Notwehr. Nach<br />
seiner Tat entdeckte er die Bärenhöhle mit<br />
den zwei damals kaum 2000 Gramm<br />
schweren Jungtieren und brachte sie nach<br />
Kuterevo, dem einzigen Refugium für Bä-<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Foto: © Ulrike Kirsch<br />
Foto: © Krunoslav Rac<br />
renwaisen in Kroatien. Dort wurden sie provisorisch<br />
in einem Hühnerstall untergebracht,<br />
denn eine Zusammenlegung mit<br />
den anderen dort lebenden Bären kam aus<br />
verhaltensbiologischen Gründen nicht in<br />
Frage.<br />
Gehege im Karstgebirge<br />
Bärenvater Crnkovic, wie er sich selbst bezeichnet,<br />
führt uns weiter durch das wun-<br />
Das Gehege im<br />
Karstgebirge<br />
Die tägliche<br />
Schoppenmahlzeit<br />
für das verwaiste<br />
Bärenkind.<br />
7
8<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Foto: © Krunoslav Rac
Foto: © Ulrike Kirsch<br />
derschöne, karstige Gelände zu den seminatürlichen<br />
Gehegen der anderen vier Bärenwaisen.<br />
Sie leben in zwei etwa 3000 m 2<br />
resp. 5000 m 2 grossen Einzäunungen am<br />
Rande von Kuterevo: Mrnjo Brundo und<br />
Janja Zora sind mit gut 2 Jahren die Ältesten,<br />
gefolgt von den einjährigen Männchen<br />
Zdravi Gor und Ljubo Lik.<br />
Bärenspezialist Baars erkennt schnell,<br />
dass auch die grossen Gehege von Maras<br />
und Ados Artgenossen noch einiger Verbesserungen<br />
bedürfen. So sollten dringend<br />
mehr Bäume und Sträucher gepflanzt werden.<br />
Auch der Bau von Tunnels, weiterer<br />
Schattenplätze und Wasserlöcher zum Baden<br />
und vor allem blickgeschützte Rückzugsmöglichkeiten<br />
für die Bären sollten so<br />
bald als möglich verwirklicht werden, ebenso<br />
eine Möglichkeit, die Bären zeitweise<br />
voneinander zu trennen.<br />
Bärenstarke Idee<br />
Die Auffangstation wurde vor 2 Jahren vom<br />
ehemaligen Sozialpädagogen Ivan Crnkovic,<br />
der über 30 Jahre in Deutschland lebte,<br />
und dem Sozialwissenschaftler Vladimir<br />
Lay mit finanzieller Unterstützung einer<br />
kroatischen Bank und unter fachlicher Beratung<br />
des kroatischen Bärenspezialisten<br />
und <strong>Tier</strong>arztes <strong>Pro</strong>f. Dr. Duro Huber gegrün-<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
det. Mit ihrer Initiative wollen sie ein Zeichen<br />
setzen: «Wenn die Stoffteddybären<br />
schon als Kuscheltiere für Kinder herhalten,<br />
dann darf nicht verschwiegen werden,<br />
dass für die Rettung der im Wald umherirrenden<br />
Bärenwaisenkinder nichts getan<br />
wird. In der Regel müssen diese qualvoll<br />
verhungern, wenn ihnen nicht rechtzeitig<br />
und fachgerecht geholfen wird», erklärt<br />
Crnkovic, der inzwischen fast sein ganzes<br />
Vermögen in die Bärenstation steckte. Jedes<br />
Jahr verlieren schätzungsweise zehn<br />
Bärenkinder ihre Mütter. Die Bärinnen werden<br />
von gewissenlosen Jägern abgeschossen<br />
oder kommen durch den zunehmenden<br />
Strassen- und Schienenverkehr ums<br />
Leben. Schätzungsweise zwischen 400 und<br />
600 Braunbären leben im kroatischen Teil<br />
des Dinarischen Gebirges, das sich von den<br />
Ostalpen über Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina<br />
und Montenegro bis zu<br />
den Nordalbanischen Alpen erstreckt.<br />
Aufklärung ist nötig<br />
Vorrangig will Crnkovic mit dem Zentrum<br />
den Bärenwaisen eine Chance zum Überleben<br />
geben, doch er hat noch ein viel weiter<br />
reichendes Anliegen. Besucher sollen<br />
sensibilisiert und für den aktiven Bärenschutz<br />
motiviert werden. Die Station, die<br />
Foto: © Ulrike Kirsch<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong><br />
hilft!<br />
Das Bärenrefugium Kuterevo<br />
braucht jetzt dringend<br />
unsere Hilfe! Vor<br />
allen Dingen für die kleine<br />
Mara muss schnellstens<br />
ein eigenes, grosses<br />
Gehege gebaut werden.<br />
Bitte helfen Sie mit!<br />
Mit Ihrer Unterstützung<br />
können<br />
• das dringend benötigte<br />
Gehege für Mara<br />
gebaut<br />
• die bestehenden Gehege<br />
für Mrnjo Brundo,<br />
Janja Zora, Zdravi<br />
Gor und Ljubo Lik verbessert<br />
• die längerfristige Versorgung<br />
der Bärenwaisen<br />
gestellt werden.<br />
Unser Spendenkonto:<br />
80-37221-2<br />
Vermerk Bärenspende<br />
9
Die Operation:<br />
Der Bär Mrnjo Brundo<br />
wird gewogen<br />
<strong>Pro</strong>f. Huber<br />
(links im Bild)<br />
macht letzte<br />
Untersuchungen<br />
Mrnjo Brundo<br />
schläft bereits<br />
tief und fest<br />
Die Kastration<br />
dauert fast<br />
eine Stunde<br />
sich später einmal durch die Einnahmen<br />
von Eintrittsgeldern selbst tragen soll, ist<br />
auch als Ergänzung zu dem bereits teilweise<br />
eingerichteten Bärenwanderpfad gedacht.<br />
Der etwa 42 Kilometer lange Erlebnis-<br />
und Lehrwanderweg mit touristischökologischen<br />
Inhalten liegt ganz in der<br />
Nähe des Refugiums, und mit viel Glück<br />
sieht man dort einen wild lebenden Meister<br />
Petz.<br />
Sinnvolle Zusammenarbeit<br />
Gerard Baars, <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> und die für das <strong>Pro</strong>jekt<br />
verantwortlichen Einheimischen haben<br />
sich zusammengesetzt und zusammen<br />
Strategien erarbeitet, was alles unternommen<br />
werden kann und muss, um dem Refugium<br />
effizient zu helfen, aber auch wertvolle<br />
Anregungen für eine Hilfe zur Selbsthilfe<br />
wurden von Gerard Baars vorgebracht.<br />
Geburtenkontrolle ist nötig!<br />
Das Refugium soll ausschliesslich verwaiste<br />
Bären aufnehmen. Eine Vermehrung dieser<br />
<strong>Tier</strong>e ist nicht sinnvoll. Während unseres<br />
Besuches kastrierten <strong>Pro</strong>fessor Huber<br />
und zwei seiner Mitarbeiter das 2-jährige<br />
Männchen Mrnjo Brundo. Nach der Operation<br />
musste der Bär bereits wieder in sein<br />
Gehege zurückgebracht werden. Was für<br />
ihn nicht ganz ungefährlich war, dauerte es<br />
doch fast 24 Stunden, bis er sich ganz von<br />
seiner Narkose erholt hatte. Zum Glück ist<br />
seine Gefährtin sehr gutmütig und hat sich,<br />
nachdem sie ihn ausgiebig beschnupperte,<br />
neben ihn gelegt. Das ist nicht ganz<br />
selbstverständlich und hätte bei einem sehr<br />
dominanten <strong>Tier</strong> auch weit weniger friedlich<br />
ausgehen können. Eine Möglichkeit, die<br />
<strong>Tier</strong>e voneinander zu trennen, hat daher<br />
grosse Priorität.<br />
Traurige Nachricht<br />
Kurz nach unserer Rückkehr erreicht uns<br />
eine traurige Nachricht: Mara hat ihren Bruder<br />
verloren. Zu spät hatte man die plötzlich<br />
auftretenden Krankheitssymptome bei<br />
Ado Bunj bemerkt, der noch auf dem Weg<br />
in die Zagreber <strong>Tier</strong>klinik starb. Auf Anraten<br />
des Bärenexperten Duro Huber darf<br />
Mara, die sich zum Glück bester Gesundheit<br />
erfreut, nun Zeit mit einem Hund verbringen,<br />
damit sie nicht mehr ganz so einsam<br />
ist. Ein vollwertiger Ersatz kann er ihr<br />
allerdings nicht sein. ■<br />
10 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Foto: © Ulrike Kirsch<br />
Foto: © Ulrike Kirsch<br />
Foto: © Ulrike Kirsch<br />
Foto: © Ulrike Kirsch
Foto: © Krunoslav Rac<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Ein Vermächtnis<br />
für die <strong>Tier</strong>e<br />
Bitte denken Sie bei der Erstellung<br />
Ihres Testaments auch an <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong>.<br />
Sie helfen mit,<br />
dass wir uns auch in Zukunft<br />
effizient für die <strong>Tier</strong>e<br />
einsetzen können.<br />
Für Auskünfte und Beratung<br />
steht Ihnen unsere Geschäftsführerin<br />
Rita Dubois gerne zur Verfügung.<br />
11
Stierkampf mpf in<br />
Portugal – ein<br />
Augenzeugeneugenbericht Nathalie Dubois<br />
Die portugiesische Variante des Stierkampfes wird oft als<br />
humanere Variante der spanischen Corrida angeführt. In<br />
Tat und Wahrheit ist diese «entschärfte» Version jedoch<br />
nur für den Zuschauer leichter verdaulich, da er den<br />
Todesstoss nicht mit ansehen muss. Die <strong>Tier</strong>e leiden aber<br />
genauso und werden danach hinter den Kulissen getötet.<br />
Es ist ein warmer Sommerabend im August. Im Ausnahmebewilligung geschaffen. Es ist<br />
Touristenort Albufeira in der Algarve fin- aber anzunehmen, dass es doch immer<br />
det wie fast jeden Tag während der Hoch- wieder illegal zu Tötungen kommt.<br />
saison ein Stierkampf statt. Hier in dieser<br />
Gegend wird das Spektakel vorwiegend für<br />
Einzug der Stierkämpfer<br />
die Touristen veranstaltet. Auf die Frage der<br />
Kassiererin im Tickethäuschen, was denn<br />
nach dem Kampf mit den Stieren geschieht,<br />
erhalten wir eine fadenscheinige Antwort.<br />
Sichtlicher Stolz schwingt in ihrer Stimme<br />
mit, als sie betont, dass die Stiere natürlich<br />
auf keinen Fall in der Arena getötet<br />
werden. Sie würden danach vielmehr tierärztlich<br />
behandelt und könnten sich auf der<br />
Weide vom Kampf erholen, bis sie dann<br />
erneut eingesetzt werden. Den Stier im<br />
Kampf zu töten, ist in Portugal seit 1928<br />
verboten. Der Todesstoss vor Publikum<br />
wird lediglich noch in Barrancos, einem Dorf<br />
nahe der Grenze zu Spanien, praktiziert –<br />
man hat dort sozusagen eine gesetzliche<br />
Die Arena ist längst nicht voll. Erfreulicherweise<br />
ist nur gut ein Drittel der Sitzplätze<br />
besetzt. Dennoch ist jeder Zuschauer und<br />
somit bezahlte Eintritt einer zu viel. Die Preise<br />
für ein Ticket variieren je nach Abstand<br />
zum Kampfring zwischen 25 und 45 Franken.<br />
Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren<br />
erhalten eine Preisreduktion. Der Anlass<br />
ist also auch für Familien durchaus<br />
erschwinglich. Es sind denn auch erschreckend<br />
viele Kinder unter den Zuschauern.<br />
Einheimische sind kaum auszumachen. Die<br />
paar wenigen werden sich im Verlaufe der<br />
Kämpfe dann aber umso lautstarker bemerkbar<br />
machen und die Stierkämpfer be-<br />
12 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04
jubeln und anfeuern. Die Corrida beginnt<br />
mit den «Cortesias», einer Art Parade, aller<br />
am Kampf Beteiligten. Da sind einmal<br />
die Reiter, die Cavaleiros. Sie sind in<br />
Adelskostüme gekleidet und die «Helden»<br />
des Abends. Helfend zur Seite stehen ihnen<br />
die Bandarilheiros. Sie versuchen, mit<br />
ihren Tüchern, den so genannten Capotes,<br />
den Stier jeweils in eine für den Reiter günstige<br />
Position zu locken, ihn in Bewegung<br />
zu halten oder aber in brenzligen Situationen<br />
von Reiter und Pferd abzulenken. Und<br />
schliesslich sind da noch die Forcados, eine<br />
8-köpfige Truppe von jungen Männern, die<br />
als Abschluss jeden Kampfes ihren «Mut»<br />
beweisen. Es ist eine grosse Ehre, in einer<br />
solchen Gruppe mitzumachen.<br />
Was die Forcados zeigen, ist<br />
zweifellos eine Mutprobe, wenngleich<br />
eine mehr als fragwürdige. Es kann<br />
schnell sehr gefährlich werden,<br />
wie sich am Schluss<br />
des Abends noch zeigen<br />
wird.<br />
Hohe Anforderungen<br />
an Pferd und Reiter<br />
An diesem Abend sind es zwei Männer und<br />
zwei Frauen (!), die sich als Stierkämpfer<br />
messen. Ihre Namen sind in Portugal so<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Der geschundene<br />
Stier ist sichtlich<br />
erschöpft<br />
bekannt wie bei uns diejenigen<br />
von nationalen Fussballstars<br />
oder Popsängern. Wenn sie auf<br />
ihren geschmückten Lusitano-<br />
Hengsten in die Arena reiten, werden sie<br />
mit grossem Applaus und begeistertem<br />
Johlen empfangen. Jeder Reiter hat zwischen<br />
6 und 8 Pferde dabei, welche je nach<br />
Leistungsstärke der <strong>Tier</strong>e nach jeweils etwa<br />
5–8 Minuten ausgewechselt werden. Die<br />
schnellen und rasant gerittenen Angriffsund<br />
Ausweichmanöver verlangen den <strong>Tier</strong>en<br />
viel Kraft und Ausdauer ab. Ein ganzer<br />
Durchgang, der durchschnittlich<br />
20 Minuten dauert, wäre zu<br />
lang für ein<br />
einzelnes Pferd, eine<br />
Ermüdung fatal. Der Stier<br />
hingegen muss die ganze Zeit über<br />
kämpfen, seine Schwächung ist schliesslich<br />
beabsichtigt und Teil des ungleichen<br />
Kampfes. Nach den «Cortesias», die von der<br />
anwesenden Blaskapelle musikalisch untermalt<br />
werden, verlassen alle Beteiligten bis<br />
auf vier Bandarilheiros und den ersten Cavaleiro<br />
den Platz. Reiter und Ross stellen<br />
sich am Rand der Arena auf. Auf der gegenüberliegenden<br />
Seite wird der erste Stier<br />
Das <strong>Pro</strong>grammheft<br />
kündigt ein<br />
«sensationelles<br />
Schauspiel» an.<br />
Fotos: © Nathalie Dubois<br />
Spiesse mit messerscharfen<br />
Spitzen und<br />
Widerhaken.<br />
Fotos Spiesse: © Martin Siegenthaler<br />
13
Bild oben: Einzug<br />
der Stierkämpfer<br />
in die Arena.<br />
Bild unten: Hintereingang<br />
für die<br />
Stiere – gerade so<br />
breit wie die<br />
<strong>Tier</strong>e selbst.<br />
hereingelassen. Einer von sechs, die an diesem<br />
Abend zur Unterhaltung sinnlos gequält<br />
werden sollen. Übermütig und zugleich<br />
irritiert rennt er herum und vollführt<br />
einige Bocksprünge. Nicht jedoch aus Freude,<br />
sondern wohl eher, um die lästigen kurzen<br />
Spiesse, die bereits in seinem Rücken<br />
stecken, loszuwerden. Sie sind kaum sichtbar<br />
und verraten sich nur durch die kurzen<br />
schwarzen Bändchen, die an ihren Enden<br />
flattern. Sie sorgen dafür, dass der Stier<br />
bereits gereizt ist. Zusätzlich aggressiv ist<br />
er vom stundenlangen Eingesperrtsein in<br />
einem dunklen engen Stand. Der Cavaleiro<br />
probiert anhand dieser ersten Reaktionen,<br />
den Stier möglichst genau zu beurteilen:<br />
wie aggressiv er ist und vor allem wie<br />
wendig. Denn ein Reitfehler könnte schwerwiegende<br />
Folgen haben. Obwohl dem Stier<br />
in einer mit Schmerzen und Stress verbundenen<br />
<strong>Pro</strong>zedur die Spitzen der Hörner abgesägt<br />
wurden und die stumpfen Enden mit<br />
einem Lederschutz abgedeckt sind. Ein Hieb<br />
mit dem Kopf kann dem Pferd trotzdem sehr<br />
schmerzhafte stumpfe oder sogar innere<br />
Verletzungen zufügen und es im schlimmsten<br />
Fall zum Stürzen bringen. Nicht auszudenken,<br />
wenn der wütende Stier das<br />
wehrlos am Boden liegende Pferd angreift<br />
(vgl. Kasten Pferde im Stierkampf, S. 17).<br />
Der ungleiche Kampf beginnt<br />
Einer der Bandarilheiros macht durch Wedeln<br />
mit seinem Tuch auf sich aufmerksam<br />
und bringt den Stier in Position. 20 Meter<br />
trennen ihn vom Reiter. Mit lautem Rufen<br />
reitet der Cavaleiro auf den Stier los und<br />
steckt ihm den ersten Spiess in den Rücken,<br />
er scheint abzubrechen, und ein Fähnchen<br />
schnellt aus dem oberen Ende, das Volk<br />
jubelt. Während der Stier versucht, den<br />
Fremdkörper abzuschütteln, wird dem Reiter<br />
bereits der zweite Spiess gereicht. Die<br />
Szene wiederholt sich. Danach kommen<br />
grössere, ungefähr 50 cm lange Spiesse<br />
zum Einsatz. Bis zu 6 Spiesse werden dem<br />
Stier ins Fleisch gebohrt. Bei jedem klatschen<br />
die Leute, und die Blasmusik spielt<br />
einen Tusch. Je wagemutiger und knapper<br />
die Ausweichmanöver des Reiters, desto<br />
grösser die Bewunderung. Viele Cavaleiros<br />
sind eigentliche Entertainer, die es verstehen,<br />
eine regelrechte Show abzuziehen.<br />
Beliebt sind zum Beispiel das kurze Berühren<br />
des Stieres am Kopf oder der Spanische<br />
Tritt, eine Dressurfigur, bei der das Pferd auf<br />
die Knie geht und sich quasi «verneigt».<br />
Eigenschaften des Stieres<br />
werden gezielt ausgenützt<br />
Ein Stier reagiert auf sich bewegende Objekte.<br />
Er attackiert den Reiter nur, wenn dieser<br />
sich bewegt, steht er mit seinem Pferd<br />
still in der Arena, verliert der Stier das Interesse<br />
und verharrt ebenfalls regungslos.<br />
Der Stier ist zwar sehr kraftvoll und kann<br />
auf kurzen Strecken schnell beschleunigen,<br />
er ist aber bedeutend weniger agil als ein<br />
14 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Fotos alle: © Nathalie Dubois
Pferd. Hat der Stier einmal «Schub», kann<br />
er seine Laufrichtung kaum ändern, er donnert<br />
einfach geradeaus. Abrupte, von Bandarilheiros<br />
und Cavaleiros gerne provozierte<br />
Stopps verursachen aufgrund des<br />
beachtlichen Gewichtes eines Bullen Verstauchungen<br />
und Zerrungen in den Vorderbeinen.<br />
Der Stier kann durch die Schmerzen<br />
nicht mehr so schnell rennen und ist in<br />
seinen Bewegungen eingeschränkt.<br />
Je besser der Reiter sein Handwerk beherrscht,<br />
desto enger beisammen stecken<br />
die Banderillas. Eine der Reiterinnen beweist<br />
an diesem Abend wenig Geschick und<br />
rammt dem Stier die Spiesse sehr grossflächig<br />
und scheinbar unkontrolliert in den<br />
Körper. Zwei stecken in der linken Schulter<br />
und haben offensichtlich einen Muskel verletzt.<br />
Der Stier ist deutlich handicapiert. Er<br />
hinkt arg und verliert an Schnelligkeit und<br />
Wendigkeit. Er hat sichtlich Schmerzen und<br />
ist erschöpft. Als er reglos mitten in der Arena<br />
stehen bleibt, um zu verschnaufen, fängt<br />
das Publikum an zu pfeifen und wechselt<br />
zu lauten Buhrufen. Eine Schande für die<br />
Reiterin. Der Kampf gilt als schlecht und<br />
langweilig, wenn der Stier nicht immer in<br />
Bewegung gehalten werden kann. Er wird<br />
deshalb von den Bandarilheiros herumgescheucht<br />
und von der Stierkämpferin mit<br />
lauten Rufen angelockt. Es will nicht recht<br />
gelingen. Das wehrlose <strong>Tier</strong> brüllt laut und<br />
atmet schwer. Mittlerweile ist es blutüberströmt.<br />
Es steht hilflos da, und sein Blick<br />
scheint zu sagen: Lasst mich doch bitte end-<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
lich in Ruhe. Ich habe<br />
euch doch nichts getan.<br />
Ich habe keine Kraft<br />
mehr. Doch es gibt keine<br />
Gnade, noch ist ein<br />
Spiess übrig. Die Reiterin<br />
startet einen letzten<br />
Angriff, doch das perverse<br />
Schauspiel verkommt endgültig zur Absurdität,<br />
als der letzte Spiess in den nur noch<br />
müde dahintrottenden Bullen gerammt<br />
wird. Und nicht nur der Stier blutet, sondern<br />
auch das Pferd. Auf beiden Seiten des<br />
Bauches hat der Hengst halbrunde Blutspuren.<br />
Die scharfen Sporen der Reiter, die gezielt<br />
eingesetzt werden, um die halsbrecherischen<br />
Manöver punktgenau reiten zu können,<br />
hinterlassen Spuren.<br />
Die Qual hat noch kein Ende<br />
Hat der Reiter seine Spiesse gesetzt, verlässt<br />
er triumphierend die Arena. Nun<br />
kommt die Gruppe der Forcados zum Einsatz.<br />
Sie stellen sich in einer Einerkolonne<br />
hintereinander auf. Der Vorderste trägt eine<br />
Zipfelmütze, er ist der Cabo. Mit lautem<br />
Geschrei rennen sie auf den Stier los. Der<br />
Cabo springt dem Stier zwischen die Hörner<br />
auf den Kopf und versucht sich festzuhalten.<br />
Die anderen umringen wie eine<br />
Traube den Stier, der sich nun kaum noch<br />
bewegen kann. Einer der Männer rennt nach<br />
hinten und greift sich den Schwanz des<br />
Stieres. Auf Kommando lassen die übrigen<br />
Das blutige<br />
Schauspiel hat<br />
begonnen.<br />
LINKS<br />
zu diesem Thema:<br />
www.anti-corrida.de<br />
www.antistierkampf.de<br />
www.bienestaranimal.org<br />
15
In solch engen<br />
Boxen warten die<br />
Stiere auf ihren<br />
Einsatz.<br />
Nur für Zuchtstiere –<br />
Medikamente nach<br />
dem Kampf zur<br />
Verhinderung<br />
schwerer Infektionen.<br />
Foto: © Martin Siegenthaler<br />
Foto: © Nathalie Dubois<br />
Männer los und rennen hinter die Absperrung.<br />
Der Stier versucht, das lästige Anhängsel<br />
abzuschütteln, und dreht sich im<br />
Kreis. Der Forcado lässt sich ein paar Runden<br />
im Kreis herumschwingen. Schliesslich<br />
lässt auch er los und bringt sich in Sicherheit.<br />
Nun werden einige Jungstiere oder<br />
Kühe in die Arena gelassen. Der Kampfstier<br />
schliesst sich ihnen sofort an und kann<br />
so gemeinsam mit ihnen mehr oder weniger<br />
problemlos aus der Arena getrieben<br />
werden. So werden an diesem Abend die<br />
sechs Stiere, einer um den anderen, gequält<br />
und gedemütigt. Nach jedem Durchgang<br />
schreitet der soeben agierende Cavaleiro<br />
mit seinen Helfern in der Arena eine Ehrenrunde<br />
ab und wird dabei bejubelt und<br />
gefeiert. Blumensträusse und Kleidungsstücke<br />
fliegen ihm zu. Letztere werden vom<br />
«Helden» mit einem Kuss versehen wieder<br />
zurückgeworfen.<br />
Gefährlicher Zwischenfall<br />
Der letzte Stier dieses Abends erweist sich<br />
als besonders kämpferisch und wild. Er<br />
dreht, obwohl mittlerweile ebenfalls schwer<br />
verletzt, gegen Ende des Kampfes den<br />
Spiess um. Es beginnt mit dem Spielchen<br />
der Forcados. Als der Vordermann aufspringen<br />
will, dreht der Stier in letzter Sekunde<br />
den Kopf zur Seite. Der Mann landet schräg<br />
auf dem Kopf und kann die Hörner nicht<br />
fassen, er fällt und kommt unter dem Stier<br />
zu liegen. Dieser beginnt wütend auf ihm<br />
herumzutrampeln und attackiert ihn mit<br />
den Hörnern. Es dauert ein Weilchen, bis<br />
er endlich abgelenkt werden kann, stürzt<br />
sich aber bald schon auf einen nächsten<br />
Peiniger. Die Veranstalter haben das<br />
Geschehen offensichtlich nicht<br />
mehr im Griff, und hektische<br />
Unruhe kommt<br />
auf. Irgendwann lässt der Stier von den<br />
Leuten ab und stellt sich ganz nahe an die<br />
Arenawand. Er atmet schwer, und Blut<br />
fliesst ihm aus der Nase. Einer der jungen<br />
Männer kann nicht mehr aufstehen und liegt<br />
zitternd im Sand, er muss mit der Bahre<br />
herausgetragen werden. Zwei weitere haben<br />
sich offensichtlich Rippenbrüche und<br />
andere Blessuren zugezogen und humpeln<br />
aus der Arena. Ihre Kleider sind zerrissen.<br />
Der Stier hingegen lässt sich partout nicht<br />
vom Kampfplatz locken. Weder der Trick mit<br />
der Kuhherde noch der Einsatz von Elektrostöcken<br />
zeigen Wirkung. Der Stier lehnt<br />
sich blutend an die Wand und muht hin und<br />
wieder traurig. Das Volk pfeift und buht und<br />
wird immer ärgerlicher. Der Blasmusik ist<br />
das Spielen längst vergangen. Die Situation<br />
ist völlig ausser Kontrolle. Irgendwann<br />
nach endlos scheinenden Minuten, kann der<br />
Stier von der Wand gedrängt werden. Als<br />
das geschundene <strong>Tier</strong> den Ausgang sieht,<br />
verlässt es die Arena doch noch freiwillig.<br />
Völlig erschöpft und blutüberströmt.<br />
Ein Schrecken mit Ende?<br />
Die Stiere werden natürlich nicht, wie man<br />
uns weismachen wollte, auf einer schönen<br />
Weide gesund gepflegt. Die Banderillas<br />
werden ihnen aus dem Körper gerissen<br />
oder, wenn sie zu tief stecken, herausgeschnitten.<br />
Die Wunden werden, wenn überhaupt,<br />
mit Salzwasser übergossen, um die<br />
gröbsten Infektionen zu verhindern. Die<br />
Bullen werden noch am gleichen Abend zurück<br />
in den Transporter getrieben und,<br />
wenn sie Glück haben, am nächsten Tag<br />
geschlachtet. Manchmal müssen sie aber<br />
auch einige Tage auf ihre Erlösung warten.<br />
Einzig allfällige Zuchtstiere werden wieder<br />
zum Züchter gebracht und medizinisch behandelt.<br />
■<br />
16 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Foto: © Nathalie Dubois
Foto: © Nathalie Dubois<br />
Was können Sie dagegen tun?<br />
In vielen Orten lebt Stierkampf vom Tourismus. Was<br />
für die Organisatoren solch blutrünstiger und verachtenswerter<br />
Spektakel zählt, sind einzig und allein die<br />
verkauften Eintritte. Es nützt nichts, wenn Touristen im<br />
Nachhinein finden, dass die Vorstellung schlimm und<br />
grausam war. Sie haben bezahlt und haben damit die<br />
skrupellosen Machenschaften unterstützt. Viele Einheimische,<br />
vor allem junge Spanier und Portugiesen, sind<br />
gegen diese grausame Tradition und besuchen keine<br />
Stierkämpfe.<br />
• Besuchen Sie deshalb keine Stierkämpfe oder Veranstaltungen,<br />
wo Stierkämpfe ausgetragen werden.<br />
Auch nicht aus reiner Neugier!<br />
• Meiden Sie Ferienregionen, wo der Stierkampf als<br />
Kulturgut zelebriert wird.<br />
• Unterstützen Sie keine Reiseveranstalter, die den<br />
Besuch eines Stierkampfes organisieren oder als<br />
Arrangements anbieten.<br />
• Informieren Sie auch Ihre Freunde und Bekannten<br />
über dieses Thema.<br />
EU: Vereinbarkeit von<br />
«Kampfstier-Subventionen»<br />
mit dem <strong>Tier</strong>schutz?<br />
Laut Presseberichten wird die Aufzucht spanischer<br />
Kampfstiere zum Teil mit deutschen Steuergeldern finanziert.<br />
So sollen jährlich bis zu 22,5 Millionen Euro<br />
als EU-Subventionen an die rund 1200 iberischen<br />
Kampfstierzüchter fliessen. Die deutsche FDP-Fraktion<br />
fragte nun im deutschen Bundestag nach der genauen<br />
Höhe der Mittel und nach den Konsequenzen, die sich<br />
daraus aufgrund der EU-Agrarreform ergeben, die zu<br />
einem besseren <strong>Tier</strong>schutz führen soll. Die Regierung<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
soll mitteilen, was sie unternehmen will, um diesen<br />
Missstand im <strong>Tier</strong>schutz in Europa zu beenden.<br />
Pferde im Stierkampf<br />
Lusitanos werden speziell für den Stierkampf gezüchtet.<br />
Diese Pferderasse zeichnet sich aus durch Schnelligkeit,<br />
Wendigkeit und Mut. Es ist bekannt, dass während<br />
der Ausbildung solcher Stierkampfpferde nicht gerade<br />
zimperlich umgegangen wird. Die Zäumung der Pferde<br />
ist, was man gemeinhin als scharf, sprich schmerzhaft<br />
und brutal, bezeichnet. Es gehört dazu, dem Pferd unter<br />
anderem durch Zufügen von Schmerzen beizubringen,<br />
blitzschnell zu reagieren. Es geht um Bruchteile<br />
von Sekunden – und um Zentimeter. Zögert das Pferd<br />
nur einen Augenblick, wird es vom Stier mit voller<br />
Wucht gerammt. Es ist völlig widernatürlich, ein Pferd<br />
zu Angriffsmanövern, wie sie beim Stierkampf nötig<br />
sind, zu zwingen. Das Pferd ist ein Fluchttier und würde<br />
niemals von sich aus ein anderes <strong>Tier</strong> in dieser Weise<br />
angreifen und sich damit selbst in Gefahr bringen.<br />
Im spanischen Stierkampf, dessen Ablauf ein völlig<br />
anderer ist als beim portugiesischen, sind die Pferde<br />
regelrechte Zielscheiben für den Stier. Sie werden<br />
sogar regelmässig von den Hörnern der Stiere aufgeschlitzt.<br />
Daher setzt man, im Gegensatz zu Portugal,<br />
auch keine teuren Reitpferde, sondern oftmals<br />
Schlachtpferde ein, deren Verlust im Vorherein in Kauf<br />
genommen wird.<br />
Barcelona gegen Stierkampf<br />
pt. Barcelona hat sich Anfang April <strong>2004</strong> zur ersten Anti-<br />
Stierkampf-Stadt in der Geschichte Spaniens erklärt.<br />
Eine entsprechende Resolution wurde vom<br />
Stadtrat mit 21 gegen 15 Stimmen bei zwei Enthaltungen<br />
verabschiedet. Darin heisst es, Stiere<br />
seien nicht nur körperlich, sondern auch psychisch<br />
sensible Wesen. Ein Verbot der Corridas<br />
in der Mittelmeermetropole bedeutet die<br />
Entschliessung allerdings nicht, da dafür ein<br />
Votum des katalanischen Regionalparlaments<br />
nötig wäre. Dieses hatte allerdings im vergangenen<br />
Jahr ein Gesetz verabschiedet, das Kindern<br />
unter 14 Jahren den Zutritt zur Arena verbietet.<br />
Rechtlich hat der Beschluss somit zwar<br />
vorerst keine Folgen, da für die entsprechende<br />
Gesetzgebung das katalanische Parlament<br />
zuständig ist. Von den Züchtern über die Toreroschulen<br />
bis hin zu den Veranstaltern hagelte<br />
es <strong>Pro</strong>teste, die Stadt ächte Jahrhunderte ihrer<br />
Kultur und Geschichte. <strong>Tier</strong>schützer hingegen<br />
sind höchst erfreut über diesen Entscheid<br />
und sehen darin ein wichtiges Zeichen dafür,<br />
dass langsam ein Umdenken stattfindet. ■<br />
17
Mikrochips für Haustiere<br />
Erst das <strong>Tier</strong><br />
und dann der Mensch?<br />
Schöne neue Welt? Implantierte Mikrochips für Hunde sollen<br />
obligatorisch werden. In einigen Kantonen sind sie es schon.<br />
Doch es regt sich auch Widerstand. Viele sehen im «Chippen»<br />
sozusagen den «<strong>Tier</strong>versuch», um künftig die Menschen mit<br />
Implantaten kontrollieren zu können.<br />
HANS PETER ROTH<br />
«Es mag ja gut tönen, wenn man<br />
uns weismachen will, dass der verloren<br />
gegangene Waldi oder Rexli<br />
mittels implantierten Chips bald<br />
wieder gefunden wird. Aber machen<br />
wir uns nichts vor: In Tat und<br />
Wahrheit geht es ums Kontrollieren.<br />
Die Orwell’sche Welt muss Tatsache<br />
werden. Zuerst testet man<br />
die Chips bei <strong>Tier</strong>en, dann kommt<br />
der Mensch dran. Früher oder später.<br />
Gefragt sind <strong>Tier</strong>ärzte mit Rückgrat,<br />
welche diesen Wahnsinn ablehnen.»<br />
So lautete ein Leserbrief, der<br />
Anfang Februar in der «Berner Zei-<br />
tung» abgedruckt wurde. Ist der<br />
Schreiber des Briefs mit dem Titel<br />
«Totale Kontrolle» paranoid?<br />
Glaubt er an Verschwörungstheorien?<br />
Oder ist das «Chippen» von<br />
Hunden tatsächlich die Vorstufe,<br />
sozusagen der <strong>Tier</strong>versuch, um<br />
künftig den Menschen «unbedenk-<br />
Schmerzloser Eingriff:<br />
Der Chip wird dem <strong>Tier</strong> unter die<br />
Haut implantiert.<br />
lich» Chips implantieren zu können?<br />
Wann kommt tatsächlich der<br />
Mensch dran? Verschwörungstheorie<br />
oder Praxis? «Leider wird kein<br />
Historiker seinen Job behalten,<br />
wenn er versucht, Verschwörungen<br />
zu erforschen», sagt der Historiker<br />
Anthony C. Sutton.<br />
Gereizte Nerven<br />
Tatsache ist: Ab 1. Januar 2005 sollen<br />
laut einer vom Bund vorgeschlagenen<br />
Vorschrift alle Hunde<br />
obligatorisch mit einer Markierung<br />
gekennzeichnet sein. Als beste Methode<br />
propagiert die einzige nationale<br />
Datenbank für <strong>Tier</strong>e in der<br />
Schweiz, die Animal Identity Service<br />
AG (ANIS), den Mikrochip. Der<br />
Transponder – er besteht aus einer<br />
reiskorngrossen Glaskapsel, die einen<br />
Mikrochip und eine Antenne<br />
enthält – sei «völlig ungefährlich»,<br />
beteuert ANIS. Und weil jedes <strong>Tier</strong><br />
dank dem fälschungssicher programmierten<br />
Zahlencode zweifelsfrei<br />
identifiziert werden könne,<br />
wirbt ANIS auch gleich dafür, nicht<br />
nur Hunde und Katzen, sondern<br />
«alle Haustiere, wie Vögel, Reptilien<br />
und sogar Fische», mit dem Mikrochip<br />
zu kennzeichnen. Der<br />
Transponder wird vom <strong>Tier</strong>arzt mit<br />
einer Spezialspritze auf der linken<br />
Halsseite unter die Haut des <strong>Tier</strong>es<br />
injiziert. Der Vorgang sei vergleichbar<br />
mit einer Impfung, schreibt<br />
ANIS: «Das <strong>Tier</strong> spürt im Gegensatz<br />
zur Tätowierung praktisch nichts.»<br />
Der «gesundheitlichen Unbedenklichkeit»,<br />
welche die Schuldmedizin<br />
optimistisch postuliert, widerspricht<br />
der Heilpraktiker Felix<br />
Gastpar, der sowohl Menschen als<br />
auch <strong>Tier</strong>e behandelt. Der Hermetiker<br />
prophezeit eine weitere mas-<br />
18 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Fotos: z.V.g.
sive Zunahme der Krebserkrankungen<br />
infolge der Implantate: «Schon<br />
deswegen, weil das Nerven- und<br />
Zellsystem von Mensch und <strong>Tier</strong><br />
durch den Fremdkörper und dessen<br />
elektronische Reize in einen zusätzlichen<br />
Dauerstress versetzt werden.<br />
Das muss zwangsläufig zu Mutationen<br />
und also auch zu Krebs führen.»<br />
Angst macht<br />
kontrollierbar<br />
Worauf ANIS ebenfalls nicht hinweist:<br />
die Kosten des «Chippens»,<br />
das in einigen Kantonen bereits<br />
obligatorisch ist. Während der Viehhalter<br />
für das Markieren einer Kuh<br />
samt Datenbankerfassung nur rund<br />
fünf Franken zahlt, kostet es den<br />
Haustierbesitzer 70 bis 80 Franken.<br />
Bei fast einer halben Million Hunden<br />
in der Schweiz bedeutet dies<br />
einen Markt von gut 30 Millionen<br />
Franken. Und dieser versiegt angesichts<br />
von jährlich Zehntausenden<br />
von neuen Welpen nicht. Der<br />
St. Galler Kantonstierarzt Thomas<br />
Giger spricht gegenüber der Zeitschrift<br />
«Beobachter» von einer<br />
«kartellähnlichen Situation».<br />
Noch weit lukrativer wird das<br />
«Chippen», wenn es dereinst bei<br />
Menschen breite Anwendung findet,<br />
ist Felix Gastpar überzeugt.<br />
«Und davon sind wir nicht mehr<br />
weit entfernt», warnt er: «Bei der<br />
durch die multifusionierten, ‹politischkorrekten›<br />
Medien systematisch<br />
geschürten Lebensangst der<br />
heutigen Menschheit wird der<br />
«Human Chip» zum Milliardengeschäft.»<br />
Das Geschäft mit der<br />
Angst sieht Gastpar indessen nur<br />
als Teil einer viel umfassenderen<br />
Gesamtstrategie zur Beherrschung<br />
der Massen. «Diese ist mit der Ver-<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Ablesen des Chips mit einem dafür<br />
entwickelten Lesegerät.<br />
kündung der ‹Neuen Weltordnung›<br />
durch George Bush senior vor dem<br />
US-Senat – nicht zufällig am 11.<br />
September 1990 – in die heisse Endphase<br />
getreten. Sein Sohn George<br />
W. Bush hat dann genau elf Jahre<br />
später den 11. September wiederum<br />
dazu benutzt, die Frage der Sicherheit<br />
und Überwachung zum allgegenwärtigen<br />
Thema zu machen,<br />
das offensichtlich jede willkürlich<br />
‹antiterroristische› Massnahme<br />
rechtfertigen lässt. Selbst die terroristische.»<br />
«Engel» und Wächter<br />
Bereits sind in den USA mit Genehmigung<br />
der amerikanischen GesundheitsbehördeMikrochipimplantate<br />
für Menschen im Handel.<br />
Laut Berichten der «Los Angeles<br />
Times» und der Deutschen Presse-<br />
Agentur (dpa) enthalten die Chips<br />
vor allem wichtige medizinische<br />
Informationen, die mit einem Scanner<br />
lesbar sind. Der Hersteller<br />
Applied Digital Solutions empfiehlt<br />
diese Kennzeichnung besonders<br />
Patienten mit künstlichen Organen<br />
für eine schnelle Identifizierung in<br />
medizinischen Notfällen. Der implantierte<br />
«Ausweis», auch «Digital<br />
Angel» genannt, könnte zukünftig<br />
auch bei der Suche nach entführten<br />
Personen hilfreich sein, lässt die<br />
Firma verlauten. In Verbindung mit<br />
dem satellitengestützten Global<br />
Positioning System (GPS) sei der<br />
Chip und damit auch sein Träger<br />
lokalisierbar.<br />
Die Kosten für derartige «Human<br />
Chips» belaufen sich derzeit auf<br />
umgerechnet 300 bis 600 Franken.<br />
«Ich wäre überrascht, wenn wir in<br />
zehn Jahren nicht einen Chip unter<br />
der Haut haben, mit dem man sein<br />
Haus aufschliesst, das Auto startet<br />
und Geld abhebt», meint Chris<br />
Hables Gray, Computerprofessor<br />
an der Universität Great Falls in<br />
Montana, dazu. Was die Implantatprotagonisten<br />
verschweigen: Der<br />
«digitale Schutzengel» wird ebenso<br />
zum allgegenwärtigen digitalen<br />
Wächter wie in der Filmtrilogie<br />
«The Matrix» (Teil 1) beschrieben.<br />
Vertraut der Mensch blind solcher<br />
Technomagie, statt sich bewusst an<br />
der Natur und den geistigen Zusammenhängen<br />
zu orientieren,<br />
wird er – ganz im Sinne von «Big<br />
Brother» – total kontrollier- und manipulierbar.<br />
«Psychochirurgisches<br />
<strong>Pro</strong>gramm»<br />
«Wir brauchen ein psychochirurgisches<br />
<strong>Pro</strong>gramm, mit dem man<br />
unsere Gesellschaft politisch kontrollieren<br />
kann», meinte schon 1974<br />
José M.R. Delgado, damaliger Direktor<br />
für Neuropsychiatrie an der<br />
Medical School in Yale. Im «US-<br />
Congressional Record» Nr. 26, Vol.<br />
1118, vom 24. Februar 1974 schrieb<br />
er: «Der Zweck ist die physikalische<br />
Kontrolle des Bewusstseins. Jeder,<br />
der von der vorgegebenen Norm<br />
abweicht, kann chirurgisch verän-<br />
19
dert werden. Das Individuum mag<br />
glauben, dass die wichtigste Realität<br />
seine eigene Existenz darstellt.<br />
Das ist aber nur sein persönlicher<br />
Standpunkt. Die Geschichte zeigt<br />
anderes.» Die Menschheit habe<br />
nicht das Recht, ihr eigenes Bewusstsein<br />
zu entwickeln, auch<br />
wenn «diese liberale Anschauung»<br />
grossen Zuspruch finde. Der Doktor<br />
an der Yale-Universität, auf deren<br />
Gelände auch der traditionelle<br />
Sitz des Ordens «Skull and Bones»<br />
(«Schädel und Knochen») liegt,<br />
dem nebst vielen weiteren Mächtigen<br />
die Bush-Familie seit Generationen<br />
angehört, schreibt weiter:<br />
«Wir müssen die Gehirne elektronisch<br />
kontrollieren. Eines Tages<br />
wird es Armeen geben, deren Generäle<br />
die Gehirne der Soldaten<br />
durch elektronische Stimulation<br />
beeinflussen.» (Quelle: «Geheimpolitik»<br />
Band 1 und 2, von Dieter<br />
Rüggeberg www.vbdr.de).<br />
Als Mittler zwischen Implantat<br />
und Überwacher/Kontrolleur sieht<br />
Heilpraktiker Felix Gastpar früher<br />
oder später «das universell – also<br />
auch militärisch – verwendbare<br />
Mobiltelefonnetz», bei «Antientführungschips»<br />
auch direkte Satellitenüberwachung:<br />
«Zukünftig wird<br />
es wohl für alle Chips eine Kombination<br />
von beidem sein.» Als einen<br />
militärischwissenschaftlichen<br />
Hauptsender zur Steuerung dieser<br />
«Matrix» bezeichnet Gastpar die<br />
gewaltige «HAARP»-Anlage bei<br />
Gakona in Alaska, die bereits heute<br />
in Betrieb ist. Der amerikanische<br />
Wahrheitsforscher und Buchautor<br />
Nick Begich beschreibt sie in seinem<br />
Buch «Angels, don’t play this<br />
HAARP» (deutsch: «Löcher im Himmel»,<br />
Kopp-Verlag).<br />
<strong>Pro</strong>pheten gelten<br />
nichts…<br />
Paranoia? Reine Verschwörungstheorie?<br />
Oder Praxis? Jedenfalls<br />
prophezeite schon vor 100 Jahren<br />
der geistige Vater der anthroposophischen<br />
Bewegung, Rudolf Steiner,<br />
der Menschenrasse eine düste-<br />
Auch Wildtiere<br />
sollen mit dem<br />
Chip markiert<br />
werden.<br />
re Zukunft: «Der Untergang unserer<br />
gegenwärtigen Wurzelrasse<br />
wird herbeigeführt werden durch<br />
den Mangel an Moralität … Ein kleines<br />
Häuflein wird sich hinüberretten<br />
in die sechste Wurzelrasse. Dieses<br />
kleine Häuflein wird sich zur<br />
vollständigen Selbstlosigkeit entwickelt<br />
haben.» Felix Gastpar sieht<br />
in diesem «kleinen Häuflein» die<br />
«Bruderschaft des Rings» im Film<br />
«The Lord of the Rings» symbolisiert.<br />
«Die anderen werden alles<br />
Raffinement in der Durcharbeitung<br />
und Dienstbarmachung der physischen<br />
Naturkräfte anwenden»,<br />
schreibt Rudolf Steiner weiter. «Sie<br />
werden den Kampf aller gegen alle<br />
einleiten (…) Gewaltige Kräfte werden<br />
ausgehen von Entdeckungen,<br />
die den ganzen Erdball zu einer<br />
Art selbstfunktionierendem elektrischem<br />
Apparat umgestalten werden.»<br />
(Rudolf Steiner, 23.12.1904,<br />
Gesamtausgabe 93)<br />
Doch bekanntlich gelten die <strong>Pro</strong>pheten<br />
nichts im eigenen Lande,<br />
wie die alte Volksweisheit sagt. ■<br />
20 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Foto: z.V.g.
Fotos: © KAG<br />
Schwein gehabt Eber,<br />
dank <strong>Pro</strong>jekt<br />
von kagfreiland<br />
In der Schweiz werden jedes Jahr 1,3 Millionen männliche Ferkel<br />
kastriert. Und das ohne Betäubung! Das <strong>Tier</strong>schutzgesetz erlaubt das.<br />
Doch es geht auch anders. Die tierfreundlichste Alternative ist die<br />
Ebermast, wie sie kagfreiland, die schweizerische Nutztierschutz-<br />
Organisation, auf einigen ihrer Höfe betreibt. Zweitbeste Alternative<br />
ist die Kastration unter Gasnarkose.<br />
ROMAN WEIBEL<br />
Haben Sie gewusst, dass die<br />
Hälfte aller Schweine – alle<br />
männlichen <strong>Tier</strong>e – als Ferkel<br />
kastriert werden? Das sind<br />
jährlich 1,3 Millionen <strong>Tier</strong>e. Denn<br />
des Schweizers liebstes Fleisch<br />
ist Schweinefleisch. Der jährliche<br />
Schweinefleischkonsum beträgt<br />
25 Kilogramm pro Kopf, mehr als<br />
Rind- und Geflügelfleisch zusammen.<br />
Das entspricht 2,6 Millionen<br />
geschlachteter Schweine pro Jahr.<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Ohne Betäubung<br />
kastriert<br />
Die Millionen von Ferkeln werden<br />
ohne irgendeine Betäubung kastriert.<br />
Damit ist das Schwein die einzige<br />
<strong>Tier</strong>art, die gemäss eidg. <strong>Tier</strong>schutzverordnung<br />
noch ohne Betäubung<br />
kastriert werden darf. Man<br />
stelle sich vor, jemand würde eine<br />
Katze oder einen Hund ohne Betäubung<br />
kastrieren. Das ist verboten.<br />
Warum also ist dieser massive Eingriff<br />
bei den Schweinen erlaubt? Es<br />
Die tierfreundlichste<br />
Alternative zur Kastration<br />
ist die Ebermast. kagfreiland<br />
praktiziert sie auf<br />
einigen ihrer Höfe.<br />
gebe, so sagt der Bund, keine taugliche<br />
wirtschaftlich vertretbare Alternative.<br />
Es geht einmal mehr ums<br />
Geld. Würden die Ferkel unter Narkose<br />
kastriert, würde sich ein 200<br />
Gramm schweres Schweinsschnitzel<br />
nur gerade um rund 4 (!) Rappen<br />
verteuern. Der Schweinemästerverband<br />
behauptet, dass dies<br />
angesichts der unter Druck stehenden<br />
Fleischpreise nicht zumutbar<br />
ist. Sind die Konsumentinnen und<br />
Konsumenten wirklich nicht dafür<br />
zu haben, 4 Rappen mehr zu bezahlen?<br />
kagfreiland ist überzeugt, dass<br />
die grosse Mehrheit sehr wohl bereit<br />
ist, etwas tiefer ins Portemonnaie<br />
zu langen, um den Ferkeln diese<br />
Tortur zu ersparen. Voraussetzung<br />
ist, dass die Leute informiert<br />
sind über die alltägliche Kastration<br />
in Schweizer Ställen. Die Studie<br />
<strong>Tier</strong>wohl, die kagfreiland im Jahr<br />
2001 durchführte, brachte das Ergebnis,<br />
dass es drei Viertel der Bevölkerung<br />
stark belastet, wenn <strong>Tier</strong>e<br />
leiden. Noch einmal: Es geht um<br />
4 Rappen pro Schnitzel!<br />
Die <strong>Tier</strong>e leiden stark<br />
In der Schweiz dürfen also Ferkeln<br />
bis ins Alter von 14 Tagen ohne Betäubung<br />
der Hodensack aufgeschnitten,<br />
die Hoden herausgenommen<br />
und der Samenstrang durchtrennt<br />
werden. Notabene: das alles<br />
ohne Betäubung. Die Ferkel leiden<br />
21
Wenn schon kastriert<br />
werden muss, dann unter<br />
Gasnarkose. kagfreiland<br />
führt dazu einen Praxisversuch<br />
durch.<br />
stark. Denn das Nervensystem ist<br />
auch bei ganz jungen <strong>Tier</strong>en schon<br />
sehr gut ausgebildet. Bei der Kastration<br />
werden Haut, Bauchfell und<br />
Samenstrang durchtrennt. Alles Bereiche,<br />
die stark mit Nerven durchsetzt<br />
sind. Während der Operation<br />
wehren sich die <strong>Tier</strong>e durch schrilles<br />
Schreien und heftige Abwehrbewegungen.<br />
Eine Quälerei. kagfreiland,<br />
die schweizerische Nutztierschutz-Organisation,<br />
fordert seit<br />
Jahren ein Verbot der betäubungslosen<br />
Kastration. Es ist für uns nicht<br />
akzeptabel, dass <strong>Tier</strong>e aus wirt-<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> hilft<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> unterstützt das Ebermastprojekt<br />
von kagfreiland als Sponsor.<br />
schaftlichen und produktionstechnischen<br />
Gründen leiden müssen.<br />
Im Rahmen der aktuell laufenden<br />
Revision der <strong>Tier</strong>schutzgesetzgebung<br />
werden wir das Verbot einmal<br />
mehr fordern. Wie es zur Arbeit von<br />
kagfreiland gehört, fordern wir<br />
nicht nur, sondern zeigen, dass es<br />
auch anders geht.<br />
Keine Kastration<br />
dank Ebermast<br />
Für kagfreiland ist klar: Die tierfreundlichste<br />
Alternative zur Kastration<br />
ist: gar keine Kastration. An den<br />
<strong>Tier</strong>en soll nicht herumgeschnitten<br />
werden, sollen keine Organe entnommen<br />
werden. Der Verzicht auf<br />
Kastration heisst in der Praxis: Ebermast.<br />
Vor fünf Jahren hat kagfreiland<br />
das <strong>Pro</strong>jekt «Eber statt Kastraten»<br />
gestartet. Der erste Ebermastversuch<br />
mit noch wenigen <strong>Tier</strong>en<br />
war erfolgreich. Es konnte – auch<br />
ohne Kastration – gutes Schweinefleisch<br />
produziert werden. Die<br />
In der Schweiz werden jedes<br />
Jahr 1,3 Millionen männliche<br />
Ferkel kastriert. Und das<br />
ohne Betäubung! Das<br />
<strong>Tier</strong>schutzgesetz erlaubt das.<br />
Mehrheit der KonsumentInnen akzeptierte<br />
das Fleisch sehr gut. In<br />
diesem Jahr nun, mit finanzieller<br />
Unterstützung von <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> (vielen<br />
Dank!), wird die Ebermast in grossem<br />
Stil auf mehreren kagfreiland-<br />
Betrieben durchgeführt. Im <strong>Pro</strong>jekt<br />
müssen die optimale Haltungsform<br />
der <strong>Tier</strong>e, die ideale Fütterung und<br />
22 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Fotos: © KAG
Neuer kagfreiland-Film<br />
Im Film «Schwein gehabt, Eber» informiert<br />
kagfreiland über das Eberprojekt<br />
und zeigt die alltägliche Kastration von<br />
Ferkeln (CD-ROM und DVD je Fr. 12.–,<br />
inkl. Porto).<br />
Bestellen bei kagfreiland,<br />
Engelgasse 12a,<br />
9001 St.Gallen,<br />
T 071 222 18 18, F 071 223 13 37,<br />
info@kagfreiland.ch,<br />
www.kagfreiland.ch.<br />
der richtige Schlachtzeitpunkt vor<br />
Erreichen der Geschlechtsreife gefunden<br />
werden. Unser Ziel ist es,<br />
dass die Ebermast in der Schweiz<br />
zum Standard wird und die routinemässige<br />
Kastration der männlichen<br />
Schweine der Vergangenheit<br />
angehört.<br />
Warum kastrieren?<br />
Warum aber wird überhaupt kastriert?<br />
Das Fleisch unkastrierter<br />
männlicher <strong>Tier</strong>e – der Eber – könnte<br />
den für uns ungewohnten Ebergeruch<br />
enthalten. Studien zeigen,<br />
dass Ebergeruch nur bei wenigen<br />
<strong>Tier</strong>en auftritt. Und er ist nur dann<br />
wahrnehmbar, wenn das Fleisch<br />
gebraten, also erhitzt wird. Wird das<br />
Fleisch kalt gegessen, z. B. als Salsiz,<br />
Rohschinken oder Salami, ist<br />
Ebergeruch nicht wahrnehmbar.<br />
Hinzu kommt, dass Ebergeruch nur<br />
von einem Teil der KonsumentInnen<br />
wahrgenommen wird und teilweise<br />
sogar als positiv beurteilt<br />
wird. Eberfleisch ist nichts Exotisches.<br />
In Spanien, Grossbritannien,<br />
Irland und Australien kommt normalerweise<br />
Eberfleisch auf den<br />
Tisch. In der Schweiz sind aber gegenüber<br />
Eberfleisch Vorurteile vorhanden.<br />
Vor allem die Schweinebranche<br />
ist skeptisch. Mit unserem<br />
<strong>Pro</strong>jekt wollen wir diese Vorurteile<br />
aus der Welt schaffen.<br />
Gutes Schweinefleisch<br />
auch ohne Kastration<br />
Die ersten Resultate des <strong>Pro</strong>jekts<br />
geben kagfreiland Recht: Wir konnten<br />
beweisen, dass sich auch ohne<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Kastration gutes Schweinefleisch –<br />
natürlich ohne Ebergeruch – produzieren<br />
lässt. Da die <strong>Tier</strong>e etwas früher<br />
geschlachtet werden als in der<br />
herkömmlichen Schweinemast,<br />
spricht kagfreiland von Jungeberfleisch.<br />
Das Fleisch jedes einzelnen<br />
<strong>Tier</strong>es wird im Schlachtbetrieb auf<br />
Ebergeruch hin getestet. Nur Fleisch<br />
ohne Ebergeruch kommt in den<br />
Frischfleischverkauf. Was nicht in<br />
diesen Kanal gelangt, wird zu hochwertigem<br />
Rohschinken, Salsiz usw.<br />
verarbeitet. Die Entwicklung dieser<br />
Verarbeitungsprodukte ist ein ganz<br />
wichtiger Teil des <strong>Pro</strong>jekts. Das <strong>Pro</strong>jekt<br />
kann nur dann als erfolgreich<br />
gewertet werden, wenn sowohl aus<br />
dem ebergeruchslosen Fleisch als<br />
auch aus dem Fleisch mit Ebergeruch<br />
gute <strong>Pro</strong>dukte hergestellt werden<br />
können. Das erste Jungeberfleisch<br />
ist ab Mitte Mai, die ersten<br />
Ebersalsiz ab Herbst bei kagfreiland<br />
und ihren Metzgereien erhältlich<br />
(www.kagfreiland.ch unter «geniessen»<br />
oder Tel. 071 222 18 18).<br />
Ebermast ist<br />
wirtschaftlicher<br />
Die Ebermast bringt vier Vorteile:<br />
1. Die <strong>Tier</strong>e müssen nicht mehr<br />
leiden.<br />
2. Die Fleischbranche erzielt einen<br />
Imagegewinn.<br />
3. Die Bauern müssen nicht mehr<br />
kastrieren. Zudem ist die Ebermast<br />
wirtschaftlicher als die normale<br />
Schweinemast, weil unkastrierte<br />
<strong>Tier</strong>e das Futter besser<br />
verwerten als kastrierte.<br />
4. Die KonsumentInnen können<br />
Schweinefleisch wieder mit gutem<br />
Gewissen geniessen.<br />
Gasnarkose ist praxisreif<br />
Ob die im Ausland meist auf Intensivmast-Betrieben<br />
angewandte<br />
Ebermast sich künftig erfolgreich<br />
auf kagfreiland-Betrieben umsetzen<br />
lässt, ist zum jetzigen Zeitpunkt<br />
nicht sicher. Darum engagiert sich<br />
kagfreiland auch für eine tierschonende<br />
Form der Kastration. Es gibt<br />
bereits heute einige Schweinezüchter,<br />
die ihre Ferkel unter Narkose<br />
kastrieren. Die angewandte Nar-<br />
kosemethode per Injektion befriedigt<br />
aber – v. a. wegen des Anwendungsstresses<br />
und der langen Aufwachphase<br />
– aus tierschützerischer<br />
Sicht nicht. Sie ist zwar ein deutlicher<br />
Fortschritt gegenüber der<br />
betäubungslosen Kastration, doch<br />
tierfreundlicher ist die Narkose<br />
mittels Gas. Bei der von <strong>Pro</strong>f. Urs<br />
Schatzmann an der Uni Bern entwickelten<br />
Methode sind die Ferkel<br />
rund 3 Minuten betäubt; genügend<br />
lange für die ca. 30 Sekunden dauernde<br />
Operation. Diese Methode<br />
hätte auf Coop-Naturaplan-Betrieben<br />
eingeführt werden sollen,<br />
scheiterte aber am Widerstand von<br />
Schweinehaltern und – seltsamerweise<br />
– von <strong>Tier</strong>ärzten. Schatzmann<br />
verfeinerte die Technik und führte<br />
zahlreiche Praxistests mit über 2000<br />
Ferkeln durch. Die Methode ist heute<br />
praxisreif. Das Narkosegas ist<br />
beim Bund offiziell registriert und<br />
zugelassen. kagfreiland will nun der<br />
Gasnarkose zum Durchbruch verhelfen<br />
und plant mit Bio Suisse unter<br />
fachlicher Begleitung des Forschungsinstituts<br />
für biologischen<br />
Landbau (FiBL) eine Praxisanwendung<br />
auf einigen kagfreiland- und<br />
Bio-Betrieben. Gegenüber der betäubungslosen<br />
Kastration fallen bei<br />
der Kastration unter Gasnarkose<br />
geringe Mehrkosten an. Ein 200<br />
Gramm schweres Schweinsschnitzel<br />
würde sich bloss um rund 4 Rappen<br />
verteuern. ■<br />
Wer ist kagfreiland?<br />
kagfreiland, die schweizerische Nutztierschutz-Organisation,<br />
setzt sich seit<br />
über 30 Jahren für das Wohl der <strong>Tier</strong>e<br />
auf dem Bauernhof ein. Mit unseren<br />
<strong>Pro</strong>jekten zur Förderung der artgerechten<br />
Haltung von Kuh, Schwein, Huhn<br />
& Co. leisten wir Pionierarbeit. Aktuell<br />
laufen die <strong>Pro</strong>jekte «Eber statt Kastraten»,<br />
«Kurze <strong>Tier</strong>transporte/Lokal<br />
schlachten» und «Kombihuhn». kagfreiland<br />
ist das Bio-Label mit den<br />
strengsten <strong>Tier</strong>haltungsvorschriften<br />
der Schweiz. kagfreiland-<strong>Pro</strong>dukte gibt<br />
es in Metzgereien, Läden, Restaurants,<br />
direkt vom Bauernhof oder via Postversand.<br />
www.kagfreiland.ch oder<br />
071 222 18 18 helfen weiter.<br />
23
Bärenjagd<br />
in Osteuropa<br />
Die Jagd auf wilde Bären in Osteuropa ist ein lukratives Geschäft.<br />
Zur <strong>Pro</strong>fitsteigerung werden die offiziellen Bestandszahlen künstlich<br />
überhöht, um so die Jagdquoten heraufzusetzen.<br />
Bis zu 7000 Euro müssen abschusswütige<br />
Jäger in Rumänien<br />
auf den Tisch legen,<br />
um einen Bären zur Strecke zu bringen.<br />
Doch die Summe wirkt keineswegs<br />
abschreckend – im Gegenteil,<br />
die Jagdmöglichkeit lockt immer<br />
mehr ausländische Trophäenjäger<br />
an. Auf den Geschmack gekommen,<br />
schraubt Rumänien, wie auch<br />
andere Bärenländer, die Bestandszahlen<br />
künstlich hoch, um die Jagdquoten<br />
zu steigern.<br />
ULRIKE KIRSCH<br />
So spricht die rumänische Regierung<br />
von etwa 6000 Braunbären,<br />
während Naturschützer von nur<br />
noch ungefähr 2000 Exemplaren<br />
ausgehen. Sie warnen, dass das<br />
Jagdfieber zur Ausrottung der <strong>Tier</strong>e<br />
führen kann. So soll es bis zum<br />
Ende des Kommunismus, währenddessen<br />
ein totales Jagdverbot auf<br />
Bären bestand, noch knapp 8000<br />
<strong>Tier</strong>e in den rumänischen Karpaten<br />
gegeben haben.<br />
Fragwürdige Methoden<br />
Die rumänische Naturschutzorganisation<br />
Aves wirft ihrer Regierung vor,<br />
die Zahlen zu manipulieren. Bei einer<br />
in der Region Harghita im Jahr 2003<br />
durchgeführten Bestandsaufnahme<br />
kamen die Naturschützer auf 250, die<br />
Regierung jedoch auf 753 Bären.<br />
Aves glaubt, dass die Behörden dieselben<br />
<strong>Tier</strong>e zwei oder dreimal zählen.<br />
Die Organisation kritisiert zudem<br />
die oftmals äusserst fragwürdigen<br />
Jagdmethoden. So sollen eigentlich<br />
zum Beobachten von Bären gedachte<br />
Unterstände auch zum Abschuss<br />
aus sicherer Entfernung benutzt<br />
werden. Andere illegale Methoden<br />
seien unter anderen die Verwendung<br />
von toten Kühen und Pferden als<br />
Köder, der Abschuss von Muttertieren,<br />
die Junge haben, oder die Jagd<br />
in Bärenhöhlen.<br />
Andere Länder – gleiche<br />
Methode<br />
Rumänien hat bislang noch den<br />
grössten Braunbärenbestand in<br />
Europa. Kleinere Populationen der<br />
Allesfresser gibt es beispielsweise<br />
auch in der Slowakei, in Kroatien<br />
und Slowenien. Ähnlich wie in<br />
Rumänien, liegen die offiziellen<br />
Bestandsangaben weit über der<br />
Schätzung von Naturschützern. So<br />
gehen offizielle Schätzungen in der<br />
Slowakei von 1200 bis 1300 Bären<br />
aus, während der WWF eine Population<br />
von 600 bis 800 Exemplaren<br />
für realistisch hält. In Slowenien<br />
sollen nach Expertenschätzungen<br />
seit Jahren etwa 400 Bären<br />
leben. «Dann kommt die Regierung<br />
an und erzählt, dass sich der Bestand<br />
sehr gut entwickelt habe und<br />
es wohl an die 700 bis 800 Bären<br />
seien – das ist genau die Argumentation,<br />
um Jagdquoten zu erhöhen»,<br />
erklärt Gabriel Schwaderer<br />
von der deutschen Stiftung EURO-<br />
NATUR.<br />
Sollte die rumänische Regierung<br />
nicht bereit sein, gegen das «Massakrieren»<br />
von Bären vorzugehen,<br />
droht Aves mit Beschwerden beim<br />
Europäischen Parlament.<br />
■<br />
24 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Foto: © Krunoslav Rac
Bärenwilderei<br />
in Alaska<br />
nimmt zu<br />
In Alaska stehen sieben Personen vor Gericht, die beschuldigt<br />
werden, in den Jahren 2002 und 2003 mindestens 14 Schwarzbären<br />
illegal getötet zu haben. Teile der Bären, insbesondere die<br />
in Asien begehrten Gallenblasen, waren für den Schwarzmarkt<br />
bestimmt.<br />
Auf die Spur der Täter kamen<br />
die Behörden nur zufällig. In<br />
einem Fall entdeckten Biologen<br />
bei einer Gewässeruntersuchung<br />
im September 2002 einen<br />
Bär in einer Falle. Das <strong>Tier</strong> lebte<br />
noch und konnte sich, noch bevor<br />
die Biologen mit ihrem Flugzeug<br />
landeten, selbst befreien und fliehen.<br />
Die von ihnen herbeigerufenen<br />
Polizisten fanden in der Nähe das<br />
Boot der Angeklagten sowie eine<br />
Kühltasche mit Bärenteilen. In einem<br />
anderen Fall stiessen Wanderer<br />
auf einen Bärenkadaver, durch<br />
den die Polizei schliesslich auf die<br />
Spur der Angeklagten kam.<br />
Bärenbestände<br />
schwinden<br />
Bärengalle wird in China, Korea und<br />
Japan wegen ihrer angeblichen<br />
Heilkräfte begehrt. Bis zu 4000 US-<br />
Dollar erzielt eine einzige Gallenblase.<br />
Die Preise für Bärenteile sind<br />
sogar noch höher, wenn der<br />
Schwarzhändler in der Lage ist<br />
nachzuweisen, dass sie von einem<br />
wild lebenden <strong>Tier</strong> stammen. Noch<br />
gefördert durch die ungebrochene<br />
Nachfrage, hat die Wilderei in Asien<br />
bereits zu einem drastischen<br />
Schwund der Bärenbestände geführt.<br />
So verlegen die Wilderer ihr<br />
schmutziges Handwerk nun zusehends<br />
in die USA, wo in einigen<br />
Bundesstaaten bereits eine Zunah-<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Foto: © IFAW/ChrisDavis<br />
me der illegalen Tötungen von<br />
Schwarzbären festgestellt wurde.<br />
Nach Meinung der Behörden war es<br />
nur eine Frage der Zeit, bis auch die<br />
bislang stabile Bärenpopulation<br />
Alaskas ins Visier der Wilderer rücken<br />
würde.<br />
Hohe Strafen<br />
Der laufende <strong>Pro</strong>zess ist der bisher<br />
grösste bekannte Fall von Bärenwilderei<br />
in Alaska für den Schwarzmarkt<br />
von Gallenblasen. Die zu erwartenden<br />
Höchststrafen für die<br />
Täter sind fünf Jahre Gefängnis und<br />
drei Jahre auf Bewährung sowie<br />
250000 US-Dollar Geldstrafe. Daneben<br />
ermitteln die Behörden in weiteren<br />
Fällen, bei denen es um mindestens<br />
50 in Alaska gewilderte<br />
Schwarzbären geht. ■<br />
Nature News/Quelle: «Anchorage<br />
Daily News».<br />
25
Auch unter Hummeln<br />
gibt es Pedanten und<br />
Pfuscher<br />
Beim Nektarsammeln sind<br />
die Insekten entweder schnell<br />
oder genau.<br />
Beim Nektarsammeln verhalten<br />
sich Hummeln wie Menschen:<br />
Es gibt «Pedanten»,<br />
die sehr genau, aber langsam arbeiten,<br />
und «Pfuscher», die zwar<br />
schnell sind, aber mit wenig Sorgfalt<br />
ihre Blüten auswählen. Durch<br />
Bestrafung lässt sich die Genauigkeit<br />
beim Sammeln jedoch deutlich<br />
verbessern.<br />
Forscher von der Universität<br />
London trainierten Hummeln zunächst<br />
darauf, zwei verschiedenfarbige<br />
Blüten zu unterscheiden. Die<br />
Hälfte der Blüten war dunkelblau<br />
und enthielt Zuckerwasser als Belohnung.<br />
Auf den anderen, hellblauen<br />
Blüten war dagegen nur<br />
Wasser zu finden. Die Hummeln<br />
lernten zwei Tage lang, dass nur die<br />
dunkelblauen Blüten Zuckerwasser<br />
enthielten, wobei nach jedem Sammelflug<br />
die Position der Blüten verändert<br />
wurde. Nach der Trainingsphase<br />
untersuchten die Forscher,<br />
wie gut die <strong>Tier</strong>e ihre Aufgabe gelernt<br />
hatten. Die Zahl der richtigen<br />
Entscheidungen galt als ein Mass<br />
für die Genauigkeit einer Sammlerin.<br />
Dabei gab es grosse Unterschiede<br />
in der Leistung einzelner Arbeiterinnen.<br />
Je mehr Zeit ein <strong>Tier</strong> in<br />
die Wahl der richtigen Blüte investierte,<br />
desto genauer wurde ihre<br />
Wahl. Kurz entschlossene Hummeln<br />
machten dagegen deutlich<br />
mehr Fehler. Die Genauigkeit hing<br />
jedoch auch von den Kosten einer<br />
Fehlentscheidung ab. Als die Forscher<br />
das Wasser mit dem Bitterstoff<br />
Chinin versetzten, zeigten alle<br />
Hummeln deutlich bessere Leistungen.<br />
Die schnellen Hummeln opferten<br />
ihre Geschwindigkeit zugunsten<br />
der Genauigkeit. ddp/bdw ■<br />
26 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Foto: © Mikrokosmos, Scherz Verlag
EU versagt beim<br />
Verbot der<br />
Haiflossen-Fischerei<br />
Die gezielte Haiflossen-Fischerei,<br />
das so genannte «Shark Finning»,<br />
hat vielerorts die Bestände<br />
zahlreicher Haiarten an den Rand<br />
des Zusammenbruchs gebracht.<br />
Bei dieser Raubbau-Fischerei<br />
schneidet man Haien, oft bei<br />
lebendigem Leib, die Flossen ab<br />
und wirft die verstümmelten<br />
Körper zurück ins Meer. Für eine<br />
Tonne Haiflossen müssen etwa<br />
560 Haie ihr Leben lassen.<br />
ULRICH KARLOWSKI<br />
Nachdem Spanien, als erster<br />
EU-Staat, im vergangenen<br />
Jahr einen Alleingang wagte<br />
und das «Finning» verbot, wollte<br />
auch die EU-Kommission die von<br />
Naturschützern seit langem heftig<br />
kritisierte Fischereipraxis untersagen.<br />
Doch der EU-Berg kreisste und<br />
gebar eine Maus. Die alleinige Verwertung<br />
der Flossen wurde zwar<br />
untersagt, jedoch gilt dies nicht, wie<br />
ursprünglich geplant, auch für Rochen.<br />
Weiterhin erlaubt bleibt das<br />
«Finning» bereits toter Haie, bei<br />
Verwertung des gesamten Fisches,<br />
und genau hier setzt die Kritik nicht<br />
nur von Naturschützern, sondern<br />
auch des britischen Fischereiministers<br />
Ben Bradshaw an. Denn die EU<br />
hat so gut wie keine Kontrollmassnahmen<br />
vorgesehen, die Fischer<br />
müssen lediglich in einem Logbuch<br />
über ihre Haifänge Buch führen.<br />
Auch die neue spezielle Fischereierlaubnis<br />
wird sie nicht davon ab-<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Foto: © Chris Schwitz<br />
halten, Haien weiterhin lediglich die<br />
Flossen abzuschneiden und den<br />
Rest der <strong>Tier</strong>e über Bord zu werfen.<br />
Denn die wertvollen Flossen lassen<br />
sich leicht und unbemerkt unter den<br />
übrigen Fang mischen.<br />
Haiflossen gehören bei Preisen<br />
von bis zu 200 3 pro Kilo zu den<br />
teuersten Fischprodukten überhaupt.<br />
Doch die Nachfrage über-<br />
trifft das Angebot bei weitem, besonders<br />
in Hongkong, dem grössten<br />
Absatzmarkt. Dort gelten die<br />
Flossen der Knorpelfische als Delikatesse<br />
und Statussymbol mit Preisen<br />
von über 100 3 für eine Schale<br />
Haiflossensuppe. Experten schätzen,<br />
dass durch «Shark Finning»<br />
weltweit über 100 Millionen Haie<br />
getötet werden. ■<br />
27
Holt uns hier raus:<br />
Raubtiere in Zoos<br />
werden oft krank<br />
<strong>Tier</strong>e mit einem grossen Lebensraumanspruch in der Natur erleiden in<br />
Gefangenschaft auch grosses Leid. Die Folge: Verhaltensstörungen<br />
und höhere Jungensterblichkeit.<br />
ULRICH KARLOWSKI<br />
Im Rahmen einer umfangreichen<br />
Studie über Wildtiere in zoologischen<br />
Gärten verglichen Wissenschaftler<br />
von der Universität Oxford<br />
35 Raubtierarten miteinander. Untersucht<br />
werden sollte, wie sie auf<br />
die beengten und unnatürlichen Lebensbedingungen<br />
in Gefangenschaft<br />
reagieren und ob und wie sie<br />
darunter leiden. Während einige<br />
<strong>Tier</strong>arten, wie die hochgradig vom<br />
Aussterben bedrohten Schneeleoparden,<br />
in Gefangenschaft relativ<br />
gut gehalten und vermehrt werden<br />
können, kümmern andere geradezu<br />
vor sich hin, haben gesundheitliche<br />
<strong>Pro</strong>bleme und entwickeln Verhaltensstörungen.<br />
Artgerechte Haltung<br />
für viele Zootiere<br />
nicht möglich<br />
Das Ergebnis der Studie sorgte für<br />
viel Wirbel: Erstmals konnte wissenschaftlich<br />
gezeigt werden, dass<br />
es Wildtieren wie Eisbären, Löwen<br />
oder Tigern in Gefangenschaft<br />
deutlich schlechter geht als den vergleichsweise<br />
einfacher zu halten-<br />
den Arten. So neigen einige der<br />
Arten, die in der Natur ein grosses<br />
Territorium beanspruchen, in Gefangenschaft<br />
eher dazu, permanent<br />
auf und ab zu schreiten oder stundenlang<br />
immer die gleiche Körperoder<br />
Kopfbewegung zu wiederholen<br />
– sie entwickeln so genannte<br />
Stereotypien, eine schwere Verhaltensstörung<br />
als Folge von Stress,<br />
Frustration und mangelnder Beschäftigung<br />
und sozialer Vereinsamung.<br />
Auch die Jungensterblichkeit<br />
ist bei diesen auf die Gefangenschaftssituation<br />
empfindlich reagierenden<br />
Arten in den ersten 30 Tagen<br />
höher als bei Arten, die vergleichsweise<br />
kleinere Gebiete besiedeln.<br />
Zoos müssen umdenken<br />
Für ihre Studie durchforsteten die<br />
Wissenschaftler 1200 Veröffentlichungen<br />
über Raubtiere in Gefangenschaft<br />
aus den Jahren 1959 bis<br />
1999. Dabei wurden 26000 Geburten<br />
in über 500 Zoos weltweit miteinander<br />
verglichen. Im Ergebnis<br />
bestätigen die Forscher, was <strong>Tier</strong>schützer<br />
schon immer gefordert haben:<br />
Viele <strong>Tier</strong>arten leiden in zoologischen<br />
Gärten, und auf ihre Haltung<br />
sollte grundsätzlich verzichtet<br />
werden. Dieser Forderung schliessen<br />
sich die Wissenschaftler aus<br />
Oxford vollumfänglich an, und in<br />
einigen Zoos hat auch bereits ein,<br />
wenn auch langsam ablaufender<br />
Umdenkprozess eingesetzt. So verzichtet<br />
der Basler Zolli mittlerweile<br />
auf die Haltung von Eisbären, denen<br />
in Gefangenschaft gerade einmal<br />
ein Millionstel ihres natürlichen<br />
Lebensraums zur Verfügung steht.<br />
28 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Foto: © WWF
Foto: © Martin Siegenthaler<br />
Samtpfoten seit 9500<br />
Jahren an der Seite des<br />
Menschen<br />
Menschen haben Katzen wohl bereits vor 9500 Jahren<br />
domestiziert. In einem jungsteinzeitlichen Grab auf<br />
Zypern fand man nicht nur reiche Grabbeigaben,<br />
sondern auch ein Katzenskelett.<br />
Forscher des Nationalen Museums<br />
für Naturgeschichte in<br />
Paris entdeckten die Grabstätte<br />
in Shillourokambos, einem grossen<br />
jungsteinzeitlichen Dorf, das vor<br />
9000 bis 10300 Jahren bewohnt<br />
war. Das Grab enthielt neben einem<br />
menschlichen Skelett einige polierte<br />
Steine, Werkzeuge, Schmuck<br />
und andere Beigaben, von denen<br />
die Forscher annehmen, dass sie<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Opfergaben sind.<br />
Das Katzenskelett<br />
wurde nur 40 Zentimeter<br />
von dem<br />
menschlichen Skelett entfernt gefunden.<br />
Es stammt von einer Wildkatze,<br />
die ebenfalls ordentlich begraben<br />
worden war. Wildkatzen (Felis<br />
silvestris) werden deutlich grösser<br />
als heutige Hauskatzen. Die Knochen<br />
des <strong>Tier</strong>es zeigen keinerlei An-<br />
Unser Katzenmethusalem<br />
Böni (20) mit<br />
Betreuer Ivo Zürcher.<br />
Schon lange vermuteten<br />
Wissenschaftler, dass sich<br />
die kleinen Raubtiere dem<br />
Menschen in der Jungsteinzeit<br />
angeschlossen haben.<br />
zeichen dafür, dass es geschlachtet<br />
wurde. Dies wird als weiterer Hinweis<br />
darauf gedeutet, dass es sich<br />
um eine gezähmte Wildkatze handelte.<br />
Bislang galten die alten Ägypter<br />
als die ersten Menschen, die Katzen<br />
domestizierten. Schon lange<br />
vermuteten Wissenschaftler aber,<br />
dass sich die kleinen Raubtiere dem<br />
Menschen bereits früher anschlossen.<br />
In frühen jungsteinzeitlichen<br />
Kulturen vor 10000 bis 11000 Jahren<br />
könnten Katzen immer häufiger<br />
in die Dörfer gekommen sein, als<br />
sie die Kornvorräte als ergiebiges<br />
Jagdrevier für Mäuse erkannten.<br />
Umgekehrt könnten die Dorfbewohner<br />
den Nutzen der flinken Jäger<br />
erkannt und sie gezähmt haben.<br />
Doch bisher gab es keinerlei Belege<br />
für diese Theorie. Das Grab auf<br />
Zypern ist nun ein deutliches Zeichen<br />
dafür, dass Mensch und Katze<br />
tatsächlich bereits früher als im<br />
alten Ägypten gemeinsame Pfade<br />
beschritten. ddp/bdw ■<br />
Foto: © P.A.<br />
29
Bei Gefahr:<br />
Schnabel halten!<br />
Vogeleltern warnen ihren Nachwuchs mit einem speziellen Warnruf<br />
vor Raubtieren. Ertönt der Ruf, verstummen die üblichen Bettelrufe<br />
sofort. Die Eltern können damit verhindern, dass das Geschrei der<br />
Kleinen das Versteck verrät. Sind die Eltern jedoch in unmittelbarer<br />
Nestnähe, reagiert der Nachwuchs kaum auf den Warnruf. Das haben<br />
Forscher von der Universität in Canberra (Australien) beobachtet.<br />
Junge Vögel betteln von morgens<br />
bis abends lautstark um<br />
Futter. Doch die Bettelrufe<br />
locken auch ungebetene Gäste an:<br />
Raubtiere. Deshalb gibt es spezielle<br />
Alarmrufe, mit denen die Eltern<br />
ihre Kleinen warnen. Sobald dieser<br />
Ruf ertönt, halten die Nestbewohner<br />
den Schnabel – jedoch nicht immer.<br />
Die australischen Forscher<br />
spielten dem Nachwuchs des australischen<br />
Weissbrauen-Sericornis,<br />
eines entfernten Verwandten des<br />
Hausspatzen, im Nest Aufnahmen<br />
der Alarmrufe vor und beobachteten<br />
die Reaktion der kleinen <strong>Tier</strong>e.<br />
Wie erwartet, waren die Vogelkinder<br />
sofort ruhig, wenn sie den<br />
Alarmruf hörten. Ertönte jedoch<br />
unmittelbar nach dem Warnruf zusätzlich<br />
ein Futterruf, den die Altvögel<br />
verwenden, um den Kleinen<br />
zu sagen «Ich habe Futter mitgebracht»,<br />
dann war es mit der vornehmen<br />
Zurückhaltung im Nest<br />
vorbei – trotz Alarmruf. Die Verhaltensforscher<br />
erklären diese Reaktion<br />
durch die vermeintliche Anwesenheit<br />
der Eltern.<br />
Der Vogelnachwuchs fühle sich<br />
sicher, wenn die Eltern in der Nähe<br />
sind, und Betteln sei in diesem Fall<br />
Gute Kumpels bei<br />
Esel, Schaf & Co.<br />
Kumpelhafte Beziehungen<br />
gibt es bei Eseln, Schafen<br />
und Pferden auch unter den<br />
nicht verwandten Mitgliedern einer<br />
Herde. Dies hat jetzt eine Biologin<br />
aus Marburg herausgefunden. Für<br />
ihre Doktorarbeit hatte sie mehr als<br />
1500 Stunden lang zehn Pferde,<br />
Esel-, Rinder- und Schafherden auf<br />
einer Farm im Südosten Englands<br />
beobachtet und deren Verhalten<br />
analysiert. Als Freundschaft wurde<br />
eine freiwillige Beziehung, die nicht<br />
sexuell motiviert ist und auch nicht<br />
auf Verwandtschaft beruht, definiert<br />
und räumliche Nähe, soziale Fellpflege,<br />
Körperkontakt und Futterteilen<br />
als deren Indikatoren herangezogen.<br />
Gekennzeichnet sei Freundschaft,<br />
so die Forscherin, durch<br />
Sympathie und in einer ständigen<br />
Bevorzugung eines anderen <strong>Tier</strong>es.<br />
Während Esel Zweierbeziehungen<br />
vorziehen, favorisieren Pferde<br />
dagegen grössere Cliquen. Besonders<br />
häufig schlossen gleich-<br />
biologisch sinnvoll, denn wer am<br />
lautesten bettelt, bekommt das meiste<br />
Futter. Die jungen Vögel wägen<br />
demnach sehr genau ab, ob es sich<br />
lohnt, lautstark um Futter zu betteln,<br />
oder ob es in einer gefährlichen Situation<br />
doch besser ist, den Schnabel<br />
zu halten. ■<br />
bdw<br />
altrige <strong>Tier</strong>e Freundschaften, zudem<br />
favorisierten Huftiere ihnen<br />
ähnliche Artgenossen. Bei einem<br />
Konflikt zwischen zwei Schafböcken<br />
etwa blieb ein unbeteiligtes <strong>Tier</strong><br />
trotz Verletzungsgefahr bei seinem<br />
Freund. Nach Beendigung des<br />
Kampfes half es, durch Wangenkontakt<br />
und Kopfreiben die Anspannung<br />
seines Gefährten abzubauen.<br />
Warum sich die Schafböcke derart<br />
uneigennützig verhalten, ist allerdings<br />
weiterhin ein Rätsel. Freundschaften<br />
könnten allerdings das<br />
Wohlbefinden und damit auch die<br />
Gesundheit der <strong>Tier</strong>e steigern.<br />
Bislang wurden Freundschaften<br />
wissenschaftlich nur unter Menschen,<br />
Delfinen und Affen anerkannt.<br />
■<br />
Nature News<br />
30 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Foto: © Frank Hecker
Chamaeleo africanus<br />
(Laurenti 1768)<br />
Basiliskenchamäleon,<br />
Afrikanisches Chamäleon<br />
Chamaeleo africanus ist ein<br />
schlichtes, mittelgrosses<br />
Chamäleon. Vom Kopf bis<br />
zur Schwanzspitze kann es gut 30cm<br />
erreichen. Es gleicht sehr stark dem<br />
europäischen Chamäleon (Chamaeleo<br />
chamaeleon). Bei adulten <strong>Tier</strong>en<br />
ist der Helm aber deutlich höher<br />
und zugespitzt, die Lappen am Hinterkopf<br />
(Occipitallappen) fehlen<br />
völlig. Konische Schuppen auf dem<br />
Rücken, der Kehle und dem Bauch<br />
bilden einen niedrigen Kamm.<br />
Die Männchen der Nominalform<br />
(Chamaeleo africanus africanus)<br />
haben einen sehr ausgeprägten<br />
Fersensporn. Den Männchen der<br />
zweiten Unterart (Chamaeleo africanus<br />
calcalicarens) hingegen fehlt<br />
dieser. Sie unterscheiden sich nur<br />
durch die verdickte Schwanzwurzel<br />
vom anderen Geschlecht. Chamaeleo<br />
africanus hat meistens eine grüne<br />
Grundfarbe. Auch Oliv bis Graubraun<br />
sind häufige Farben. Zwei<br />
immer hellere Seitenstreifen geben<br />
den <strong>Tier</strong>en eine gewisse Eleganz.<br />
Wenn sie über längere Zeit der Hitze<br />
ausgesetzt sind, haben sie ein helles,<br />
kräftiges Grasgrün mit gelben<br />
Seitenstreifen. Bei Stress zeigen sie<br />
auch kleine schwarze Punkte auf<br />
hellerem Grund.<br />
Die Verbreitung des Basiliskenchamäleons<br />
ist gigantisch: von Nigeria<br />
über Kamerun im Westen bis<br />
hin nach Somalia im Osten und<br />
Süden. Im Norden sind es Libyen,<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Die Fotos zeigen<br />
alles Weibchen.<br />
Chamäleon<br />
Wenig erforschte Zeugen aus der Saurierzeit<br />
Chamaeleo africanus<br />
(Laurenti 1768)<br />
Gattung: Chamaeleo<br />
Untergattung: –<br />
Art: Chamaeleo africanus<br />
Unterarten: Chamaeleo africanus africanus,<br />
Chamaeleo africanus calcalicarens<br />
Ägypten (inklusive Nildelta) sowie<br />
Sudan. Chamaeleo africanus calcalicarens<br />
(Böhme 1985) lebt in So-<br />
malia, Äthiopien und Eritrea. Einige<br />
Wissenschaftler nehmen an,<br />
dass es sich sogar um eine eigene<br />
Art handelt. Das Basiliskenchamäleon<br />
ist eine regelrechte «Fressmaschine»,<br />
es frisst sozusagen alles,<br />
was es bewältigen kann.<br />
In Griechenland wurde vor ein<br />
paar Jahren eine Population Chamaeleo<br />
africanus entdeckt. Auf einem<br />
Gebiet von ungefähr 4000 x 300<br />
Meter in der Nähe eines Badestrandes<br />
auf dem Peloponnes leben zwischen<br />
200 bis 300 <strong>Tier</strong>e. Leider sind<br />
die griechischen Politiker nicht be-<br />
Fotos und Zeichnung: © R. A. Attinger<br />
reit, ein Gebiet solcher<br />
Grösse unter Schutz zu<br />
stellen. Im Gegenteil,<br />
man hat jetzt sogar eine<br />
neue Asphaltstrasse mitten<br />
durch das Chamäleonhabitat<br />
angelegt. Häufig<br />
findet man nun totgefahrene <strong>Tier</strong>e,<br />
nicht nur Chamäleons, auf der<br />
Strasse. Auch wird verbotenerweise<br />
in diesem Gebiet campiert. So<br />
werden viele Gelege zerdrückt. Ausserdem<br />
zieht der liegen gelassene<br />
Abfall Ratten an, die wiederum bemächtigen<br />
sich der kleinen Schlüpflinge.<br />
Kaum also wurde diese seltenste<br />
frei lebende Reptilienart in<br />
Europa entdeckt, ist sie schon zum<br />
Tode verurteilt. Wenigstens ist es<br />
tröstlich, dass sie in ihrem riesigen<br />
Verbreitungsgebiet in Afrika noch<br />
nicht akut bedroht ist.<br />
Bis zum nächsten Mal<br />
Ihr R. A. Attinger<br />
31
Buchbesprechungen<br />
Zwischen Faszination<br />
und Ekel<br />
Spinnen gehören nicht gerade zu den beliebtesten <strong>Tier</strong>en.<br />
Ihr Anblick löst meist Ekel und Verachtung aus. Zu Unrecht<br />
– denn Spinnen sind überaus faszinierende Wesen, die zwar<br />
wohl manchmal Fliegen, aber bestimmt nicht dem Menschen<br />
etwas zu Leide tun. Allein in der Schweiz sind 900 verschiedene<br />
Arten bekannt. Es lohnt sich, diese vielfältigen <strong>Tier</strong>e<br />
etwas genauer zu betrachten. Genau dies hat der Autor Max<br />
Frei sein halbes Leben lang getan und sich von der Faszination<br />
leiten lassen. Das Ergebnis liegt in diesem Buch vor.<br />
Die riesige Farben- und Formenvielfalt hat er in seinen Aquarellen<br />
festgehalten. Das erworbene Wissen vermittelt er in<br />
den dazugehörigen, interessanten Erklärungen und Beschreibungen<br />
der verschiedenen Arten. Die Texte sind für jedermann<br />
geschrieben und alles andere als wissenschaftlich-trockene<br />
Materie, sondern informativ und gut verständlich. Ein<br />
Einblick in das spannende Verhalten der Spinnen lohnt sich.<br />
Als ein Beispiel unter vielen sei hier nur das Spinnen ihres<br />
Netzes erwähnt. Ein Meisterwerk aus einem Werkstoff, den<br />
es zu kopieren dem Menschen<br />
bis heute nicht gelang.<br />
Max Frei<br />
«Begegnungen mit der<br />
Spinne»<br />
127 Seiten, 38 grossformatige<br />
Aquarelle,<br />
CHF 68.–<br />
ISBN 3-7225-6789-0<br />
Ott-Verlag Thun<br />
Postfach 802, Länggasse<br />
57, 3607 Thun 7<br />
Tel. 033/ 225 39 39,<br />
info@ott-verlag.ch<br />
Die Liebe lebt weiter<br />
Das vorliegende Kinderbuch stellt die Liebe zum <strong>Tier</strong> in den<br />
Mittelpunkt. Der Schriftsteller Bernard Clavel schreibt in seinem<br />
Vorwort: «Diese Geschichte ist all jenen Kindern gewidmet,<br />
die eines kommenden Tages mit der Kraft der Liebe<br />
das Schwert des Mutes und der Erkenntnis ergreifen, den<br />
Drachen der Angst und Unwissenheit zu überwinden.» Überhaupt<br />
ist diese Geschichte voll von Symbolik und Metaphern.<br />
Es sollte zum Diskutieren in der Familie anregen und greift<br />
Themen auf wie Liebe und Verbundenheit von Mensch und<br />
<strong>Tier</strong>, Wünsche und Hoffnung, Überwinden von Ängsten, Tod.<br />
Es ist die Geschichte von Diego dem Kater, der nach seinem<br />
Tod die Erinnerungen an sein irdisches Dasein Revue passieren<br />
lässt und lernt loszulassen. Was bleibt, ist das Band<br />
und die Kraft der Liebe, welche Grenzen und Zustände überwinden<br />
und durchfliessen kann. Er durchlebt dabei emotionale<br />
Zustände, die jeder<br />
Mensch auch im eigenen<br />
Leben erfährt. Der <strong>Pro</strong>tagonist<br />
wird dabei aber<br />
nicht vermenschlicht.<br />
Lösungen finden<br />
Roland Marthaler<br />
«Diego’s Erinnerung»<br />
60 Seiten, CHF 20.–<br />
ISBN 3-907260-22-8<br />
Novalis Verlag<br />
Vordergasse 58, 8200<br />
Schaffhausen,<br />
Tel. 052 625 87 64<br />
In diesem, mit vielen Fotos bebilderten Kinderbuch geht es<br />
vor allem um Kommunikation. Es zeigt anhand einer mit viel<br />
Einfühlungsvermögen und Verständnis erzählten <strong>Tier</strong>geschichte,<br />
wie wichtig es ist, über persönliche Anliegen zu<br />
sprechen. Sorgen und Ängste gilt es zu formulieren und mitzuteilen.<br />
Zum einen erkennt man plötzlich, dass es auch andere<br />
mit den gleichen oder ähnlichen <strong>Pro</strong>blemen gibt. Nach<br />
dem Motto «Gemeinsam sind wir stark» gilt es, für sich selber<br />
einzustehen. Ebenso wichtig auf dem Weg zum Ziel ist<br />
aber auch, sich die Argumente<br />
und Sichtweise<br />
des Kontrahenden anzuhören<br />
und so dessen Handeln<br />
besser zu verstehen.<br />
Nadia Weber<br />
«Die Schnecke, die Kuh<br />
und du»<br />
14 Seiten, CHF 25.–<br />
ISBN 3-9521308-1-8<br />
NWG Verlag, 8303<br />
Bassersdorf<br />
nwgweber@bluewin.ch<br />
32 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04
Adressänderung<br />
Bitte melden Sie uns Ihre neue Adresse.<br />
Adressnachforschungen bei den Gemeinden kosten uns pro Anfrage CHF 20.–.<br />
Geld, das wir besser für die <strong>Tier</strong>e einsetzen könnten.<br />
Alte Adresse<br />
Name: _________________________________________<br />
Vorname: ______________________________________<br />
Mitgliedernummer: _____________________________<br />
Strasse: ________________________________________<br />
PLZ und Wohnort: ______________________________<br />
Telefon: ________________________________________<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Träume verwirklichen<br />
Ein Buch für Kinder über Freundschaft, Träume und das Älterwerden.<br />
Zwei ungleiche Gesellen, ein Wetterhahn und ein<br />
richtiger Gockel, teilen dasselbe Schicksal. Sie sind alt und<br />
haben ausgedient. Um nicht im Alteisen beziehungsweise<br />
im Kochtopf zu landen, ergreifen beide die Flucht. Auf ihrem<br />
Weg treffen sie aufeinander und finden nach anfänglichen<br />
Streitereien bald heraus, dass sie die gleiche Sehnsucht<br />
teilen: einmal das Meer sehen! Gemeinsam versuchen<br />
sie ihr Ziel zu erreichen.<br />
Hannes Schmid / René Villiger<br />
«Zwei Freunde auf der Flucht»<br />
14 Seiten, CHF 19.50<br />
ISBN 3-9520971-3-6<br />
Verlag Villiger Kids AG, 5643 Sins<br />
Neue Adresse<br />
Name: __________________________________________<br />
Vorname: _______________________________________<br />
Strasse: _________________________________________<br />
PLZ und Wohnort: _______________________________<br />
Telefon: _________________________________________<br />
Einsenden an: <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong>, Alfred-Escher-Strasse 76, CH-8002 Zürich, Fax 01 201 26 23<br />
33
Der Duft der Ruhe<br />
Pheromon beruhigt aggressive<br />
Hunde im <strong>Tier</strong>heim<br />
Spezielle Duftstoffe können<br />
beruhigend auf Hunde im<br />
<strong>Tier</strong>heim wirken. Diese so<br />
genannten Pheromone dienen<br />
normalerweise der Kommunikation<br />
zwischen den<br />
<strong>Tier</strong>en. Mit einem Duftstoff,<br />
der normalerweise von weiblichen<br />
Hunden nach einem<br />
Wurf abgegeben wird, um<br />
die Welpen zu beruhigen,<br />
konnten britische Verhaltensforscher<br />
von der Universität<br />
Edinburgh aggressives<br />
Verhalten bei den <strong>Tier</strong>en<br />
deutlich reduzieren.<br />
Elaine Todd und Natalie Waran<br />
von der Royal School of<br />
Veterinary Studies hatten<br />
das Verhalten von 37 Hunden<br />
im schottischen SSPCA<br />
Animal Welfare Centre untersucht.<br />
Die Wissenschaftlerinnen<br />
liessen das Hundepheromon<br />
DAP mit einem elektrischen<br />
Duftspender in die<br />
Zwinger strömen. Der Geruch<br />
verfehlte seine Wirkung<br />
nicht: Die Vierbeiner bellten<br />
weitaus seltener und auch<br />
nicht mehr so laut wie zuvor.<br />
Zudem zeigten sie ein gesteigertes<br />
freundliches Interesse<br />
an fremden Besuchern, die<br />
sich ihnen näherten. Diese<br />
Verhaltensänderung beobachteten<br />
die Forscherinnen<br />
bei allen Hunden, unabhängig<br />
von deren Alter, Geschlecht,<br />
ihrer Rasse oder<br />
ihrer Lebensgeschichte. <strong>Tier</strong>e,<br />
die kein DAP schnüffeln<br />
durften, blieben dagegen<br />
laut und aggressiv. DAP könne<br />
Hunden auch helfen, alltägliche<br />
Situationen wie<br />
Angst oder Stress besser zu<br />
bewältigen und andere Verhaltensstörungen,<br />
wie übermässiges<br />
Bellen oder Zerstörungswut,<br />
im Zaum zu halten,<br />
erklärt Todd. Das Phero-<br />
Kurznachrichten<br />
mon könne auch in extremen<br />
Stresssituationen, wie zum<br />
Beispiel während eines lauten<br />
Feuerwerks am Jahreswechsel,<br />
sehr hilfreich sein.<br />
ddp/bdw<br />
Gleich und Gleich<br />
gesellt sich gern<br />
Hunde beginnen ihren Besitzern<br />
zu ähneln. Die Ähnlichkeit<br />
wird in im Laufe der Jahre<br />
nicht stärker und konnte<br />
nur bei reinrassigen Hunden<br />
festgestellt werden.<br />
Hund und Herrchen sind einander<br />
tatsächlich ähnlich,<br />
das glauben jedenfalls amerikanische<br />
Psychologen. Die<br />
Ähnlichkeit liess sich allerdings<br />
nur bei reinrassigen<br />
Hunden nachweisen, berichten<br />
Wissenschaftler von der<br />
University of California, San<br />
Diego. Dies liege daran, dass<br />
die Eigenschaften bei reinrassigen<br />
<strong>Tier</strong>en im Vorherein<br />
besser abschätzbar sind, so<br />
dass die künftigen Besitzer<br />
eine verlässlichere Kaufentscheidung<br />
treffen. Das Forscherduo<br />
stützt seine Behauptung<br />
allerdings auf ein<br />
etwas sonderliches Experiment<br />
mit gerade einmal 28<br />
Foto: © P.A.<br />
Studenten. Diese bekamen<br />
jeweils drei Fotografien von<br />
Hundebesitzern, deren Hunden<br />
und fremden Hunden<br />
gezeigt und sollten dann das<br />
korrekte Hund-Herrchenpaar<br />
identifizieren. Bei 16 von 25<br />
reinrassigen Hunden tippte<br />
die Mehrzahl der Studenten<br />
richtig. Es liessen sich jedoch<br />
keine Belege dafür finden,<br />
dass ein längeres Zusammenleben<br />
von Hund und<br />
Mensch die gegenseitige<br />
Ähnlichkeit verstärkt. Welche<br />
Art von Ähnlichkeit den Ausschlag<br />
gibt, bleibt aber weiter<br />
offen. Es sind wohl weniger<br />
Merkmale wie Haarwuchs,<br />
Körpergrösse usw.,<br />
vielmehr scheint es so, dass<br />
Menschen lieber ein ihnen<br />
ähnliches Lebewesen um<br />
sich haben möchten.<br />
NN/ArtToday<br />
Herppes bei Schildkröten,<br />
Stress bei<br />
Austern – immer<br />
mehr Krankheiten<br />
im Meer<br />
Eine Langzeitstudie amerikanischer<br />
Wissenschaftler belegt<br />
die Zunahme von Krankheiten<br />
bei zahlreichen Meeresorganismen.<br />
So treten<br />
Krankheiten vermehrt bei<br />
Meeresbewohnern wie Säugetieren,<br />
Weichtieren und<br />
Seeigeln auf, jedoch nicht<br />
bei Fischen. Grund hierfür ist<br />
jedoch nicht eine Abnahme<br />
von Krankheiten bei Fischen,<br />
sondern die Abnahme der<br />
Fischbestände insgesamt<br />
durch die zunehmende Überfischung<br />
der Meere. Von einigen<br />
Arten gibt es nur noch<br />
so wenige Exemplare, dass<br />
eine Untersuchung zum Anstieg<br />
von Krankheiten gar<br />
nicht mehr möglich ist. Jedoch<br />
erkranken immer mehr<br />
Meeresschildkröten immer<br />
häufiger an Tumoren, die<br />
von einem Herpesvirus ausgelöst<br />
wurden. Weichtiere<br />
wie gezüchtete Austern leiden<br />
verstärkt unter Stresssymptomen,<br />
die durch Klimaveränderung<br />
und Aquakulturpraktikenhervorgerufen<br />
werden können. Einzig<br />
Seegras und Haie zeigen sich<br />
unberührt und weisen keine<br />
Zunahme von Krankheiten<br />
auf. NN<br />
Forscher<br />
befürchten neues<br />
Massenaussterben<br />
Der Erde könnte ein ähnliches<br />
Massenaussterben bevorstehen<br />
wie das vor 65 Millionen<br />
Jahren, als die Dinosaurier<br />
ausgelöscht wurden.<br />
Zu diesem Schluss kommen<br />
zwei neue Studien, die das<br />
Wissenschaftsmagazin «Science»<br />
veröffentlichte. Jeremy<br />
Thomas vom Centre for<br />
Ecology and Hydrology fand<br />
heraus, dass in den letzten<br />
20 Jahren 71 <strong>Pro</strong>zent der<br />
Schmetterlingsarten und<br />
54 <strong>Pro</strong>zent der Vogelarten in<br />
Grossbritannien drastisch<br />
zurückgegangen oder ausgestorben<br />
sind. Carly Stevens<br />
von der Open University entdeckte,<br />
dass 28 <strong>Pro</strong>zent der<br />
britischen Pflanzenarten in<br />
den letzten 40 Jahren extrem<br />
selten oder ganz verschwunden<br />
sind. Ursache hierfür sei<br />
der durch Industrie, Verkehr<br />
und Landwirtschaft produzierte<br />
Stickstoff. Die zwei Studien<br />
seien die ausführlichsten,<br />
die weltweit je durchgeführt<br />
wurden, so Thomas.<br />
Die Ergebnisse würden die<br />
Hypothese eines sechsten<br />
grossen Massenaussterbens<br />
untermauern. Doch diesmal<br />
trägt kein Asteroid oder Vulkanausbruch<br />
die Schuld,<br />
sondern einzig und allein der<br />
34 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04
Mensch. Lebensraumzerstörung<br />
und Umweltverschmutzung<br />
seien verantwortlich für<br />
den rapiden Artenschwund,<br />
so die Wissenschaftler.<br />
Nature News<br />
Ehemalige<br />
Versuchsaffen –<br />
erneuter Streit<br />
in Holland<br />
Niederländische <strong>Tier</strong>schützer<br />
sind in Aufruhr. Nach<br />
dem Willen des neuen Gesundheitsministers<br />
Hans<br />
Hoogervoorst sollen 39 ehemalige<br />
Versuchsaffen in holländischen<br />
Zoos und nicht,<br />
wie vereinbart, in Spanien<br />
untergebracht werden. Er<br />
hält die Unterbringungs- und<br />
Verpflegungskosten von umgerechnet<br />
etwa 20 500 CHF<br />
für einen Affen im Jahr für<br />
überzogen, dies sei mehr als<br />
mancher Sozialhilfesatz.<br />
Für die Affen aus dem<br />
Forschungszentrum Biomedical<br />
Primate Research Centre<br />
musste ein neues Zuhause<br />
gefunden werden, nachdem<br />
die holländische Regierung<br />
auf Druck von <strong>Tier</strong>schützern,<br />
darunter auch<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong>, vor zwei Jahren entschied,<br />
das Forschungszentrum<br />
zu schliessen und medizinische<br />
Versuche mit<br />
Schimpansen und anderen<br />
Affen zu verbieten. Nach einer<br />
2002 getroffenen Vereinbarung<br />
sollen die <strong>Tier</strong>e im<br />
Laufe dieses Jahres in einer<br />
eigenen Auffangstation in<br />
der Nähe von Alicante an der<br />
Costa Blanca unterkommen.<br />
Die holländische Organisation<br />
Stichting AAP, die sich<br />
um die Pflege und Unterkunft<br />
für die Schimpansen<br />
gekümmert hat, ist wütend<br />
über Hoogervoorsts Pläne.<br />
Wie AAP-Sprecher Rikkert<br />
Reijnen erklärt, leben die La-<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
boraffen in Gruppen mit einer<br />
festen sozialen Hierarchie,<br />
die man nicht einfach<br />
auseinander reissen oder<br />
ändern könne. Er betont,<br />
dass die Unterbringung der<br />
<strong>Tier</strong>e in Spanien kein unnötiger<br />
Luxus sei: Aufgrund des<br />
wärmeren Klimas und der<br />
niedrigeren Unterhaltskosten<br />
sei es günstiger, die<br />
Schimpansen in Spanien als<br />
im regnerischen Holland unterzubringen.<br />
Nach Meinung der holländischen<br />
<strong>Tier</strong>schützer kann die<br />
damals getroffene Vereinbarung<br />
von Hoogervoorst, der<br />
sein jetziges Amt erst nach<br />
Vertragsabschluss antrat,<br />
nicht rückgängig gemacht<br />
werden. «Der Vertrag wurde<br />
von seinem eigenen Ministerium<br />
unterzeichnet, und zwar<br />
auf der Grundlage von Expertengutachten,<br />
die von<br />
seinem eigenen Ministerium<br />
zusammengestellt wurden,<br />
es wird also schwierig sein,<br />
das einfach abzuändern»,<br />
erklärt Reijnen. Das Gesundheitsministerium<br />
plant weitere<br />
Gespräche mit den <strong>Tier</strong>schützern,<br />
um mögliche Budgetkürzungen<br />
zu besprechen.<br />
uki<br />
Schimpansinnen<br />
lernen schneller als<br />
Schimpansen –<br />
Männchen spielen<br />
lieber<br />
Weibchen orientieren sich<br />
in ihrem Lernprozess stark<br />
an ihren Müttern, Männchen<br />
hingegen verbringen<br />
ihre Zeit lieber spielend.<br />
Junge weibliche Schimpansen<br />
sind wesentlich bessere<br />
Schüler als männliche. Zu<br />
diesem Ergebnis kommt eine<br />
Studie, die im Gombe-Nationalpark<br />
in Tansania durchgeführt<br />
wurde. Die Forscher<br />
Foto: © Ulrich Karlowski<br />
beobachteten hierzu acht<br />
junge männliche und sechs<br />
junge weibliche Schimpansen<br />
sowie deren Mütter. Beobachtet<br />
wurde vor allem<br />
das Verhalten der <strong>Tier</strong>e beim<br />
Termitenfang. Hierbei lernten<br />
Weibchen viel schneller<br />
als ihre männlichen Artgenossen.<br />
Auch bei Menschen<br />
lernen Mädchen schneller<br />
Lesen und Schreiben als<br />
Buben. Beim Termitenfang<br />
kommt es, vergleichbar dem<br />
Schreiben, auf den geschickten<br />
Umgang mit einem Stock<br />
(Bleistift) an. Schimpansenmädchen<br />
lernen den Umgang<br />
mit dem Termitenfangstock<br />
bereits mit 30 Monaten,<br />
Männchen benötigten<br />
fast doppelt so lange, um<br />
diese Fähigkeit zu beherrschen.<br />
Dabei imitieren Töchter ihre<br />
Mütter nahezu perfekt.<br />
Selbst die Tiefe, in die der<br />
Termitenfangstock eingeführt<br />
wurde, stimmte jeweils<br />
überein, weil die Töchter ihre<br />
Mütter viel genauer beobachten<br />
als die Söhne. Diese<br />
lassen sich wesentlich leichter<br />
ablenken und fangen dadurch<br />
auch weit weniger Termiten.<br />
Vielleicht ist die mühsame<br />
Jagd nach den wuseligen<br />
Krabbeltieren aber<br />
auch einfach zu langweilig,<br />
denn Termitenjagd ist bei<br />
Schimpansen sowieso eher<br />
Frauensache, Männchen dagegen<br />
erbeuten lieber grössere<br />
<strong>Tier</strong>e, wie zum Beispiel<br />
kleine Affen. Die Studie zeigt<br />
Foto: © P.A.<br />
aber, dass Menschen nicht<br />
die einzigen Lebewesen sind,<br />
bei denen es geschlechtsspezifische<br />
Lernmuster gibt. pta<br />
Schweiz:<br />
Vogelspinnenschmuggler<br />
geschnappt<br />
Im Februar konfiszierte der<br />
Schweizer Zoll 775 mexikanische<br />
Vogelspinnen, wie die<br />
Umweltbehörde in Mexiko<br />
bekannt gab. Nach Informationen<br />
der mexikanischen<br />
Presse waren sie in Plastiktüten<br />
gestopft und befanden<br />
sich im Gepäck eines Deutschen<br />
auf einem Flug von<br />
Mexiko nach Zürich. Die geschützte<br />
Spinne unterliegt<br />
den Bestimmungen des WashingtonerArtenschutzab-<br />
kommens (WA/CITES), das<br />
den Handel mit bedrohten<br />
Arten reguliert. Da der Deutsche<br />
keine CITES-Papiere<br />
vorlegen konnte, wurden die<br />
<strong>Tier</strong>e in ihre Heimat zurückgeschickt.<br />
Obwohl von Natur<br />
aus eher robust, starb ein<br />
Drittel der Spinnen auf dem<br />
Rückflug. Nature News ■<br />
35
Nur mit Ihrer Hilfe<br />
können wir helfen!<br />
Wir übernehmen Verantwortung, wo andere<br />
versagen. Das Schicksal der <strong>Tier</strong>e liegt in<br />
unseren Händen. Ihre Spende ermöglicht es<br />
uns, Hunde, Katzen und viele andere <strong>Tier</strong>e<br />
aktiv zu schützen. Bitte kämpfen Sie mit uns<br />
für die <strong>Tier</strong>e.<br />
Ihre Spende rettet<br />
<strong>Tier</strong>en das Leben!<br />
Jeder Franken zählt!<br />
Herzlichen Dank!<br />
Unser PC 80-37221-2<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> benötigt<br />
dringend Mittel für:<br />
Betreuung und Pflege unserer<br />
<strong>Tier</strong>heimtiere<br />
Aufnahme von Verzicht- und<br />
Findeltieren<br />
Unterbringung und Betreuung unserer<br />
Patentiere – gesunde Hunde<br />
und Katzen, die aus verschiedenen<br />
Gründen nicht platzierbar sind<br />
Rettung der letzten Adria-Delfine<br />
vor dem Aussterben<br />
Hilfe für Tanzbären in Zusammenarbeit<br />
mit Alertis (NL)<br />
<strong>Tier</strong>hilfe «Osten», denn <strong>Tier</strong>schutz<br />
kennt für uns keine Grenzen<br />
Aufklärungs- und Informationsarbeit,<br />
denn wir können nur<br />
schützen, was wir kennen<br />
36 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04
Foto: © Nathalie Dubois<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
UNTERSTÜTZEN SIE DIE PETITION GEGEN DEN<br />
IMPORT VON HUNDE- UND KATZENFELLEN.<br />
Seit dem erneuten Aufschwung der Pelzmode werden in China<br />
jährlich über zwei Millionen Hunde und Katzen brutal abgeschlachtet,<br />
ihr Fell wird zu Pelzbordüren, Kragenbesatz, Jacken<br />
und Innenfutter verarbeitet und als Billigpelz ins Ausland exportiert.<br />
Wir fordern ein Importverbot für Hunde- und Katzenfelle!<br />
Schicken oder faxen Sie uns einfach das ganz od. teilweise<br />
ausgefüllte Blatt an folgende Adresse zurück:<br />
Schweizerische Gesellschaft für <strong>Tier</strong>schutz / <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong><br />
Alfred Escher-Strasse 76, 8002 Zürich<br />
Fax: 01 201 26 23<br />
Name/Vorname Strasse PLZ Ort<br />
Wir danken für Ihr Engagement!<br />
37
<strong>Pro</strong>jekte+Kampagnen<br />
Bären<br />
So können Sie helfen<br />
Zusammen mit Alertis (ehemals International Bear<br />
Foundation) unterstützen wir das Bärenrefugium in<br />
Kuterevo in Kroatien.<br />
Adria-Delfine<br />
Finanzielle Unterstützung zur Rettung der letzten<br />
Tümmler in der Adria vor Kroatien.<br />
Findeltiere<br />
Aufnahme und Vermittlung von Hunden und Katzen.<br />
Katzenkastrationen<br />
Abgabe von Kastrationsgutscheinen zur Unterbindung<br />
sinnloser Katzenvermehrung, speziell auf Bauernhöfen.<br />
Affenkampagne<br />
Finanzielle Unterstützung einer Auffangstation für<br />
Orang-Utans auf Borneo.<br />
Sie wollen eines oder mehrere<br />
dieser <strong>Pro</strong>jekte und Kampagnen<br />
finanziell unterstützen? Verwenden<br />
Sie bitte beiliegenden Einzahlungsschein<br />
mit dem Vermerk der<br />
entsprechenden Aktion.<br />
Sie können natürlich auch online<br />
spenden unter: www.protier.ch<br />
38 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04 4/03<br />
Foto: © Alfa Kartos
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04<br />
Patenschaften<br />
Die Schweizerische Gesellschaft für <strong>Tier</strong>schutz/<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> schläfert keine<br />
gesunden <strong>Tier</strong>e ein. Wir nehmen deshalb auch ältere <strong>Tier</strong>e auf, die anderswo<br />
abgewiesen würden. Wir sind der Meinung, solange ein Hund<br />
oder eine Katze zeigt, wie gern er oder sie noch am Leben ist, haben wir<br />
kein Recht, ihnen dieses zu nehmen.<br />
Erfreulicherweise finden wir immer wieder Menschen, oft auch jüngere<br />
Leute, die einem unserer «Senioren» ein neues Zuhause geben. Mitunter<br />
aber bleiben ältere <strong>Tier</strong>e recht lange im <strong>Tier</strong>heim und verursachen<br />
hohe Kosten.<br />
PRO<br />
Ich übernehme die Patenschaft für ein Findeltier und werde monatlich<br />
folgenden Betrag überweisen (12 Einzahlungsscheine werden mir nach<br />
Eingang dieses Talons zugeschickt).<br />
CHF 20.– CHF 40.– CHF 50.–<br />
CHF 100.– CHF<br />
Ich überweise einen einmaligen Betrag von CHF<br />
Ich werde Mitglied bei der SGT (Jahresbeitrag CHF 30.–)<br />
(Bitte Gewünschtes ankreuzen)<br />
Deshalb bitten<br />
wir Sie:<br />
Werden Sie<br />
Patin/Pate<br />
eines Findeltieres!<br />
Mit Ihrem monatlich<br />
wiederkehrenden<br />
Betrag geben Sie uns<br />
die Möglichkeit,<br />
uns weiterhin optimal<br />
für unsere Schützlinge<br />
einzusetzen.<br />
Name: Vorname:<br />
Strasse: PLZ/Ort:<br />
Datum: Unterschrift:<br />
Bitte ausschneiden und einsenden an:<br />
Schweizerische Gesellschaft für <strong>Tier</strong>schutz, Alfred-Escher-Strasse 76, 8002 Zürich<br />
39
Ausgesetzt<br />
und verlassen!<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> hilft!<br />
Werden Sie<br />
Mitglied!<br />
Foto: © Nathalie Dubois<br />
<br />
Beitrittserklärung<br />
zur Schweizerischen Gesellschaft<br />
für <strong>Tier</strong>schutz<br />
Alfred-Escher-Strasse 76<br />
8002 Zürich, Telefon 01 201 25 03<br />
Minimalmitgliederbeitrag pro Jahr CHF 30.–<br />
Minimalmitgliederbeitrag auf Lebenszeit CHF 1000.–<br />
Minimalmitgliederbeitrag für<br />
Jugendliche unter 18 Jahren CHF 20.–<br />
Für Kollektivmitglieder CHF 200.–<br />
Für Paarmitglieder CHF 50.–<br />
Ich wünsche, in die Schweizerische Gesellschaft für <strong>Tier</strong>schutz/<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> aufgenommen zu werden.<br />
Herr Frau Bitte in Blockschrift ausfüllen<br />
Name Jahrgang<br />
Vorname Postleitzahl<br />
Strasse Ort<br />
Ort, Datum Unterschrift<br />
Bei Minderjährigen Unterschrift des gesetzlichen Vertreters<br />
40 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 2/04