Wärme und Kälte – Energie aus Sonne und Erde
Wärme und Kälte – Energie aus Sonne und Erde
Wärme und Kälte – Energie aus Sonne und Erde
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Solare Kühlung Solarthermie<br />
Speicher<br />
Themen 2005<br />
Geothermie Solares Bauen Biomasse<br />
<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>Energie</strong> <strong>aus</strong> <strong>Sonne</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Erde</strong>
<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>Energie</strong> <strong>aus</strong> <strong>Sonne</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Erde</strong><br />
Jahrestagung des<br />
ForschungsVerb<strong>und</strong>s <strong>Sonne</strong>nenergie<br />
in Kooperation mit der<br />
Landesinitiative Zukunftsenergien NRW<br />
22. - 23.09.2005 in Köln<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Diese Publikation wurde durch das BMU gefördert.
4<br />
8<br />
12<br />
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30<br />
38<br />
45<br />
Inhalt<br />
Themen 2005<br />
Geleitworte<br />
B<strong>und</strong>esumweltministerium<br />
Rainer Hinrichs-Rahlwes Abteilungsleiter BMU<br />
Landesinitiative Zukunftsenergien NRW<br />
Dr. Frank-Michael Baumann Geschäftsführer<br />
der Landesinitiative Zukunftsenergien NRW<br />
Einführung <strong>und</strong> Überblick<br />
<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n <strong>–</strong> Stand <strong>und</strong> Forschungsbedarf<br />
Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen DLR<br />
Dr. Joachim Nitsch DLR<br />
<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> der <strong>Sonne</strong><br />
Solarkollektoren <strong>–</strong> Technologien<br />
<strong>und</strong> Systemtechnik<br />
Dr. Wolfgang Eisenmann ISFH<br />
Harald Drück Universität Stuttgart, ITW<br />
Matthias Rommel Fraunhofer ISE<br />
Frank Späte Solar-Institut Jülich<br />
Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />
Dr. Wolfgang Heidemann Universität<br />
Stuttgart, ITW<br />
Dr. Christian Dötsch Fraunhofer UMSICHT<br />
Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen DLR<br />
Solare Prozesswärme für Industrie,<br />
Meerwasserentsalzung <strong>und</strong> Solarchemie<br />
Kl<strong>aus</strong> Hennecke DLR<br />
Dr. Ahmet Lokurlu SOLITEM GmbH<br />
Matthias Rommel Fraunhofer ISE<br />
Frank Späte Solar-Institut Jülich<br />
Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung <strong>–</strong><br />
Belüftung <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>rückgewinnung<br />
Dr. Hans-Martin Henning Fraunhofer ISE<br />
Prof. Dr. Rainer Braun FH Gelsenkirchen<br />
Dr. Ahmet Lokurlu SOLITEM GmbH<br />
Dr. Peter Nöres Fraunhofer UMSICHT<br />
56<br />
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68<br />
75<br />
81<br />
<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> Biomasse<br />
Thermische Nutzung von Biomasse <strong>–</strong><br />
Ausgangsstoffe <strong>und</strong> Konversionsverfahren<br />
Prof. Dr. Hartmut Spliethoff ZAE Bayern<br />
Dr. Marina Braun-Unkhoff DLR<br />
Dr. Bernd Krautkremer ISET<br />
Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung zur effi zienten<br />
energetischen Nutzung von Biomasse<br />
Dr. Bernd Krautkremer ISET<br />
Helmut Böhnisch ZSW<br />
Dr. Ahmet Lokurlu SOLITEM GmbH<br />
<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> Geothermie<br />
Erschließung tiefer Geothermiequellen<br />
zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />
Dr. Ernst Huenges GFZ Potsdam<br />
Dr. Reinhard Jung GGA Hannover<br />
Dr. Peter Kehrer BGR Hannover<br />
Prof. Dr. Peter Kukla RWTH Aachen<br />
Prof. Dr. Axel Preuße RWTH Aachen<br />
Prof. Dr. Fritz Rummel Uni Bochum<br />
Prof. Dr. Hermann Josef Wagner Uni Bochum<br />
Energetische Nutzung von <strong>Wärme</strong>quellen<br />
niedriger Temperatur<br />
Prof. Dr. Felix Ziegler TU Berlin<br />
Dr. Wolfgang Eisenmann ISFH<br />
Dr. Hans-Martin Henning Fraunhofer ISE<br />
Dr. Silke Köhler GFZ Potsdam<br />
<strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe<br />
Geothermie<br />
Prof. Dr. Rolf Bracke FH Bochum<br />
Dr. Andreas Bühring Fraunhofer ISE<br />
Prof. Dr. Peter Müller FH Dortm<strong>und</strong><br />
Michael Wigbels Fraunhofer UMSICHT
90<br />
93<br />
99<br />
106<br />
111<br />
120<br />
126<br />
<strong>Energie</strong>versorgungssysteme<br />
Solarsiedlungen in NRW <strong>–</strong><br />
Erfahrungen <strong>und</strong> Perspektiven<br />
Andreas Gries LZE<br />
Dr. Hartmut Murschall Ministerium für<br />
Wirtschaft <strong>und</strong> <strong>Energie</strong> NRW<br />
Prof. Dr. Hermann-Josef Wagner Uni Bochum<br />
<strong>Energie</strong>versorgung in Niedrigstenergie-<br />
Neubauwohnungen<br />
Dr. Christel Russ Fraunhofer ISE<br />
Dr. Joachim Göttsche Solar-Institut Jülich<br />
Solarisierung von Altbauten<br />
Prof. Dr. Bernhard Hoffschmidt<br />
Solar-Institut Jülich<br />
Helmut Böhnisch ZSW<br />
Dr. Joachim Göttsche Solar-Institut Jülich<br />
Sebastian Herkel Fraunhofer ISE<br />
Dezentrale <strong>Wärme</strong>einspeisung <strong>–</strong><br />
Integration in <strong>Wärme</strong>netze<br />
Michael Wigbels Fraunhofer UMSICHT<br />
Peter Michael Nast DLR<br />
Solarunterstützte Kraft-<strong>Wärme</strong>-<strong>Kälte</strong>-Kopplung<br />
<strong>–</strong> Hybridsysteme im Trend<br />
Dr. Ahmet Lokurlu SOLITEM GmbH<br />
Dr. Reiner Buck DLR<br />
Dr. Christian Dötsch Fraunhofer UMSICHT<br />
Dr. Hans-Martin Henning Fraunhofer ISE<br />
Thermische Speicher<br />
<strong>Wärme</strong>speicher für die H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />
Peter Schossig Fraunhofer ISE<br />
Dr. Christian Dötsch Fraunhofer Umsicht<br />
Harald Drück Universität Stuttgart, ITW<br />
Dr. Joachim Göttsche Solar-Institut Jülich<br />
Dr. Ernst Huenges GFZ<br />
Dr. Frank Kabus GTN<br />
Dr. Rainer Tamme DLR<br />
Speicherung für Hochtemperaturwärme<br />
Dr. Rainer Tamme DLR<br />
Dr. Joachim Göttsche Solar-Institut Jülich<br />
Dr. Thomas Nunez Fraunhofer ISE<br />
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168<br />
Nachhaltigkeit der <strong>Energie</strong>versorgung mit<br />
<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong><br />
Förderinstrumente für die Markteinführung <strong>–</strong><br />
das Erneuerbare-<strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />
Peter-Michael Nast DLR<br />
Dr. Ole Langniß ZSW<br />
Prof. Dr. Uwe Leprich IZES<br />
Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale<br />
erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />
Helmut Böhnisch ZSW<br />
Dr. Wolfram Krewitt DLR<br />
Dr. Frithjof Staiß ZSW<br />
Öffentlicher Abendvortrag<br />
<strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong><br />
komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />
Matthias Schuler Transsolar-<br />
<strong>Energie</strong>technik GmbH<br />
Abschlussdiskussion<br />
Anteil erneuerbarer <strong>Energie</strong>n an der <strong>Wärme</strong>erzeugung<br />
muss gesteigert werden<br />
Verzeichnisse<br />
Standorte der FVS-Mitgliedsinstitute<br />
Adressen der FVS-Mitgliedsinstitute<br />
Adressen von Institutionen der LZE<br />
Adressen weiterer Institutionen<br />
Impressum<br />
3
FVS LZE Themen 2005<br />
Rainer<br />
Hinrichs-Rahlwes<br />
Abteilungsleiter<br />
im BMU<br />
4<br />
Grußworte<br />
B<strong>und</strong>esumweltministerum<br />
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
unsere <strong>Energie</strong>versorgung ist ökologischer <strong>und</strong><br />
nachhaltiger geworden. Durch den Ausstieg <strong>aus</strong><br />
der Atomenergie <strong>und</strong> den rasanten Ausbau der<br />
erneuerbaren <strong>Energie</strong>n haben wir große Schritte<br />
in Richtung einer nachhaltigen Modernisierung<br />
des Industriestandortes Deutsch land gemacht.<br />
Dies hat international manches angestoßen <strong>und</strong><br />
manche Nachahmer gef<strong>und</strong>en. Die drei großen<br />
E der <strong>Energie</strong>politik sind inzwischen Allgemeingut<br />
geworden:<br />
<strong>Energie</strong>einsparung<br />
<strong>Energie</strong>effi zienz <strong>und</strong><br />
Erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />
Die beiden Hurrikane Katrina <strong>und</strong> Ophelia in<br />
diesem Jahr haben dramatisch deutlich gemacht,<br />
dass der Klimawandel Realität ist <strong>und</strong><br />
katastrophale Folgen haben kann. Ölpreise<br />
von inzwischen stabil 70 US-Dollar lassen jede<br />
Illusion, dass fossile <strong>Energie</strong> auf Dauer wieder<br />
billig sein wird, wie eine Seifenblase zerplatzen.<br />
Wir müssen deshalb unseren Weg <strong>–</strong> weg vom<br />
Öl, hin zu einer nachhaltigen, zukunftsfähigen<br />
<strong>Energie</strong>versorgung fortsetzen: in der Stromversorgung,<br />
im Verkehrssektor <strong>und</strong> im <strong>Wärme</strong>markt.<br />
Damit potenzielle Investoren Investitionssicherheit<br />
haben, bedarf es neben geeig ne ten<br />
Förderinstrumenten auch mittelfristiger<br />
Zielsetzungen:<br />
Wir wollen bis 2020 den Anteil der erneuer-<br />
baren <strong>Energie</strong>n am Stromverbrauch auf<br />
mindestens 20 % erhöhen.<br />
Wir wollen bis 2010 den Anteil der erneuer-<br />
baren <strong>Energie</strong>n am gesamten Primärenergie-<br />
bedarf auf 4,2 % zu erhöhen.<br />
Und wir wissen, dass Mitte dieses Jahrhun-<br />
derts keine Volkswirtschaft mehr überlebens-<br />
fähig sein wird, die nicht mindestens die<br />
Hälfte ihrer <strong>Energie</strong>n <strong>aus</strong> erneuerbaren<br />
Quellen bezieht.<br />
Rainer Hinrichs-Rahlwes Grußworte BMU<br />
Parallel dazu muss die Entkopplung des <strong>Energie</strong>-<br />
<strong>und</strong> Ressourcenverbrauchs vom Wirtschaftswachstum<br />
weiter gehen. Das Ziel lautet:<br />
Verdopplung der <strong>Energie</strong>produktivität bis 2020<br />
gegenüber 1990.<br />
Wo stehen wir heute?<br />
Nicht erst seit der internationalen Konferenz<br />
„renewables2004“ in Bonn blickt die Welt auf<br />
Deutschland beim Ausbau erneuer barer <strong>Energie</strong>n.<br />
Deutschland ist Weltmarktführer in der<br />
Wind- <strong>und</strong> Solar energie <strong>und</strong> erlebt <strong>–</strong> seit der<br />
Novellierung des Erneuerbare-<strong>Energie</strong>-Gesetzes<br />
(EEG) auch im Strombereich <strong>–</strong> einen beispiellosen<br />
Boom in der Bioenergie. Die erneuerbare<br />
<strong>Energie</strong>n-Branche bietet in zwisch en nach<br />
eigenen Aussagen 150.000 Arbeitsplätze,<br />
mit über 11 Milliarden Euro Umsatz.<br />
Deutsche Forscher erbringen Spitzenleistungen<br />
in Forschung <strong>und</strong> Entwicklung<br />
Dank dem EEG, dem Marktanreiz programm<br />
<strong>und</strong> der Forschungs förderung für erneuerbare<br />
<strong>Energie</strong>n <strong>–</strong> <strong>und</strong> natürlich aufgr<strong>und</strong> des Engagements<br />
von Wissenschaftlern <strong>und</strong> Investoren <strong>–</strong><br />
ist Deutschland führend sowohl in der Technikentwicklung<br />
als auch in der installierten Leistung.<br />
Im ersten Halbjahr 2005 kamen 11 % des Stroms<br />
<strong>aus</strong> erneuer baren <strong>Energie</strong>n! Im Jahr 2004 wurden<br />
durch die Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />
70 Millionen Tonnen CO 2 vermieden.<br />
Nachdem wir mit dem EEG für den Strombereich<br />
ein sehr effektives <strong>und</strong> erfolgreiches Instrument<br />
haben, gilt es nun, den erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>bereich eine ähnliche<br />
Dynamik zu verleihen. Das Thema dieser Jahres-<br />
tagung „<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>–</strong> <strong>Energie</strong> <strong>aus</strong> <strong>Sonne</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Erde</strong>“ liegt da genau richtig. Denn etwa<br />
ein Drittel der gesamten Endenergie stecken<br />
wir in die Heizung. Und nutzen dabei fast<br />
<strong>aus</strong>schließlich Öl <strong>und</strong> Gas <strong>–</strong> <strong>Energie</strong>träger, die<br />
wir immer teurer importieren müssen. Hier liegt<br />
ein gewaltiges Potenzial für regenerative <strong>Energie</strong>n.<br />
Während die Kosten von Kohle, Öl <strong>und</strong><br />
Gas in den letzten Jahren dramatisch gestiegen
Rainer Hinrichs-Rahlwes Grußworte BMU<br />
sind, gehen die Kosten der erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n Schritt für Schritt zurück. Das liegt<br />
nicht zuletzt an der gut funktionierenden<br />
Kombination von Markteinführungshilfen <strong>und</strong><br />
Forschungs förderung, die in den letzten Jahren<br />
zu einer erheblichen Dynamik in der technologischen<br />
Entwicklung beigetragen hat. Denn<br />
Forschungsförderung kann nur sinnvoll betrieben<br />
werden im Zusammenspiel mit einer Markteinführungsstrategie.<br />
Eine gesteigerte Nachfrage<br />
ist notwendig, um die Anlagen durch Massenproduktion<br />
kostengünstiger zu machen <strong>und</strong><br />
um Anreize für weitere Forschung <strong>und</strong> Entwicklung<br />
zu geben.<br />
Die im ForschungsVerb<strong>und</strong> <strong>Sonne</strong>nenergie<br />
(FVS) kooperierenden Institute haben in den<br />
vergangenen Jahren entscheidend dazu beigetragen,<br />
dass wir auf dem Weg zu einer nachhaltigen<br />
<strong>Energie</strong>versorgung ein gutes Stück vorangekommen<br />
sind. Die Tagung zum Thema<br />
<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> dient der Präsentation neuer<br />
Technikentwicklungen zur Optimierung von<br />
KWK-Anlagen im Biomasse- <strong>und</strong> Geothermie-<br />
Bereich, zur Erhöhung des solaren Anteils an<br />
der Nahwärmeversorgung in Kombination mit<br />
Speichertechnologien, mit neuen Klimatisierungstechnologien<br />
sowie der Nutzung solarer<br />
Prozesswärme.<br />
Forschung <strong>und</strong> Entwicklung machen Technologien<br />
zur <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>erzeugung <strong>aus</strong> Solar-<br />
energie, Biomasse <strong>und</strong> Geothermie effi zienter<br />
<strong>und</strong> kostengünstiger. Den forschungs politischen<br />
Rahmen bildet das im Juni dieses Jahres vom<br />
B<strong>und</strong>eskabinett verabschiedete neue <strong>Energie</strong>forschungsprogramm,<br />
welches derzeit zur Notifi -<br />
zierung bei der Europäischen Kommission vorliegt.<br />
Es hat einen deutlichen Schwerpunkt bei<br />
erneuerbaren <strong>Energie</strong>n <strong>und</strong> rationeller <strong>Energie</strong>nutzung.<br />
Im laufenden H<strong>aus</strong>haltsjahr 2005 hat das<br />
B<strong>und</strong>esumweltministerium die Forschungs titel<br />
für erneuerbare <strong>Energie</strong>n bereits deutlich auf-<br />
gestockt: Während im Schnitt der letzten vier<br />
Jahre knapp 60 Millionen Euro verfügbar waren,<br />
sind es in diesem Jahr über 80 Millionen Euro.<br />
Für die nächsten Jahre sind weitere Zuwächse<br />
vorgesehen.<br />
Was wollen wir mit<br />
Forschungsförderung erreichen?<br />
Wir wollen:<br />
die umwelt- <strong>und</strong> naturverträgliche<br />
Weiterentwicklung der Techniken,<br />
den raschen Technologietransfer von der<br />
Forschung in den Markt,<br />
die noch bessere Integration ins Netz <strong>und</strong><br />
die weitere Senkung der Kosten.<br />
Lassen sie mich das an einigen Beispielen erläutern:<br />
Die Forschungsförderung im Bereich<br />
der Niedertemperatur-Solarthermie erhielt<br />
durch das Anfang 2004 veröffentlichte Forschungsprogramm<br />
Solarthermie2000plus eine<br />
neue Ausrichtung.<br />
Ziele sind:<br />
sinkende solare Nutzwärmekosten,<br />
höhere solare Deckungsanteile <strong>und</strong><br />
die Erschließung neuer Anwen dungs felder.<br />
In diesem Sinne wurden neue Schwerpunkte,<br />
wie solares Heizen, solares Kühlen <strong>und</strong> solare<br />
Prozesswärme festgelegt. Insbesondere im<br />
Mehrgeschoss wohnungsbau ist ein riesiger<br />
Nachholbedarf für Heizung <strong>und</strong> Kühlung vorhanden.<br />
Zusammen mit dem Ausbau solarer<br />
Nahwärmenetze sehe ich hier viel Entwicklungsbedarf.<br />
Auf öffentliches Interesse stoßen vor allem die<br />
geförderten Demonstrationsanlagen. Ein echtes<br />
Leuchtturmprojekt ist die „Solarunterstützte<br />
Nahwärmeversorgung“ in Crailsheim, Baden-<br />
Württemberg. Dort soll der Gesamtwärmebedarf<br />
eines neuen Wohngebietes zu 50 % <strong>aus</strong><br />
Solarenergie gedeckt werden.<br />
Auf dem Gebiet der Systemtechnik soll eine best-<br />
mögliche Kombination solar thermischer Systeme<br />
mit anderen CO 2 - freien <strong>Wärme</strong>erzeugungstechniken,<br />
z.B. Biomasse-Heizkesseln erreicht werden.<br />
Darüber hin<strong>aus</strong> sind neue Forschungs felder zu erschließen,<br />
insbesondere hinsichtlich solarer Prozesswärme<br />
<strong>und</strong> solarer Klima tisierung.<br />
Der Einsatz solarthermischer Systeme für Prozesswärme<br />
bei Temperaturen von ca. 100-250 °C<br />
(für Lebensmittelindustrie, Großküchen, Wäschereien)<br />
erfordert hoch effi ziente Kollektoren, um<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
5
FVS LZE Themen 2005<br />
6<br />
<strong>Wärme</strong>verluste deutlich zu senken. Bei der solar<br />
unterstützten Klimatisierung kommt es auf deren<br />
Kombination mit solarer Trinkwassererwärmung<br />
<strong>und</strong> Heizung zur Nutzung der Solarwärme in<br />
Zeiten ohne Kühlbedarf an.<br />
Erdwärme steht Tag <strong>und</strong> Nacht zur Verfügung,<br />
24 St<strong>und</strong>en an 365 Tagen im Jahr. Sie kann<br />
Strom für die Gr<strong>und</strong>last liefern. Die erste deutsche<br />
geothermische Stromerzeugungsanlage in<br />
Neustadt-Glewe in Mecklenburg-Vorpommern<br />
speist seit November 2003 Strom ins Netz.<br />
Nächstes Ziel ist es, Kosten <strong>und</strong> Risiken der<br />
Erschließung geothermischer <strong>Energie</strong> weiter<br />
zu senken. Noch verschlingt die Bohrung mehr<br />
als die Hälfte der gesamten Investitionskosten<br />
bei nicht völlig kalkulierbarem Investitionsrisiko.<br />
Wir wollen daher mehr geologische Gr<strong>und</strong> daten<br />
verfügbar machen <strong>und</strong> die geophysikalischen<br />
Methoden zur Lagerstättenerk<strong>und</strong>ung optimieren.<br />
Das Institut für Geo wissenschaftliche<br />
Gemeinschaftsaufgaben in Hannover (GGA)<br />
beginnt gerade mit dem Auf bau eines geothermischen<br />
Informationssystems. Es wird ab 2007<br />
vorhandene Daten be stände vernetzen, sie er-<br />
weitern <strong>und</strong> neue hinzufügen. Diese werden<br />
über Internetzugänge genutzt werden können.<br />
Außerdem muss die Bohrtechnologie auf die<br />
Anforderungen der Geothermie abgestimmt<br />
werden. Bisher wird weitgehend die Technologie<br />
der Öl- <strong>und</strong> Gasexploration genutzt. Für<br />
Geothermie wird aber mit größerem Durchmesser<br />
<strong>und</strong> in tieferen Schichten gebohrt. Hinzu<br />
kommt die stark variierende chemische Zusammensetzung<br />
der gelösten Stoffe im geför derten<br />
Wasser. Hier liegt eine Her<strong>aus</strong>forderung für<br />
Geologen, Ingenieure <strong>und</strong> Materialforscher.<br />
Gerade bei den jungen Technologien zur Nutzung<br />
erneuerbarer <strong>Energie</strong>n brauchen wir ein<br />
<strong>aus</strong>gewogenes Verhältnis von Gr<strong>und</strong>lagenforschung<br />
<strong>und</strong> angewandter Forschung bis hin zu<br />
Pilot- <strong>und</strong> Demonstrationsvorhaben. Ein breiter<br />
Einsatz von Solarthermie in den verschie denen<br />
Anwendungsfeldern ist nur mit weiteren Demonstrationsvorhaben<br />
möglich. Deshalb ist es<br />
erforderlich, dass Wissenschaft, Industrie <strong>und</strong><br />
potenzielle Projektträger wie Städte, Stadtwerke,<br />
Bauträger <strong>und</strong> Planungsbüros innovative Modellprojekte<br />
auf den Weg bringen.<br />
Rainer Hinrichs-Rahlwes Grußworte BMU<br />
Das seit 1999 laufende Marktanreizprogramm<br />
für erneuerbare <strong>Energie</strong>n ist bisher das wichtigste<br />
Instrument zum Ausbau der erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>bereich. R<strong>und</strong> zwei Drittel<br />
des Programms, das <strong>aus</strong> der Ökosteuer gespeist<br />
wird, gehen in die Förderung der Solarthermie.<br />
Das Mittelvolumen beträgt jährlich r<strong>und</strong> 200<br />
Millionen Euro. Zum über wiegen den Teil wird<br />
damit die Nutzung von Solarkollektoren bezuschusst.<br />
Ferner gehen die Mittel in die Darlehensförderung<br />
mit Teilschulderlassen für Biomasse-,<br />
Biogas- <strong>und</strong> Geothermieanlagen.<br />
Mit der am 1. Juli dieses Jahres in Kraft getretenen<br />
neuen Förderrichtlinie haben wir neue Anreize<br />
zur Förderung von heizungsunterstützenden<br />
Solarkollektoren gesetzt: Die Förder sätze für<br />
Kollektoren zur kombinierten Trinkwassererwärmungs-<br />
<strong>und</strong> Heizungs unterstützung wurden von<br />
110 € auf 135 € je Quadratmeter Kollektorfl äche<br />
erhöht. Weiterhin gefördert werden <strong>Wärme</strong>netze<br />
in Verbindung mit Biomasse- <strong>und</strong> Geothermieanlagen.<br />
Nachdem die Richtlinie nun von<br />
der EU notifi ziert ist, gelten seit dem 25. August<br />
dieses Jahres die neuen Förderkonditionen auch<br />
für klein- <strong>und</strong> mittelständische Unternehmen.<br />
Das Programm ist ein voller Erfolg: Allein für die<br />
Förderung von Solarkollektoren wurden seit<br />
Programmbeginn bis heute Zuschüsse in Höhe<br />
von 429 Millionen Euro gezahlt. Damit konnte<br />
allein in diesem Bereich ein Investitionsvolumen<br />
von 2,9 Milliarden Euro ange schoben werden.<br />
Und die Antragszahlen entwickelten sich in den<br />
letzten Wochen <strong>und</strong> Monaten weiter sehr<br />
positiv.<br />
Unterstützt werden diese Investitionsfördermaßnahmen<br />
durch drei Programme der Kreditanstalt<br />
für Wiederaufbau (KfW):<br />
Gebäudesanierungsprogramm<br />
Wohnraum-Modernisierungs-Programm<br />
Programm „Ökologisches Bauen“<br />
Trotz all dieser Erfolge: um für erneuerbare<br />
<strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>bereich eine ähnliche Erfolgsgeschichte<br />
zu schaffen wie in der Stromerzeugung,<br />
sind weitere systematische Anreize erforderlich.<br />
Wir arbeiten daher an einer gesetzlichen<br />
<strong>Wärme</strong>regelung, um die notwendigen langfristigen<br />
Rahmenbedingungen zu schaffen.
Rainer Hinrichs-Rahlwes Grußworte BMU<br />
Das Thema ist allerdings fachlich deutlich<br />
schwieriger schwieriger zu handhaben als im<br />
Strombereich, denn im <strong>Wärme</strong>bereich sind die<br />
Regelungen des EEG nicht einfach kopierbar.<br />
Dennoch wollen wir in naher Zukunft eine rechtlich,<br />
fachlich <strong>und</strong> wirtschaftlich tragfähige<br />
<strong>Wärme</strong>regelung entwickeln.<br />
Deshalb begrüße ich die Initiative des<br />
ForschungsVerb<strong>und</strong>s <strong>Sonne</strong>nenergie für ein<br />
Erneuerbare-<strong>Wärme</strong>energie-Gesetz ebenso wie<br />
den Vorschlag, anspruchsvolle Ziele für den<br />
Anteil regenerativer <strong>Wärme</strong> zu setzen. Ich denke<br />
diese Vorschläge für Ziele von mindestens 5 %<br />
Anteil erneuerbare <strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>bereich<br />
bis 2010 beziehungsweise 12 % bis 2020 werden<br />
in der Diskussion um das <strong>Wärme</strong>gesetz eine<br />
wichtige Rolle spielen.<br />
Doch vieles geht besser im europäischen<br />
Rahmen. Ich begrüße daher sehr die von der<br />
European Solar Thermal Industry Federation<br />
(ESTIF) unterstützte Initiative von Mechthild<br />
Rothe, die im Europäischen Parlament vorgeschlagen<br />
hat, eine EU-weite Regelung mit klaren<br />
Zielen <strong>und</strong> Förderinstrumenten zum Ausbau<br />
der erneuerbaren <strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong> bereich<br />
zu schaffen. Hervorheben möchte ich an dieser<br />
Stelle auch die Wissen schaftler des FVS, die sich<br />
derzeit mit viel Engagement für die Etablierung<br />
einer europäischen Solar thermie-Plattform<br />
unter dem Dach des EU-Forschungsrahmenprogramms<br />
einsetzen. Ich wünschen Ihnen für<br />
Ihr nächstes Treffen Mitte Oktober in Brüssel<br />
viel Erfolg, damit die Technologieplattform wie<br />
geplant im nächsten Frühjahr auf den Weg<br />
gebracht werden kann.<br />
Es gibt für erneuerbare <strong>Energie</strong>n in allen Anwendungs<br />
bereichen große Potenziale <strong>–</strong> aber auch<br />
weiterhin hohen Forschungsbedarf. Um auf den<br />
weltweit wachsenden Märkten unsere Spitzenposition<br />
halten zu können, müssen wir sowohl<br />
die Maßnahmen zur Markteinführung als auch<br />
die Forschungsförderung entschlossen fortsetzen<br />
<strong>und</strong> weiterentwickeln:<br />
Förderung im Strombereich fortführen<br />
im Verkehrsbereich weiter entwickeln <strong>und</strong><br />
bei der <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>erzeugung deutlich<br />
verstärken<br />
Mit dem Thema für Ihre Jahrestagung<br />
„<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n“<br />
sind Sie genau auf diesem richtigen Weg.<br />
Ich wünsche Ihnen <strong>–</strong> auch im Namen des<br />
B<strong>und</strong>esumweltministers <strong>–</strong> viel Erfolg <strong>und</strong><br />
erhöhte Wirksamkeit. Vielen Dank.<br />
Rainer Hinrichs-Rahlwes<br />
Abteilungsleiter im BMU<br />
Köln, 22. September 2005<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
7
FVS LZE Themen 2005<br />
Dr. Frank-Michael<br />
Baumann<br />
Geschäftsführer<br />
der Landesinitiative<br />
Zukunftsenergien NRW<br />
baumann@<br />
energieland.nrw.de<br />
8<br />
Landesinitiative<br />
Zukunftsenergien NRW<br />
Auch ich darf Sie zur Jahrestagung des<br />
ForschungsVerb<strong>und</strong>s <strong>Sonne</strong>nergie herzlich begrüßen.<br />
Ich freue mich, dass der FVS in diesem<br />
Jahr seine Hauptver anstaltung in Nordrhein-<br />
Westfalen, in Köln, durchführt. Der Forschungsverb<strong>und</strong><br />
<strong>Sonne</strong>nenergie ist mit seinen Tagungen<br />
ein gern gesehener Gast <strong>–</strong> nicht zuletzt weil zwei<br />
seiner namhaften Mitglieder von hier <strong>aus</strong> ihren<br />
Beitrag in die Arbeit des ForschungsVerb<strong>und</strong>s<br />
einbringen.<br />
Nordrhein-Westfalen (NRW) ist das <strong>Energie</strong>land<br />
Nummer Eins der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />
<strong>und</strong> steht als energiewirtschaftliches Zentrum<br />
Europas in einer besonderen Verantwortung für<br />
die Entwick lung von zukunfts fähigen Techniken<br />
zur <strong>Energie</strong>um wandlung <strong>und</strong> -ver wendung aber<br />
auch zur Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen.<br />
In NRW arbeiten ca. 1 Millionen Beschäftigte im<br />
<strong>Energie</strong>bereich <strong>und</strong> in energieintensiven Branchen.<br />
30 % der deutschen Stromerzeugung<br />
fi ndet in NRW statt. 40 % der industriellen Ener -<br />
gieverbraucher haben ihren Sitz in NRW. Zudem<br />
ist NRW mit 90 % an der deutschen Steinkohleförderung<br />
<strong>und</strong> mit 50 % an der deutschen<br />
Braunkohleförderung beteiligt.<br />
Das Land an Rhein <strong>und</strong> Ruhr hat alles, um diese<br />
Spitzenposition zu behaupten <strong>und</strong> <strong>aus</strong>zubauen:<br />
NRW ist das <strong>Energie</strong>land<br />
www.<strong>Energie</strong>land.NRW.de<br />
NRW hat 18 Millionen Einwohner<br />
NRW hat 7 Millionen Arbeitnehmer<br />
Dr. Frank-Michael Baumann Grußworte LZE NRW<br />
<strong>aus</strong>geprägtes Know-how <strong>und</strong> moderne <strong>Energie</strong>techniken<br />
sind hier ebenso versammelt wie<br />
hohe Innovationskraft. Qualifi zierte Fachkräfte<br />
forschen <strong>und</strong> arbeiten in Unternehmen <strong>und</strong><br />
wissenschaftlichen Forschungsstätten <strong>–</strong> alles das<br />
hat NRW zum <strong>Energie</strong>land werden lassen <strong>–</strong> im<br />
klassischen Sinn, aber auch mit Perspektiven.<br />
Ein <strong>Energie</strong>land will <strong>und</strong> soll Nordrhein-Westfalen<br />
auch bleiben. Erklärtes Ziel der Landesregierung<br />
ist es, die Region auch zur Nummer Eins<br />
bei den Zukunftsenergien zu machen, um so<br />
vorhandene Arbeitsplätze zu sichern <strong>und</strong> neue<br />
zu schaffen, um Ressourcen zu schonen <strong>und</strong> den<br />
Klima- <strong>und</strong> Umweltschutz voran zu bringen.<br />
Um diese Her<strong>aus</strong>forderung zu meistern, bündelt<br />
die Landesinitiative Zukunftsenergien NRW<br />
vielfältige Kräfte. Sie ist als strategische Plattform<br />
für den Bereich der Zukunftsenergien zugleich<br />
Beratungsforum, Handlungsrahmen, Informations-,<br />
Kontakt- <strong>und</strong> Kooperationsbörse.<br />
Getragen von den nordrhein-westfälischen<br />
Ministerien für Wirtschaft, Innovation <strong>und</strong> Umwelt<br />
setzt sie die energiepolitischen Ziele der<br />
Landesregierung in die Tat um. Die politischen<br />
Vorgaben zielen darauf ab, die rationelle Umwandlung<br />
<strong>und</strong> Verwendung von <strong>Energie</strong> zu<br />
intensivieren, alle Möglichkeiten der <strong>Energie</strong>einsparung<br />
<strong>aus</strong>zuschöpfen, die Techniken zur<br />
Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n weiterzuentwickeln<br />
<strong>und</strong> die fossilen <strong>Energie</strong>träger klima-<br />
<strong>und</strong> umweltgerecht zu nutzen.<br />
Beschäftigte:<br />
<strong>Energie</strong>wirtschaft 150.000<br />
<strong>Energie</strong>intensive Gr<strong>und</strong>stoffbereiche 400.000<br />
Lieferanten von Vorprodukten 360.000<br />
In Deutschland hat NRW<br />
90% der Steinkohlen-Förderung<br />
50% der Braunkohlen-Förderung<br />
40% der industriellen <strong>Energie</strong>verbraucher<br />
33% der elektrischen <strong>Energie</strong>erzeuger<br />
Quelle: LZE NRW
Dr. Frank-Michael Baumann Grußworte LZE NRW<br />
Forschung<br />
WISSENSCHAFT<br />
AG Solar NRW<br />
Labor<br />
Ausbildung<br />
Getreu ihrem Motto „Neu denken, entschlossen<br />
handeln“, treibt die Landesinitiative Zukunftsenergien<br />
NRW den Innovationsprozess von<br />
der Forschung bis zur Markt einführung voran.<br />
Vor<strong>aus</strong> setzung dafür: unter dem Dach der Initiative<br />
bietet NRW eine durchgehende Förderung<br />
der <strong>Energie</strong>forschung <strong>und</strong> der technischen<br />
Entwicklung bis hin zur Demonstrationsförderung<br />
<strong>und</strong> Breitenförderung.<br />
Die Landesinitiative Zukunftsenergien spricht<br />
alle an, die sich mit Zukunftsenergien befassen:<br />
Industrie <strong>und</strong> Mittelstand, Handwerk <strong>und</strong> Baugewerbe,<br />
<strong>Energie</strong>erzeuger <strong>und</strong> Anlagenbauer,<br />
Forschung <strong>und</strong> Wissenschaft, Beratungsfi rmen<br />
<strong>und</strong> Ingenieurbüros, Gebäudeplaner <strong>und</strong><br />
Wohnungswirtschaft, Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung.<br />
Auch dies ist eines der Basisziele der Landesinitiative:<br />
<strong>Energie</strong> vereinen, um neue <strong>Energie</strong><br />
freizusetzen. Das geschieht in fachspezifi schen<br />
Arbeitsgruppen <strong>und</strong> Kompetenz-Netzwerken,<br />
in denen sich über 3.000 Experten <strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chen<br />
<strong>und</strong> aktiv an Projektideen arbeiten. Dabei ist<br />
die Initiative in unterschiedlichen Feldern aktiv:<br />
von Außenwirtschaft über Bauen <strong>und</strong> Wohnen,<br />
Biomasse, Brennstoffzelle <strong>und</strong> Wasserstoff,<br />
Geothermie, Kraftwerkstechnik, Photovoltaik<br />
<strong>und</strong> Solarthermie bis hin zu <strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong><br />
Wasserkraft. Regelmäßig treffen sich Experten,<br />
Kooperation Wissenschaft - Wirtschaft<br />
Innovationsprozesse<br />
Demonstration<br />
Funktionsnachweis/Technische Entwicklung<br />
Marktertüchtigung<br />
Markteinführung<br />
Weiterbildung<br />
www.<strong>Energie</strong>land.NRW.de<br />
WIRTSCHAFT<br />
REN-Programm<br />
Verbreitung<br />
Landesinitiative Zukunftsenergien NRW (Kooperations- <strong>und</strong> Informationsplattform)<br />
um die Entwicklung von <strong>Energie</strong>technologien<br />
voranzubringen, um Kooperationen <strong>und</strong><br />
Projekte zu initiieren. Moderiert werden die<br />
Arbeitsgruppen <strong>und</strong> Kompetenz-Netzwerke<br />
von anerkannten Experten ihres Faches.<br />
Dr. Frank-Michael Baumann<br />
Geschäftsführer<br />
Landesinitiative Zukunftsenergien NRW<br />
Markt<br />
Quelle: LZE NRW<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
9
Einführung<br />
<strong>und</strong> Überblick<br />
<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong><br />
erneuerbaren <strong>Energie</strong>n <strong>–</strong><br />
Stand <strong>und</strong> Forschungsbedarf<br />
11
FVS LZE Themen 2005<br />
Prof. Dr. Hans<br />
Müller-Steinhagen<br />
DLR<br />
hans.muellersteinhagen@dlr.de<br />
Dr. Joachim Nitsch<br />
DLR<br />
joachim.nitsch@dlr.de<br />
Abbildung 1<br />
Entwicklung<br />
des weltweiten<br />
Bedarfs an<br />
Primärenergie [1]<br />
12<br />
<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n <strong>–</strong> Stand <strong>und</strong> Forschungsbedarf<br />
Zusammenfassung<br />
Aufgr<strong>und</strong> der steigenden Bevölkerung <strong>und</strong><br />
des zunehmenden Lebensstandards dürfte sich<br />
der Weltenergiebedarf bis zum Jahr 2050 mehr<br />
als verdoppeln. Fossile Primärenergieträger,<br />
wie Erdöl, Erdgas oder Kohle sind nur begrenzt<br />
vorhanden oder belasten das globale Klima<br />
in unzumutbarer Weise. Sie müssen daher in<br />
zunehmendem Maße durch erneuerbare Ener-<br />
gien ersetzt werden. Dies stellt auch für die<br />
Bereitstellung von <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> eine<br />
enorme Her<strong>aus</strong>forderung dar. In Deutschland<br />
werden dafür derzeit knapp 60 % des Endenergieverbrauchs<br />
eingesetzt. Hierbei werden,<br />
abhängig von den jeweils vorhandenen <strong>Energie</strong>arten<br />
<strong>und</strong> Strukturen, sowohl zentrale als auch<br />
dezentrale Technologien zum Einsatz kommen.<br />
Dieser Einführungsvortrag zur Jahrestagung<br />
2005 des FoschungsVerb<strong>und</strong>s <strong>Sonne</strong>n energie<br />
zeigt, mit welchen Technologien eine zukunftsfähige<br />
Versorgung mit <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> erreicht<br />
werden kann, <strong>und</strong> wo der Forschungsbedarf für<br />
Primärenergie, EJ/Jahr<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />
konventionelle<br />
Biomassennutzung<br />
erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />
Kernenergie<br />
Erdgas<br />
Erdöl<br />
Kohle<br />
einen zeitnahen Übergang zu einem signifi kanten<br />
Anteil an erneuerbaren <strong>Energie</strong>trägern liegt.<br />
Einleitung<br />
Weltweit steht die <strong>Energie</strong>wirtschaft vor Her<strong>aus</strong>forderungen,<br />
deren erfolgreiche Bewältigung<br />
eine wesentliche Vor<strong>aus</strong>setzung für das zukünftige<br />
Wohlergehen der Menschheit sein wird.<br />
Durch die wachsende Weltbevölkerung <strong>und</strong><br />
den im Mittel steigenden Wohlstand wird das<br />
bisherige Wachstum des globalen Primärenergiebedarfs<br />
auf absehbare Zeit weiter anhalten<br />
(Abb. 1). Eine zweite, das Problem verschärfende<br />
Entwicklung stellt die absehbare <strong>und</strong> schon<br />
heute spürbare Verknappung der fossilen<br />
<strong>Energie</strong>träger dar. Erdöl <strong>und</strong> Erdgas werden<br />
bereits in den kommenden Jahrzehnten ihr<br />
Fördermaximum überschreiten. Drittens <strong>–</strong> <strong>und</strong><br />
vielleicht entscheidend <strong>–</strong> besteht heute weitgehend<br />
Konsens, dass die Freisetzung von Treibh<strong>aus</strong>gasen,<br />
insbesondere des bei Verbren-<br />
1870 1880 1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000<br />
Jahr
Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />
nungsprozessen entstehenden CO 2 , in die<br />
Erdatmosphäre erheblich zu den Klimaveränderungen<br />
beiträgt.<br />
Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten,<br />
müssen wesentlich effi zientere <strong>und</strong> schadstoffärmere<br />
<strong>Energie</strong>wandlungstechnologien eingesetzt<br />
werden, die zur verbesserten Nutzung<br />
fossiler Primärenergieträger, sowohl für die stationäre<br />
<strong>Energie</strong>versorgung als auch für portable<br />
<strong>und</strong> mobile Anwendungen führen. Diese Maßnahmen<br />
werden allein jedoch nicht <strong>aus</strong>reichend<br />
sein, um eine nachhaltige <strong>Energie</strong>versorgung<br />
bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Umweltschonung<br />
zu sichern. Zukünftige Technologien<br />
für die <strong>Energie</strong>breitstellung müssen den folgenden<br />
Her<strong>aus</strong> forderungen genügen:<br />
Sicherheit <strong>und</strong> Zuverlässigkeit<br />
Effi zienz<br />
Schonung der natürlichen Ressourcen<br />
Vermeidung von Emissionen<br />
Wirtschaftlichkeit<br />
Eine Analyse der vorhandenen Möglichkeiten<br />
für die <strong>Energie</strong>bereitstellung zeigt, dass diese<br />
Ziele mittel- bis langfristig nur durch den<br />
beschleunigten <strong>und</strong> weitgehenden Einsatz von<br />
erneuerbaren <strong>Energie</strong>trägern erreicht werden<br />
können. Dieses Bewusstsein hat sich inzwischen<br />
auch in der deutschen Politik <strong>und</strong> der Öffentlichkeit<br />
etabliert. Allerdings fokussiert man sich<br />
weitgehend auf die Strom- <strong>und</strong> Kraftstofferzeugung<br />
<strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n. Tatsächlich<br />
haben die Anwendungen dieser <strong>Energie</strong>träger in<br />
Form von mechanischer <strong>Energie</strong> (mobile <strong>und</strong><br />
stationäre Antriebskraft), Beleuchtung <strong>und</strong><br />
Informationstechnik jedoch nur einen Anteil von<br />
knapp 42 % am gesamten deutschen Endenergieverbrauch<br />
(Abb. 2). Wesentlich größer ist<br />
mit gut 58 % der Endenergiebedarf für die<br />
<strong>Wärme</strong>bereitstellung (Raumwärme, Prozesswärme,<br />
Warmwasser).<br />
Hierin liegt ein sehr großes Potenzial für eine<br />
weit reichende <strong>und</strong> kostengünstige Versorgung<br />
auf der Basis von erneuerbaren <strong>Energie</strong>n. Hinzu<br />
kommt, dass im Vergleich zur Strom- oder<br />
Treib stoffherstellung die Umwandlung der Primär-<br />
in Nutzenergie einfacher <strong>und</strong> effektiver ist.<br />
Endenergie 9218 PJ/a<br />
Warmwasser + Prozesswärme 25,6 %<br />
Raumheizung 32,7 %<br />
Beleuchtung <strong>und</strong> Informations<strong>und</strong><br />
Kommunikationstechniken 3,5 %<br />
Mechanische <strong>Energie</strong> 38,2 %<br />
Heute werden für die <strong>Wärme</strong>bereitstellung im<br />
H<strong>aus</strong>haltsbereich vorwiegend Mineralöl <strong>und</strong><br />
Gas in Heizkesseln eingesetzt; in der Industrie<br />
kommt Kohle hinzu. Aus der effi zienten Kraft-<br />
<strong>Wärme</strong>-Kopplung (KWK) werden derzeit lediglich<br />
14 % des <strong>Wärme</strong>bedarfs bereitgestellt.<br />
(Abb. 3). Auch Strom wird, trotz höherer Kosten<br />
<strong>und</strong> geringerem energetischen Wirkungs grad,<br />
in erheblichem Ausmaß zur <strong>Wärme</strong>erzeugung,<br />
insbesondere im Prozesswärmebereich, eingesetzt.<br />
Der Raumheizungsverbrauch kann im Zuge<br />
einer umfassenden Altb<strong>aus</strong>anierung deutlich reduziert<br />
werden; allein dadurch könnte der gesamte<br />
<strong>Wärme</strong>verbrauch bis 2050 um über 40 %<br />
sinken [3]. Aus energiewirtschaftlichen <strong>und</strong> um-<br />
weltrelevanten Gründen sollte die <strong>Wärme</strong>versorgung<br />
mittels Nahwärmenetzen (KWK mit fossilen<br />
<strong>und</strong> mit biogenen <strong>Energie</strong>n, solare Nahwärme,<br />
Erdwärme) deutlich zunehmen <strong>und</strong> im Jahr<br />
2050 r<strong>und</strong> zwei Drittel der <strong>Wärme</strong> bereitstellen.<br />
Die Verwendung von Heizöl kann dann fast<br />
vollständig verschwinden; auch der Verbrauch<br />
von Gas in Einzelheizungen wird deutlich<br />
reduziert. Sein Einsatz verschiebt sich deutlich<br />
zur KWK in Heizkraftwerken <strong>und</strong> Blockheizkraftwerken<br />
(BHKW). Der Beitrag der erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n an der <strong>Wärme</strong>versorgung ist<br />
mit 4,2 % (2004) noch gering. Er kann in dem<br />
zugr<strong>und</strong>e liegenden Ausb<strong>aus</strong>zenario (Abb. 3),<br />
nicht zuletzt wegen der deutlichen Verringerung<br />
des Absolutverbrauchs, auf einen Anteil von<br />
44 % im Jahr 2050 steigen.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 2<br />
Zusammensetzung<br />
des deutschen<br />
Endenergieverbrauchs<br />
im Jahr 2003 nach<br />
Bedarfsarten [2]<br />
13
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 3<br />
Struktur der <strong>Wärme</strong>bereitstellung(Raumwärme,<br />
Warmwasser,<br />
Prozesswärme) im<br />
Szenario Naturschutz-<br />
Plus [3]<br />
Abbildung 4<br />
Beitrag regenerativer<br />
<strong>Energie</strong>n (REG) zur<br />
zukünftigen <strong>Wärme</strong>versorgung<br />
[3]<br />
14<br />
Endenergieeinsatz [PJ/a]<br />
6000<br />
5000<br />
4000<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
0<br />
Aus der gleichen Untersuchung [3] stammt<br />
Abb. 4, die den deutlich wachsenden Beitrag<br />
erneuerbarer <strong>Energie</strong>n zur zukünftigen <strong>Wärme</strong>versorgung<br />
zeigt. Von heute 172 PJ/a (einschließlich<br />
des Anteils erneuerbaren Stroms<br />
für <strong>Wärme</strong>) wachsen sie um das Achtfache auf<br />
1370 PJ im Jahr 2050. Einzelheizungen mit Holz<br />
[PJ/a]<br />
1500<br />
1250<br />
1000<br />
750<br />
500<br />
250<br />
0<br />
172<br />
Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />
2000 2010 2020 2030 2040 2050<br />
307<br />
563<br />
844<br />
1.151<br />
1.373<br />
2000 2010 2020 2030 2040 2050<br />
REG-Strom für <strong>Wärme</strong><br />
Geothermie<br />
Kollektoren Nahwärme<br />
Kollektoren Einzelanlagen<br />
Biomasse Nahwärme<br />
Biomasse Einzelheizung<br />
Einsparung durch erhöhte Effi zienz<br />
Strom<br />
Gas direkt<br />
Öl/Kohle<br />
Erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />
KWK einschließlich Biomasse<br />
liefern heute die größten Beiträge, sie werden<br />
jedoch nur noch relativ gering zunehmen.<br />
Solarkollektoren <strong>und</strong> Erdwärme, die heute sehr<br />
geringe Beiträge liefern, werden zunehmend an<br />
Bedeutung gewinnen. Auffällig ist die starke<br />
Zunahme von Nahwärmeversorgungssystemen.<br />
Solarthermische Kollektoren können nur mittels<br />
großer Kollektorfelder <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>speicher<br />
Raumwärmedeckungsgrade über 20 % ermöglichen,<br />
auch Erdwärme <strong>und</strong> effi ziente Biomassenutzung<br />
benötigen Nahwärmesysteme zur<br />
effektiven <strong>Wärme</strong>integration. Wegen der langen<br />
Zeitkonstanten im Baubereich muss mit den<br />
entsprechenden Investitionen <strong>und</strong> Planung früh<br />
begonnen werden; auch im Altbaubereich sollte<br />
bei anstehenden Sanierungen die Verlegung von<br />
Nahwärmenetzen als erste Option überprüft<br />
werden.<br />
Nutzkälte für Lebensmittelkonservierung,<br />
Verfahrenstechnik <strong>und</strong> Raumklimatisierung ist<br />
eine andere Form des thermischen <strong>Energie</strong>bedarfs,<br />
die zukünftig an Bedeutung gewinnen<br />
wird. Auch hier bestehen Möglichkeiten, für<br />
die dafür benötigte Primärenergie erneuerbare<br />
<strong>Energie</strong>n einzusetzen.<br />
Um das notwendige Wachstum zu erreichen,<br />
benötigen die meisten Verfahren zur wärmetechnischen<br />
Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>träger<br />
noch beträchtliche technologische Weiterent-
Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />
wicklungen <strong>und</strong> eine erhebliche Reduktion<br />
der derzeitigen <strong>Wärme</strong>bereitstellungskosten.<br />
Die folgenden Kapitel geben deshalb einen<br />
Überblick über den derzeit erreichten Stand<br />
<strong>und</strong> den notwendigen Forschungs- <strong>und</strong><br />
Entwicklungsbedarf.<br />
<strong>Wärme</strong>technische Nutzung<br />
von Biomasse<br />
Biomasse trägt heute zu mehr als der Hälfte der<br />
in Deutschland <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>trägern<br />
erzeugten Endenergie bei. Sie dient der Bereitstellung<br />
von <strong>Wärme</strong>, Strom <strong>und</strong> biogenen Kraftstoffen.<br />
Europaweit stammen zwei Drittel der<br />
genutzten erneuerbaren <strong>Energie</strong> <strong>aus</strong> Biomasse<br />
<strong>und</strong> 4 % der Gesamtenergie (Zielsetzung 2010:<br />
10 %). Wesentlich für die Wirtschaftlichkeit der<br />
Biomassenutzung sind die Kosten der Einsatzstoffe,<br />
die heute von Althölzern über preiswerte<br />
Reststoffe bis hin zu den teureren nachwachsenden<br />
Rohstoffen reichen. Dementsprechend groß<br />
Restholz. kostenfrei<br />
Industrierestholz<br />
Waldrestholz<br />
Platage<br />
Industrierestholz<br />
Waldrestholz<br />
Plantage<br />
Waldrestholz<br />
Plantage<br />
5 MW ; Restholz<br />
th<br />
5 MW ; Waldrestholz<br />
th<br />
300 KW ; Waldrestholz<br />
th<br />
Stroh<br />
Biogas, 250 GVE<br />
Biogas MWGas<br />
Biogas, 120 GVE<br />
0 2 4 6 8 10<br />
Cent/kWh<br />
ist die Bandbreite der resultierenden <strong>Energie</strong>gestehungs<br />
kosten (Abb. 5). Eine der wirtschaftlich<br />
günstigsten Optionen ist heute der Einsatz<br />
von Altholz in Dampfturbinen- (Heiz-) Kraftwerken,<br />
der seit langem Stand der Technik ist.<br />
Durch die Gaserzeugung <strong>aus</strong> festen Biobrennstoffen<br />
können wesentlich vielfältigere Einsatzbereiche<br />
erschlossen werden. Diese Option ist<br />
allerdings technisch noch nicht <strong>aus</strong>gereift <strong>und</strong><br />
heute noch relativ kostspielig. Langfristig wird<br />
erwartet, dass mit der Nutzung von Holzgas<br />
sowohl in kleinen BHKW-Einheiten (Motoren<br />
<strong>und</strong> Brennstoffzellen) als auch in Gas- <strong>und</strong><br />
Dampfturbinen-Kraftwerken (GuD) sehr günstige<br />
Stromerzeugungskosten erreicht werden<br />
können. Ein großes Potenzial für die Nutzung<br />
fester Biomasse besteht auch in Kleinan lagen<br />
<strong>und</strong> größeren Heizzentralen <strong>und</strong> -werken mit<br />
Nahwärmenetzen zur <strong>Wärme</strong>er zeu gung. Im<br />
Hinblick auf eine möglichst umweltverträgliche<br />
Nutzung der Biomasse sollte vorerst insbesondere<br />
die Nutzung von Reststoffen in Frage<br />
kommen.<br />
Dampf-HKW; 3 MW el<br />
Holzheizwerk; 3,2 MW th<br />
Holzeinzelheizung; 40 kW th<br />
Holzvergaser <strong>und</strong> BHKW<br />
Stromheizwerk<br />
Biogasanlage <strong>und</strong> BHKW<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 5<br />
Kosten der <strong>Wärme</strong>nutzung<br />
<strong>aus</strong> Biomasse [1]<br />
15
FVS LZE Themen 2005<br />
16<br />
In Deutschland hat in den letzten Jahren<br />
„Biodiesel“ <strong>aus</strong> Rapsmethylester (RME) an<br />
Bedeutung gewonnen. Auch andere Verfahren<br />
zur Erzeugung von synthetischen Kraftstoffen<br />
<strong>aus</strong> biogenen Synthesegasen werden eine zunehmend<br />
wichtige Rolle spielen. Es besteht<br />
damit eine Konkurrenz bei der Nutzung der<br />
verfügbaren Biomasse im Hinblick auf die Herstellung<br />
von Flüssigtreibstoffen oder die <strong>Wärme</strong>-<br />
<strong>und</strong> Stromerzeugung. Systemstudien haben<br />
gezeigt, dass für den Einsatz biogener Reststoffe<br />
die stationäre Verwendung zu bevorzugen ist.<br />
Zum einen sind die Ausbeuten an Nutzenergie<br />
höher als im Verkehrsbereich, zum anderen<br />
liegen die CO 2 -Vermeidungskosten bei den<br />
Biokraftstoffen deutlich über denen der Bioenergieträger<br />
für die stationäre Nutzung.<br />
Ohne eine strategische Gewichtung der beiden<br />
Einsatzmöglichkeiten vornehmen zu wollen<br />
kann davon <strong>aus</strong>gegangen werden, dass <strong>aus</strong><br />
wirtschaftlichen <strong>und</strong> ökologischen Gründen<br />
ein signifi kant größerer Teil der Biomasse zur<br />
<strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> Strombereitstellung eingesetzt<br />
werden wird.<br />
Bei der wärmetechnischen Biomassenutzung<br />
besteht derzeit folgender Forschungs- <strong>und</strong><br />
Entwicklungsbedarf:<br />
Rohmaterial<br />
Produktion, Versorgungsketten,<br />
Aufbereitung, Standardisierung,<br />
weit reichende Lebenszyklusanalysen<br />
<strong>Energie</strong>wandlung<br />
emissionsarme Verbrennung,<br />
Gaserzeugung <strong>aus</strong> Biomasse,<br />
Pyrolyse, Fermentation,<br />
Wasserstoff/Syngas-Produktion,<br />
dezentrale KWK, System- <strong>und</strong><br />
Umweltanalysen<br />
Endnutzung<br />
Marktanalysen, Logistik, Optimierung<br />
von Brennstoffen <strong>und</strong> Nutzungstechnologien,<br />
Planungsmodelle<br />
<strong>und</strong> -software<br />
Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />
Geothermische Bereitstellung<br />
von <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong><br />
Die Nutzung von Erdwärme kann entsprechend<br />
der Bohrtiefe in oberfl ächennahe (bis zu mehreren<br />
10 m) <strong>und</strong> tiefe Geothermie (bis zu 5000 m)<br />
unterschieden werden. Die Bohrtiefe hängt<br />
hierbei von der jeweiligen Nutzung (z. B. Raumwärme<br />
oder Stromerzeugung) <strong>und</strong> von dem<br />
Temperaturprofi l in zunehmender Tiefe ab.<br />
In einigen Gebieten können außerdem natürlich<br />
vorhandene Thermalquellen zu Heizzwecken<br />
eingesetzt werden.<br />
Oberfl ächenahe Geothermie wird in Deutschland<br />
schon seit langem zur Bereitstellung von <strong>Wärme</strong><br />
genutzt, z. B. mit <strong>Wärme</strong>pumpen (Abb. 6).<br />
Für die Umwandlung von Umgebungs wärme<br />
niedriger Temperatur in Nutzwärme höherer<br />
Temperaturen muss zusätzliche <strong>Energie</strong> in Form<br />
von elektrischem Strom, mechanischer Arbeit<br />
oder Verbrennungswärme aufgewendet werden.<br />
Weiterhin können <strong>Wärme</strong>pumpen entsprechend<br />
der genutzten <strong>Wärme</strong>quelle (Erdreich, Umgebungsluft,<br />
Fluss-, Gr<strong>und</strong>- oder Abwasser) <strong>und</strong><br />
des eingesetzten <strong>Wärme</strong>trägers (Wasser oder<br />
Luft) unterschieden werden.<br />
Nach einem anfänglich steilen Anstieg ist der<br />
deutsche <strong>Wärme</strong>pumpenmarkt in der Mitte der<br />
1980er Jahre fast völlig zusammengebrochen.<br />
Ursache hierfür waren die rückläufi gen Heizölpreise<br />
<strong>und</strong> die unzureichende Ausgereiftheit der<br />
auf dem damaligen Markt angebotenen Geräte.<br />
Inzwischen haben die in Deutschland erhältlichen<br />
<strong>Wärme</strong>pumpen einen hohen technischen<br />
Stand erreicht, der, zusammen mit den deutlich<br />
ansteigenden Heizölpreisen, zu einem erneuten<br />
Anstieg der Verkaufzahlen geführt hat (Abb. 7).<br />
Ende 2004 waren in Deutschland Heizungswärmepumpen<br />
(WP) mit einer gesamten<br />
Heizleistung von 17 PJ installiert, von denen<br />
64 % <strong>aus</strong> Erdwärme, 12 % <strong>aus</strong> Gr<strong>und</strong>wasser<br />
<strong>und</strong> 24 % <strong>aus</strong> der Umgebungsluft gewonnen<br />
wurden. Trotzdem sind noch beträchtliche<br />
Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsarbeiten notwendig,<br />
um das große Potenzial von <strong>Wärme</strong>pumpen<br />
<strong>aus</strong>zuschöpfen, wie zum Beispiel:
Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />
verkaufte Heizungs-<strong>Wärme</strong>pumpen<br />
10000<br />
9000<br />
8000<br />
7000<br />
6000<br />
5000<br />
4000<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
0<br />
Heizungs-WP<br />
<strong>Wärme</strong>quelle<br />
Luft<br />
Wasser<br />
Erdreich<br />
1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002<br />
Jahr<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 6<br />
Erdwärmekollektoren<br />
<strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>pumpe<br />
Abbildung 7<br />
Jährlicher Absatz von<br />
<strong>Wärme</strong>pumpen in<br />
Deutschland [4]<br />
17
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 8<br />
Temperaturen in<br />
5000 m Tiefe [5]<br />
18<br />
> 240 °C<br />
200 - 240 °C<br />
180 - 200 °C<br />
160 - 180 °C<br />
140 - 160 °C<br />
120 - 140 °C<br />
100 - 120 °C<br />
80 - 100 °C<br />
60 - 80 °C<br />
< 60 °C<br />
Steigerung der Effi zienz,<br />
innovative <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>speicher,<br />
neue <strong>Kälte</strong>mittel,<br />
höhere Vorlauftemperaturen für<br />
Heizungsmodernisierung,<br />
wirtschaftliche Gaswärmepumpen <strong>und</strong><br />
die Nutzung von <strong>Wärme</strong> <strong>aus</strong> Abwässern.<br />
In geeigneten Regionen Deutschlands (Abb. 8)<br />
wird derzeit der Betrieb von Pilotanlagen zur<br />
geoth ermischen Stromerzeugung <strong>und</strong> Kraft-<br />
<strong>Wärme</strong>-Kopplung vorbereitet. So konnte im<br />
November 2003 das erste deutsche Erdwärme-<br />
Kraftwerk in Neustadt-Glewe mit einer Leistung<br />
von 210 kW in Betrieb genommen werden.<br />
Eine ökonomische <strong>und</strong> ökologische Nutzung der<br />
Geothermie zur Stromerzeugung setzt allerdings<br />
die Verwendung der überschüssigen <strong>Wärme</strong>energie<br />
vor Ort oder im nahen Umkreis vor<strong>aus</strong>.<br />
Nur durch den erheblichen Ausbau von <strong>Wärme</strong>verteilnetzen<br />
für die KWK kann das große<br />
strukturelle Potenzial von r<strong>und</strong> 60 TWh Strom<br />
pro Jahr in Deutschland erschlossen werden.<br />
Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />
Über die Hälfte der Kosten bei der Erschließung<br />
<strong>und</strong> energietechnischen Nutzung von tief<br />
gelegener Erdwärme wird durch die Bohrung<br />
selbst verursacht. Es ist deshalb nicht überraschend,<br />
dass auf diesem Sektor noch der größte<br />
Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsbedarf vorliegt:<br />
Geodaten <strong>und</strong> Vorabinformation<br />
Akquisition, Analyse <strong>und</strong> Interpretation von<br />
geophysikalischen, geologischen <strong>und</strong><br />
geochemischen Daten, Übertragbarkeit von<br />
Laborexperimenten<br />
Bohren <strong>und</strong> Stimulation<br />
Neue Technologien (z. B. Mikro-, Laser-<br />
bohren), in-situ Messtechniken, Modellie-<br />
rung, neue (physikalische, chemische)<br />
Stimulationsverfahren, Bestimmung der<br />
Parameter zum Aufbrechen des Gesteins<br />
Nutzung<br />
Einphasige <strong>und</strong> mehrphasige <strong>Wärme</strong>übertragung,<br />
Tiefpumpen, Nutzungsstrategien,<br />
Risikoanalysen
Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />
jährlich installierte Leistung [WM thermisch ]<br />
700<br />
630<br />
560<br />
490<br />
420<br />
350<br />
280<br />
210<br />
140<br />
70<br />
0<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />
Flachkollektoren Vakuumröhrenkollektoren Trend<br />
Solare <strong>Wärme</strong>bereitstellung<br />
Kleine Kollektorsysteme<br />
Kleinere solarthermische Kollektorsysteme für<br />
Brauchwassererwärmung oder Heizungsunterstützung<br />
sind heute technisch weit entwickelt<br />
<strong>und</strong> werden dank gezielter Förderung vielfältig<br />
eingesetzt. Die jährlich neu installierte thermische<br />
Leistung der beiden in Deutschland über-<br />
wiegend verwendeten Bauformen „Flachkollektor“<br />
<strong>und</strong> „Vakuumröhren kollektor“ ist in Abb. 9<br />
dargestellt. In diesen Technologien <strong>und</strong> den<br />
dazugehörigen <strong>Wärme</strong>speichern <strong>und</strong> Regelsystemen<br />
ist die deutsche Industrie weltweit<br />
führend.<br />
Insgesamt sind in Deutschland derzeit solarthermische<br />
Kollektoren mit einer Gesamtfl äche<br />
von etwa 7 Millionen Quadratmetern installiert,<br />
mit denen pro Jahr 250 Millionen Liter Heizöl<br />
bzw. Kubikmeter Erdgas eingespart werden.<br />
In keinem anderen europäischen Land werden<br />
mehr solarthermische Kollektoren hergestellt<br />
als in Deutschland <strong>–</strong> der weltweit mit Abstand<br />
größte Produzent ist jedoch die VR China, in<br />
der pro Jahr etwa 7 Millionen Quadrat meter<br />
an solarthermischen Kollektoren hergestellt<br />
werden (Abb. 10).<br />
Einem 2004 von führenden Kollektorherstellern<br />
<strong>und</strong> Forschungsinstituten für das B<strong>und</strong>es um -<br />
welt ministerium verfassten Strategiepapier kann<br />
entnommen werden, dass für eine weitere Verbreitung<br />
von solarthermischen Anlagen beson-<br />
China 76 %<br />
Europa 12 %<br />
Türkei / Israel 6 %<br />
Japan 2 %<br />
ROW 4 %<br />
ders die folgenden Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsarbeiten<br />
notwendig sind:<br />
Innovative Speicher- <strong>und</strong> Kollektorkonzepte<br />
effi ziente <strong>und</strong> kostengünstige Materialien<br />
adaptive Regelung <strong>und</strong> Steuerung<br />
Simulations-Software für Gebäudeintegration<br />
<strong>und</strong> Städteplanung<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 9<br />
Entwicklung des<br />
deutschen Solarthermie-Marktes<br />
[6]<br />
Abbildung 10<br />
Weltmarkt für<br />
solarthermische<br />
Kollektoren [7]<br />
19
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 11<br />
Typischer Bedarf<br />
an Prozesswärme<br />
bei verschiedenen<br />
Temperaturen<br />
20<br />
Nahwärmesysteme mit<br />
Langzeitwärmespeichern<br />
Mit einzelnen solarthermischen Anlagen lassen<br />
sich in Deutschland bis zu 70 % des Warmwasserbedarfs<br />
<strong>und</strong> 15-20 % des Raumheizungsbedarfs<br />
solar decken. Im Gegensatz dazu kann<br />
mit Anlagen, die mit großen saisonalen oder<br />
mehrwöchigen <strong>Wärme</strong>speichern <strong>aus</strong>gestattet<br />
sind, bis zu 50 % des Gesamtwärmebedarfs<br />
erreicht werden. In Kombination mit solaren<br />
Nahwärmesystemen könnten solche Langzeitwärmespeicher<br />
dazu beitragen, große Teile des<br />
gesamten Niedertemperaturwärmemarktes in<br />
Deutschland mit solarer <strong>Energie</strong> zu versorgen.<br />
Hierfür stehen erste Pilotanlagen zur Verfügung.<br />
Entscheidend für die Markteinführung werden<br />
geringe Speicherkosten <strong>und</strong> eine <strong>aus</strong>reichende<br />
Nutzwärme<strong>aus</strong> beute sein (Minimierung von<br />
Speicher- <strong>und</strong> Netzverlusten). Bei Anlagen mit<br />
saisonaler <strong>Wärme</strong>speicherung liegt der Anteil<br />
des Speichers an den Gesamtkosten heute noch<br />
bei über 50 %. Trotz der hohen Speicherkosten<br />
sind die solaren <strong>Wärme</strong>kosten einer großen<br />
Solaran lage mit saisonaler Speicherung schon<br />
heute nicht höher als bei den weit verbreiteten<br />
klei nen Warmwasseranlagen. Ein wesentliches<br />
Hemmnis bei der Einführung von Großanla gen<br />
ist die ökonomische Notwendigkeit, den<br />
Speicher so groß zu bauen, dass eine größere<br />
Anzahl von Verbrauchern über ein Nahwärmenetz<br />
angeschlossen werden kann <strong>und</strong> somit<br />
längere fi nanzielle Vorleistungen zu erbringen<br />
sind. Möglicherweise bieten hier „mittlere“<br />
Anlagen mit einem solaren Deckungsgrad von<br />
Endenergie in PJ/a<br />
280<br />
140<br />
70<br />
Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />
etwa 35 % eine von energetischen <strong>und</strong> fi nanziellen<br />
Gesichtspunkten her optimale Lösung [8].<br />
Je nach Anlagenkonfi guration liegen die langfristig<br />
erreichbaren solaren <strong>Wärme</strong>kosten<br />
zwischen 4 <strong>und</strong> 7 Ct/kWh. Um diese Werte<br />
zu erreichen, müssen folgende Punkte entwickelt<br />
<strong>und</strong> demonstriert werden:<br />
kostengünstigere Speicherkonzepte<br />
<strong>und</strong> -bauweisen,<br />
große Kollektorsysteme <strong>aus</strong> neuartigen<br />
Materialien <strong>und</strong><br />
effektivere Regelungsstrategien.<br />
Solare Prozesswärme<br />
Der industrielle <strong>und</strong> gewerbliche Prozesswärmebedarf<br />
in Deutschland beträgt etwa 1800 PJ/a,<br />
davon r<strong>und</strong> 500 PJ/a unterhalb 200 °C. Dies<br />
entspricht etwa 5 % des gesamten Endenergiebedarfs.<br />
Der Prozesswärmebedarf der EU im<br />
Temperaturbereich bis 250 °C wird auf etwa<br />
300 TWh/a geschätzt. Dies entspricht einem<br />
Anteil von r<strong>und</strong> 8% des gesamten Endenergiebedarfs.<br />
Die solare Bereitstellung der Prozesswärme<br />
mit entsprechend geeigneten Kollektoren<br />
<strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>speichern könnte deshalb<br />
einen erheblichen Beitrag zur Minderung des<br />
Verbrauchs an fossilen <strong>Energie</strong>trägern <strong>und</strong> der<br />
damit verb<strong>und</strong>enen Emissionen beitragen.<br />
Der Einsatz von Solarstrahlung zur Bereitstellung<br />
von Prozesswärme beschränkt sich bisher auf<br />
eine geringe Anzahl an Demonstrationsanlagen<br />
0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600<br />
Prozesstemperatur in °C
Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />
für die Lebensmittelverarbeitung, pharmazeutische<br />
Produkte <strong>und</strong> die <strong>Energie</strong>versorgung von<br />
Krankenhäusern <strong>und</strong> Hotels durch KWK. Je nach<br />
Temperaturbereich <strong>und</strong> Strahlungsdaten können<br />
entsprechend modifi zierte Bauformen der bereits<br />
<strong>aus</strong> dem Niedertemperaturbereich bekannten<br />
Flach- <strong>und</strong> Röhren kollek toren eingesetzt werden,<br />
oder aber kleinere Parabolrinnenkollektoren <strong>und</strong><br />
Heliostate. Längerfristig sind in südlichen Breiten-<br />
graden mit einem höheren Anteil an Direktstrahlung<br />
auch hochkonzentrierende Solaranlagen<br />
denkbar, mit denen Prozesswärme für höhere<br />
Tem peraturen, z. B. für die Metallverarbeitung<br />
oder die Wasserstoffherstellung, bereitgestellt<br />
wird.<br />
Mittelfristig werden folgende Forschungs- <strong>und</strong><br />
Entwicklungsarbeiten benötigt, um die solare<br />
Prozesswärme praktisch nutzbar zu machen:<br />
hochtemperaturgeeignete Solarfl uide<br />
<strong>und</strong> Werkstoffe<br />
direkte Prozessdampferzeugung<br />
Adaption der bewährten Technologien von<br />
Flach- <strong>und</strong> Vakuumröhrenkollektoren für<br />
höhere Temperaturen <strong>und</strong> die Entwicklung<br />
von konzentrierenden Kollektoren für<br />
Prozesswärme<br />
innovative <strong>Wärme</strong>speicherkonzepte<br />
Weiterentwicklung der automatisierten<br />
Betriebsführung zur Senkung von Betriebs-<br />
<strong>und</strong> Wartungskosten, Abstimmung der<br />
Solar- <strong>und</strong> Prozessregelung<br />
Solare Klimatisierung<br />
In südlichen Ländern erreicht der <strong>Energie</strong>bedarf<br />
für Raumklimatisierung prozentual den in Deutsch-<br />
land anfallenden Bedarf für Gebäudeheizung.<br />
In vielen Fällen wird diese Klimatisierung durch<br />
ineffi ziente, elektrisch betriebene Kleingeräte<br />
gedeckt, sodass in der Mittagszeit der Sommermonate<br />
zunehmend die <strong>aus</strong>reichende Versorgung<br />
mit elektrischem Strom gefährdet ist. Auch<br />
in Deutschland liegt durch moderne Bauformen<br />
<strong>und</strong> -materialien <strong>und</strong> durch den zunehmenden<br />
Einsatz elektrischer Geräte ein zunehmender Bedarf<br />
nach Raumklimatisierung vor. Der Einsatz<br />
von Anlagen zur solaren Klimatisierung hat<br />
deshalb weltweit ein enormes Potenzial.<br />
Die Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n ist hier<br />
besonders attraktiv, weil im Gegensatz zur solaren<br />
Beheizung der zeitliche Verlauf von Nachfrage<br />
<strong>und</strong> <strong>Energie</strong>angebot weitgehend identisch<br />
sind. Anlagen für die solare Klimatisierung <strong>und</strong><br />
<strong>Kälte</strong>erzeugung befi nden sich derzeit noch im<br />
Entwicklungs- bzw. Demonstrationsstadium.<br />
Zu einer wirtschaftlichen Markteinführung<br />
werden noch benötigt:<br />
innovative <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>speicher<br />
kleinere, für Einzelhäuser geeignete Anlagen<br />
(< 20 kW)<br />
reduzierte Kosten durch Verwendung von<br />
serienmäßigen Komponenten<br />
optimierte Regelungstechnik<br />
langzeitige Demonstration <strong>und</strong> Vermessung<br />
Klimatische <strong>und</strong> wirtschaftliche<br />
Relevanz der erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n<br />
Erneuerbare <strong>Energie</strong>träger sichern nicht nur<br />
eine von fossilen <strong>Energie</strong>trägern unabhängige<br />
Versorgung, sie tragen auch weitgehend zur<br />
Reduzierung der Treibh<strong>aus</strong>gasemissionen <strong>und</strong><br />
damit zur Verminderung der globalen Erwärmung<br />
bei. Ihre CO 2 -Emissionen liegen um etwa<br />
eine Größenordnung unter denjenigen fossiler<br />
Brennstoffe <strong>und</strong> elektrisch betriebener <strong>Wärme</strong>pumpen,<br />
wenn diese ihren Strom <strong>aus</strong> dem<br />
bestehenden Kraftwerkspark beziehen.<br />
Berücksichtigt man die direkt für die Herstellung<br />
<strong>und</strong> den Betrieb von Anlagen zur Nutzung<br />
erneuerbarer <strong>Energie</strong>bereitstellung beschäftigten<br />
Personen <strong>und</strong> die bei Vorlieferanten beschäftigten<br />
Arbeitskräfte, dann sind derzeit r<strong>und</strong><br />
130.000 Personen in diesem Bereich beschäftigt.<br />
Näherungsweise sind davon 35.000 <strong>–</strong><br />
40.000 Personen direkt Beschäftigte in der<br />
Anlagenherstellung, 25.000 <strong>–</strong> 30.000 sind im<br />
Handwerk bzw. für Installation <strong>und</strong> Betrieb der<br />
Anlagen beschäftigt. Der Rest sind Beschäftigte<br />
bei den Vorlieferanten. Der gesamte Bereich<br />
hat 2004 r<strong>und</strong> 6,5 Mrd. Euro an Investitionen<br />
getätigt; davon entfi elen auf den <strong>Wärme</strong>be reich<br />
allerdings nur 1,7 Mrd. Euro.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
21
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 12<br />
CO 2 -Emissionen bei<br />
der <strong>Wärme</strong>bereitstellung<br />
mit erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>trägern [1]<br />
22<br />
CO 2 - Äquivalent in g/kWh<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
Solare Kleinanlage<br />
Die Umsätze durch den Betrieb von Anlagen<br />
beliefen sich auf r<strong>und</strong> 5 Mrd. Euro/a. Bei einer<br />
Steigerung des Beitrags erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />
treten weitere Produktivitätsfortschritte ein,<br />
die gleichzeitig auch die Kosten weiter senken<br />
werden. Die Zahl der Beschäftigten wird daher<br />
etwas langsamer wachsen. Für das Jahr 2010<br />
kann in Deutsch land von etwa 200.000 Beschäftigten<br />
<strong>aus</strong>gegangen werden, wenn sich die<br />
im Szenario „NaturschutzPlus“ [3] unterstellte<br />
Wachstumsdynamik einstellt. Bei diesen Zahlen<br />
ist nicht berücksichtigt, dass durch parallel<br />
wachsende Exportmärkte zusätzliche Arbeitsplätze<br />
entstehen können, insbesondere dann,<br />
wenn Deutschland seine führende Position in<br />
diesem Bereich weiter <strong>aus</strong>bauen kann.<br />
Technologien zur Nutzung erneuerbarer<br />
<strong>Energie</strong>n stellen also eine beachtliche Wachstumsbranche<br />
dar. Gerade im <strong>Wärme</strong>bereich<br />
dürfte sich die Wachs tums dynamik durch die<br />
deutlich gestiegenen Brennstoffkosten <strong>und</strong> die<br />
sich abzeichnenden günstigeren Rahmenbedingungen<br />
(u. a. Erneuerbare-<strong>Wärme</strong>energie-<br />
Gesetz) in den nächsten Jahren deutlich<br />
beschleunigen.<br />
Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />
Solare Nahwärme<br />
Geothermie<br />
Holzhackschnitzel Min./Max.<br />
Brennwertkessel, Gas<br />
Literatur<br />
Brennwertkessel, Öl<br />
Elektro-<strong>Wärme</strong>pumpen<br />
[1] Erneuerbare <strong>Energie</strong>n <strong>–</strong> Innovationen für<br />
die Zukunft. Broschüre des BMU. Fachliche<br />
Bearbeitung: Arbeitsgemeinschaft DLR/<br />
IFEU/WI, 5. Aufl age, Berlin 2004.<br />
[2] B. Geiger, M. Nickel, F. Wittke: <strong>Energie</strong>ver<br />
brauch in Deutschland <strong>–</strong> Daten, Fakten,<br />
Kommentare. BWK, Bd. 57(2005) Nr.1/2.<br />
S.48-56.<br />
[3] J. Nitsch, M. Fischedick, G. Reinhardt u. a.:<br />
„Ökologisch optimierter Ausbau erneuer-<br />
barer <strong>Energie</strong>n in Deutschland.“ Studie<br />
der Arbeitsgemeinschaft DLR/IFEU/WI im<br />
Auftrag des BMU, Stuttgart, Berlin 2004<br />
[4] B<strong>und</strong>esverband <strong>Wärme</strong>Pumpe (BWP) e.V.<br />
München (2003)<br />
[5] 5. EWIV Praxiskonferenz, Straßburg/<br />
Frankreich (2003)<br />
[6] H. Drück nach Daten des B<strong>und</strong>esverband<br />
Solarindustrie (BSi) (2005)<br />
[7] ESTIF, European Solar Thermal Industry<br />
Federation (2004)<br />
[8] Raab, S.; Mangold, D.; Heidemann, W.;<br />
Müller-Steinhagen, H. Simulation study on<br />
solar assisted district heating systems with<br />
solar fractions of 35 %. ISES Solar World<br />
Congress, Göteborg, 14 <strong>–</strong> 19 June 2003.
<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong><br />
<strong>aus</strong> der <strong>Sonne</strong><br />
Solarkollektoren <strong>–</strong><br />
Technologien <strong>und</strong> Systemtechnik<br />
Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale<br />
Speicherung<br />
Solare Prozesswärme für Industrie,<br />
Meerwasserentsalzung <strong>und</strong><br />
Solarchemie<br />
Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung <strong>–</strong><br />
Belüftung <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>rückgewinnung<br />
23
FVS LZE Themen 2005<br />
Dr. Wolfgang<br />
Eisenmann<br />
ISFH<br />
w.eisenmann@isfh.de<br />
Matthias Rommel<br />
Fraunhofer ISE<br />
matthias.rommel@<br />
ise.fraunhofer.de<br />
Frank Späte<br />
Solar-Institut Jülich -<br />
Fachhochschule Aachen<br />
spaete@sij.fh-aachen.de<br />
Harald Drück<br />
Universität Stuttgart;<br />
Inst. für Thermodynamik<br />
<strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>technik<br />
drueck@itw.uni-stuttgart.de<br />
Abbildung 1<br />
Entwicklung des<br />
Kollektormarkts in<br />
Deutschland (Umrechnungsfaktor<br />
für alle<br />
Kollektorbauarten:<br />
1 m² =<br />
ˆ 700 W th<br />
vgl. [1])<br />
Quelle: BSi<br />
24<br />
Solarkollektoren <strong>–</strong> Technologien<br />
<strong>und</strong> Systemtechnik<br />
Einleitung<br />
Die thermische Nutzung der <strong>Sonne</strong>nenergie ist<br />
in Deutschland seit r<strong>und</strong> 20 Jahren von einem<br />
starken Wachstum geprägt (Abb. 1). Die Branche<br />
hat sich <strong>und</strong> ihre Produkte in diesem Zeitraum<br />
deutlich professionalisiert.<br />
Der <strong>Sonne</strong>nkollektor als Gr<strong>und</strong>b<strong>aus</strong>tein aller solarthermischen<br />
Systeme wandelt die auftreffende<br />
Solarstrahlung in <strong>Wärme</strong> um. Die wichtigsten<br />
Kollektorbauarten sind in Abb. 2 dargestellt.<br />
Die verschiedenen Bauarten variieren deutlich<br />
in ihrer Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> im Preis: Die<br />
unverglasten Kunststoffkollektoren werden<br />
zur Erwärmung von Freibädern im Tempe raturbereich<br />
bis 30 °C eingesetzt, Flach- <strong>und</strong> Vakuumröhrenkollektoren<br />
zur Warmwasser bereitung<br />
<strong>und</strong> Gebäudeheizung sowie zur Klimatisierung<br />
im Temperaturbereich bis r<strong>und</strong> 80 °C, Parabolrinnen<br />
zur Bereitstellung industrieller Prozesswärme<br />
bis zu mehreren 100 Grad.<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
installierte thermische<br />
Leistung / MW th<br />
Dr. Wolfgang Eisenmann Solarkollektoren <strong>–</strong> Technologien <strong>und</strong> Systemtechnik<br />
Vakuumröhrenkollektoren<br />
Flachkollektoren<br />
Damit stehen heute leistungsfähige <strong>und</strong> zu-<br />
verlässige Kollektoren zur Verfügung, aber die<br />
Kosten müssen weiter gesenkt werden. Innovationen<br />
durch neue Materialien, Verfahren <strong>und</strong><br />
Konzepte sind nach wie vor erforderlich.<br />
Entwicklung der<br />
Kollektortechnik seit 1980<br />
Besonders die Flachkollektoren sind in den<br />
letzten 25 Jahren weiter entwickelt worden.<br />
1980 waren die verwendeten Absorberschichten<br />
für die <strong>Sonne</strong>nstrahlung meist nicht selektiv,<br />
<strong>und</strong> die transparente Abdeckung bestand häufi g<br />
<strong>aus</strong> Kunststoffmaterialien. Die Einführung selektiver<br />
Absorberschichten wie z. B. Schwarzchrom<br />
ermöglichte einen ent scheidenden Sprung in<br />
der Leistungsfähigkeit. Ab 1995 kamen die<br />
ersten in Vakuumverfahren herge stellten, hoch -<br />
selektiven Absorber schichten auf den Markt,<br />
die eine weitere Leistungssteigerung brachten.<br />
m 2 Kollektoren<br />
1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />
1 Mio<br />
500.000
Dr. Wolfgang Eisenmann Solarkollektoren <strong>–</strong> Technologien <strong>und</strong> Systemtechnik<br />
Flachkollektoren<br />
unverglaster Kunststoffkollektor<br />
Vakuumröhrenkollektor<br />
Parabolrinnenkollektor<br />
Diese „blauen Schichten“ haben inzwischen<br />
die Absorberschichten der ersten Generation<br />
weitgehend verdrängt.<br />
Anfang der 90er Jahre hatte sich eisenarmes,<br />
hochtranspa rentes Sicherheitsglas als Material<br />
für die Kollektorabdeckung durchgesetzt.<br />
Die Verwendung von Klarglas oder schwachstrukturiertem<br />
Glas statt der vorher üblichen<br />
prismierten Gläser hat zu weiteren Ertragssteigerungen<br />
geführt. Seit etwa 2001 wird auch Antirefl<br />
exglas für Solarkollektoren verwendet [1].<br />
Neben Absorberblechen <strong>aus</strong> Kupfer sind in<br />
jüngster Zeit auch Aluminiumbleche auf dem<br />
Markt. Bei den Fügeverfahren zur Verbindung<br />
von Absorberblech <strong>und</strong> den Fluidkanälen dominieren<br />
heute die Ultraschall- <strong>und</strong> die neu hinzugekommene<br />
Laser schweißung. In den letzten<br />
Jahren hat auch die Automatisierung der<br />
Produktion erhebliche Fortschritte gemacht.<br />
Hochwertige Vakuumröhrenkollektoren stehen<br />
schon seit längerer Zeit zur Verfügung. In ihnen<br />
ist der Zwischenraum zwischen Absorber <strong>und</strong><br />
Verglasung evakuiert. Gegenwärtige Entwicklungen<br />
zielen vor allem auf Kostensenkungen,<br />
Verkürzung der Montagezeiten <strong>und</strong> Beherrschung<br />
des Stillstandsverhaltens.<br />
Forschungsbedarf zur<br />
Stillstandsproblematik<br />
thermischer Solaranlagen<br />
Die gestiegene Leistungsfähigkeit von Flachkollektoren<br />
drückt sich auch in einer Erhöhung<br />
der maximalen Stillstandstemperatur von etwa<br />
140 °C (1980) bis teilweise über 230 °C (2005)<br />
<strong>aus</strong>. Viele Solaranlagen, insbesondere solche zur<br />
Heizungsunterstützung, sind für den Sommerbetrieb<br />
überdimensioniert. Bei vollständig<br />
beladenem <strong>Wärme</strong>speicher schaltet die Solarpumpe<br />
ab. Das führt dazu, dass sich die sonnenbestrahlten<br />
Kollektoren immer weiter aufheizen.<br />
Bei fortdauernder Solarstrahlung verdampft die<br />
<strong>Wärme</strong>trägerfl üssigkeit. Abhängig von der hydraulischen<br />
Ausführung der Kollektoren <strong>und</strong> des<br />
Kollektorkreislaufs kann sich heißer Dampf über<br />
weite Strecken <strong>aus</strong>breiten [2]. Dies kann zur<br />
vorzeitigen Alterung oder Beschädigung temperaturempfi<br />
ndlicher Komponenten (z. B. Mem-<br />
bran<strong>aus</strong>dehnungs gefäß oder Solarpumpe)<br />
führen <strong>und</strong> auch das Fluid selbst kann thermisch<br />
zu stark belastet werden.<br />
Der Trend zu höher dimensionierten Solaranlagen<br />
<strong>und</strong> die gestiegene Leistungsfähigkeit der Kollektoren<br />
fördern das Auftreten von Anlagenstillstand<br />
mit der Verdampfung der <strong>Wärme</strong> träger fl üssigkeit.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 2<br />
Bauarten von<br />
<strong>Sonne</strong>nkollektoren<br />
25
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 3<br />
Metalldach-<strong>Sonne</strong>nkollektor<br />
nach dem<br />
Prinzip des Elastomer-<br />
Metall-Absorbers.<br />
Oben: Formteile ohne<br />
<strong>und</strong> mit Elastomerschlauch,<br />
unten:<br />
Pilotanlage Freibad<br />
Nordstemmen<br />
26<br />
Da aber hohe solare Deckungsanteile erforderlich<br />
sind, um fossile Brenn stoffe möglichst weitgehend<br />
zu ersetzen <strong>und</strong> damit die Emission des<br />
klimaschädlichen Kohlendioxids zu reduzieren,<br />
müssen dringend Lösungen für die Stillstandsproblematik<br />
gef<strong>und</strong>en werden. Das B<strong>und</strong>esumweltministerium<br />
fördert <strong>aus</strong> diesem Gr<strong>und</strong> das<br />
Verb<strong>und</strong>projekt „System unter suchungen großer<br />
solar -thermischer Kombianlagen“, an dem die<br />
Firmen ZfS-Rationelle <strong>Energie</strong>technik GmbH <strong>und</strong><br />
Solar <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>technik Stuttgart (SWT) sowie<br />
die Forschungs institute Fraunhofer ISE <strong>und</strong> ISFH<br />
beteiligt sind (siehe auch [3]). Neben der Optimierung<br />
der Anlagentechnik für Großanlagen<br />
zur solaren Heizungsunterstützung ist es das<br />
Ziel, Ansätze zur Beherrschung des Stillstandsbetriebs<br />
zu entwickeln. Hierzu ist vor allem das<br />
Verständnis der Vorgänge während der Stagnation<br />
durch Experimente an Einzelkollektoren,<br />
Test-Kollektor feldern <strong>und</strong> realen Anlagen entscheidend<br />
verbessert worden.<br />
Gebäudeintegration von<br />
Kollektoren<br />
Wenn der Kollektor zusätzlich die Funktion der<br />
Gebäudehülle (Dach oder Fassade) über nimmt,<br />
ermöglicht diese Doppelnutzung wichtige<br />
Potenziale zur Kostensenkung. Des Weiteren<br />
bewirkt ein dach- oder fassadenintegrierter<br />
Kollektor <strong>–</strong> wenn er ohne thermische Trennung<br />
(Hinterlüftung) integriert ist <strong>–</strong> im Jahresmittel<br />
eine effektive Reduzierung der <strong>Wärme</strong>verluste<br />
der Gebäudehülle, da sich der Absorber auch im<br />
Winter bei schwacher Solarstrahlung, die keinen<br />
Kollektorbetrieb ermöglicht, über Umgebungstempe<br />
ratur erwärmt. Der Kollektor kann also<br />
insbesondere in der energetischen Sanierung<br />
des Gebäudebestandes <strong>und</strong> auch als Gestaltungselement<br />
eingesetzt werden.<br />
Die Integration in die Fassade ist besonders<br />
interessant für Systeme mit hohen solaren<br />
Deckungsanteilen, weil der jahreszeitliche<br />
Verlauf der Einstrahlung auf die Kollektoren<br />
dem der Heizperiode besser angepasst ist<br />
<strong>und</strong> weil wesentlich seltener Stillstandsbetrieb<br />
entsteht als bei dachinstallierten Kollektoren.<br />
Dr. Wolfgang Eisenmann Solarkollektoren <strong>–</strong> Technologien <strong>und</strong> Systemtechnik<br />
Moderne Metalldächer sind architektonisch<br />
attraktiv <strong>und</strong> können so konstruiert werden,<br />
dass sie gleichzeitig als <strong>Sonne</strong>nkollektoren dienen.<br />
Die am ISFH entwickelten Konzepte für<br />
diese doppelte Nutzung von Dächern eröffnen<br />
neue Märkte für die Solarthermie, ermöglichen<br />
wichtige Kostensenkungen <strong>und</strong> sind architektonisch<br />
ansprechend. So ist es z. B. möglich,<br />
Zinkdächer als unverglaste Kollektoren <strong>aus</strong>zuführen.<br />
Der Transport der Solarwärme erfolgt<br />
durch Kapillarrohrmatten, die vom <strong>Wärme</strong>trägermedium<br />
durchströmt werden <strong>und</strong> die auf<br />
die Rückseite des Zinkblechs aufgeklebt sind.<br />
Dunkle Metalldächer <strong>aus</strong> Formteilen können mit<br />
Ω-förmigen Vertiefungen (sogenannten Sicken)<br />
<strong>aus</strong>geführt werden, in die Schläuche <strong>aus</strong> Spezial-<br />
EPDM 1 eingelegt werden (s. Abb. 3, oben).<br />
Die absorbierte <strong>Sonne</strong>nenergie wird durch das<br />
in den Schläuchen zirkulierende Wasser aufgenommen<br />
<strong>und</strong> der Nutzung zugeführt. Die Konstruktion<br />
ist frostsicher, da der Schlauch die<br />
Volumen<strong>aus</strong>dehnung beim Gefrieren problemlos<br />
aufnimmt. Dieses Prinzip des Elastomer-Metall-<br />
Absorbers (EMA) ermöglicht die Realisierung<br />
großfl ächiger, gebäudeinte grierter, kostengünstiger<br />
<strong>Sonne</strong>nkollektoren. Wenn höhere Wasser-<br />
1 EPDM: Ethylen-Propylen-Dien-Monomer Gummi
Dr. Wolfgang Eisenmann Solarkollektoren <strong>–</strong> Technologien <strong>und</strong> Systemtechnik<br />
temperaturen gefordert sind, kann der Kollektor<br />
auch verglast <strong>aus</strong>geführt werden. Abb. 3 zeigt<br />
die erste Pilotanlage im Freibad Nordstemmen,<br />
die 2005 im Rahmen eines von der Deutschen<br />
B<strong>und</strong>esstiftung Umwelt (DBU) geförderten<br />
Projektes des ISFH realisiert wurde. Weitere<br />
mögliche Anwendungsbereiche sind industrielle<br />
Prozesswärme, Wasserentsalzung <strong>und</strong> Warmwasser<br />
bereitung.<br />
Innovationen<br />
Neue Materialien<br />
Die Verwendung neuer Materialien für nahezu<br />
alle Komponenten des Kollektors eröffnet neue<br />
Chancen:<br />
Beim Absorbermaterial sind neben Kupfer<br />
<strong>und</strong> Aluminium auch Stahl oder Kunststoffe<br />
interessante Optionen.<br />
Farbige Absorberschichten (teilselektive<br />
Lacke) sind Gegenstand intensiver Forschung<br />
[3] <strong>und</strong> werden sicher die Akzeptanz der<br />
Solartechnik bei Architekten verbessern <strong>und</strong><br />
bieten erhebliche Kostensenkungspotenziale.<br />
Sie können in Zukunft auch auf unverglasten<br />
Kollektoren im Dach oder in der Fassade<br />
angewendet werden.<br />
Selbstreinigende Antirefl exverglasungen<br />
könnten hohe Erträge ohne Alterungserschei -<br />
nun gen sicherstellen. Kollektorgehäuse <strong>aus</strong><br />
Kunststoff sind bei hohen Stückzahlen kostengün<br />
stiger als die heute gängigen Aluminium-<br />
Rahmenkonstruktionen. Hochtemperaturbeständige<br />
Vakuumdämmungen ermöglichen sehr<br />
fl ache, leistungsstarke Kollektoren, die sich auch<br />
in Fensterkonstruktionen einbauen lassen [5].<br />
Neue Kollektorfl uide könnten mittelfristig die<br />
Stillstandsproblematik entschärfen [6].<br />
Neue Verfahren<br />
Ein Solarkollektor mit bionischen Strömungsstrukturen<br />
wird derzeit am Fraunhofer ISE entwickelt<br />
[6]. Natürliche Konstruktionen weisen im<br />
Gegensatz zu üblichen seriellen oder parallelen<br />
Kanalanordnungen in Solarabsorbern meist<br />
mehrfach verzweigte („fraktale“) Netzwerke<br />
auf. Im Rahmen eines von der DBU geförderten<br />
Projekts wird dieses biologische Prinzip auf<br />
die Technik übertragen, um eine gleichmäßige<br />
Durchströmung bei geringem Druckverlust<br />
zu erreichen. Mit Hilfe eines mathematischen<br />
Algorithmus (FracTherm) ist es möglich, eine<br />
gegebene Fläche mit festgelegtem Ein- <strong>und</strong><br />
Austrittspunkt mit einem fraktalen Hydrauliknetzwerk<br />
zu versehen. Der in Abb. 4 gezeigte<br />
Absorber wurde mit Hilfe eines Verfahren gefertigt,<br />
das den Vorteil bietet, auch sehr komplexe<br />
Geometrien herzustellen zu können. Die Absorber<br />
erreichen dadurch sehr hohe Kollektorwirkungsgradfaktoren,<br />
d. h. die Solarstrahlung wird sehr<br />
effektiv auf das Fluid übertragen. Bisherige<br />
Untersuchungen des FracTherm-Absorbers<br />
zeigten eine gleichmäßigere Durchströmung<br />
<strong>und</strong> bei hohen Massenströmen einen geringeren<br />
Druck verlust als bei vergleichbaren Absorbern<br />
mit paralleler Kanalanordnung (Harfenabsorber).<br />
Das ästhetische Aussehen könnte<br />
bei zukünftigen Entwicklungen vor allem auch<br />
für Solarfassaden interessant sein.<br />
Konzepte für Prozesswärme<br />
Die hohen <strong>Energie</strong>preise erhöhen die Nachfrage<br />
nach solar erzeugter <strong>Wärme</strong>. Das gilt auch für<br />
<strong>Wärme</strong> mit höherem Temperaturniveau z. B. für<br />
industrielle Prozesse (100 <strong>–</strong> 300 °C) oder Klimatisierung<br />
(> 80 °C) . Zur Zeit werden angepasste<br />
<strong>und</strong> neuartige Kollektorkonzepte dafür intensiv<br />
erforscht <strong>und</strong> für den Markt erschlossen (siehe<br />
zum Beispiel [7]).<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 4<br />
Absorber mit<br />
bionischer<br />
Strömungsstruktur<br />
27
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 5<br />
Parabolrinnenkollektor<br />
des SIJ (Prototyp)<br />
28<br />
Folgende Konzepte sind in der Entwicklung:<br />
Spezielle Flachkollektoren mit zweifacher,<br />
refl exionsarmer Verglasung <strong>und</strong> Argon füllung<br />
im Scheibenzwischenraum.<br />
Konzentrierende Kollektoren, insbesondere<br />
Parabol rinnenkollektoren. An diesen Ent-<br />
wick lungen arbeiten z. B. die Firma Kopf<br />
gemeinsam mit der AEE in Österreich oder<br />
die Firma Solitem gemeinsam mit dem DLR<br />
in Köln <strong>und</strong> dem Solar-Institut Jülich (SIJ).<br />
Bei der SIJ-Entwicklung einer kleinen Parabol-<br />
rinne (2 x 1 m²) als Ab sor ber wurde eine<br />
preiswerte, leistungsfähige Vakuumröhre<br />
chinesischer Bauart verwen det (Abb. 5)<br />
Ein Vakuumreceiver für große Rinnen wurde<br />
von der Firma Schott entwickelt <strong>und</strong> wird in<br />
der „Euro-Trough“-Rinne, einer europäischen<br />
Entwicklung unter Beteiligung des DLR,<br />
eingesetzt. Dies ist die derzeit leistungsfähigste<br />
Parabolrinne.<br />
Dr. Wolfgang Eisenmann Solarkollektoren <strong>–</strong> Technologien <strong>und</strong> Systemtechnik<br />
Weitere Konzepte<br />
Solarkollektoren, die statt Flüssigkeiten Luft<br />
in den Fluidkanälen verwenden, werden als<br />
Luftkollektoren bezeichnet. Sie bieten sich vor<br />
allem dort an, wo auch das <strong>Wärme</strong> versor gungssystem<br />
mit Luft betrieben wird, z. B. bei der<br />
Hallenheizung oder bei sorptionsgestützer<br />
Klimatisierung. Wesentliche Vorteile sind die<br />
inhärente Frostsicherheit <strong>und</strong> das unproblema<br />
tische Stillstandsverhalten.<br />
Photovoltaisch-thermische Hybridkollektoren<br />
(PVT) erzeugen <strong>aus</strong> dem <strong>Sonne</strong>nlicht gemeinsam<br />
thermische <strong>und</strong> elektrische <strong>Energie</strong>, indem<br />
die Abwärme der Solarzellen einer thermischen<br />
Nutzung zugeführt wird. Diese Systeme<br />
verfügen über eine hohe Gesamt <strong>aus</strong>beute.<br />
Sie weisen außerdem Potenziale für Kosteneinsparungen<br />
gegenüber getrennten Photovoltaik-<br />
<strong>und</strong> Kollektorsystemen auf, da nur ein Gehäuse<br />
<strong>und</strong> nur ein Montageschritt erforderlich sind.<br />
Zudem wird ein gemeinsamer Vertrieb von<br />
Solarstrom- <strong>und</strong> Solarwärme systemen ermöglicht.<br />
Diese Vorteile können langfristig an<br />
Bedeutung gewinnen, wenn die Dachfl ächen<br />
knapper werden oder die Installationskosten<br />
gesenkt werden sollen. Nach tei lig ist, dass die<br />
thermische Leistungsfähigkeit von PVT-Kollektoren<br />
beim gegen wärtigen Stand der Technik im<br />
Vergleich zu herkömmlichen Flachkollektoren<br />
deutlich reduziert ist. Außer dem weisen heute<br />
viele Komponenten (insbesondere das Laminat<br />
<strong>und</strong> Elektronikbauteile für den PV-Teil) eine zu<br />
geringe Temperaturbeständigkeit für den Einsatz<br />
in verglasten PVT-Kollekto ren auf. Erhebliche<br />
Forschungsanstrengungen zur Verbesserung<br />
der Materialien <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong> über gänge sind<br />
erforderlich, um die hohen Potenziale realisieren<br />
zu können <strong>und</strong> um markt reife Produkte zu entwickeln.<br />
Im laufenden EU-Projekt „PV-Catapult“<br />
ist unter Beteiligung des Fraunhofer ISE <strong>und</strong> des<br />
ISFH ein Entwicklungs- <strong>und</strong> Vermarktungsplan<br />
für PVT-Systeme erarbeitet worden [8].<br />
Genormte Verfahren zur Prüfung der Leistungsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> Zuverlässigkeit sind gerade für<br />
die Entwicklung <strong>und</strong> Einführung innovativer<br />
Kollektoren besonders wichtig. Für die heute<br />
marktgängigen Bauarten fi ndet EN 12975 Anwendung.<br />
Zusätzlich zu den genormten Verfahren<br />
ist es aber auch wichtig zu wissen, wie sich<br />
die Leistungsfähigkeit der Kollektoren im Lauf
Dr. Wolfgang Eisenmann Solarkollektoren <strong>–</strong> Technologien <strong>und</strong> Systemtechnik<br />
der Zeit verändert. Ursächlich für eine eventuelle<br />
Abnahme der Kollektorleistung können z.B. Degradationserscheinungen<br />
der Absorberschicht oder<br />
eine Abnahme der Transmission der Glasscheibe<br />
sein. In dem am Institut für Thermodynamik<br />
<strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>technik (ITW) bearbeiteten Vorhaben<br />
„QanKoll“, gefördert durch das Förderprogramm<br />
Solar thermie 2000 plus des BMU wird<br />
zur Zeit das Alterungsverhalten der gegenwärtigen<br />
Generation von <strong>Sonne</strong>nkollektoren<br />
untersucht.<br />
Zusammenfassung<br />
<strong>und</strong> Ausblick<br />
Die Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Zuverlässigkeit<br />
heutiger <strong>Sonne</strong>nkollektoren hat einen hohen<br />
Stand erreicht. Dennoch müssen für eine<br />
verbesserte Wirtschaftlichkeit die Gestehungskosten<br />
der Solarwärme weiter deutlich gesenkt<br />
werden. Große Potenziale liegen für Warmwasser-Systeme<br />
weniger in einer weiteren Steigerung<br />
der Leistungsfähigkeit als vielmehr in einer<br />
Verbesserung des Preis/Leistungs-Verhältnisses.<br />
Weitere Verbesserungen der Zuverlässigkeit sind<br />
vor allem für eine sichere Beherrschung des<br />
Stillstandsbetriebs in Kollektor <strong>und</strong> Kollektorkreislauf<br />
erforderlich.<br />
Zur Erreichung dieser Ziele <strong>und</strong> für neue Anwendungsbereiche<br />
ist die Entwicklung <strong>und</strong> Verwendung<br />
neuer Materialien für nahezu alle Komponenten<br />
des Kollektors erforderlich. Zur Erprobung<br />
dieser Materialien werden immer wieder Langzeit-<br />
<strong>und</strong> Alterungsuntersuchungen notwendig<br />
sein. Neue Kollektorkonzepte werden insbesondere<br />
zur Erschließung neuer Anwendungsbereiche<br />
für höhere Betriebstemperaturen<br />
benötigt: Prozesswärme, solare Kühlung,<br />
Meerwasserentsalzung etc.<br />
Mit der Verbreiterung der Anwendungsgebiete<br />
der Solarwärme wird auch eine Diversifi zie rung<br />
der Kollektortypen unter Entwicklung anwendungsspezifi<br />
sch optimierter Bauarten einhergehen.<br />
Luftkollektoren, konzentrierende Kollektoren<br />
<strong>und</strong> photovoltaisch-thermische Hybrid-<br />
kollektoren sind interessante Konzepte für die<br />
Zukunft, für die auch angepasste Prüfverfahren<br />
<strong>und</strong> -normen entwickelt werden müssen.<br />
Der Trend zu größeren Kollektorfl ächen lässt<br />
sinkende anteilige Installationskosten erwarten.<br />
Gebäudeintegration <strong>und</strong> farbige Absorberschichten<br />
werden die Möglichkeiten zur architektonischen<br />
Gestaltung weiter verbessern. Die<br />
zunehmende Automatisierung der Produktion<br />
<strong>und</strong> die Verfeinerung der Qualitätssysteme der<br />
Hersteller werden die Konstanz der Fertigungsqualität<br />
noch erhöhen <strong>und</strong> die Kosten senken.<br />
Literatur<br />
[1] Weitere Informationen zur neuen, auf die<br />
Leistung bezogenen Solarwärme-Statistik<br />
siehe http://www.iea-shc.org/welcome/<br />
Technical_note_solar_thermal_capacity.doc<br />
[2] H<strong>aus</strong>ner H., Fink C.: Stagnation behaviour<br />
of solar thermal systems. Download unter<br />
http://www.iea-shc.org/outputs/task26/A_<br />
H<strong>aus</strong>ner_Stagnation.pdf<br />
[3] http://solarkombianlagen-xl.info<br />
[4] Berner J.: <strong>Energie</strong>reiche Farben. <strong>Sonne</strong>,<br />
Wind <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong> 09-2005, S. 38-40<br />
[5] Reim M. et al.: Silica aerogel granulate<br />
material for thermal insulation and dayligh-<br />
ting. Solar Energy 79 (2005) 131-139.<br />
[6] Bösmann A.: Ionische Flüssigkeiten als neue<br />
<strong>Wärme</strong>trägermedien. Tagungsband 13.<br />
Symposium Thermische Solarenergie OTTI,<br />
S. 174-178, 2003<br />
[7] Hermann M.: Entwicklung des FracTherm-<br />
Absorbers <strong>–</strong> Simulationen <strong>und</strong> Experimente.<br />
Tagungsband 15. Symposium Thermische<br />
Solarenergie OTTI, S. 94-99, 2005<br />
[8] Rommel M., Weiss W. (ed.): Medium<br />
Temperature Collectors. Download unter<br />
http://www.iea-ship.org/3_1.html<br />
(IEA SHC Task 33)<br />
[9] Download der Roadmap unter<br />
http://www.pvtforum.org/f_roadmap.html<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
29
FVS LZE Themen 2005<br />
Dr. Wolfgang<br />
Heidemann<br />
Universität Stuttgart<br />
Institut für<br />
Thermodynamik <strong>und</strong><br />
<strong>Wärme</strong>technik<br />
heideman@<br />
itw.uni-stuttgart.de<br />
Christian Dötsch<br />
Fraunhofer UMSICHT<br />
(Institut für Umwelt-,<br />
<strong>Energie</strong>-, <strong>und</strong><br />
Sicherheitstechnik)<br />
christian.doetsch@<br />
umsicht.fraunhofer.de<br />
Prof. Dr. Hans<br />
Müller-Steinhagen<br />
DLR<br />
hans.muellersteinhagen@<br />
dlr.de<br />
30<br />
Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale<br />
Speicherung<br />
Einleitung<br />
Die Nutzung thermischer Solarenergie (Solarthermie)<br />
erfreut sich zunehmender Beliebtheit.<br />
In den vergangenen Jahren stieg die jährlich<br />
installierte solarthermische Kollektorfl äche in<br />
Deutschland um durchschnittlich ca. 20 % <strong>und</strong><br />
beträgt derzeit ca. 900.000 m 2 /a. Diese Kollektorfl<br />
äche dient entweder <strong>aus</strong>schließlich der<br />
Trinkwassererwärmung oder der kombinierten<br />
Trinkwassererwärmung <strong>und</strong> Heizungsunterstützung.<br />
Während bei der <strong>Wärme</strong>erzeugung mit<br />
fossilen Brennstoffen unweigerlich Schadstoffe<br />
durch Verbrennen entstehen <strong>–</strong> vorrangig das für<br />
die globale Erwärmung verantwortliche Kohlendioxid<br />
(CO 2 ) <strong>–</strong> lassen sich diese Emissionen<br />
beim zusätzlichen Einsatz einer Solaranlage<br />
deutlich vermindern. Thermische Solaranlagen<br />
stellen daher einen wichtigen B<strong>aus</strong>tein für eine<br />
umweltfre<strong>und</strong>liche <strong>und</strong> nachhaltige <strong>Energie</strong>versorgung<br />
dar.<br />
Eine Übersicht der in Deutschland zur thermischen<br />
Solarenergienutzung eingesetzten Anlagentypen<br />
ist in Abb.1 gezeigt. Kleinanlagen<br />
mit typischerweise 1 bis 1,5 m² Kollektorfl äche<br />
pro Person, wodurch sich Kollektorfl ächen pro<br />
H<strong>aus</strong> unter 10 m 2 bzw. 20 m 2 ergeben, kommen<br />
sehr häufi g in Ein- oder Zweifamilienhäusern<br />
zum Einsatz. Der durch Solarenergie abdeckbare<br />
Anteil am Gesamt wärmebedarf beträgt bei<br />
Klein anlagen 15 % für Trink wasser erwärmung<br />
<strong>und</strong> für die kombinierte Trinkwasser erwärmung<br />
<strong>und</strong> Heizungs unterstützung 25 %.<br />
Großanlagen mit mehr als h<strong>und</strong>ert bis zu einigen<br />
t<strong>aus</strong>end Quadratmetern Kollektorfl äche sind<br />
realtiv selten anzutreffen. Sie bieten jedoch die<br />
Möglichkeiten großer Preisreduktionen, da die<br />
spezifi schen Anlagenkosten mit der Anlagengröße<br />
abnehmen. So betragen die Systemkosten<br />
für große Solaranlagen ca. 500 Euro pro Quadratmeter<br />
Kollektorfl äche gegenüber ca. 1000 Euro<br />
pro Quadratmeter Kollektorfl äche bei Kleinanlagen.<br />
Für die <strong>Wärme</strong>ver sorgung von größeren<br />
Wohnsiedlungen mit mindestens 100 Wohn-<br />
Dr. Wolfgang Heidemann Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />
einheiten wurden in den vergangenen Jahren<br />
Anlagen entwickelt, die den fossilen Brennstoffbedarf<br />
zur <strong>Wärme</strong>versorgung um bis zu 50 %<br />
<strong>und</strong> mehr reduzieren. Ein wichtiger B<strong>aus</strong>tein<br />
dieser Versorgungskonzepte ist die Nutzung<br />
von solarthermischer <strong>Energie</strong> in Nahwärmeversorgungssystemen<br />
mit saisonaler <strong>Wärme</strong>speicherung.<br />
Innerhalb der Förderprogramme Solarthermie<br />
2000 <strong>und</strong> Solarthermie 2000 plus wurden seit<br />
1993 insgesamt neun Pilotanlagen mit Langzeit-<br />
<strong>Wärme</strong>speicher in Deutschland in die Praxis umgesetzt,<br />
von denen sechs in Abb. 2 gezeigt sind.<br />
Große Solaranlagen mit bis zu 3000 m² Kollektorfl<br />
äche sind heutzutage Stand der Technik.<br />
Derzeit entsteht in Crailsheim eine Solarthermieanlage,<br />
die nach ihrer Fertigstellung mit 259<br />
Wohneinheiten, 7325 m 2 Flachkollektoren <strong>und</strong><br />
40.500 m 3 Erdsonden-<strong>Wärme</strong>speicher zu den<br />
größten Deutschlands gehören wird. Im Rahmen<br />
der von der B<strong>und</strong>esregierung initiierten Innovationsagenda<br />
wurde das Projekt Crailsheim im<br />
Dezember 2004 vom Impulskreis <strong>Energie</strong> als<br />
eines von vier innovativen „Leuchtturmprojekten“<br />
<strong>und</strong> einziges auf dem Gebiet der erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n <strong>aus</strong>gewählt. Die vom Institut für<br />
Thermodynamik <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>technik wissenschaftlich-technisch<br />
betreuten Pilotanlagen im<br />
Rahmen von Solarthermie 2000 plus befi nden<br />
sich in Friedrichshafen, Neckarsulm, Rostock<br />
<strong>und</strong> Crailsheim.
Dr. Wolfgang Heidemann Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />
Trinkwassererwärmung<br />
Kollektorfl äche < 10 m 2<br />
Ein- <strong>und</strong> Zwei-<br />
Familienhäuser<br />
15% solarer<br />
Deckungsanteil am<br />
Gesamtwärmebedarf<br />
Einsatz im Alt- <strong>und</strong><br />
Neubau<br />
Verbraucher<br />
Kleinanlagen<br />
Trinkwassererwärmung<br />
<strong>und</strong> Heizungsunterstützung<br />
Kollektorfl äche < 20 m 2<br />
Ein- <strong>und</strong> Zwei-<br />
Familienhäuser<br />
25 % solarer<br />
Deckungsanteil am<br />
Gesamtwärmebedarf<br />
Einsatz im Alt- <strong>und</strong><br />
Neubau<br />
<strong>Sonne</strong>nkollektoren<br />
Solarspeicher<br />
Kaltwasser<br />
Solarstation<br />
konventionelle<br />
Nachheizung<br />
Trinkwassererwärmung<br />
Kollektorfl äche > 100 m 2<br />
Mehrfamilienhäuser,<br />
Krankenhäuser<br />
15 <strong>–</strong> 20 % solarer<br />
Deckungsanteil am<br />
Gesamtwärmebedarf<br />
Einsatz im Alt- <strong>und</strong><br />
Neubau<br />
a b c<br />
Friedrichshafen-Wiggenh<strong>aus</strong>en (1996)<br />
380 Wohnungen, 4.050 m 2 Flachkollektor,<br />
12.000 m 3 Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
d<br />
Rostock-Brinkmannshöhe (1996)<br />
108 Wohnungen, 1.000 m 2 Flachkollektor,<br />
20.000 m 3 Aquifer-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
Steinfurt-Borghorst (1999)<br />
23 Reihenhäuser, 510 m 2 Flachkollektor,<br />
1.500 m 3 Kies/Wasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
e<br />
Neckarsulm-Amorbach (1998)<br />
5.263 m 2 Flachkollektor,<br />
63.360 m 3 Erdsonden-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
zentrale Heizung<br />
Großanlagen<br />
Nahwärme mit Kurz -<br />
zeit-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
> 30 <strong>–</strong> 40 Wohneinheiten<br />
Mehrfamilienhäuser,<br />
Krankenhäuser<br />
15 <strong>–</strong> 20 % solarer<br />
Deckungsanteil<br />
am Gesamtwärmebedarf<br />
Einsatz im Neubau<br />
Saisonaler<br />
<strong>Wärme</strong>speicher<br />
Hamburg-Bramfeld (1996)<br />
124 Reihenhäuser, 3.000 m 2 Flachkollektor,<br />
4.500 m 3 Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
Hannover-Kronsberg (2000)<br />
106 Wohnungen, 1.350 m2 Flachkollektor,<br />
2.750 m3 f<br />
Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Flachkollektoren<br />
Nahwärme mit Langzeit-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
> 100 Wohneinheiten<br />
Ein- <strong>und</strong> Zwei-<br />
Familienhäuser<br />
50 % solarer<br />
Deckungsanteil am<br />
Gesamtwärmebedarf<br />
Solarnetz<br />
Einsatz im Neubau<br />
<strong>Wärme</strong>verteilnetz<br />
Abbildung 1<br />
Anlagentypen in<br />
Deutschland<br />
Abbildung 2<br />
Pilotanlagen zur<br />
solar unterstützten<br />
Nahwärmeversorgung<br />
Bildquelle: a, b, d, e<br />
Uni Stuttgart, ITW<br />
Bildquelle: c, f<br />
Prof. Em. Gockell, IGS,<br />
Uni Braunschweig<br />
31
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 3<br />
Schema einer solar<br />
unterstützten Nahwärmeversorgungsanlage<br />
32<br />
Heizzentrale<br />
hydraulische Weiche<br />
oder Pufferspeicher<br />
Solarthermische Großanlagen<br />
zur solarunterstützten<br />
Nahwärmeversorgung<br />
Abb. 3 zeigt das Schema einer Nahwärmeversorgung<br />
mit Langzeit-<strong>Wärme</strong>speicher, in die solarthermische<br />
Kollektor felder integriert sind. Die<br />
von den <strong>Sonne</strong>n kollektoren gewonnene <strong>Wärme</strong><br />
wird über das Solar netz in Form heißen Wassers<br />
zur Heizzentrale transportiert <strong>und</strong> bei Bedarf<br />
direkt an die Gebäude verteilt. Die Kollek toren<br />
sind auf den Dächern der Ge bäude montiert,<br />
die möglichst nahe an der Heiz zentrale liegen.<br />
Die im Sommer anfallende Über schusswärme<br />
wird in den saisonalen <strong>Wärme</strong>speicher eingespeist,<br />
der in den Untergr<strong>und</strong> des Siedlungsgeländes<br />
eingebaut ist.<br />
Das über das <strong>Wärme</strong>verteilnetz gelieferte<br />
Heizwasser versorgt die Heizung <strong>und</strong> Trinkwassererwärmung<br />
der Gebäude. Jedes Gebäude<br />
verfügt über eine eigene <strong>Wärme</strong>übergabestation<br />
Heizkessel<br />
Kollektorfeld<br />
als Verbindung zwischen dem <strong>Wärme</strong>verteilnetz<br />
<strong>und</strong> den h<strong>aus</strong>internen Installationen. Die Heizzentrale<br />
verwendet die im Langzeit-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
gespeicherte Solarwärme <strong>und</strong> heizt<br />
bei Bedarf konventionell nach, z. B. mit einem<br />
Gasbrennwertkessel. Ein Vorteil einer zentralen<br />
<strong>Wärme</strong>versorgung ist, dass der zusätzliche<br />
<strong>Wärme</strong>versorger schnell an neue technische<br />
Entwicklungen angepaßt werden kann.<br />
Um die bei solarthermischen Großanlagen angestrebten<br />
hohen solaren Deckungsraten von<br />
40 - 50 % am <strong>Wärme</strong>bedarf von H<strong>aus</strong>halten<br />
zu erreichen, muss die solare <strong>Wärme</strong>strahlung<br />
im Sommer über eine saisonale <strong>Wärme</strong>speicherung<br />
im Winter zu Verfügung stehen. Derzeit<br />
stehen dafür vier erprobte Techniken zur Verfügung,<br />
die im Abb. 4 gezeigt sind.<br />
Alle Langzeit-<strong>Wärme</strong>speichertypen funktionieren<br />
zuverlässig, sie müssen jedoch noch weiterentwickelt<br />
werden, um die derzeit hohen Baukosten<br />
zu reduzieren. Die Entscheidung für einen<br />
Kollektorfeld<br />
Gebäude 1 Gebäude 2<br />
<strong>Wärme</strong>übergabestation<br />
<strong>Wärme</strong>übergabestation mit<br />
direkter Heizungseinbindung<br />
<strong>und</strong> Trinkwasserbereitung<br />
im Durchfl ußprinzip<br />
Langzeitwärmespeicher<br />
Dr. Wolfgang Heidemann Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />
Kaltwasser<br />
Solarnetz<br />
<strong>Wärme</strong>übergabestation<br />
<strong>Wärme</strong>verteilnetz<br />
<strong>Wärme</strong>übergabestation mit<br />
indirekter Heizungseinbindung<br />
<strong>und</strong> Trinkwasserbereitung<br />
mit Speicherladesystem<br />
Kaltwasser
Dr. Wolfgang Heidemann Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />
Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
Erdsonden-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
bestimmten Speichertyp hängt im Wesentlichen<br />
von den örtlichen Gegebenheiten, dem notwendigen<br />
Speichervolumen <strong>und</strong> insbesondere<br />
von den geologischen <strong>und</strong> hydrogeologischen<br />
Verhältnissen im Untergr<strong>und</strong> des jeweiligen<br />
Standortes ab:<br />
Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speicher können unabhängig<br />
von der Geologie <strong>und</strong> auch in kleiner Baugröße,<br />
z. B. als <strong>Wärme</strong>speicher für einen Zeitraum von<br />
Tagen bzw. Wochen, eingesetzt werden.<br />
Kies/Wasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
Aquifer-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
Sommer<br />
Winter<br />
Sommer Winter<br />
Die wassergefüllte Trag konstruktion <strong>aus</strong> Stahlbeton<br />
ist teilweise im Erdreich eingebaut. Eine<br />
<strong>Wärme</strong>dämmung ist besonders im Bereich des<br />
Deckels <strong>und</strong> der Seitenwände vorteilhaft beziehungsweise<br />
meist notwendig. Die wasserdichte<br />
Auskleidung des Speichers musste in früheren<br />
Projekten (Rottweil, Hamburg <strong>und</strong> Friedrichshafen<br />
vgl. Abb. 2) <strong>aus</strong> Edelstahlblech <strong>aus</strong>geführt<br />
werden. In Hannover konnte im Jahr 2000 zum<br />
ersten Mal eine neuartige Betonmischung erfolgreich<br />
eingesetzt werden, deren Wasserdampfdurch<br />
lässig keit so gering ist, dass auf eine zusätzliche<br />
Auskleidung verzichtet werden kann.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 4<br />
Langzeit-<strong>Wärme</strong>speichertypen<br />
Abbildung 5<br />
Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
(12000 m 3 )<br />
während der Bauphase<br />
(Friedrichshafen)<br />
Quelle: Uni Stuttgart, ITW<br />
33
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 6<br />
Aufbau des Kies/<br />
Wasser-<strong>Wärme</strong>speichers<br />
(1500 m 3 )<br />
in Steinfurt-Borghorst<br />
Quelle: Uni Stuttgart, ITW<br />
34<br />
Diese Vorgehensweise stellt heutzutage den<br />
Stand der Technik dar.<br />
Eine Alternative zur beschriebenen Betonkonstruktion<br />
stellen Behälter <strong>aus</strong> glasfaserver stärkten<br />
Kunststoffen dar. Die Speicher werden drucklos<br />
im Temperaturbereich von 30 bis 95 °C betrieben.<br />
Um eine Durchmischung des Speicherinhaltes<br />
beim Be- <strong>und</strong> Entladen des Speichers<br />
zu verhindern, sind spezielle Vorrichtungen<br />
notwendig, die den Zu- <strong>und</strong> Ablauf wirbelfrei<br />
gewährleisten müssen. Derartige Ladewechseleinrichtungen<br />
werden zum Beispiel oft als<br />
Prallteller <strong>aus</strong>geführt.<br />
Kies/Wasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
Kies/Wasser-<strong>Wärme</strong>speicher haben eine mit<br />
wasserdichter Kunststofffolie <strong>aus</strong>gekleidete<br />
Grube, die mit einem Kies/Wasser-Ge misch<br />
als Speichermedium gefüllt ist (Abb. 6). Der<br />
Speicher ist seitlich <strong>und</strong> oben, bei geeigneter<br />
Druckfestigkeit des Dämmstoffes auch unten<br />
wärmegedämmt. Die Ein- <strong>und</strong> Ausspeiche rung<br />
der <strong>Wärme</strong> erfolgt über direkten Wasser<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch<br />
oder indirekt über Rohr schlangen.<br />
Eine statische Tragkonstruktion ist nicht notwendig,<br />
da die auftretenden Lasten über den<br />
Kies an die Seitenwände <strong>und</strong> den Boden<br />
abgetragen werden.<br />
Derzeitig eingesetzte Ab dichtfolien begrenzen<br />
die Maximaltemperaturen auf ca. 90 °C. Bedingt<br />
durch die geringere <strong>Wärme</strong>kapazität des Kies/<br />
Wasser-Gemisches im Vergleich zu Wasser muss<br />
das Speicher volumen ca. 50 % größer gewählt<br />
werden, um die gleiche <strong>Wärme</strong>menge wie in<br />
einem Heiß wasser- <strong>Wärme</strong>speicher speichern<br />
zu können. Speicher dieser Art sind am ITW<br />
der Universität Stuttgart seit 1985 sowie in<br />
Chemnitz, Augsburg <strong>und</strong> Steinfurt-Borghorst<br />
in Betrieb.<br />
Dr. Wolfgang Heidemann Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />
Erdsonden-<strong>Wärme</strong>spei cher<br />
Erdsonden-<strong>Wärme</strong>spei cher speichern die <strong>Wärme</strong><br />
in den Untergr<strong>und</strong> bzw. ziehen sie <strong>aus</strong> diesem<br />
wieder her<strong>aus</strong>. Abb. 7 zeigt verschiedene Typen<br />
von Erdwärmesonden sowie einen vertikalen<br />
Schnitt durch eine Erdwärme son den-Bohrung.<br />
Geeignete Unter gründe für Speicher dieser Art<br />
sind wasser gesättigte Tone bzw. Ton steine ohne<br />
oder mit nur geringer Gr<strong>und</strong>wasserbewegung.<br />
Typische Werte für Bohrloch-Durchmesser lie gen<br />
bei 100 - 200 mm, die Ab stände zwischen zwei<br />
Bohr löchern bei 1,5 - 3 m <strong>und</strong> die Bohrlochtiefen<br />
bei 20 - 100 m. Eine <strong>Wärme</strong>dämmung<br />
kann nur zur Oberfl äche hin erfolgen. Aufgr<strong>und</strong><br />
der da durch bedingten höheren <strong>Wärme</strong>verluste<br />
zu den Seiten <strong>und</strong> nach unten hin sind nur große<br />
Speicher (> 50 000 m³) dieses Typs sinnvoll, bei<br />
denen kleine Oberfl ächen/Volumen-Ver hältnisse<br />
erreicht werden können. Maximale Speichertemperaturen<br />
liegen bei ca. 80 °C, begrenzt<br />
durch die Lebensdauer des Erdwärmesonden-<br />
Materials. Durch die geringere <strong>Wärme</strong>kapazität<br />
des Speichermediums gegenüber Wasser <strong>und</strong><br />
aufgr<strong>und</strong> einer geringeren Temperaturspreizung<br />
im Betrieb, müssen <strong>Wärme</strong>speicher dieser Bauart<br />
im Vergleich zu Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speichern<br />
ein etwa 3 bis 5 mal größeres Volumen besitzen.<br />
Vorteilhaft ist bei diesem Speichertyp der im<br />
Vergleich zum Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
geringere Bauaufwand sowie ein möglicher<br />
modularer Aufbau bzw. eine sich dem Baufortschritt<br />
eines Wohngebietes anpassende Speichergröße.
Dr. Wolfgang Heidemann Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />
Doppel-U-Rohr<br />
150 mm<br />
Einzel-U-Rohr Koaxialrohr<br />
Aquifer-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
Aquifer-<strong>Wärme</strong>speicher nutzen natürlich<br />
vorkommende, nach oben <strong>und</strong> unten abgeschlossene<br />
Gr<strong>und</strong>wasserschichten zur <strong>Wärme</strong>speicherung.<br />
Über eine Brunnenbohrung<br />
(kalte Bohrung) wird dem Speicher Gr<strong>und</strong>wasser<br />
entnommen, dieses über einen <strong>Wärme</strong>übertrager<br />
erwärmt <strong>und</strong> über eine weitere Bohrung<br />
(warme Bohrung) wieder in den Untergr<strong>und</strong><br />
eingeleitet (Abb. 8). Die Entnahme der <strong>Wärme</strong><br />
erfolgt durch eine Umkehrung der Durchströmungsrichtung.<br />
Aquifer-<strong>Wärme</strong>speicher stellen<br />
sehr hohe Anforderungen an die geologischen<br />
Verhältnisse des jeweiligen Standortes bezüglich<br />
hydraulischer Durchlässigkeit, Gr<strong>und</strong>wasserfl ießge<br />
schwindigkeit, biologischer <strong>und</strong> chemischer<br />
Zusammensetzung des Gr<strong>und</strong>wassers.<br />
kalte<br />
Bohrung<br />
Bohrlochwand<br />
Injektionsschlauch<br />
Verfüllmaterial<br />
(Betonit-Sand-<br />
Zement-Suspension)<br />
Rücklauf<br />
25 mm<br />
Beladung Entladung<br />
Aquifer<br />
Vorlauf<br />
warme<br />
Bohrung<br />
<strong>Wärme</strong>dämmung<br />
(20 cm)<br />
Verrohrung<br />
in Sandbettlage<br />
(20 cm)<br />
Bohrlochverfüllung<br />
Bohrloch<br />
Doppel-U-<br />
Rohr-Sonde<br />
Geländeoberkante<br />
Deckschicht<br />
(ca. 2 <strong>–</strong> 3 m)<br />
Sie können nicht zur Um ge bung hin wärmegedämmt<br />
wer den. Bei Temperaturen ober halb<br />
50 °C kann es je nach örtlichen Gegebenheiten<br />
zu biologischen <strong>und</strong> geochemischen Veränderungen<br />
des Gr<strong>und</strong>wassers kommen. Dies kann<br />
gegebenen falls zu Ab la ge rungen an <strong>Wärme</strong>übertra<br />
gern <strong>und</strong> den Brunnenfi ltern führen, wodurch<br />
es im Extrem fall zu einem Erliegen der Förderfähigkeit<br />
der Brunnen kommen kann. Um dies<br />
zu verhindern, muss in solchen Fällen eine<br />
geeignete Wasseraufbereitung während des<br />
Be triebs erfolgen.<br />
In Abb. 9 sind die spezifi schen Speicherkosten<br />
der verschiedenen Langzeitspeicher in Abhängigkeit<br />
vom Speichervolumen aufgetragen.<br />
Aufgeführt sind Kostenberechnungen, die durch<br />
Planungsstudien oder beim Bau erster Pilotanlagen<br />
in Deutschland ermittelt wurden. Zum<br />
besseren Vergleich verschiedener Speicherkonzepte<br />
ist das Speichervolumen auf Volumen-<br />
Wasseräquivalent umgerechnet. Die Investitionskosten<br />
liegen für <strong>Wärme</strong>speicher größer als<br />
10.000 m³ derzeit zwischen 70 <strong>und</strong> 120 Euro<br />
pro m³ Wasseräquivalent. Da alle gebauten<br />
Langzeitspeicher Pilotcharakter haben, sind<br />
deren Baukosten stark von den örtlichen Gegebenheiten<br />
abhängig. Insgesamt zeigt sich eine<br />
starke Kostenreduktion mit zunehmender<br />
Speichergröße.<br />
aktive Speichertiefe (30 m)<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 7<br />
Aufbau von Erdwärmesonden<br />
Abbildung 8<br />
Aufbau eines Aquifer-<br />
<strong>Wärme</strong>speichers<br />
35
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 9<br />
Kosten verschiedener<br />
Langzeit-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
36<br />
Investitionskosten je m 3 Wasseräquivalent (€/m 3 )<br />
500<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Ilmenau<br />
(HW-GfK)<br />
Rottweil<br />
Stuttgart<br />
(K/W)<br />
Steinfurt<br />
(K/W)<br />
Auslegungsrichtlinien,<br />
Erfahrungen <strong>und</strong><br />
Empfehlungen<br />
Betriebserfahrungen <strong>und</strong> Ergebnisse der<br />
wissenschaftlich/technischen Begleitforschung<br />
der Pilotanlagen zur solarunterstützten Nahwärmeversorgung<br />
können in den folgenden<br />
Auslegungsrichtlinien (deutsche Anlagen, solarer<br />
Deckungsanteil 40 - 50 %) zusammenfasst<br />
werden:<br />
Mindestgröße des Wohngebietes:<br />
100 Wohneinheiten je 70 m 2<br />
Kollektorfl äche: 1,4 - 2,4 m 2 Flachkollektoren/<br />
MWh jährlichem <strong>Wärme</strong>bedarf<br />
Speichervolumen: 1,4 - 2,1 m 3 Wasser /m 2<br />
Flachkollektoren.<br />
Gut geplante <strong>und</strong> <strong>aus</strong>geführte Anlagen weisen<br />
folgende Merkmale auf:<br />
Kompakte Bebauungsstruktur<br />
(gut: Reihen-/Mehrfamilienhäuser, schlecht:<br />
Einfamilienhäuser), wodurch sich geringe<br />
Rohrleitungslängen <strong>und</strong> damit geringe<br />
<strong>Wärme</strong>verluste ergeben.<br />
Gebäude mit <strong>Sonne</strong>nkollektoren sollten nahe<br />
der Heizzentrale gelegen sein sowie mög-<br />
Dr. Wolfgang Heidemann Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />
Kettmannh<strong>aus</strong>en<br />
(HW-GfK)<br />
Hannover<br />
(HW-HLB)<br />
Bielefeld (HW)<br />
Neckarsulm<br />
Erdwärmesonden<br />
Hamburg (HW)<br />
Chemnitz (K/W)<br />
Rostock<br />
Aquifer<br />
Speichervolumen in m 3 Wasseräquivalent [m 3 ]<br />
gebaut<br />
Studie<br />
Heißwasser (HW)<br />
Kieswasser (KW)<br />
Erdwärmesonden<br />
Aquifer<br />
Friedrichshafen (HW)<br />
Berlin-Biesdorf<br />
Aquifer<br />
Potsdam<br />
Aquifer<br />
100 1.000 10.000 100.000<br />
lichst eine Ost/West-Dachfi rstorientierung<br />
aufweisen. Dadurch ergibt sich eine optimale<br />
Südorientierung der Kollektorfl ächen.<br />
Abweichungen von bis zu 30 % von dieser<br />
optimalen Süd<strong>aus</strong>richtung sind tolerierbar.<br />
Integrales <strong>Energie</strong>konzept: <strong>Energie</strong>effi ziente<br />
<strong>Wärme</strong>erzeugung <strong>und</strong> Verteilung mit<br />
Niedertemperaturheizsystemen<br />
(Vorlauf/Rücklauf: 60 °C/40 °C, 60 °C/30 °C,<br />
40 °C/25 °C). Hoher <strong>Wärme</strong>dämmstandard<br />
(Niedrigenergieh<strong>aus</strong>, Passivh<strong>aus</strong>) der<br />
Gebäude.<br />
Die Art der Trinkwassererwärmung sowie<br />
die Auslegung des Heizsystems bestimmen<br />
die Rücklauftemperatur des Nahwärmenetzes.<br />
Diese hat einen signifi kanten Einfl uss auf die<br />
Höhe des solaren Nutzwärmeertrags:<br />
Wird die <strong>Wärme</strong> <strong>aus</strong> der Heizzentrale über ein<br />
Zwei-Leiter-<strong>Wärme</strong>verteilnetz an die Verbraucher<br />
weitergegeben (vgl. Abb. 3), so kann dies<br />
mit direkter Heizungseinbindung <strong>und</strong> Trinkwasserbereitung<br />
im Durchfl ussprinzip erfolgen.<br />
Vorteilhaft ist dabei eine sehr gute Auskühlung<br />
des Vorlaufs sowie die Vermeidung von Legionellenbildung<br />
durch häufi ge Nutzung <strong>und</strong><br />
einer Erwärmung auf 60 °C von Zeit zu Zeit.<br />
Pro Wohneinheit sind dabei <strong>Wärme</strong>ströme<br />
von 20 bis 30 kW zu übertragen.
Dr. Wolfgang Heidemann Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />
Eine zweite Möglichkeit der Ankopplung der<br />
h<strong>aus</strong>internen Installationen an das <strong>Wärme</strong>verteilnetz<br />
besteht in einer indirekten Heizungsanbindung<br />
<strong>und</strong> einer Trinkwasserbereitung mit<br />
Speicher lade system. Dabei wird ebenfalls eine<br />
gute Auskühlung bei geringen zu übertragenden<br />
<strong>Wärme</strong>strömen erreicht. Hier besteht die<br />
Gefahr der Legionellenbildung, die aber durch<br />
elektrisches Nacherhitzen vermieden werden<br />
kann <strong>–</strong> siehe oben. Durch den Einsatz von<br />
Niedertemperatur heizungen können im Vergleich<br />
zu konventionellen Heizsystemen niedrige<br />
Netzrücklauftemperaturen erreicht <strong>und</strong><br />
der solare Deckungs anteil des Gesamtsystems<br />
deutlich gesteigert werden.<br />
Weitere Möglichkeiten das <strong>Wärme</strong>verteilnetz<br />
<strong>aus</strong>zubilden sind Drei- <strong>und</strong> Vier-Leiternetze:<br />
Drei-Leiternetz: Dabei wird die H<strong>aus</strong>überga-<br />
bestation durch eine Solarübergabestation,<br />
d. h. einem zusätzlichen <strong>Wärme</strong>übertrager<br />
ergänzt: Der durch Raumheizung oder<br />
Trinkwasser erwärmung abgekühlte Rücklauf<br />
wird mit dem Solarrücklauf verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />
damit der Solaranlage zur Erwärmung direkt<br />
zur Verfügung gestellt.<br />
Bei einem Vier-Leiternetz als <strong>Wärme</strong>verteil-<br />
netz werden je zwei Vor- <strong>und</strong> Rücklaufl eitun-<br />
gen für Trinkwasser <strong>und</strong> Heizung verwendet.<br />
Die Aufteilung in Trinkwasser <strong>und</strong> Heizungs-<br />
strang erfolgt in der Heizzentrale.<br />
Zusammenfassung<br />
Die derzeit in Deutschland betriebenen neun<br />
Pilotanlagen zur solar unterstützten Nahwärmeversorgung<br />
mit Langzeitwärme-Speicher funktionieren<br />
ohne wesentliche Probleme.<br />
Die technische Machbarkeit <strong>und</strong> Effi zienz der<br />
Systemtechnik konnte nachgewiesen werden.<br />
Alle vier Konzepte zur saisonalen <strong>Wärme</strong>speicherung<br />
sind mindestens einmal umgesetzt. Diese<br />
Speicherkonzepte müssen nun weiterentwickelt<br />
werden, um die derzeit noch hohen Baukosten<br />
zu reduzieren. Dies erfolgt durch eine wissenschaftlich-technische<br />
Begleitforschung im<br />
Rahmen des Forschungskonzepts Solarthermie<br />
2000 plus.<br />
Literatur<br />
[1] Benner,M; Bodmann,M; Mangold,D;<br />
Nußbicker,J; Raab,S; Schmidt,Th;<br />
Seiwald,H; 2004: Solar unterstützte<br />
Nahwärmeversorgung mit <strong>und</strong> ohne<br />
Langzeit-<strong>Wärme</strong>speicher (Nov. 98 bis<br />
Jan. 03). Forschungsbericht zum<br />
BMWi - Vorhaben 0329606 S.<br />
[2] Raab,S; Mangold,D; Nußbicker,<br />
Heidemann, W; Müller-Steinhagen,H;<br />
2004: Solar assisted district heating system<br />
with seasonal hot water heat store in<br />
Friedrichshafen (Germany). 14. Internatio-<br />
nales <strong>Sonne</strong>nforum, Freiburg, 20.-23.06.<br />
[3] Raab,S; Mangold,D; Heidemann, W;<br />
Müller-Steinhagen,H; 2005: Die solar-<br />
unterstützte Nahwärmeversorgung in<br />
Crailsheim. 15. Symposium Thermische<br />
Solarenergie. Kloster Banz, 27.-29.04.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
37
FVS LZE Themen 2005<br />
Kl<strong>aus</strong> Hennecke<br />
DLR<br />
Kl<strong>aus</strong>.Hennecke@dlr.de<br />
Dr. Ahmet Lokurlu<br />
SOLITEM GmbH<br />
a.lokurlu@solitem.de<br />
Matthias Rommel<br />
Fraunhofer ISE<br />
matthias.rommel@<br />
ise.fraunhofer.de<br />
Frank Späte<br />
Solar-Institut Jülich -<br />
Fachhochschule Aachen<br />
spaete@sij.fh-aachen.de<br />
Abbildung 1<br />
Industrieller Prozesswärmebedarf<br />
in<br />
Deutschland (1994,<br />
eigene Darstellung<br />
nach [1])<br />
38<br />
Solare Prozesswärme für<br />
Industrie, Meerwasserentsalzung<br />
<strong>und</strong> Solarchemie<br />
Einführung<br />
Der Prozesswärmebedarf für Industrie <strong>und</strong><br />
Gewerbe macht einen erheblichen Anteil des<br />
<strong>Energie</strong>verbrauchs in Industrialisierten Länder<br />
<strong>aus</strong>. In Deutschland werden in diesem Bereich<br />
pro Jahr knapp 2000 PJ eingesetzt, das entspricht<br />
r<strong>und</strong> 20 % des gesamten Endenergiebedarfs.<br />
R<strong>und</strong> 30 % dieses Bedarfs fällt im Temperaturbereich<br />
unterhalb 200 °C an, für den<br />
geeignete Solarkollektoren kurz- bis mittelfristig<br />
verfügbar sind.<br />
Verbrauchsschwerpunkte liegen in den<br />
folgenden Branchen <strong>und</strong> Prozessen:<br />
Prozesstemperaturverbrauch [PJ]<br />
Nahrungs- <strong>und</strong> Genussmittelindustrie<br />
(z. B. Koch- <strong>und</strong> Eindampfprozesse)<br />
Chemische Industrie<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
0 <strong>–</strong> 100<br />
100 <strong>–</strong> 200<br />
200 <strong>–</strong> 300<br />
300 <strong>–</strong> 400<br />
400 <strong>–</strong> 500<br />
Zellstoff- <strong>und</strong> Papierindustrie<br />
(Kochen, Trocknen)<br />
Textilindustrie<br />
(Färben, Auswaschen, Trocknen)<br />
Investitionsgüterindustrie (z. B. Reinigungs-<br />
bäder, Lackierkabinen, Lacktrockner)<br />
Dienstleistungen (z. B. Wäschereien)<br />
Wollte man innerhalb der nächsten 20 Jahre nur<br />
10 % dieses Bedarfs solar decken, müssten zu<br />
diesem Zweck jährlich r<strong>und</strong> 1,4 Mio m² Kollektorfl<br />
äche installiert werden. Zum Vergleich: Im<br />
bisherigen Spitzenjahr 2001 wurden in Deutschland<br />
für Trinkwassererwärmung <strong>und</strong> Heizungsunterstützung<br />
900.000 m² Kollektorfl äche neu<br />
installiert. Offensichtlich besteht also ein großes<br />
Marktpotenzial, dennoch wurden bisher nur<br />
wenige Anwendungen realisiert.<br />
Prozesswärmebedarf Deutschland 1994<br />
500 <strong>–</strong> 600<br />
600 <strong>–</strong> 700<br />
700 <strong>–</strong> 800<br />
800 <strong>–</strong> 900<br />
900 <strong>–</strong> 1000<br />
1000 <strong>–</strong> 1100<br />
Prozesstemperaturniveau [°C]<br />
Kl<strong>aus</strong> Hennecke Solare Prozesswärme<br />
1100 <strong>–</strong> 1200<br />
1200 <strong>–</strong> 1300<br />
1300 <strong>–</strong> 1400<br />
1400 <strong>–</strong> 1500<br />
1500 <strong>–</strong> 1600<br />
1600 <strong>–</strong> 1700
Kl<strong>aus</strong> Hennecke Solare Prozesswärme<br />
Prozesswärme für<br />
die Industrie<br />
Offenbar ist der Markt für solare Prozesswärme<br />
nicht einfach. Da <strong>Wärme</strong> nicht verlustarm über<br />
weite Strecken transportiert werden kann,<br />
sind nur solche Standorte geeignet, bei denen<br />
sowohl günstige Einstrahlungsbedingungen, als<br />
auch genügend Flächen zur Aufstellung der<br />
Kollektoren vorhanden sind. Bei der Auslegung<br />
<strong>und</strong> Systemintegration eines Kollektorfeldes als<br />
<strong>Wärme</strong>erzeuger haben die geforderten Prozesstemperaturen<br />
wesentlich stärkeren Einfl uss als in<br />
konventionellen Anlagen. Gr<strong>und</strong>sätzlich kann<br />
die Solarwärme in das <strong>Wärme</strong>versorgungssystem<br />
des Anwenders, oder direkt in den jeweiligen<br />
Prozess eingekoppelt werden. Da aber<br />
der Wirkungsgrad von <strong>Sonne</strong>nkollektoren mit<br />
steigender Temperatur abnimmt, ist bei der<br />
Integration solarer Prozesswärme ein möglichst<br />
niedriges Temperaturniveau vorteilhaft. Gerade<br />
dort kann jedoch häufi g auch Abwärme <strong>aus</strong><br />
anderen Prozessen oder Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />
genutzt werden. Um das optimale Temperaturniveau<br />
für den Einsatz solarer <strong>Wärme</strong> zu fi nden,<br />
ist deshalb der Einsatz von Prozessintegrationsmethoden<br />
empfehlenswert.<br />
Eine weitere Her<strong>aus</strong>forderung stellt die tages-<br />
<strong>und</strong> jahreszeitlich sowie wetterabhängig wechselhafte<br />
Verfügbarkeit der solaren Strahlung dar.<br />
Um Produktionsmängel oder -<strong>aus</strong>fälle zu vermeiden<br />
müssen Strahlungsschwankungen durch<br />
entsprechende Speichersysteme abgepuffert<br />
werden. In der Regel muss zur Überbrückung<br />
längerer strahlungsarmer Zeiten eine h<strong>und</strong>ertprozentige,<br />
konventionelle Reservekapazität<br />
vorgehalten werden. Deshalb bringt die In-<br />
vestition in die Solaranlage keine Reduktion<br />
des konventionellen Anlagenteils mit sich <strong>und</strong><br />
die Anlage muss sich allein durch die erzielten<br />
Brennstoffeinsparungen amortisieren. Dies stellt<br />
bei heutigen Brennstoffpreisen eine Hürde für<br />
die Wirtschaftlichkeit solcher Investitionen dar.<br />
Um hohe Brennstoffeinsparungen erzielen zu<br />
können, sind hohe solare Deckungsgrade anzustreben.<br />
Vorzugsweise sollten <strong>Wärme</strong>bedarf<br />
<strong>und</strong> solares Angebot zeitlich korrelieren.<br />
Dies ist häufi g bei Kühlung oder Klimatisierung<br />
der Fall, sowie bei Anwendern mit reinem<br />
Tagesbetrieb.<br />
Schon diese kurzen Überlegungen verdeutlichen,<br />
dass es die “typische“ Prozesswärmeanwendung<br />
nicht gibt. Vielmehr sind individuelle<br />
Lösungen gefragt, die auf Anlagengröße,<br />
Bedarfsprofi l, <strong>Wärme</strong>trägermedium <strong>und</strong><br />
Temperaturniveau der jeweiligen Prozesse<br />
abgestimmt sind. Der damit verb<strong>und</strong>ene<br />
Beratungs- <strong>und</strong> Planungsaufwand bedeutet<br />
eine erhebliche Her<strong>aus</strong>forderung für die Markterschließung.<br />
Um diese Her<strong>aus</strong> forderung anzunehmen<br />
<strong>und</strong> zu meistern, wurde eine IEA<br />
Task (33/IV) gegründet. In dieser seit zwei<br />
Jahren laufenden Kooperation der internationalen<br />
<strong>Energie</strong>agentur (IEA) arbeiten Experten <strong>aus</strong><br />
neun Ländern zusammen. Weitere Informationen<br />
fi nden sich unter http://www.iea-ship.org.<br />
Eines der wenigen realisierten Beispiele einer<br />
solaren Prozesswärmeversorgung in Deutschland<br />
ist die 100 Quadratmeter große Vakuumröhren-Kollektoranlage<br />
der Schiffer GmbH &<br />
Co KG in Menden im Sauerland. Die mit den<br />
Mitteln <strong>aus</strong> dem REN-Programm des Landes<br />
Nordrhein-Westfalen geförderte Anlage wurde<br />
im Oktober 2003 in Betrieb genommen <strong>und</strong><br />
dient zur Beheizung galvanischer Bäder (Abb. 2).<br />
Die Temperaturen dieser Bäder liegen zwischen<br />
40 <strong>und</strong> 70 Grad Celsius. Geplant <strong>und</strong> errichtet<br />
wurde die Anlage von der Firma SOTEC solar<br />
<strong>aus</strong> Plettenberg.<br />
Ein Beispiel für die solare <strong>Wärme</strong>-, <strong>Kälte</strong>- <strong>und</strong><br />
Dampfversorgung ist die auf einem türkischen<br />
Hotel in Dalaman installierte Pilotanlage der<br />
Firma SOLITEM <strong>aus</strong> Aachen (Abb. 3). Das<br />
mehrfach preisgekrönte Anlagenkonzept (R.I.O.<br />
Innovationspreis, Energy Globe Award, Global<br />
100 Eco-Tech Award <strong>und</strong> Solarpreis 2005 von<br />
EUROSOLAR) stellt mit 20 Parabolrinnenkollektoren<br />
thermische Leistungen bis zu 100 KW im<br />
reinen Dampfversorgungsbetrieb oder <strong>Kälte</strong>leistungen<br />
bis zu 130 KW zur Verfügung. Beide<br />
Versorgungs bereiche sind auch im Teillastbetrieb<br />
möglich. Durch den bivalenten Betrieb der Anlage<br />
werden im Sommer die Prozesswärmeverbraucher<br />
oder die den Kühlkreislauf speisende<br />
zweistufi ge Absorptionskältemaschine mit Dampf<br />
versorgt <strong>und</strong> im Winter beheizen die Kollektoren<br />
die Räume <strong>und</strong> unterstützen damit mit solarer<br />
<strong>Energie</strong> die fossile Dampferzeugung. [3]<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
39
FVS LZE Themen 2005<br />
40<br />
beheiztes Bad<br />
Abbildung 2<br />
Anlagenschema<br />
<strong>und</strong> Kollektorfeld<br />
zur Beheizung<br />
galvanischer Bäder<br />
bei Fa. Schiffer<br />
GmbH & Co KG<br />
Quelle: EA-NRW<br />
Pumpe<br />
Abbildung 3<br />
Schema <strong>und</strong><br />
Kollektorfeld zur<br />
<strong>Wärme</strong>-, Dampf-<br />
<strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>versorgung<br />
eines Hotels an der<br />
türkischen Ägäisküste<br />
in Dalaman<br />
Quelle: SOLITEM GmbH<br />
Heizkessel<br />
Dreiwegeventil<br />
Solarstrahlung<br />
Puffer<br />
750 Liter<br />
0<br />
Kollektorfeld<br />
Heißwasser<br />
(18 °C)<br />
kleiner<br />
Heißwasserspeicher<br />
Kollektor<br />
<strong>Wärme</strong><strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>cher<br />
Dampf<br />
Dampferzeuger<br />
existierendes konventionelles System<br />
Warmwasser (95°C)<br />
Dampf (4 bar)<br />
Dampf<br />
Kl<strong>aus</strong> Hennecke Solare Prozesswärme<br />
kaltes<br />
Wasser 6 °C<br />
Hotel<br />
Raumheizung,<br />
Swimmingpool<br />
Wäscherei<br />
Kühlung<br />
WMod<br />
SMod<br />
WMod = Winterbetrieb<br />
SMod = Sommerbetrieb
Kl<strong>aus</strong> Hennecke Solare Prozesswärme<br />
Ein weiteres vom Land NRW unterstütztes<br />
Projekt betrifft eine Großbäckerei in Burkina<br />
Faso. Dort wird zur Herstellung von r<strong>und</strong> 1000<br />
Baguettes pro Tag heiße Luft bei über 250 °C<br />
mit einer Leistung von 20 bis 40 KW benötigt.<br />
Für diese beim Solar-Institut Jülich entwickelte<br />
Anlage (Abb. 4) wird Luft als <strong>Wärme</strong>träger verwendet.<br />
Als Konzentratoren dienen 16 so genannte<br />
„Scheffl er Spiegel“, die sich bereits in<br />
vielen Anwendungen in Entwicklungsländern<br />
bewährt haben. Jeder Spiegel bündelt das <strong>Sonne</strong>nlicht<br />
auf einen ortsfesten Brennfl eck von<br />
r<strong>und</strong> 30 cm Durchmesser. Dort befi ndet sich<br />
ein eigens für diese Anwendung entwickelter<br />
Receiver, der die konzentrierte Strahlung absorbiert<br />
<strong>und</strong> die <strong>Wärme</strong> über eine große Oberfl<br />
äche an die vorbeiströmende Luft abgibt.<br />
Die heiße Luft wird über einen Luft-Luft-<strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher<br />
im geschlossenen Kreislauf geführt,<br />
um die hohe Rücklauftemperatur des Backofens<br />
nutzen zu können.<br />
Ein häufi g verwendeter <strong>Wärme</strong>träger in industriellen<br />
Prozessen ist Dampf. Im Rahmen<br />
einer von der AG Solar NRW geförderten Studie<br />
untersuchten DLR <strong>und</strong> YTONG AG am Beispiel<br />
der Porenbetonherstellung, ob die für solarthermische<br />
Kraftwerke entwickelte Technologie der<br />
direkten Dampferzeugung in Parabolrinnen auf<br />
industrielle Anwendungen übertragen werden<br />
kann (Abb. 5).<br />
Der wesentliche Dampf verbrauchende Prozessschritt<br />
ist die Härtung des Materials im Autoklaven.<br />
Üblicherweise werden mehrere Autoklaven<br />
zeitlich versetzt betrieben, <strong>und</strong> Dampfspeicher<br />
zur teilweisen <strong>Wärme</strong>rückgewinnung <strong>und</strong> zum<br />
Lastmanagement eingesetzt. Diese Speicher<br />
bieten eine gute Möglichkeit zur Einkopplung<br />
solar erzeugten Dampfes, ohne den Fertigungsprozess<br />
durch schwankende Solarstrahlung zu<br />
gefährden. Das Dach einer typischen Fertigungshalle<br />
könnte Platz für ein Kollektorfeld<br />
mit etwa 5 % der Nennleistung der installierten<br />
konventionellen Kessel bieten. An günstigen<br />
Standorten im Mittelmeerraum könnten etwa<br />
10 % des jährlichen Dampfbedarfs solar gedeckt<br />
werden bei Kosten, die im Bereich der konventionellen<br />
Erzeugungskosten liegen.<br />
Aufgr<strong>und</strong> dieses ermutigenden Ergebnisses<br />
wurde die Versuchsanlage am DLR-Standort<br />
Köln-Porz mit r<strong>und</strong> 80 kW Leistung für die<br />
direkte Dampferzeugung umgerüstet, um die<br />
theoretisch erarbeiteten Verfahrensgr<strong>und</strong>lagen<br />
auch in dem für Prozessdampferzeugung relevanten<br />
Druck- <strong>und</strong> Temperaturbereich experimentell<br />
abzusichern. Nach Abschluss <strong>und</strong><br />
Auswertung der noch laufenden Versuchskampagne<br />
werden Anwender zur Realisierung<br />
einer ersten Pilotanlage gesucht.<br />
Prozesswärme für<br />
Meerwasserentsalzung<br />
Ein Sonderfall der Prozesswärmenutzung ist die<br />
Meerwasserentsalzung. Der weltweit steigende<br />
Wasserbedarf lässt hier einen enorm wachsenden<br />
Markt vermuten. Ein Gr<strong>und</strong>problem der thermischen<br />
Meerwasserentsalzung besteht darin, dass<br />
die bei der Destillation erforderliche Verdampfung<br />
von Wasser sehr energieaufwändig ist.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 4<br />
Solar unterstützte<br />
Großbäckerei in<br />
Burkina Faso<br />
Abbildung 5<br />
Parabolrinnenanlage<br />
des DLR zur direkten<br />
Prozessdampferzeugung<br />
41
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 6<br />
Wasserentsalzung<br />
durch Mehrstufenverdampfung,<br />
Schema<br />
<strong>und</strong> Testanlage des<br />
Solarinstitut Jülich<br />
Abbildung 7<br />
Wasserentsalzung<br />
durch Membrandestillation,Funktionsprinzip<br />
<strong>und</strong><br />
Kompaktsystem des<br />
Fraunhofer ISE<br />
42<br />
Flachkollektor<br />
Deshalb werden mehrstufi ge Verfahren angewendet,<br />
bei denen ein großer Anteil der Verdampfungswärme<br />
in der jeweils nachfolgenden<br />
Stufe zurück gewonnen wird.<br />
Bei dem am Solar-Institut Jülich entwickelten<br />
System für kleine Tagesleistungen sind mehrere<br />
Verdampfungswannen übereinander angeordnet<br />
(Abb. 6). Die unterste Stufe der Entsalzungsanlage<br />
dient gleichzeitig als erste Stufe der<br />
Verdampferkolonne <strong>und</strong> als Auffangbecken<br />
für das Destillat. Die Solarwärme wird dieser<br />
untersten Stufe zugeführt. Der aufsteigende<br />
Dampf kondensiert an der Unterseite der<br />
<strong>Wärme</strong>quelle<br />
(Kollektor)<br />
<strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher<br />
T2=75 °C<br />
T3=80 °C<br />
<strong>Wärme</strong>zufuhr<br />
Verdampferkanal<br />
Meerwasser-Zufl uß<br />
Sole-Abfl uß<br />
Süsswasser-Abfl uß<br />
darüber liegenden Wanne. Dort entsteht aufgr<strong>und</strong><br />
der Kondensationswärme erneut Dampf,<br />
der wiederum an der nächsthöheren Stufe<br />
kondensiert, usw. Dieses Anlagenkonzept wird<br />
zur Zeit mit verschiedenen Kollektortypen<br />
getestet.<br />
Auch bei dem am Fraunhofer ISE entwickelten<br />
Konzept der Membrandestillation wird der<br />
spezifi sche <strong>Energie</strong>bedarf durch interne <strong>Wärme</strong>rückgewinnung<br />
gesenkt. Bei diesem Verfahren<br />
wird die erwärmte Sole entlang einer Wasser<br />
abweisenden, porösen Polymermembran<br />
geführt. Wassermoleküle in Form von Dampf<br />
durchdringen diese Membran <strong>und</strong> werden auf<br />
der anderen Seite kondensiert. Die Kondensationswärme<br />
dient wiederum zur Vorwärmung der<br />
zugeführten Sole. Im Rahmen eines von der EU<br />
geförderten Projektes werden zur Zeit Kompaktsysteme<br />
in Ägypten, Jordanien <strong>und</strong> Marokko mit<br />
einer Entsalzungsleistung von ca. 100 Litern pro<br />
Tag getestet. Die Abb. 6 zeigt eine Anlage in<br />
Gran Canaria. Die Hauptkomponenten dieser<br />
Anlagen sind das Membran destillations modul,<br />
Kondensationsfolie<br />
Destillatkanal<br />
Wasserabweisende Membran<br />
Kl<strong>aus</strong> Hennecke Solare Prozesswärme<br />
T1=20 °C<br />
Meerwasser-Zufl uß<br />
Süsswasser-Abfl uß<br />
Sole-Abfl uß<br />
T4=25 °C
Kl<strong>aus</strong> Hennecke Solare Prozesswärme<br />
ein 6 m² Solarkollektor, eine salzwasserbeständige<br />
Pumpe <strong>und</strong> ein Photovoltaikmodul, das<br />
einen autarken Betrieb der Anlage ermöglicht.<br />
Zwei größere Anlagen mit Kollektorfl ächen von<br />
80 m² werden bis März 2006 in Jordanien <strong>und</strong><br />
Gran Canaria in Betrieb genommen werden.<br />
Prozesswärme für<br />
die Solarchemie<br />
Die solare Bereitstellung von Hochtemperaturwärme<br />
für thermische <strong>und</strong> chemische Prozesse<br />
ist das Ziel längerfristig angelegter Forschungs-<br />
<strong>und</strong> Entwicklungsarbeiten. Ein mit Unterstützung<br />
der AG Solar NRW untersuchtes Beispiel für<br />
eine mögliche zukünftige Anwendung ist das<br />
solare Recycling von Aluminium. Der konventionelle<br />
Prozess in gasbefeuerten Drehrohröfen<br />
erfordert neben dem erheblichen Einsatz fossiler<br />
<strong>Energie</strong> auch eine aufwändige Abgasnachbehandlung<br />
zur Beseitigung der beim Aufschmelzen<br />
des verunreinigten Schrottes entstehenden<br />
Schadstoffe. Bei direkter Beheizung des Schmelzofens<br />
mit konzentrierter Solarstrahlung werden<br />
weder Brennstoff noch Verbrennungsluft benötigt.<br />
Dies reduziert den Abgasvolumenstrom<br />
<strong>und</strong> damit die Kosten der Nachbehandlungsanlage<br />
erheblich. Neben der Betriebskostensenkung<br />
durch Brennstoffeinsparung besteht hier<br />
also das Potenzial, auch Investitionskosten zu<br />
reduzieren <strong>und</strong> damit die Aussichten auf Wirtschaftlichkeit<br />
der solaren Variante zu erhöhen.<br />
Dieses Verfahren wurde am DLR <strong>Sonne</strong>nofen in<br />
Köln Porz im Technikumsmaßstab erfolgreich<br />
demonstriert. In dieser Versuchsanlage refl ektiert<br />
ein 57 m² großer Heliostat das direkte <strong>Sonne</strong>nlicht<br />
auf einen feststehenden Konzentrator, in<br />
dessen Fokalbereich von etwa 13 cm Durchmesser<br />
eine Konzentration von bis zu 5000 <strong>Sonne</strong>n<br />
<strong>und</strong> eine Gesamtstrahlungsleistung von über<br />
20 kW erreicht werden kann. Mit dem im Fokus<br />
positionierten Drehtrommelofen wurden täglich<br />
mehrere Chargen von je ca. 1 kg Aluminium<br />
aufgeschmolzen.<br />
Zusammenfassung<br />
Die Beispiele zeigen, dass solare Prozesswärmeerzeugung<br />
wichtige Beiträge zu Klimaschutz<br />
<strong>und</strong> Ressourcenschonung liefern kann.<br />
Im Temperaturbereich bis etwa 200°C sind<br />
marktnahe Technologien kurz- bis mittelfristig<br />
verfügbar. Einer weiten Verbreitung stehen<br />
immer noch niedrige fossile Brennstoffkosten<br />
sowie ein hoher Beratungs- <strong>und</strong> Planungsaufwand<br />
entgegen. Hier ist an die Politik zu<br />
appellieren, durch angepasste Förderprogramme<br />
die Markterschließung zu erleichtern.<br />
Langfristig besteht weiterhin Forschungsbedarf<br />
insbesondere im Bereich Hochtemperaturanwendungen<br />
<strong>und</strong> Solarchemie.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 8<br />
Solares Aluminiumrecycling:<br />
Oben: <strong>Sonne</strong>nofen<br />
mit Heliostat <strong>und</strong><br />
Konzentrator.<br />
Mitte: Drehrohrofen.<br />
Unten: Abgießen der<br />
Schmelze<br />
Quelle: DLR<br />
43
FVS LZE Themen 2005<br />
44<br />
Literatur<br />
[1] Mauch, W.; Schaefer, H: Strukturen des<br />
<strong>Wärme</strong>bedarfs in Industrie <strong>und</strong> Gewerbe,<br />
VDI Tagungsband „Wirtschaftliche <strong>Wärme</strong>-<br />
nutzung in Industrie <strong>und</strong> Gewerbe“,<br />
Braunschweig 1997<br />
[2] Schweiger, H.; Farinha Mendes, J.;<br />
Benz, N.; Hennecke, K.; Prieto, G.;<br />
Cusi, M.; Goncalves, H.: The Potential of<br />
Solar Heat for Industrial Processes, Proc.<br />
EuroSun 2000, Kopenhagen<br />
[3] Lokurlu, A. , Richarts, F., Krüger, D.: Highly<br />
effi cient Utilisation of Solar Energy with<br />
newly developed Parabolic Trough<br />
Collectors (SOLITEM PTC) for Chilling<br />
and Steam Production in a Hotel at the<br />
Mediterranean Coast of Turkey. Internatio-<br />
nal Journal of Energy Technology and<br />
Policy (IJETP), Volume 3,<br />
Issue 1/2. Inderscience, 2005.<br />
[4] Kötter, J.; Müller, C.; Schwarzer, K.:<br />
Solare Großbäckerei in Burkina Faso,<br />
Erneuerbare <strong>Energie</strong>n Ausgabe 11/04<br />
S.54-55 , Hannover 2004<br />
[5] Hennecke, K.; Kötter, J.; Michel, o.; Peric,<br />
D.: Solar Process Steam Generation for the<br />
Production of Porous Concrete, Proc. 11th<br />
Int. Symposium on Solar Power and<br />
Chemical Energy Systems, Zürich 2002<br />
[6] Müller, C.; Schwarzer, K.: Solar Thermal<br />
Desalination Systems with Multi-Stage Heat<br />
Recovery, Proc. Eurosun 2004, Freiburg<br />
[7] Rommel, M.; Koschikowski, J.;<br />
Wiegh<strong>aus</strong>, M.: Thermally driven Desalinati-<br />
on Plants based on Membrane Destillation,<br />
Proc. Int. Conference ’RES for Island <strong>–</strong><br />
Tourism & Water’, Kreta 2003<br />
[8] Glasmacher-Remberg, C.; Roeb, M.;<br />
Dersch, J.; Schäfer, R.; Funken, K.-H.: Solar<br />
Thermal Recycling of Aluminium, Proc. 6th<br />
Int. Secondary Aluminium Congress,<br />
Cannes 2001.<br />
Kl<strong>aus</strong> Hennecke Solare Prozesswärme
Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />
Solare Kühlung <strong>und</strong><br />
Klimatisierung <strong>–</strong> Belüftung <strong>und</strong><br />
<strong>Wärme</strong>rück gewinnung<br />
Einführung<br />
Der Markt für Klimatechniken wächst.<br />
Dies liegt an wachsenden Komfortansprüchen,<br />
Zunahme von <strong>Wärme</strong>quellen innerhalb von<br />
Gebäuden (elektrische Geräte, Computer),<br />
architektonischen Trends <strong>und</strong> nicht zu letzt an<br />
der Zunahme der Außen temperaturen im<br />
Sommer. Die sommerliche Klimatisierung von<br />
Gebäuden erzeugt einen steigenden <strong>Energie</strong>bedarf,<br />
der heute fast <strong>aus</strong>schließlich durch Strom<br />
gedeckt wird. Die Nutzung von solarthermisch<br />
angetriebenen Klima tisierungsverfahren ist eine<br />
viel versprechende Möglichkeit, um den Strombedarf<br />
für die Klima tisierung zu reduzieren.<br />
Solare Kühlungs- <strong>und</strong><br />
Klimatisierungstechniken<br />
Heute stehen unterschiedliche Verfahren zur<br />
Verfügung, um Solarwärme zur Gebäudeklimatisierung<br />
zu nutzen. Bislang sind allerdings<br />
nur zentrale solarthermisch angetriebene Anlagen<br />
für Gebäude oder Gebäudebereiche<br />
technisch möglich, nicht dagegen Anlagen für<br />
den dezentralen Einsatz in ein zelnen Räumen.<br />
Generell sind Klimatechniken hinsichtlich des<br />
thermodynamischen Ver fahrens <strong>und</strong> hinsicht-<br />
lich des „<strong>Kälte</strong>trägers“ zu unterscheiden (siehe<br />
Abb. 1). Die verwendeten Anlagen stellen entweder<br />
Kaltwasser bereit (geschlossene <strong>Kälte</strong>maschinen)<br />
oder sie entziehen der Frischluft<br />
Feuchtigkeit <strong>und</strong> senken die Raumtemperatur<br />
(offene Sorptionsverfahren).<br />
Unter Sorption versteht man die reversible<br />
Anlagerung eines <strong>Kälte</strong>mittels, wie z. B. Wasser<br />
in einem zweiten Stoff. Im Falle der Feststoffsorption<br />
(Adsorption) handelt es sich hierbei um<br />
ein hochporöses Material wie z. B. Zeolith oder<br />
Silikagel. Bei der Flüssig sorption wird dagegen<br />
ein Lösungsmittel mit hoher Affi nität zur<br />
Aufnahme des Arbeitsstoffs verwendet.<br />
Die Sorption an festen wie auch an fl üssigen<br />
Sorptionsmitteln kann sowohl in geschlossenen<br />
Maschinen als auch in offenen Verfahren<br />
Verwendung fi nden.<br />
Geschlossene <strong>Kälte</strong>maschinen<br />
Bei der Verwendung von geschlossenen<br />
<strong>Kälte</strong>maschinen wird Kaltwasser <strong>aus</strong> thermischer<br />
<strong>Energie</strong> bereitgestellt, das für die Raumklimatisierung<br />
eingesetzt werden kann.<br />
Die drei wichtigsten Techniken sind:<br />
Absorptions kältemaschinen,<br />
Adsorptions kältemaschinen <strong>und</strong><br />
Dampf strahlkältemaschinen.<br />
Kaltwasser<br />
thermisch<br />
<strong>Wärme</strong> angetriebener<br />
Kühlprozeß konditionierte<br />
Luft<br />
Abb. 1<br />
Gr<strong>und</strong>prinzip der solaren Klimatisierung: Im Solarkollektor wird Strahlung in <strong>Wärme</strong> umgewandelt. Diese<br />
<strong>Wärme</strong> wird genutzt, um mittels eines entsprechenden Verfahrens entweder Kaltwasser oder direkt konditionierte<br />
Frischluft bereit zu stellen, die dem Gebäude zugeführt werden.<br />
Quelle: Fraunhofer ISE<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Dr. Hans-Martin<br />
Henning<br />
Fraunhofer ISE<br />
hans-martin.henning@<br />
ise.fraunhofer.de<br />
Prof. Dr. Rainer Braun<br />
Fachhochschule<br />
Gelsenkirchen -<br />
<strong>Energie</strong>-Institut<br />
rainer.braun@<br />
fh-gelsenkirchen.de<br />
Dr. Ahmet Lokurlu<br />
SOLITEM GmbH<br />
a.lokurlu@solitem.de<br />
Dr. Peter Noeres<br />
Fraunhofer UMSICHT<br />
(Institut für Umwelt-,<br />
<strong>Energie</strong>-, <strong>und</strong> Sicherheitstechnik)<br />
peter.noeres@<br />
umsicht.fraunhofer.de<br />
Abbildung 1<br />
45
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 2<br />
Schema einer<br />
einstufi gen Lithiumbromid<br />
(LiBr)-Wasser-<br />
Absorptionskältemaschine.<br />
Quelle: Fraunhofer ISE<br />
46<br />
Bei Absorption <strong>und</strong> Adsorption handelt es<br />
sich um thermochemische Verfahren, bei denen<br />
ein Zwei stoffgemisch <strong>aus</strong> <strong>Kälte</strong>mittel <strong>und</strong> Sorptionsmittel<br />
genutzt wird, um eine thermische<br />
Verdichtung des <strong>Kälte</strong>mittels zu erreichen.<br />
Die Dampfstrahlkälte technik ist ein thermomechanisches<br />
Verfahren mit nur einem Stoff.<br />
Der wesentliche Bestandteil der Dampfstrahlkältemaschine<br />
ist der Strahlver dichter. Bei diesem<br />
wird mit Hilfe eines Treib mediums <strong>Kälte</strong>mitteldampf<br />
vom Verdampfer druck niveau auf das<br />
Kondensator druckniveau gefördert. Details zu<br />
den Verfahren sind beispielsweise in dem BINE-<br />
Infor ma tionsblatt „Klimatisieren mit <strong>Sonne</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Wärme</strong>“ beschrieben [1].<br />
Die benötigte Kaltwassertemperatur für die<br />
Raumklimatisierung hängt entscheidend davon<br />
ab, ob Geräte versorgt werden, die auch für<br />
die Luftentfeuchtung (latente Lasten) benutzt<br />
werden, oder ob die angeschlossenen Räume<br />
nur zur Kontrolle der Temperatur (sensibler<br />
Lasten) dienen. In zentralen Lüftungsgeräten<br />
oder dezentralen Umluftgeräten, die sowohl zur<br />
Kontrolle der Temperatur als auch der Feuchte<br />
der Raumluft verwendet werden <strong>und</strong> die in<br />
südlichen Ländern sehr verbreitet sind, wird die<br />
Luft unter den Taupunkt abgekühlt. Dadurch<br />
kondensiert ein Teil des Wasserdampfes der<br />
Luft <strong>und</strong> die absolute Feuchte im Raum sinkt.<br />
Um eine solche Luft ent feuchtung zu ermögli-<br />
Druck<br />
Verdampfer<br />
<strong>Wärme</strong>abgabe<br />
(Kühlturm)<br />
Drossel<br />
Dampf<br />
<strong>Wärme</strong>aufnahme<br />
(Nutzkälte)<br />
Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />
Kondensator<br />
Lösungsmittelpumpe<br />
Absorber<br />
Temperatur<br />
chen, sind Kaltwassertemperaturen im Bereich<br />
6 - 9 °C erforderlich. Soll die <strong>Kälte</strong>maschine<br />
jedoch lediglich für die Abfuhr sensibler Lasten<br />
eingesetzt werden, so reichen deutlich höhere<br />
Kaltwassertemperaturen im Bereich 15 - 20 °C<br />
<strong>aus</strong>. Beispiele für entsprechende Techniken sind<br />
Flächenkühlsysteme also Kühldecken, Fußbodenkühlung,<br />
Wandfl ächen mit integrierten<br />
Kapillarrohrmatten oder Bauteilkühlung bzw.<br />
Betonkernkühlung. In Frage kommen auch<br />
andere Systeme der stillen Kühlung wie Umluftkühler,<br />
die mit natürlicher Luft-Zirkulation<br />
arbeiten. In Abb. 2 ist das Schema einer Absorptionskältemaschine<br />
als der heute wichtigsten<br />
der genannten Techniken dargestellt.<br />
In Abb. 2 befi ndet sich der Verdampfer auf<br />
niedrigem Druckniveau bei ca. 10 mbar.<br />
Das <strong>Kälte</strong>mittel Wasser verdampft daher bereits<br />
bei 4 - 7 °C. Die Verdampfungswärme wird von<br />
einem äußeren <strong>Kälte</strong>kreis aufgebracht <strong>und</strong><br />
erzeugt so die nutzbare <strong>Kälte</strong>leistung. Der entstandene<br />
<strong>Kälte</strong> mitteldampf wird im Absorber<br />
durch konzentrierte LiBr-Lösung absorbiert<br />
<strong>und</strong> kann <strong>–</strong> da er sich jetzt im fl üssigen Zustand<br />
befi ndet <strong>–</strong> durch geringen <strong>Energie</strong>aufwand<br />
mit einer Lösungsmittelpumpe (auf das höhere<br />
Druck niveau gefördert werden. Durch die<br />
Zufuhr von solar erzeugter Antriebswärme mit<br />
einer Temperatur von ca. 70 ° - 95 °C wird der<br />
<strong>Kälte</strong>mitteldampf im Generator wieder <strong>aus</strong> der<br />
<strong>Wärme</strong>aufnahme<br />
(z.B. Solarkollektor)<br />
Dampf<br />
<strong>Wärme</strong>abgabe<br />
(Kühlturm)<br />
Generator<br />
Lösungswärmeüberträger
Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />
Fortluft<br />
Außenluft<br />
12<br />
1<br />
11<br />
Wasser-LiBr-Lösung <strong>aus</strong>getrieben <strong>und</strong> im Kondensator<br />
durch zugeführtes Kühlwasser bei r<strong>und</strong><br />
30 °C verfl üssigt. Das <strong>Kälte</strong> mittel kann nun <strong>–</strong><br />
nach Drosselung auf das niedrige Druckniveau <strong>–</strong><br />
im Verdampfer erneut verdampft werden. Die<br />
im Generator gewonnene konzentrierte Lösung<br />
wird über einen Lösungs wärmeüber trager in<br />
den Absorber zurückgeführt.<br />
Offene Verfahren<br />
Offene Verfahren basieren generell auf einer<br />
Kombination der sorptiven Luftentfeuchtung<br />
mit der Verdunstungskühlung. Sie werden im<br />
deutschsprachigen Raum als sorptionsgestützte<br />
Klimati sierung (SGK) <strong>und</strong> im Englischen als<br />
„Desiccant and Evaporative Cooling (DEC)“<br />
bezeichnet. Das <strong>Kälte</strong>mittel Wasser ist dabei in<br />
direktem Kontakt mit der Atmosphäre <strong>–</strong> deshalb<br />
die Bezeichnung als „offenes Verfahren“. Solche<br />
Lüftungsanlagen haben primär die Aufgabe,<br />
einen Raum mit gefi lterter Frischluft zu versorgen.<br />
Die Sorptionstechnik ermöglicht es mit<br />
Hilfe von thermischer Antriebsenergie, diese<br />
Frischluft zu konditionieren, also ihre Temperatur<br />
<strong>und</strong> Feuchte zu kontrollieren. Somit geht die<br />
Funktion über die <strong>Kälte</strong>bereitstellung hin<strong>aus</strong>,<br />
was einen direkten Vergleich mit Kaltwassererzeugern<br />
schwierig macht.<br />
Die heute wichtigste Bau<strong>aus</strong>führung von<br />
offenen Sorptionsanlagen nutzt Sorptionsrotoren<br />
als zentrale Komponente zur Luftentfeuchtung.<br />
Es sind unterschiedliche Ausführungen für<br />
unter schiedliche Klimabedingungen möglich<br />
10<br />
2<br />
Entfeuchter <strong>Wärme</strong>rückgewinner<br />
9<br />
8<br />
3<br />
Befeuchter<br />
Zusatzwärme<br />
4<br />
5<br />
Abluft<br />
6<br />
Zuluft<br />
Kühlkasten<br />
(feucht-heiss, trocken-heiss, moderat usw.).<br />
Der in mode raten Klimazonen anwendbare<br />
Standardzyklus mit Verdunstungskühlung<br />
sowohl in der Zuluft als auch der Abluft ist in<br />
Abb. 3 dargestellt. Die gleichen Anlagen können<br />
auch im Winter genutzt werden. Hier kann die<br />
Möglichkeit der <strong>Wärme</strong> rückgewinnung <strong>und</strong> bei<br />
Bedarf auch der Feuchtrück gewinnung ebenfalls<br />
zur <strong>Energie</strong> einsparung unter Verwendung der<br />
gleichen Systemkomponenten angewendet<br />
werden. Neuere Verfahren arbeiten mit fl üssigen<br />
Sorptionsmitteln oder neuen Komponenten der<br />
Feststoffsorption.<br />
Weitere Details zu den Verfahren sowie eine<br />
Übersicht zur Thematik insgesamt gibt beispielsweise<br />
ein Themen-Info des BINE Informationsdiensts<br />
[1].<br />
Beschreibung des in Abb. 3 dargestellten<br />
Standardverfahrens:<br />
7<br />
1 2 die Außenluft wird zunächst entfeuchtet,<br />
dabei aber durch die freiwerdende Sorptionswärme<br />
<strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>übertragung von der<br />
Abluftseite erwärmt;<br />
2 3 die Luft wird im Gegenstrom zur Abluft<br />
im <strong>Wärme</strong>rückgewinner (WRG) vorgekühlt;<br />
3 4 mittels direkter Verdunstungskühlung<br />
wird die Luft durch Einsprühen von Wasser bei<br />
Zunahme der Feuchte abgekühlt;<br />
4 5 der <strong>Wärme</strong>übertrager ist nur im Winter<br />
zur Lufterwär mung erforderlich;<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 3<br />
Standardverfahren<br />
der sorptionsgestützten<br />
Klimatisierung<br />
mit Sorptionsrotor<br />
(Entfeuchter).<br />
Quelle: Fraunhofer ISE<br />
47
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 4<br />
Entscheidungsschema<br />
zur System<strong>aus</strong>wahl<br />
Quelle: Fraunhofer ISE<br />
48<br />
Gebäude Medium<br />
Technologie<br />
Kühllastberechnung (Gebäudeparamteter<br />
wie z.B. Materialien,<br />
Wandaufbauten, Geometrie,<br />
Orientierung; interne Lasten,<br />
meteorologische Bedingungen<br />
Kühl-/Heizlast, benötigter<br />
hygienischer Luftwechsel<br />
Installation einer zentralen<br />
Lüftungs anlage sinnvoll <strong>und</strong><br />
erwünscht?<br />
Gebäude tauglich für eine Zuluft/<br />
Abluftanlage (d.h. <strong>aus</strong>reichend<br />
dichte Gebäude<strong>aus</strong>führung?)<br />
ja<br />
ja<br />
Kann Kühllast über hygienischen<br />
Luftwechsel gedeckt werden?<br />
ja<br />
nein<br />
nein<br />
nein<br />
reines Kaltwassersystem<br />
Zuluftanlage +<br />
Kaltwassersystem<br />
Zuluft / Abluftanlage +<br />
Kaltwassersystem<br />
Reines Luftsystem<br />
Zuluft / Abluftanlage<br />
moderat<br />
<strong>und</strong> extrem<br />
6 mittels Ventilator in den Raum geförderte<br />
Zuluft wird durch interne Lasten (sensibel,<br />
latent) erwärmt <strong>und</strong> die Feuchte nimmt zu;<br />
7 8 die Abluft wird befeuchtet <strong>und</strong><br />
dadurch abgekühlt;<br />
8 9 die Luft erwärmt sich im Gegenstrom<br />
zur Zuluft im <strong>Wärme</strong>rückgewinner;<br />
9 10 die bereits vorgewärmte Luft wird<br />
mittels extern zugeführter <strong>Wärme</strong> auf<br />
Regenerationstemperatur (ca. 60 - 80 °C)<br />
erwärmt;<br />
10 11 die Regenerationsluft entzieht<br />
dem Sorptionsmaterial im Rotor<br />
die auf der Zuluftseite zugeführte Feuchte.<br />
Der Sorptionsrotor rotiert langsam mit r<strong>und</strong><br />
8 bis 12 Umdrehungen pro St<strong>und</strong>e.<br />
Klima Klima<br />
Thermisch angetriebene<br />
<strong>Kälte</strong>maschine, Kaltwassernetz,<br />
6 - 9 °C<br />
System<strong>aus</strong>wahl<br />
moderat<br />
<strong>und</strong> extrem<br />
Zuluftanlage, chemisch<br />
angetriebene <strong>Kälte</strong>maschine,<br />
6 - 9 °C<br />
Klima Klima<br />
moderat extrem moderat extrem<br />
DEC System:<br />
Standard-Konfi guration,<br />
Kalt wassernetz,<br />
12 - 15 °C<br />
Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />
DEC System: spezielle<br />
Konfi guration für feuchte<br />
Klimata, Kalt wassernetz,<br />
12 - 15 °C<br />
Konv. Zu-/Abluftanl.,<br />
thermisch angetriebene<br />
Kätemaschine,<br />
Kalt wassernetz<br />
6 - 9 °C<br />
DEC System:<br />
Standard-<br />
Konfi guration<br />
DEC System: spezielle<br />
Konfi guration für<br />
feuchte Klimata<br />
Konv. Zu-/Abluftanl.,<br />
thermisch angetriebene<br />
Kätemaschine,<br />
6 - 9 °C<br />
Welche Anlagentechnik vorteilhaft eingesetzt<br />
werden kann, um Solarwärme für die Raum-<br />
Klimatisierung zu nutzen, hängt von vielen Randbedingungen<br />
ab. Entscheidende Kriterien sind<br />
neben den klimatischen Bedingungen die Menge<br />
<strong>und</strong> Zusammensetzung der Kühllasten, die Erfordernisse<br />
des Bauherren oder Nutzers nach einer<br />
zentralen, mechanischen Lüftungstechnik sowie<br />
die Gebäudedichtheit, die darüber entscheidet,<br />
ob es sinnvoll ist, eine Zu-/Abluft-Anlage zu installieren.<br />
Im Rahmen eines unter dem Dach der<br />
Internationalen <strong>Energie</strong>-Agentur (IEA) durchgeführten,<br />
internationalen Projektes zur solaren<br />
Klimatisierung wurde ein Entscheidungs baum<br />
entwickelt, der die Auswahl geeigneter Anlagen<br />
erleichtert. Das Entscheidungs schema ist in<br />
Abb. 4 dargestellt. Das gesamte Dokument mit<br />
Anwendungsbeispielen kann von der Internet-<br />
Seite des IEA-Projekts geladen werden [2].
Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />
Beispiele für Anlagen mit<br />
solarthermischen Kollektoren<br />
Heute sind in Europa r<strong>und</strong> 70 Anlagen installiert,<br />
die solarthermische Kollektoren für die solare<br />
Gebäudeklimatisierung verwenden. Die meisten<br />
der Anlagen wurden in Deutschland <strong>und</strong> Spanien<br />
realisiert. Die insgesamt installierte <strong>Kälte</strong>leistung<br />
beträgt r<strong>und</strong> 6,3 MW <strong>und</strong> die hierfür installierte<br />
Kollektorfl äche knapp 17.500 m 2 . R<strong>und</strong> 60 %<br />
der Anlagen verwenden Absorptionskältemaschinen,<br />
etwa 12 % Adsorptionskältemaschinen<br />
<strong>und</strong> r<strong>und</strong> 27 % offene Kühlverfahren.<br />
Der Mittelwert der spezifi schen Kollektorfl äche<br />
aller Anlagen beträgt r<strong>und</strong> 2,9 m 2 /kW. Ein Wert<br />
von 3 - 3,5 m 2 /kW kann als Anhaltspunkt für<br />
thermisch angetriebene <strong>Kälte</strong>maschinen gelten.<br />
Bei den offenen Verfahren ist eine Angabe<br />
bezogen auf die Luftmenge üblicher. Hier hat<br />
sich ein Wert zwischen 8 <strong>und</strong> 10 m 2 pro 1000<br />
m 3 /h installierter Luftleistung als sinnvolle<br />
Größenordnung her<strong>aus</strong> gestellt. Diese Werte<br />
sind aber nur grobe Anhaltspunkte <strong>und</strong> ersetzen<br />
keinesfalls eine detaillierte <strong>und</strong> angepasste<br />
Anlagen<strong>aus</strong>legung. So hängt die Auslegung<br />
beispielsweise entscheidend von der anteiligen<br />
Verteilung der Kühllasten (innere Lasten, äußere<br />
Lasten) ab <strong>und</strong> im Einzelfall kann eine um einen<br />
Faktor 2 größere Kollektorfl äche sinnvoll sein.<br />
Im Folgenden sollen zwei beispielhafte Anlagen<br />
näher beschrieben werden: eine Anlage mit<br />
einstufi ger Absorptionskältemaschine, die am<br />
Fraunhofer Umsicht in Oberh<strong>aus</strong>en installiert<br />
wurde, <strong>und</strong> eine Anlage mit zweistufi ger<br />
Absorptionskältemaschine <strong>und</strong> Parabolrinnenkollektoren<br />
zur Klimatisierung eines Hotels<br />
in der Türkei.<br />
Solarthermische Kühlung beim Fraunhofer<br />
UMSICHT, Oberh<strong>aus</strong>en<br />
Die solarthermische Kühlung beim Fraunhofer<br />
UMSICHT wird seit August 2002 betrieben<br />
<strong>und</strong> speist das Kaltwasser in ein institutsinternes<br />
Kaltwassernetz ein. Die <strong>Kälte</strong> wird zur Zeit vornehmlich<br />
zur Kühlung von Labor- <strong>und</strong> Installationsräumen<br />
(EDV/Schaltanlagen) benötigt.<br />
Seit Anbindung des Labors Anfang 2005 an das<br />
Kaltwassernetz konnte eine deutliche Zunahme<br />
des <strong>Kälte</strong>bedarfes festgestellt werden, der die<br />
verfügbare <strong>Wärme</strong>leistung der Solarkollektoren<br />
im Tagesmittel <strong>und</strong> an warmen Sommertagen<br />
teilweise übersteigt. Deshalb wurde in diesem<br />
Jahr erstmals auch mit der h<strong>aus</strong>eigenen Mikrogasturbine<br />
(Turbec-Turbine) unterstützend<br />
gearbeitet.<br />
Die erzielbare <strong>Kälte</strong>leistung des einstufi gen<br />
Absorbers beträgt nach Herstellerangaben maximal<br />
58 kW th . Zum solarthermischen Betrieb<br />
stehen 110 m² Vakuumröhrenkollektorfl äche<br />
zur Verfügung, die unter Nennbedingungen<br />
Heizwasser auf einem Temperaturniveau von<br />
97/105 °C (Rücklauf <strong>Kälte</strong>maschine / Vorlauf<br />
KM) zur Verfügung stellen. Eine Besonderheit<br />
der Anlage ist die Möglichkeit, auch ohne<br />
Absorptions kältemaschine durch freie Kühlung<br />
in Nachtzeiten oder in der Übergangszeit<br />
<strong>Wärme</strong> an die Umgebung abzuführen. Hiermit<br />
können ca. 20 % des jährlichen <strong>Kälte</strong>bedarfs<br />
gedeckt werden. Die Solarwärme wird bei<br />
fehlendem <strong>Kälte</strong>bedarf auch zur Heizungsunterstützung<br />
in das gebäude eigene Heiznetz ein-<br />
gespeist. Ein vereinfachtes Verfahrensschema<br />
zeigt Abb. 5.<br />
Solarthermische Klimatisierung<br />
im türkischen Hotel „Sarigerme Park“<br />
Im April 2004 wurde in dem Ferienhotel „Iberotel<br />
Sarigerme Park“ an der türkischen Ägäisküste<br />
ein System zur Solaren Klimatisierung <strong>und</strong> Prozessdampferzeugung<br />
installiert <strong>und</strong> in Betrieb<br />
genommen. Die Anlage verfügt über ein 180 m²<br />
großes Parabolrinnenkollektorfeld (Abb. 6),<br />
welches das <strong>Wärme</strong>trägermedium Wasser auf<br />
180 °C erhitzt <strong>und</strong> einem Dampf erzeuger zur<br />
Verfügung stellt, der Sattdampf von 4 bis 5 bar<br />
erzeugt. Das Wasser fl ießt mit einer Rücklauftemperatur<br />
von 155 °C zum Kollektorfeld zurück<br />
<strong>und</strong> schließt den Heißwasserkreislauf.<br />
Der erzeugte Dampf wird zum einen direkt<br />
als Prozessdampf in der Wäscherei des Hotels<br />
für die Trocknung verwendet, zum anderen<br />
einer zweistufi gen Absorptionskältemaschine<br />
(AKM) zur Verfügung gestellt. Die AKM, die mit<br />
einem sehr hohen COP (Coeffi cient Of Performance)<br />
von 1,3 bis 1,5 (in Teillast) arbeitet,<br />
treibt einen Kaltwasserkreislauf an. Das <strong>aus</strong>tretende<br />
Kaltwasser verlässt die AKM mit 6 °C <strong>und</strong><br />
nimmt die <strong>Wärme</strong> <strong>aus</strong> den Hotelzimmern auf.<br />
Auf einem Tempe ratur niveau von 12 °C fl ießt<br />
das Wasser zur AKM zurück. In einem zweiten<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
49
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 5<br />
Vereinfachtes Schema<br />
der solaren <strong>Kälte</strong>erzeugung<br />
im Fraunhofer<br />
UMSICHT<br />
Abbildung 6<br />
Blick auf das Parabolrinnen-Kollektorfeld<br />
einer türkischen<br />
Hotelanlage<br />
Quelle: SOLITEM GmbH<br />
50<br />
P8<br />
<strong>Kälte</strong>netz<br />
Heißwassernetz<br />
Notkühler<br />
Inbetriebnahme-WT<br />
P3<br />
WT2<br />
WT1<br />
P7<br />
B1<br />
B6<br />
Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />
P1<br />
P6<br />
P10<br />
WT-Freie-<br />
Kühlung<br />
AKM<br />
P2<br />
Kollektor feld<br />
Kühlturm<br />
WT = <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher<br />
P = Pumpe<br />
B = Behälter<br />
AKM = Absorptions kältemaschine
Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />
Systemgrenze<br />
konventionell<br />
Konventionelle Vergleichsvariante Solarvariante<br />
<strong>Wärme</strong>versorgung<br />
Kaltwasserkreislauf wird der Absorptionskältemaschine<br />
die aufgenommene <strong>Wärme</strong> auf<br />
höherem Temperaturniveau wieder entzogen.<br />
Das Wasser verlässt die AKM mit 35 °C, durchläuft<br />
einen Kühlturm <strong>und</strong> fl ießt mit 27 °C zurück.<br />
Um die Gesamteffi zienz übers Jahr zu steigern,<br />
wird das System bivalent betrieben. Im Sommer<br />
wird gekühlt <strong>und</strong> Dampf bereitgestellt, während<br />
im Winter <strong>–</strong> wo Klimatisierung nicht immer<br />
notwendig ist <strong>–</strong> die Anlage auch zu Beheizungszwecken<br />
<strong>und</strong> zum Heizen des Swimmingpools<br />
verwendet werden kann. Zusätzlich wird der<br />
Betrieb nach Tarifzeiten für Strompreise optimiert.<br />
In den Niedertarif zeiten, in denen Strom<br />
günstig ist, wird weniger <strong>Kälte</strong> erzeugt zugunsten<br />
von erhöhter Prozessdampfbereit stellung.<br />
In den Hochtarifzeiträumen, in denen Strom<br />
teuer ist, wird vor allem <strong>Kälte</strong> bereitgestellt,<br />
um möglichst viel Strom zu sparen. Durch<br />
diese intelligente Kombination wird das<br />
System insgesamt erheblich wirtschaftlicher.<br />
Wirtschaftlichkeit<br />
Verbraucher<br />
· Klimatisierung<br />
· Heizung<br />
· evtl. Brauch-Warmwasser<br />
elektrisch<br />
angetriebene<br />
Klimatechnik<br />
Um Anlagen der solaren Klimatisierung wirtschaftlich<br />
bewerten zu können, muss ein Vergleich<br />
mit einem defi nierten konventionellen<br />
System sowohl hinsichtlich der <strong>Energie</strong>einsparung<br />
als auch hinsichtlich der Kosten durchgeführt<br />
werden.<br />
Für einen der artigen Vergleich muss deshalb<br />
die Systemgrenze erweitert werden. Die solar<br />
betriebene Variante, die das Solarsystem<br />
(einschließlich Speicher <strong>und</strong> Backup-System)<br />
sowie die thermisch angetriebene Klimatechnik<br />
umfasst, muss mit der konventionellen Variante,<br />
bestehend <strong>aus</strong> dem fossil befeuerten Heizkessel<br />
Systemgrenze<br />
solar<br />
Solaranlage<br />
Verbraucher<br />
· Klimatisierung<br />
· Heizung<br />
· evtl. Brauch-Warmwasser<br />
thermisch<br />
angetriebene<br />
Klimatechnik<br />
der elektrisch angetriebenen Klimatechnik,<br />
verglichen werden. Demnach ist bei beiden<br />
Varianten nicht nur der thermische Antrieb,<br />
sondern auch die <strong>Kälte</strong>technik bzw. Klimatechnik<br />
mit in Betracht zu ziehen. Die Komplexität<br />
dieser Aufgabe ist in Abb. 7 dargestellt.<br />
Im Rahmen mehrerer Studien wurden systematische<br />
Untersuchungen zur Kostensituation<br />
durchge führt. Dabei gehen eine Vielzahl von<br />
Parametern wie die Kosten konventioneller<br />
<strong>Energie</strong>träger, die Investitionskosten aller<br />
Komponenten, die Auslegung der solaren<br />
Variante <strong>und</strong> viele weitere ein. Eine <strong>aus</strong>führlichere<br />
Darstellung der Vergleichsergebnisse<br />
fi ndet sich im Tagungsband des 3.Symposiums<br />
Solares Kühlen in der Praxis [3]. Abb. 8 zeigt<br />
beispielhaft Ergebnisse für die Klimatisierung<br />
eines „kleinen“ Bürogebäudes (ca. 1000 m 2<br />
klimatisierte Nutzfl äche) <strong>und</strong> eines „großen“<br />
Bürogebäudes (ca. 10.000 m 2 ) in Madrid sowie<br />
die Klimatisierung eines Hotels in Freiburg (ca.<br />
6.500 m 2 klimatisierte Nutzfl äche). Alle Ergebnisse<br />
wurden mittels Simulationsrechnungen<br />
erzielt. Dafür wurden unterschiedliche Auslegungen<br />
(Kollektortypen, Kollektorfl ächen,<br />
Größe eines <strong>Wärme</strong>speichers, Backup-Systeme<br />
zu <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>erzeugung mit konvenioneller<br />
<strong>Energie</strong>) untersucht <strong>und</strong> diejenige mit<br />
den niedrigsten Kosten pro eingesparter Einheit<br />
Primärenergie selektiert. Die Kostensituation für<br />
diese Auslegung ist jeweils in Abb. 8 dargestellt.<br />
Es zeigt sich, dass die Anfangskosten<br />
(Investitions kosten inklusive Planungskosten)<br />
um einen Faktor 2 bis 2,5 höher liegen als für<br />
konventionelle Verfahren. Die <strong>Energie</strong>einsparung<br />
bei Verwendung der solaren Klimatisierung führt<br />
zu einer Reduk tion in den Verbrauchskosten.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 7<br />
Systemgrenze solare<br />
Klimatisierung <strong>und</strong><br />
konventionelles<br />
Vergleichssystem<br />
Quelle: Fraunhofer ISE<br />
51
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 8<br />
Kostensituation für<br />
solare Klimatisierung<br />
für Beispielsysteme in<br />
Madrid <strong>und</strong> Freiburg<br />
Quelle: Fraunhofer ISE<br />
52<br />
Jährliche Gesamtkosten bezogenauf<br />
konventionelles Vergleichssystem<br />
150 %<br />
140 %<br />
130 %<br />
120 %<br />
110 %<br />
100 %<br />
90 %<br />
80 %<br />
70 %<br />
60 %<br />
100 %<br />
Eine Gesamtkostenrechnung unter der Annahme<br />
einer Abschreibung über die Lebenszeit führt<br />
somit zu Mehrkosten von 20 bis 40 % (ohne<br />
Förderung) bzw. 5 bis 20 % (mit angenommener<br />
Förderung in Höhe von 100 Euro pro m 2<br />
Kollektorfl äche). Diese Ergebnisse können als<br />
typisch für die heutige Situation (deutsche<br />
<strong>Energie</strong>preise <strong>aus</strong> 2004) gelten.<br />
Forschungstrends<br />
<strong>und</strong> -bedarf<br />
mit Förderung<br />
100 €/m 2<br />
Kostensenkungen<br />
Forschungsarbeiten zielen insgesamt auf eine<br />
Verbesserung der Kostensituation für solare<br />
Klimatisierung. Dabei sind zwei Haupttrends<br />
zu beobachten:<br />
heutige Kostensituation<br />
Madrid, kleines Bürogebäude, FK/Abs/th<br />
Madrid, kleines Bürogebäude, FK/Abs/th<br />
Freiburg, großes Hotel, FK/Abs/el<br />
120 % 140 % 160 % 180 % 200 % 220 % 240 % 260 % 280 %<br />
Investitionskosten bezogen auf konventionelles Vergleichssystem<br />
Die Grafi k zeigt die Kostensituation ohne <strong>und</strong> mit Förderung. Die Abszisse zeigt die Anfangskosten<br />
(Investitionskosten) in Prozent bezogen auf das konventionelle Vergleichssystem <strong>und</strong> die Ordinate die<br />
jährlichen Gesamtkosten in Prozent bezogen auf das konventionelle Referenzsystem; bei letzteren wurde<br />
von einer Abschreibung über die Lebensdauer <strong>aus</strong>gegangen.<br />
FK =selektiver Flachkollektor<br />
Abs = 1-stufi ge Absorptionskältemaschine<br />
th = thermisches Backup-System<br />
el = elektrisch angetriebene Kompressionskältemaschine als Backup<br />
Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />
Weiterentwicklung der kälte- oder klimatechnischen<br />
Verfahren, um die Effi zienz zu<br />
verbessern, sodass höhere Gesamtwirkungs-<br />
grade erreicht werden oder aber die gleichen<br />
Wirkungsgrade mit niedrigeren Antriebstem-<br />
peraturen <strong>und</strong> somit mit einfacheren Kollektortechniken<br />
erreicht werden können.<br />
Lösungen, bei denen deutlich höhere<br />
Temperaturen zum Antrieb verwendet<br />
werden, als mit den heute verbreiteten<br />
Verfahren. Dadurch können entweder zwei-<br />
stufi ge <strong>Kälte</strong>verfahren mit einer nennenswert<br />
höheren Effi zienz eingesetzt werden oder<br />
es können tiefere Temperaturen auf der<br />
<strong>Kälte</strong>seite bei zugleich hohen Rückkühltem<br />
peraturen erzielt werden. Ein Beispiel hierfür<br />
ist der Einsatz von einstufi gen Ammoniak-<br />
Wasser-<strong>Kälte</strong>maschinen mit trockener Rück-<br />
kühlung in heißen Klimazonen, die einen<br />
Eisspeicher laden. In all diesen Fällen ist eine
Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />
sehr effi ziente Kollektortechnik erforderlich,<br />
um die notwendigen Antriebstemperaturen<br />
im Bereich 140-180°C zu erzielen. Hierfür<br />
kommen praktisch nur einachsig nach-<br />
geführte, konzentrierende Kollektoren<br />
in Frage.<br />
<strong>Kälte</strong> maschinen im Bereich<br />
kleiner Leistungen<br />
Ein weiterer Trend, der in den vergangenen<br />
fünf Jahren sowohl in Deutschland als auch in<br />
weiteren europäischen Ländern zu beobachten<br />
war, betrifft die Entwicklung von <strong>Kälte</strong>maschinen<br />
im Bereich kleiner Leistungen (2 bis 30 kW<br />
<strong>Kälte</strong>leistung). Eine derartige Entwicklung soll<br />
im Folgenden kurz beispielhaft dargestellt<br />
werden:<br />
Bei der Entwicklung handelt es sich um eine<br />
neuartige einstufi ge Ammoniak-Wasser Absorptions<br />
kältemaschine, die auf der Basis einer<br />
seit Jahren installierten Demon strations anlage<br />
<strong>aus</strong>gelegt worden ist. Die Anlage hat eine<br />
Leistung von 25 kW <strong>und</strong> kann <strong>Kälte</strong> bei Temperaturen<br />
im Bereich -2 °C bis 3 °C bereit stellen;<br />
damit ist sie auch zur Eiserzeugung einsetzbar.<br />
Die Heißwassertemperatur für den thermischen<br />
Antrieb liegt im Bereich 85 - 95 °C <strong>und</strong> der<br />
Nenn-COP 1 bei 0,5. Ziel der Anlage ist es, eine<br />
autarke Solarversorgung für ein Kühllager im<br />
kleinen Leistungsbereich zu ermöglichen. Ein<br />
Schema des konzipierten Gesamtsystems sowie<br />
eine Kostenkalkulation fi ndet sich in Abb 9.<br />
Weitere Details sind in [4] beschrieben. Eine<br />
Übersicht über sonstige Entwicklungsprojekte<br />
kann in [5] nachgelesen werden.<br />
Systemtechnik<br />
Neben der Weiterentwicklung im Bereich der<br />
Komponenten betrifft der zukünftige Forschungsbedarf<br />
vor allem die Systemtechnik. Ob die<br />
möglichen Einsparungen bei Einsatz solare<br />
Klimatisierung in der Praxis realisierbar sind,<br />
hängt von dem planmäßigen Funktionieren der<br />
Anlagen ab. Erfahrungen mit Anlagen, die im<br />
Rahmen von Pilot- <strong>und</strong> Demonstrationsprojekten<br />
realisiert wurden, zeigen, dass durch Mängel<br />
in der hydraulischen Verschaltung <strong>und</strong> der<br />
Regelungstechnik dieses Potenzial zunächst<br />
vielfach nicht realisiert wird. Nur ein intensives,<br />
begleitendes Monitoring mit kontinuierlicher<br />
1<br />
NH 3 /H 2 O-Absorptionskühlung, <strong>Energie</strong>versorgung durch<br />
Parabolrinnenkollektor für ein 300 m 2 <strong>Kälte</strong>energiespeicher<br />
Komponente<br />
1) Parabolrinnenkollektor,<br />
Investition<br />
10 Kollektormodule, 90 m2 , 43 kW<br />
2) PV-Anlage für Notstromversorgung,<br />
50.000,- €<br />
26 m2 , 3,3 kWp 22.500,- €<br />
3) NH /H O-Absorptionskühler,<br />
3 2<br />
Verdampfungstemperatur -4 °C, 30 kW 43.500,- €<br />
4) Nasskühlturm 36 °C/30 °C, 74 kW 4.500,- €<br />
5) Eisspeicher, 1000 kg, 90 kWh 6.500,- €<br />
Gesamt 127.000,- €<br />
jährliche Abzahlungen 11.900,- €<br />
spezifi sche Kühlkosten 0,18 €/kWh<br />
Fehleranalyse <strong>und</strong> Optimierung der Regelungstechnik<br />
führt letztlich zu einer Funktion der<br />
Anlage entsprechend der Planung. Insofern ist<br />
eine Weiterführung der Förderung von Demonstrationsanlagen<br />
mit begleitendem Monitoring<br />
<strong>und</strong> Betriebsanalyse unabdingbar, um bewährte,<br />
standardisierte Anlagenkonzepte <strong>und</strong> regelungstechnische<br />
Verfahren zu entwickeln. Hier<br />
stellt das Programm „Solarthermie 2000 plus“<br />
des B<strong>und</strong>esumweltministeriums eine wertvolle<br />
Förderung dar, um neue, optimierte Anlagen zu<br />
erstellen <strong>und</strong> Planungs- <strong>und</strong> Betriebspraxis zu<br />
optimieren, dokumentieren <strong>und</strong> zu verbreiten.<br />
1 Eine Schlüsselgröße zur Beschreibung der Effi zienz<br />
von thermisch angetriebenen <strong>Kälte</strong>maschinen ist das<br />
<strong>Wärme</strong>verhältnis (engl. Coeffi cient Of Performance, COP).<br />
Der COP ist defi niert als das Verhältnis <strong>aus</strong> <strong>Kälte</strong>leistung<br />
<strong>und</strong> hierfür benötigter Antriebswärmeleistung.<br />
3<br />
4<br />
5<br />
2<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 9<br />
Schema des 300 m²<br />
Kühllager-Depots:<br />
(1) Parabol-Rinnen-<br />
Kollektor<br />
(2) PV-Anlage<br />
(3) Neuartige Absorptionskältemaschine,<br />
COP = 0.70<br />
(4) Nasskühlturm<br />
(5) Innen liegender<br />
Eisspeicher<br />
53
FVS LZE Themen 2005<br />
54<br />
Zusammenfassung<br />
Unterschiedliche technische Lösungen zur<br />
Nutzung thermischer Solarenergie für die<br />
sommerliche Gebäudeklimatisierung sind<br />
marktverfügbar. Die Anwendung dieser Techniken<br />
kann zu nennens werten Reduktionen<br />
im Primärenergieverbrauch führen, sofern die<br />
Systeme entsprechend <strong>aus</strong>ge legt sind. Vor<strong>aus</strong>setzung<br />
hierfür ist eine <strong>aus</strong>reichende Dimensionierung<br />
des Solarkollektorfeldes <strong>und</strong> <strong>–</strong><br />
je nach Randbedingungen <strong>–</strong> die Integration<br />
von Speichern in das Gesamtsystem.<br />
Die Anzahl der heute installierten Anlagen ist<br />
allerdings noch sehr gering. Erfahrungen mit<br />
in stallierten Anlagen <strong>und</strong> deren Betrieb belegen<br />
die Notwendigkeit weiterer messtechnisch<br />
be gleiteter Demonstrationsanlagen. Dadurch<br />
sind auch weitere Kostenreduktionen zu erwarten,<br />
sodass mittelfristig eine Amortisation der<br />
Anlagen innerhalb der Lebensdauer <strong>–</strong> zumindest<br />
mit einer Förderung im Bereich 100 Euro/m 2 <strong>–</strong><br />
machbar erscheint.<br />
Eine neue Anwendungsmöglichkeit in den<br />
nächsten Jahren ergibt sich <strong>aus</strong> der zunehmenden<br />
Ver fügbarkeit kleiner thermisch angetriebener<br />
<strong>Kälte</strong>maschinen. Dadurch sind auch Anwendungen<br />
im kleinen Leistungsbereich (< 30 kW)<br />
erschließbar. Eine interessante Kombination<br />
stellt z. B. die Erweiterung von solarthermischen<br />
Anlagen zur Brauchwassererwärmung <strong>und</strong><br />
Heizungsunter stützung (Kombianlagen) um<br />
eine kleine <strong>Kälte</strong>maschine dar. Damit kann eine<br />
sinnvolle Nutzung der bislang nicht nutzbaren<br />
Überschüsse der Solaranlage im Sommer<br />
erreicht werden.<br />
Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />
Literatur<br />
[1] Henning, H-M. (Autor); Meyer, F.<br />
(Redaktion): Klimatisieren mit <strong>Sonne</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Wärme</strong>. BINE Informationsdienst;<br />
themen-info I/04.<br />
[2] Decision Scheme for the Selection of the<br />
Appropriate Technology Using Solar<br />
Thermal Air-Conditioning - Guideline<br />
Document. IEA Solar Heating and Cooling<br />
Programme, Task 25: Solar-assisted air-<br />
conditioning of buildings. www.iea-shc-<br />
task25.org<br />
[3] Henning, H-M.: Wirtschaftlichkeitsanalyse<br />
solarthermische Kühlung. Tagungsband<br />
3. Symposium Solares Kühlen in der Praxis,<br />
Fachhochschule Stuttgart, 26-27.4.2004,<br />
Stuttgart<br />
[4] Wolfgang Stürzebecher, Rainer Braun,<br />
Eric Garbett, Malcolm Denman: Solar<br />
Driven Sorption Refrigeration Systems for<br />
Cold Storage Depots. Proc. HPC 2004 <strong>–</strong><br />
3rd International Conference on Heat<br />
Powered Cycles, Cyprus, October 2004<br />
[5] Henning, H-M.: Solare Klimatisierung <strong>–</strong><br />
Stand der Entwicklung. erneuerbare<br />
energie (Österreich), Heft 2-05
<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong><br />
<strong>aus</strong> Biomasse<br />
Thermische Nutzung von Biomasse <strong>–</strong><br />
Ausgangsstoffe <strong>und</strong> Konversionsverfahren<br />
Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung zur effi zienten<br />
energetischen Nutzung von Biomasse<br />
55
FVS LZE Themen 2005<br />
Prof. Dr. Hartmut<br />
Spliethoff<br />
ZAE Bayern<br />
(Bayerisches Zentrum<br />
für Angewandte<br />
<strong>Energie</strong>forschung e.V.)<br />
spliethoff@tum.de<br />
Dr. Marina Braun-<br />
Unkhoff<br />
DLR<br />
marina.braun-unkhoff@<br />
dlr.de<br />
Dr. Bernd Krautkremer<br />
ISET<br />
bkrautkr@iset.uni-kassel.de<br />
56<br />
Thermische Nutzung von<br />
Biomasse <strong>–</strong> Ausgangsstoffe <strong>und</strong><br />
Konversionsverfahren<br />
Einleitung<br />
Biomasse ist weltweit der bedeutendste erneuerbare<br />
<strong>Energie</strong>träger <strong>und</strong> wird ihren Stellenwert<br />
auch in der Zukunft bewahren. Gemäß dem<br />
“White Paper” der EU-Kommission soll der<br />
Beitrag der Biomasse zur Deckung des Primärenergieverbrauches<br />
von 3,3 % im Jahr 1995<br />
auf 8,5 % in 2010 gesteigert werden. In vielen<br />
europäischen Ländern wurden Zielvorgaben für<br />
den Beitrag der Biomasse zum Primärenergieverbrauch<br />
in der Zukunft defi niert.<br />
Die Leistung einer Biomassekonversionsanlage<br />
kann sich <strong>aus</strong> dem örtlichen Aufkommen oder<br />
dem Ein zugs gebiet der Biomasse ergeben.<br />
Sinnvoll erscheinen Brennstoffwärme leistungen<br />
von maximal 50 bis 100 MW th . Neben <strong>aus</strong>schließlich<br />
mit Biomasse gefeuerten Anlagen<br />
kommt auch eine gemein same Verbrennung<br />
mit anderen Brennstoffen, vorzugsweise festen<br />
Brennstoffe in Frage. Dafür ist die Eignung einer<br />
Feuerungsanlage <strong>und</strong> einer dazu gehörigen<br />
Rauchgas reini gungsanlage zu prüfen.<br />
Zur Umwandlung von Biomasse in Strom <strong>und</strong><br />
<strong>Wärme</strong> stehen eine Vielzahl von Verfahren zur<br />
Verfügung. Sie unterscheiden sich hinsichtlich:<br />
Brennstoffe: Holz oder Stroh,<br />
organische Reststoffe<br />
Brennstoffumwandlung: Verbrennung,<br />
Vergasung, atmosphärisch oder<br />
druckaufgeladen<br />
Stromerzeugung: Verbrennungsmotor,<br />
Gasturbine, Dampfturbine, Stirlingmotor,<br />
Brenn stoff zelle thermische<br />
Leistungsgröße der Anlage in Megawatt<br />
erzeugte Produkte: Strom oder <strong>Wärme</strong>,<br />
Strom <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong><br />
<strong>aus</strong>schließlicher Biomasseeinsatz oder<br />
gemeinsame Nutzung mit fossilen<br />
Brennstoffen<br />
Prof. Dr. Hartmut Spliethoff Thermische Nutzung von Biomasse<br />
Biomasseverbrennung<br />
Die Bereitstellung von <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> Strom <strong>aus</strong><br />
Biomasse geschieht üblicherweise in Verbrennungsanlagen,<br />
die als Stand der Technik bezeichnet<br />
werden können. Im Folgenden werden<br />
die unterschiedlichen Feuerungstechniken<br />
erläutert.<br />
Ein wesentliches Kriterium für die Wahl des<br />
Feuerungssystems ist die Größe der zu errichtenden<br />
Anlage. So wird zwischen Kleinstanlagen<br />
bis 15 kW thermischer Leistung, mittleren<br />
Anlagen bis 1 MW <strong>und</strong> Großanlagen unterschieden.<br />
Kleinstfeuerungen werden im H<strong>aus</strong>haltsbereich<br />
zur Warmwasser- <strong>und</strong> Raumwärme<br />
nutzung mit Leistungen bis 15 kW th<br />
eingesetzt.<br />
Schacht- <strong>und</strong> Unterschubfeuerungen sind<br />
als Feuerungssysteme verbreitet. Anlagen<br />
bis zu einer thermischen Leistung von<br />
1 MW th werden in Gewerbe <strong>und</strong> Handwerk<br />
eingesetzt.<br />
Rostfeuerungen werden überwiegend im<br />
Leistungsbereich größer als 1 MW th einge-<br />
setzt zur Produktion von <strong>Wärme</strong>, Prozess-<br />
dampf <strong>und</strong> Strom, wobei die Anlagen<br />
zumeist als Kraft-<strong>Wärme</strong> gekoppelte Anlagen<br />
betrieben werden. Sie eignen sich für stück-<br />
ige, feuchte <strong>und</strong> problematische Brennstoffe<br />
<strong>und</strong> stellen geringe Anforderungen an die<br />
Brennstoff aufbereitung.<br />
Wirbel schicht feuerungen zeichnen sich<br />
durch geringere Emissionen <strong>aus</strong>, sind jedoch<br />
anlagentechnisch aufwendiger <strong>und</strong> deshalb<br />
erst ab Leistungsgrößen oberhalb von etwa<br />
10 MW wirtschaftlich. Staubfeuerungen für<br />
Biomasse sind insbesondere dann sinnvoll,<br />
wenn der Brennstoff bereits zerkleinert<br />
vorliegt.
Prof. Dr. Hartmut Spliethoff Thermische Nutzung von Biomasse<br />
Thermsiche Leistung [MW]<br />
100<br />
10<br />
1<br />
0,1<br />
0,01<br />
Zigarrenfeuerung<br />
Wirbelschichtfeuerung<br />
Vorschub<br />
Unter schubfeuerung<br />
Schachtfeuerung<br />
Ballen<br />
Scheite<br />
Hackgut<br />
Pellets<br />
Häcksel<br />
Einblasfeuerung<br />
Späne<br />
Staub<br />
Staubfeuerungen stellen für den Brennstoff<br />
Kohle in Großanlagen die dominierende<br />
Feuerungstechnik dar, da sie sich durch eine<br />
hohe Leistungsdichte, eine gute Regelbarkeit<br />
<strong>und</strong> einen vollständigen Ausbrand <strong>aus</strong>zeich-<br />
nen. Bei Brennstoffen mit Fein- <strong>und</strong> Groban<br />
teilen kann auch eine Kombination von<br />
Staub- <strong>und</strong> Rostfeuerung sinnvoll sein.<br />
Zigarrenfeuerungen: Zur Verbrennung<br />
von Strohballen hat sich in Dänemark eine<br />
Sonderkonstruktion, der so genannte<br />
Zigarrenbrenner, bewährt.<br />
Mitverbrennung: Neben einer Nutzung<br />
in <strong>aus</strong>schließlich mit Biomasse gefeuerten<br />
Anlagen kommt auch eine gemeinsame<br />
Verbrennung mit anderen Brennstoffen,<br />
vorzugsweise festen Brennstoffe in Frage.<br />
Dabei ist die Eignung der Feuerungsanlage<br />
<strong>und</strong> der Rauchgasreinigungsanlagen zu<br />
prüfen.<br />
Die Wahl des Feu erungs systems hängt neben<br />
der Anlagen größe davon ab, in welcher Form<br />
(Späne, Häcksel, Pellets, Ballen etc.) die Biomasse<br />
vorliegt. In Abb. 1 ist der An wen dungs bereich<br />
von Feu erungs systemen in Ab hän gig keit der<br />
Anlagen größe <strong>und</strong> der Form der Bio masse<br />
dargestellt.<br />
Schachtfeuerung<br />
Im unteren Leistungsbereich von 20 kW bis<br />
etwa 250 kW werden für die Verbrennung<br />
von stückigen Holzresten, aber auch von Hack -<br />
schnitzeln Schacht feuerungen angewandt.<br />
Die in den Anlagen nutzbare Brenn stoffpalette<br />
macht eine zusätzliche Aufbereitung meist nicht<br />
erforderlich. Dies, eine einfache Feuerungstechnik<br />
<strong>und</strong> vergleichsweise geringe Anschaffungskosten<br />
führen im angegebenen Leistungs bereich<br />
zu einer weiten Verbreitung dieser Feuerung.<br />
Unterschubfeuerung<br />
Unterschubfeuerungen, die in einem breiten<br />
Leistungsbereich von 20 k W bis 2 MW th angeboten<br />
werden, sind für Hackschnitzel, Späne<br />
<strong>und</strong> bis zu einem gewissen Umfang auch für<br />
staub förmige Holzreste geeignet. Dieser Feuerungstyp<br />
ist für die thermische Nutzung von<br />
Produk tions resten <strong>aus</strong> holzverarbeitenden<br />
Betrieben weit verbreitet, da er<br />
nahezu vollautomatisch arbeitet,<br />
im Vergleich zu anderen Feuerungsarten wie<br />
Einblase- oder Rostfeuerung <strong>aus</strong> einfacher Tech-<br />
nik <strong>und</strong> wenigen Komponenten besteht <strong>und</strong><br />
auch unter Berück sichti gung der Bevor-<br />
ratungs-, Beschickungs- <strong>und</strong> der gegebenen-<br />
falls notwendi gen Brennstoffaufbereitungs -<br />
einrichtungen wirtschaftlich attraktiv ist.<br />
Rostfeuerungen<br />
Im Leistungsbereich von 1 MW th <strong>und</strong> größer<br />
sind Rostfeuerungen die domi nierende Technologie<br />
zur Verbrennung von Bio masse, die relativ<br />
geringe Anforderungen an die Brennstoffaufbereitung<br />
stellen. Auch problematische Brennstoffe<br />
wie feuchte Holzreste oder aschereiche Rinden -<br />
abfälle können verwendet werden. In Rostfeuerungen<br />
kann auch Stroh als <strong>aus</strong>schließlicher<br />
Brenn stoff verbrannt werden <strong>–</strong> wie die Praxis in<br />
Däne mark zeigt. Für die Verbrennung von Holz<br />
<strong>und</strong> Holz reststoffen werden Rostfeuerungen<br />
zum Teil in Verbindung mit einer Einblasfeuerung<br />
für staub förmige Reste eingesetzt. Mit ihrer<br />
aufwen digen Anlagentechnik sind Rostfeuerungen<br />
erst ab einer Leistung von ca. 1 MW<br />
wirt schaftlich.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 1<br />
Feu erungs systeme in<br />
Ab hän gig keit der<br />
Anlagen größe <strong>und</strong> der<br />
Form der Bio masse<br />
57
FVS LZE Themen 2005<br />
58<br />
Wirbel schicht feuerungen<br />
Wirbelschichtfeuerungen eignen sich insbesondere<br />
zur Verfeuerung mehrerer, auch stark<br />
unter schiedlicher Brennstoffe. Die prozessbedingte<br />
intensive Mischung <strong>und</strong> Verbren nung,<br />
die gute <strong>Wärme</strong>übertragung im Wirbelbett,<br />
sowie die Entkopplung der Verweilzeit der<br />
Partikel <strong>und</strong> der Rauchgase im Feuerungsraum<br />
lassen hin sichtlich Feuchte, Zusammensetzung<br />
<strong>und</strong> Aufbe reitung eine breite Brennstoff palette<br />
zu. Da die Wirbelschichtverbrennung apparativ<br />
aufwändig ist, kann sie wirtschaftlich nur in<br />
größeren Einheiten ab 10 MW th betrieben wer-<br />
den. In den skandina vischen Ländern <strong>und</strong><br />
zunehmend auch in anderen Ländern werden<br />
in der Papier- <strong>und</strong> Zellstoffi ndustrie anfallende<br />
Holzreste <strong>und</strong> Schlämme zumeist in Wirbelschichtfeuerungen<br />
verbrannt, die integraler<br />
Bestandteil des Produktions prozes ses sind.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der wirtschaft lichen Leistungsgröße<br />
werden neben Biomasse verschiedene weitere<br />
Brennstoffe wie Torf, Kohle <strong>und</strong> Abfallstoffe<br />
eingesetzt.<br />
Staubfeuerungen<br />
Wenn der Brennstoff bereits zerkleinert vorliegt,<br />
sind Staubfeuerungen besonders sinnvoll.<br />
Staubfeuerungen stellen für den Brennstoff<br />
Kohle in Großanlagen die dominierende Feuerungs<br />
technik dar, da sie sich durch eine hohe<br />
Leistungsdichte, eine gute Regelbarkeit <strong>und</strong><br />
einen vollständigen Ausbrand <strong>aus</strong>zeichnen.<br />
Staubfeuerungen werden oft in Holzverarbeitungsbetrieben<br />
genutzt, die zu einem Großteil<br />
mit schnell laufenden Maschinen arbeiten.<br />
Bei Brennstoffen, die einen gewissen Grobanteil<br />
auf weisen, kann auch eine Staub feuerung mit<br />
Nachver brennungs rost sinnvoll sein. Staubfeuerungen<br />
zeichnen sich durch hohe Leistungsdichten,<br />
hohe Feuerungs wirkungsgrade <strong>und</strong> eine<br />
gute Regel bar keit <strong>aus</strong>. Die genaue Abstimmung<br />
von Brennstoff <strong>und</strong> Ver brennungsluft er möglicht<br />
effektive feuerungstechnische Maßnahmen zur<br />
Verminderung von Stickstoffoxiden (NO x ).<br />
Prof. Dr. Hartmut Spliethoff Thermische Nutzung von Biomasse<br />
Gaserzeugung <strong>aus</strong> Biomasse<br />
Biomasse wie auch andere kohlenstoffhaltige<br />
feste Brennstoffe können durch eine thermochemische<br />
Umwandlung unter Zugabe eines<br />
Oxidationsmittels (Luft, Sauerstoff, Wasserdampf)<br />
in einen gasförmigen <strong>Energie</strong>träger<br />
umgewandelt werden. Technische Gaserzeugungsprozesse<br />
laufen bei Temperaturen von<br />
über 500 °C ab, je nach Verfahren können bis<br />
zu 1200 °C erreicht werden. Wird Luft oder<br />
Sauerstoff eingesetzt, können die exothermen<br />
Oxidationsreaktionen die zur Deckung der<br />
endothermen Teilschritte notwendige <strong>Wärme</strong><br />
liefern, sodass eine <strong>Energie</strong>zufuhr von außen<br />
nicht erforderlich ist (autotherme Vergasung).<br />
Die entwickelten Gaserzeugungsverfahren<br />
lassen sich in sogenannte Festbettvergaser,<br />
Wirbelschichtvergaser sowie in andere Bauarten<br />
(Drehrohr, Flugstrom) einteilen. Am weitesten<br />
verbreitet sind dabei die Festbett- <strong>und</strong> die Wirbelschichtvergaser.<br />
Der Anwendungsbereich<br />
von Festbettvergasern liegt bei kleinen Leistungen<br />
bis zu einigen MW th , der von Wirbelschichtanlagen<br />
im Bereich über 5 MW th . Bei den Wir-<br />
belschichten lassen sich stationäre <strong>und</strong> zirkulierende<br />
Systeme unterscheiden. Darüber hin<strong>aus</strong><br />
können Vergaser in druckaufgeladene <strong>und</strong><br />
atmosphärische Anlagen unterteilt werden.<br />
Festbettvergaser<br />
In Festbettvergasern wird der Brennstoff in einer<br />
Schüttschicht vergast. Der Brennstoff durchläuft<br />
verschiedene Zonen, bei denen die einzelnen<br />
Gaserzeugungsreaktionen (Pyrolyse, Oxidation<br />
<strong>und</strong> Reduktion) stattfi nden. Man unterscheidet<br />
zwischen Gegenstrom- <strong>und</strong> Gleichstromvergaser.<br />
Der wichtigste Vorteil der Gleichstromvergaser<br />
ist, dass ihre Rohgase wesentlich weniger<br />
Teerproduk te <strong>und</strong> andere hochsiedende Verbindungen<br />
enthalten als die Gase <strong>aus</strong> Gegenstromvergasern.
Prof. Dr. Hartmut Spliethoff Thermische Nutzung von Biomasse<br />
Wirbelschichtvergasung<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich existieren stationäre (SWS) <strong>und</strong><br />
zirkulierende (ZWS) Wirbelschichten. Die ZWS<br />
weist eine deutlich höhere spezifi sche Leistung<br />
auf, <strong>und</strong> durch die Gas/Feststoffströmung ist das<br />
Mischungsverhalten besser als bei SWS was sich<br />
in besserem Brennstoffumsatz <strong>und</strong> niedrigeren<br />
Teerwerten niederschlägt. Nachteilig ist der<br />
höhere Anspruch an die Brennstoff eigen schaften<br />
(Körnung) <strong>und</strong> der deutlich höhere Druckverlust<br />
(Eigenverbrauch). Zudem ist die Regelung aufwändiger<br />
<strong>und</strong> die Bauhöhe ist erheblich größer<br />
als bei SWS. Für kleinere Leistungen kommt<br />
daher eher die stationäre Wirbelschicht in Frage.<br />
Hinsichtlich des Teer gehalts sind stationäre<br />
Wirbelschichten ungefähr eine Größenordnung<br />
schlechter als Gleichstrom-Festbettvergaser.<br />
Zirkulierende Wirbelschichten sind etwas besser,<br />
erreichen jedoch nicht die Werte der Festbettvergaser.<br />
Gaserzeugungsanlagen mit Wirbelschichttechnik<br />
für Biomassen werden von verschiedenen<br />
Herstellern angeboten, wobei die kommerziell<br />
betriebenen Anlagen in der Mehrzahl Gas<br />
zur thermischen Nutzung beispielsweise zur<br />
Befeuerung von Kalk- oder Zementöfen liefern,<br />
da runter auch die mit einer thermischen<br />
Leistung von 100 MW derzeit größte Anlage<br />
in Rüders dorf. Erfahrungen mit integrierten<br />
Gaserzeugungsprozessen mit Gasturbinen<br />
beschränken sich auf wenige Anlagen.<br />
In Värnamo (Schweden) wurde von 1993<br />
bis 2000 eine Wirbel schichtanlage mit einer<br />
elektrischen Leistung von 6 MW e betrieben,<br />
in der die Gaserzeugung unter Druck betrieben<br />
wird.<br />
Gasnutzung <strong>und</strong> Anforderungen<br />
Das erzeugte Gas lässt sich auf verschiedene<br />
Arten zur Elektrizitätserzeugung oder<br />
der Erzeugung von Prozesswärme nutzen.<br />
Die Systeme weisen dabei unterschiedliche<br />
Wirkungsgrade, Kosten <strong>und</strong> Anforderungen<br />
an die Gasqualität auf. Motoren eignen sich<br />
für Leistungsgrößen zwischen ca. 50 kW el <strong>und</strong><br />
10 MW el im Zusammenhang mit atmosphärischen<br />
Festbett- oder Wirbelschichtver gasern.<br />
Mit Motoren oder Gasturbinen ohne Abhitzenutzung<br />
lassen sich Gesamtwirkungsgrade<br />
der Elektrizitätserzeugung von maximal 30 %<br />
erreichen. Bei kleineren Anlagen (< 10 MW el )<br />
ist aller dings eher von 25 % <strong>aus</strong>zugehen. Die<br />
Wirkungsgrade liegen damit etwas über denen,<br />
die sich in diesem Leistungsbereich mit einem<br />
Dampfturbinenprozess erzielen lassen.<br />
Ab einer Leistungsgröße von ca. 5 MW el erscheint<br />
der Einsatz von Gasturbinen sinnvoll.<br />
Geeignete Gaserzeuger sind hier Wirbelschichtanlagen,<br />
die unter Normal- oder Überdruck<br />
arbeiten. Bei Gasturbinen mit einer Leistung<br />
> 25 MW el bietet sich zudem die Möglichkeit,<br />
den Wirkungsgrad bis auf 48 % zu steigern<br />
durch Nachschaltung eines Abhitzekessels mit<br />
Dampf turbine. Bei Anlagen mit einer Leistung<br />
bis 10 MW el lassen sich ungefähr noch 30 %<br />
Wirkungs grad erreichen. Um Verschmutzungen<br />
<strong>und</strong> Ablagerungen im Motor zu vermeiden,<br />
sollte das Gas weitgehend teer- <strong>und</strong> staubfrei<br />
sein. Die Anforderungen an die Gasqualität<br />
sind also sehr hoch. Typische Zielwerte für die<br />
Nutzung in Gasmotoren sind in Tab. 1 zusammengestellt.<br />
Komponente max. zulässige<br />
Konzentration<br />
(Richtwert)<br />
anzustrebende<br />
Konzentration<br />
Partikel < 50 mg/m³ < 5 mg/m³<br />
Teer < 100 mg/m³ < 50 mg/m³<br />
Motoren mit Turbolader stellen dabei höhere<br />
Anforderungen an die Gasqualität. Von den<br />
heute verfügbaren Vergasern werden die angegebenen<br />
Werte beim Betrieb ohne Gasreinigung<br />
bei weitem überschritten. Eine Entfernung so-<br />
wohl von Teeren als auch Partikeln ist also erforderlich.<br />
Die Zielwerte für die Gasqualität ergeben<br />
sich dabei als Kompromiss zwischen erhöhtem<br />
Aufwand für die Gasreinigung <strong>und</strong> erhöhtem<br />
Wartungsaufwand für Motor bzw. Turbine.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Tabelle 1<br />
Anforderung an<br />
die Gasqualität<br />
für die Nutzung in<br />
Gasmotoren<br />
59
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 2<br />
Elektrischer Wirkungsgrad<br />
von Umwandlungsverfahren<br />
60<br />
Biomasse<br />
Verfahrensvergleich<br />
Abb. 2 gibt eine Übersicht über die verschiedenen<br />
Möglichkeiten der Krafterzeugung <strong>und</strong><br />
deren Wirkungsgrade.<br />
Es wird deutlich, dass sich die Leistungsgröße<br />
unmittelbar auf den Wirkungsgrad <strong>aus</strong>wirkt.<br />
Größere Anlagen erlauben effi zientere <strong>und</strong> wirtschaftlichere<br />
Konversionsverfahren. Die Gaserzeugung<br />
<strong>aus</strong> Biomasse <strong>und</strong> die Mitverbrennung<br />
des erzeugten Produktgases in einem erdgasgefeuerten<br />
GuD-Prozess 1 oder die direkte Mitverbrennung<br />
in einem kohlegefeuerten Dampfkraftwerk<br />
zeichnen sich durch Wirkungsgrade<br />
<strong>aus</strong>, die über den Wirkungsgraden bei <strong>aus</strong>schließlich<br />
mit Biomasse gefeuerten Anlagen<br />
liegen.<br />
Die Gaserzeugung <strong>aus</strong> Biomasse bietet den<br />
Vorteil, dass die Nutzung des Biogases in GuD-<br />
Anlagen, internen Verbrennungskraftmaschinen<br />
oder auch künftig in Brennstoffzellen mit hohen<br />
Wirkungsgraden erfolgt, der im Allgemeinen<br />
über dem von Verbrennungsverfahren liegt.<br />
1 GuD <strong>–</strong> Gas <strong>und</strong> Dampfturbinen<br />
Prof. Dr. Hartmut Spliethoff Thermische Nutzung von Biomasse<br />
(Mit-) Verbrennung<br />
Gaserzeugung<br />
Verfl üssigung<br />
Kohle/Erdgas<br />
Dampfkraftwerk<br />
Dampfturbine<br />
GuD<br />
Erdgas-GuD<br />
Gas-Motor<br />
Brennstoffzelle<br />
elektrischer<br />
Wirkungsgrad<br />
30 <strong>–</strong> 45 %<br />
15 <strong>–</strong> 20 %<br />
20 <strong>–</strong> 35 %<br />
45 <strong>–</strong> 55 %<br />
ca. 25 %<br />
30 <strong>–</strong> 45 %
Dr. Bernd Krautkremer Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung zur effi zienten energetischen Nutzung von Biomasse<br />
Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung zur<br />
effi zienten energetischen Nutzung<br />
von Biomasse<br />
Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung <strong>–</strong><br />
eine Einführung<br />
Mit dem Begriff Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />
(KWK) bezeichnet man Prozesse zur Bereitstellung<br />
elektrischer <strong>Energie</strong>, bei denen die<br />
dabei entstandene <strong>Wärme</strong> zumindest teilweise<br />
genutzt wird. Obwohl der Begriff KWK die <strong>aus</strong>schließliche<br />
Verwendung von Kraftprozessen<br />
vermuten lässt, hat es sich eingebürgert, auch<br />
Prozesse mit Brennstoffzellen, Thermophotovoltaik<br />
oder ähnlichen Aggregaten ohne zwischengeschaltete<br />
mechanische Kraftprozesse hiermit<br />
zu belegen, wenn Abwärme genutzt wird. Wird<br />
mit der Abwärme zusätzlich ein <strong>Kälte</strong>prozess<br />
angetrieben so spricht man von Kraft-<strong>Wärme</strong>-<br />
<strong>Kälte</strong>-Kopplung (KWKK).<br />
Wozu braucht man KWK ?<br />
Die Gr<strong>und</strong>idee der KWK basiert auf der Überlegung,<br />
dass die bei der Wandlung in elektrische<br />
<strong>Energie</strong> stets freiwerdende <strong>Wärme</strong> sinnvoll<br />
genutzt werden kann, um so die bereitgestellte<br />
Primärenergie (Kraftstoffe) effi zienter zu nutzen.<br />
Erzielt werden dabei Gesamtnutzungsgrade<br />
um 90 %, wodurch Primärenergieeinsparungen<br />
bis ca. 30 % möglich werden, die dann entsprechend<br />
zu einer Verminderung von Treibh<strong>aus</strong>gasen<br />
führen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird diese<br />
Technologie über das sogenannte KWK-Gesetz<br />
gefördert. Mit diesem Gesetz wird KWK-Strom<br />
gefördert, der in das Netz der allgemeinen<br />
Versorgung eingespeist wird. KWK-Anlagen,<br />
die nach dem Erneuerbare-<strong>Energie</strong>n-Gesetz<br />
(EEG) gefördert werden, erhalten eine andere<br />
Vergütung (KWK-Bonus) [1].<br />
Die <strong>Wärme</strong> kann bei diesen Prozessen in<br />
vielfältiger Weise genutzt werden wie z. B.<br />
zu Heizzwecken, als Prozessenergie aber<br />
auch zu Kühlungszwecken.<br />
Es steht hierzu eine Vielzahl an Aggregaten zur<br />
Verfügung (Kolbenmaschinen mit innerer <strong>und</strong><br />
äußerer <strong>Wärme</strong>zufuhr, Gasturbinen, Dampfmaschinen,<br />
Brennstoffzellen, Thermophoto voltaik).<br />
Diese können wiederum mit einer Vielzahl von<br />
Kraftstoffen betrieben werden. Eine Übersicht<br />
über die gebräuchlichsten Verfahren fi ndet man<br />
in [2] <strong>und</strong> [3]. Die ver schie denen Prozesse unterscheiden<br />
sich teilweise erheblich in der Art<br />
der verarbeit baren Kraftstoffe, dem Verhältnis<br />
zwischen elektrischer <strong>und</strong> thermischer Leistung,<br />
aber auch dem Temperatur niveau, auf dem die<br />
<strong>Wärme</strong> zur Verfügung gestellt wird [4]. Da meist<br />
nicht die gesamte <strong>Wärme</strong> genutzt werden kann,<br />
kommt dem Verhältnis zwischen Nettostromerzeugung<br />
<strong>und</strong> Nutzwärmeerzeugung (Stromkennzahl)<br />
eine besondere Bedeutung zu,<br />
da diese letztendlich die Wirksamkeit der<br />
Kopplung beziffert.<br />
Pfl anzenöl<br />
Bioethanol<br />
Heizöl<br />
Erdgas<br />
Kohle<br />
Holz + Stroh<br />
Biogas<br />
Brennstoff<br />
Siedlungsabfälle<br />
Das KWK-Prinzip<br />
Motor/Generator Gasturbine/Generator<br />
KWK-Aggregat<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Dr. Bernd<br />
Krautkremer<br />
ISET<br />
bkrautkr@iset.uni-kassel.de<br />
Helmut Böhnisch<br />
ZSW<br />
helmut boehnisch@<br />
zsw-bw.de<br />
Dr. Ahmet Lokurlu<br />
SOLITEM GmbH<br />
a.lokurlu@solitem.de<br />
Brennstoffzelle Dampfturbine/Generator<br />
Abbildung 1<br />
Das KWK-Prinzip [5].<br />
Als KWK-Aggregat<br />
können verschiedene<br />
Techniken eingesetzt<br />
werden.<br />
Strom<br />
<strong>Wärme</strong><br />
61
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 2<br />
Einbaugerät<br />
Mikro-KWK [6]<br />
62<br />
Dr. Bernd Krautkremer Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung zur effi zienten energetischen Nutzung von Biomasse<br />
Her<strong>aus</strong>forderungen der<br />
KWK in der Praxis<br />
Im praktischen Betrieb von KWK-Anlagen besteht<br />
das Hauptinteresse darin, die zur Verfü gung<br />
stehende <strong>Wärme</strong> auch möglichst vollständig<br />
zu nutzen. Das kann schwierig sein, weil es nicht<br />
selbstverständlich ist, dass sich Bedarfe an Strom<br />
<strong>und</strong> <strong>Wärme</strong> im selben Verhältnis einstellen, wie<br />
sie vom KWK-System zur Verfügung gestellt<br />
werden. Zudem unterliegen die Absolutbeträge,<br />
aber auch die Verhältnisse der Bedarfe teilweise<br />
starken zeitlichen Schwankungen.<br />
KWK-Anlagen müssen ihre, im Vergleich zu<br />
konventionellen Systemen, höheren Investitionskosten<br />
über die Vergütung des eingespeisten<br />
Stromes kompensieren. Neben einer möglichst<br />
günstigen Relation zwischen Brennstoffpreis<br />
<strong>und</strong> Stromvergütung ist dabei immer eine<br />
hinreichend große Menge an eingespeister<br />
elektrischer Arbeit nötig. Daher müssen KWK-<br />
Anlagen möglichst hohe jährliche Nutzungsdauern<br />
aufweisen ( > 4000h/a). Der hier<strong>aus</strong><br />
resultierende Zielkonfl ikt zwischen <strong>Wärme</strong>-<br />
<strong>und</strong> Stromproduktion wird in der Regel dadurch<br />
gemildert, dass die Einheiten nur so groß<br />
dimensioniert werden, dass sie die Gr<strong>und</strong>last<br />
des <strong>Wärme</strong>bedarfs decken können. Für die<br />
Abdeckung von Bedarfsspitzen sind dann Speicher<br />
<strong>und</strong>/oder Spitzenlastkessel erforderlich.<br />
Typische Standorte, in denen die KWK zur<br />
Anwendung kommt, sind daher meist Objekte<br />
mit hohen, möglichst gleichmäßigen <strong>Wärme</strong>bedarfen.<br />
Dies sind z. B. Schwimmbäder, Hotels<br />
oder Krankenhäuser. Aufgr<strong>und</strong> der geringen<br />
Gr<strong>und</strong>lasten bei privaten H<strong>aus</strong>halten scheiden<br />
bisherige KWK-Lösungen <strong>aus</strong>. Es zeichnen sich<br />
jedoch auch hier neue Lösungen ab:<br />
Mikro-KWK zeichnet sich durch eine elektrische<br />
Leistung um 1 kW <strong>und</strong> eine thermische Leistung<br />
um 3 - 4 kW <strong>aus</strong>. Dadurch sind auch in die sem<br />
Anwendungsfall hinreichende Laufzeiten erreichbar.<br />
Verfügbar sind zurzeit verschiede ne Maschi-<br />
nen, die auch als Einbaugeräte im Küchenbereich<br />
zum Einsatz kommen können (Abb. 2). Da es keine<br />
allgemeine Defi nition für den Begriff Mikro-KWK<br />
gibt, werden daneben auch größere Maschinen<br />
ebenfalls mit diesem Begriff belegt [7].<br />
KWK zur energetischen<br />
Nutzung von Biomasse<br />
Wie Abb. 1 zeigt, ist es denkbar <strong>und</strong> durch<strong>aus</strong><br />
üblich KWK-Systeme auch mit biogenen Brennstoffen<br />
zu betreiben. Beispiele für <strong>aus</strong>geführte<br />
KWK-Anlagen zur energetischen Nutzung<br />
von Biomasse sind:<br />
Nutzung von fester, trockener Biomasse in<br />
Feuerungsanlagen mit nachgeschalteten<br />
Dampfprozessen mit Wasser oder organischen<br />
Lösungen als Arbeitsmedium<br />
Nutzung fester, trockener bis feuchter<br />
Biomasse in thermischen Vergasungsanlagen<br />
mit nachgeschalteten Verbrennungskraft-<br />
maschinen<br />
Nutzung von nasser Biomasse zur anaeroben<br />
Faulung in Biogasanlagen mit nachgeschalte-<br />
ten, konventionellen Verbrennungskraftma-<br />
schinen sowie Mikrogasturbinen Stirling-<br />
motoren <strong>und</strong> Brennstoffzellen<br />
Nutzung von Alkoholen, die <strong>aus</strong> Biomasse<br />
gewonnen wurden in Verbrennungskraftma-<br />
schinen <strong>und</strong> Brennstoffzellen<br />
Nutzung von Pfl anzenölen, direkt oder<br />
verestert in Verbrennungskraftmaschinen<br />
Feuerung von Holzpellets zum Betrieb von<br />
Stirlingmotoren
Dr. Bernd Krautkremer Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung zur effi zienten energetischen Nutzung von Biomasse<br />
Aufgr<strong>und</strong> ihrer im Vergleich zu konventionellen<br />
Brennstoffen oft geringeren <strong>Energie</strong>dichte<br />
(Heizwert) ist in vielen Fällen eine dezentrale<br />
Nutzung sinnvoll. Dies ergänzt sich theoretisch<br />
in idealer Weise mit dem ebenfalls dezentralen<br />
Charakter der KWK. Ein weiterer Gr<strong>und</strong> für eine<br />
Symbiose dieser Technologien ist das Streben<br />
nach einem möglichst hohen Nutzungs grad,<br />
was bei der Verwendung knapper Ressourcen<br />
wie der Biomasse ohnehin empfehlens wert ist.<br />
Entscheidend ist aber, dass dadurch der Anteil<br />
erneuerbarer <strong>Energie</strong>n an der Gesamtenergieversorgung<br />
mit dem gleichen Einsatz an Rohbiomasse<br />
deutlich gesteigert werden kann.<br />
Ein weiterer positiver Aspekt für die Verwendung<br />
biogener Brennstoffe in KWK-Anlagen ist die<br />
Möglichkeit, die Abwärme zur Aufbereitung<br />
der Brennstoffe zu nutzen. Dabei spielt es keine<br />
Rolle, ob die <strong>Wärme</strong> für den eigenen oder für<br />
fremde Prozesse genutzt wird. Eine interne Nutzung<br />
ergibt sich beispielsweise, wenn bei der<br />
Nutzung von Alkoholen die Abwärme für die<br />
Destillation genutzt wird. Eine externe Nutzung<br />
ist z. B. die Trocknung von Holzhackschnitzeln<br />
mit der Abwärme einer mit Biogas betriebenen<br />
KWK-Anlage. Mit Biomasse betriebene KWK-<br />
Systeme besitzen das Potenzial, <strong>Energie</strong> dann<br />
bereit zu stellen, wenn sie benötigt wird. Damit<br />
können sie eine bedeutende Rolle in zukünftigen<br />
<strong>Energie</strong>ver sorgungsstrukturen spielen, da sie<br />
zumindest teilweise die Versorgungslücken fl uktuierender<br />
Quellen wie Windkraft <strong>und</strong> Photovoltaik<br />
schließen <strong>und</strong> Bedarfsspitzen mindern<br />
können.<br />
Probleme bei der energetischen<br />
Nutzung von<br />
Biomasse in KWK-Anlagen<br />
Es eignet sich nicht jedes Aggregat für jeden<br />
biogenen Brennstoff. Die verschiedenen<br />
biogenen Brennstoffe unterscheiden sich neben<br />
dem Aggregatzustand hinsichtlich ihres Heizwertes,<br />
ihrer Verbrennungs eigenschaften<br />
(Zündverhalten, Flammengeschwindigkeiten,<br />
Ausbrand usw.) aber auch hinsichtlich ihrer<br />
unerwünschter Begleitstoffe <strong>und</strong> Verbrennungsrück<br />
stände ( Teer, Asche). Weiterhin besteht das<br />
Problem, dass die Qualität biogener Brenn stoffe<br />
oftmals Schwankungen unterlegen ist.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 3<br />
Pilotprojekt BiogasbetriebeneMikrogasturbine<br />
im ISET [8]<br />
63
FVS LZE Themen 2005<br />
64<br />
Dr. Bernd Krautkremer Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung zur effi zienten energetischen Nutzung von Biomasse<br />
Hier müssen dann unter Umständen Aufbereitungs<br />
ver fahren zwischengeschaltet werden.<br />
Aus diesen Gründen gilt es, für jede der möglichen<br />
Kombinatio nen einen technischen <strong>und</strong><br />
wirtschaftlichen Kompromiss zu fi nden. Die<br />
Optimierung der Systeme bewegt sich dann im<br />
Spannungsfeld zwischen maximalem Auf wand<br />
zur Kraftstoffaufbereitung <strong>und</strong> maximalem<br />
Aufwand zur Ertüchtigung der Aggregate für<br />
einen spezifi schen Brennstoff. Dabei ist es meist<br />
sinnvoll, einen hochwertigen, standar di sier ten<br />
Brennstoff einzusetzen, wenn die KWK-Anlagen<br />
nur kleine Leistungen haben, weil dann auch<br />
Standardmaschinen zum Einsatz kommen<br />
können. Bei größeren Einheiten kann man<br />
jedoch oft auf eine weitergehende Brennstoffaufbereitung<br />
verzichten, da es sich hier lohnen<br />
kann, dass Aggregat für den jeweiligen Brennstoff<br />
zu ertüchtigen.<br />
Ein weiteres Problem ist die Sicherung einer<br />
langfristigen Brenn stoff versorgung. Viele biogene<br />
Kraftstoffe verfügen noch nicht über<br />
eine langfristig gesicherte Versorgungsstruktur.<br />
Außerdem entwickeln sich die Märkte noch<br />
<strong>und</strong> sind auch abhängig von den jeweils gelten -<br />
den rechtlichen Randbedingungen. So führte<br />
beispielsweise die Zulassung von Biodiesel als<br />
Beimischung in konventionellen Kraftstoff zu<br />
einer sehr großen Nachfrage. In diesem Zusammen<br />
hang sollte man jedoch nicht verschweigen,<br />
dass auch die Versorgung mit fossilen Kraftstoffen<br />
durch<strong>aus</strong> nicht mehr so sicher ist wie man<br />
es gewöhnt war.<br />
Das theoretische Potenzial, dass auf Biomasse<br />
basierende Systeme <strong>Energie</strong> dann bereit stellen<br />
können, wenn sie benötigt wird, kommt in der<br />
heutigen Praxis leider noch kaum zum Tragen.<br />
Bioenergiesysteme wie z. B. Biogasanlagen<br />
werden möglichst lange mit maximaler Leistung<br />
betrieben, so dass sie hauptsächlich zur Stromerzeugung<br />
im Gr<strong>und</strong>lastbereich beitragen.<br />
Dies begründet sich in der Tatsache, dass durch<br />
das geltende EEG die Ziel energie form Strom<br />
bevorzugt <strong>und</strong> durch Abrechnung der eingespeisten<br />
elektrischen Arbeit vergütet wird.<br />
Es kommt noch hinzu, dass die Anlagen meist<br />
ortsfern liegen, so dass eine Nutzung der Abwärme<br />
bis auf die Beheizung der Fermenter<br />
der Biogasanlagen in der Regel <strong>aus</strong>bleibt. Es ist<br />
daher fraglich, ob der Begriff KWK hier noch<br />
seine Berech tigung hat. Die Gründe hierfür<br />
fi nden sich auch in den momentan gültigen<br />
Richtlinien des Baurechts <strong>und</strong> in der Raumordnung.<br />
Hier ist sicher Aufklärungs- <strong>und</strong> Nachbesserungsbedarf.<br />
Forschungs- <strong>und</strong><br />
Entwicklungsbedarf<br />
Zur weiteren Verbreitung von KWK-Anlagen,<br />
die biogene Brennstoffe einsetzen, müssen<br />
geeignete System-Brennstoffkombinationen<br />
identifi ziert werden, die wirtschaftlich, effi zient<br />
<strong>und</strong> emissionsarm sind. Zur Erreichung dieser<br />
Zielsetzungen müssen folgende Forschungs-<br />
<strong>und</strong> Entwicklungsarbeiten durchgeführt werden:<br />
Existierende Systeme müssen hinsichtlich des<br />
gesamten Konversionspfades optimiert<br />
werden.<br />
Neue Systemkombinationen müssen geprüft,<br />
ertüchtigt <strong>und</strong> ihre Funktion demonstriert<br />
werden.<br />
Biogene Kraftstoffe müssen hinsichtlich ihrer<br />
Verbrennungseigenschaften detailliert<br />
untersucht werden. Aus diesen Untersuchun-<br />
gen müssen Standards abgeleitet werden.<br />
Zur Aufbereitung der Brennstoffe müssen<br />
vorhandene Verfahren verbessert <strong>und</strong> neue<br />
entwickelt werden. Dies vor allem im Hinblick<br />
auf die Verwendung in Brennstoffzellen <strong>und</strong><br />
zur Einspeisung in vorhandene Versorgungs-<br />
strukturen.<br />
Systeme zur bedarfsgerechten Bereitstellung<br />
von <strong>Energie</strong> müssen erprobt werden.<br />
Neben diesen Forschungsaufgaben müssen<br />
noch weitere Schritte erfolgen, die die Gr<strong>und</strong>lage<br />
für eine Einbindung in zukünftige <strong>Energie</strong>versorgungsstrukturen<br />
bilden. Dazu gehört<br />
neben der gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lage der Einspeisung<br />
auch eine Vergütungsstruktur, die den<br />
spezifi schen Eigenschaften dieser Systeme<br />
gerecht wird. Nur so kann das hohe Potenzial<br />
zur Einsparung fossiler Ressourcen <strong>aus</strong>geschöpft<br />
werden, das KWK-Systeme bieten, die mit<br />
Biomasse betrieben werden.
Dr. Bernd Krautkremer Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung zur effi zienten energetischen Nutzung von Biomasse<br />
Zusammenfassung<br />
Die positiven Eigenschaften von KWK-Systemen,<br />
die zu deutlichen <strong>Energie</strong>einsparungen führen<br />
können, lassen sich in der Praxis leider nicht<br />
immer vollständig umsetzen. Dies gilt auch<br />
für KWK-Systeme, die mit Biomasse betrieben<br />
werden. Hier kommt hinzu, dass biogene<br />
Brennstoffe sich in ihren Eigenschaften deutlich<br />
von Standardbrennstoffen unter scheiden.<br />
Trotzdem werden auch heute schon KWK-<br />
Systeme mit Biomasse erfolgreich betrieben.<br />
Der dezentrale Charakter der energetischen<br />
Nutzung von Biomasse, die Möglichkeit die<br />
Abwärme für den Aufbereitungsprozess zu<br />
nutzen <strong>und</strong> die Chance die benötigte <strong>Energie</strong><br />
dann bereit zu stellen, wenn sie gebraucht wird,<br />
machen mit Biomasse betriebene KWK-Systeme<br />
äußerst interessant für zukünftige <strong>Energie</strong>versorgungssysteme.<br />
Um eine weitere Verbreitung<br />
dieser Systeme zu ermöglichen sind neben verschiedener<br />
Forschungsaktivitäten, unter anderen<br />
auch im ForschungsVerb<strong>und</strong> <strong>Sonne</strong>nenergie,<br />
auch die Verbesserung der gesetzlichen <strong>und</strong><br />
marktbezogenen Randbedingungen nötig.<br />
Literatur<br />
[1] Arbeitsgemeinschaft für sparsamen <strong>und</strong><br />
umweltfre<strong>und</strong>lichen <strong>Energie</strong>verbrauch e.V.<br />
ASUE, KWK-Gesetz 2002<br />
[2] Arbeitsgemeinschaft für sparsamen <strong>und</strong><br />
umweltfre<strong>und</strong>lichen <strong>Energie</strong>verbrauch e.V.<br />
ASUE, BHKW Kenndaten 2005<br />
[3] www.bhkw-info.de<br />
[4] J. Bard, Dezentrale Kraftwärmekopplung,<br />
Konversionstechnologien <strong>und</strong> Einsatzmög-<br />
lichkeiten, FVS Themen 2001<br />
[5] B<strong>und</strong>esverband Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />
e.V., Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung, Chance für<br />
Wirtschaft <strong>und</strong> Umwelt, www.bkwk.de<br />
[6] www.microgendirect.com<br />
[7] Arbeitsgemeinschaft für sparsamen <strong>und</strong><br />
umweltfre<strong>und</strong>lichen <strong>Energie</strong>verbrauch e.V.<br />
ASUE, Mikro-KWK<br />
[8] www.mikrogasturbine.de<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
65
<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong><br />
<strong>aus</strong> Geothermie<br />
Erschließung tiefer Geothermiequellen<br />
zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />
Energetische Nutzung von<br />
<strong>Wärme</strong>quellen niedriger Temperatur<br />
<strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe<br />
Geothermie<br />
67
FVS LZE Themen 2005<br />
Dr. Ernst Huenges<br />
GFZ Potsdam<br />
huenges@gfz-potsdam.de<br />
Dr. Reinhard Jung<br />
GGA Hannover<br />
r.jung@gga-hannover.de<br />
Dr. Peter Kehrer<br />
BGR Hannover<br />
peter.kehrer@bgr.de<br />
Prof. Dr. Peter Kukla<br />
RWTH Aachen<br />
kukla@geol.rwth-aachen.de<br />
Prof. Dr. Axel Preuße<br />
RWTH Aachen<br />
preuss@ifm.rwth-aachen.de<br />
Prof. Dr. Fritz Rummel<br />
Uni Bochum<br />
fritz.rummel@<br />
lee.ruhr-uni-bochum.de<br />
Prof. Dr.<br />
Hermann Josef Wagner<br />
Uni Bochum<br />
lee@lee.ruhr-uni-bochum.de<br />
68<br />
Erschließung tiefer Geothermiequellen<br />
zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />
Die <strong>Energie</strong>gewinnung <strong>aus</strong> Erdwärme in Regionen<br />
mit geothermischen Anomalien wie zum<br />
Beispiel in Island, Italien <strong>und</strong> der Türkei hat sich<br />
erfolgreich etabliert. Aber auch Gebiete mit<br />
normalen geothermischen Bedingungen wie<br />
z. B. Deutschland, in denen die Temperatur mit<br />
der Tiefe um ca. 30 °C/km zunimmt, verfügen<br />
über hohe <strong>aus</strong>sichtsreiche geothermische Potenziale.<br />
Die deutsche Forschung nimmt weltweit<br />
eine Spitzenposition in der Technologieentwicklung<br />
zur standortunabhängigen Gewinnung<br />
von Erdwärme ein, insbesondere bei der Stimulation<br />
geothermischer Reservoire, einem Verfahren<br />
zur Steigerung der Lagerstättenproduktivität.<br />
Die Sedimentgesteine des Norddeutschen<br />
Beckens eignen sich besonders für Untersuchungen,<br />
da sie in einer Region mit großen<br />
Ballungsgebieten liegen <strong>und</strong> das notwendige<br />
Nachfragepotenzial aufweisen. Hier können<br />
Technologien zur Erschließung der Erdwärme<br />
beispielgebend für viele Regionen weltweit<br />
entwickelt werden.<br />
Für geothermische Anwendungen sind sehr<br />
viel höhere Volumenströme in den Produktionsbohrungen<br />
erforderlich als bei Erdölbohrungen.<br />
Um diese Volumenströme zu erreichen, musste<br />
die in der Erdölindustrie gängige Technologie<br />
der hydraulischen Stimulation modifi ziert <strong>und</strong><br />
an die Bedingungen geothermischer Lagerstätten<br />
angepasst werden. In mehreren Projekten,<br />
wie z. B. dem europäischen Hot Dry Rock-<br />
Projekt (HDR) in Soultz-sous-Forêts, wurden<br />
in den letzten Jahren auf diesem Gebiet große<br />
Fortschritte erzielt. Die dort entwickelten<br />
Techniken gilt es jetzt an anderen Standorten<br />
einzusetzen <strong>und</strong> weiterzuentwickeln.<br />
Die verschiedenen Methoden der Erdwärmegewinnung<br />
<strong>aus</strong> den Sedimenten des Norddeutschen<br />
Beckens (Groß Schönebeck, Horstberg,<br />
Bochum <strong>und</strong> Aachen) unterscheiden sich durch<br />
spezielle Anforderungen <strong>und</strong> Nutzungscharakteristika.<br />
Im Folgenden werden diese Projekte<br />
beschrieben:<br />
Dr. Ernst Huenges Erschließung tiefer Geothermiequellen zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />
ein mesozoisches Wasserreservoir in Hannover<br />
im Buntsandstein,<br />
paläozoische Reservoire in Groß Schönebeck<br />
im Rotliegenden,<br />
in Bochum im Karbon <strong>und</strong><br />
in Aachen im Devon.<br />
Die Erschliessungskonzepte variieren wegen<br />
unterschiedlicher natürlicher Wasserführung<br />
der geothermischen Reservoire von trockenen<br />
Lagerstätten in Aachen <strong>und</strong> Bochum bis zu<br />
Lagerstätten, die zwar wasserführend sind, aber<br />
künstliche Nachbesserung durch hydraulische<br />
Stimulation bedürfen wie in Hannover <strong>und</strong> Groß<br />
Schönebeck. Es werden weitere Gemeinsamkeiten<br />
<strong>und</strong> Synergien zwischen den Projekten aufgezeigt,<br />
die alle das Ziel verfolgen, standortunabhängige<br />
Nutzungskonzepte für die <strong>Wärme</strong>-,<br />
<strong>Kälte</strong>- oder Strombereitstellung zu entwickeln.<br />
Das Groß Schönebeck-Projekt<br />
des GFZ Potsdam<br />
Im Rahmen eines umfangreichen Untersuchungsprogramms<br />
beschäftigt sich das GFZ<br />
Potsdam mit Schlüsselfragen geothermischer<br />
Technologien:<br />
Wie fi ndet <strong>und</strong> erzeugt man produktive<br />
Wasserreservoire?<br />
Wie sichert man hohe<br />
<strong>Energie</strong>produktivitäten?<br />
Was passiert bei der geothermischen<br />
Nutzung im Reservoir?<br />
Wie wandelt man möglichst effi zient die<br />
<strong>Wärme</strong> der <strong>Erde</strong> in elektrischen Strom um?<br />
Für die Beantwortung dieser Fragen sind<br />
Experimente unter natürlichen Bedingungen<br />
notwendig. Daher wurde im Jahr 2000/2001<br />
das In situ-Geothermielabor Groß Schönebeck<br />
(Abb. 1) in einer 4.300 m tiefen Altbohrung<br />
eingerichtet [1]. Die Bohrung erschließt die<br />
wasserführenden Gesteine des Rotliegenden.
Dr. Ernst Huenges Erschließung tiefer Geothermiequellen zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />
Das Labor dient dazu, theoretische Voruntersuchungen<br />
in einer Bohrung im Maßstab<br />
1:1 experimentell zu überprüfen. Wir verfügen<br />
damit über die weltweit einzige Einrichtung zur<br />
Untersuchung der geothermischen Nutzung<br />
sedimentärer Großstrukturen unter natürlichen<br />
Bedingungen.<br />
In einer Serie von Experimenten wurde das<br />
durch die Bohrung erschlossene Speichergestein<br />
mit einem speziellen Verfahren (hydraulic fracturing)<br />
für Wasser durchlässig gemacht. Dabei<br />
wurden 12.000 m³ Wasser unter hohem Druck<br />
durch die Bohrung in den Untergr<strong>und</strong> gepresst,<br />
um das Gestein aufzubrechen <strong>und</strong> dem Thermalwasser<br />
zusätzliche Fließwege durch den <strong>Wärme</strong>speicher<br />
zu schaffen. Mit dieser Wasser-Rissbildungstechnik<br />
kann die Produktivität von Lager-<br />
stätten gezielt gesteigert werden. Nach der<br />
Anwendung dieses Verfahrens in der Bohrung<br />
Groß Schönebeck konnte eine Reservoirproduktivität<br />
erreicht werden, die geothermische<br />
Stromerzeugung am Standort möglich macht.<br />
Im Mittelpunkt aktueller Forschungsprojekte<br />
stehen Verfahren zur Optimierung der Arbeiten<br />
im Untertagebereich. Die für eine geothermische<br />
Anlage erforderlichen Bohrungen stellen<br />
beim gegenwärtigen technischen <strong>und</strong> technologischen<br />
Stand noch die höchsten Kosten dar.<br />
Hier liegen große Einsparungspotenziale:<br />
Verbesserte Bohrtechnologien <strong>und</strong><br />
-strategien sollen die Anfangsinvestitionskosten<br />
für geothermische Tiefbohrungen<br />
kostengünstiger <strong>und</strong> den Bohrprozess<br />
sicherer gestalten.<br />
Erhöhung der Lebensdauer von<br />
Bohrungswerkzeugen<br />
Senkung des <strong>Energie</strong>- <strong>und</strong> Material-<br />
verbrauches während des Bohrens<br />
Komplettierungssysteme speziell<br />
für die Geothermieanwendung<br />
speicherschonende Aufschlussverfahren<br />
Beim Abteufen einer für den Herbst 2005<br />
geplanten neuen Forschungsbohrung in Groß<br />
Schönebeck soll der <strong>Wärme</strong>speicher durch<br />
besonders schonendes Bohren mittels spezieller<br />
Kühl- <strong>und</strong> Spülverfahren für die angestrebte<br />
Langzeitnutzung optimal vorbereitet werden.<br />
Im August 2005 wurden durch das B<strong>und</strong>esumweltministerium<br />
<strong>und</strong> das Wirtschaftsministerium<br />
Brandenburg die Mittel für die zweite<br />
Forschungsbohrung bereitgestellt:<br />
Der Standort wird mit der zweiten Bohrung zu<br />
einem Dublettensystem <strong>aus</strong>gebaut. In einem<br />
Thermalwasserkreislauf sollen erstmalig in<br />
Deutschland die für die Stromerzeugung<br />
erforderlichen Mengen von 150 °C heißem<br />
Tiefenwasser gefördert <strong>und</strong> die Nachhaltigkeit<br />
der Förderung überprüft werden. Die zweite<br />
Bohrung eröffnet die praktische Chance, neuentwickelte<br />
Verfahren einzusetzen, um geothermische<br />
Stromerzeugung in der Zukunft planungssicher<br />
<strong>und</strong> wirtschaftlich zu ermöglichen.<br />
Damit werden die Vor<strong>aus</strong>setzungen für den<br />
Betrieb eines geothermischen Kraftwerkes in<br />
Zusammenarbeit mit dem Industriepartner<br />
Vattenfall Europe geschaffen, wodurch Forschungsergebnisse<br />
schnell in die wirtschaftliche<br />
Anwendung kommen.<br />
Das Genesys-Projekt Hannover<br />
In dem vom BMU geförderten Forschungsvorhaben<br />
GeneSys werden neue Einbohrloch-<br />
Ver fahren zur <strong>Wärme</strong>gewinnung <strong>aus</strong> geringdurchlässigen<br />
Sedimentgesteinen des tiefen<br />
Untergr<strong>und</strong>es erprobt. [2] Schlüsseltechnologie<br />
ist auch hier die Stimulation mittels der Wasser-<br />
Rissbildungstechnik, mit der in hydraulisch<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 1<br />
Fördertest 2001 an<br />
der Bohrung Groß<br />
Schönebeck 3/90<br />
69
FVS LZE Themen 2005<br />
70<br />
dichten Sedimentgesteinen großfl ächige<br />
Gesteinsrisse erzeugt werden. Diese Rissfl ächen<br />
sollen durchströmt <strong>und</strong> somit als <strong>Wärme</strong><strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chfl<br />
ächen zum Entzug der Gesteinswärme<br />
genutzt werden. In der ehemaligen Erdgaserk<strong>und</strong>ungsbohrung<br />
Horstberg Z1 bei Unterlüß<br />
im Norddeutschen Becken wurden in den<br />
vergangenen zwei Jahren erfolgreiche Experimente<br />
zur Entwicklung dieser Verfahren mit<br />
folgenden Ergebnissen durchgeführt:<br />
Durch zwei massive Wasserfrac-Tests<br />
gelang es, in 3.800 m Tiefe eine mehr als<br />
100.000 m² große Rissfl äche in der im<br />
Norddeutschen Becken weit verbreiteten<br />
Buntsandsteinformation zu erzeugen.<br />
Hydraulische Nachuntersuchungen erbrachten<br />
den Beweis, dass der Gesteinsriss trotz<br />
des außerordentlich hohen Gebirgsdrucks,<br />
der in dieser Tiefe herrscht, durch natürliche<br />
Stützmechanismen offen gehalten wird.<br />
Somit kann auf das technisch sehr aufwändi-<br />
ge <strong>und</strong> teure Einbringen künstlicher Stütz-<br />
mittel in die Rissfl ächen verzichtet werden.<br />
Zwei neuartige Einbohrlochkonzepte zum<br />
Entzug der Gesteinswärme wurden erfolgreich<br />
getestet:<br />
Beim „Zyklischen Verfahren“ wird kaltes<br />
Wasser in die Rissfl äche injiziert. Dieses<br />
erwärmt sich während einer Aufwärmphase<br />
<strong>und</strong> wird als Heißwasser wieder zutage<br />
gefördert. Mit diesem im Tages- <strong>und</strong><br />
Wochenzyklus getesteten Verfahren wurden<br />
thermische Leistungen von mehr als 1 MW<br />
erreicht.<br />
Beim „Tiefenzirkulationsverfahren“ wurde<br />
während eines einwöchigen Zirkulationstests<br />
Wasser in den annährend vertikalen Gesteins-<br />
riss verpresst, das sich beim Durchlauf durch<br />
die Rissfl äche erwärmte <strong>und</strong> über eine ca.<br />
120 m oberhalb des Injektionspunktes<br />
gelegene Sandsteinbank wieder in die<br />
Bohrung zurückströmte.<br />
Die mit diesen beiden Verfahren erzielte thermische<br />
Leistung von mehr als 1 MW liegt<br />
deutlich über der Leistungsgrenze einer gleich<br />
tiefen Erdwärmesonde. Numerische Modellrechnungen<br />
zeigen, dass bei Risshalblängen<br />
von mehr als 500 m, wie sie vermutlich in der<br />
Dr. Ernst Huenges Erschließung tiefer Geothermiequellen zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />
Bohrung Horstberg Z1 erreicht wurden, die<br />
thermische Nutzungsdauer des Systems mehr<br />
als 25 Jahre beträgt.<br />
Die Ergebnisse in der Bohrung Horstberg Z1<br />
wurden von einem Expertenteam so positiv beurteilt,<br />
dass im Frühjahr 2005 der Startschuss für<br />
das Demonstrationsvorhaben GeneSys-Hannover<br />
mit folgender Vorgehensweise gegeben wurde:<br />
Im Jahr 2006 soll auf dem Gelände des<br />
Geozentrums Hannover eine ca. 3.800 m<br />
tiefe Bohrung abgeteuft werden.<br />
Mit Hilfe der in der Bohrung Horstberg Z1<br />
erprobten Erschließungskonzepte sollen<br />
zukünftig der Gebäudekomplex des Geozentrums,<br />
das über r<strong>und</strong> 35.000 m² Büro-<br />
<strong>und</strong> Laborfl äche verfügt, geothermisch be-<br />
heizt <strong>und</strong> auf diese Weise jährlich annährend<br />
1 Mio. Kubikmeter Gas eingespart werden.<br />
Das Prometheus-Projekt<br />
Bochum<br />
Zielsetzung des Pilotprojekts Prometheus ist die<br />
Übertragung der HDR-Technologie, wie sie im<br />
europäischen HDR-Projekt Soultz-sous-Forêts zur<br />
Stromerzeugung bei hohen Untergr<strong>und</strong>temperaturen,<br />
einem granitischen Untergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Grabentektonik<br />
entwickelt wurde, auf einenStandort<br />
mit normalen Bedingungen (30°C/km, tiefe<br />
Sedimente des Oberkarbons, [3]. Die geförderte<br />
<strong>Wärme</strong> soll einen Großverbraucher <strong>–</strong> die Ruhr-<br />
Universität, Universitätswohnstadt, Fachhochschule<br />
Bochum <strong>–</strong> ganzjährig mit <strong>Wärme</strong><br />
versorgen (Abb.2). Das Projekt wird in drei<br />
Schritten realisiert:<br />
1. Machbarkeitsstudie<br />
Die Machbarkeitsstudie wurde mit folgenden<br />
Ergebnissen erstellt:<br />
Die Geologie des Untergr<strong>und</strong>s bis ca. 4 km<br />
Tiefe ist durch feinkörnige Tonsteine, Siltstei-<br />
ne, Sandsteine/Grauwacken <strong>und</strong> Quarzite<br />
charakterisiert. Aufgr<strong>und</strong> zahlreicher Daten<br />
<strong>aus</strong> Tiefbohrungen bis ca. 1.200 m Tiefe<br />
kann in 4 km Tiefe eine Temperatur von<br />
120°C prognostiziert werden.
Dr. Ernst Huenges Erschließung tiefer Geothermiequellen zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />
Die physikalischen Eigenschaften der Unter-<br />
gr<strong>und</strong>gesteine wurden detailliert durch<br />
Laborversuche an Proben <strong>aus</strong> Oberfl ächen-<br />
aufschlüssen des südlichen Ruhrgebiets<br />
ermittelt. Sie weisen insbesondere geringe<br />
Permeabilitäten <strong>und</strong> eine gute Stimulierbarkeit<br />
auf.<br />
Der <strong>Wärme</strong>bedarf für 56.000 Personen<br />
beträgt ca. 300.000 MWh/a. Durch die<br />
Erdwärme soll lediglich die Gr<strong>und</strong>last von<br />
ca. 8 MW bereitgestellt werden, das jedoch<br />
über 8.000 Jahresst<strong>und</strong>en. Das erfordert eine<br />
Produktionsrate von ca. 30 Sek<strong>und</strong>enlitern<br />
<strong>aus</strong> der Produktionsbohrung. Die Erdwärme<br />
wird in das vorhandene <strong>Wärme</strong>verteilungs-<br />
netz eingeb<strong>und</strong>en.<br />
2. Erk<strong>und</strong>ungsbohrung<br />
Es wurden durch die Ruhruniversität Bochum<br />
(RUB) ein Erlaubnisfeld von 7 x 7 km zur<br />
Aufsuchung von Erdwärme erworben <strong>und</strong> ein<br />
geeigneter Bohrplatz in unmittelbarer Nähe<br />
der RUB festgelegt. In der Explorationsphase<br />
ist vorgesehen:<br />
Niederbringen der Explorationsbohrung im<br />
Frühjahr 2006. Geophysikalische/geologische<br />
Bohrlochmessungen, moderate Stimulation<br />
mit seismischer Beobachtung mittels einer<br />
600 m tiefen seismischen Beobachtungsboh-<br />
rung.<br />
Bildung eines Betreiber-Konsortiums mit der<br />
Industrie.<br />
3. Realisierung mit der Schaffung des<br />
unterirdischen <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>chers <strong>und</strong> einer<br />
zweiten Tiefbohrung.<br />
Bei Darstellung geeigneter hydraulischer<br />
Verhältnisse im Reservoir, ca. 30 Sek<strong>und</strong>enli-<br />
ter, wird die Bohrlochdublette komplettiert<br />
<strong>und</strong> die Projektrealisierung vorangetrieben.<br />
Das Projekt wird gefördert durch das Land NRW<br />
(im REN-Programm) <strong>und</strong> die Europäische Union<br />
(im Ziel II Phase V Programm).<br />
m NN<br />
-4000<br />
-1000<br />
-2000<br />
-3000<br />
-4000<br />
Bochum-Fm.<br />
Witten-Fm.<br />
Bochum<br />
syncline<br />
Sprockhövel-Fm.<br />
Kaisberg-Fm.<br />
Ziegelschiefer-Fm.<br />
Grauwacken-Quarzit-Fm.<br />
Das SuperC-Projekt Aachen<br />
Bohrung<br />
Alaunschiefer<br />
Zur Sicherung der <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>versorgung<br />
des „SuperC“ (dem neuen Studenten Service<br />
Center der RWTH Aachen mit Studentensekretariat,<br />
Zentralem Prüfungsamt, Akademischem<br />
Auslands amt, Firmenkontaktbüros <strong>und</strong> Konferenzräumen)<br />
soll Erdwärme als <strong>Energie</strong>quelle<br />
genutzt werden. Die Versorgung des Gebäudes<br />
mit geothermischer <strong>Energie</strong> erfolgt über eine<br />
so genannte „tiefe Erdwärmesonde“ [4]. Zu den<br />
erklärten Zielen des entsprechenden Geothermieprojektes<br />
„SuperC“ gehört der Nachweis<br />
über die Realisierbarkeit des B<strong>aus</strong> einer tiefen<br />
Erdwärmesonde im Rahmen der geltenden<br />
gesetzlichen Bestimmungen <strong>und</strong> technischen<br />
Regeln unter Verwendung einfacher <strong>und</strong> ressourcensparender<br />
Methoden. Ein erster wichtiger<br />
Schritt war das Niederbringen der 2.500 m<br />
tiefen Bohrung „RWTH-1“ am zukünftigen<br />
„SuperC“-Standort, Ecke Templergraben/<br />
Wüllner straße, in Aachen im Jahre 2004.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
untercarbonische<br />
<strong>und</strong> devonische<br />
Tonsteine<br />
Stockum<br />
anticline<br />
1000 m<br />
m NN<br />
-4000<br />
-1000<br />
-2000<br />
-3000<br />
-4000<br />
Abbildung 2<br />
Hypothetisches<br />
Bohrprofi l Prometheus<br />
Fm = geol. Formation<br />
71
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 3<br />
Innerstädtische<br />
Bohrung in<br />
Aachen 2004<br />
Webkameraaufnahme<br />
72<br />
Bedingt durch den innerstädtischen Bohrplatz<br />
liegen in direkter Nachbarschaft Hochschulgebäude,<br />
in denen tagsüber Hochschulbetrieb<br />
stattfi ndet (Abb. 3). Die Anwohner <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />
der RWTH Aachen mussten während der<br />
Arbeiten, die r<strong>und</strong> um die Uhr durchgeführt<br />
wurden, weitestgehend vor Lärm- <strong>und</strong> Abgasemissionen<br />
geschützt werden. Berücksichtigung<br />
fand die zwischen 100 <strong>und</strong> 140 Metern entfernte<br />
nächste Wohnbebauung. Trotz vorgenommener<br />
Lärmminderungsmaßnahmen konnte für die<br />
Nachtst<strong>und</strong>en eine Richtwertüberschreitung an<br />
den Immissionsaufpunkten nicht gänzlich<br />
<strong>aus</strong>geschlossen werden.<br />
Dennoch kann von einem reibungslosen<br />
Ablauf der Bohrung gesprochen werden:<br />
Es gab lediglich, vier Anwohnerbeschwerden.<br />
Andererseits hat das äußerst rege Interesse am<br />
Geschehen auf dem Platz die Richtigkeit dieses<br />
Vorgehens in der operativen Phase bestätigt.<br />
Die projektierte Temperatur von 80 °C wurde<br />
erreicht. Die nächsten Schritte umfassen die<br />
geowissenschaftliche Auswertung [5] sowie die<br />
detaillierte Konzipierung der Nutzungsanlage<br />
unter Berücksichtigung des Bohrergebnisses.<br />
Insbesondere muss überprüft werden, welche<br />
<strong>Wärme</strong>mengen mit welcher Temperatur <strong>aus</strong> der<br />
Erdwärmesondenanlage den Nutzungsanlagen<br />
zugeführt werden können.<br />
Dr. Ernst Huenges Erschließung tiefer Geothermiequellen zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />
Schlussfolgerungen<br />
Nach der Realisierung der hier vorgestellten<br />
Projekte kann die Technologie der Einlochbohrung<br />
für den kleineren <strong>Wärme</strong>bedarf weitgehend<br />
betriebssicher durchgeführt werden.<br />
Diese Technologie ist allerdings relativ leistungsarm<br />
für geschlossene tiefe Erdwärmesonden wie<br />
in Aachen <strong>und</strong> etwas leistungsstärker aber auch<br />
betriebsaufwändiger für offene Bohrungen<br />
wie in Hannover.<br />
Für größere <strong>Wärme</strong>abnehmer wie in Bochum<br />
oder Anlagen zur geothermischen Stromer-<br />
zeugung wie in Groß Schönebeck müssen<br />
mindestens zwei Bohrungen niedergebracht<br />
werden, die einem <strong>Wärme</strong>träger den Durch-<br />
fl uss im Reservoir ermöglichen.<br />
Eine Übersicht ist in Tab. 1 gegeben.<br />
(Siehe S. 73 oben)<br />
Die Anfangsinvestitionen für die Bohrungen<br />
nehmen den größten Anteil an den geothermischen<br />
<strong>Wärme</strong>bereitstellungskosten ein. Daher ist<br />
es trotz der unterschiedlichen lokalen Zielstellungen<br />
vorteilhaft, die operativen Arbeiten der<br />
Projekte gemeinsam zu betrachten.<br />
Synergien sind neben der technischen Durchführung<br />
beim Aust<strong>aus</strong>ch der Erfahrungen zur<br />
Güte der Vorerk<strong>und</strong>ungen vorstellbar. So hat<br />
die einzige zurzeit existierende Neubohrung der<br />
vier Beispiele in Aachen keine Übereinstimmung<br />
mit zwei konkurrierenden Vorprofi len gebracht.<br />
Die Vorprofi le in Bochum, Hannover <strong>und</strong> Groß<br />
Schönebeck, die <strong>aus</strong> Informationen <strong>aus</strong> Nachbarbohrungen<br />
<strong>und</strong> auf der Basis von geophysikalischen<br />
Messungen erstellt wurden, müssen<br />
noch durch die Neubohrungen überprüft<br />
werden.<br />
Außer in Aachen werden in den hier vorgestellten<br />
Projekten offene Systeme angewandt. Zur<br />
Gestaltung des unterirdischen <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>chers<br />
im HotDryRock-Verfahren wie in Bochum <strong>und</strong><br />
zur Erweiterung der Fließwege <strong>aus</strong> den wasserführenden<br />
Tiefensedimenten spielt das Verfahren<br />
der hydraulischen Stimulation eine Schlüsselrolle.<br />
Synergien wurden durch die langjährige<br />
Zusammenarbeit zwischen der RUB, BGR/GGA<br />
Hannover <strong>und</strong> GFZ schon nachgewiesen.
Dr. Ernst Huenges Erschließung tiefer Geothermiequellen zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />
Standort Reservoirtiefe<br />
[m]<br />
Temperatur<br />
°C<br />
So wird die Methode des massiven Wasserfracs,<br />
d. h. Stimulation durch das Verpressen großer<br />
Wassermengen, für die geothermische Anwendung<br />
bevorzugt.<br />
Zur Gewährleistung der Nachhaltigkeit der<br />
künstlich erzeugten Risse in den Sedimenten<br />
werden in Groß Schönebeck sogenannte<br />
Stützmittel verwendet. Das Wasser wird dabei<br />
mit hochviskosen Zusätzen versetzt, die sich<br />
in den hydraulisch erzeugten Rissen im Gestein<br />
einlagern <strong>und</strong> sie auch nach der Druckentlastung<br />
am Ende der Stimulationsbehandlung<br />
offen halten.<br />
<strong>Wärme</strong> lässt sich nicht kostengünstig transportieren.<br />
Daher gehört den Anlagen die Zukunft,<br />
die nahe an den Verbrauchern, also nach Möglichkeit<br />
innerstädtisch erstellt werden. Deshalb<br />
verdienen die innerstädtischen Bohrprojekte<br />
in Aachen, Bochum <strong>und</strong> Hannover besondere<br />
Aufmerksamkeit.<br />
Thermische<br />
Leistung <strong>aus</strong><br />
der <strong>Erde</strong><br />
kW geplant<br />
Status Quo<br />
09/2005<br />
Groß Schönebeck 4300 150 10.000 Eine existierende<br />
Bohrung mit<br />
stimuliertem<br />
Reservoir<br />
Hannover GeneSys 3800 130 geschätzt 2.000 Bohrbeginn 2006<br />
Vorerk<strong>und</strong>ung<br />
in Testbohrung<br />
Horstberg<br />
Bochum<br />
Prometheus<br />
Diskussionspunkte<br />
Nach Abschluss der vier Projekte wird man in<br />
der Lage sein zu erkennen, welche Konzepte<br />
realisierbar sind <strong>und</strong> wie man sie beispielhaft<br />
umsetzen kann. Für die Projekte konnten in der<br />
Regel sachbedingt nur unzureichende Abschätzungen<br />
für die <strong>Wärme</strong>gestehungskosten gemacht<br />
werden. Zum Beispiel wurden für das<br />
Bochumer Projekt Kosten von 6,8 Ct für eine<br />
geothermische Kilowattst<strong>und</strong>e <strong>Wärme</strong> prognostiziert.<br />
Die Groß Schönebecker geothermische<br />
Kilowattst<strong>und</strong>e Strom wird vom Investor<br />
Vattenfall Europe angesichts der Einspeisevergütung<br />
von 15 Ct als wirtschaftlich eingestuft.<br />
Dabei sind jedoch die Vorleistungen durch<br />
Nutzung einer Altbohrung <strong>und</strong> die Übernahme<br />
des größten Teils der reinen Bohrkosten der<br />
Neubohrung durch das B<strong>und</strong>esumweltministerium<br />
nicht berücksichtigt worden. Verlässliche<br />
Kosteneinschätzungen können daher erst nach<br />
den ersten Betriebsjahren vorgenommen<br />
werden. Insbesondere kann eine Einschätzung<br />
der Höhe der erforderlichen Hilfsenergie erst<br />
nach Erreichen des optimalen Betriebspunktes<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Nutzungskonzept Inbetrieb-<br />
nahme<br />
Stromerzeugung durch<br />
Wandleranlage (z. B. ORC)<br />
gespeist mit Tiefenwasser<br />
unter Nutzung einer<br />
Dublette (Förder- <strong>und</strong><br />
Injektionsbohrung)<br />
(Hydrothermalverfahren)<br />
<strong>Wärme</strong>versorgung mit<br />
Einbohrlochverfahren mit<br />
Nutzung von künst-lichen<br />
Fließwegen im Gebirge<br />
4000 < 120 geschätzt 8.000 Bohrbeginn 2006 <strong>Wärme</strong>versorgung<br />
(Dublette) gespeist<br />
mit Wässer, die durch<br />
künstlichen <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher<br />
im Gebirge zirkulieren<br />
(HotDryRock-Verfahren)<br />
Aachen SuperC 2500 >80 450 planung Eine existierende<br />
Bohrung<br />
<strong>Wärme</strong>versorgung mit<br />
geschlossener tiefer<br />
Erdwärmesonde<br />
2007 bei<br />
plangemäßer<br />
Erfüllung von<br />
gesetzten<br />
Meilensteinen<br />
offen<br />
offen<br />
offen<br />
Tabelle 1<br />
Übersicht über<br />
Geothermieforschungsprojekte<br />
in Nord-<br />
Deutschland<br />
(Stand 09/2005)<br />
73
FVS LZE Themen 2005<br />
74<br />
der Erdwärmegewinnung gemacht werden.<br />
Erst realisierte Projekte geben uns auch Daten<br />
für das Langzeitverhalten des Reservoirs.<br />
Die <strong>Wärme</strong>gewinnung <strong>aus</strong> tiefen Speichern ist<br />
nicht immer erfolgreich. Der Erfolg kann immer<br />
erst nach Abschluss der Projekte genauer eingeschätzt<br />
werden, d. h. ob z. B. die Vorhersage der<br />
Qualität der Lagerstätte <strong>und</strong> ihrer Fündigkeit<br />
treffend genug war, ob die geologisch bedingten<br />
technischen Risiken beim Bohren richtig<br />
eingeschätzt wurden aber auch Fragen der<br />
Nachhaltigkeit des Reservoirs <strong>und</strong> deren Auswirkung<br />
auf die Betriebssicherheit der Anlage<br />
müssen beantwortet werden. In diesem Zusammenhang<br />
muss betont werden, dass die Betriebssicherheit<br />
von SuperC als sehr hoch einzustufen<br />
ist, wenngleich die spezifi sche Kilo-<br />
wattst<strong>und</strong>e mit erheblich höherem Aufwand<br />
gewonnen wird.<br />
Her<strong>aus</strong>stellen möchten wir hier noch einmal die<br />
Bedeutung von Demonstrationsvorhaben, die<br />
ermöglichen, neue <strong>und</strong> un<strong>aus</strong>gereifte Techniken<br />
in der Anwendung zu erproben, um die Qualität<br />
<strong>und</strong> den Wirkungsgrad geothermischer Anlagen<br />
zu steigern. Positiv ist, dass mittlerweile eine<br />
zunehmende Investitionsbereitschaft in der<br />
Industrie zu verzeichnen ist.<br />
Die Planungssicherheit <strong>und</strong> die Wirtschaftlichkeit<br />
geothermischer Anlagen stehen daher im<br />
Fokus der aktuellen geothermischen Technologieentwicklung.<br />
Wir müssen die Effi zienz<br />
der Endprodukte bewerten, um zu einer noch<br />
klareren Aussage zu kommen, was wir durch<br />
gezielte Forschungsanstrengungen weiter optimieren<br />
können. Erst dann können wir die<br />
offensichtlichen Vorteile der Geothermie nutzen<br />
<strong>und</strong> unabhängig von Saison <strong>und</strong> Tageszeit<br />
eine nachhaltige umweltfre<strong>und</strong>liche <strong>Energie</strong><br />
bereitstellen.<br />
Dr. Ernst Huenges Erschließung tiefer Geothermiequellen zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />
Literatur<br />
[1] Huenges, E., Holl, H.-G., Legarth, B.,<br />
Zimmermann, G., Saadat, A.,<br />
Tischner, T. (2004) Hydraulic stimulation of<br />
a sedimentary geothermal reservoir in the<br />
North German basin: case study Groß<br />
Schönebeck, Zeitschrift für Angewandte<br />
Geologie, 50, 2, 24-27.<br />
[2] Orzol J., Jatho R., Jung R, Kehrer P. &<br />
Tischner T. (2004) The GeneSys Project:<br />
Development of concepts for the extrac-<br />
tion of heat from tight sedimentary<br />
rocks, Zeitschrift für Angewandte<br />
Geologie, 50, 2.<br />
[3] Grosse K, Rummel F. & Wagner H. J.<br />
(2004) The Prometheus Project for Geo-<br />
thermal Heat Supply of the Ruhr University<br />
Bochum, Zeitschrift für Angewandte<br />
Geologie, 50, 2.<br />
[4] Herzog, C., L<strong>und</strong>ersh<strong>aus</strong>en, St., Niemann-<br />
Delius, C., Preuße, A., (2005) “The<br />
Geothermal Project ”SuperC” of RWTH<br />
Aachen University / Phase I: The well<br />
„RWTH-1”” in IGA NEWS (Newsletter of<br />
the International Geothermal Association),<br />
issue No. 61, July - September 2005.<br />
[5] Trautwein, U., Kukla, P. (2005): Aachen<br />
Geothermal Well “RWTH-1” <strong>–</strong> The geosci-<br />
entifi c research program. Meuse-Rhine<br />
Euregio Geologists Meeting, Alden Biesen<br />
(Belgian Limbourg), abstract volume p. 18,<br />
20-21 May 2005.
Prof. Dr. Felix Ziegler Energetische Nutzung von <strong>Wärme</strong>quellen niedriger Temperatur<br />
Energetische Nutzung von <strong>Wärme</strong>quellen<br />
niedriger Temperatur<br />
Einleitung<br />
Niedertemperaturwärme ist in unspektakulärer<br />
Weise überall vorhanden. Am auffälligsten ist<br />
wohl die Solarwärme, weil die Kollektoren überall<br />
sichtbar sind. Am besten versteckt ist die<br />
Geothermie, die zwar überall vorhanden ist,<br />
aber nur an wenigen Stellen deutlich zu Tage<br />
tritt. Während die Ausbeutung von Solarenergie<br />
<strong>und</strong> Geothermie teuer ist <strong>und</strong> ihre Nichtnutzung<br />
betriebswirtschaftlich nichts kostet, gilt<br />
dies nicht für den dritten Typus von <strong>Wärme</strong>quelle,<br />
den wir betrachten wollen: die Abwärme<br />
<strong>aus</strong> Industrie prozessen. Sie ist deswegen besonders<br />
interessant, weil ihre Entsorgung selbst<br />
schon Geld kostet wegen Investition <strong>und</strong> Betrieb<br />
der nötigen Kühltürme. Die weitere Nutzung<br />
wird dadurch beträchtlich erleichtert.<br />
Eine Abschätzung des theoretischen Potentials<br />
zeigt, dass es groß genug ist, um technische<br />
Anstrengungen zu rechtfertigen. Dieser Aufsatz<br />
soll dazu dienen, Nutzungsmöglichkeiten,<br />
Grenzen <strong>und</strong> insbesondere Entwicklungsbedarf<br />
zu zeigen.<br />
Eine grobe Charakterisierung der Niedertemperaturwärmequellen<br />
ist in Tab. 1 gegeben.<br />
Die Temperaturbereiche der <strong>Wärme</strong>quellen sind<br />
durch<strong>aus</strong> ähnlich, wobei die Spanne bei Industrieabwärme<br />
am größten ist. Allen Quellen gemeinsam<br />
ist auch, dass die <strong>Wärme</strong>energie meist<br />
in Form warmem Wassers zwischengespeichert<br />
wird <strong>und</strong> so genutzt werden kann. Die Temperaturspreizung<br />
∇<br />
T zwischen Vor- <strong>und</strong> Rücklauf in<br />
diesem Heißwasser ist eine sehr wichtige Größe,<br />
die wir im Folgenden für die Diskussion der verschiedenen<br />
Nutzungsmöglichkeiten verwenden<br />
werden.<br />
Es fällt auf, dass trotz aller Ähnlichkeit im Angebot<br />
die typische Nutzung der drei <strong>Wärme</strong>quellen<br />
unterschiedlich ist. Bei den Überlegungen<br />
zur Nutzung ist zuerst der lokale Bedarf<br />
zu beachten.<br />
In der Verwendung ist elektrische <strong>Energie</strong><br />
immer am vielseitigsten, denn sie kann immer<br />
in die anderen <strong>Energie</strong>formen umgewandelt<br />
werden <strong>und</strong> ist leicht zu transportieren.<br />
Es sollte aber auch der Wert der verschiedenen<br />
<strong>Energie</strong>dienstleistungen (vermiedener Einkauf)<br />
<strong>und</strong> der hierfür nötige Aufwand betrachtet<br />
werden. Für letzteren kann als ein intuitiver,<br />
qualitativer Maßstab die Summe derjenigen<br />
<strong>Wärme</strong>mengen verwendet werden, die zur Bereitstellung<br />
von einer Megawattst<strong>und</strong>e (MWh)<br />
Nutzenergie umgesetzt, das heißt aufgenommen<br />
<strong>und</strong> abgegeben werden müssen. Die Unterschiede<br />
im Aufwand sind deutlich größer als<br />
beim Marktwert, wie Tab. 2 zeigt. Dies spricht<br />
dafür, dass die oben skizzierten Nutzungsunterschiede<br />
nicht ganz marktgerecht sein können.<br />
Bei der direkten Nutzung als <strong>Wärme</strong> treten<br />
keine besonderen anwendungstechnischen<br />
Probleme auf. Interessant <strong>–</strong> <strong>und</strong> aufwändiger<br />
umzusetzen <strong>–</strong> ist aber die Möglichkeit, das<br />
Temperaturniveau mittels unterschiedlicher<br />
<strong>Wärme</strong>transformationsprozesse zu verschie ben.<br />
Tabelle 1<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Prof. Dr. Felix Ziegler<br />
TU Berlin - Institut für<br />
<strong>Energie</strong>technik<br />
Felix.Ziegler@tu-berlin.de<br />
Dr. Wolfgang<br />
Eisenmann<br />
ISFH<br />
w.eisenmann@isfh.de<br />
Dr. Hans-Martin<br />
Henning<br />
Fraunhofer ISE<br />
hans-martin.henning@<br />
ise.fraunhofer.de<br />
Dr. Silke Köhler<br />
GFZ Potsdam<br />
skoe@gfz-potsdam.de<br />
<strong>Sonne</strong>nwärme Geothermie Abwärme<br />
Angebot sehr groß mittel groß<br />
Dargebot ungleichmäßig gleichmäßig gleichmäßig<br />
Leistungsdichte niedrig hoch hoch<br />
Typische Nutzung für <strong>Wärme</strong> <strong>Wärme</strong>, Kraft <strong>Wärme</strong>, <strong>Kälte</strong><br />
Tabelle 2<br />
Wert Aufwand<br />
<strong>Wärme</strong> 5 Ct/kWh 1 MWh <strong>Wärme</strong>umsatz pro MWh Nutzwärme<br />
<strong>Kälte</strong> 10 Ct/kWh 5 MWh <strong>Wärme</strong>umsatz pro MWh <strong>Kälte</strong><br />
Kraft 20 Ct/kWh 20 MWh <strong>Wärme</strong>umsatz pro MWh elektrische <strong>Energie</strong>
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 1<br />
Anlagen zur Nutzung<br />
von Niedertemperaturwärme:<br />
Oben:<br />
Absorptions-Dampfkraftwerk<br />
(Kalina)<br />
mit 2MW el Leistung<br />
in Husavik, Island<br />
Photo Siemens PG<br />
Unten links:<br />
Solar angetriebene<br />
Absorptionskälteanlage<br />
der Firma Phönix<br />
<strong>Sonne</strong>nwärme AG mit<br />
10kW <strong>Kälte</strong>leistung<br />
Photo TUB<br />
Unten rechts:<br />
Zinkdach als „unsichtbare<br />
<strong>Wärme</strong>quelle“ für<br />
eine <strong>Wärme</strong>pumpe<br />
Photo Rheinzink<br />
76<br />
Die Nutzung zur <strong>Kälte</strong>versorgung kann mit<br />
Standardanlagen nicht immer erreicht werden.<br />
Hier sind besser angepasste <strong>Kälte</strong>kreisprozesse<br />
denkbar <strong>und</strong> wünschenswert. Dies gilt umso<br />
mehr für die Stromerzeugung, da übliche Kraftwerks<br />
prozesse bei großen Temperaturspreizungen<br />
in der <strong>Wärme</strong>quelle unpassend sind.<br />
Es muss ein Dreiecksprozeß angestrebt werden.<br />
Im Folgenden werden alle drei Sektoren diskutiert.<br />
Beispiele dazu sind in Abb. 1 aufgeführt.<br />
Elektrische <strong>Energie</strong> <strong>aus</strong><br />
Niedertemperaturwärme<br />
Wir betrachten in Abb. 2 (links) eine <strong>Wärme</strong>kraftanlage,<br />
aber nicht im Detail, sondern nur als<br />
Blackbox; sie ist charakterisiert durch die Temperaturen<br />
der <strong>Wärme</strong>senke (Umgebung) T1 <strong>und</strong><br />
der Niedertemperaturwärmequelle mit Vorlauf<br />
(ein) <strong>und</strong> Rücklauf (<strong>aus</strong>) T 2e <strong>und</strong> T 2a .<br />
Prof. Dr. Felix Ziegler Energetische Nutzung von <strong>Wärme</strong>quellen niedriger Temperatur<br />
Die Temperaturspreizung der <strong>Wärme</strong>quelle Q 2<br />
sei T D = T 2e -T 2a , die der Senke sei vernachlässigbar<br />
klein. Erster <strong>und</strong> zweiter Hauptsatz der Thermodynamik<br />
liefern uns für den thermischen<br />
Wirkungsgrad η = W/Q 2 , unter Berücksichtigung<br />
der thermodynamischen Güte g (Verhältnis<br />
zwischen realem <strong>und</strong> idealem Wirkungsgrad):<br />
(siehe Gleichung 1).<br />
Es ist offensichtlich, wie der bekannte Carnot-<br />
Wirkungsgrad (T 2e -T 1 )/T 2e durch die Spreizung<br />
verringert wird. In Abb. 2 (rechts) ist dieses Verhalten<br />
dargestellt. Aufgr<strong>und</strong> der vergleichsweise<br />
niedrigen Temperatur der <strong>Wärme</strong>quelle kann<br />
natürlich kein hoher thermischer Wikungsgrad<br />
erwartet werden. Aber selbst mit Rücklauftemperaturen<br />
von 60 °C können von der Anlage<br />
noch 10 % erzielt werden, wenn die Vorlauftemperatur<br />
hoch genug (hier 120 °C) ist.<br />
Dies ist allerdings nur mit speziell <strong>aus</strong>gelegte<br />
Kreisläufen möglich: Prozesse mit organischen<br />
Arbeitsmitteln oder Sorptions-Kraftprozesse.
Prof. Dr. Felix Ziegler Energetische Nutzung von <strong>Wärme</strong>quellen niedriger Temperatur<br />
Q 2<br />
8%<br />
6%<br />
4%<br />
Systemwirkungsgrad 10 %<br />
2%<br />
0%<br />
T 2e<br />
T 2a<br />
Q 2 = <strong>Wärme</strong>quelle<br />
W = Nutzbarkeit<br />
Gleichung 1<br />
100 °C<br />
(R290)<br />
W<br />
10 %<br />
Organic Rankine Cycle Kalina-Kreislauf<br />
125 °C<br />
(RC318)<br />
150 °C<br />
(R600a)<br />
Luftkühlung<br />
Wasserkühlung<br />
175 °C<br />
(R600)<br />
Thermalwasser Vorlauf (Arbeitsmittel)<br />
Erstere sind auch unter dem Namen ORC,<br />
letztere unter dem Namen Kalina-Prozess<br />
(Abb. 1) bekannt.<br />
T 1<br />
200 °C<br />
(i-C5)<br />
Die hier durchgeführte Abschätzung ist natürlich<br />
recht grob, aber durch<strong>aus</strong> treffend für den<br />
eigentlichen Kraftwerksprozess. Im Gesamtsystem<br />
kommt meist noch ein nicht zu vernachlässigender<br />
Eigenbedarf hinzu, wie beispielsweise<br />
für die Tiefenpumpe für das zu fördernde<br />
Wasser bei geothermischen Anlagen.<br />
Q 1<br />
Wirkungsgrad η<br />
0,15<br />
0,1<br />
0,05<br />
η = [ 1-<br />
T 1<br />
T 2e - T 2a<br />
Systemwirkungsgrad<br />
8%<br />
6%<br />
4%<br />
2%<br />
0%<br />
ln T 2e<br />
T 2a<br />
80 °C<br />
]<br />
[<br />
g ≈ T 2e - T 1<br />
T 2e<br />
Thermalwassertemperatur<br />
Luftkühlung<br />
Wasserkühlung<br />
100 °C 125 °C 150 °C 175 °C 200 °C<br />
Eine genauere Simulation führt auf die Systemwirkungsgrade<br />
in Abb. 3 [1]. Aus den Unterschieden<br />
zwischen Abb. 2 <strong>und</strong> 3 kann abgeleitet<br />
werden, dass eine gute Abstimmung der Systemtechnik<br />
von immenser Bedeutung für die<br />
Nutzung von Niedertemperaturwärme ist.<br />
1 Die den <strong>Wärme</strong>übergang treibende<br />
Temperaturdifferenz<br />
100 °C<br />
-<br />
1<br />
2<br />
T DT<br />
1<br />
2 T2e 120 °C<br />
Vorlauftemperaturen T<br />
2e<br />
0<br />
40 60 80 100 120<br />
Rücklauftemperatur T 2a [°C]<br />
]<br />
g<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 2<br />
Links: Repräsentation<br />
eines Kraftwerkes mit<br />
gleitender Antriebstemperatur<br />
(Vorlauf<br />
T 2e , Rücklauf T 2a ) <strong>und</strong><br />
Kühlwassertemperatur<br />
T 1<br />
Rechts: Wirkungsgrad<br />
η = W/Q 2 des<br />
Kraftwerkes nach<br />
Gleichung (1);<br />
Kühlwassertemperatur<br />
31°C, Grädigkeit 1<br />
5K, Güte 0,7<br />
Abbildung 3<br />
Systemwirkungsgrade<br />
geothermischer<br />
Kraftwerke:<br />
Links:<br />
Organic Rankine Cycle;<br />
Rechts:<br />
Kalina-Kreislauf [1]<br />
77
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 4<br />
Links: Repräsentation<br />
einer Absorptionskälteanlage<br />
mit gleitender<br />
Antriebstemperatur<br />
(Vorlauf T 2e , Rücklauf<br />
T 2a ), Kühlwassertemperatur<br />
T 1 <strong>und</strong><br />
<strong>Kälte</strong>produktion bei T 0<br />
Rechts: <strong>Wärme</strong>verhältnis<br />
ζ = Q 0 /Q 2 der<br />
<strong>Kälte</strong>anlage nach<br />
Gleichung (2);<br />
Kühlwassertemperatur<br />
31 °C, <strong>Kälte</strong>produktion<br />
bei 9 °C, Grädigkeit 5K,<br />
Güte 0,7<br />
Abbildung 5<br />
<strong>Wärme</strong>verhältnis<br />
ζ = Q 0 /Q 2 einer Singleeffect/Double-lift<br />
Absorptionskälteanlage<br />
als Funktion des<br />
Volumenstroms der<br />
Niedertemperaturwärmequelle<br />
(Heißwasser)<br />
[2]<br />
78<br />
Q 2<br />
Q 0<br />
T 2e<br />
T 2a<br />
T 0<br />
T 1<br />
<strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> Niedertemperaturwärme<br />
Wir betrachten nun das Schema einer Sorptionskälteanlage<br />
(Abb. 4 links). Sie ist zusätzlich<br />
charakterisiert durch die Temperatur der erzeugten<br />
<strong>Kälte</strong> T 0 . Der erste <strong>und</strong> zweite Hauptsatz der<br />
Thermodynamik liefern uns das sogenannte<br />
<strong>Wärme</strong>verhältnis ζ = Q 0 /Q 2 , welches die Menge<br />
<strong>Kälte</strong> angibt, die <strong>aus</strong> einer bestimmten <strong>Wärme</strong>menge<br />
erzeugt werden kann:<br />
(siehe Gleichung 2)<br />
Gleichung 1 muss lediglich mit der Leistungszahl<br />
T 0 /(T 1 -T 0 ) einer reversiblen <strong>Kälte</strong>anlage<br />
multipliziert werden; es ergibt sich Abb. 4 (rechts).<br />
Der thermische Wirkungsgrad für <strong>Kälte</strong> ist etwa<br />
eine Größenordnung größer ist als der thermische<br />
Wirkungsgrad für Kraftwerke. Es kann<br />
etwa zehnmal soviel <strong>Kälte</strong> wie Strom erzeugt<br />
werden. Selbst mit Rücklauftemperaturen von<br />
60 °C kann noch die gesamte in den Prozess<br />
hineingesteckte Niedertemperaturwärme in<br />
Nutzkälte verwandelt werden, wenn die<br />
Vorlauftemperatur 120 °C beträgt.<br />
Prof. Dr. Felix Ziegler Energetische Nutzung von <strong>Wärme</strong>quellen niedriger Temperatur<br />
Q 1<br />
<strong>Wärme</strong>verhältnis ζ<br />
1,25<br />
Gleichung 2 [ 1-<br />
ζ =<br />
T - T 2e 2a<br />
T0 (T - T ) 1 0<br />
1<br />
0,75<br />
0,5<br />
0,25<br />
T 1<br />
ln T 2e<br />
T 2a<br />
g ≈ ]<br />
80 °C<br />
100 °C<br />
T T - T 1<br />
0 2e 1 -<br />
(T - T ) [ T 2<br />
1 0 2e<br />
120 °C<br />
Vorlauftemperaturen T<br />
2e<br />
0<br />
40 60 80 100 120<br />
Rücklauftemperatur T [°C]<br />
2a<br />
DT<br />
T1 2 T2e Dafür sind allerdings wiederum speziell <strong>aus</strong>gelegte<br />
Kreisläufe nötig; die standardmäßig<br />
eingesetzten Kaltwassersätze sind für diesen<br />
Einsatzfall ungeeignet. Das nötige Wissen ist<br />
aber gr<strong>und</strong>sätzlich vorhanden. Abb. 5 zeigt als<br />
Beispiel gemessene Leistungsdaten einer von<br />
der Firma Entropie GmbH nach einem Konzept<br />
des ZAE Bayern gebaute Anlage [2].<br />
<strong>Wärme</strong>verhältnis ζ<br />
0,6<br />
0,5<br />
0,4<br />
0,3<br />
45 °C<br />
50 °C<br />
0 2 4 6<br />
Heißwasser Volumenstrom [Liter/Sek<strong>und</strong>e]<br />
100 °C<br />
80 °C<br />
55 °C<br />
95 °C<br />
75 °C<br />
60 °C<br />
90 °C<br />
70 °C<br />
65 °C<br />
Rücklauf<br />
85 °C<br />
60 °C<br />
]<br />
Heißwasser<br />
Vorlauf<br />
g<br />
100 °C<br />
90 °C<br />
80 °C<br />
70 °C<br />
60 °C
Prof. Dr. Felix Ziegler Energetische Nutzung von <strong>Wärme</strong>quellen niedriger Temperatur<br />
Aufwertung von<br />
Niedertemperaturwärme<br />
Die thermische Aufwertung von <strong>Wärme</strong> geschieht<br />
mit <strong>Wärme</strong>pumpen. Meist verwenden<br />
<strong>Wärme</strong>pumpen als <strong>Wärme</strong>quelle die Umgebung<br />
in Form von Luft, Erdreich oder Gr<strong>und</strong>wasser.<br />
Deren Temperatur ist typischerweise kälter als<br />
bei den bisher diskutierten Beispielen. Es ist aber<br />
bekannt, dass eine <strong>Wärme</strong>pumpe umso effi zienter<br />
arbeitet, je höher die Temperatur der <strong>Wärme</strong>quelle<br />
ist. Dies bedeutet, dass <strong>Wärme</strong> im von uns<br />
bisher betrachteten Temperaturbereich hervorragend<br />
als <strong>Wärme</strong>quelle für alle Arten <strong>und</strong> Anwendungen<br />
von <strong>Wärme</strong>pumpen geeignet ist.<br />
<strong>Wärme</strong>pumpen zur <strong>Wärme</strong>rückge winnung sind<br />
gut bekannt, weshalb hier nur auf die weiter in<br />
die Zukunft weisenden Arbeiten des ISFH <strong>und</strong><br />
des Fraunhofer ISE in diesem Bereich hingewiesen<br />
werden soll:<br />
Am ISFH werden <strong>Wärme</strong>versor gungs systeme<br />
untersucht, die speziell <strong>aus</strong>gelegte, dachintegrierte<br />
Solar kollektoren (siehe Abb.1) <strong>und</strong> das<br />
Erdreich als <strong>Wärme</strong>quelle für eine <strong>Wärme</strong>pumpe<br />
verwenden <strong>und</strong> geringe Kosten sowie hohe<br />
Effi zienz <strong>und</strong> gutes Lastverhalten versprechen.<br />
Q 2<br />
T 2e<br />
T 2a<br />
Gleichung 3 [ 1-<br />
ζ'=<br />
(T - T ) T - T 3 1 2e 2a<br />
T 3<br />
T 1<br />
Q 3<br />
Q 1<br />
<strong>Wärme</strong>verhältnis ζ<br />
T 3<br />
0,5<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
0,1<br />
0<br />
T 1<br />
Am Fraunhofer ISE wird insbesondere die<br />
<strong>Wärme</strong>speicherung im Zusammenhang mit<br />
<strong>Wärme</strong> pumpen untersucht.<br />
Zum Schluss wollen wir noch auf einen anderen,<br />
weniger bekannten <strong>Wärme</strong>pumpen-Prozess eingehen:<br />
den Absorptionswärmetransformator<br />
(Abb. 6 links), der im thermodynamischen Sinne<br />
gegenläufi g arbeitende Prozess zur Absorptionskältemaschine.<br />
Er ist in der Lage, ohne zusätzlichen<br />
Antrieb einen Teil der zur Verfügung<br />
stehenden Niedertemperaturwärme Q 2 aufzuwerten,<br />
sodass er als Q 3 bei T 3 genutzt werden<br />
kann. Diesen Anteil bezeichnen wir als ζ’ = Q 3 /Q 2<br />
(Abb. 6 rechts)/Gleichung 3)<br />
Der thermische Wirkungsgrad zur Aufwertung<br />
von <strong>Wärme</strong> liegt zwischen elektrischem Wirkungsgrad<br />
<strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>verhältnis. Mit Rücklauftemperaturen<br />
von 60 °C kann noch über ein<br />
Drittel der in den Prozess hineingesteckten<br />
Niedertemperaturwärme in Nutzwärme bei<br />
150 °C verwandelt werden, wenn die Vorlauftemperatur<br />
120 °C ist. Während von diesen<br />
Anlagen in den 80er Jahren etwa ein Dutzend<br />
betrieben wurden, sind sie heute wieder in<br />
Vergessenheit geraten.<br />
ln T 2e<br />
T 2a<br />
g ≈ ]<br />
T T - T 1<br />
3 2e 1 -<br />
(T - T ) [ T 2<br />
3 1 2e<br />
80 °C<br />
100 °C<br />
D<br />
T T 1<br />
2 T2e ]<br />
g<br />
120 °C<br />
Vorlauftemperaturen T<br />
2e<br />
40 60 80 100 120<br />
Rücklauftemperatur T [°C]<br />
2a<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 6<br />
Links: Repräsentation<br />
eines Absorptionswärmetransformators<br />
mit<br />
gleitender Antriebstemperatur<br />
(Vorlauf<br />
T , Rücklauf T ),<br />
2e 2a<br />
Kühlwassertemperatur<br />
T <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>-<br />
1<br />
produktion bei T<br />
Rechts: <strong>Wärme</strong>verhältnis<br />
ζ'=Q /Q des<br />
3 2<br />
Transformators nach<br />
Gleichung (3);<br />
Kühlwassertemperatur<br />
31°C, <strong>Wärme</strong>produktion<br />
bei 150°C,<br />
Grädigkeit 5K,<br />
Güte 0,7 79
FVS LZE Themen 2005<br />
80<br />
Zusammenfassung<br />
<strong>und</strong> Ausblick<br />
Als Niedertemperaturwärmequellen werden<br />
thermische Solarenergie, Erdwärme <strong>und</strong> Industrieabwärme<br />
gemeinsam betrachtet. Die<br />
<strong>Wärme</strong> kann als <strong>Wärme</strong> genutzt, in der Temperatur<br />
aufgewertet oder in <strong>Kälte</strong> oder elektrische<br />
<strong>Energie</strong> umgewandelt werden. Eigenschaften<br />
<strong>und</strong> Randbedingungen sowie Nutzung sind bei<br />
den jeweiligen <strong>Wärme</strong>quellentypen unterschiedlich.<br />
Es wurden die thermodynamischen Grenzen<br />
<strong>und</strong> angepasste Kreisläufe zur Bereitstellung der<br />
drei <strong>Energie</strong>dienstleistungen diskutiert. Dabei<br />
zeigt sich, dass eine große Vielfalt von Möglichkeiten<br />
existiert, <strong>aus</strong> Niedertemperaturquellen<br />
Nutzwärme, <strong>Kälte</strong> oder elektrische <strong>Energie</strong><br />
bereitzustellen.<br />
Ein grober Vergleich der Produktion von Nutzwärme,<br />
<strong>Kälte</strong> oder elektrische <strong>Energie</strong> <strong>aus</strong> Niedertemperaturquellen<br />
in wirtschaftlicher Hinsicht<br />
zeigt, dass nicht immer das hochpreisige<br />
Produkt Strom am wirtschaftlichsten erzeugt<br />
wird. Insbesondere die <strong>Kälte</strong>dienstleistung verdient<br />
mehr Aufmerksamkeit. Das Produkt <strong>aus</strong><br />
Marktwert <strong>und</strong> erzeugbarer Nutzenergie ist hier<br />
am größten. Der Aufwand ist zwar viel größer<br />
als bei der direkten <strong>Wärme</strong>nutzung, aber geringer<br />
als bei der Stromerzeugung oder der<br />
<strong>Wärme</strong>transformation.<br />
In diesem Aufsatz werden die thermodynamischen<br />
Grenzen zur Nutzung von Niedertemperatur<br />
gezeigt, die technischen Realisierungen<br />
aber nur angedeutet. Es ist offensichtlich, dass<br />
eine große Vielfalt von bisher nur wenig genutzten<br />
Möglichkeiten existiert, <strong>aus</strong> Niedertemperatur<br />
wärmequellen Nutzwärme, <strong>Kälte</strong><br />
oder elektrische <strong>Energie</strong> bereitzustellen. Über<br />
das hier gezeigte hin<strong>aus</strong> befi nden sich offene<br />
Systeme zur Klimatisierung wie auch zur <strong>Wärme</strong>rückgewinnung<br />
in Entwicklung oder werden<br />
bereits eingesetzt. Entwicklungs bedarf besteht<br />
im Detail, aber das gr<strong>und</strong>legende Know-how<br />
ist vorhanden.<br />
Prof. Dr. Felix Ziegler Energetische Nutzung von <strong>Wärme</strong>quellen niedriger Temperatur<br />
Literatur<br />
[1] Köhler, S. (2005): Geothermisch angetriebene<br />
Dampfkraftprozesse. Analyse <strong>und</strong><br />
Prozessvergleich binärer Kraftwerke.<br />
Dissertation an der TU Berlin.<br />
[2] Schweigler, C. (1999): <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> Fernwärme.<br />
Konzept, Auslegung <strong>und</strong> Betrieb<br />
der Single-Effect/Double-Lift-Absorptionskälteanlage.<br />
Fortschritt-Berichte des VDI,<br />
Reihe 19, Nr.121, Düsseldorf.
Prof. Dr. Rolf Bracke <strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe Geothermie<br />
<strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe<br />
Geothermie<br />
Einführung<br />
Die aktuellen Zuwachsraten der <strong>Wärme</strong>pumpenbranche<br />
sind beachtlich: mit fast 30 % im Jahr<br />
2004 baute sie den Anteil am deutschen <strong>Wärme</strong>-<br />
versorgungsmarkt stetig <strong>aus</strong> (Abb. 1). Zurückzuführen<br />
ist die Entwicklung auf eine vergleichsweise<br />
einfache, <strong>aus</strong>gereifte Technik, die vermehrte<br />
Öffentlichkeitsarbeit der Branche <strong>und</strong> drastisch<br />
ansteigende Kosten für konkurrierende fossile<br />
<strong>Energie</strong>träger. Von den über 16.000 gebauten Anlagen<br />
des Jahres 2004 waren gut die Hälfte (ca.<br />
58 %) geothermiebasiert zum <strong>Wärme</strong>entzug <strong>aus</strong><br />
dem Boden oder hydrothermal basiert zum <strong>Wärme</strong>entzug<br />
<strong>aus</strong> dem Gr<strong>und</strong>wasser. Insbesondere<br />
die Geothermie trägt mit Steigerungsraten von<br />
einigen h<strong>und</strong>ert installierten Systemen p.a. Mitte<br />
der 90er Jahre auf ca. 10.000 Anlagen im Jahr<br />
2004 überproportional zu dieser Entwicklung bei.<br />
In Abhängigkeit vom baulichen Standard des<br />
zu versorgenden Objektes, der lokalen geologi-<br />
17000<br />
16000<br />
15000<br />
14000<br />
13000<br />
12000<br />
11000<br />
10000<br />
9000<br />
8000<br />
7000<br />
6000<br />
5000<br />
4000<br />
<strong>Wärme</strong>pumpen-Absatz<br />
Heizungs-<strong>Wärme</strong>pumpen rd. 30 % Absatzsteigerung in 2004<br />
schen Situation <strong>und</strong> der Auslegung der Geothermieanlage<br />
beziehen <strong>Wärme</strong>pumpen zwischen<br />
65 <strong>und</strong> 80 % ihrer abgegebenen Heizenergie<br />
kostenfrei <strong>aus</strong> der <strong>Erde</strong>. Der zum eigentlichen<br />
Betrieb der <strong>Wärme</strong>pumpe benötigte Rest kommt<br />
<strong>–</strong> je nach Antriebsart der <strong>Wärme</strong> pumpe <strong>–</strong> <strong>aus</strong><br />
dem Strom- oder Gasnetz. Die weit<strong>aus</strong> größte<br />
Verbreitung besitzen mit Erdwärmesonden gekoppelte<br />
<strong>Wärme</strong>pumpen sowie Anlagen mit<br />
hydrothermaler Gr<strong>und</strong> wasser zirkulation. Erdwärmesonden<br />
sind <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher in denen<br />
innerhalb eines geschlossenen Rohrsystems ein<br />
<strong>Wärme</strong>trägermedium zirkuliert. Je nach Bemessung<br />
der Anlage wird hierfür reines Wasser oder<br />
<strong>–</strong> in der Mehrzahl der Fälle <strong>–</strong> ein mit Frostschutzmittel<br />
auf Glykolbasis versetztes Wasser verwendet.<br />
Gr<strong>und</strong>wasserzirkulationsanlagen fördern<br />
natürlich warmes Wasser <strong>aus</strong> einem oder mehreren<br />
Brunnen <strong>und</strong> reinfi ltrieren das Wasser nach<br />
erfolgtem <strong>Wärme</strong>entzug wieder über (einen)<br />
weitere(n) Brunnen oder <strong>–</strong> bei Einbohrlochsystemen<br />
<strong>–</strong> im Ringraum des Entnahmebrunnens.<br />
Anteil<br />
<strong>Erde</strong>:<br />
49,88%<br />
3000<br />
Anteil<br />
Wasser:<br />
8,55%<br />
2000<br />
Anteil<br />
Luft:<br />
1000<br />
0<br />
18,53%<br />
1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />
Gründung des IWP/BWP<br />
Anteil<br />
WW-WP:<br />
23,04%<br />
Warmwasser-<br />
<strong>Wärme</strong>pumpen<br />
3784 (23,04 %)<br />
Heizungs-<strong>Wärme</strong>pumpen<br />
12636 (76,96 %)<br />
Gesamt 16420 (100 %)<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Prof. Dr. Rolf Bracke<br />
FH Bochum <strong>–</strong><br />
GeothermieZentrum<br />
Bochum<br />
geothermie@fh-bochum.de<br />
Dr. Andreas Bühring<br />
Fraunhofer ISE<br />
buehring@ise.fraunhofer.de<br />
Prof. Dr. Peter Müller<br />
FH Dortm<strong>und</strong><br />
pressestelle@<br />
fh-dortm<strong>und</strong>.de<br />
Michael Wigbels<br />
Fraunhofer UMSICHT<br />
(Institut für Umwelt-,<br />
Sicherheits- <strong>und</strong><br />
<strong>Energie</strong>technik)<br />
michael.wigbels@umsicht.<br />
fraunhofer.de<br />
Abbildung 1<br />
Entwicklung des<br />
<strong>Wärme</strong>pumpenmarktes<br />
<strong>und</strong> Darstellung<br />
der geothermischen<br />
Anteile <strong>aus</strong> <strong>Erde</strong><br />
<strong>und</strong> Wasser<br />
Quelle: B<strong>und</strong>esverband<br />
<strong>Wärme</strong>Pumpe BWP e.V.<br />
81
FVS LZE Themen 2005<br />
82<br />
Die Nutzungstiefe der oberfl ächennahen Geothermie<br />
reicht per Defi nition nach VDI 4640<br />
(„Thermische Nutzung des Untergr<strong>und</strong>es“) bis<br />
400 m unter Gelände. Der Übergang in mitteltiefe<br />
Anlagen bis z. B. 1000 m ist in der Praxis<br />
jedoch fl ießend.<br />
Mit ihrer günstigen Leistungszahl, d. h. dem<br />
Verhältnis von aufgenommener zu abgegebener<br />
<strong>Energie</strong>, besitzen geothermiebasierte <strong>Wärme</strong>pumpenanlagen<br />
<strong>–</strong> neben der zunehmenden<br />
Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu Öl- oder Gasheizungen<br />
<strong>–</strong> einen erheblichen Klimaschutzvorteil.<br />
Berücksichtigt man die Tatsache, dass<br />
nahezu 80 % des <strong>Energie</strong>verbrauchs in Deutschland<br />
im Bereich Bauen <strong>und</strong> Wohnen für das<br />
Heizen (ca. 78 %) <strong>und</strong> die Warmwasserbereitung<br />
(10,5 %) benötigt wird (Elektrogeräte<br />
6,6 %, Kochen 3,7 %, Beleuchtung 1,4 %),<br />
ersparen die über 90.000 in Deutschland installier<br />
ten Heizungswärmepumpen aufgr<strong>und</strong><br />
ihres geringeren Primärenergie verbrauchs der<br />
Umwelt im Vergleich zu einem modernen<br />
Niedertemperatur-Heizölkessel jährlich etwa<br />
170.000 Tonnen Kohlendioxid.<br />
<strong>Wärme</strong>pumpensysteme, die mit geothermischer<br />
<strong>Energie</strong> arbeiten, besitzen in einigen Ländern<br />
ohne fossile <strong>Energie</strong>vorkommen (wie z. B. der<br />
Schweiz) eine Marktverbreitung von 36 % im<br />
Neubaubereich. Diese Anlagen machen den überwiegenden<br />
Teil der Geo thermienutzung <strong>aus</strong> <strong>und</strong><br />
werden in konventionellen <strong>und</strong> Niedrigenergiebauten<br />
eingesetzt. Darüber hin<strong>aus</strong> fi nden sich<br />
solche Anlagen vermehrt im Objektbau zur kombinierten<br />
Heizung <strong>und</strong> Kühlung. Insbesondere<br />
Versorgungssysteme für Verwal tungs gebäude<br />
mit einer großen Kühllast machen sich den<br />
Vorteil zunutze, dass <strong>Wärme</strong> pumpen in den<br />
Sommermonaten im Umkehrbetrieb laufen<br />
können. Dabei wird die <strong>Wärme</strong> über aktivierte<br />
Bauteile (z. B. Betondecken) oder Flächenheizungen<br />
<strong>aus</strong> dem Gebäude abgezogen <strong>und</strong><br />
im Erdreich zwischengespeichert.<br />
Weitergehende Entwicklungen im Passivh<strong>aus</strong>bereich<br />
(d. h. hochisolierte Häuser mit einem<br />
Maximalwärmebedarf von < 10 W/m 2 <strong>und</strong><br />
aufwändiger Gebäudetechnik) basieren auf<br />
Systemen mit einer Kombination von <strong>Wärme</strong>pumpe<br />
<strong>und</strong> kontrollierter <strong>Wärme</strong>rückgewinnung<br />
<strong>aus</strong> der Wohnungslüftung. In diesen Gebäude-<br />
Prof. Dr. Rolf Bracke <strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe Geothermie<br />
typen haben Lüftungswärmepumpen zu Heizzwecken<br />
gegenwärtig noch eine höhere Effektivität<br />
als erdgekoppelte <strong>Wärme</strong>pumpen [1].<br />
Betriebsbeispiele für geothermische<br />
Nahwärmenetze mit<br />
<strong>Wärme</strong>pumpenkopplung<br />
Langzeituntersuchungen zum Betriebsverhalten<br />
von Geothermieanlagen in Kopplung mit <strong>Wärme</strong>-<br />
pumpen zeigen, dass die Technologie seit vielen<br />
Jahren gut entwickelt ist. Vorgestellt werden<br />
nachstehend die Besonderheiten <strong>und</strong> Betriebscharakteristika<br />
für unterschiedliche Konzepte<br />
von geothermischen Nahwärmeversorgungen.<br />
Die Nutzungstiefe der untersuchten Anlagen<br />
reicht von 45 m bis 500 m.<br />
Variante 1: Mehrbrunnenprinzip<br />
In Wulfen wurden für 71 Wohngebäude mit<br />
117 Wohnungen <strong>und</strong> 12.240 m 2 Wohnnutzfl äche<br />
sowie ein kom mu nales Gemeinschaftsh<strong>aus</strong><br />
(4036 m 2 NFl) mit Hallenbad 1975 insgesamt<br />
73 <strong>Wärme</strong>pumpenanlagen errichtet [2]. Der<br />
Gesamtwärmebedarf des Versorgungs gebie tes<br />
liegt bei 1,1 MW. Zur <strong>Wärme</strong>versorgung wird<br />
Gr<strong>und</strong>wasser über zwei Förderbrunnen à 91 m<br />
<strong>und</strong> drei Schluckbrunnen à 71 m zirkuliert<br />
(Abb. 2). Die Verteilung erfolgt über ein 1.200 m<br />
langes, nicht wärmegedämmtes Ringleitungsnetz.<br />
In jeder Anlage wird das Gr<strong>und</strong>wasser von<br />
10 °C um 5°C mengengeregelt gleichmäßig<br />
abgekühlt. Die Rückfüh rung zu den Schluckbrunnen<br />
erfolgt über eine zweite Ringleitung.<br />
Die Langzeitstudie ergab folgendes Resultat:<br />
Nach 20 Betriebsjahren waren von 71 <strong>Wärme</strong>pumpen<br />
noch 68 in Betrieb; drei <strong>Wärme</strong>pumpen<br />
wurden erneuert <strong>–</strong> die zwei <strong>Wärme</strong>pumpen<br />
in kommunalen Gebäuden wurden <strong>aus</strong> nichttech<br />
nischen Gründen außer Betrieb genommen.<br />
Nach 30 Betriebsjahren sind immer noch > 50 %<br />
der alten Anlagen in Betrieb. Über den gesamten<br />
Betrachtungszeitraum hatten 13 % keine<br />
Reparaturen, 7 % hatten mehr als 10 Reparaturen<br />
in zehn Jahren <strong>und</strong> über 70 % hatten 1-5<br />
Repa raturen. Der Großteil der Reparaturen<br />
betrafen Regelung (64 %), <strong>Kälte</strong>kreislauf (51%),<br />
Verdichter (9 %), Kondensator <strong>und</strong> Verdampfer<br />
(je 5 %) <strong>–</strong> jeweils bezogen auf 59 näher be-
Prof. Dr. Rolf Bracke <strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe Geothermie<br />
<strong>Wärme</strong>pumpenanlagen<br />
<strong>Wärme</strong>quellennutzung durch Einsatz der<br />
<strong>Wärme</strong>pumpen in den 70 Liegenschaften<br />
3 Schluckbrunnen<br />
Zurückführung des abgekühlten<br />
Gr<strong>und</strong>wassers als <strong>Wärme</strong>senke<br />
5 °C DN 200*<br />
trachtete Anlagen. Die spezifi schen Wartungskosten<br />
lagen im Durchschnitt bei 0,08 <strong>–</strong><br />
0,15 EUR / m 2 /a <strong>und</strong> die spezifi schen Reparaturkosten<br />
bei 0,25 <strong>–</strong> 0,48 EUR / m 2 /a.<br />
Die durchschnittliche Gr<strong>und</strong>wasserförderung<br />
betrug zwischen 1979 bis 1996 je qm Wohnfl<br />
äche bei einer mittleren Gradtagszahl 1 von<br />
3,8 Kd etwa 37 m 3 /m 2 /a. Der Gesamtendenergieverbrauch,<br />
zusammengesetzt <strong>aus</strong> der Gr<strong>und</strong>wasserförderung<br />
<strong>und</strong> dem Elektrowärme pumpen-Betrieb,<br />
liegt witterungsbereinigt aktuell bei<br />
72 kWh/m 2 /a. Der elektrische <strong>Energie</strong>ver brauch<br />
<strong>und</strong> die Jahresarbeitszahlen der <strong>Wärme</strong>pumpen<br />
(3,2) ergeben im Langjahresmittel einen <strong>Wärme</strong>verbrauch<br />
von 230 kWh / m 2 /a.<br />
Von dieser <strong>Wärme</strong>menge wurden 69 % dem<br />
Erdreich entzogen (d. h. Umweltwärmemenge:<br />
1.950 MWh/a). Die Primärenergieeinsparung<br />
nach dem „Globalen Emissionsmodell Integrierter<br />
Systeme“ (GEMIS) liegt damit im Vergleich<br />
zu herkömmlichen Heiztechniken auf Öl- <strong>und</strong><br />
Gasbasis bei über 35 %.<br />
1 Die Gradtagszahl [Kd/a] ist nach VDI 2067 das Produkt<br />
<strong>aus</strong> der Zahl der Heiztage <strong>und</strong> dem Unterschied zwischen<br />
der mittleren Raumtemperatur <strong>und</strong> der mittleren Außentemperatur.<br />
Die Gradtagszahl (Gtz) stellt eine Beziehung<br />
zwischen Außentemperatur <strong>und</strong> <strong>Energie</strong>verbrauch dar<br />
<strong>und</strong> gibt so Aufschluss über die Heizkosten. Sie zeigt den<br />
Unterschied zwischen der durchschnittlichen Außentem-<br />
peratur eines Tages <strong>und</strong> der üblichen Raumtemperatur<br />
von 20 °C. Gemessen wird nur, wenn es draußen<br />
kälter als 15 °C ist.<br />
10 °C DN 200*<br />
Versorgungsleitungen<br />
im Erdreich<br />
Pumpstationen<br />
mit Kurzspeicher<br />
Förderbrunnenanlage<br />
Förderung des Gr<strong>und</strong>wassers für<br />
die <strong>Wärme</strong>pumpen als <strong>Wärme</strong>quelle<br />
Variante 2: Einbrunnenprinzip<br />
In verschiedenen Ortschaften des schweizerischen<br />
Kantons Zug werden größere Einzelobjekte<br />
oder Ortsteile seit ca. 20 Jahren geothermisch<br />
nach dem sogenannten Einbrunnen prinzip<br />
versorgt. Bei diesen gebirgsoffenen, d. h. unverrohrten<br />
Geothermieanlagen erfolgt die Wasserentnahme<br />
über ein wärmeisoliertes Steigrohr<br />
<strong>und</strong> die Reinfi ltration des abgekühlten Wassers<br />
im kiesverfüllten Ringraum der gleichen Bohrung.<br />
Das Geothermie-Zentrum Bochum führt<br />
eine Messkampagne zur Überprüfung des Langzeitverhaltens<br />
<strong>und</strong> Leistungsvermögens von<br />
25 solcher Geothermieanlagen durch. Unterschieden<br />
wurde dabei nach Anlagen in<br />
a) hydraulisch gut leitenden <strong>und</strong><br />
b) gering leitenden geologischen Formationen.<br />
Im Fall a) werden die natürlichen Formationswässer<br />
in größerem Umfang mit in den <strong>Wärme</strong><strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch<br />
einbezogen. Im Fall b) wird zum<br />
weit<strong>aus</strong> überwiegenden Teil Wasser innerhalb<br />
des Brunnens beziehungsweise Bohrlochs zirkuliert<br />
<strong>und</strong> es kommt nur zu geringen Vermisch<br />
ungen mit dem umgebenden Gr<strong>und</strong>wasser.<br />
Zum Zeitpunkt der Messung waren alle <strong>Wärme</strong>pumpen<br />
<strong>aus</strong> den Erstinstallationen noch im<br />
Betrieb.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 2<br />
Prinzip der Geothermieanlage<br />
Wulfen [2],<br />
*DN 200 = Rohrdurchmesser<br />
83
FVS LZE Themen 2005<br />
Tabelle 1<br />
Tabelle 2<br />
84<br />
Für die geringen Temperaturunterschiede der<br />
Vorlauf- / Rücklauftemperaturen kann die spezifi<br />
sche <strong>Wärme</strong>kapazität c p <strong>und</strong> die Dichte als ρ<br />
konstant angenommen werden. Dadurch ergibt<br />
sich für die Quellenleistung bzw. den <strong>Wärme</strong>strom<br />
in einem defi nierten Zeitintervall D t<br />
<strong>aus</strong> dem Integral ( mit m<br />
τ<br />
V<br />
=<br />
τ<br />
folgende Formel: Q = c p . V . ρ . D T<br />
. ρ )<br />
Die Entzugsleistung der Quelle ist abhängig vom<br />
Temperaturunterschied <strong>und</strong> dem Volumenstrom<br />
des zirkulierenden Wassers in der Bohrung.<br />
Für die Ermittlung der Quellenleistung der einzelnen<br />
Anlagen wurden folgende Parameter<br />
erhoben (Tab.1):<br />
Für die beiden Fälle a) <strong>und</strong> b) wird in (Tab. 2)<br />
je ein exemplarisches Objekt vorgestellt.<br />
spezifi sche <strong>Wärme</strong>kapazität (H 2 O): c p = 4,187 kJ/kgK<br />
Dichte (H 2 O): p = 0,998 kg/dm³<br />
Volumenstrom: V = gemessen<br />
Unter Zugr<strong>und</strong>elegung der o. a. Randbedingungen<br />
wurden für die betrachteten Anlagen die<br />
mittlere Gesamt-Quellenleistung (Q mittel ) <strong>und</strong><br />
die mittlere spezifi sche <strong>Wärme</strong>entzugsleistung<br />
(P Entz ) pro Meter Geothermieanlage ermittelt.<br />
(Tab. 3)<br />
Quellentemperaturdifferenz: T = t VL - t RL (gemessen)<br />
Fall /<br />
Ort<br />
Fall a)<br />
Steinen<br />
Fall b)<br />
Rüti<br />
Anlage /<br />
Objekt<br />
Wohnsiedlung<br />
20 EFH <strong>und</strong><br />
6 MFH<br />
Objekt<br />
H<strong>aus</strong>matt<br />
MFH mit<br />
60 WE<br />
Prof. Dr. Rolf Bracke <strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe Geothermie<br />
Vergleichsrechnungen mit einem Simulationsprogramm<br />
(EWS) haben gezeigt, dass die spezifi<br />
schen Entzugsleistungen dieser gebirgsoffenen<br />
Einbrunnenanlagen damit deutlich über denen<br />
konventioneller geschlossener (Koaxial-) Erdwärmesonden<br />
liegt. Setzt man für einen anderen<br />
untersuchten Fall die Ausbautiefe (280 m),<br />
Betrieb Heizleistung Bohrung <strong>Wärme</strong>pumpen<br />
Geologie<br />
seit 1988 215 kW 445 m 4 0-20 m Kies,<br />
schluffi g<br />
20-45 m Grobkies<br />
(schluffi g-sandig)<br />
Gr<strong>und</strong>wasser:<br />
8 m unter<br />
Geländekante<br />
seit 1997 270 kW 5500 m 4 0-20 m Quartär<br />
20-420 m (P = 5%)<br />
Mergel, sandig;<br />
420-500 m<br />
Obere Meeres-<br />
molasse;<br />
(P = 12%)<br />
Gr<strong>und</strong>wasser:<br />
30 m unter<br />
Geländekante<br />
Legende: EFH= Einfamilienhäuser, MFH = Mehrfamilienhäuser, WE= Wohneinheiten,
Prof. Dr. Rolf Bracke <strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe Geothermie<br />
Ortschaft /<br />
Objekt<br />
Steinen / H<strong>aus</strong>matt<br />
Geothermische<br />
Anlage<br />
(Tiefe)<br />
t VL<br />
[°C]<br />
Laufzeit (8 Jahre), Volumenstrom (4,3 m 3 /h)<br />
<strong>und</strong> die Gesamt-Quellenleistung (18 kW) beider<br />
Systeme rechnerisch gleich, so sinken die Vorlauftemperaturen<br />
des Arbeitsmediums von<br />
Erdwärmesonden im direkten Vergleich deutlich<br />
ab (ca. 9,6 K). Aufgr<strong>und</strong> der <strong>Energie</strong>differenz ist<br />
dabei die Verdampferleistung in offenen Systemen<br />
höher; d. h. es wird ca. 26 % weniger<br />
technische Arbeit für die <strong>Wärme</strong>pumpe erforderlich.<br />
Variante 3: Erdwärmesonden<br />
Das Versorgungsprinzip auf der Basis von Erdwärmesonden<br />
besitzt in Deutschland die mit<br />
Abstand weiteste Verbreitung. Hier haben sich<br />
am Markt Duplex-Sonden mit jeweils zwei<br />
Vorlauf- <strong>und</strong> zwei Rücklaufrohren <strong>aus</strong> HD-<br />
Polyethylen (Durchmesser DN 25 bis DN 40)<br />
durchge setzt. In Kombination mit Niedrigenergiehäusern<br />
sind <strong>Wärme</strong>pumpen-Leistungs zahlen<br />
> 4 inzwischen Standard. Bereits in mäßig geeigneten<br />
geologischen Milieus laufen die Anlagen<br />
wirtschaftlich. Am Geothermie-Zentrum<br />
Bochum werden Langzeitstudien an verschiedenen<br />
Anlagen in NRW durchgeführt. Exemplarisch<br />
werden die Betriebskosten für eine<br />
t RL<br />
[°C]<br />
V<br />
[m 3 /h]<br />
Q<br />
[kW]<br />
Q mittel<br />
[kW]<br />
Geothermie anlage in Aachen vorgestellt zur<br />
Versorgung eines Einfamilienh<strong>aus</strong>es mit ca.<br />
200 m 2 beheizter Nutzfl äche. Die Anlage<br />
läuft seit 1998 störungsfrei mit folgenden<br />
Verbrauchs- <strong>und</strong> Kostenkenngrößen:<br />
<strong>Wärme</strong>pumpe 11 KW Heizleistung bei 0/35;<br />
drei Erdwärmeduplexsonden à 60 m; Geologie:<br />
Feinsand, schluffi g; Gr<strong>und</strong>wasser: ca. 30 m<br />
unter Geländeoberkante. (Tab 4)<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Tabelle 3<br />
Ermittlung der<br />
mittleren Gesamt-<br />
Quellenleistung (Q mittel )<br />
<strong>und</strong> der mittleren<br />
spezifi schen <strong>Wärme</strong>entzugsleistung<br />
(P Entz )<br />
pro Meter Geothermieanlage<br />
Entwicklung von Verbrauch / Betriebskosten der <strong>Wärme</strong>pumpe + Geothermieanlage<br />
Tabelle 4<br />
2001 2002 2003 2004<br />
4720 5906 5619 5831<br />
23,6 29,5 28,1 29,1<br />
464 535 596 673<br />
2,32 2,67 2,98 3,36<br />
39,- 44,- 49,- 56,-<br />
0,20 0,22 0,25 0,28<br />
P Entz<br />
[W/m]<br />
1 (45 m) 11,5-12,1 7,6-8,5 1,7-1,8 6,9-8,6 7,7 172<br />
2 (45 m) 9,3-9,9 5,7-6,1 2,4-2,4 9,8-10,6 10,3 228<br />
3 (45 m) 11,9-12,5 7,5-9,6 1,8-3,2 8,2-10,8 9,8 217<br />
4 (45 m) 11,5-12,1 7,6-8,5 1,7-1,8 6,9-8,6 7,7 172<br />
Rüti 1 (500 m) 7,6-8,8 4,0-5,6 8,3-8,5 29,7-35,7 33,8 68<br />
2/3 (500m) 8,1-8,6 4,2-4,9 10,0-10,2 81,4-99,6 88 88<br />
4 (500 m) 11,8-13,1 6,2-7,4 6,8-7,0 44,3-46,4 45,3 90<br />
5 (500 m) 9,9-10,6 5,3-6,5 7,2-7,2 34,3-38,5 37,1 74<br />
Einheit<br />
kwh<br />
kwh / m 2 Jahr<br />
Euro netto<br />
Euro netto; m 2 Jahr;<br />
Euro netto / Monat<br />
Euro netto / m 2 Monat<br />
Tabelle 4<br />
85
FVS LZE Themen 2005<br />
Tiefe der<br />
geothermischen<br />
Erschließung Feld<br />
Nordlicht<br />
86<br />
<strong>Kälte</strong>leistung<br />
Sondenanlage<br />
250 m 14 kW<br />
(12,8kW)*<br />
400 m 28 kW<br />
(29 kW)*<br />
1000 m 70 kW<br />
(66 kW)*<br />
Vorlauf- /<br />
Rücklauf-<br />
Sondenanlage<br />
**<br />
Städtebauliche<br />
Großprojekte in NRW<br />
Heizleistung<br />
<strong>Wärme</strong>pumpe<br />
Gegenwärtig befi nden sich mehrere städtebauliche<br />
Vorhaben in NRW mit geothermischer<br />
Nahwärmeversorgung auf <strong>Wärme</strong>pumpenbasis<br />
in der Vorbereitung (Bottrop-Nordlicht 750 WE;<br />
Dortm<strong>und</strong>-Phoenixsee 1500 WE; Hattingen-<br />
Südstadt 1200 WE). Exemplarisch wird an dieser<br />
Stelle das Bottroper Vorhaben vorgestellt:<br />
Bottrop-Nordlicht<br />
In Bottrop-Kirchhellen soll ab dem Jahr 2006<br />
auf 25 ha ein Neubaugebiet mit ca. 750 Wohneinheiten<br />
sowie ein Einkaufszentrum <strong>und</strong> eine<br />
Kulturstätte entstehen. Der Stadtteil wird geothermisch<br />
versorgt. Dazu wurden geothermische<br />
Entzugsleistungen simuliert für je zwei<br />
oberfl ächennahe Erdwärmesysteme (250 m<br />
<strong>und</strong> 400 m) <strong>und</strong> je zwei mitteltiefe bis tiefe<br />
Geothermie anlagen ( 1000 m <strong>und</strong> 2300 m)<br />
durchgeführt. Um das <strong>Energie</strong>versorgungskonzept<br />
hinsichtlich der bauzeitlichen Stadtentwicklung<br />
möglichst praktikabel zu gestalten, wurde<br />
ein „mitwachsendes“ <strong>Wärme</strong>netz für Baugruppen<br />
von je fünf Wohneinheiten gewählt.<br />
Diese können hinsichtlich der Gebäudeenergieversorgung<br />
mit unterschiedlichen Heizungs- /<br />
Lüftungssystemen sowie mit aktivierten Bauteilen<br />
(im Sinne von Heiz- / Kühldecken) <strong>aus</strong>ge<br />
stattet werden. Die Baugruppen lassen sich<br />
in beliebiger Größe miteinander verknüpfen.<br />
Je heterogener die Gebäudetechnik innerhalb<br />
der Baugruppen ist, desto besser können<br />
Leistungsaufnahme<br />
WP<br />
Leistungszahl<br />
WP (COP)<br />
Anzahl der<br />
anschließbaren<br />
Wohneinheiten<br />
(WE)<br />
7°C / 4,5°C 16 kW ca. 3,2 kW 5,3 3 - 5 (4)*<br />
8°C / 5°C 35,5 kW ca. 6,5 kW 5,9 8 - 11 (10)*<br />
23°C / 13°C 78 kW ca. 12 kW 7,3 18 - 25 (22)*<br />
2300 m 200 kW 33°C / 24°C WW-WP ca. 12 kW > 7,5 46 - 66 (56)*<br />
Tabelle 5<br />
Ergebnis geothermischer<br />
<strong>und</strong><br />
gebäudetechnischer<br />
Simulationen<br />
Prof. Dr. Rolf Bracke <strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe Geothermie<br />
* Rechenwert; ** Simulation mit den Programmen SHEMAT <strong>und</strong> EWS<br />
Last spitzen <strong>aus</strong>geglichen werden. Jede geothermische<br />
Einzelanlage kann teufenabhängig<br />
unterschiedlich viele Wohneinheiten versorgen.<br />
Durch die Kombination von Einzelsonden zu<br />
ganzen Sondenfeldern lassen sich bedarfsabhängige<br />
Kleinwärmenetze unterschiedlicher<br />
Größen ordnung aufbauen. Die geothermischen<br />
<strong>und</strong> gebäudetechnischen Simulationen ergaben<br />
folgende Zusammenhänge: (Tab. 5)<br />
Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zeigen,<br />
dass Geothermieanlagen zur <strong>Wärme</strong>versorgung<br />
im oberfl ächennahen <strong>und</strong> mitteltiefen Bereich<br />
bereits unter konservativer Zugr<strong>und</strong>elegung<br />
der <strong>Energie</strong>preise von 2004 für Gas, Öl <strong>und</strong><br />
Strom problemlos wettbewerbsfähig zu fossilen<br />
Versorgungsträgern sind. 250 m <strong>und</strong> 400 m<br />
Geothermieanlagen sind bereits signifi kant<br />
wirtschaftlicher. Hier liegen die jährlichen <strong>Energie</strong>kosten<br />
etwa bei 50 % von gas- <strong>und</strong> ölbetrieben<br />
Anlagen (einschließlich <strong>Wärme</strong>- oder<br />
Gasnetze); gleiches gilt für die CO 2 -Emissio nen.<br />
Auch die jährlichen Gesamtkosten liegen einschließlich<br />
Kapitaldienst ca. 10-20 % unter Öl<br />
<strong>und</strong> Gas. Der Preisvorteil nimmt bohrkostenbedingt<br />
mit der Teufe bis in Bereiche von<br />
600 - 800 m weiter zu <strong>und</strong> ab 1000 m wieder<br />
deutlich ab.
Prof. Dr. Rolf Bracke <strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe Geothermie<br />
Fazit<br />
<strong>Wärme</strong>pumpengekoppelte Geothermieanlagen<br />
sind europaweit verbreitet <strong>und</strong> bewegen sich<br />
auch in Deutschland <strong>aus</strong> dem Nischendasein<br />
her<strong>aus</strong>. Langzeituntersuchungen belegen,<br />
dass die Verfahrenstechnik störungsarm ist.<br />
Die Wirtschaftlichkeit ist für oberfl ächennahe<br />
<strong>und</strong> mitteltiefe Geothermieanlagen bis ca.<br />
1000 m im Vergleich zu Gas <strong>und</strong> Öl in nahezu<br />
allen betrachteten Fällen gegeben. Bis 400 m<br />
gilt das auch für Strom. Dabei ist <strong>–</strong> u. a. durch<br />
eine Vereinfachung des bergrechtlichen Genehmigungsverfahrens<br />
<strong>–</strong> bei größeren Bauvorhaben<br />
ein Trend hin zu mitteltiefen Anlagen zu beobachten.<br />
Literatur<br />
[1] Development and measurements of<br />
Compact Heating and Ventilation Devices<br />
with integrated exh<strong>aus</strong>t air heat pump for<br />
High Performance Houses - Contributions<br />
IEA Heat Pump Conference, Las Vegas,<br />
2005; (www.ise.fraunhofer.de).<br />
[2] 30 Jahre Betriebserfahrung mit 73<br />
<strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> der „Kalten” Nah-<br />
wärmeversorgung Wulfen.- Bericht des<br />
Europäischen Testzentrum für Wohnungs-<br />
lüftungsgeräte (TZWL), Dortm<strong>und</strong> (2005)<br />
[3] Bracke, R.; Höfker, G; Bußmann, G.;<br />
Winkler, K.; Sysk, U.; Exner, S.; Zwingel, T.;<br />
Cl<strong>aus</strong>er, C; Pechnig, R. (2004): Machbar-<br />
keitsstudie zur Erschließung des geothermi-<br />
schen Feldes „Nordlicht“ - Jahrestagung<br />
der Geothermischen Vereinigung; Landau.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
87
<strong>Energie</strong>versorgungssysteme<br />
Solarsiedlungen in NRW <strong>–</strong><br />
Erfahrungen <strong>und</strong> Perspektiven<br />
<strong>Energie</strong>versorgung in Niedrigstenergie-<br />
Neubauwohnungen<br />
Solarisierung von Altbauten<br />
Dezentrale <strong>Wärme</strong>einspeisung <strong>–</strong><br />
Integration in <strong>Wärme</strong>netze<br />
Solarunterstützte Kraft-<strong>Wärme</strong>-<strong>Kälte</strong>-Kopplung<br />
<strong>–</strong> Hybridsysteme im Trend<br />
89
FVS LZE Themen 2005<br />
Andreas Gries<br />
Landesinitiative<br />
Zukunftsenergien NRW<br />
gries@energieland.nrw.de<br />
Dr. Hartmut Murschall<br />
Ministerium für<br />
Wirtschaft, Mittelstand<br />
<strong>und</strong> <strong>Energie</strong> NRW<br />
hartmut.murschall@<br />
mwme.de<br />
Prof. Dr.<br />
Hermann-Josef Wagner<br />
Universität Bochum<br />
lee@lee.ruhr-uni-bochum.de<br />
Abbildung 1<br />
Solarsiedlung<br />
Köln-Riehl<br />
Photo Köln-Riehl<br />
90<br />
Solarsiedlungen in Nordrhein-<br />
Westfalen <strong>–</strong> Erfahrungen <strong>und</strong><br />
Perspektiven<br />
Die Betrachtung des Endenergieverbrauches<br />
der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland zeigt die<br />
Handlungsfelder für eine Reduzierung der<br />
CO 2 -Emissionen deutlich auf. Ein besonders<br />
hohes Potenzial für Einsparmaßnahmen stellt<br />
die Raumwärme- <strong>und</strong> die Brauchwarm wasser-<br />
Erzeugung dar, die etwa ein Drittel des Endenergieverbrauchs<br />
<strong>aus</strong>macht.<br />
Darüber hin<strong>aus</strong> ist im Bereich des Wohnungsb<strong>aus</strong><br />
durch die turbulente Entwicklung der<br />
<strong>Energie</strong>preise ein verstärktes Interesse für das<br />
energiesparende Bauen <strong>und</strong> die Nutzung<br />
erneuerbarer <strong>Energie</strong>n zu verzeichnen.<br />
Hier setzt das Leitprojekt der Landesinitiative<br />
Zukunftsenergien NRW an, das wichtige<br />
Maß nahmen der <strong>Energie</strong>einsparung, der<br />
<strong>Energie</strong>effi zienz <strong>und</strong> die Nutzung der erneuer<br />
baren <strong>Energie</strong>n miteinander kombiniert.<br />
Andreas Gries Solarsiedlungen in Nordrhein-Westfalen<br />
Projekt 50 Solarsiedlungen<br />
Fünfzig Solarsiedlungen in NRW sollen die<br />
Möglichkeiten der aktiven <strong>und</strong> passiven Solarenergie<br />
nutzung für die <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> Stromversorgung<br />
von Gebäuden auf Siedlungs ebene<br />
aufzeigen <strong>und</strong> somit die breite Einführung des<br />
solaren Bauens unterstützen. Da auch Verschattungen<br />
<strong>und</strong> Gebäudeorientierungen Auswirkungen<br />
auf den Heizenergie bedarf haben, werden<br />
bei den Solarsiedlungen bereits städtebauliche<br />
Aspekte berücksichtigt <strong>und</strong> optimiert, um auf<br />
diese Weise günstige Vor<strong>aus</strong>setzungen für die<br />
aktive <strong>und</strong> passive Nutzung der Solarenergie<br />
zu schaffen.
Andreas Gries Solarsiedlungen in Nordrhein-Westfalen<br />
Mönchengladbach,<br />
Ortsteile:<br />
Giesenkirchen,<br />
Rheydt<br />
Aachen<br />
Duisburg<br />
Rhede<br />
Bottrop<br />
Krefeld Mühlheim<br />
Köln-Böklemünd<br />
Köln-Bilderstöckchen<br />
Köln-Mülheim<br />
Köln-Zollstock<br />
Köln-Riehl Leverkusen<br />
Köln-Deutz<br />
Köln-Worringen<br />
Erftstadt<br />
Dorsten<br />
Gelsenkirchen,<br />
Ortsteile: Bismarck,<br />
Lindenhof<br />
Düsseldorf-Medienhafen<br />
Troisdorf<br />
Wermelskirchen<br />
Um die Projektkriterien zu erfüllen, sind mindestens<br />
zwei der drei nachfolgend aufgeführten<br />
Anforderungen im Neubaubereich zu erfüllen:<br />
Der Heizwärmebedarf darf maximal 35 kWh/<br />
m² a (3-Liter-H<strong>aus</strong>) oder 15 kWh/m² a<br />
(Passivh<strong>aus</strong>) betragen,<br />
solarer Deckungsgrad der Warmwasserbereitung<br />
mindestens 60 % <strong>und</strong> die<br />
solare Stromerzeugung über Photovoltaik<br />
mindestens 1 kW P pro Wohneinheit<br />
Bei der Umsetzung der Solarsiedlungen bietet<br />
der Neubaubereich die größte Palette an Einfl<br />
ussmöglichkeiten. Aber das größte Einsparpotenzial<br />
kann durch die energetische Sanierung<br />
des Altbaubestandes erschlossen werden.<br />
Daher ist es besonders erfreulich, dass bereits<br />
sechs Solarsiedlungen im Bestand in Köln <strong>und</strong><br />
Gelsenkirchen realisiert werden konnten.<br />
Westerkappeln<br />
Steinfurt-Borghorst<br />
Altenberge<br />
Senden<br />
Lüdingh<strong>aus</strong>en<br />
Herten<br />
Castrop-Rauxel<br />
Dortm<strong>und</strong><br />
Schwerte / Märkische Str.<br />
Schwerte / Schützemstr.<br />
Beckum<br />
Soest<br />
Bielefeldt<br />
Rheda-Wiedenbrück<br />
Detmold<br />
Solarsiedlung fertig gestellt<br />
Solarsiedlung in Bau<br />
Solarsiedlung in Planung<br />
Gegenwärtiger Stand des<br />
Projektes 50 Solarsiedlungen<br />
Mittlerweile konnten bereits dreizehn Siedlungen<br />
mit über 1.450 Wohneinheiten als Solarsiedlung<br />
im Neubau <strong>und</strong> im Bestand realisiert<br />
werden. Weitere 25 Projekte befi nden sich im<br />
Bau <strong>und</strong> in der Planung. Allein im Zeitraum<br />
2001 bis 2004 hat sich die Anzahl der Projekte<br />
mit dem Status Solarsiedlung von 16 auf 37<br />
Projekte mehr als verdoppelt. Bemerkenswert<br />
ist zudem die realisierte Vielfalt. Diese reicht<br />
von Gebäuden <strong>aus</strong> den 20er Jahren des letzten<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts bis hin zu Passivhäusern mit<br />
Komfort-Lüftungen, von einem Langzeitwärmespeicher<br />
bis zu großfl ächigen fassadenintegrierten<br />
PV-Modulen.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 2<br />
Standorte der 50<br />
Solarsiedlungsprojekte<br />
in Nordrhein-Westfalen<br />
91
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 3<br />
Modell der im Bau<br />
befi ndlichen Solarsiedlung<br />
Düsseldorf-<br />
Medienhafen<br />
92<br />
R<strong>und</strong> 80 % der realisierten Wohneinheiten<br />
entstanden durch Bestandssanierungen. Gerade<br />
die in jüngster Zeit stark gestiegenen <strong>Energie</strong>kosten<br />
bestätigen jene Wohnungsunternehmen<br />
in ihrem Handeln, die bereits durch energetische<br />
Sanierungen die Nebenkosten deutlich<br />
senken <strong>und</strong> den Wohnkomfort steigern konnten.<br />
Erfahrungen <strong>und</strong> Akzeptanz<br />
des Projekts<br />
Neben der Verbesserung des baulichen <strong>Wärme</strong>schutzes<br />
bietet die Nutzung der Solarenergie<br />
Vorteile, die über die rein energetischen Belange<br />
hin<strong>aus</strong>geht. Durch den Einsatz der Solarenergie<br />
ist es nicht nur möglich, das Erscheinungsbild<br />
positiv zu verändern, sondern einer Siedlung<br />
auch eine neue Identität zu verleihen. Dieser<br />
Aspekt führte z. B. in Köln-Bocklemünd zu einer<br />
deutlich verbesserten Vermietbarkeit. Während<br />
es hier früher Leerstände gab, existieren jetzt<br />
sogar Wartelisten.<br />
Eine weitere interessante Erfahrung konnte mit<br />
solaren Garantieverträgen gewonnen werden,<br />
die die Wohnungsunternehmen in die komfortable<br />
Lage versetzt, die solaren Erträge zu sicher<br />
kalkulierbaren Größen werden zu lassen. Die<br />
vorliegenden Messwerte <strong>aus</strong> den Solarsiedlungen<br />
zeigen, dass die Solaranlagen nach einer<br />
Andreas Gries Solarsiedlungen in Nordrhein-Westfalen<br />
sorgfältigen Einregulierung der Anlage die<br />
berechneten Erträge erbringen. Auch die Werte<br />
für den Heizwärmebedarf bestätigen in vielen<br />
Projekten die Planungswerte. Dies ist nicht<br />
selbstverständlich, sondern auf ein besonderes<br />
Engagement der am Bau Beteiligten zurückzuführen.<br />
Besonders wichtig <strong>und</strong> erfreulich sind auch die<br />
positiven Rückmeldungen der Bewohner, die die<br />
Wohnqualitäten des solaren Bauens mit seinem<br />
guten Raumklima <strong>und</strong> den hellen Aufenthaltsräumen<br />
bestätigen.<br />
Ausblick<br />
Zurzeit befi nden sich 25 Projekte im Bau <strong>und</strong> in<br />
der Planung. Bis Ende 2006 werden davon sechs<br />
weitere Projekte fertig gestellt sein, sodass in<br />
den Solarsiedlungen insgesamt 1760 Wohneinheiten<br />
realisiert sein werden. Darüber hin<strong>aus</strong><br />
gibt es weitere Projektvorschläge, die in Kürze in<br />
der Auswahlkommission zur Vergabe des Status<br />
Solarsiedlung anstehen. Diese positive Entwicklung<br />
lässt auch für die Zukunft zahlreiche weitere<br />
interessante Projekte erwarten, die das „Bauen<br />
mit der <strong>Sonne</strong>“ weiter verbreiten werden.<br />
Mit seinem integrativen <strong>und</strong> siedlungsbezogenen<br />
Ansatz ist das Projekt 50 Solarsiedlungen<br />
einzigartig <strong>und</strong> stößt auch außerhalb Nordrhein-<br />
Westfalens auf sehr großes Interesse. Zahlreiche<br />
internationale Delegationen besuchten bereits<br />
die Siedlungen <strong>und</strong> somit trägt das Projekt auch<br />
dazu bei, Nordrhein-Westfalen als <strong>Energie</strong>land<br />
bekannt zu machen.
Dr. Christel Russ <strong>Energie</strong>versorgung in Niedrigstenergie-Wohngebäuden<br />
<strong>Energie</strong>versorgung in<br />
Niedrigstenergie-Wohngebäuden<br />
Einleitung<br />
Mit der Entwicklung neuer Technologien <strong>und</strong><br />
Gebäudekonzepte stehen heute solare Passivhäuser<br />
als Einfamilienhäuser <strong>und</strong> mehrgeschossige<br />
Wohnbauten mit einem Heizwärmebedarf<br />
von < 15 kWh/m 2 a zur Verfügung. Die auf dem<br />
Markt verfügbaren neu entwickelten Baukomponenten<br />
(Fenster, Vakuumdämmung) <strong>und</strong><br />
Versorgungssysteme (Lüftungskompakt geräte)<br />
ermöglichen es, den für Gebäude notwendigen<br />
Primärenergiebedarf für Heizung, Warmwasserbereitung<br />
<strong>und</strong> Lüftung drastisch zu reduzieren.<br />
Auch gut geplante Niedrigstenergiehäuser haben<br />
nur geringe Mehrkosten gegenüber den Gebäuden,<br />
die den gesetzlichen Anforderungen der<br />
<strong>Energie</strong>einsparverordnung (EnEV) genügen.<br />
Durch die aktive Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n,<br />
insbesondere der Solarenergie, kann man<br />
vom Niedrigstenergie- <strong>und</strong> Passivh<strong>aus</strong> zum<br />
Nullemissionsh<strong>aus</strong> gelangen.<br />
In zahlreichen Demonstrationsgebäuden wurden<br />
in Abhängigkeit vom B<strong>aus</strong>tandard (Niedrigstenergie-<br />
<strong>und</strong> Passivh<strong>aus</strong>) unterschiedliche Versorgungskonzepte<br />
untersucht <strong>und</strong> hinsichtlich<br />
ihrer Effi zienz bewertet. Dabei wird deutlich,<br />
dass der <strong>Energie</strong>bedarf für die Warmwasserbereitung<br />
in vergleichbarer Größenordnung<br />
wie der relativ geringe Heizwärmebedarf liegt.<br />
Deshalb sind die H<strong>aus</strong>technikkonzepte bei<br />
Beibehaltung <strong>und</strong> Verbesserung des Nutzerkomforts<br />
diesen veränderten Anforderungen anzupassen.<br />
Weitere Entwicklungen zu intelligent<br />
geregelten Versorgungssystemen, z. B. auf der<br />
Basis von Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung oder <strong>Wärme</strong>pumpen<br />
in Verbindung mit erneuerbaren <strong>Energie</strong>n,<br />
können dazu beitragen, die Effi zienz der<br />
Versorgungssysteme in diesem Leistungsbereich<br />
zu steigern.<br />
<strong>Wärme</strong>versorgung<br />
von hocheffi zienten<br />
Gebäuden<br />
Hocheffi ziente Gebäude vom Typ KfW <strong>Energie</strong>sparh<strong>aus</strong><br />
60 1 bis zu Passivhäusern benötigen<br />
schnell reagierende Heizungssysteme mit niedrigeren<br />
Anschlussleistungen als in Bestandsgebäuden.<br />
Geeignet sind solche Versorgungssysteme,<br />
die energetisch, ökologisch <strong>und</strong><br />
ökonomisch die günstigsten Vor<strong>aus</strong>setzungen<br />
bieten, eine bedarfsgerechte <strong>Wärme</strong>versorgung<br />
bei geringem Primärenergieverbrauch zu sichern.<br />
Hierzu sind in Tab.1 einige Beispiele für Versorgungstechniken<br />
in effi zienten Gebäuden mit<br />
unterschiedlichem <strong>Wärme</strong>bedarf dargestellt.<br />
Hocheffi ziente Gebäude mit Heizlasten<br />
< 10 W/m 2 können direkt über die Zuluft der<br />
Lüftungsanlage beheizt werden, ohne dass dafür<br />
der Luftwechsel über das hygienisch notwendige<br />
Maß angehoben werden muss. Das führt<br />
zur Reduzierung der investiven Kosten für das<br />
H<strong>aus</strong>techniksystem. Dieses <strong>Wärme</strong>übergabesystem<br />
wird bereits in vielen Passivhäusern [1, 2,<br />
4, 9] genutzt, wobei die Zuluft entweder über<br />
ein Warmwasserheizregister oder durch eine<br />
Direktbeheizung mit einer Abluft-<strong>Wärme</strong>pumpe<br />
erwärmt wird. Damit erhalten Abluft-<strong>Wärme</strong>pumpen<br />
zur Beheizung von Niedrigstenergie-<br />
<strong>und</strong> Passivhäusern ein großes Marktpotenzial.<br />
Werden Wohngebäude mit Nahwärme beheizt,<br />
treten neben den <strong>Wärme</strong>verteilverlusten im<br />
Gebäude noch bis zu 16 % Übertragungsverluste<br />
auf [1, 6, 10]. Der Anschluss von Niedrigenergie-<br />
<strong>und</strong> Passivhäusern an eine zentrale Nahwärmeversorgung<br />
erscheint deshalb nur dann<br />
sinnvoll, wenn die Gebäude in ein bereits erschlossenes<br />
Fernwärmegebiet integriert werden.<br />
1 Nach den Förderrichtlinien der Kreditanstalt für Wiederauf-<br />
bau (KfW) ist der Standard eines KfW-<strong>Energie</strong>sparh<strong>aus</strong>es 60<br />
erreicht, wenn der Primärenergiebedarf nachweislich nicht<br />
mehr als 60 kWh pro m² Nutzfl äche <strong>und</strong> Jahr beträgt.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Dr. Christel Russ<br />
Fraunhofer ISE<br />
christel.russ@<br />
ise.fraunhofer.de<br />
Dr. Joachim Göttsche<br />
Solar-Institut Jülich -<br />
FH Aachen<br />
goettsche@sij.fh-aachen.de<br />
93
FVS LZE Themen 2005<br />
Tabelle 1<br />
<strong>Wärme</strong>versorgungssysteme<br />
von<br />
hocheffi zienten<br />
Wohngebäuden<br />
94<br />
Demonstrationsprojekt Versorgungssystem <strong>Wärme</strong>übergabe/ Verteilung<br />
Mehrfamilien-Passivh<strong>aus</strong><br />
Kassel [11]<br />
Mehrfamilien-Passivh<strong>aus</strong><br />
Freiburg-ISIS [2]<br />
Mehrfamilien-Passivh<strong>aus</strong><br />
„Arbeiten & Wohnen“<br />
Freiburg [7]<br />
Mehrfamilien-Solarh<strong>aus</strong><br />
G<strong>und</strong>elfingen [5]<br />
Passiv-Reihenhäuser<br />
Neuenburg [4]<br />
Passiv-Doppelhäuser<br />
Königsbach-Stein [6]<br />
Solar-Campus Jülich [10]<br />
Studentenwohnungen:<br />
Reihenh<strong>aus</strong>zeilen mit B<strong>aus</strong>tandard<br />
KfW 40<br />
<strong>und</strong> Passivh<strong>aus</strong><br />
Gebäude B<strong>aus</strong>tandard<br />
WschVO 95 2<br />
2 <strong>Wärme</strong>schutzverordnung 1995<br />
Andererseits wird <strong>aus</strong> ökonomischen Gründen<br />
meist auf die Neuinstallation eines Nahwärmenetzes<br />
für Niedrigstenergie- <strong>und</strong> Passivhäuser<br />
verzichtet [1].<br />
Die Nutzung der passiven Solarenergie trägt<br />
wesentlich zur Senkung des Heizwärmeverbrauchs<br />
bei, was mit so genannten Heizwärmekennfeldern<br />
nachgewiesen wurde [1, 2, 3].<br />
In einem Diagramm wird das Tagesmittel der<br />
fl ächenspezifi schen Heizleistung (W/m 2 ) des<br />
Gebäudes über der Außentemperatur in Abhängigkeit<br />
von der solaren Einstrahlung aufgetragen<br />
(Abb. 1b <strong>und</strong> 2b). Die solare Einstrahlung<br />
wird in drei typische Strahlungsklassen<br />
zwischen < 25 W/m 2 <strong>und</strong> > 90 W/m 2 eingeteilt.<br />
Je 25 % der Messwerte innerhalb der Heizzeit<br />
unter 12 °C fallen in die niedrigste bzw. höchste<br />
Strahlungsklasse.<br />
Dr. Christel Russ <strong>Energie</strong>versorgung in Niedrigstenergie-Wohngebäuden<br />
Fernwärme Luftheizung<br />
Zentrale Warmwasserversorgung<br />
Nahwärme <strong>aus</strong> Holzhackschnitzel<br />
BHKW, thermische Solaranlage<br />
Lüftungs-Kompaktgerät<br />
Gas-BHKW<br />
thermischen Solaranlage <strong>und</strong> PV<br />
Nahwärme <strong>aus</strong> KWK,<br />
Abluftwärmepumpe (Pufferspeicher),<br />
thermische Solaranlage<br />
Dezentrale Lüftungs-Kompaktgeräte,<br />
thermische Solaranlage<br />
Zentrale <strong>Wärme</strong>pumpe,<br />
thermische Solaranlage<br />
Nahwärmenetz<br />
Gas- Brennwerttechnik<br />
Luftheizung<br />
dezentrale Warmwasserbereitung<br />
mit Logotherm<br />
Plattenheizkörper,<br />
zentrale Warmwasserbereitung<br />
Plattenheizkörper,<br />
zentrale <strong>Wärme</strong>versorgung<br />
Luftheizung<br />
Warmwasserspeicher<br />
Wandheizung <strong>aus</strong> zentraler<br />
Versorgung<br />
Zentrale Warmwasserbereitung<br />
Plattenheizkörper<br />
Fußbodenheizung<br />
Zuluft; Warmwasserversorgung<br />
jeweils h<strong>aus</strong>weise mit Speicher,<br />
Plattenheizkörper mit lokalem Netz<br />
Am Beispiel des Solarh<strong>aus</strong>es „G<strong>und</strong>elfi ngen“<br />
(Abb. 1b) <strong>und</strong> des Passivh<strong>aus</strong>es „Kassel“ (Abb.<br />
2b) ist sehr gut der Anteil der passiven solaren<br />
Gewinne an der Reduzierung des Heizwärmebedarfes<br />
des Ge-bäudes zu sehen. Im Solarh<strong>aus</strong><br />
G<strong>und</strong>elfi ngen können sie an den Tagen mit<br />
intensiver Einstrahlung über die großen Fenster<br />
der Südseite <strong>und</strong> über die transparente <strong>Wärme</strong>dämmung<br />
den Heizwärmebedarf wesentlich<br />
reduzieren.<br />
Die Heizlasten liegen besonders bei Tagen<br />
mit guter Einstrahlung auch bei niedrigen<br />
Umgebungstemperaturen weit unter dem<br />
maximal möglichen Wert.<br />
Das in Ost-West Richtung orientierte Passivh<strong>aus</strong><br />
„Kassel“ kann die passiven solaren Gewinne<br />
aufgr<strong>und</strong> der geringen Fensteranteile nach<br />
Süden nur wenig nutzen <strong>und</strong> die verbrauchte<br />
Heizwärme entspricht auch unter guten Einstrahlungsbedingungen<br />
nahezu dem berechneten<br />
Bedarf.
Dr. Christel Russ <strong>Energie</strong>versorgung in Niedrigstenergie-Wohngebäuden<br />
Abbildung 1a Solarh<strong>aus</strong> G<strong>und</strong>elfi ngen [1, 2, 3]<br />
Heizlast [W/m 2 ]<br />
Heizlast [W/m 2 ]<br />
22<br />
20<br />
18<br />
16<br />
14<br />
13<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
G<strong>und</strong>elfi ngen<br />
0<br />
-12 -10 -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18<br />
22<br />
20<br />
18<br />
16<br />
14<br />
13<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
Kassel<br />
Temperatur [°C]<br />
Abbildung 2a Passivh<strong>aus</strong> Kassel [1,2,3]<br />
solare Einstrahlung<br />
< 25 W/m2 25 bis 90 W/m2 > 90 W/m2 solare Einstrahlung<br />
< 25 W/m 2<br />
25 bis 90 W/m 2<br />
0<br />
-12 -10 -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18<br />
Temperatur [°C]<br />
Die Geraden stellen die Verlustkoeffi zienten entsprechend der Transmission- <strong>und</strong> Lüftungsverluste ohne Berücksichtigung<br />
der inneren <strong>und</strong> solaren Gewinne (durchgezogen Gerade) bzw. nur ohne solare Gewinne (gestrichelte Gerade) dar.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 1b<br />
Heizkennfeld Solarh<strong>aus</strong><br />
„G<strong>und</strong>elfi ngen“:<br />
Durch gute passive<br />
Solarenergienutzung<br />
über die Fenster <strong>und</strong><br />
transparente <strong>Wärme</strong>dämmung<br />
auf der<br />
Südseite des Gebäudes<br />
liegt der Heizwärmebedarf<br />
unter dem<br />
berechneten Wert.<br />
Abbildung 2b<br />
Heizkennfeld<br />
Passivh<strong>aus</strong> „Kassel“:<br />
Da die Hauptorientierung<br />
des Gebäudes<br />
in Ost-West liegt,<br />
tragen nur relativ<br />
wenige solare Gewinne<br />
zur Reduzierung des<br />
Heizwärmebedarfes<br />
bei.<br />
95
FVS LZE Themen 2005<br />
Tabelle 2<br />
Lüftungsanlagen<br />
in hocheffi zienten<br />
Wohngebäuden<br />
96<br />
Demonstrationsprojekt Lüftungssystem<br />
Lüftung<br />
In Niedrigstenergie- <strong>und</strong> Passivhäusern sind die<br />
Anforderungen an die Wohnraumlüftung erhöht<br />
zur Sicherung des Wohnkomforts <strong>und</strong> zur Erreichung<br />
des niedrigen Heizwärmebedarfs. Die<br />
natürliche Fensterlüftung reicht nicht mehr <strong>aus</strong>,<br />
den bauphysikalisch <strong>und</strong> hygienisch notwendigen<br />
Luftwechsel zu sichern. Aus einer Studie [8]<br />
zur Entwicklung der Passivhäuser bis 2010 geht<br />
hervor, dass auch künftig 95<strong>–</strong>100 % der Passivhäuser<br />
mit Lüftungsanlagen mit <strong>Wärme</strong>rückgewinnung<br />
(WRG) <strong>aus</strong>gestattet sind, bei<br />
3-Liter-Häusern werden es etwa 70% sein.<br />
In den übrigen energieeffi zienten Neubauten<br />
wird bis 2010 von jährlich 120.000 Lüftungsanlagen<br />
mit WRG <strong>aus</strong>gegangen. Diese Anlagen<br />
arbeiten nur dann effektiv, wenn der Stromverbrauch<br />
für Ventilatoren, Steuerung <strong>und</strong> Regelung<br />
gering ist.<br />
Lüftungsanlagen mit WRG unterstützen durch<br />
die rückgewonnene <strong>Wärme</strong> die Heizung im<br />
Dr. Christel Russ <strong>Energie</strong>versorgung in Niedrigstenergie-Wohngebäuden<br />
Mehrfamilien-Passivh<strong>aus</strong> Kassel semizentrale Lüftungsanlage: zentrale Zu- <strong>und</strong> Abluft mit WRG 1 ,<br />
wohnungsweise Nachheizregister (Warmwasser für Zuluftheizung)<br />
Mehrfamilien-Passivh<strong>aus</strong><br />
Freiburg-ISIS<br />
Mehrfamilien-Passivh<strong>aus</strong><br />
„Arbeiten & Wohnen“ Freiburg<br />
wohnungsweise mechanische Lüftung mit WRG,<br />
Nachheizregister (Wasser) für Zuluftheizung<br />
zentrale Lüftungsanlage mit WRG für alle Wohneinheiten<br />
Solarh<strong>aus</strong> G<strong>und</strong>elfingen dezentrale Zuluft (feuchtegeregelt), zentrale Abluft mit<br />
<strong>Wärme</strong>pumpe zur Speicherbeheizung<br />
Passiv-Reihenhäuser Neuenburg Erdwärmet<strong>aus</strong>cher, Lüftungs-Kompaktgerät <strong>–</strong> Lüftungsanlage<br />
mit WRG, Nachheizen der Zuluft<br />
Passiv-Doppelhäuser<br />
Königsbach-Stein<br />
Solar-Campus Jülich -<br />
Studentenwohnungen<br />
Reihenh<strong>aus</strong>zeilen mit B<strong>aus</strong>tandard<br />
KfW 40 <strong>und</strong> Passivh<strong>aus</strong><br />
Gebäude B<strong>aus</strong>tandard<br />
WschVO 95<br />
1 WRG = <strong>Wärme</strong>rückgewinnung<br />
h<strong>aus</strong>weise Lüftung mit Heizregister zur Luftvorwärmung<br />
zentrale Lüftungsanlage mit WRG (z. T. geregelt mit Wettervorhersage)<br />
Erdwärmet<strong>aus</strong>cher, zentrale Lüftungsanlage mit WRG<br />
dezentrale Lüftungsanlage mit WRG<br />
dezentrale Zuluft, zentrale Abluft (z. T. feuchtegeregelt)<br />
keine Lüftungsanlage<br />
Gebäude. Durch den Einsatz eines vorgeschalteten<br />
Erdwärmet<strong>aus</strong>chers wird neben dem Vermeiden<br />
des Vereisens des <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>chers noch ein<br />
zusätzlicher <strong>Wärme</strong>gewinn erreicht. Im Projekt<br />
Neuenburg [4] wurden mehr als 30 kWh/m² a<br />
<strong>Wärme</strong>gewinne <strong>aus</strong> der WRG <strong>und</strong> dem Erdwärmet<strong>aus</strong>cher<br />
erhalten.<br />
Dezentrale Zuluft in Verbindung mit zentraler<br />
Abluftanlage sorgt für einen defi nierten Frischluftvolumenstrom<br />
3 . Es fehlen jedoch die <strong>Wärme</strong>gewinne<br />
<strong>aus</strong> der WRG im Gebäude, was zu<br />
höherem Heizwärmebedarf führt. Vorteilhaft<br />
ist dann z. B. der Einsatz einer <strong>Wärme</strong>pumpe in<br />
der Abluft wie im Solarh<strong>aus</strong> „G<strong>und</strong>elfi ngen“ [5],<br />
wo die gewonnene <strong>Wärme</strong> dem Heizungssystem<br />
zugeführt wurde.<br />
Untersucht <strong>und</strong> bewertet wurden unterschiedliche<br />
Lüftungskonzepte in folgenden Demonstrationsvorhaben:<br />
(Tab. 2)<br />
3 Ein Frischluftvolumenstrom von 30 m³/h je Person wird<br />
durchschnittlich zur Entfeuchtung der Raumluft benötigt.
Dr. Christel Russ <strong>Energie</strong>versorgung in Niedrigstenergie-Wohngebäuden<br />
Projekt Primärenergie<br />
H<strong>aus</strong>technik 4<br />
[kWh/m²a]<br />
Mehrfamilien-Passivh<strong>aus</strong><br />
Kassel<br />
Mehrfamilien-Passivh<strong>aus</strong><br />
Freiburg-ISIS<br />
Mehrfamilien Passivh<strong>aus</strong><br />
„Arbeiten & Wohnen“<br />
Freiburg<br />
In Mehrfamilienhäusern eingesetzte zentrale<br />
Lüftungsanlagen mit WRG erfordern eine<br />
sorgfältige, meist aufwändige Planung, besonders<br />
hinsichtlich der Steuerung- <strong>und</strong> Regelung,<br />
um den individuellen Bedürfnissen der Nutzer<br />
nach wohnungsweise regulierbaren Volumenströmen<br />
<strong>und</strong> Zulufttemperaturen gerecht zu<br />
werden. Auch der Material- <strong>und</strong> Installationsaufwand<br />
(Stellklappen zum hydraulischen Abgleich,<br />
dichte Gehäuse der <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher, Dämmung<br />
der Kanäle) ist relativ hoch [1, 7]. Erhalten die<br />
Nutzer dezentrale (wohnungsweise) Lüftungsanlagen,<br />
ist eine individuelle Nutzung leichter zu<br />
gewährleisten. Ein wesentliches Entwicklungsfeld<br />
ist dabei die Verbesserung des Schallschutzes,<br />
ohne Abstriche bei der energetischen Effi -<br />
zienz der Anlagen machen zu müssen.<br />
Abluftanlagen mit dezentraler Zuluft sind zwar<br />
einfach <strong>und</strong> kostengünstig zu installieren, bieten<br />
aber nicht den gleichen Wohnkomfort wie<br />
Anlagen mit <strong>Wärme</strong>rückgewinnung (WRG) [10].<br />
Anlagenaufwandszahl<br />
Heizwärme<br />
[kWh/<br />
m²a]<br />
Warmwasser<br />
[kWh/<br />
m²a]<br />
Ergebnisse <strong>und</strong><br />
Schlussfolgerung<br />
Verluste<br />
[kWh/m²a]<br />
43,9 0,59 17,1 28,0 nicht bestimmt<br />
36,7<br />
(ohne Verluste<br />
Fernwärmenetz)<br />
30,3/ 3,5 mit<br />
Strom <strong>aus</strong> BHKW<br />
+ PV<br />
0,81 14,9 13,2 8,7 Verteilung/<br />
Speicher<br />
3,5 Fernwärme<br />
0,76 12,6 8,7 10,7 Verteilung/<br />
Speicher<br />
5,4 Umwandlung<br />
Solarh<strong>aus</strong> G<strong>und</strong>elfingen 40,7 1,12 21,0 15,3 7,9 Zirkulation,<br />
Speicher,<br />
Verteilung<br />
Passiv-Reihenhäuser<br />
Neuenburg<br />
Passiv-Doppelhäuser<br />
Königsbach-Stein<br />
Studentenwohnungen<br />
Solar-Campus Jülich 5<br />
19,7 0,41 2,9 10,8 9,5 Speicher<br />
38,3 0,94 24,2 10,6 13,5 Zirkulation,<br />
Speicher,<br />
Verteilung<br />
56 (ohne<br />
Netzverluste)<br />
4 Umrechnungsfaktor 2,35 nach GEMIS 4.0 (Globales Emissions-Modell Integrierter Systeme)<br />
mit einem kumulierten <strong>Energie</strong>aufwand nach EU17 ohne erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />
5 Beispiel Passivh<strong>aus</strong> mit Luftheizung der Reihenh<strong>aus</strong>zeile 2<br />
0,90 23,6 12,6 3,0 Speicher,<br />
5,8 (16 %) Netz<br />
Zur Bewertung der Effi zienz der <strong>Wärme</strong>versorgungssysteme<br />
dient der Primärenergieverbrauch<br />
für die gesamte H<strong>aus</strong>technik (Heizen, Warmwasserbereitung,<br />
Lüftung, Hilfsenergie <strong>und</strong> Verluste)<br />
<strong>und</strong> die Anlagenaufwandszahl 6 . Tab. 3 enthält<br />
die Zusammenstellung dieser Kennwerte für<br />
<strong>aus</strong>gewählte Gebäude. Mit einem Primärenergieverbrauch<br />
unter 50 kWh/m 2 a, bezogen auf<br />
die beheizte Wohnfl äche, sind alle untersuchten<br />
<strong>Wärme</strong>versorgungskonzepte in den Gebäuden<br />
als effi zient einzustufen <strong>und</strong> die Nutzeranforderungen<br />
werden erfüllt. Das Verhältnis der eingesetzten<br />
Primärenergie zur genutzten <strong>Energie</strong><br />
(Anlagenaufwandszahl) ist < 1 <strong>und</strong> zeigt das<br />
effi ziente Arbeiten der Versorgungstechniken.<br />
6 primärenergetische Effi zienzkennzahl<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Tabelle 3<br />
Energetische Kennwerte<br />
von Demonstrationsgebäuden<br />
(alle<br />
Werte bezogen auf die<br />
beheizte Nutzfl äche)<br />
97
FVS LZE Themen 2005<br />
98<br />
Besonders günstig erscheinen die Versorgungssysteme<br />
mit Lüftungs-Kompaktgeräten mit einer<br />
Anlagenaufwandszahl < 0,5. Diese Geräte haben<br />
eine abgeglichene Steuerung <strong>und</strong> Regelung.<br />
Probleme bei der Steuerung <strong>und</strong> Regelung<br />
führen zu einem erhöhten Primärenergieverbrauch<br />
<strong>und</strong> ihre Optimierung zur Verbesserung<br />
der <strong>Energie</strong>bilanzen ist nötig.<br />
Befi ndet sich die Heizzentrale der zentralen<br />
Versorgungssysteme im thermisch vom Gebäude<br />
getrennten Keller, erreichen Leitungs-,<br />
Speicher- <strong>und</strong> Zirkulationsverluste mit 20 bis<br />
40 % der <strong>Wärme</strong>bereitstellung die Größe des<br />
Heizwärme- oder Warmwasserverbrauchs.<br />
Dezentrale Versorgungssysteme innerhalb der<br />
beheizten Hülle bieten hier den Vorteil geringerer<br />
<strong>und</strong> zum Teil „nutzbarer Verluste“ in der<br />
Heizzeit, die zur Deckung des <strong>Wärme</strong>bedarfs<br />
beitragen. Damit bleiben nur die Verluste<br />
außerhalb der Heizsaison relevant, die durch<br />
die Warmwasserbereitstellung (Zirkulation,<br />
Leitungs- <strong>und</strong> Speicherverluste) entstehen.<br />
Durch eine thermische Solaranlage kann ein<br />
Großteil davon gedeckt werden.<br />
Strom <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n kann genutzt<br />
werden, um den <strong>Energie</strong>verbrauch zu kompensieren<br />
<strong>und</strong> den Primärenergieverbrauch zu<br />
senken, vgl. Passivh<strong>aus</strong> „Arbeiten & Wohnen“<br />
[7]. Damit wird ein weiterer Schritt zum Null-<br />
Primärenergie-H<strong>aus</strong> möglich.<br />
Literatur<br />
[1] Hoffmann, C., Hastings, R., Voss, K.,<br />
Wohnbauten mit geringem <strong>Energie</strong>ver-<br />
brauch, 2005, C. F. Müller Verlag, Hüttig<br />
GmbH & Co. KG Heidelberg<br />
[2] Russ, C., Reiß, J. Design Insights for the<br />
Analysis of 50 Sustainable Solar Houses;<br />
2005, Technical Report zur IEA Task 28/38<br />
„Sustainable Solar Housing“<br />
[3] Evaluierung energieeffi zienter Wohngebäu-<br />
de, Projektinfo 04/05 BINE Informations<br />
dienst, FIZ Karlsruhe<br />
Dr. Christel Russ <strong>Energie</strong>versorgung in Niedrigstenergie-Wohngebäuden<br />
[4] Russ. C., u.a., Demonstrationsprojekt für<br />
ein innovatives <strong>Wärme</strong>versorgungskonzept<br />
für Passivhäuser auf der Basis von passiver<br />
<strong>und</strong> aktiver Solarenergienutzung in Kombi-<br />
nation mit <strong>Wärme</strong>pumpen, Abschlussbericht<br />
2002, Fraunhofer-Institut für Solare<br />
<strong>Energie</strong>systeme Freiburg<br />
[5] Voss, K., Solarh<strong>aus</strong> G<strong>und</strong>elfi ngen,<br />
Endbericht, 2003, Fraunhofer-Institut für<br />
Solare <strong>Energie</strong>systeme Freiburg<br />
[6] Russ, C., u.a., Monitoring der Passivh<strong>aus</strong>-<br />
siedlung Königsbach-Stein, Abschlussbe -<br />
richt 2002, Fraunhofer-Institut für Solare<br />
<strong>Energie</strong>systeme Freiburg<br />
[7] Voss, K., Solar-Passivh<strong>aus</strong> „Wohnen<br />
& Arbeiten“ Freiburg, Vauban, Schlussbe-<br />
richt, 2001, Fraunhofer-Institut für Solare<br />
<strong>Energie</strong>systeme Freiburg<br />
[8] Bühring, A.; Innovative Lüftung in<br />
Gebäuden <strong>–</strong> Zukunft der Wohnungslüftung,<br />
Otti <strong>Energie</strong>kolleg 2004<br />
[9] Bühring, A., u. a., Aktueller Stand der<br />
Weiterentwicklung von Lüftungs-Kompakt-<br />
geräten, 9. Europäische Passivh<strong>aus</strong>tagung<br />
2005, Ludwigshafen<br />
[10] Göttsche, J., u.a. 2004 Abschlussbericht<br />
Solar Campus Jülich<br />
[11] Pfl uger, R., Feist, W., Kostengünstiger<br />
Passivh<strong>aus</strong>-Geschosswohnungsbau in<br />
Kassel-Marbachhöhe, Endbericht,<br />
CEPHEUS-Projektinformation Nr. 15 <strong>und</strong><br />
16, 2001, Passivh<strong>aus</strong>-Institut Darmstadt
Prof. Dr. Bernhard Hoffschmidt Solarisierung von Altbauten<br />
Solarisierung von Altbauten<br />
1. Einführung<br />
Unter Solarisierung von Altbauten versteht man<br />
die optimierte energetische Sanierung bestehender<br />
Gebäude, die einen erheblichen Beitrag von<br />
Umweltwärme <strong>und</strong> -kälte sowie andere regenerative<br />
<strong>Energie</strong>quellen zur <strong>Energie</strong>versorgung<br />
einbezieht.<br />
Im Vergleich zum Zeitpunkt des Erscheinens des<br />
FVS-Themenhefts 97/98 (Solare Gebäudetechniken<br />
[1]) ist die Entwicklung von passivh<strong>aus</strong>tauglichen<br />
Bauelementen <strong>und</strong> von Komponenten<br />
zur technischen Gebäude<strong>aus</strong>rüstung (TGA)<br />
rasch vorangeschritten. In den vergangenen<br />
Jahren wurden einige Sanierungsprojekte durchgeführt,<br />
die den Einsatz dieser neuen Technologien<br />
bzw. Materialien bei der Gebäudesanierung<br />
erprobten.<br />
Neben den passiven Maßnahmen spielt die<br />
<strong>Energie</strong>bereitstellung <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />
mit Hilfe der Nahwärme eine weitere wichtige<br />
Rolle bei der Solarisierung von Altbauten. Unter<br />
den derzeitigen wirtschaftlichen Bedingungen,<br />
gekennzeichnet durch das EEG, den KWK-Bonus,<br />
den Bonus für nachwachsende Rohstoffe <strong>und</strong><br />
kräftig steigende Ölpreise, ist die Nahwärmeversorgung<br />
im Gebäudebestand auf der Basis von<br />
Heizwärmebedarf [kWh/m 2 a]<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
bis 1918<br />
1919 <strong>–</strong> 1948<br />
Biomasse bei gleichzeitiger Stromproduktion<br />
eine bereits heute konkurrenzfähige Alternative<br />
gegenüber der konventionellen Ölheizung.<br />
Der Betreiber von kurz- bis mittelfristig realisierten<br />
Nahwärmesystemen auf Biomassebasis muss<br />
die nachträgliche <strong>Wärme</strong>dämmung der angeschlossenen<br />
Gebäude in seine strategischen <strong>und</strong><br />
planerischen Überlegungen (Wirtschaftlichkeitsrechnung)<br />
einbeziehen.<br />
1949 <strong>–</strong> 1957<br />
Originalzustand<br />
wirtschaftlich optimal gedämmt<br />
Energetisches Potenzial<br />
Das energetische Einsparpotenzial im<br />
Gebäudebestand ist gewaltig (Abb. 1).<br />
Die Sanierungsrate bewegt sich in der<br />
Größenordnung von 1 % pro Jahr, die<br />
Abrissrate liegt bei ca. 0,5 % pro Jahr [4].<br />
Eine Halbierung der zur Beheizung von<br />
Gebäuden benötigten <strong>Energie</strong> wird selbst<br />
bei vollständiger Umsetzung der <strong>Energie</strong>ein-<br />
sparverordnung (EnEV) erst für das Jahr 2050<br />
prognostiziert. Eine Beschleunigung dieser<br />
Entwicklung könnte durch den Bevölkerungs-<br />
rückgang, eine Fortsetzung der Ölpreiserhö-<br />
hung oder durch intensivierte politische<br />
Maßnahmen bewirkt werden.<br />
Um das häufi g genannte Ziel von 2,5 bis<br />
3% energetisch wirksamer Sanierungsrate zu<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Anteil der Wohnungen [%]<br />
1958 <strong>–</strong> 1968<br />
1969<br />
<strong>–</strong> 1977<br />
1. WSchVO<br />
2. WSchVO<br />
3. WSchVO<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Prof. Dr. Bernhard<br />
Hoffschmidt<br />
Solar-Institut Jülich -<br />
FH Aachen<br />
bernhard.hoffschmidt@<br />
sij.fh-aachen.de<br />
Helmut Böhnisch<br />
ZSW<br />
helmut.boehnisch@<br />
zsw-bw.de<br />
Dr. Joachim Göttsche<br />
Solar-Institut Jülich -<br />
FH Aachen<br />
goettsche@sij.fh-aachen.de<br />
Sebastian Herkel<br />
Fraunhofer ISE<br />
sebastian.herkel@<br />
ise.fraunhofer.de<br />
Abbildung 1<br />
<strong>Energie</strong>einsparpotenziale<br />
im Gebäudebestand<br />
am Beispiel<br />
der Stadt Hannover:<br />
Heizwärmebedarf im<br />
Originalzustand<br />
(rot) <strong>und</strong> nach<br />
wirtschaftlich optimaler<br />
Dämmung (grün).<br />
Quelle: Arenha, B<strong>und</strong>esarchitektenkammer<br />
mit Förderung des<br />
BMU/UBA<br />
99
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 2<br />
Solare Luftvorwärmung<br />
in der Balkonbrüstung,<br />
Freiburg Krozinger Str.<br />
Foto: Fraunhofer ISE/ K. Voss<br />
100<br />
erreichen, sind umfangreiche Erfahrungen<br />
<strong>und</strong> Kompetenzen im B<strong>aus</strong>ektor nötig. Gut<br />
dokumentierte Standardlösungen müssen zur<br />
kostengünstigen Verbreitung bereitstehen.<br />
Gründe für zögerliche Sanierungstätigkeit<br />
Durch die Interessentrennung von Investor<br />
<strong>und</strong> Betreiber, bzw. aufgr<strong>und</strong> mangelnder<br />
Fachkompetenz bei den meisten der Einfami-<br />
lien- <strong>und</strong> Reihenh<strong>aus</strong>eigentümern werden in<br />
der Regel keine insgesamt kostenoptimierten<br />
Lösungen, geschweige denn energetisch<br />
optimierte Lösungen in die Tat umgesetzt.<br />
Gegenwärtiger Standard ist eine den gesetz-<br />
lichen Regeln entsprechende nach Investiti-<br />
onskosten minimierte Ausführung. Es steht<br />
zu hoffen, dass ein qualitativ hoch angesetz-<br />
ter <strong>Energie</strong>pass Abhilfe schaffen kann.<br />
2. Solarisierung der<br />
Gebäudehülle<br />
2.1 Vergrößerung der Solarapertur<br />
<strong>Wärme</strong>bilanz durch Fensterfl ächen<br />
Unter Solarapertur versteht man den Öff-<br />
nungsgrad eines Gebäudes zur Nutzung des<br />
<strong>Sonne</strong>nlichts <strong>und</strong> der <strong>Wärme</strong>strahlung. Mo-<br />
derne Fenster an südlich orientierten Fassa-<br />
den weisen in der Heizperiode positive Ener-<br />
giebilanzen auf. Sie stellen also nicht wie<br />
früher <strong>Energie</strong>senken, sondern <strong>Energie</strong>quellen<br />
dar, die noch zusätzlich für angenehm helle<br />
lichtdurchfl utete Räume sorgen. Als interes-<br />
santeste Maßnahmen kommen hierzu die<br />
Absenkung der Fensterbrüstung auf Fußbo-<br />
denniveau oder der Einbau von Dachgauben<br />
in die Südseite in Betracht. Letztere vergrös-<br />
sern zwar zunächst die <strong>Wärme</strong>verlustfl äche,<br />
bieten aber durch die senkrechte Fensterfl ä-<br />
che hohe winterliche <strong>Energie</strong>gewinne bei<br />
einer geringeren Überhitzungsproblematik<br />
im Sommer als sie Dachfl ächenfenster<br />
aufweisen.<br />
Balkonverglasungen<br />
Durch Balkonverglasungen lassen sich<br />
oft zwei Mängel gleichzeitig beheben:<br />
Kritische <strong>Wärme</strong>brücken werden beseitigt<br />
<strong>und</strong> die Fensterfl äche wird vergrößert,<br />
um mehr <strong>Sonne</strong> nutzen zu können [1].<br />
Prof. Dr. Bernhard Hoffschmidt Solarisierung von Altbauten<br />
2.2 Fassadenkollektor<br />
Die Gebäudefassade spielt als <strong>Energie</strong>quelle zur<br />
dezentralen Versorgung eine zunehmende Rolle,<br />
denn gerade Südfassaden weisen im Jahresverlauf<br />
relativ gleichmäßige Erträge auf. Fassadenkollektoren<br />
können ideal im Brüstungsbereich<br />
(auch Balkonbrüstungen) eingesetzt werden, sie<br />
können aber auch ganze Fassaden überdecken.<br />
Umfangreiche Erfahrungen hierzu wurden insbesondere<br />
in Österreich erworben <strong>und</strong> auch<br />
in Deutschland bestehen erste Pilotvorhaben.<br />
<strong>Sonne</strong>nstrahlung<br />
<strong>Sonne</strong>nstrahlung<br />
Zuluft<br />
Balkon<br />
Zuluft Wohnung<br />
Luftkollektor<br />
Zuluft Wohnung<br />
Am Beispiel eines Hochh<strong>aus</strong>es in der Krozinger<br />
Straße in Freiburg wurde 1999 das Konzept<br />
der solaren Luftvorwärmung realisiert. Eine Verglasung<br />
des Balkons <strong>und</strong> eine Verkleidung der
Prof. Dr. Bernhard Hoffschmidt Solarisierung von Altbauten<br />
Brüstung mit einem Metallabsorber führt zu<br />
einer solaren Vorwärmung von Luft: Die frische<br />
Luft wird durch den Luftspalt zwischen Absorber<br />
<strong>und</strong> Brüstung in den verglasten Balkon <strong>und</strong><br />
dann in die Wohnräume geführt. Die Frischluftströmung<br />
in die Wohnungen wird durch die<br />
Absaugung der Abluftanlage gewährleistet.<br />
Durch diese Maßnahme wurde der Heizwärmeverbrauch<br />
von 93,3 kWh/m²a auf 48,1 kWh/<br />
m²a reduziert.<br />
Die Entwicklung von farbigen selektiven Absorbern<br />
erweitert gerade beim Einsatz in der Sanierung<br />
die Anwendungsmöglichkeiten von fassadenintegrierten<br />
Warmwasserkollektoren [5].<br />
Bei dieser Maßnahme ist allerdings unbedingt<br />
auf die Feuchtebilanz in der dann dampfdichten<br />
Hülle zu achten.<br />
2.3 Gesamtkonzepte<br />
Eine der wesentlichen Her<strong>aus</strong>forderungen<br />
bei der solaren Sanierung besteht darin, ein<br />
schlüssiges Gesamtkonzept zu entwickeln.<br />
Hierbei stellt die Integration von Photovoltaik-<br />
Modulen in die Gebäudehülle eine ökologisch<br />
sinnvolle Ergänzung dar, da sich hierbei eine<br />
Kostenreduktion durch Mehrfachnutzung der<br />
physikalischen Eigenschaften von PV-Elementen<br />
ergibt.<br />
Die im Jahr 2001 von der Stadtbau Freiburg<br />
abgeschlossene Sanierung der Gebäude an der<br />
Wilmersdorfer Straße (Abb. 4) setzt auf vier<br />
wesentliche Komponenten:<br />
thermische Kollektoranlage zur Deckung<br />
des Warmwasserbedarfs<br />
verglaste Balkone<br />
fassadenintegrierte Photovoltaikanlage<br />
erhöhter baulicher <strong>Wärme</strong>schutz.<br />
Durch das Maßnahmenpaket wird insgesamt<br />
eine Reduktion des CO 2 -Ausstoßes in Höhe<br />
von ca. 200 t/a bewirkt.<br />
CO 2 -Emmission vor/nach der Sanierung [t CO 2 /a]<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
-100<br />
-200<br />
-300<br />
Strom<br />
vor Sanierung Einsparung nach Sanierung<br />
Warmwasser (Ges.)<br />
Heizung<br />
PV-Fassade<br />
Kesselanlage<br />
therm. Kollektoren<br />
<strong>Wärme</strong>dämmung<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 3 (links)<br />
Fassadenintegration<br />
farbiger Kollektoren<br />
Foto: AEE INTEC<br />
Abbildung 4 (rechts)<br />
Solare Sanierung in<br />
der Wilmersdorfer Str.<br />
in Freiburg mit 2 x 48<br />
Wohneinheiten<br />
Fotos: Fraunhofer ISE / S. Herkel<br />
Abbildung 5<br />
CO 2 - Einsparung durch<br />
Sanierungsmaßnahme<br />
in der Wilmersdorfer<br />
Straße<br />
Quelle: Stahl + Weiß<br />
101
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 6a<br />
Solare Sanierung von<br />
Plattenbauten in der<br />
Eiselstraße in Gera<br />
Quelle: TU Ilmenau 2004<br />
Abbildung 6b<br />
Vereinfachtes Schaltbild<br />
der Solaranlage<br />
Wohngelände Eiselstr.<br />
141-163 in Gera<br />
102<br />
2.4 Sanierung von Plattenbauten<br />
Plattenbauten stellen einen erheblichen Anteil<br />
des deutschen Wohngebäudebestandes dar.<br />
Ein vorbildliches Sanierungskonzept wurde in<br />
der Eiselstraße in Gera umgesetzt (Abb. 6).<br />
Neben einer deutlichen architektonischen<br />
Umstrukturierung <strong>und</strong> Akzentuierung wurden<br />
Solarkollektoren in die <strong>Wärme</strong>versorgung<br />
integriert. Die im Warmwasserspeicher<br />
Pumpe<br />
Kollektorfeld: 73,2 m 2<br />
Neigung: 30 °<br />
Ausrichtung: 30 °<br />
Kollektorfeld: 25,3 m 2<br />
Neigung: 90 °<br />
Ausrichtung: -30 °<br />
<strong>Wärme</strong>übertrager<br />
Kollektorkreis<br />
Pumpe<br />
Prof. Dr. Bernhard Hoffschmidt Solarisierung von Altbauten<br />
(ein spezieller Schichtspeicher) gesammelte<br />
Solarwärme wird über <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher dem<br />
kalten Trinkwasser zugeführt, sodass eine solare<br />
Deckung von 35 % bei einem Systemnutzungsgrad<br />
von 40 % erzielt wird. Solarkollektoren<br />
wurden in die geneigte Dachhaut sowie in<br />
die vertikale Südfassade integriert. Die solaren<br />
Nutzwärmekosten belaufen sich ohne Förderung<br />
auf 0,14 €/kWh.<br />
Schichtenladespeicher<br />
5000 Liter<br />
Pumpe<br />
Speicherbeladung Speicherentladung<br />
<strong>Wärme</strong>übertrager<br />
Trinkwasserkreis<br />
Fernwärme<br />
Bereitschaftsspeicher<br />
1000 Liter<br />
Kaltwasserzulauf
Prof. Dr. Bernhard Hoffschmidt Solarisierung von Altbauten<br />
3. Grüne Nahwärme im<br />
Gebäudebestand<br />
Es ist zu erwarten, dass Nahwärmesysteme,<br />
die auf der Nutzung von Biomasse aufbauen,<br />
in den nächsten Jahren auf Gr<strong>und</strong> günstiger<br />
Randbedingungen im Gebäudebestand zunehmend<br />
realisiert werden. Demzufolge werden<br />
sich Planer <strong>und</strong> Betreiber bei der Auslegung zunächst<br />
an dem <strong>Wärme</strong>bedarf orientieren, der<br />
sich zum Zeitpunkt der Errichtung <strong>aus</strong> dem<br />
mittleren <strong>Wärme</strong>dämmstandard der Gebäude<br />
im Versorgungsgebiet ergibt. Es ist jedoch<br />
davon <strong>aus</strong>zugehen, dass ein Teil der <strong>Wärme</strong>k<strong>und</strong>en<br />
zu einem späteren Zeitpunkt <strong>Wärme</strong>dämmmaßnahmen<br />
an ihren Häusern durchführen,<br />
vor allem dann, wenn eine Erneuerung<br />
der Gebäudehülle ansteht. Die damit verknüpfte<br />
Reduktion des <strong>Wärme</strong>bedarfs der wärmetechnisch<br />
sanierten Gebäude beeinfl usst die Höhe<br />
der verkauften <strong>Wärme</strong>menge insgesamt. Ein<br />
weitsichtiger Nahwärmebetreiber muss dies<br />
von Anfang an in seinen strategischen Überlegungen<br />
bzw. bei seiner Wirtschaftlichkeitsrechung<br />
berücksichtigen.<br />
Prinzipskizze: KWK mit Biogas<br />
1<br />
4<br />
6<br />
5<br />
Pufferspeicher<br />
3.1 Auslegungsaspekte bei Kraft-<strong>Wärme</strong>-<br />
Kopplung mit Biogas <strong>und</strong> Holz<br />
Den prinzipiellen Aufbau eines Nahwärmesystems<br />
zeigt beispielhaft Abb. 7.<br />
Die Holzverbrennung (Holzhackschnitzel)<br />
bietet eine Reihe von technischen Möglichkeiten,<br />
Nahwärmesysteme mit gleichzeitiger Stromproduktion<br />
aufzubauen. Je nach Leistungsbereich<br />
können die <strong>Energie</strong>wandler Stirlingmotor<br />
(35-150 kW el ), Dampfmotor (140-1.000 kW el ),<br />
ORC-Turbine (450-1.500 kW el ) <strong>und</strong> Dampfturbine<br />
(1,5-20 MW el ) für die Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />
eingesetzt werden. Ein wesentliches<br />
Merkmal dieser <strong>Energie</strong>wandler ist jedoch ihr<br />
im Vergleich zum Biogas geringerer Stromwirkungsgrad.<br />
Eine weitere Technik, die thermochemische<br />
Gaserzeugung <strong>aus</strong> Biomasse (Holz, Stroh),<br />
wird in den nächsten Jahren, auf Gr<strong>und</strong> eines<br />
inzwischen guten Entwicklungsstandes <strong>und</strong><br />
der vielfältigen Möglichkeiten, die sie bietet<br />
(KWK, Auskopplung regenerativer Kraftstoffe),<br />
zunehmend an Bedeutung gewinnen.<br />
3.2 Vergleich der jährlichen <strong>Wärme</strong>kosten<br />
Die jährlichen Kosten einer komplett erneuerten<br />
Öl-Zentralheizung werden den Jahreskosten<br />
beim Anschluss an ein Nahwärmenetz gegenübergestellt.<br />
Der Vergleich erfolgt für ein<br />
durchschnittliches Ein- bzw. Zweifamilienh<strong>aus</strong><br />
mit einem Ölbedarf von 3.300 Litern pro Jahr.<br />
3<br />
1 = Heizzentrale (BHKW + SpK)<br />
2 = Angeschlossene Gebäude<br />
3 = Nahwärmenetz<br />
2<br />
Räumliche Trennung von Heizzentrale<br />
<strong>und</strong> Biogasproduktion möglich<br />
4 = Biogaserzeugung<br />
5 = Stromeinspeisung<br />
6 = Kurzzeitspeicher<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 7<br />
Prinzipskizze eines<br />
Nahwärmesystems mit<br />
Biogasnutzung <strong>und</strong><br />
Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />
Quelle: ZSW<br />
103
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 8<br />
Kostenvergleich<br />
zwischen konventioneller<br />
Öl-Zentralheizung<br />
<strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>versorgung<br />
mittels Nahwärme<br />
durch Nutzung von<br />
Biomasse. Jahresnettokosten<br />
ohne MWSt.<br />
EFH = Einfamilienh<strong>aus</strong><br />
Quelle: ZSW<br />
104<br />
Die Nahwärmeversorgung entwickelt sich von<br />
einem anfänglichen Anschlussgrad von 25 %,<br />
auf 60 % sechs Jahre später. Nach 20 Jahren sind<br />
75 % aller Gebäude angeschlossen. Bezogen<br />
auf den Anfangswert nimmt der <strong>Wärme</strong>bedarf<br />
durch verbesserte <strong>Wärme</strong>dämmung gleichverteilt<br />
über den gesamten Ort um 1 % pro Jahr ab.<br />
Die Anschaffungskosten für die erneuerte<br />
Ölheizung betragen 7.400 € (Ölkessel, MSR-<br />
Technik, Öltank, Schornstein), die H<strong>aus</strong>anschlusskosten<br />
an die Nahwärme belaufen<br />
sich auf einmalig 7.500 €. Die Kostenrechnung<br />
erfolgt mit Hilfe der Kapitalwertmethode,<br />
der Kalkulationszinssatz beträgt 6 % <strong>und</strong> die<br />
Projektdauer 20 Jahre. (Abb. 8).<br />
Die jährlichen Vollkosten variieren bei der<br />
Öl-Zentralheizung im vorgegebenen Ölpreisintervall<br />
von 40 bis 60 Ct/l zwischen 2.400 <strong>und</strong><br />
3.100 €/a. Zum Vergleich: Der Ölpreis für eine<br />
Einkaufsmenge von 3.000 Litern liegt Mitte<br />
September 2005 bei 0,52 € /l (netto). Obwohl<br />
die Nahwärmeversorgung auf der Basis von Holz<br />
im betrachteten Leistungsbereich teurer ist als<br />
bei Biogas, kann die <strong>Wärme</strong> derzeit günstiger<br />
bereitgestellt werden, als bei einer konventionellen<br />
Ölheizung. Die Jahreskosten belaufen<br />
sich auf r<strong>und</strong> 2.680 €/a.<br />
Vollkosten [€/a]<br />
3500<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
1320<br />
472<br />
647<br />
0,40 €/l<br />
Noch günstiger ist die Nahwärmeversorgung<br />
mit Biogas, trotz der deutlich höheren Investitionskosten<br />
gegenüber Holz. Mit Jahreskosten<br />
von knapp 2.300 € weist sie den günstigsten<br />
Wert auf. Hier macht sich die hohe Stromproduktion<br />
auf Gr<strong>und</strong> des hohen Stromwirkungsgrades<br />
<strong>und</strong> damit höhere Stromerlöse positiv<br />
bemerkbar.<br />
3.3 Nachträgliche <strong>Wärme</strong>dämmung<br />
Die Auswirkungen nachträglicher <strong>Wärme</strong>dämmung<br />
auf die Rentabilität von Nahwärmesystemen<br />
mit Biomassenutzung wurden im<br />
Rahmen einer Konzeptstudie für die Nahwärmeversorgung<br />
einer Kleinstadt mit 5.000 Einwohnern<br />
untersucht. Die Nahwärmeversorgung<br />
baut auf Holzverbrennung mit nachgeschalteter<br />
ORC-Turbine (1 MW el ) zur Stromerzeugung auf.<br />
Es wurden drei verschiedene Ausb<strong>aus</strong>zenarien<br />
defi niert. In jedem Szenario wird der Fall „keine<br />
<strong>Wärme</strong>dämmung“ dem Fall „gleichmäßig verteilte<br />
<strong>Wärme</strong>dämmung“ gegenübergestellt.<br />
Die Eckdaten (Anschlussgrade) der Szenarien sind:<br />
1. Gr<strong>und</strong>variante: 25 % zu Beginn <strong>–</strong><br />
60 % nach 6 Jahren <strong>–</strong> 75 % nach 20 Jahren<br />
2. Langsame Entwicklung: 25 % zu Beginn <strong>–</strong><br />
50 % nach 20 Jahren<br />
3. Nahwärmebegeisterung: 50 % zu Beginn <strong>–</strong><br />
75 % nach 6 Jahren <strong>–</strong> 90 % nach 20 Jahren<br />
Öl-Zentralheizungen im EFH Nahwärme: Biomasse-KWK<br />
1650<br />
472<br />
647<br />
Kapitalkosten Öl-Zentralheizung<br />
Annuität Anschlußkosten<br />
1980<br />
472<br />
647<br />
Prof. Dr. Bernhard Hoffschmidt Solarisierung von Altbauten<br />
Betriebskosten Öl-Zentralheizung<br />
Gr<strong>und</strong>preis<br />
1400<br />
240<br />
654<br />
1783<br />
0,50 €/l 0,60 €/l Biogas-KWK Holz-KWK<br />
240<br />
654<br />
Brennstoffkosten Öl-Zentralheizung<br />
Arbeitspreis
Prof. Dr. Bernhard Hoffschmidt Solarisierung von Altbauten<br />
Beim Fall „gleichmäßig verteilte <strong>Wärme</strong>dämmung“<br />
ist der <strong>Wärme</strong>bedarf des gesamten<br />
Ortes nach 20 Jahren um 25 % geringer, als<br />
zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Nahwärme.<br />
Dies gilt in jedem Szenario. Den Einfl uss<br />
der <strong>Wärme</strong>dämmung auf die Rentabilität der<br />
Nahwärmeversorgung (<strong>aus</strong>gedrückt im<br />
Kapitalwert) zeigt Abb. 9.<br />
Die Variante „Langsame Entwicklung“ weist<br />
im Gegensatz zu den beiden anderen einen<br />
negativen Kapitalwert auf. Sie liegt somit <strong>aus</strong><br />
Sicht des Betreibers unterhalb der Gewinnschwelle.<br />
Zunehmende <strong>Wärme</strong>dämmung der<br />
Häuser <strong>und</strong> damit zurückgehender <strong>Wärme</strong>absatz<br />
hat einen deutlichen Einfl uss auf das<br />
wirtschaftliche Ergebnis. Dieser Einfl uss ist jedoch<br />
am geringsten, wenn sich der Anschlussgrad<br />
auf hohem Niveau befi ndet (Variante<br />
„Nahwärmebegeisterung“).<br />
Auch beim mittleren Szenario führt zunehmende<br />
<strong>Wärme</strong>dämmung nicht zur Unwirtschaftlichkeit<br />
des Projekts. Stabilisierend wirken in jedem<br />
Fall die sich vergleichsweise geringfügig ändernden<br />
Stromerlöse bei Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung.<br />
Die genannten Solaranlagen Wilmersdorfer<br />
Straße in Freiburg <strong>und</strong> Eiselstraße in Gera<br />
wurden mit Förderung des B<strong>und</strong>es (BMU)<br />
im Programm Solarthermie2000 realisiert.<br />
Relativer Kapitalwert [%]<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
-20<br />
Literatur<br />
[1] Voss K., Solarenergienutzung bei der<br />
Sanierung von Gebäuden, Forschungs-<br />
Verb<strong>und</strong> <strong>Sonne</strong>nenergie „Themen 97/98“,<br />
S. 87-94<br />
[2] Böhnisch H., Erbas K., Nast M.,<br />
Schreitmüller K., Nahwärme im Gebäude-<br />
bestand <strong>–</strong> Anlagenaspekte <strong>und</strong> Umsetzung,<br />
ForschungsVerb<strong>und</strong> <strong>Sonne</strong>nenergie<br />
„Themen 2001“, S. 82-91<br />
[3] Böhnisch H., Klingebiel M., Nast M.,<br />
Nahwärmefi bel Baden-Württemberg,<br />
Nahwärmekonzepte Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopp-<br />
lung <strong>und</strong> Erneuerbare <strong>Energie</strong>n, Wirt-<br />
schaftsministerium Baden-Württemberg,<br />
2004<br />
[4] Kleemann M., Heckler R., Kolb G.,<br />
Hille M., Die Entwicklung des <strong>Energie</strong>be-<br />
darfs zur <strong>Wärme</strong>bereitstellung in Gebäuden<br />
<strong>–</strong> Szenarioanalysen mit dem IKARUS-<br />
Raumwärmemodell, Bericht im Auftrag<br />
des Bremer <strong>Energie</strong>-Instituts, April 2000<br />
[5] Müller T., Wagner W., H<strong>aus</strong>ner R., Köhl M.,<br />
Herkel S., Höfl er K., Colourface <strong>–</strong> Farbige<br />
Fassadenkollektoren, Tagungsband<br />
Solartage Gleisdorf, 2004<br />
Vergleich der Kapitalwerte für drei Szenarien<br />
Nahwärmebegeisterung Gr<strong>und</strong>variante<br />
AG 50-75-90 AG 25-60-75<br />
ohne <strong>Wärme</strong>dämmung mit <strong>Wärme</strong>dämmung<br />
Langsame Entwicklung<br />
AG 25-50<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 9<br />
Die Auswirkung<br />
nachträglicher <strong>Wärme</strong>dämmung<br />
auf die<br />
Rentabilität eines<br />
Nahwärmesystems für<br />
eine Kleinstadt mit<br />
5.000 Einwohnern,<br />
AG = Anschlussgrade<br />
entsprechend der<br />
drei Szenarien<br />
Quelle: ZSW<br />
105
FVS LZE Themen 2005<br />
Michael Wigbels<br />
Fraunhofer UMSICHT<br />
Institut für Umwelt-,<br />
Sicherheits- <strong>und</strong><br />
<strong>Energie</strong>technik<br />
michael.wigbels@<br />
umsicht.fraunhofer.de<br />
Michael Nast<br />
DLR<br />
michael.nast@dlr.de<br />
Abbildung 1<br />
Anteil unterschiedlicher<br />
erneuerbarer <strong>Energie</strong>träger<br />
in Deutschland<br />
106<br />
Dezentrale <strong>Wärme</strong>einspeisung <strong>–</strong><br />
Integration in <strong>Wärme</strong>netze<br />
Der Einsatz regenerativer <strong>Energie</strong>träger gilt als<br />
ökologisch <strong>und</strong> energiewirtschaftlich vorteilhaft.<br />
Die mit der Verbrennung regenerativer <strong>Energie</strong>träger<br />
verb<strong>und</strong>enen Emissionen verhalten sich<br />
neutral im Bezug auf das Klima <strong>und</strong> die regenerativen<br />
<strong>Energie</strong>quellen stellen heimische Ressourcen<br />
dar, deren Einsatz eine Diversifi zierung der<br />
<strong>Energie</strong>versorgung <strong>und</strong> damit eine geringere<br />
Abhängigkeit von <strong>Energie</strong>importen erlaubt. Der<br />
Anteil regenerativer <strong>Energie</strong>träger an der <strong>Energie</strong>versorgung<br />
ist in den letzten Jahren gewachsen<br />
<strong>und</strong> wird vor<strong>aus</strong>sichtlich gemäß politischer Vorgaben<br />
<strong>und</strong> der gesellschaftlichen Akzeptanz<br />
zukünftig weiter steigen. Die verstärkte Integration<br />
der Solarthermie, Geothermie <strong>und</strong> Biomasse<br />
in die Versorgungssysteme der Zukunft<br />
erfordert neue technische Lösungen. Ziel dieser<br />
Technologien wird es sein, die Wirtschaftlichkeit<br />
von integrierten Versorgungssystemen mit unterschiedlichen<br />
regenerativen <strong>und</strong> konventionellen<br />
Primärenergieträgern zu verbessern.<br />
Solar-/Geothermie [TWh/a]<br />
3<br />
2,5<br />
2<br />
1,5<br />
1<br />
0,5<br />
0<br />
Michael Wigbels Dezentrale <strong>Wärme</strong>einspeisung <strong>–</strong> Integration in <strong>Wärme</strong>netze<br />
Solarthermie<br />
Geothermie (inkl. oberfl ächennahe Geothermie)<br />
Biothermie<br />
Daten <strong>und</strong> Prognosen<br />
Der Anteil unterschiedlicher erneuerbarer <strong>Energie</strong>träger<br />
an der <strong>Wärme</strong>versorgung in Deutschland<br />
hat sich innerhalb der letzten Jahre erheblich<br />
vergrößert (Abb. 1). Zurzeit werden etwa<br />
4,2 % des deutschen <strong>Wärme</strong>bedarfs von ca.<br />
1500 TWh/a mittels regenerativer Ressourcen<br />
gedeckt. Insbesondere die Strom- <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>erzeugung<br />
<strong>aus</strong> Biomasse (Holz, Stroh, Gülle<br />
etc.) stellt einen erheblichen Beitrag. Seit 1997<br />
hat sich dieser Anteil von 50 TWh/a um ca.<br />
20 % auf 60 TWh pro Jahr vergrößert [1].<br />
Der Anteil der Solar- <strong>und</strong> Geothermie an der<br />
<strong>Wärme</strong>versorgung ist zwar noch relativ gering,<br />
hat aber hohe Steigerungsraten. Der Beitrag<br />
solarthermischer Anwendungen zur <strong>Wärme</strong>versorgung<br />
hat sich seit 1997 auf mehr als<br />
2,5 TWh/a nahezu vervierfacht.<br />
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Biomasse [TWh/a]
Michael Wigbels Dezentrale <strong>Wärme</strong>einspeisung <strong>–</strong> Integration in <strong>Wärme</strong>netze<br />
Für die weitere Integration erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />
in die <strong>Energie</strong>versorgung Deutschlands<br />
reichen die derzeitigen Technologien nur schwerlich<br />
<strong>aus</strong>. Auch sind geeignete Versorgungsstrukturen<br />
zu entwickeln, die den speziellen Anforderungen<br />
regenerativer <strong>Wärme</strong>erzeugung gerecht<br />
werden. In vielen Fällen ist eine wirtschaftliche<br />
Versorgung mit erneuerbaren <strong>Energie</strong>n nur<br />
durch die Zusammenfassung einer begrenzten<br />
Anzahl von <strong>Wärme</strong>abnehmern möglich.<br />
Das Optimum hinsichtlich eines ökonomischen<br />
Betriebs liegt dabei zwischen einem vollständig<br />
dezentralen <strong>und</strong> einem zentralen System mit<br />
ihren jeweiligen Vorzügen:<br />
Dezentral<br />
Reduktion der Transportwege bei räumlich<br />
verteilter Nutzung regenerativer Ressourcen<br />
Effi zienzsteigerung u. a. durch geringere<br />
Transportverluste<br />
Eine lokale Nutzung erfordert meist nur<br />
geringere Vorlauftemperaturen<br />
Zentral<br />
Bündelung des <strong>Wärme</strong>bedarfs vieler Abnehmer<br />
Aufwand zur Erschließung bzw. Aufbereitung<br />
der Primärenergie sowie zur Abgasbehand -<br />
lung (Biomasse) ist in größeren Anlagen<br />
wirtschaftlicher<br />
Saisonaler <strong>Energie</strong>anfall erfordert große,<br />
zentrale Speicher (Solarthermie)<br />
Der Einsatz von Nahwärmesystemen vereint<br />
die Vorzüge beider Strategien. Dennoch sind<br />
zur effi zienten Integration erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />
noch Weiterentwicklungen vorzunehmen.<br />
Diese werden bei Betrachtung des derzeitigen<br />
Entwicklungsstandes dezentraler<br />
Nahwärmesysteme deutlich.<br />
Technologie der<br />
dezentralen Versorgung<br />
Abb. 2 zeigt die Struktur eines <strong>Wärme</strong>versorgungssystems<br />
mit Einkopplung solarthermischer<br />
<strong>Energie</strong>. Zur <strong>Energie</strong>erzeugung werden dezentrale<br />
Solarkollektoren eingesetzt, die auf den Dächern<br />
der zu beheizenden Häusern montiert sind.<br />
Diese <strong>Wärme</strong> wird mittels eines ersten Verteilungssystems<br />
(Solarnetz) gesammelt <strong>und</strong> einer<br />
Heizzentrale zugeführt. Innerhalb dieser wird<br />
je nach Versorgungslage die <strong>Wärme</strong> in einem<br />
saisonalen Speicher geleitet oder in einem<br />
zweiten Rohrleitungssystem (Nahwärmenetz)<br />
wieder verteilt. Gegebenfalls erfolgt bei leerem<br />
Speicher oder zur Spitzenlastdeckung eine<br />
<strong>Wärme</strong>erzeugung mittels Gaskessel.<br />
Der entscheidende Vorteil dieser Integration von<br />
dezentralen Solarkollektoren in ein <strong>Wärme</strong>netz<br />
besteht darin, dass durch die Möglichkeit zur<br />
zentralen Speicherung großer <strong>Wärme</strong>mengen<br />
der Heizungsbedarf <strong>und</strong> die Erzeugung regenerative<br />
<strong>Energie</strong> zeitlich entkoppelt werden. Auf<br />
diese Weise kann die im Sommer im Überfl uss<br />
vorhandene Solarenergie im Winter, zu Zeiten<br />
hohen <strong>Wärme</strong>bedarfs, genutzt werden.<br />
Nachteil der Technologie ist die aufwändige<br />
Bauweise insbesondere des Verteilsystems. Aus<br />
diesem Gr<strong>und</strong> lassen sich derartige Ansätze vor<strong>aus</strong>sichtlich<br />
nur in dicht bebauten Neub<strong>aus</strong>ied-<br />
lungen einsetzten, in denen die spezifi schen<br />
Aufwendungen für die Rohrleitungssysteme<br />
geringer sind. Darüber hin<strong>aus</strong> sind die Vorlauftemperaturen<br />
im Nahwärmesystem verhältnismäßig<br />
gering, sodass in den Häusern zur<br />
Brauchwassererwärmung jeweils eine elektrische<br />
Nacherhitzung notwendig ist.<br />
Nach dem beschriebenen Konzept wurde<br />
innerhalb des Programms „50 Solarsiedlungen<br />
in NRW“ in Steinfurt Borghorst in den Jahren<br />
1998 bis 2000 eine solare <strong>Wärme</strong>versorgung<br />
realisiert. Die zur Beheizung der 42 Wohneinheiten<br />
installierte Gesamtkollektorfl äche beträgt<br />
510 m 2 .<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
107
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 2<br />
Schema einer<br />
dezentralen <strong>Wärme</strong>versorgung<br />
mit<br />
Solarkollektoren [2]<br />
108<br />
Heizzentrale<br />
Pufferspeicher<br />
Heizkessel<br />
Kies-Wasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />
Zur Speicherung wurde ein Kies/Wasserspeicher<br />
mit einem Volumen von 1500 m 3 eingesetzt.<br />
Gemäß der bisherigen Betriebserfahrung lässt<br />
sich der Gesamtwärmebedarf der 21 Doppelh<strong>aus</strong>hälften<br />
<strong>und</strong> Mehrfamilienhäuser zu 34 %<br />
durch Solarthermie decken. Der Großteil der<br />
<strong>Wärme</strong>menge muss daher trotz der Möglichkeit<br />
zur Langzeitspeicherung vom einem 550 kW<br />
Gas-Brennwertkessel in der Heizzentrale bereitgestellt<br />
werden. Insgesamt betrugen die zusätzlichen<br />
Kosten zum Aufbau der speziellen <strong>Wärme</strong>versorgung<br />
1,4 Mio. €. Die monatlichen Kosten<br />
für Heizung <strong>und</strong> Warmwasser liegen bei<br />
0,77 €/m² <strong>–</strong> 0,97 € /m² [3].<br />
Zukünftige Anforderungen<br />
an dezentrale Systeme<br />
Die weitere Integration von erneuerbaren <strong>Energie</strong>trägern<br />
wird eine Veränderung der Struktur<br />
zukünftiger <strong>Wärme</strong>versorgungssysteme nach<br />
sich ziehen müssen. So sollte eine Entwicklung<br />
hin zu fl exibleren Strukturen angestrebt werden.<br />
Abb. 3 illustriert wie ein fl exibles dezentrales<br />
Versorgungssystem <strong>aus</strong>sehen könnte.<br />
Im optimalen Fall wäre es in zukünftigen dezentralen<br />
Systemen möglich, unterschiedliche regenerative<br />
<strong>Energie</strong>träger mit diversen Umwandlungstechnologien<br />
zu nutzen. Dieses bietet den<br />
Michael Wigbels Dezentrale <strong>Wärme</strong>einspeisung <strong>–</strong> Integration in <strong>Wärme</strong>netze<br />
Kollektorfelder<br />
Fußbodenheizung<br />
Kollektorfelder<br />
Radiator<br />
Strom<br />
Kaltwasser<br />
Nahwärmenetz<br />
Solarnetz<br />
Vorteil saisonale Schwankungen <strong>aus</strong>gleichen<br />
zu können, die spezifi sch für einzelne <strong>Energie</strong>träger<br />
sind. Gleichzeitig muss eine Struktur entwickelt<br />
werden, die die <strong>Wärme</strong>versorgung verschiedener<br />
Verbrauchertypen sicherstellen kann.<br />
Auf diese Weise entsteht ein möglichst großer<br />
Absatzmarkt. Schließlich ist ein kostengünstiges<br />
Verteilsystem zu erstellen, da nur auf diese Weise<br />
Nahwärmekonzepte unter der Randbedingung<br />
eines zukünftig sinkenden <strong>Wärme</strong>verbrauchs<br />
existieren können.<br />
In diesem Zusammenhang existiert für dezentrale<br />
<strong>Wärme</strong>versorgungssysteme noch ein erheblicher<br />
Entwicklungsbedarf. So ist eine effi -<br />
ziente Einkopplung solarthermischer <strong>Energie</strong><br />
<strong>und</strong> industrieller Abwärme mit meist schwankender<br />
oder niedriger Temperatur nur in<br />
Einzelfällen möglich.<br />
Gleiches gilt für die Integration von Erzeugungsanlagen<br />
mit saisonal schwankender Brennstoff-<br />
bzw. Primärenergiezufuhr, wie beispielsweise die<br />
Solarthermie. Hier sind weitere Forschungsarbeiten<br />
auf dem Sektor großräumiger Speicher<br />
notwendig.<br />
Die Integration vieler Kleinversorger (z. B. Mini-<br />
BHKW, Brennstoffzelle), in stark dezentralen<br />
Systemen wird darüber hin<strong>aus</strong> neue Konzepte<br />
zur Einkopplung der <strong>Wärme</strong>erzeuger <strong>und</strong><br />
innovative Regelstrategien erfordern. In diesem<br />
Zusammenhang erscheint eine zentrale<br />
Regelung sämtlicher KWK-Kleinversorger zur<br />
wirtschaftlich <strong>und</strong> ökologisch optimalen Bereitstellung<br />
von Strom <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong> analog den<br />
komplexen Leitsystemen „virtueller Kraftwerken“<br />
<strong>aus</strong>sichtsreich.
Michael Wigbels Dezentrale <strong>Wärme</strong>einspeisung <strong>–</strong> Integration in <strong>Wärme</strong>netze<br />
Handel <strong>und</strong> Gewerbe<br />
Aktuelle Forschungsthemen<br />
Derzeit werden „LowEx“-Technologien diskutiert,<br />
die sich mit der Nutzung von <strong>Wärme</strong> auf<br />
geringem Temperaturniveau befassen. Die Einspeisung<br />
in das Verteilungsnetz erfolgt dabei<br />
in Form einer Vorlauf- <strong>und</strong> Rücklauftemperaturanhebung<br />
[4]. Beide Ansätze weisen allerdings<br />
noch Nachteile bezüglich einer universellen<br />
Anwendbarkeit auf. Letztendlich besteht immer<br />
noch kein geeignetes Konzept zur Einkopplung<br />
von <strong>Wärme</strong> relativ geringer Temperatur<br />
(< 50 °C).<br />
Darüber hin<strong>aus</strong> ist die Integration vieler kleiner<br />
KWK-Komponenten in ein <strong>Wärme</strong>netz ein<br />
Forschungsthema. Hierbei spielt insbesondere<br />
die Entwicklung eines effi zienten Betriebs-<br />
<strong>und</strong> Regelungskonzepts eine große Rolle.<br />
Das Fraunhofer Institut UMSICHT hat unterschiedliche<br />
Regelungskonzepte für Pumpen<br />
<strong>und</strong> Erzeuger analysiert. Hierbei wurde sowohl<br />
die Umwälzung des Heizwassers in einer zentralen<br />
Pumpstation als auch mittels vieler<br />
dezentraler Pumpen beleuchtet. Des Weiteren<br />
wurden Regeln für die Einschaltreihenfolge<br />
der Versorger ermittelt. Die Betrachtung der<br />
Wirtschaftlichkeit überwiegend dezentraler<br />
Systeme zeigte, dass diese durch<strong>aus</strong> Vorteile<br />
gegenüber zentralen Strukturen aufweisen.<br />
Abwärme Solarthermie<br />
Industrie<br />
Biomasse HW/HKW Geothermie<br />
H<strong>aus</strong>halt<br />
Am Fraunhofer Institut UMSICHT wurden darüber<br />
hin<strong>aus</strong> Überlegungen angestellt, Nahwärmenetze<br />
analog elektrischen Versorgungsnetzen<br />
aufzubauen. Die Unterteilung des elektrischen<br />
<strong>Energie</strong>netzes in unterschiedliche Spannungsebenen<br />
bietet den Vorteil, dass relativ problemlos<br />
<strong>Energie</strong>quellen mit unterschiedlichem<br />
Spannungsniveau eingekoppelt werden können.<br />
Auch dezentrale Kleinanlagen mit niedriger<br />
Spannung können effektiv genutzt werden.<br />
Eine Transformation führt dazu, dass die eingespeiste<br />
<strong>Energie</strong> quasi im gesamten Netzbereich<br />
wieder entnommen werden kann.<br />
Ein <strong>Wärme</strong>netz, das analog in unterschiedliche<br />
„Temperaturebenen“ unterteilt ist, bietet<br />
zum Teil ähnliche Vorteile. Abb. 4 stellt dieses<br />
beispielhaft dar.<br />
GuD Industrie<br />
BHKW Industrie<br />
Solar Siedlung<br />
Übergabestation<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 3<br />
<strong>Wärme</strong>versorgung<br />
mit unterschiedlichen<br />
Erzeugungstechnologien<br />
<strong>und</strong><br />
Verbrauchern<br />
Abbildung 4<br />
Analogie eines<br />
<strong>Wärme</strong>verteilungssystems<br />
<strong>und</strong> mit<br />
einem Stromnetz<br />
Übergabestation<br />
Ebene 1:<br />
z.B. 120/80<br />
Ebene 2:<br />
z.B. 90/60<br />
Ebene 3:<br />
z.B. 70/50<br />
109
FVS LZE Themen 2005<br />
110<br />
Problemlos wäre es auf diese Weise möglich,<br />
<strong>Energie</strong> von Erzeugern mit hohem Temperaturniveau<br />
innerhalb oder in untergeordneten<br />
Ebenen zu nutzen. Auch bietet sich die Chance<br />
regenerative <strong>Energie</strong>träger, die im Allgemeinen<br />
ein niedriges Temperaturniveau haben, innerhalb<br />
einer Ebene zu nutzen. Im Gegensatz zu<br />
elektrischen Netzen besteht hier allerdings nicht<br />
die Möglichkeit, <strong>Energie</strong> relativ verlustfrei in<br />
eine übergeordnete Ebene zu transportieren.<br />
Zu diesem Zweck müssten <strong>Wärme</strong>pumpen<br />
oder <strong>Wärme</strong>transformatoren eingesetzt werden,<br />
denen <strong>Energie</strong> für die Transformation zugeführt<br />
werden muss. Auch dieses könnte in Einzelfällen<br />
zu wirtschaftlichen Ergebnissen führen.<br />
Dennoch ist die Nutzung der eingespeisten<br />
<strong>Energie</strong> innerhalb der jeweiligen Ebene bzw.<br />
in einer untergeordneten Ebene wirtschaftlich<br />
<strong>aus</strong>sichtsreicher <strong>und</strong> liegt hinsichtlich der<br />
Erzeuger- <strong>und</strong> Verbraucherstruktur vor<strong>aus</strong>sichtlich<br />
häufi ger vor. Ziel der Forschung ist es, die<br />
gr<strong>und</strong>sätzliche Strategie zu konkretisieren <strong>und</strong><br />
mögliche Einsatzgebiete zu formulieren.<br />
Literatur<br />
[1] Erneuerbare <strong>Energie</strong>n <strong>–</strong> Innovationen für<br />
die Zukunft; BMU; 2004<br />
[2] Solarthermische Langzeit-<strong>Wärme</strong>speicherung;<br />
Dipl.-Ing. M. Bodmann,<br />
Prof. Dr.-Ing. M. N. Fisch; Institut für<br />
Gebäude- <strong>und</strong> Solartechnik (IGS), TU<br />
Braunschweig<br />
[3] Solarsiedlung Steinfurt Borghorst. 50<br />
Solarsiedlungen in Nordrhein-Westfalen;<br />
Landesinitiative Zukunftsenergien NRW;<br />
2004<br />
[4] http://www.energiesystemederzukunft.at/<br />
edz_pdf/20050420_feet_02_projektergeb<br />
nisse_streicher.pdf<br />
Michael Wigbels Dezentrale <strong>Wärme</strong>einspeisung <strong>–</strong> Integration in <strong>Wärme</strong>netze
Dr. Ahmet Lokurlu Solarunterstützte KWKK<br />
Solarunterstützte<br />
Kraft-<strong>Wärme</strong>-<strong>Kälte</strong>-Kopplung <strong>–</strong><br />
Hybridsysteme im Trend<br />
Einleitung<br />
Seit Beginn der Menschheit wird <strong>Energie</strong> zur<br />
Steigerung der Lebensqualität <strong>und</strong> Produktivität<br />
eingesetzt. Die absolute Höhe des <strong>Energie</strong>bedarfs<br />
stieg nahezu kontinuierlich bis zum heutigen<br />
Tag an. Zusätzlich verschoben sich, als<br />
Spiegelbild der Gesellschaftsstruktur, die Anteile<br />
der einzelnen Bedarfssektoren am Gesamtbedarf.<br />
Der seit der industriellen Revolution<br />
hinzugekommene Bedarfssektor „Industrie“<br />
hat aufgr<strong>und</strong> der damit sprunghaft gestiegenen<br />
Produktivität <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen<br />
materiellen Lebensqualität ebenfalls zu einem<br />
deutlich erhöhten <strong>Energie</strong>bedarf geführt.<br />
Eine effi zientere Nutzung der <strong>Energie</strong>träger<br />
mit Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung (KWK) <strong>und</strong> Kraft-<br />
<strong>Wärme</strong>-<strong>Kälte</strong>-Kopplung (KWKK) führt zur<br />
Reduzierung des Ressourcenbedarfs <strong>und</strong> des<br />
Emissions<strong>aus</strong>stoßes klimarelevanter Schadstoffe.<br />
Diese Technologien auf rein fossiler Basis zu<br />
nutzen, reicht jedoch langfristig nicht <strong>aus</strong>.<br />
Eine intelligente Weiterentwicklung liegt in der<br />
solarunterstützten KWK <strong>und</strong> KWKK, wodurch<br />
der Bedarf fossiler <strong>Energie</strong>träger <strong>und</strong> dadurch<br />
die Schadstoffemissionen verringert werden.<br />
Dieser Beitrag stellt beispielhafte Hybrid-<br />
Anlagenkonzepte <strong>und</strong> Anlagenkomponenten<br />
vor, die eine <strong>Energie</strong>versorgung von Gebäudekomplexen<br />
wie Hotelanlagen oder Krankenhäuser<br />
mit <strong>Wärme</strong>, <strong>Kälte</strong> <strong>und</strong> Strom durch<br />
solarunterstützte KWKK sicherstellen. Bei der<br />
gekoppelten Erzeugung lassen sich <strong>Energie</strong>verluste,<br />
die bei der getrennten Erzeugung<br />
entstehen, vermeiden.<br />
Anwendungen<br />
der KWKK-Anlagen<br />
In den Sommermonaten sind die Nah- <strong>und</strong><br />
Fernwärmenetze der regionalen <strong>Energie</strong>versorger,<br />
in die mittlerweile auch solarthermische<br />
Anlagen einspeisen, aufgr<strong>und</strong> des geringen<br />
sommerlichen <strong>Wärme</strong>bedarfes relativ wenig<br />
<strong>aus</strong>gelastet, was mit einer geringen Temperaturabsenkung<br />
verb<strong>und</strong>en ist. Zur besseren energetischen<br />
Nutzung dieser Netze können <strong>Wärme</strong>kraftmaschinen<br />
eingesetzt werden, die Strom<br />
<strong>aus</strong> der thermischen <strong>Energie</strong> gewinnen <strong>und</strong><br />
diesen in das öffentliche Netz einspeisen.<br />
Der nicht in Strom konvertierbare <strong>Energie</strong>anteil<br />
kann in Prozesswärmeanwendungen mit<br />
Temperaturen bis 100 °C genutzt werden.<br />
Dieses Zusammenwirken fossiler <strong>und</strong> solarer<br />
<strong>Energie</strong>quellen wird als solarunter stützte KWK<br />
bezeichnet <strong>und</strong> trägt wesentlich zu einer<br />
wirtschaftlicheren Nutzung bei.<br />
In den Sommermonaten wird allerdings gerade<br />
in vielen öffentlichen Gebäuden verstärkt <strong>Kälte</strong><br />
für die Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung benötigt.<br />
Im Jahre 1996 wurden in Europa allein für kleine<br />
Klimaanlagen mit Kühlleistungen von bis zu<br />
12 kW insgesamt 11.000 GWh an Primärenergie<br />
verbraucht. EU-Studien sagen vor<strong>aus</strong>, dass dieser<br />
Wert im Jahr 2020 auf das Vierfache, nämlich<br />
44.000 GWh ansteigen wird [1].<br />
Dieser Bedarf wird zurzeit noch überwiegend<br />
unter Verwendung von elektrisch betriebenen<br />
Kompressionskältemaschinen (KKM) bereitgestellt.<br />
Der Ersatz von Kompressionskältemaschinen<br />
durch thermisch angetriebene<br />
Absorptionskältemaschinen (AKM) reduziert<br />
den Strombedarf. Die <strong>Wärme</strong>netze <strong>und</strong> solarthermischen<br />
Anlagen werden durch die damit<br />
verb<strong>und</strong>ene gleichmäßigere Verteilung des<br />
<strong>Wärme</strong>bedarfs über das ganze Jahr besser<br />
<strong>aus</strong>gelastet, wodurch die Wirtschaftlichkeit<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Dr. Ahmet Lokurlu<br />
SOLITEM GmbH<br />
a.lokurlu@solitem.de<br />
Dr. Reiner Buck<br />
DLR<br />
reiner.buck@dlr.de<br />
Dr. Christian Dötsch<br />
Fraunhofer UMSICHT<br />
christian.doetsch@umsicht.<br />
fraunhofer.de<br />
Dr. Hans-Martin<br />
Henning<br />
Fraunhofer ISE<br />
hans-martin.henning@<br />
ise.fraunhofer.de<br />
111
FVS LZE Themen 2005<br />
112<br />
dieser Netze <strong>und</strong> der sie speisenden, fossil<br />
betriebenen <strong>und</strong> solarthermischen Anlagen<br />
enorm erhöht wird.<br />
Zusätzlich zu dem ungleich verteilten <strong>Kälte</strong>bedarf<br />
für Klimatisierungszwecke ist ein relativ<br />
konstanter <strong>Kälte</strong>bedarf der Industrie für <strong>Kälte</strong>prozesse<br />
vorhanden. Auch dieser wird größtenteils<br />
noch mit KKM oder mit durch Industrieabwärme<br />
angetriebenen AKM gedeckt. Aufgr<strong>und</strong><br />
des besseren <strong>Wärme</strong>schutzes (<strong>Energie</strong>einsparverordnung)<br />
ist ein zurückgehender <strong>Wärme</strong>bedarf<br />
an Nah- <strong>und</strong> Fernwärme zu verzeichnen,<br />
gleichzeitig wird ein größerer Kühlungsbedarf<br />
aufgr<strong>und</strong> unterschiedlicher Ursachen notwendig.<br />
Deshalb ist die Erzeugung von <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong><br />
<strong>Wärme</strong> zunehmend wirtschaftlich bedeutender.<br />
Durch die Systemeffi zienz der solarunterstützten<br />
KWKK kann eine Senkung der Strombedarfsspitzen<br />
im Sommer erreicht werden, wodurch<br />
die Betriebskosten signifi kant gesenkt werden.<br />
Bei entsprechend großem <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>bedarf<br />
sind deshalb dezentrale KWKK-Anlagen<br />
zu empfehlen. Bei einigen Verfahren kann das<br />
Verhältnis von Strom-, <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>erzeugung<br />
in weiten Bereichen variiert werden,<br />
während bei anderen Verfahren eher ein festes<br />
Verhältnis vorgegeben ist. Anlagen, bei denen<br />
die Anteile von Strom, <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> nicht<br />
variiert werden können, sind besonders für eine<br />
am <strong>Wärme</strong>- bzw. <strong>Kälte</strong>bedarf orientierte Betriebsweise<br />
geeignet. Mit der Einbindung von <strong>Wärme</strong>-<br />
<strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>speichern bietet sich jedoch auch hier<br />
die Möglichkeit eines variablen Anlagenbetriebs,<br />
der auch an den aktuellen Strombedarf bzw.<br />
Strombezugspreis angepasst werden kann, um<br />
den Bedarf kostenoptimal zu decken.<br />
Dr. Ahmet Lokurlu Solarunterstützte KWKK<br />
<strong>Wärme</strong>-Kraft-Maschinen<br />
Prinzipiell können verschiedenste Arten von<br />
Maschinen, wie z. B. ORC 1 -Turbinen, Dampf-<br />
<strong>und</strong> Mikroturbinen sowie Stirling- <strong>und</strong> Dampfmaschinen<br />
für die Umwandlung von Solarwärme<br />
in elektrische <strong>Energie</strong> genutzt werden.<br />
Außerdem ist die Einbindung der Solarenergie<br />
auf höherem Temperaturniveau mittels<br />
Gasturbinen <strong>und</strong> Dampfturbinen möglich.<br />
ORC- <strong>und</strong> Dampf-Turbinen gibt es ab einer<br />
elektrischen Leistung von 200 kW el . Für kleinere<br />
Leistungsbereiche bis etwa 150 kW el <strong>und</strong> damit<br />
dezentrale Versorgungskonzepte eignen sich<br />
auch Stirlingmotoren. Die Stirlingmotoren sind<br />
aufgr<strong>und</strong> der extern angeordneten <strong>Wärme</strong>quelle<br />
hervorragend für die Nutzung solarer<br />
<strong>Wärme</strong> geeignet. Stirlingmotoren im kleineren<br />
Leistungsbereich (5-25 kW el ) sind in der Entwicklung<br />
<strong>und</strong> werden in Kombination mit Hochtemperaturwärme<br />
von Parabolspiegeln getestet [2].<br />
Mikroturbinen werden derzeit im Leistungsbereich<br />
von 30 bis 200 kW el angeboten. Aufgr<strong>und</strong><br />
der hohen Abgastemperatur eignen sie sich sehr<br />
gut für die Kombination mit Absorptionskältemaschinen.<br />
Die Auswahl der <strong>Wärme</strong>-Kraft-Maschine ist vom<br />
Betriebstemperaturniveau, ihrer Effi zienz imTeillastbetrieb<br />
<strong>und</strong> von den <strong>Wärme</strong>quellen bzw.<br />
-senken im KWKK-System abhängig. Sie kann<br />
erst nach einer genauen Analyse des gesamten<br />
<strong>Energie</strong>versorgungssystems vorgenommen<br />
werden.<br />
<strong>Kälte</strong>maschinen<br />
Die <strong>Kälte</strong>erzeugung mit thermisch angetriebenen<br />
<strong>Kälte</strong>maschinen ist ideal zur besseren<br />
Auslastung von <strong>Wärme</strong>netzen <strong>und</strong> solarthermischen<br />
Anlagen mit KWKK-Systemen geeignet.<br />
In Deutschland werden pro Jahr ca. 1000 Gebäude<br />
mit Vollklimaanlagen <strong>aus</strong>gestattet. Dies<br />
entspricht einer jährlich installierten <strong>Kälte</strong>leistung<br />
von 500 MW th . Die Haupteinsatzgebiete<br />
der <strong>Kälte</strong>maschinen liegen im Bereich von<br />
1 ORC = Der Organic-Rankine-Cycle (ORC) ist ein nicht-<br />
überhitzender thermodynamischer Zyklus, in dem eine<br />
organische Betriebsfl üssigkeit Elektrizität erzeugt.
Dr. Ahmet Lokurlu Solarunterstützte KWKK<br />
Büro- , Verwaltungs- <strong>und</strong> EDV-Gebäuden sowie,<br />
Krankenhäusern, Hotels <strong>und</strong> sonstigen Zweckbauten.<br />
Schätzungen für die derzeit im Klimakältebereich<br />
installierte <strong>Kälte</strong>leistung einschließlich<br />
der Lebensmittelbranche <strong>und</strong> der Industrie<br />
gehen von ca. 20 GW th <strong>aus</strong>. [5]<br />
Folgende <strong>Kälte</strong>maschinen werden im<br />
Allgemeinen eingesetzt:<br />
Absorptionskältemaschinen<br />
(Wasser-LiBr-AKM, Wasser-Ammoniak-AKM)<br />
Adsorptionskältemaschinen<br />
Kaltgasmaschinen<br />
Dampfstrahlkältemaschinen<br />
Die aufgeführten <strong>Kälte</strong>maschinentypen unterscheiden<br />
sich hinsichtlich der Verfahren, des<br />
Antriebs <strong>und</strong> des zur Verfügung gestellten<br />
Temperaturnive<strong>aus</strong> des <strong>Kälte</strong>bedarfs (Klimakälte<br />
> 6 °C, Prozesskälte < 0 °C). Die Wahl einer<br />
geeigneten <strong>Kälte</strong>maschine für ein solarunterstütztes<br />
KWKK-Konzept ist mit einer <strong>Kälte</strong>bedarfsanalyse,<br />
den technischen Optionen zur<br />
Klima- <strong>und</strong> Prozesskältebereitstellung <strong>und</strong> einer<br />
gründlichen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung<br />
verb<strong>und</strong>en. Beeinfl usst wird dies sowohl durch<br />
die Anforderungen an die Qualität <strong>und</strong> Charakteristik<br />
der <strong>Kälte</strong>last als auch durch die lokalen<br />
geographischen Bedingungen für die Aufstellung<br />
der <strong>Kälte</strong>maschine <strong>und</strong> Rückkühlwerke.<br />
Zu beachten ist außerdem, dass thermische<br />
<strong>Kälte</strong>maschinen eine hohe Sensitivität gegenüber<br />
den Antriebs-, Kühlwasser- <strong>und</strong> Rückkühl-<br />
bzw. Kühlturmtemperaturen aufweisen. Deshalb<br />
ist es notwendig, bei der Auslegung oder dem<br />
Betrieb die möglichen Optimierungspotenziale<br />
zusammen mit der Anwendung moderner<br />
Technologien zu erschließen.<br />
Solarkollektoren<br />
Für einen effi zienten Betrieb der <strong>Wärme</strong>-Kraft-<br />
Maschinen im mittleren Leistungsbereich sind<br />
Temperaturen von 200 °C bis 400 °C erforderlich.<br />
Die Kollektoren der bisher realisierten<br />
Solarkraftwerke in Kramer Junction (USA) <strong>und</strong><br />
die verbesserten Parabolrinnenkollektoren vom<br />
Typ EuroTrough können <strong>Wärme</strong> auf diesem<br />
Temperaturniveau effi zient bereitstellen.<br />
Allerdings sind diese Kollektoren für kleinere<br />
Kollektorfelder mit Aperturfl ächen von einigen<br />
H<strong>und</strong>ert Quadratmetern nicht wirtschaftlich<br />
nutzbar. Diese Lücke schließen mittelgroße<br />
Parabolrinnenkollektoren, die von der Firma<br />
SOLITEM entwickelt <strong>und</strong> eingesetzt werden.<br />
Diese Kollektoren werden durch effi zienzsteigernde<br />
Maßnahmen, wie z. B. Vakuumabsorber<br />
<strong>und</strong> hinreichend hohe Konzentrationsfaktoren<br />
der Solarstrahlung weiter verbessert. Die<br />
Parabolrinnenkollektoren der SOLITEM PTC-<br />
Reihe 2 stellen bereits heute <strong>Wärme</strong> mit Temperaturen<br />
von 250 °C <strong>und</strong> höher für Strom-,<br />
Prozesswärme- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>erzeugung bereit.<br />
Für Temperaturen über 400 °C werden punktkonzentrierende<br />
Systeme wie Parabolspiegel<br />
(bis 25 kW el ) oder kleine Heliostatfelder (ab<br />
100 kW el ) eingesetzt. Verschiedene derartige<br />
Systeme wurden als Demonstrationsanlagen<br />
gebaut.<br />
Anlagenkonzepte der<br />
solarunterstützten KWKK<br />
Eine Möglichkeit der solarunterstützten KWKK<br />
ist die Kopplung einer Absorptionskälteanlage<br />
mit einer solarunterstützten KWKK-Anlage<br />
(Abb. 1). Dabei nutzt die <strong>Kälte</strong>anlage die Abwärme<br />
der BHKW-Anlage <strong>und</strong> die Solarwärme.<br />
Mit der gekoppelten Erzeugung der Nutzenergieformen<br />
<strong>Wärme</strong>, <strong>Kälte</strong> <strong>und</strong> elektrische <strong>Energie</strong><br />
durch den Einsatz einer Absorptionskälteanlage<br />
<strong>und</strong> durch die Nutzung der Solarenergie als<br />
<strong>Wärme</strong>quelle wird Brennstoff eingespart.<br />
Das führt zu wirtschaftlichen Vorteilen <strong>und</strong> zu<br />
Schadstoffemissionsminderungen. Während die<br />
meisten Kompressionskälteanlagen als Arbeitsmittel<br />
FCKW verwenden, nutzen Absorptionsanlagen<br />
andere <strong>Kälte</strong>mittel, wie z. B. Lithiumbromid<br />
(LiBr)-Wasser oder Ammoniak-Wasser.<br />
Die Auslegung einer KWKK-Anlage richtet<br />
sich nach der Bedarfsstruktur des Verbrauchers.<br />
In der Kombination mit der BHKW-Technik wird<br />
deshalb oft ein Spitzenlastkessel eingesetzt.<br />
2 PTC = Parabolic Trough Collectors<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
113
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 1<br />
<strong>Energie</strong>versorgung<br />
eines Hotels mit<br />
<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> Elektroenergie<br />
<strong>aus</strong> dem<br />
BHKW, Zusatz- <strong>und</strong><br />
Ersatzstromversorgung<br />
<strong>aus</strong> dem Netz <strong>und</strong> mit<br />
Solarwärme [3]<br />
114<br />
Stromverbraucher<br />
Elektrizitätsanlage<br />
<strong>Kälte</strong>verbraucher<br />
Rückkühlanlage<br />
Kaltwasserschiene<br />
AKM<br />
AKM = Absorptionskältemaschine<br />
Bei dem System wird zusätzlich die Solarwärme<br />
in das System eingekoppelt. Ein Konzept mit<br />
Spitzenlastkessel bietet den Vorteil, dass Schwankungen<br />
im Solarstrahlungsangebot <strong>aus</strong>geglichen<br />
werden können. Für solche Systeme bieten sich<br />
besonders in den Gebieten mit einem hohen<br />
Anteil an direkter Solarstrahlung gute Nutzungsmöglichkeiten<br />
der Solarenergie. So können z. B.<br />
in den Mittelmeerländern bis zu 70 % des für<br />
<strong>Kälte</strong>erzeugung benötigten <strong>Wärme</strong>bedarfs durch<br />
Solarenergie bereitgestellt werden [3]. Durch<br />
dieses Anlagensystem lassen sich gegenüber dem<br />
heutigen Stand der Technik erhebliche Mengen<br />
an fossilen <strong>Energie</strong>trägern <strong>und</strong> damit große<br />
Mengen an Schadstoffemissioneneinsparen.<br />
Bei der Betrachtung der heutigen <strong>Energie</strong>versorgung<br />
von Hotelanlagen im Süden Europas, wo<br />
Milliarden von Kilowattst<strong>und</strong>en Strom nur für<br />
die Klimatisierung <strong>und</strong> für die Warmwasser- <strong>und</strong><br />
Heizwassererwärmung verwendet werden, wird<br />
die Notwendigkeit deutlich, in diesem Bereich<br />
die ersten Schritte in Richtung auf eine energiesparende<br />
<strong>und</strong> emissionsarme Versorgungsstruktur<br />
zu verwirklichen. Mit der Einbindung der<br />
Solarenergie in KWKK-Anlagen können die<br />
Systemeffi zienz weiter gesteigert, die Betriebskosten<br />
gesenkt <strong>und</strong> die Ressourcen geschont<br />
werden.<br />
In Abhängigkeit von den Parametern der für die<br />
KWKK-Anlagen verwendeten Komponenten <strong>und</strong><br />
Systemkonzepte gibt es weitere Möglichkeiten,<br />
Gasmotor-<br />
Generator-<br />
Aggregat<br />
Speicher<br />
Dr. Ahmet Lokurlu Solarunterstützte KWKK<br />
Solitem PTC Parabolrinnenkollektorfeld<br />
<strong>Wärme</strong>schiene<br />
Pufferspeicher<br />
<strong>Wärme</strong>verbraucher<br />
Zusatzheizung<br />
die Solarstrahlung einzuspeisen. Für eine hohe<br />
Effi zienz der Anlagen sind Temperaturen von<br />
200 °C bis 400 °C (Parabolrinnenkollektor) oder<br />
Temperaturen bis 900 °C (Solarturm) notwendig.<br />
Das Anlagenkonzept (Abb. 2) weist drei deutlich<br />
zu unterscheidende Kreisläufe auf:<br />
Im Solarkreislauf wird die Solarstrahlung von<br />
Parabolrinnenkollektoren in <strong>Wärme</strong> umge-<br />
wandelt <strong>und</strong> an ein <strong>Wärme</strong>trägermedium<br />
übertragen.<br />
Der Organic-Rankine-Kreislauf (ORC-Kreis-<br />
lauf) entzieht dem Solarkreislauf über einen<br />
Verdampfer <strong>Energie</strong>. Der Dampfkessel wird<br />
bei Bedarf zugeschaltet. Der Dampf des<br />
organischen Arbeitsmediums durchläuft eine<br />
Turbine, die einen Generator zur Stromerzeu-<br />
gung antreibt. Das entspannte Arbeitsmedi-<br />
um wird in einem Regenerator (Kondensator)<br />
wieder verfl üssigt <strong>und</strong> der Kreisprozess startet<br />
von neuem.<br />
Der <strong>Kälte</strong>kreislauf besteht <strong>aus</strong> einer zwei-<br />
stufi gen Absorptionskältemaschine (AKM),<br />
die den Sattdampf, der optional auch vom<br />
Dampfkessel bereitgestellt werden kann, bei<br />
ca. 4 bar der Dampfschiene als <strong>Energie</strong>input<br />
in <strong>Kälte</strong>energie überführt. Das erzeugte<br />
Kaltwasser wird über das Kaltwassersystem<br />
dem <strong>Kälte</strong>verbraucher zugeführt <strong>und</strong> strömt<br />
als aufgewärmtes Wasser wieder in die AKM<br />
zurück. Schließlich wird der AKM über einen<br />
Kühlturm die Restwärme entzogen.
Dr. Ahmet Lokurlu Solarunterstützte KWKK<br />
<strong>Wärme</strong>verbraucher<br />
Solarkreislauf<br />
Parabolrinnen-Kollektor<br />
Dampferzeuger<br />
Speicher<br />
Brennkammer<br />
P e =100 kW<br />
Verdampfer<br />
900 °C<br />
Bevor das <strong>Wärme</strong>trägermedium erneut im Parabolrinnenkollektorfeld<br />
erwärmt wird, überträgt<br />
der <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher die noch nutzbare <strong>Wärme</strong><br />
an die <strong>Wärme</strong>verbraucher für <strong>Wärme</strong> im Temperaturbereich<br />
unterhalb von 100 °C.<br />
Ein weiteres Anlagenkonzept stellt die Kombination<br />
einer solarunterstützten Gasturbine mit<br />
einer Absorptionskältemaschine dar. In einer<br />
Solarturm-Anlage wird mittels vieler Heliostate<br />
(nachgeführte Spiegel) die Solarstrahlung auf<br />
einen Receiver (Strahlungsempfänger) konzentriert.<br />
Im Receiver wird damit die zugeführte<br />
Luft <strong>aus</strong> der Gasturbine auf bis zu 900 °C erhitzt.<br />
Abb. 3 zeigt schematisch die Einkopplung der<br />
Dampfschiene<br />
OCR-Prozess <strong>Kälte</strong>kreislauf<br />
Turbine<br />
550 °C<br />
Dampfkessel<br />
G<br />
Generator<br />
Regenerator<br />
<strong>Wärme</strong>verbraucher<br />
Strahlungsempfänger<br />
Lufteintritt <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher<br />
für KWK<br />
<strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher 270 °C<br />
Solarenergie<br />
<strong>Kälte</strong>verbraucher<br />
Absorbtionskältemaschine<br />
Kühlturm<br />
Solarenergie in einen Mikroturbinen-Prozess.<br />
Vom Receiver strömt die erhitzte Luft in die<br />
Brennkammer, wo sie durch Zufeuerung auf die<br />
erforderliche Turbineneintrittstemperatur von<br />
950 °C gebracht wird. Nach Entspannung<br />
in der Turbine gibt das heiße Abgas einen Teil<br />
seiner <strong>Wärme</strong> im <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher an die komprimierte<br />
Luft, die zum Receiver strömt, ab.<br />
Mit der verbleibenden <strong>Wärme</strong> kann Prozesswärme<br />
oder <strong>Kälte</strong> erzeugt werden. Abb. 4 zeigt<br />
die Leistungskenndaten einer Anlage auf Basis<br />
einer kommerziellen Mikroturbine mit 100 kW el .<br />
Im Abgas-<strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher wird Wasser erhitzt,<br />
das zum Antrieb einer Absorptionskältemaschine<br />
genutzt wird.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 2<br />
Konzept für eine<br />
KWKK-Anlage mit<br />
Parabolrinnenkollektorfeld,<br />
ORC-Prozess<br />
<strong>und</strong> Absorptionskältemaschine<br />
von<br />
SOLITEM<br />
Abbildung 3<br />
Funktionsprinzip einer<br />
solarunterstützten<br />
Mikroturbine<br />
115
FVS LZE Themen 2005<br />
0 <strong>–</strong> 300 kW<br />
solar<br />
50 <strong>–</strong> 350 kW<br />
Brennstoff<br />
116<br />
Mikroturbine<br />
Abbildung 4 (rechts)<br />
Leistungsdaten einer<br />
Solarturm-KWKK-<br />
Anlage<br />
100 kW el<br />
270 °C<br />
Abgas<br />
85 °C<br />
10 kW <strong>Wärme</strong><br />
th<br />
50 /70 °C<br />
Abgaswärmeüberträger<br />
Abwärme<br />
32 /37 °C<br />
105 kW <strong>Kälte</strong><br />
th<br />
P10 =100 /16 °C kW<br />
e<br />
Absorbtionskältemaschine<br />
Durch die Möglichkeit der Zufeuerung kann<br />
die Anlage jederzeit gesichert elektrische<br />
Leistung bzw. <strong>Kälte</strong>-Leistung liefern. Je nach<br />
<strong>Sonne</strong>neinstrahlung kann die <strong>Energie</strong>bereitstellung<br />
weitgehend über <strong>Sonne</strong>, durch Brennstoff<br />
oder entsprechende Anteile beider Quellen<br />
erfolgen. Ein Backup-System für Zeiten ohne<br />
<strong>Sonne</strong>nschein kann somit entfallen. Ein Prototyp<br />
einer derartigen Anlage befi ndet sich derzeit in<br />
Empoli (Italien), im Aufbau <strong>und</strong> soll nach Fertigstellung<br />
zur Strom-, <strong>Kälte</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>versorgung<br />
eines Krankenh<strong>aus</strong>es beitragen [6].<br />
Kleine Anlagen für den<br />
elektrischen <strong>und</strong> thermischen<br />
Leistungsbereich von bis<br />
5 kW el <strong>und</strong> 30 kW th<br />
Die solarunterstützte KWKK kann auch zur<br />
Deckung des Bedarfes von Ein- <strong>und</strong> Zweifamilien-Häusern<br />
dienen. Dies erfordert kleine Kollektoren,<br />
die auf geneigten Dächern installiert<br />
werden können. Die Firma SOLITEM steht kurz<br />
vor der Markteinführung der dafür geeigneten<br />
kleinen Parabolrinnenkollektoren SOLITEM PTC<br />
1100. Des Weiteren sind kleine, hocheffi ziente<br />
<strong>Kälte</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>kraftmaschinen notwendig.<br />
Verschiedene Forschungsinstitute <strong>und</strong> kommerzielle<br />
Unternehmen entwickeln zurzeit kleine<br />
Absorptionskältemaschinen von 30 kW <strong>Kälte</strong>leistung<br />
<strong>und</strong> Stirling- sowie Dampfmaschinen von<br />
einigen Kilowatt elektrischer Leistung für die<br />
solarunterstützte KWKK von Kleinverbrauchern.<br />
Dr. Ahmet Lokurlu Solarunterstützte KWKK<br />
Der Bedarf für Mikro-KWKK-Anlagen, die einige<br />
Kilowatt Strom, <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> bereitstellen,<br />
hat ein enormes Potenzial, besonders in den<br />
Mittelmeerländern. Die solare <strong>Wärme</strong>, <strong>Kälte</strong><br />
<strong>und</strong> Elektrizität kann durch Nutzung von thermischen<br />
Speichern auch nachts zur Verfügung<br />
gestellt werden. Dies ist besonders interessant<br />
für solare Siedlungen im Inselbetrieb.<br />
Zusammenfassung<br />
Der Einsatz der KWKK-Technik in Hotels,<br />
Krankenhäusern, Verwaltungsgebäuden <strong>und</strong><br />
kommunalen Einrichtungen ist bereits heute zu<br />
einer Selbstverständlichkeit geworden <strong>und</strong> kann<br />
als Stand der Technik bezeichnet werden. Bei<br />
einem Vergleich der CO 2 -Emissionen fossil befeuerter<br />
<strong>und</strong> solarunterstützter KWKK-Anlagen<br />
zeigt sich die eindeutige Überlegenheit von solarunterstützten<br />
KWKK-Anlagen, besonders wenn<br />
diese mit dem Zusatzbrennstoff Erdgas betrieben<br />
werden <strong>und</strong> dadurch eine CO 2 -arme Strom-,<br />
<strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>erzeugung ermöglichen.<br />
Die Wirtschaftlichkeit von KWKK-Systemen kann<br />
durch den bedarfsoptimierten Einsatz zur Erzeugung<br />
von Elektrizität, <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>und</strong> durch<br />
erhöhte Ressourcen<strong>aus</strong>nutzung verbessert werden.<br />
Für solche Installationen werden sowohl leistungsstarke<br />
mittelgroße Parabolrinnenkollektoren als<br />
auch <strong>Wärme</strong>kraft- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>maschinen im kleineren<br />
Leistungsbereich unter 100 kW benötigt.<br />
Zurzeit gibt es Aktivitäten, den Bedarf an<br />
geeigneten Maschinen zu decken <strong>und</strong> dadurch<br />
den Markt für solarunterstützte KWKK-Anlagen<br />
im kleinen <strong>und</strong> mittleren Leistungsbereich zu<br />
beleben. Solche Anwendungen von Solar-Hybridsystemen<br />
sind sowohl im Wohn- als auch im<br />
Industriebereich interessant <strong>und</strong> werden dazu<br />
beitragen, die Kosten von solarunterstützten<br />
KWKK-Anlagen zu verringern. Für solare<br />
Turmsysteme mit Mikroturbinen müssen vor<br />
allem die Kosten der Heliostate <strong>und</strong> der Anlagenkomponenten<br />
weiter gesenkt werden.<br />
Die solarunterstützte KWKK ist ein ganzheitlicher<br />
Ansatz im Rahmen eines <strong>Energie</strong>dienstleistungsangebots<br />
<strong>und</strong> für Contracting- oder Nutzenergiekonzepte<br />
innerhalb von kommunalen oder<br />
lokalen <strong>Energie</strong>versorgungssystemen geeignet.
Dr. Ahmet Lokurlu Solarunterstützte KWKK<br />
Literaturangaben<br />
[1] Henning, H.-M. (Ed.): Solar-Assisted Air-<br />
Conditioning in Buildings. A Handbook for<br />
Planners. Springer Wien New York. 2004.<br />
[2] Krüger, D., Mangold, D., Hennecke, K.,<br />
Christmann, R., Dersch, J., Lüpfert, E.,<br />
Riffelmann, K.-J.: Combined Solar Heat and<br />
Power. A Future Solar Option? Eurosun<br />
2004. Freiburg: 2004.<br />
[3] Lokurlu, A., Richarts, F.: Klimatisierung<br />
durch solarbetriebene Absorptionskältean-<br />
lagen (AKM) <strong>und</strong> Integration von Block-<br />
heizkraftwerken (BHKW) am Beispiel von<br />
Hotelanlagen. In: AGIT GmbH (Hrsg.):<br />
Symposium für Rationelle <strong>Energie</strong>nutzung<br />
in Kommunen, Industrie <strong>und</strong> Gewerbe.<br />
Ankara: 1998.<br />
[4] Pruschek, R., Lokurlu, A., Oeljekl<strong>aus</strong>, G.,<br />
Vogelsang, H.: CO 2 -Emissionsminderung<br />
durch Ausbau der Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />
in der Industrie <strong>–</strong> Ist-Stand <strong>und</strong> Potentiale.<br />
S. 145-170. In Sauer, E., Kammann, H.:<br />
Jahrbuch 96. VDI Gesellschaft <strong>Energie</strong>technik.<br />
Düsseldorf: VDI-Verlag GmbH,<br />
1996<br />
[5] Schönberg, I., Noeres, P.: KWKK. Kraft-<br />
<strong>Wärme</strong>-<strong>Kälte</strong>-Kopplung. Profi info II/98.<br />
Fachinformationszentrum Karlsruhe. 1998.<br />
[6] Caselli, T. et. Al.: Solar-Hybrid Gas Turbine<br />
Power Plants for the new Hospital in<br />
Empoli, Proc. 12th SolarPACES Int. Symposium,<br />
October 6-8, 2004, Oaxaca,<br />
Mexico<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
117
Thermische Speicher<br />
<strong>Wärme</strong>speicher für die<br />
H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />
Speicherung für<br />
Hochtemperaturwärme<br />
119
FVS LZE Themen 2005<br />
Peter Schossig<br />
Fraunhofer ISE<br />
schossig@ise.fraunhofer.de<br />
Dr. Christian Dötsch<br />
Fraunhofer UMSICHT<br />
christian.doetsch@<br />
umsicht.fraunhofer.de<br />
Harald Drück<br />
ITW<br />
drueck@itw.uni-stuttgart.de<br />
Dr. Joachim Göttsche<br />
Solar-Institut Jülich<br />
goettsche@sij.fh-aachen.de<br />
Dr. Ernst Huenges<br />
GFZ<br />
huenges@gfz-potsdam.de<br />
Dr. Frank Kabus<br />
GTN<br />
Geothermie<br />
Neubrandenburg GmbH<br />
gtn@gtn-online.de<br />
Dr. Rainer Tamme<br />
DLR<br />
rainer.tamme@dlr.de<br />
120<br />
<strong>Wärme</strong>speicher für die H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />
1. Einleitung<br />
Gerade bei der Nutzung regenerativer <strong>Energie</strong>quellen<br />
für die H<strong>aus</strong>energieversorgung stimmen<br />
Angebot <strong>und</strong> Bedarf der benötigten <strong>Energie</strong><br />
zeitlich oft nicht überein. Durch die Nutzung<br />
thermischer <strong>Energie</strong>speicher lassen sich jedoch<br />
die Deckungsraten regenerativer <strong>Energie</strong>n deutlich<br />
steigern <strong>und</strong> damit Ressourcen schonen.<br />
Da nach wie vor der größte Teil des <strong>Energie</strong>verbrauchs<br />
in H<strong>aus</strong>halten für den Bereich der Raumwärme<br />
<strong>und</strong> Brauchwasser bereitung verwendet<br />
werden muss, ist das Einsparpotenzial durch<br />
thermische <strong>Energie</strong> speicherung beträchtlich.<br />
2. Techniken<br />
Je nachdem welche Zeitspanne durch den<br />
Speicher überbrückt (Saisonal- oder Kurzzeitspeicher)<br />
<strong>und</strong> auf welchem Temperaturniveau<br />
die <strong>Energie</strong> gespeichert werden soll, kommen<br />
unterschiedliche Speichertechniken zum Einsatz.<br />
Während für die saisonale <strong>Wärme</strong>speicherung<br />
in der Regel große Wasserspeicher bzw.<br />
Aquifere oder Erdsonden speicher eingesetzt<br />
werden, kommen für Kurzzeitspeicher auch<br />
andere Speichertechniken in Frage, die nicht<br />
nur die <strong>Wärme</strong>kapazität eines Materials nutzen.<br />
Während im Temperatur bereich der Trinkwassererwärmung<br />
<strong>und</strong> Raumheizung klassische<br />
Wasserspeicher den bei weitem größten Teil<br />
des Marktes decken, kommen für den stark<br />
wachsenden Markt der <strong>Kälte</strong>speicherung für<br />
die Raumklimatisierung zunehmend Alternativen<br />
wie Phasenwechsel materialien als<br />
Latentwärmespeicher in die Anwendung.<br />
2.1 Warmwasserspeicher<br />
für Solaranlagen zur Trinkwassererwärmung<br />
<strong>und</strong> Heizungsunterstützung<br />
Ein Speicher, wie er in Deutschland im Allgemeinen<br />
in Verbindung mit einer Solaranlage eingesetzt<br />
wird, ist in Abb. 1 dargestellt. Als Speichermedium<br />
dient Trinkwasser. Die <strong>Sonne</strong>n energie<br />
Peter Schossig <strong>Wärme</strong>speicher für die H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />
wird dem Trinkwasser durch den Kollektorkreislauf<br />
mittels eines <strong>Wärme</strong> träger fl uids (Gemisch<br />
<strong>aus</strong> Wasser <strong>und</strong> Frostschutzmittel) über den<br />
unteren <strong>Wärme</strong>übertrager zugeführt. Da der<br />
jährliche Warmwasserbedarf nicht vollständig<br />
solar gedeckt werden kann, befi ndet sich im<br />
oberen Bereich des Speichers (Bereitschaftsvolumen)<br />
ein elektrischer Heizstab oder<br />
ein zweiter <strong>Wärme</strong>übertrager.<br />
Die zur Charakterisierung des thermischen Verhaltens<br />
von Warmwasserspeichern dienenden<br />
Kenngrößen werden in Abb. 1 vorgestellt:<br />
Die <strong>Wärme</strong>kapazität des gesamten Speichers 2<br />
gibt an, welche <strong>Wärme</strong>menge der Speicher beim<br />
üblichen Betrieb je Grad Temperaturänderung<br />
des Speichermediums aufnehmen bzw. abgeben<br />
kann.<br />
Die <strong>Wärme</strong>verlustrate 1 gibt den vom Speicher<br />
an die Umgebung übertragenen <strong>Wärme</strong>strom<br />
an bezogen auf ein Grad Temperaturdifferenz<br />
zwischen Speichermedium <strong>und</strong> Umgebung.<br />
Insbesondere bei relativ kleinen Speichern, wie<br />
sie im Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienh<strong>aus</strong> eingesetzt<br />
werden, wird die <strong>Wärme</strong>verlustrate maßgeblich<br />
durch die am Speicher vorhandenen <strong>Wärme</strong>brücken<br />
(z. B. Anschlüsse, Tauchhülsen) bestimmt.<br />
Ein gut wärmegedämmter Speicher zeichnet<br />
sich daher nicht nur durch eine möglichst dicke<br />
Dämmung mit einem schlecht wärmeleitenden<br />
Material <strong>aus</strong>, sondern auch dadurch, dass die<br />
Dämmung keine signifi kanten <strong>Wärme</strong>brücken<br />
aufweist.<br />
Die wichtigste Größe zur Beschreibung des thermischen<br />
Verhaltens des Solarkreis-<strong>Wärme</strong>übertragers<br />
3 ist sein <strong>Wärme</strong>übertragungsvermögen.<br />
Dieses ist neben dem <strong>Wärme</strong>übertrager selbst,<br />
auch vom Massenstrom durch den <strong>Wärme</strong>übertrager<br />
<strong>und</strong> der Temperaturdifferenz zwischen<br />
<strong>Wärme</strong>übertrager <strong>und</strong> Speicher sowie von der<br />
Temperatur abhängig. Sinnvoll dimensionierte<br />
Solarkreis-<strong>Wärme</strong>übertrager weisen bei typischen<br />
Betriebsbedingungen pro Quadratmeter
Peter Schossig <strong>Wärme</strong>speicher für die H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />
angeschlossener Kollektorfl äche ein <strong>Wärme</strong>übertragungsvermögen<br />
von ca. 60 bis 80 Watt pro<br />
Grad auf.<br />
Die wichtigste Größe neben dem <strong>Wärme</strong>übertragungsvermögen<br />
des Nachheizkreis-<br />
<strong>Wärme</strong>übertragers 4 ist die vertikale Position<br />
seines unteren Anschlusses. Diese Größe liefert<br />
Informationen zur Versorgungssicherheit mit<br />
warmem Wasser, da durch sie das maximal zur<br />
Verfügung stehenden Bereitschaftsvolumen<br />
vorgegeben wird.<br />
Bei Verwendung eines elektrischen Heizstabs 5<br />
ist zusätzlich zu seiner Heizleistung ebenfalls<br />
seine vertikale Position innerhalb des Speichers<br />
relevant, da durch diese das bei elektrischer<br />
Beheizung maximal zur Verfügung stehende<br />
Bereitschaftsvolumen <strong>und</strong> damit die Versorgungssicherheit<br />
vorgegeben wird.<br />
Eine gute Temperaturschichtung bei der<br />
Entnahme 6 ist wichtig, damit dem Speicher<br />
möglichst viel Wasser mit einer konstanten<br />
hohen Temperatur entnommen werden kann.<br />
Ein Abbau der Temperaturschichtung bei der<br />
Entnahme fi ndet durch Vermischungen mit dem<br />
von unten nachströmenden kalten Wasser statt.<br />
Um diese Vermischungen zu reduzieren, sollte<br />
der in den Speicher eintretende kalte Wasserstrahl<br />
durch ein Prallblech „beruhigt“ werden.<br />
Die Temperaturschichtung bei der Entnahme<br />
kann, durch eine so genannte Schichtungskennzahl<br />
quantifi ziert werden.<br />
Kollektor<br />
Solarkreispumpe<br />
Regelung<br />
Beimischung<br />
Warmwasser<br />
Kaltwasser<br />
7 2<br />
Der Abbau der Temperaturschichtung im<br />
Stillstand 7 wird durch die effektive vertikale<br />
<strong>Wärme</strong>leitfähigkeit beschrieben. Gründe dafür,<br />
dass sich die Temperaturschichtung in einem<br />
ruhenden Speicher abbaut, sind <strong>Wärme</strong>leitungseffekte<br />
im Wasser <strong>und</strong> in der Behälterwand<br />
sowie auftretende Konvektionsströmungen.<br />
Solare Kombispeicher<br />
Soll die Solarenergie zusätzlich zur Trink-<br />
wassererwärmung noch zur Unterstützung<br />
der Heizung genutzt werden, kommen solare<br />
Kombianlagen zum Einsatz. Diese Anlagen<br />
unterscheiden sich durch den eingesetzten<br />
Speicher <strong>und</strong> die Funktionen die von diesem<br />
Speicher übernommen werden [1]. In Abb. 2<br />
ist exemplarisch der prinzipielle Aufbau einer<br />
solaren Kombianlage dargestellt.<br />
Bereitschaftsvolumen<br />
Pufferbereich<br />
Raumheizung<br />
6<br />
Dreiwegeventil<br />
4<br />
3<br />
Heizkessel<br />
Rücklaufbeimischung<br />
Heizungsrücklauf<br />
1<br />
5<br />
Heizungsvorlauf<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
<strong>Wärme</strong>verlustrate<br />
Raumheizung<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
<strong>Wärme</strong>kapazität des gesamten<br />
Speichers<br />
Solarkreis-<strong>Wärme</strong>übertrager<br />
Nachheizkreis-<strong>Wärme</strong>übertrager<br />
Elektrischer Heizstab<br />
Temperatur beim Stillstand<br />
Temperatur bei Entnahme<br />
Abbildung 1<br />
Warmwasserspeicher<br />
einer Solaranlage zur<br />
Trinkwassererwärmung<br />
Abbildung 2<br />
Prinzipieller Aufbau<br />
einer solaren Kombianlage<br />
(mit Pufferfunktion<br />
für den<br />
Heizkessel)<br />
121
FVS LZE Themen 2005<br />
122<br />
Die Charakterisierung des thermischen Verhaltens<br />
von Kombispeichern erfolgt ebenfalls auf<br />
der Basis der im vorangegangenen Abschnitt<br />
erläuterten Kenngrößen [2].<br />
Prüfung von Warmwasserspeichern<br />
Zur Prüfung von Warmwasserspeichern für<br />
Solaranlagen existiert seit einigen Jahren<br />
die europäische Vornorm ENV 12977-3.<br />
Bei der thermischen Prüfung von Warmwasser<br />
speichern werden Kenngrößen ermittelt,<br />
die eine detaillierte Charakterisierung des<br />
thermischen Verhaltens des Speichers<br />
ermöglichen.<br />
Die Kenntnis dieser Eigenschaften bzw. entsprechender<br />
thermischer Kenngrößen ist besonders<br />
wichtig<br />
für den Vergleich <strong>und</strong> die Bewertung von<br />
Speichern<br />
um für einen bestimmten Anwendungsfall<br />
einen geeigneten Speicher <strong>aus</strong>wählen zu<br />
können<br />
zur thermischen Leistungsprüfung von<br />
Solaranlagen auf der Basis von Komponen-<br />
ten tests nach ENV 12977-2<br />
2.2 Saisonale <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Kälte</strong>speicherung<br />
Sommerliche <strong>Wärme</strong>quellen für die winterliche<br />
Heizung sind z. B. Solarenergie <strong>und</strong> Ab wärme,<br />
vor allem <strong>aus</strong> der Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung,<br />
Kondensationswärme von <strong>Kälte</strong>maschinen <strong>und</strong><br />
<strong>aus</strong> der Abluft. Als winterliche <strong>Kälte</strong>quellen für<br />
die sommerliche Kühlung können z. B. Außenluft<br />
(Zuluft), Oberfl ächenwasser oder auch<br />
„Abkälte“ <strong>aus</strong> <strong>Wärme</strong>pumpen genutzt werden.<br />
Darüber hin<strong>aus</strong> ist die Verbindung von sommerlichen<br />
<strong>Wärme</strong>- mit winterlichen <strong>Kälte</strong>quellen zu<br />
einer gekoppelten <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>speicherung<br />
möglich sowie ökologisch <strong>und</strong> ökonomisch<br />
erstrebenswert.<br />
Zur saisonalen Speicherung steht zum einen<br />
der bekannte Heißwasser-Behälterspeicher zur<br />
Verfügung, der oftmals wegen des benötigten<br />
großen Volumens als in den Erdboden eingelassener,<br />
druckloser Stahlbetonspeicher, zum<br />
Peter Schossig <strong>Wärme</strong>speicher für die H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />
Teil mit einer wasser<strong>und</strong>urchlässigen Auskleidung,<br />
<strong>aus</strong>geführt wird. Systemgrößen bis<br />
zu 12.000 m 3 (Solarprojekt Friedrichshafen)<br />
wurden bereits gefertigt. Daneben kommen<br />
auch Stahltanks <strong>und</strong> neuerdings GFK-Behälter 1<br />
(50 bis 6.000 m 3 ) zum Einsatz. Zum anderen<br />
sind sogenannte Erdbeckenspeichereine kostengünstige<br />
Alternative. Hier werden große Gruben<br />
mit wasserdichten Folien <strong>aus</strong>gelegt, anschließend<br />
mit einer Kies-Wasser-Mischung gefüllt <strong>und</strong><br />
seitlich sowie oben wärmegedämmt. Wie bei<br />
allen bisher beschriebenen Speichervarianten<br />
ist hier besonderer Wert auf die Ladewechseleinrichtung<br />
zu legen, um eine gute Temperaturschichtung<br />
zu erzielen.<br />
Außerdem nutzt der Mensch schon seit Urzeiten<br />
das thermische Speichervermögen des Erdbodens.<br />
Große Speicher volumina können sehr<br />
kostengünstig hergestellt werden, da man bei<br />
der unterirdischen Speicherung entweder<br />
direkt das in natürlichen Hohlräumen<br />
(Poren, Kavernen, Klüften) vorhandene<br />
Wasser als <strong>Energie</strong>träger verwendet,<br />
Hohlräume mit spezifi sch geringem Aufwand<br />
erstellt oder <strong>aus</strong>schließlich<br />
auf indirektem Wege (z. B. über moderne<br />
Erdsonden) den festen Boden als Speichermedium<br />
verwendet.<br />
Neben den notwendigen Speichervolumina<br />
bestimmen Temperaturnive<strong>aus</strong>, bauliche <strong>und</strong><br />
geologische Randbedingungen <strong>und</strong> Anforderungen<br />
an die Umweltverträglichkeit des Systems<br />
die Auswahl des konkret geeigneten Verfahrens.<br />
Aquiferspeicher<br />
Bei günstigen geologischen Bedingungen<br />
<strong>und</strong> vor allem für großformatige <strong>Energie</strong>systeme<br />
sind Aquiferspeicher zu favorisieren.<br />
<strong>Wärme</strong>- oder <strong>Kälte</strong>träger ist hier direkt das<br />
Gr<strong>und</strong>wasser <strong>und</strong> die Speicherung erfolgt<br />
im Gr<strong>und</strong>wasser sowie im porösen Gestein.<br />
Derartige Speicher bestehen <strong>aus</strong> zwei Bohrungen<br />
bzw. Bohrungsgruppen, die den gleichen<br />
Gr<strong>und</strong>wasserleiter (Aquifer) erschließen. Sie<br />
werden in der Regel in einem Abstand von 50<br />
bis 300 m angeord net, um die gegenseitige<br />
1 Behälter <strong>aus</strong> glasfaserverstärktem Kunststoff
Peter Schossig <strong>Wärme</strong>speicher für die H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />
Sommer Winter<br />
Beladung des Speichers<br />
Entladung des Speichers<br />
thermische Beeinfl ussung <strong>aus</strong>zuschließen.<br />
Beide Bohrungen sind mit Pumpen sowie einem<br />
Injektionsstrang <strong>aus</strong>gestattet, die das Durchströmen<br />
der Anlage in beiden Richtungen erlauben.<br />
Typische Tiefen von Aquiferspeichern<br />
beginnen bei 100 m. Bei Einlagerungstemperaturen<br />
größer 50 °C müssen in der Regel Maßnahmen<br />
zur Stablisierung der Wasserqualität<br />
ergriffen werden.<br />
Das <strong>aus</strong> der kalten Bohrung entnommene<br />
Wasser wird im Sommer mit <strong>Wärme</strong> beladen<br />
<strong>und</strong> in die warme Bohrung injiziert, wo sich im<br />
Aquifer eine <strong>Wärme</strong>blase bildet. Im Winter wird<br />
diese <strong>Wärme</strong>blase dann mit umgekehrter Strömungsrichtung<br />
abgefördert. Im einfach sten Fall<br />
erfolgt die Regeneration mit Umgebungskälte,<br />
idealerweise wird die gespeicherte <strong>Wärme</strong> über<br />
<strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher oder <strong>Wärme</strong>pumpen aber<br />
genutzt <strong>und</strong> der Speicher auf diese Weise für<br />
den nächsten Zyklus abgekühlt.<br />
Erdsondenspeicher<br />
Bei dieser Art der Speicherung wird nicht das<br />
Gr<strong>und</strong>wasser direkt als <strong>Wärme</strong>träger genutzt,<br />
sondern in bis zu 100 m tiefe Bohrungen<br />
werden langgestreckte U-Rohrförmige bzw.<br />
koaxiale <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher eingebracht, in denen<br />
ein <strong>Wärme</strong>träger zirkuliert. Zwischen den Bohrungen<br />
eines Feldes ist ein Abstand von 1,5 bis<br />
3 m einzuhalten. Der <strong>Wärme</strong>transport an das<br />
Erdreich bzw. vom Erdreich erfolgt durch <strong>Wärme</strong>leitung.<br />
Dies macht das Betriebsverhalten der<br />
Systeme träge <strong>und</strong> hat zur Folge, dass Spitzenlasten<br />
bei Be- <strong>und</strong> Entladung durch separate<br />
Pufferspeicher <strong>aus</strong>geglichen werden müssen.<br />
Bei der Konzipierung der Speichergeometrie<br />
müssen zur Verlustminimierung die Berandungsfl<br />
ächen möglichst klein gehalten werden. Auch<br />
kann bei höheren Speichertemperaturen eine an<br />
der Oberfl äche angebrachte <strong>Wärme</strong>dämmung<br />
gleichen Zwecken dienen.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 3<br />
Schema der Gestaltung<br />
<strong>und</strong> der Funktion eines<br />
Aquiferspeichers<br />
123
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 4<br />
Solare Luftheizung mit<br />
Steinspeicher<br />
124<br />
2.3 Luftdurchströmte Steinspeicher<br />
Als weitere Variante der solaren Heizungsunterstützung<br />
kommen luftdurchströmte Steinspeicher<br />
in Frage. Abb. 4 stellt ein einfaches<br />
System eines über Luftkollek toren gespeisten<br />
Wandspeichers dar. Die auf dem Dach montierten<br />
Luftkollektoren erwärmen über einen<br />
Ventilator einen kaminförmigen Kiesspeicher.<br />
Derartig einfache <strong>und</strong> kostengünstige Systeme<br />
sind insbesondere für Entwicklungsländer<br />
interessant.<br />
2.4 Phasenwechselspeicher<br />
für die Klimatisierung<br />
Aufgr<strong>und</strong> steigender Komfortansprüche <strong>und</strong><br />
veränderter Architektur ist der <strong>Energie</strong>bedarf für<br />
Gebäude-Klimatisierung in Europa stark steigend.<br />
Da hier die Spitzenlasten der benötigten <strong>Kälte</strong>erzeugung<br />
mit den ohnehin <strong>aus</strong>geprägten Spitzen<br />
des Stromnetzes zusammen fallen <strong>und</strong> die<br />
<strong>Kälte</strong>erzeugung nachts in der Regel aufgr<strong>und</strong><br />
tieferer Temperaturen deutlich effi zienter erfolgt,<br />
bewirkt ein 12 St<strong>und</strong>enspeicher bereits eine<br />
signifi kante Reduktion des <strong>Energie</strong>verbrauchs.<br />
Während bei der Speicherung von <strong>Wärme</strong> in<br />
Solarmodul<br />
Peter Schossig <strong>Wärme</strong>speicher für die H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />
<strong>Wärme</strong>kollektor<br />
mit 25 m 3 Fläche<br />
Ventilator<br />
Luft ein max. 70 °C<br />
Klappe geschlossen<br />
<strong>Wärme</strong>speicher <strong>aus</strong><br />
4,8 m 3 Kieselsteinen<br />
Luft <strong>aus</strong> 20 °C <strong>–</strong> 40 °C<br />
der Regel große Temperatur spreizungen in<br />
Kauf genommen werden können, ist bei Anwendungen<br />
der Klimatechnik meist nur ein sehr<br />
enges Temperaturband nutzbar. Dies macht die<br />
Nutzung von Phasenwechselmaterialien, die<br />
in einem geringen Temperaturbereich große<br />
Mengen an <strong>Wärme</strong> speichern können, attraktiv.<br />
Eine passive Speicheranwendung ist dabei das<br />
Einbringen von mikroverkapselten Paraffi nen<br />
mit einem Schmelzbereich zwischen 24 °C <strong>und</strong><br />
26 °C in B<strong>aus</strong>toffe. Steigt die Raumtemperatur<br />
über 24 °C an, beginnt das Paraffi n zu schmelzen<br />
<strong>und</strong> nimmt dabei große Mengen an <strong>Wärme</strong><br />
auf, sodass der Raum deutlich kühler bleibt.<br />
Durch eine <strong>aus</strong>reichende Lüftung nachts kann<br />
das Material wieder entladen werden, so dass<br />
im Idealfall eine Lüftung <strong>aus</strong>reicht <strong>und</strong> auf<br />
aktive <strong>Kälte</strong>erzeugung verzichtet werden<br />
kann. Abb. 5 zeigt den schematischen Aufbau<br />
einer Leichtbauwand mit in den Putz integrierten<br />
mikroverkapselten Latentwärmespeichern<br />
<strong>und</strong> den gemessenen Temperaturverlauf der<br />
Wandoberfl ächen temperaturen in identischen<br />
Räumen mit <strong>und</strong> ohne diesen Additiven im Putz.<br />
Luft ein
Peter Schossig <strong>Wärme</strong>speicher für die H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />
Leichtbauwand<br />
Eine weitere Alternative stellt das Einbringen<br />
dieser Mikrokapseln in <strong>Wärme</strong>trägerfl uide dar.<br />
Dadurch kann in einem gewünschten Temperaturband<br />
die Speicherfähigkeit dieser Fluide<br />
deutlich erhöht werden, was kompaktere<br />
Speicher ermöglicht <strong>und</strong> <strong>–</strong> da für die gleiche<br />
Leistung wesentlich geringere Massenströme<br />
benötigt werden <strong>–</strong> geringere Rohrdurchmesser<br />
oder verringerte Pumpleistungen erlaubt.<br />
3. Zusammenfassung<br />
Um die Nutzung regnerativer <strong>Energie</strong>quellen<br />
im Gebäudebereich zu erhöhen, sind aufgr<strong>und</strong><br />
des zeitlichen Versatzes von Angebot <strong>und</strong> Bedarf<br />
thermische Speicher unabdingbar. Da ungefähr<br />
ein Drittel des deutschen Primärenergiebedarfs<br />
für Raumtemperierung <strong>und</strong> Warmwasserbereitung<br />
verwendet wird, kommt thermischen<br />
Speichern eine bedeutende Rolle bei der Erreichung<br />
der Ziele in der Klimapolitik zu.<br />
Je nach Dauer <strong>und</strong> Temperaturniveau der gewünschten<br />
Speicherung kommen die unterschiedlichsten<br />
Materialien <strong>und</strong> Konzepte zum<br />
Einsatz, vom klassischen Warmwasserspeicher<br />
über Stein-, Erd-, <strong>und</strong> Aquiferspeicher bis hin<br />
zu neuartigen Phasen wechsel materialen als<br />
Latentwärmespeicher.<br />
Literatur<br />
Innenputz mit Mikrokapseln<br />
Temperatur [°C]<br />
[1] H. Drück, E. Hahne,<br />
Der Speicher <strong>–</strong> das Herz der Kombianlage<br />
Untertitel: Kombispeicher für Ein- <strong>und</strong><br />
Zweifamilienhäuser, Tagungsband<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10/09<br />
00:00<br />
12/09<br />
00:00<br />
14/09<br />
00:00<br />
16/09<br />
00:00<br />
Referenzwand PCM Wand<br />
18/09 Datum<br />
00:00 Uhrzeit<br />
„Solares Heizen ‚99“, Seiten 23 - 32,<br />
Solar Promotion GmbH, München, 1999,<br />
ISBN 3-934349-04-8<br />
[2] Drück, H., Hahne E.<br />
Kombispeicher auf dem Prüfstand<br />
Tagungsband zum achten Symposium<br />
Thermische Solarenergie,<br />
Seiten 90 - 94, OTTI-Technologie-Kolleg,<br />
Regensburg, Juni 1998<br />
[3] Kabus, F.; Hoffmann, F.; Möllmann, G.:<br />
Aquifer Storage of Waste Heat Arising from<br />
a Gas and Steam Cogeneration Plant <strong>–</strong><br />
Concept and First Operating Experience”,<br />
Proc. of World Geothermal Congress 2005,<br />
Antalya/Turkey, 2005<br />
[4] Kabus, F. ; Bartels, J.:<br />
Speicherung von <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> in<br />
Gr<strong>und</strong>wasserleitern. KI Luft- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>tech-<br />
nik, Hüthig-Verlag Heidelberg, 6/2004, S.<br />
170-175<br />
[5] Schossig, P.<br />
Henning, H.-M.; H<strong>aus</strong>smann, T.<br />
Microencapsulted Phase Change Materials<br />
integrated into Construction Materials<br />
“Eurosun 2004 “, Freiburg , Proceedings<br />
2-413 - 2-421<br />
[6] Gschwander, S., Schossig, P.<br />
Mikroverkapselte Phasenwechselmaterialen<br />
in Fluiden zur Erhöhung der <strong>Wärme</strong>kapa-<br />
zität, OTTI-<strong>Energie</strong>-Kolleg 14. Symposium<br />
Thermische Solarenergie, Bad Staffelstein,<br />
Germany, 14.5.2004, pp. 348-353<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 5<br />
Schematische<br />
Darstellung von<br />
PCM-Mikrokapseln in<br />
Putz <strong>und</strong> gemessener<br />
Verlauf der Wandtemperaturen<br />
in zwei<br />
Räumen mit Leichtbauwänden<br />
mit <strong>und</strong><br />
ohne Phasenwechselmaterialien<br />
in Putz<br />
125
FVS LZE Themen 2005<br />
Dr. Rainer Tamme<br />
DLR<br />
rainer.tamme@dlr.de<br />
Dr. Thomas Nunez<br />
Fraunhofer ISE<br />
tomas.nunez@ise.<br />
fraunhofer.de<br />
Dr. Joachim Göttsche<br />
Solar-Institut Jülich -<br />
FH Aachen<br />
goettsche@sij.fh-aachen.de<br />
126<br />
Speicherung für<br />
Hochtemperaturwärme<br />
Eine verstärkte Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n,<br />
intensive Abwärmenutzung sowie ein konsequenter<br />
Ausbau der Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />
sind nur mit der Bereitstellung technisch <strong>und</strong><br />
wirtschaftlich attraktiver <strong>Wärme</strong>speicher realisierbar.<br />
Dazu ist eine hocheffi ziente Speichertechnologie<br />
notwendig, um die zeitliche <strong>und</strong><br />
räumliche Inkongruenz von Angebot <strong>und</strong> Nachfrage<br />
<strong>aus</strong>zugleichen <strong>und</strong> die Realisierung eines<br />
integrierten energieeffi zienten Gesamtprozesses<br />
zu ermöglichen.<br />
Thermische <strong>Energie</strong>speicher <strong>–</strong><br />
Schlüsselkomponente zur<br />
rationellen <strong>Energie</strong>nutzung<br />
im Bereich Prozesswärme<br />
<strong>und</strong> Kraftwerkstechnik<br />
Die Effi zienz der <strong>Energie</strong>nutzung bei industriellen<br />
Prozessen <strong>und</strong> im Bereich Kraftwerkstechnik<br />
kann durch den Einsatz von thermischen<br />
Speichersystemen deutlich gesteigert werden.<br />
Die Integration von Speichersystemen kann<br />
unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen:<br />
Bei zyklischen Prozessabläufen kann <strong>Energie</strong>,<br />
die sonst am Ende eines Zyklus verloren<br />
gehen würde, gespeichert werden, um dann<br />
im nachfolgenden Zyklus wieder genutzt zu<br />
werden.<br />
Besteht in einem System eine zeitliche<br />
Verschiebung zwischen dem Angebot <strong>und</strong><br />
dem Bedarf an thermischer <strong>Energie</strong>, so<br />
können Speicher diese zeitliche Differenz<br />
zwischen Erzeuger <strong>und</strong> Verbraucher <strong>aus</strong>-<br />
gleichen.<br />
Bei Prozessen mit <strong>aus</strong>geprägten zeitlichen<br />
Lastspitzen können Systemkomponenten für<br />
ein mittleres Leistungsniveau dimensioniert<br />
werden, der Speicher wird in Phasen mit<br />
hohem Leistungsbedarf entladen, während<br />
bei Unterschreitung der durchschnittlichen<br />
Leistung <strong>Energie</strong> zwischengespeichert wird.<br />
Dr. Rainer Tamme Speicherung für Hochtemperaturwärme<br />
Die optimale Ausnutzung der Systemkompo-<br />
nenten vermeidet Teillastverluste <strong>und</strong> redu-<br />
ziert Investitionskosten. Die Belastung des<br />
Systems durch thermische Wechsellast wird<br />
reduziert, wodurch die Lebensdauer der<br />
Komponenten erhöht wird.<br />
Bei Systemen, deren zeitliche Auslastung<br />
kurzfristigen Schwankungen unterliegt, die<br />
nicht vor<strong>aus</strong>bestimmt werden können, bieten<br />
sich Speicher zur Reduzierung von Anfahrzeiten<br />
an. Gespeicherte <strong>Energie</strong> wird genutzt,<br />
um die Komponenten auf Betriebstemperatur<br />
zu halten <strong>und</strong> damit die Dynamik <strong>und</strong><br />
Effi zienz des Systems zu verbessern.<br />
Die Bereitstellung einer effi zienten <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />
<strong>Wärme</strong>speichertechnik erfordert<br />
die Anpassung an periphere Komponenten,<br />
Prozessparameter <strong>und</strong> eine optimale Systemintegration.<br />
Es ist ein charakteristisches Merkmal thermischer<br />
<strong>Energie</strong>speicher, dass aufgr<strong>und</strong> stark variierender<br />
Anforderungsprofi le jeweils spezifi sche,<br />
optimale Lösungen hinsichtlich Effi zienz <strong>und</strong><br />
Wirtschaftlichkeit gef<strong>und</strong>en werden müssen.<br />
Das hat zur Konsequenz, dass es nicht den einen<br />
optimalen <strong>Wärme</strong>speicher für alle Anwendungen<br />
gibt. Entsprechend erfordert dieses Arbeitsgebiet<br />
den Umgang mit einem breiten Spektrum<br />
an Speichertechnologien, Materialien <strong>und</strong><br />
Methoden.<br />
Übergeordnete Entwicklungsziele auf dem<br />
Gebiet Speichertechnik sind die Reduk-tion der<br />
spezifi schen Investitionskosten <strong>und</strong> die Erhöhung<br />
von Effi zienz <strong>und</strong> Zuverlässigkeit. Dabei<br />
stehen Materialaspekte, Auslegungsfragen <strong>und</strong><br />
Systemintegration gleichermaßen im Fokus der<br />
Forschungsaktivitäten.
Dr. Rainer Tamme Speicherung für Hochtemperaturwärme<br />
Speicherkonzept Prinzip Typische<br />
Speichermedien<br />
Fluidspeicher<br />
Speicherkonzepte<br />
Speicherung sensibler<br />
<strong>Wärme</strong> in flüssigem<br />
Speichermedium<br />
Feststoffspeicher Festes Speichermedium<br />
mit integriertem<br />
<strong>Wärme</strong>übertrager<br />
Dampfspeicher Speicherung sensibler<br />
<strong>Wärme</strong> in Druckwasser,<br />
Phasenwechsel bei<br />
Be- <strong>und</strong> Entladung<br />
Latentwärmespeicher Isotherme Speicherung<br />
in einem Medium<br />
mit Phasenwechsel<br />
während der<br />
Be- <strong>und</strong> Entladung<br />
Dampfspeicher nutzen die Speicherfähigkeit<br />
von fl üssigem Wasser, um sensible <strong>Wärme</strong> zu<br />
speichern. Dabei wird der Dampfspeicher durch<br />
Zufuhr von Dampf beladen, der im Druckvolumen<br />
kondensiert wird (Abb. 1). Die Wassertemperatur<br />
im Speicher entspricht der Siedetemperatur. Der<br />
Speicher gibt bei der Entladung Sattdampf ab,<br />
wobei der Druck abfällt. Dominanter Kostenfaktor<br />
ist der Druckbehälter. Charakteristisch für Dampfspeicher<br />
ist die schnelle Verfügbarkeit der gespeicherten<br />
<strong>Energie</strong>. Daher sind diese Systeme als<br />
Pufferspeicher zur Abdeckung von Leistungsspitzen<br />
geeignet. Als <strong>Energie</strong>speicher sind sie nur<br />
sehr eingeschränkt verwendbar, da eine Bereitstellung<br />
von <strong>Wärme</strong> auf gleich bleibendem Temperatur-<br />
bzw. Druckniveau nicht möglich ist.<br />
Thermoöl<br />
Druckwasser<br />
Flüssigsalz<br />
Verfügbarkeit<br />
Umfangreiche<br />
Betriebserfahrung im<br />
konventionellen Bereich<br />
<strong>und</strong> Solarkraftwerken<br />
Beton Praxisnahe Erprobung<br />
in Kombination mit<br />
Solarkollektoren<br />
Druckwasser Umfangreiche<br />
Betriebserfahrung<br />
im konventionellen<br />
Bereich<br />
Technische Salze Experimente im Labormaßstab,<br />
ab 2007<br />
praxisnahe Erprobung<br />
in Kombination mit<br />
Solarkollektoren<br />
Für den Temperaturbereich > 100 °C kann<br />
Wasser unter Umgebungsdruck nicht mehr als<br />
Speichermedium eingesetzt werden, so dass<br />
unterschiedliche direkte <strong>und</strong> indirekte Speicherverfahren<br />
<strong>und</strong> Konzepte, wie in Abb. 1 dargestellt,<br />
herangezogen werden müssen [1].<br />
Fluidspeicher nutzen ein fl üssiges Medium zur<br />
Speicherung sensibler <strong>Wärme</strong>. Das Arbeitsmedium<br />
der Solarkollektoren kann direkt gespeichert<br />
werden oder die <strong>Energie</strong> wird an ein fl üssiges<br />
Speichermedium übertragen. Vor<strong>aus</strong>setzung ist,<br />
dass der Siedepunkt des Speichermediums oberhalb<br />
der maximalen Betriebstemperatur der<br />
Solarkollektoren liegt. Hier bieten sich Thermoöle<br />
bzw. Wasser unter entsprechendem Druck<br />
an. Bei Thermoöl sind Investitionskosten, Sicherheits-<br />
<strong>und</strong> Umweltaspekte zu beachten.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 1<br />
Übersicht thermischer<br />
Speicherkonzepte<br />
für Temperaturen<br />
> 100 °C<br />
127
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 2<br />
Feststoffspeicher vor<br />
Anbringen der Isolation<br />
128<br />
Die Kosten können durch den Einsatz eines<br />
Eintank-Schichtspeichersystems reduziert<br />
werden. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist auch Flüssigsalz als<br />
Medium geeignet. Hier ist der Fokus aber eher<br />
auf den Temperaturbereich über 300 °C für<br />
den Einsatz in solarthermischen Kraftwerken<br />
gerichtet.<br />
Bei Feststoffspeichern wird die <strong>Energie</strong> zwischen<br />
dem Arbeitsmedium der Kollektoren bzw. des<br />
Prozesses <strong>und</strong> einem festen Speichermedium<br />
übertragen. Der <strong>Wärme</strong>übertrager ist dabei in<br />
das Speichermedium integriert. Wesentlich für<br />
eine wirtschaftliche Auslegung ist die Wahl eines<br />
kostengünstigen Speichermediums, das im Hinblick<br />
auf die erforderliche <strong>Wärme</strong>übertragerfl<br />
äche jedoch auch eine möglichst hohe <strong>Wärme</strong>leitfähigkeit<br />
aufweisen sollte. In Hinblick auf<br />
Fertigungsaspekte eignet sich hier temperaturbeständiger<br />
Beton, der eine einfache Integration<br />
des <strong>Wärme</strong>übertragers ermöglicht. Abb. 2 zeigt<br />
einen Feststoffspeicher (vor Anbringen der äußeren<br />
Isolation) der gegenwärtig in Kombination<br />
mit Rinnenkollektoren bei Temperaturen bis zu<br />
390 °C erprobt wird [2].<br />
Neue Entwicklungen <strong>–</strong><br />
Latentspeichermedien mit<br />
hoher Leitfähigkeit<br />
Für die effi ziente Speicherung von <strong>Wärme</strong> oder<br />
<strong>Kälte</strong> sind Latentwärmespeicher besonders<br />
geeignet, da sie eine Phasenumwandlung z. B.<br />
fest/fl üssig (schmelzen) eines Phasenwechselmaterials<br />
(engl. „Phase Change Material“ - PCM)<br />
Dr. Rainer Tamme Speicherung für Hochtemperaturwärme<br />
<strong>aus</strong>nutzen <strong>und</strong> hierdurch große <strong>Wärme</strong>mengen<br />
in einem schmalen Temperaturbereich speichern<br />
können. Gegenüber konventionellen sensiblen<br />
<strong>Wärme</strong>speichern sind mit PCM-Speichern hohe<br />
<strong>Energie</strong>dichten bei weitgehend konstanter Betriebstemperatur<br />
realisierbar. So kann bei einer<br />
Temperaturänderung von 10 Grad im Vergleich<br />
zur konventionellen <strong>Wärme</strong>speicherung mittels<br />
fühlbarer <strong>Wärme</strong> beim Schmelzvorgang eine 10<br />
bis 20-fach höhere <strong>Wärme</strong>speicherdichte erzielt<br />
werden, wodurch Menge an Speichermaterial<br />
<strong>und</strong> Baugröße der Behälter signifi kant reduziert<br />
werden können. Wegen dieser Vorteile wurden<br />
in den letzten Jahren verstärkte Anstrengungen<br />
für eine technische Realisierung von Latentwärmespeichern<br />
gemacht.<br />
Das wesentliche Problem bei der technischen<br />
Umsetzung der Latentwärmespeicherung liegt in<br />
dem unzureichenden <strong>Wärme</strong>transport zwischen<br />
dem Speichermedium <strong>und</strong> dem <strong>Wärme</strong>trägerfl<br />
uid. Hauptgr<strong>und</strong> hierfür ist die niedrige <strong>Wärme</strong>leitfähigkeit<br />
der organischen oder anorganischen<br />
Speichermedien (typischerweise 0.5-1 W/m·K).<br />
Zum Erreichen einer <strong>aus</strong>reichend hohen <strong>Wärme</strong>stromdichte<br />
bzw. Lade- <strong>und</strong> Entladeleistung<br />
werden daher entweder sehr große, unwirtschaftliche<br />
<strong>Wärme</strong>übertragerfl ächen oder Speichermaterialien<br />
mit erheblich höherer <strong>Wärme</strong>leitfähigkeit<br />
benötigt (Abb. 3). Zur Überwindung der<br />
<strong>Wärme</strong>transportlimitierung werden derzeit zwei<br />
Strategien in der angewandten Forschung<br />
vorangetrieben:<br />
Mikroverkapselung der Speichermaterialien<br />
(Paraffi ne als PCM <strong>und</strong> organische Verkapse-<br />
lung, die aber nur unterhalb von 100 °C<br />
einsetzbar sind), um eine sehr hohe spezifi -<br />
sche Oberfl äche zu erzielen sowie<br />
Entwicklung hochleitfähiger Verb<strong>und</strong>materia-<br />
lien, wobei das Latentmaterial mit einer ex-<br />
trem gut wärmeleitenden Matrix zu einem<br />
neuen Verb<strong>und</strong>material umgesetzt wird.<br />
Die spezifi schen Vorteile von Latentwärmespeichern<br />
können besonders in Verbindung mit<br />
Anwendungen genutzt werden, bei denen auch<br />
das <strong>Wärme</strong>trägerfl uid oder das Prozessmedium<br />
zweiphasig betrieben wird. Für den Bereich<br />
Prozesswärme <strong>und</strong> Kraftwerkstechnik nimmt das<br />
System Wasser/Dampf eine dominierende Rolle<br />
ein. Gr<strong>und</strong>sätzlich sind Salzsysteme als Latent-
Dr. Rainer Tamme Speicherung für Hochtemperaturwärme<br />
speichermedien besonders geeignet. Dabei<br />
kann mit binären Nitratsalzen wie z. B. mit den<br />
Systemen KNO 3 -NaNO 3 <strong>und</strong> KNO 3 -LiNO 3 der<br />
relevante Temperaturbereich zwischen 120 °C<br />
<strong>und</strong> 300 °C abgedeckt werden.<br />
Im Rahmen aktueller Projekte mit Partnern <strong>aus</strong><br />
Industrie <strong>und</strong> Forschung (z. B. DLR <strong>und</strong> SGL<br />
Technologies) werden Verb<strong>und</strong>materialien auf<br />
der Basis von Salz <strong>und</strong> expandiertem Graphit als<br />
Matrix entwickelt [2,3]. Expandierter Graphit ist<br />
ein auf Naturgraphit basierendes Sek<strong>und</strong>ärprodukt,<br />
das für zahlreiche technische Anwendungen<br />
zum Einsatz kommt. Für die Anwendung als<br />
<strong>Wärme</strong>speichermaterial wird seine hohe <strong>Wärme</strong>leitfähigkeit<br />
<strong>und</strong> Porosität genutzt (Abb. 4).<br />
Dadurch lassen sich <strong>Wärme</strong>speicher mit hoher<br />
Lade- <strong>und</strong> Entladeleistung bei deutlich gesenkten<br />
Kosten realisieren. Die derzeit entwickelten<br />
Salz/Graphit-Verb<strong>und</strong> materialien mit Massenanteilen<br />
von ca. 15 % Graphit decken einen<br />
Temperaturbereich 120-300 °C ab. Sie werden<br />
durch Infi ltrationstechnik oder durch Verpressen<br />
hergestellt (Abb. 5). Die hierfür ermittelten<br />
Werte für die <strong>Wärme</strong>leitfähigkeit liegen im<br />
Bereich von 4-15 W/m·K. Damit steht erstmalig<br />
ein Speichermedium zur Verfügung, das die<br />
Realisierung wirtschaftlicher Latentspeichersysteme<br />
für höhere Temperaturen ermöglicht.<br />
Vergleich der<br />
Speicherkonzepte<br />
Für eine qualitative Bewertung der unterschiedlichen<br />
Speichertypen ist als Referenzfall eine<br />
solare Prozesswärmeanlage gewählt worden,<br />
die Dampf bei 140 °C <strong>und</strong> einem Druck von<br />
3,6 bar zur Versorgung eines isothermen Prozesses<br />
bereitstellen soll. Der hierfür <strong>aus</strong>zulegende<br />
Speicher soll eine geforderte thermische<br />
Leistung von 100 kW für die Dauer von einer<br />
St<strong>und</strong>e zur Verfügung stellen können. Für die<br />
Auslegung sind zwei Betriebsfälle für den<br />
Solarkollektor gewählt worden:<br />
Fall 1: die Solarkollektoren stellen Sattdampf<br />
bei 160 °C am Austritt zur Verfügung<br />
Fall 2: die Solarkollektoren stellen Sattdampf<br />
bei 200 °C am Austritt zur Verfügung<br />
Anzahl Rohre <strong>Wärme</strong>überträger<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
10 kW / m 3<br />
5 kW / m 3<br />
1 kW / m 3<br />
1 m<br />
Das Ergebnis der Berechnungen ist in Tab. 1<br />
zusammengestellt. In beiden Fällen erfordert<br />
der Latentwärmespeicher das geringste Speicher-<br />
<strong>und</strong> Behältervolumen, wobei der Vorteil<br />
für den Fall 1 mit geringer Temperaturdifferenz<br />
zwischen Kollektor<strong>aus</strong>tritt <strong>und</strong> Prozessbedarf<br />
besonders gravierend ist.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20<br />
1m<br />
<strong>Wärme</strong>leitfähigkeit PCM [W/m . K]<br />
Abbildung 3<br />
Einfl uss der <strong>Wärme</strong>leitfähigkeit<br />
von PCM-<br />
Medien auf die benötigte<br />
Zahl paralleler<br />
<strong>Wärme</strong>übertragerrohre<br />
pro Quadratmeter<br />
Querschnittsfl äche des<br />
Speichers bei unterschiedlichen<strong>Wärme</strong>fl<br />
ussdichten<br />
Abbildung 4<br />
Mikrostruktur von<br />
expandiertem Graphit<br />
Abbildung 5<br />
Ausgewählte Formkörper<br />
von Latentmaterialien<br />
<strong>aus</strong> Salz/<br />
Graphit<br />
129
FVS LZE Themen 2005<br />
Tabelle 1<br />
Vergleich unterschiedlicher<strong>Wärme</strong>speicher<br />
für solare<br />
Prozesswärme<br />
130<br />
Speicherkonzept Speichervolumen bei Kollektor<strong>aus</strong>trittstemperatur<br />
160 °C<br />
Bei sensibler <strong>Wärme</strong>speicherung sind die Speicherkosten<br />
näherungsweise proportional zum<br />
Speichervolumen. Daher werden Speichersysteme<br />
auf Basis sensibler <strong>Wärme</strong>speicherung<br />
nur dann zu wirtschaftlich attraktiven Lösungen<br />
führen, wenn die zulässige Temperaturdifferenz<br />
zwischen Kollektor<strong>aus</strong>tritt <strong>und</strong> benötigter Prozesstemperatur<br />
<strong>aus</strong>reichend groß ist.<br />
Die Ergebnisse zeigen ferner, dass durch Einsatz<br />
von Latentwärmespeichern die Auslegungstemperatur<br />
des Kollektors herabgesenkt werden<br />
kann, was zu deutlich geringeren thermischen<br />
Verlusten <strong>und</strong> damit zu einer besseren Wirtschaftlichkeit<br />
des Gesamtsystems führt.<br />
Fazit<br />
Thermische <strong>Energie</strong>speicher sind ein zentrales<br />
Element zum effektiven <strong>Energie</strong>management<br />
im Bereich Prozesswärme <strong>und</strong> Kraftwerkstechnik,<br />
sie sind für solarthermische Anwendungen<br />
unverzichtbar. Ein charakteristisches Merkmal<br />
der Speichertechnologie sind die für die jeweiligen<br />
Anwendungen hochspezifi schen<br />
Anforderungsprofi le, die ein Portfolio an<br />
Speichertypen, Materialien <strong>und</strong> Methoden<br />
erfordern. Für den Bereich Dampferzeugung,<br />
Prozessdampf <strong>und</strong> Organic Rankine Cycle 1<br />
haben Latentwärmespeicher gegenüber sensiblen<br />
<strong>Wärme</strong>speichern extreme Vorteile.<br />
Die Verfügbarkeit verschiedener Speicherkonzepte<br />
ermöglicht die Anpassung des Speichers<br />
an eine Vielzahl unterschiedlicher Einsatzgebiete<br />
<strong>und</strong> Betriebsparameter.<br />
Literatur<br />
Speichervolumen bei Kollektor<strong>aus</strong>trittstemperatur<br />
200 °C<br />
Fluidspeicher, Thermoöl 11,0 m³ 3,3 m³<br />
Fluidspeicher,<br />
Druckwasser<br />
8,8 m³ 2,9 m³<br />
Feststoffspeicher 13,5 m³ 4,2 m³<br />
Dampfspeicher 5,2 m³ 1,6 m³<br />
Latentwärmespeicher 0,8 m³ 0,7 m³<br />
1 Der „Organic Rankine Cycle“-Prozess (ORC) ist ein nicht-<br />
überhitzender thermodynamischer Zyklus, in dem eine<br />
organische Betriebsfl üssigkeit Elektrizität erzeugt.<br />
Dr. Rainer Tamme Speicherung für Hochtemperaturwärme<br />
[1] Tamme, R., Laing, D., Steinmann, W.-D.:<br />
Thermal energy storage technologies for<br />
solar process heat applications, Procee-<br />
dings of ESTEC 2005, 2nd European Solar<br />
Thermal Energy Conference, pp. 177-183<br />
[2] BMWA Verb<strong>und</strong>vorhaben „Temperatur-<br />
<strong>und</strong> druckstabile Prozessdampf-Speiche-<br />
rung <strong>und</strong> -Erzeugung durch neuartige<br />
Latentmaterial-Dampfspeichertechnik“<br />
FKZ 0327360, Weitere Informationen unter<br />
www.dlr.de/tt/institut/abteilungen/<br />
thermischept/heat_st/<br />
[3] EU Projekt „Energy Storage for Direct<br />
Steam Solar Power Plants“, SES6-CT-2003-<br />
503526, Weitere Informationen unter<br />
www.dlr.de/tt/institut/abteilungen/<br />
thermischept/heat_st/
Nachhaltigkeit der<br />
<strong>Energie</strong>versorgung mit<br />
<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong><br />
Förderinstrumente für die Markteinführung <strong>–</strong><br />
das Erneuerbare-<strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />
Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale<br />
erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />
131
FVS LZE Themen 2005<br />
Peter-Michael Nast<br />
DLR<br />
michael.nast@dlr.de<br />
Dr. Ole Langniß<br />
ZSW<br />
ole.langriss@zsw-bw.de<br />
Prof. Dr. Uwe Leprich<br />
IZES - Institut für<br />
Zukunfts<strong>Energie</strong>Systeme<br />
leprich@izes.de<br />
132<br />
Förderinstrumente für die Martkteinführung<br />
<strong>–</strong> das Erneuerbare-<br />
<strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />
Motivation für ein Erneuerbare-<strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />
Die Importpreise für Brennstoffe haben sich wie<br />
von verschiedenen Studien vor<strong>aus</strong>gesagt in den<br />
letzten Jahren drastisch erhöht [1]. Eine stärkere<br />
Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>markt<br />
kann erheblich dazu beitragen, die negativen<br />
Auswirkungen eines hohen <strong>Energie</strong>preises auf<br />
die Volkswirtschaft zu mindern.<br />
An Aktualität hat in jüngster Zeit die Diskussion<br />
um die Häufung anomaler Wetter phäno mene<br />
<strong>und</strong> um den Klimaschutz gewonnen. Auch hier<br />
können erneuerbare <strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>markt<br />
noch in erheblich stärkerem Maße zu einer<br />
Senkung der Emissionen von klima wirksamen<br />
Gasen beitragen. Bisher fehlt es aber im <strong>Wärme</strong>markt<br />
an einem entsprech end kräftigen Impuls<br />
<strong>aus</strong> der Politik. Bei der derzeitig angespannten<br />
Lage am Arbeitsmarkt ist insbesondere darauf<br />
hinzuweisen, dass der Zubau erneuerbarer<br />
<strong>Energie</strong>n heimische Arbeits plätze schafft <strong>und</strong> der<br />
Import fossiler Brennstoffe reduziert werden<br />
kann. Ein Gesetz zur Förderung erneuerbarer<br />
<strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>markt schafft also vierfach<br />
Gewinn:<br />
1. Beiträge zur Schonung von Klima<br />
<strong>und</strong> Rohstoffen<br />
2. Minderung der Importabhängigkeit<br />
3. Stärkung der regionalen Wertschöpfung<br />
4. Schaffung zukunftssicherer Arbeitsplätze<br />
Die heute vorhandenen Förderinstrumente<br />
wie z. B. das Marktanreizprogramm des<br />
B<strong>und</strong>es umweltministeriums (BMU) reichen zur<br />
Erschließung dieser Potenziale nicht mehr <strong>aus</strong>.<br />
Es müssen neue Lenkungsinstrumente gef<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> eingeführt werden.<br />
Peter-Michael Nast das Erneuerbare <strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />
Zielvorgaben für erneuerbare<br />
<strong>Energie</strong>n <strong>und</strong> Grenzen der bisherigen<br />
Lenkungsinstrumente<br />
Investitionen im <strong>Energie</strong>markt haben sehr langfristige<br />
Auswirkungen. Entsprechend wichtig ist<br />
eine sorgfältige Langfristplanung. Die diesem<br />
Beitrag zugr<strong>und</strong>e liegenden Annahmen <strong>und</strong><br />
Ziele beruhen auf der federführend vom DLR<br />
für das BMU erstellten Studie „Ökologisch<br />
optimierter Ausbau der Nutzung erneuerbarer<br />
<strong>Energie</strong>n in Deutschland“ [2]. Bis 2020 ist<br />
demnach der Beitrag der erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />
zum <strong>Wärme</strong>markt von heute 4,2 % auf 12 %<br />
<strong>und</strong> bis zum Jahr 2050 auf über 40 % zu steigern.<br />
Die unterstützende Wirkung einer ebenfalls<br />
dringend erforderlichen Verbesserung der<br />
<strong>Wärme</strong>dämmung der Gebäude ist dabei schon<br />
berücksichtigt. Es werden auch mittel- <strong>und</strong><br />
langfristige Aspekte beachtet, um Sackgassen<br />
oder Entwicklungsengpässe zu vermeiden<br />
(z. B. Nahwärme).<br />
Der Ausbau der erneuerbaren <strong>Energie</strong>n wird<br />
sich nicht von alleine im erforderlichen Umfang<br />
einstellen. Für einen wachsenden Ausbau der<br />
erneuerbaren <strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>markt sind<br />
wachsende Fördervolumina nötig, bis sich die<br />
neuen Techniken auch ohne gesetzliche oder<br />
fi nanzielle Unterstützung am freien Markt behaupten<br />
können. Auf Basis der Untersuchungen<br />
des DLR ist bis zum Jahr 2010 mit einem Anwachsen<br />
des Fördervolumens auf 500 Mio. €<br />
pro Jahr zu rechnen. Mit dem derzeitigen Förderinstrument<br />
„Marktanreizprogramm“ wird<br />
dies aufgr<strong>und</strong> folgender Probleme nicht zu<br />
leisten sein:<br />
Die Finanzierung der Förderung <strong>aus</strong><br />
öffentlichen H<strong>aus</strong>halten führt zu starken<br />
Nachfrage schwankungen in Abhängigkeit<br />
vom jeweiligen jährlichen Budget.
Peter-Michael Nast das Erneuerbare <strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />
So wurden im Jahr 2001 wegen knapper<br />
H<strong>aus</strong>haltsmittel die Fördersätze für Solar-<br />
anlagen überraschend gekürzt. Von dem<br />
nachfolgenden 40 % igen Absatzeinbruch<br />
hat sich der Kollektormarkt bis heute<br />
noch nicht gänzlich erholt.<br />
Der zukünftige Absatz von Anlagen zur<br />
Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n lässt sich<br />
durch diese Unsicherheiten, die durch das<br />
bisherige Lenkungsinstrument induziert<br />
werden, nur schwer abschätzen. Investitionen<br />
in neue effi zientere Produktionsanlagen <strong>und</strong><br />
Produkte sind entsprechend risikobehaftet,<br />
deren Finanzierung erfordert Risikoaufschläge.<br />
Dies schlägt sich letztlich in höheren<br />
Verkaufspreisen nieder.<br />
Mit dem stetig weiter wachsenden Mittelbedarf<br />
wird deren Bereitstellung <strong>aus</strong> öffentlichen<br />
H<strong>aus</strong>halten angesichts deren angespannter<br />
Lage noch problematischer als bisher.<br />
Neben dem Marktanreizprogramm gibt es<br />
bereits heute einige Lenkungsinstrumente, die<br />
zugunsten von erneuerbaren <strong>Energie</strong>n in den<br />
<strong>Wärme</strong>markt eingreifen wie z.B. die <strong>Energie</strong>einsparverordnung<br />
(EnEV), die Öko-Steuer,<br />
den CO 2 -Emissionshandel, das Kraft-<strong>Wärme</strong>-<br />
Kopplung-Modernisierungs gesetz (KWK-ModG)<br />
<strong>und</strong> indirekt auch das Erneuerbare-<strong>Energie</strong>-<br />
Gesetz (EEG). Aber keines dieser Instrumente hat<br />
die Einführung von erneuerbaren <strong>Energie</strong>n im<br />
<strong>Wärme</strong>markt bisher <strong>aus</strong> reichend beschleunigt.<br />
Anforderungen an<br />
ein neues Instrument<br />
Selbstverständlich muss ein neues Instrument<br />
sicherstellen, dass die für den Ausbau des<br />
<strong>Wärme</strong>marktes formulierten Ziele auch tatsächlich<br />
erreicht werden. Der Aufwand hierzu soll so<br />
gering wie möglich sein. Dazu gehören nicht<br />
nur die direkten fi nanziellen Aufwendungen,<br />
sondern auch der Verwaltungs- <strong>und</strong> Kontrollaufwand.<br />
Mitnahmeeffekte sollen weitgehend<br />
vermieden werden: Wer ohnehin bauen würde <strong>–</strong><br />
<strong>und</strong> sei es <strong>aus</strong> den besten Gründen wie Umweltbewusstsein<br />
oder individuelle Absicherung<br />
gegen unangenehme Entwicklungen auf dem<br />
Brennstoffmarkt <strong>–</strong> benötigt keine zusätzliche<br />
fi nanzielle Förderung.<br />
Leicht übersehen wird, dass ein Lenkungsinstrument<br />
auch für die notwendigen, aber erst<br />
längerfristig wirksamen Strukturänderungen<br />
schon heute die Weichen stellen soll. Hierzu<br />
gehören:<br />
Der verstärkte Einsatz von Biomasse in<br />
Anlagen mit Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung.<br />
Bei solarer <strong>Wärme</strong> die Erschließung des<br />
bisher weitgehend ungenutzten Potenzials<br />
in Mehrfamilienhäusern <strong>und</strong> im Gewerbe<br />
sowie die Entwicklung kostengünstiger<br />
saisonaler Speicher.<br />
Der kostengünstige Aufbau von Nahwärme-<br />
netzen ist für die (Tiefen-) Geothermie<br />
unabdingbar, aber auch für die effektive<br />
Nutzung von solarer <strong>Wärme</strong> oder Biomasse<br />
von großer Bedeutung.<br />
Gerade die Erfüllung dieser langfristigen<br />
Anforderungen kann nicht den diesbezüglich<br />
blinden Marktkräften überlassen werden.<br />
Mögliche Klassifi zierungen von<br />
neuen, budgetunabhängigen<br />
Instrumenten im <strong>Wärme</strong>markt<br />
Es gibt global wirkende Lenkungsinstrumente,<br />
mit welchen wichtige aber sehr allgemeine<br />
Ziele verfolgt werden <strong>und</strong> die großen Spielraum<br />
lassen, auf welche Weise diese Ziele verwirklicht<br />
werden. Hierzu gehören erhöhte <strong>Energie</strong>steuern<br />
oder der CO 2 -Emissionshandel. Und es gibt<br />
spezifi sche Instrumente, welche speziell auf die<br />
effektive Lenkung eines Teilbereichs des <strong>Energie</strong>marktes<br />
zugeschnitten sind. Zu den spezifi schen<br />
Instrumenten gehört das EEG, welches sich auf<br />
den Stromsektor <strong>und</strong> dort auch nur auf die<br />
erneuerbaren <strong>Energie</strong>n konzentriert. Um große<br />
Effekte in allen Bereichen des <strong>Energie</strong>systems zu<br />
erreichen, müssen spezifi sche Instrumente mit<br />
globalen zusammenwirken [3; 4].<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
133
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 1<br />
Lenkungsinstrumente<br />
<strong>und</strong> Träger ihrer<br />
Zusatzkosten für<br />
die Markteinführung<br />
erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />
134<br />
Folgende spezifi sche Instrumente stehen zur<br />
Diskussion:<br />
Ordnungsrechtliche Regelungen, bei denen<br />
Vorschriften zur Nutzung erneuerbarer<br />
<strong>Energie</strong>n erlassen werden, die sich z. B. an<br />
jeden einzelnen Bauherren richten können.<br />
Hierzu gehört die EnEV. Mit dieser Verord-<br />
nung gibt es bereits heute ein ordnungs -<br />
rechtliches Instrument, das teilweise auch<br />
auf die Förderung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n im<br />
<strong>Wärme</strong>markt zielt. Es hat aber bisher in<br />
diesem Bereich nur geringe Wirkung ent-<br />
faltet.<br />
Preisregelungen, bei denen ein Verkaufspreis<br />
für erneuerbare <strong>Energie</strong>n festgelegt wird,<br />
welcher von einer vom Gesetzgeber be-<br />
stimmten Gruppe zu bezahlen ist (hierzu<br />
gehört das EEG).<br />
Mengenregelungen, bei denen eine Menge<br />
an jährlich zu erzeugender erneuerbarer<br />
<strong>Energie</strong>n vorgegeben wird, <strong>und</strong> eine vom<br />
Gesetzgeber bestimmte Gruppe Sorge dafür<br />
zu tragen hat, dass diese Vorgabe auch erfüllt<br />
wird.<br />
Abb. 1 zeigt einige der bereits realisierten (blau)<br />
<strong>und</strong> zukünftig denkbaren (rot) Instrumente.<br />
Dargestellt ist, von welcher Gruppe die Betreiber<br />
von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />
zusätzliches (Förder-)Geld erhalten <strong>und</strong> wie<br />
Heutige Instrumente:<br />
Mögliche Instrumente<br />
für den <strong>Wärme</strong>markt:<br />
Lenkungsinstrument<br />
Erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />
Gesetz (EEG, Strom)<br />
Markanreizprogramm<br />
Solarabgabe auf<br />
Brennstoffe<br />
Mengen- oder<br />
Preisregelung<br />
Solarverordnung<br />
(Ordnungsrecht)<br />
Peter-Michael Nast das Erneuerbare <strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />
sich die Gruppe der Verpfl ichteten vor<strong>aus</strong>sichtlich<br />
refi nanzieren wird. Ausdrücklich muss<br />
darauf hingewiesen werden, dass die Gruppe,<br />
welche zunächst zu Zahlungen verpfl ichtet wird<br />
<strong>–</strong> wie zum Beispiel die Stromnetzbetreiber <strong>–</strong> ,<br />
nicht notwendig hierdurch unangemessene<br />
wirtschaftliche Nach teile erleidet. So ist durch<strong>aus</strong><br />
strittig, wie viel von den derzeitigen Strompreis<br />
erhöh ungen sich tatsächlich mit dem<br />
EEG begründen lassen.<br />
Vor- <strong>und</strong> Nachteile<br />
verschiedener<br />
Instrumentenentwürfe<br />
Vor dem Entwurf neuer Instrumente für den<br />
<strong>Wärme</strong>markt ist ein Vergleich mit dem Strommarkt<br />
nahe liegend, für welchen bereits seit<br />
längerem <strong>und</strong> in mehreren Ländern Erfahrungen<br />
mit Lenkungsinstrumenten vorliegen. Zwischen<br />
dem <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> dem Strommarkt gibt es<br />
aber zwei entscheidende Unterschiede:<br />
1. Im Strommarkt gibt es eine fl ächendeckende<br />
<strong>und</strong> eindeutige Zuordnung der<br />
Versorgungsgebiete zu den Netzbetreibern.<br />
Diese „natürlichen“ Ansprechpartner wie<br />
beim EEG gibt es im <strong>Wärme</strong>markt nicht.<br />
Anlagenbetreiber<br />
erhält Geld von<br />
Netzbetreiber<br />
Staat<br />
Brennstoffversorger<br />
Kosten werden<br />
weitergereicht an<br />
Stromverbraucher<br />
Steuerzahler<br />
(Ökosteuer)<br />
<strong>Wärme</strong>verbraucher<br />
Bauherren
Peter-Michael Nast das Erneuerbare <strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />
Selbst in Gebieten, welche mit Fernwärme<br />
oder Gas erschlossen wurden, wird es (fast)<br />
immer Gebäude geben, welche mit Öl, Holz,<br />
Strom oder einer Kombination der genann-<br />
ten <strong>Energie</strong>träger beheizt werden.<br />
2. Stromleitungen, welche eigentlich für die<br />
Stromversorgung gelegt wurden, können<br />
auch für die Stromeinspeisung genutzt<br />
werden. Bei der <strong>Wärme</strong>versorgung ist eine<br />
derartige Rückspeisung nicht möglich. Selbst<br />
dort, wo Fernwärmenetze vorhanden sind,<br />
wäre eine Rückspeisung mit erheblichen<br />
technischen Problemen verb<strong>und</strong>en. Die re-<br />
generativ erzeugte <strong>Wärme</strong> muss daher vor<br />
Ort genutzt werden. Der Umweltnutzen<br />
dieser <strong>Wärme</strong> kommt aber nicht nur den<br />
Verbrauchern vor Ort, sondern der Allge-<br />
meinheit zu gute. Dies muss auch bei der<br />
Verteilung der zusätzlichen Kosten für erneu-<br />
erbare <strong>Wärme</strong> berücksichtigt werden. Hier zu<br />
wurden neue Instrumente entwickelt, bei<br />
denen den Anlagenbetreibern die Erzeu gung<br />
<strong>und</strong> Nutzung von erneuerbarer <strong>Wärme</strong> durch<br />
die Ausstellung von Beschei nigungen be-<br />
stätigt wird. Diese können dann <strong>–</strong> soweit<br />
Nachfrage besteht oder gesetzlich geschaffen<br />
wird <strong>–</strong> am Markt verkauft werden. Letztend-<br />
lich sind derartige Bescheinigungen nichts<br />
Neues. Sie mussten in einfacherer Form auch<br />
bisher bei jeder Art der Förderung erbracht<br />
werden.<br />
Beide Unterschiede erschweren eine direkte<br />
Übertragung des EEG auf den <strong>Wärme</strong>markt.<br />
Daher werden im Folgenden zunächst das<br />
einfachere Ordnungsrecht <strong>und</strong> erst danach<br />
die neu entwickelten Instrumente zur Mengen-<br />
<strong>und</strong> Preisregelung, bei welchen die oben genannten<br />
Bescheinigungen anstelle von <strong>Wärme</strong><br />
verkauft werden, beschrieben.<br />
a. Ordnungsrecht<br />
In Ländern wie Israel oder Spanien besteht<br />
bereits für Bauherren die Verpfl ichtung,<br />
Neu bauten mit Solaranlagen <strong>aus</strong>zurüsten.<br />
In Deutschland würde eine derartige Regelung<br />
aufgr<strong>und</strong> der seit Jahren geringen <strong>und</strong> noch<br />
weiter zurückgehenden Bautätigkeit nur begrenzt<br />
wirksam sein. Zudem besitzt die EnEV<br />
heute schon Elemente einer solchen Verpfl ichtung,<br />
da Bauherren die geforderten niedrigen<br />
Verbrauchswerte auch über den Einsatz erneuerbarer<br />
<strong>Energie</strong>n nachweisen können.<br />
Bei weitergehenden Vorschlägen wird daher<br />
die Verpfl ichtung zur Nutzung von erneuer baren<br />
<strong>Energie</strong>n schon beim Aust<strong>aus</strong>ch der Heizungsanlage<br />
<strong>aus</strong>gelöst. Dies hätte zunächst einen Nachfragesprung<br />
nach erneuerbaren <strong>Energie</strong>n zur<br />
Folge, der nur bei einem gestuften Vorgehen<br />
(d. h. die Verpfl ichtung gilt zunächst nur für<br />
einen Teil der Gebäude) vom inländischen Markt<br />
befriedigt werden könnte. Mittel- <strong>und</strong> langfristig<br />
wären aber die Anforderungen zu verschärfen<br />
(z. B. Erhöhung des geforderten Anteils der<br />
erneuerbaren <strong>Energie</strong>n an der <strong>Wärme</strong>versorgung<br />
des Gebäudes von anfangs 10 % auf 15 %<br />
für Heizungen, die erst im Jahr 2015 <strong>aus</strong>get<strong>aus</strong>cht<br />
werden).<br />
Ordnungsrechtliche Instrumente haben den<br />
Vorteil, dass sie leicht verständlich <strong>und</strong> für den<br />
Bauherren nur eine zusätzliche Vorschrift unter<br />
den ohnehin gewohnten Aufl agen sind. Diese<br />
können aber im Einzelfall unsinnig sein, sodass<br />
verwaltungsintensive Ausnahmereglungen<br />
vorgesehen werden müssen.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlicher Nachteil ist, dass das angestrebte<br />
Ziel (Ressourcenschonung, Klimaschutz)<br />
nicht kostenoptimal erreicht wird. So können<br />
ordnungsrechtliche Vorschriften zu einer suboptimalen<br />
Vermischung von gas- <strong>und</strong> holzbeheizten<br />
Gebieten führen, während es volkswirtschaftlich<br />
günstiger sein kann, eine ganze<br />
Siedlung komplett mit Holz zu beheizen <strong>und</strong><br />
eine andere dafür nur <strong>aus</strong>schließlich mit Gas zu<br />
versorgen. Problematisch ist auch, dass sich für<br />
ein Gebäude eine Teilbeheizung mit Solarkollektoren<br />
problemlos vorschreiben lässt, mit Geothermie<br />
oder <strong>Energie</strong> <strong>aus</strong> Biomasse aber nur<br />
eine Vollversorgung sinnvoll ist.<br />
Außerdem wird der Aufbau langfristig vorteilhafter<br />
Strukturen im <strong>Wärme</strong>markt, wie der<br />
Ausbau von Nahwärmenetzen, durch das auf<br />
den individuellen Bauherren zielende Ordnungsrecht<br />
kaum befördert. Häufi g lösen sich ordnungsrechtliche<br />
Vorgaben <strong>aus</strong> administrativen<br />
Gründen vom Verursacherprinzip, sodass das<br />
Internalisierungsargument von externen Kosten<br />
nicht zum Tragen kommt.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
135
FVS LZE Themen 2005<br />
136<br />
b. Mengenregelungen<br />
Bei Mengenregelungen wird den Verpfl ichteten<br />
auferlegt, eine gesetzlich vorgegebene Menge<br />
an erneuerbaren <strong>Energie</strong>n bereitzustellen <strong>und</strong><br />
zu nutzen. Vom Ordnungsrecht unterscheidet<br />
sich die Mengenregelung insofern, als die<br />
Verpfl ichteten die erneuerbaren <strong>Energie</strong>n nicht<br />
selbst erzeugen oder nutzen müssen, sondern<br />
nur dafür Sorge zu tragen haben, dass dies <strong>–</strong><br />
egal wo <strong>–</strong> geschieht. Beispielsweise kann den<br />
Brennstoffversorgern auferlegt werden, dass<br />
zum Ausgleich für das von ihnen abgesetzte,<br />
die Umwelt beeinträchtigende Produkt wenigstens<br />
5 % ihres Absatzes von erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />
stammen müssen. Der Brennstoffversorger<br />
muss die erneuerbare <strong>Wärme</strong> nicht selbst erzeugen,<br />
sondern er kann dies durch andere für<br />
sich günstiger erledigen lassen <strong>und</strong> stattdessen<br />
nur die oben erwähnten Bescheinigungen solange<br />
ankaufen, bis 5% seines Absatzes erreicht<br />
sind. Um die langfristig notwendige Abkehr von<br />
den fossilen Brennstoffen geordnet zu erreichen,<br />
muss die prozentuale Vorgabe zur Nutzung von<br />
erneuerbaren <strong>Energie</strong>n von Jahr zu Jahr vor<strong>aus</strong>sehbar<br />
ansteigen, z. B. von heute 5 % bis auf<br />
15 % im Jahr 2020.<br />
Für die Mengenregelung gibt es eine Reihe von<br />
Ausgestaltungsvarianten mit ihren jeweiligen<br />
Vor- <strong>und</strong> Nachteilen:<br />
Als Verpfl ichteter kommt jeder in der Verursa<br />
cherkette vom Brennstofferzeuger bis zum<br />
Brennstoffverbraucher in Frage. Wird auf der<br />
obersten Stufe (Erzeuger <strong>und</strong> Importeure)<br />
angesetzt, so sind die Transaktionskosten be-<br />
sonders gering, da auf dieser Ebene auch die<br />
Mineralölbesteuerung ansetzt <strong>und</strong> so keine<br />
zusätzlichen Daten erhoben werden müssen.<br />
Als Bemessungsgr<strong>und</strong>lage für die Verpfl ich-<br />
tung kann der <strong>Energie</strong>- oder der CO 2 -Gehalt<br />
der verkauften Brennstoffe angesetzt werden.<br />
Wird der <strong>Energie</strong>gehalt als Bemessungs-<br />
gr<strong>und</strong>lage angesetzt, so hat dies den Vorteil,<br />
dass nicht in den Wettbewerb zwischen den<br />
fossilen <strong>Energie</strong>trägern eingegriffen wird.<br />
Es ist möglich, die Regelung auf die Förde-<br />
rung von <strong>Energie</strong>effi zienz zu erweitern (sog.<br />
Weiße Zertifi kate). Die Brennstoffversorger<br />
werden hierbei verpfl ichtet, ihren <strong>Energie</strong>ab-<br />
satz zu senken. Auch hierfür erhalten sie<br />
handelbare Bescheinigungen.<br />
Peter-Michael Nast das Erneuerbare <strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />
Solche Regelungen sind in Großbritannien<br />
<strong>und</strong> Italien bereits eingeführt <strong>und</strong> in Frank -<br />
reich kurz vor der Einführung [5]. Auch auf<br />
europäischer Ebene wird ein solches Instru-<br />
ment diskutiert [6]. Interessanterweise sieht<br />
z. B. die französische Regelung vor, dass<br />
auch Solarkollektoren zur Erfüllung der<br />
Einsparverpfl ichtungen anerkannt werden.<br />
Weitere Ausgestaltungsmerkmale betreffen<br />
einen fi xen Bonus für die Anlagen betrei ber<br />
[7], getrennte Mengenvorgaben jeweils für<br />
solare <strong>Wärme</strong>, Geothermie <strong>und</strong> Biomasse,<br />
eine verstärkte Integration des Brennstoffhandels<br />
[8] <strong>und</strong> eine verstärkte Integration<br />
des Installationsgewerbes.<br />
Alle Mengenregelungen haben den Vorteil,<br />
das sie <strong>aus</strong> juristischer Sicht auf direktem<br />
Wege dem Umweltschutz zu gute kommen<br />
<strong>und</strong> dabei in erster Linie die Gruppe der<br />
Verursacher belastet wird.<br />
Mengenregelungen sind auch im Strommarkt<br />
möglich <strong>und</strong> werden dort auch in einigen<br />
Ländern bereits zugunsten von erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n eingesetzt, allerdings mit weit<strong>aus</strong><br />
weniger Erfolg als in den Ländern mit Preisregelungen.<br />
c. Preisregelungen<br />
Auch Preisregelungen (zu welchen auch das EEG<br />
gehört) kommen dem Umweltschutz zu gute.<br />
Aus juristischer Sicht ist hier aber sorgfältiger als<br />
bei den Mengenregelungen darauf zu achten,<br />
dass dies auch deutlich wird <strong>und</strong> insbesondere<br />
wirtschaftliche Aspekte stets eine Folge der<br />
Anforderungen des Umweltschutzes bleiben.<br />
Im EEG wird vor der Vergütung die Abnahme<br />
des Stroms durch die Netzbetreiber geregelt.<br />
In einem zukünftigen <strong>Wärme</strong>gesetz wäre es<br />
analog dazu möglich, zunächst eine von den<br />
Brennstoffversorgern zu erfüllende Abnahmepfl<br />
icht für Bescheinigungen zu formulieren.<br />
Auch eine gesetzliche Regelung, wer zunächst<br />
zur Abnahme dieser Bescheinigungen verpfl ichtet<br />
ist <strong>und</strong> wie danach der Ausgleich zwischen<br />
den Verpfl ichteten erfolgt, scheint juristisch<br />
möglich [9]. Nach Klärung dieser Punkte kann<br />
im weiteren wie beim EEG verfahren werden.<br />
Damit kommen die Vorzüge des EEG auch im<br />
<strong>Wärme</strong>markt zum Tragen.
Peter-Michael Nast das Erneuerbare <strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />
Am wichtigsten erscheint hier der Vorteil der<br />
Investitionssicherheit: Ein zukünftiger Anlagenbetreiber<br />
weiß von vorneherein, welche Einnahmen<br />
seine Anlage erzielen wird. Er muss sich<br />
nicht darum kümmern, ob die Anlagen konkurrierender<br />
Betreiber billiger anbieten können<br />
oder die Vergütung für seine Bescheinigungen<br />
zukünftig fallen wird. Dies vereinfacht seine<br />
Planung <strong>und</strong> macht die verbleibenden Risiken<br />
überschaubar. Risikozuschläge können entfallen.<br />
Seine Bereitschaft, ein ins Auge gefasstes Projekt<br />
auch tatsächlich zu realisieren, wächst dadurch.<br />
Im Gesamtergebnis kann so der Gesetzgeber<br />
das von ihm bei der Konzeption des <strong>Wärme</strong>gesetzes<br />
angestrebte Ausbauziel mit vergleichsweise<br />
geringen Kosten für Brennstoffversorger <strong>und</strong><br />
Volkswirtschaft erreichen.<br />
Es ist allerdings eine anspruchsvolle Aufgabe,<br />
die Höhe der Vergütung so festzulegen, dass<br />
sich im Nachhinein das angestrebte Marktvolumen<br />
auch tatsächlich ergibt. Bei zu geringer<br />
Vergütung werden zu wenige Anlagen gebaut,<br />
bei zu hoher kann der dann eintretende Nachfrageboom<br />
nicht mehr von heimischen Herstellern<br />
befriedigt werden <strong>und</strong> es kommt zu<br />
überschießenden Preisen für die Anlagen.<br />
Wettbewerb ist insofern garantiert, als eine<br />
Bauentscheidung nur dort fällt, wo die Hersteller<br />
ihr Produkt so günstig anbieten, dass die<br />
Renditeerwartungen des Bauherren erfüllt<br />
werden. Ineffi ziente Anbieter werden auch<br />
bei Preisregelungen vom Markt verdrängt.<br />
Ein weiterer Vorteil von Preisregelungen ist,<br />
dass sehr einfach unterschiedliche Vergütungen<br />
für die verschiedenen Technologien festgelegt<br />
werden können, die deren unterschiedlichem<br />
Entwicklungsstand Rechnung tragen. Hierdurch<br />
lässt sich auch der langfristig notwendige Strukturwandel<br />
im <strong>Wärme</strong>markt befördern, indem<br />
etwa für erneuerbare <strong>Energie</strong>n, die in Nahwärmenetze<br />
einspeisen, eine höhere Vergütung für<br />
die Bescheinigungen festgelegt wird.<br />
Anforderungen an ein <strong>Wärme</strong>gesetz Bewertung<br />
o neutral + vorteilhaft <strong>–</strong> nachteilig<br />
Ordnungsrecht Mengenregelung Preisregelung<br />
Kurzfristige Zielgenauigkeit (bis ca. 2010) o + o<br />
Weichenstellung für langfristige Entwicklungen<br />
(Differenzierung nach Techniken,<br />
Ausbau von Nahwärme)<br />
Kosteneffi zienz (Minimierung von<br />
Mitnahmeeffekten <strong>und</strong> Transaktionskosten,<br />
Förderung des Wettbewerbs)<br />
Unabhängigkeit von öffentlichen<br />
H<strong>aus</strong>halten<br />
<strong>–</strong> o +<br />
<strong>–</strong> + +<br />
+ + +<br />
Politische Durchsetzbarkeit + o o<br />
Rechtskonformität + + o<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Tabelle 1<br />
Anforderungen an<br />
ein <strong>Wärme</strong>gesetz <strong>und</strong><br />
Bewertung für drei<br />
Ausgestaltungsvarianten<br />
137
FVS LZE Themen 2005<br />
138<br />
In Tab. 1 sind die Anforderungen an ein neues<br />
<strong>Wärme</strong>gesetz aufgelistet <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>varianten<br />
der drei hier aufgeführten Instrumentenentwürfe<br />
bewertet. Ausdrücklich wird darauf<br />
hingewiesen, dass für jedes der Instrumente<br />
Ausgestaltungsvarianten möglich sind, welche<br />
die Bewertung beeinfl ussen können.<br />
Bei allen angeführten Lenkungsinstrumenten<br />
muss die juristische Zulässigkeit geprüft werden.<br />
Zu prüfen ist insbesondere<br />
die Vereinbarkeit mit dem<br />
EU-Wettbewerbsrecht,<br />
die individuellen Zumutbarkeit (besonders<br />
beim Ordnungsrecht)<br />
<strong>und</strong> ob eine unzulässige Sonderabgabe<br />
(bei Mengen- oder Preisregelungen) vorliegt.<br />
Es muss sehr sorgfältig darauf geachtet werden,<br />
dass eine Aufl age zugunsten der Umwelt,<br />
welche juristisch problemlos zulässig ist, nicht<br />
aufgr<strong>und</strong> einer zu weit gehenden staatlichen<br />
Kontrolle in eine Sonderabgabe umschlägt,<br />
<strong>und</strong> diese dann möglicherweise wegen nicht<br />
<strong>aus</strong>reichender Gruppennützigkeit unzulässig<br />
ist. Hier ist eine juristische Detailanalyse<br />
unerlässlich.<br />
Peter-Michael Nast das Erneuerbare <strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />
Schlussfolgerungen<br />
Die Einführung eines neuen Lenkungsinstruments<br />
zugunsten von erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />
im <strong>Wärme</strong>markt ist dringend notwendig.<br />
Denn es fehlen ähnlich starke Impulse, wie<br />
es sie im Strommarkt mit dem EEG <strong>und</strong> im<br />
Kraftstoffmarkt mit der Mineralölsteuerbefreiung<br />
für Biodiesel bereits gibt. Ein solches Lenkungsinstrument<br />
ist zu wichtig, als dass es wie bisher<br />
das Markteinführungsprogramm von der<br />
H<strong>aus</strong>haltslage der öffentlichen Hand abhängen<br />
darf.<br />
Es ist anzustreben, dass die während der Phase<br />
der Markteinführung noch notwendige Zusatzfi<br />
nanzierung verursachergerechter als bisher<br />
erfolgt. Zu belasten ist, wer fossile Brennstoffe<br />
in den Verkehr bringt oder sie nutzt.<br />
Verschiedene Instrumentenoptionen kommen<br />
in Frage, jeweils mit ihren eigenen besonderen<br />
Vor- <strong>und</strong> Nachteilen. Zu den vielversprechendsten<br />
Möglichkeiten gehört sicher eine Preisregelung,<br />
welche ähnlich wie das EEG aufgebaut ist<br />
<strong>und</strong> von welcher auch eine ähnlich positive<br />
Wirkung erwartet werden kann. Detailliertere<br />
Untersuchungen zu allen Instrumenten optionen<br />
werden für das BMU von DLR <strong>und</strong> IZES im<br />
Projekt „Eckpunkte für die Entwicklung <strong>und</strong><br />
Einführung budgetunabhängiger Instrumente<br />
zur Marktdurchdringung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />
im <strong>Wärme</strong>markt“ durchgeführt. Unabhängig<br />
von der letztendlichen Ausgestaltung der<br />
zukünftigen Förderung von <strong>Wärme</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n sollten die bestehenden<br />
Förderinstrumente so angepasst werden, dass<br />
sie eine sanfte Überleitung in ein neues System<br />
ermöglichen. So sollten beispielsweise im<br />
Marktanreizprogramm Solar kollektoren schon<br />
heute ertragsorientiert anstatt fl ächenbezogen<br />
gefördert werden [10].
Peter-Michael Nast das Erneuerbare <strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />
Literatur<br />
[1] Schlesinger, Michael: Szenariendarstellung<br />
<strong>–</strong> Soziodemographische <strong>und</strong> ökonomische<br />
Rahmendaten. Bericht für die Enquete-<br />
Kommission “Nachhaltige <strong>Energie</strong>versor -<br />
gung” des Deutschen B<strong>und</strong>estages, Basel<br />
2001<br />
[2] Nitsch, Joachim u.a.: Ökologisch optimier<br />
ter Ausbau der Nutzung erneuerbarer<br />
<strong>Energie</strong>n in Deutschland. Forschungsvorha-<br />
ben im Auftrag des BMU, April 2004.<br />
[3] Enquete-Kommission „Nachhaltige<br />
<strong>Energie</strong>versorgung“ des Deutschen<br />
B<strong>und</strong>estages Schlussbericht, Berlin, Juli<br />
2002 (http://www.b<strong>und</strong>estag.de/parla-<br />
ment/kommissionen/archiv/ener/index.<br />
html)<br />
[4] Sanden, Björn; Astrand, Kerstin: Sprinter vs.<br />
long-distance runners. How does policy<br />
made markets pick actors and technology<br />
winners? Vortragsmanuskript. 7th Nordic<br />
Environmental Social Science research<br />
Conference, Universität Göteborg.<br />
15.-17 Juni 2005.<br />
[5] Langniß, Ole; Praetorius, B.: How much<br />
“market” do market-based instruments<br />
create? Eingeladener Aufsatz. Energy Policy<br />
34 (2006) S. 200-211.<br />
[6] Forschungsprojekt EuroWhiteCert. Im<br />
Auftrag der Europäischen Kommission.<br />
Homepage. http://www.ewc.polimi.it/<br />
index.php<br />
[7] Nast, Michael: Konzept <strong>und</strong> Hintergründe<br />
eines regenerativen <strong>Wärme</strong>gesetzes.<br />
Tagungsband Holz<strong>Energie</strong> 2003, Augsburg<br />
2003, S. 149-156.<br />
[8] Lamp, Helmut: Gr<strong>und</strong>züge für ein künftiges<br />
<strong>Wärme</strong>gesetz<br />
[9] Klinski, Stefan: Rechtliche Ansätze zur<br />
Förderung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n im<br />
<strong>Wärme</strong>markt. Manuskript zur Sonderta-<br />
gung “Umweltschutz im <strong>Energie</strong>recht“ der<br />
Gesellschaft für Umweltrecht e.V. <strong>und</strong> des<br />
B<strong>und</strong>esumweltamtes im Juni 2005 in Berlin.<br />
[10] Langniß, Ole, Astrid Aretz;<br />
Helmut Böhnisch, Edelgard Gruber,<br />
Wilhelm Mannsbart, Mario Ragwitz,<br />
Friedhelm Steinborn: Evaluierung von<br />
Einzelmaßnahmen zur Nutzung erneuer-<br />
barer <strong>Energie</strong>n (Marktanreizprogramm) im<br />
Zeitraum Januar 2002 bis August 2004.<br />
Forschungsvorhaben im Auftrag des<br />
B<strong>und</strong>esministeriums für Umwelt, Natur-<br />
schutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit, Stuttgart,<br />
Karlsruhe <strong>–</strong> Dezember 2004<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
139
FVS LZE Themen 2005<br />
Helmut Böhnisch<br />
ZSW<br />
helmut.boehnisch@<br />
zsw-bw.de<br />
Dr. Wolfram Krewitt<br />
DLR<br />
wolfram.krewitt@dlr.de<br />
Dr. Frithjof Staiß<br />
ZSW<br />
frithjof.staiss@zsw-bw.de<br />
140<br />
Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />
Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen<br />
<strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer<br />
<strong>Energie</strong>quellen<br />
Derzeitige Nutzung<br />
Erneuerbarer <strong>Energie</strong>n im<br />
<strong>Wärme</strong>markt<br />
Erneuerbare <strong>Energie</strong>n decken heute etwa 4,2 %<br />
des Endenergieverbrauchs für <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> vermeiden<br />
dadurch CO 2 -Emissionen in der Größenordnung<br />
von 15 Mio. t jährlich [1]. Über 80 %<br />
davon entfallen auf die Nutzung fester Biomasse<br />
<strong>und</strong> hier überwiegend auf Brennholz. Die Anwendung<br />
moderner Biomassefeuerungen wie<br />
Pelletheizungen, Scheitholzvergaserkessel <strong>und</strong><br />
Hackschnitzelheizungen <strong>und</strong> -heizwerke sowie<br />
die thermische Nutzung von <strong>Sonne</strong>nenergie 1<br />
<strong>und</strong> Geothermie hat in den vergangenen Jahren<br />
erhebliche Fortschritte gemacht <strong>und</strong> dazu beigetragen,<br />
dass der Anteil erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />
im <strong>Wärme</strong>markt seit 2000 ansteigt.<br />
Über die Hälfte des gegenwärtigen <strong>Wärme</strong>bedarfes<br />
2 könnte mit erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />
gedeckt werden gemessen an den enormen<br />
Potenzialen, sind die Ausschöpfungsraten<br />
allerdings noch sehr gering. Zu etwa 30 %<br />
erschlossen ist lediglich Biomasse, wobei<br />
Potenzialangaben hier auch die konkurrierende<br />
Nutzung für den Strom- <strong>und</strong> Kraftstoffmarkt<br />
einbeziehen müssen 3 . Die Potenziale der Solarthermie<br />
<strong>und</strong> Geothermie sind bislang noch<br />
nicht einmal zu einem Prozent <strong>aus</strong>geschöpft<br />
(Abb.1).<br />
1 Ende 2004: 6,2 Mio. m 2 Kollektorfl äche<br />
2 Raumwärme, Warmwasser, Prozesswärme<br />
3 Das angegebene Potenzial für die energetische Nutzung<br />
von Biomasse von 320 TWh einschließlich <strong>Wärme</strong> <strong>aus</strong><br />
Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplungsanlagen basiert auf einem<br />
<strong>Energie</strong>pfl anzenanbau auf 4,2 Mio. ha <strong>und</strong> einer<br />
Strombereitstellung von 60 TWh sowie ebenfalls 60 TWh<br />
in Form von Biokraftstoffen (entspricht etwa 8 % des<br />
derzeitigen Kraftstoffverbrauchs).<br />
Ausb<strong>aus</strong>zenarien für<br />
erneuerbare <strong>Energie</strong>n im<br />
<strong>Wärme</strong>markt<br />
Die Perspektiven erneuerbarer <strong>Energie</strong>n wurden<br />
in den vergangenen Jahren mehrfach untersucht.<br />
Exemplarisch sei für den Bereich der Bioenergieträger<br />
die „Stoffstromanalyse zur nachhaltigen<br />
energetischen Nutzung von Biomasse“ [2] genannt,<br />
für den gesamten Bereich der Erneuerbaren<br />
die Studie „Ökologisch optimierter Ausbau<br />
der Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n in Deutschland“<br />
[3]. Hier wurde ein sogenanntes zielorientiertes<br />
Szenario erstellt, das sich an einer Reduktion<br />
der CO 2 -Emissionen bis zum Jahr 2050 um<br />
80 % gegenüber 1990 orientiert. Dementsprechend<br />
ambitioniert fällt der Ausbau der erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n <strong>aus</strong> (Abb. 2): Die Beiträge steigen<br />
von heute etwa 3,6 % am Primärenergieverbrauch<br />
auf etwa 13 % im Jahr 2020 <strong>und</strong> 44 %<br />
im Jahr 2050, wobei angenommen wird, dass<br />
parallel eine Effi zienzstrategie greift, die zu einer<br />
deutlichen Reduktion des <strong>Energie</strong>bedarfs führt.<br />
Damit verb<strong>und</strong>en sind auch erhebliche strukturelle<br />
Veränderungen im <strong>Wärme</strong>markt. Abb. 3<br />
zeigt dies für die zielorientierte Ausbauvariante<br />
„NaturschutzPlus II“ im Vergleich zur Referenzentwicklung.<br />
In der dynamischen Ausbauvariante<br />
kommt es bis 2020 zu einem sehr starken<br />
Aufwuchs, sodass dann r<strong>und</strong> 12 % des Endenergieverbrauchs<br />
für <strong>Wärme</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n gedeckt werden. Im Jahr 2050 werden<br />
<strong>–</strong> bei gleichzeitig anhaltenden Erfolgen bei<br />
<strong>Energie</strong>einsparung <strong>und</strong> Effi zienzsteigerung <strong>–</strong><br />
über 40 % erreicht. Bis 2020 stützt sich die Entwicklung<br />
vorrangig auf Nutzung von Biomasse,<br />
deren Potenziale dann weitgehend <strong>aus</strong>geschöpft<br />
sein dürften. Das weitere Wachstum basiert auf<br />
der Solarenergie <strong>und</strong> Geothermie, was sich<br />
dann nicht mehr nur in nennenswerten relativen<br />
Wachstumsraten, sondern auch in einem starken<br />
Anstieg der absoluten Beiträge niederschlägt.
Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />
Technische Potenziale<br />
Auschöpfungsraten 2004<br />
Biomasse,<br />
Anpfl anzungen** 7,4 %<br />
Biogase 7,2 %<br />
Struktur nach Primärenergieäquivalenten<br />
(Wirkungsgradmethode)<br />
Primärenergieverbrauch [PJ/a]<br />
Biomasse, feste Rohstoffe 34,2 %<br />
Wasserkraft<br />
Wind an Land<br />
Wind Offshore<br />
Biomasse Strom<br />
Biomasse <strong>Wärme</strong><br />
Biomasse Kraftstoffe<br />
Solarstrom<br />
Solarthermie<br />
Geothermie Strom<br />
Geothermie <strong>Wärme</strong><br />
Geothermie 24,4 %<br />
gesamt: 550 TWh/a Strom, 820 TWh/a <strong>Wärme</strong>. 60 TWh Kraftstoffe<br />
(je nach Zuordnung von Biomasse auf die einzelnen Bereiche)<br />
56 % des gesamten gegenwärtigen Endenergieverbrauchs<br />
95 % der gegenwärtigen Bruttostromerzeugung (rechnerisch)<br />
55 % des gegenwärtigen <strong>Wärme</strong>bedarfs<br />
8% des gegenwärtigen Kraftstoffverbrauchs<br />
16000<br />
14000<br />
12000<br />
10000<br />
8000<br />
6000<br />
4000<br />
2000<br />
0<br />
14961<br />
Kernenergie<br />
Braunkohle<br />
Steinkohle<br />
14277 14284<br />
Mineralöl<br />
Erdgas<br />
Wasser, Wind, Fotovoltaik<br />
0,0<br />
0,5<br />
0,9<br />
> 0,0<br />
Kyoto-Ziel<br />
Selbst ver- 2010 (THG)<br />
pfl ichtung 2005<br />
0,5<br />
16<br />
19<br />
30<br />
Solarthermie* 13,3 %<br />
46<br />
Wind Offshore 5,1 %<br />
Wind an Land 2,5 %<br />
Wasserkraft 1,1 %<br />
Photovoltaik* 4,8 %<br />
*) nur geeignete Dach- <strong>und</strong> Siedlungsfl ächen<br />
**) angesetzt 160 PJ; max ca. 300 PJ<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Ausschöpfung des technischen Potenzials in %<br />
13605<br />
Koalitionsvereinb.<br />
2002<br />
12748<br />
Biomasse<br />
Kollektoren, Erdwärme<br />
Stromimport <strong>aus</strong> EE<br />
12113<br />
11344<br />
1990 2000 2010 2020 2030 2040<br />
Enquete,<br />
IPCC<br />
2050<br />
88<br />
1100<br />
1000<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
CO 2 -Emissionen [Mio. t/a]<br />
verstärkte Effi zienz<br />
CO 2 Nachhaltigkeit<br />
CO 2 Referenzentwicklung<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 1<br />
Potenziale<br />
erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />
<strong>und</strong> derzeitige<br />
Ausschöpfungsraten<br />
[1]<br />
Abbildung 2<br />
Langfristszenario der<br />
<strong>Energie</strong>versorgung<br />
in Deutschland [3].<br />
Reduktion der CO 2 -<br />
Emissionen durch<br />
<strong>Energie</strong>einsparung<br />
effi ziente <strong>Energie</strong>umwandlung<br />
<strong>und</strong><br />
CO 2 -arme/-freie<br />
<strong>Energie</strong>träger<br />
141
FVS LZE Themen 2005<br />
Endenergie [PJ/a]<br />
Abbildung 3<br />
Strukturveränderungen<br />
im <strong>Wärme</strong>markt im<br />
Szenario Naturschutz-<br />
Plus II im Vergleich zur<br />
Referenzentwicklung<br />
[3]<br />
142<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
Szenario NaturschutzPlus II<br />
25%*<br />
43%<br />
Biomasse, Einzelheiz.<br />
Kollektoren, Nahwärme<br />
* Anteil Nahwärme<br />
61%<br />
70%<br />
74%<br />
76%<br />
2000 2010 2020 2030 2040 2050<br />
25%*<br />
34%<br />
Biomasse, Nahwärme<br />
Geothermie<br />
Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />
Szenario Referenz<br />
40% 44%<br />
49%<br />
54%<br />
2000 2010 2020 2030 2040 2050<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
Kollektoren, Einzelanlagen<br />
KWK mit H2 Nahwärme<br />
Es wird ebenfalls deutlich, dass der Anteil von<br />
Nahwärmenetzen gegenüber den heute vorherrschenden<br />
Einzelheizungen deutlich ansteigen<br />
muss, um die Ausbauziele zu erreichen: von<br />
heute schätzungsweise einem Viertel auf langfristig<br />
drei Viertel 4 im Bereich der erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n. Dafür lassen sich mehrere Gründe<br />
anführen: etwa Effi zienzvorteile größerer Anlagen<br />
<strong>–</strong> speziell im Bereich der Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />
<strong>aus</strong> Biomasse <strong>–</strong>, geringere Schadstoffemissionen<br />
bei Biomasse <strong>und</strong> bei praktisch allen Systemen<br />
Kostenvorteile. Andererseits sind die Realisierungshemmnisse<br />
von Nahwärmesystemen<br />
sehr groß.<br />
4 Von der gesamten <strong>Wärme</strong>nachfrage werden heute<br />
weniger als ein Prozent über Nahwärme gedeckt.<br />
Im Szenario steigt dieser Wert einschließlich der<br />
fossilen Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung auf etwa ein Drittel<br />
bzw. zusammen mit den bereits bestehenden großen<br />
Fernwärmenetzen auf etwa 40 %.<br />
0<br />
Endenergie [PJ/a]<br />
Struktur der<br />
<strong>Wärme</strong>nachfrage<br />
Eine Ausb<strong>aus</strong>trategie für erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />
kann nicht losgelöst von <strong>Energie</strong>einspar- <strong>und</strong><br />
Effi zienzmaßnahmen betrachtet werden. Dies<br />
gilt im <strong>Wärme</strong>markt noch sehr viel mehr als im<br />
Strom- oder Kraftstoffmarkt. Im Neubaubereich<br />
wurde mit der seit 1. Februar 2002 geltenden<br />
<strong>und</strong> 2004 novellierten <strong>Energie</strong>einsparverordnung<br />
(EnEV) [4] ein wichtiger Schritt unternommen,<br />
die Anforderungen an eine Reduktion des<br />
<strong>Energie</strong>verbrauchs von Gebäuden zu erhöhen.<br />
Sie schreibt im Wesentlichen den sogenannten<br />
Niedrigenergieh<strong>aus</strong>standard fest, der gegenüber<br />
der zuvor geltenden <strong>Wärme</strong>schutzverordnung<br />
um etwa 30 % niedriger liegt 5 . Für Ein- <strong>und</strong><br />
Zweifamilienhäuser bedeutet dies beispielsweise<br />
eine Reduzierung des Raumwärme bedarfes je<br />
Quadratmeter von heute zum Teil mehr als<br />
200 kWh/m 2 /a im Gebäudebestand auf etwa<br />
70 kWh/m 2 /a für Neubauten. Eine weitere<br />
Perspektive eröffnet die Passivh<strong>aus</strong>-Bauweise<br />
(etwa 15 kWh/m 2 /a).<br />
Andererseits werden diese Maßnahmen erst<br />
langfristig wirken, denn die gesamte <strong>Wärme</strong>nachfrage<br />
wird zum weit<strong>aus</strong> überwiegenden<br />
Teil vom Gebäudebestand bestimmt. Von zentraler<br />
Bedeutung ist deshalb die energetische<br />
Sanierung im Gebäudebestand, wo Einsparungen<br />
beim Raumwärmebedarf zwischen<br />
50 <strong>und</strong> 70 % möglich sind. Trotz erheblicher<br />
Bemühungen zur Informationsvermittlung <strong>und</strong><br />
staatlicher Anreize ist es hier bisher nicht gelungen,<br />
nennenswert voranzukommen. Zwar<br />
werden jährlich etwa 2,5 % aller bestehenden<br />
Gebäude saniert, aber in nur etwa jedem fünften<br />
Fall wird dabei auch eine energetische Sanierung<br />
durchgeführt. Damit die in Abb. 4 dargestellte<br />
Entwicklung eintritt, müssen deshalb<br />
die energetischen Sanierungsraten auf durchschnittlich<br />
etwa 2 % pro Jahr erhöht werden.<br />
5 Im Unterschied zur <strong>Wärme</strong>schutzverordnung, die<br />
<strong>aus</strong>schließlich <strong>Wärme</strong>dämmstandards festlegte, basiert<br />
die <strong>Energie</strong>einsparverordnung auf einem primärener-<br />
getischen Ansatz. D. h., neben der Gebäudehülle<br />
werden auch die unterschiedlichen <strong>Wärme</strong>bereit-<br />
stellungssysteme in die Bilanzierung einbezogen.
Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />
Endenergieeinsatz [PJ/a]<br />
6000<br />
5000<br />
4000<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
0<br />
5797<br />
5526 5529<br />
5051<br />
4469<br />
2000 2010 2020 2030 2040 2050<br />
GHD = Sektor „Gewerbe, Handel, Dienstleitungen“<br />
Vergleich der technischen<br />
Lösungen zur <strong>Wärme</strong>bereitstellung<br />
mit erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n im Gebäudesektor<br />
Die gegenwärtig kommerziell verfügbaren<br />
Verfahren zur Bereitstellung von <strong>Wärme</strong> <strong>aus</strong><br />
erneuerbaren <strong>Energie</strong>n für die Versorgung von<br />
Gebäuden können in drei verschiedene Gruppen<br />
eingeteilt werden. Sie unterscheiden sich<br />
nach dem eingesetzten <strong>Energie</strong>träger, dem<br />
<strong>Energie</strong>wandler sowie nach der Art der Infrastruktur,<br />
in die dieser vor Ort eingeb<strong>und</strong>en ist:<br />
1. Individuelle, auf das einzelne Gebäude<br />
bezogene, Lösungen<br />
Holzkessel (Pellet-, Scheitholzvergaser-,<br />
kleine Hackschnitzelkessel)<br />
Solare Brauchwassererwärmung, u. U.<br />
mit solarer Heizungsunterstützung<br />
<strong>Wärme</strong>pumpen<br />
2. Mikrogasnetze im Kombination mit<br />
dezentralen <strong>Energie</strong>wandlern in den<br />
Gebäuden<br />
Biogas- <strong>und</strong> Holzgasnetze mit Motor-BHKW<br />
kleiner Leistung<br />
Biogas- <strong>und</strong> Holzgasnetze mit Brennstoff-<br />
zellen kleiner Leistung<br />
5362<br />
3944<br />
5008<br />
3338<br />
4691<br />
2799<br />
Raumwärme H<strong>aus</strong>halte<br />
Prozeßwärme Industrie<br />
Warmwasser alle<br />
Raumwärme GHD + Ind.<br />
Prozeßwärme GHD + H<strong>aus</strong>h.<br />
„Effi zienz“<br />
3. <strong>Wärme</strong>versorgung über Heizzentrale <strong>und</strong><br />
<strong>Wärme</strong>verb<strong>und</strong>: Kommunale Nah- <strong>und</strong><br />
Fernwärmenetze 6<br />
Holzheizwerk mit Hackschnitzelkessel<br />
Holzverbrennung <strong>und</strong> Kraft-<strong>Wärme</strong>-<br />
Kopplung (Stromerzeugung mit Stirling-<br />
motor, Dampfmotor, ORC-Turbine oder<br />
Dampfturbine je nach Leistungsbereich)<br />
Gaserzeugung <strong>aus</strong> Biomasse <strong>und</strong> Kraft-<br />
<strong>Wärme</strong>-Kopplung (Vergasung von Holz,<br />
evtl. Stroh)<br />
Biogaserzeugung <strong>und</strong> Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />
(Vergärung von organischen Reststoffen <strong>und</strong><br />
<strong>Energie</strong>pfl anzen)<br />
Tiefengeothermie <strong>und</strong> Kraft-<strong>Wärme</strong>-<br />
Kopplung (Hot-Dry-Rock, hydrothermal) 7<br />
Solare Nahwärme mit saisonalen Speichern<br />
6 Eine scharfe Abgrenzung zwischen Nah- <strong>und</strong> Fernwärme<br />
gibt es nicht. Nahwärme bedeutet i.a. Vorlauftemperaturen<br />
unter 100° C <strong>und</strong> Trassenlängen von einigen Kilometern.<br />
7 Hot-Dry-Rock: Nutzung der <strong>Wärme</strong> tiefer Gesteinsschichten<br />
(ca. 4-5 km Tiefe). Hydrothermale Geothermie: Nutzung<br />
der <strong>Wärme</strong> von Tiefengewässern (ca. 2-3 km Tiefe)<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 4<br />
Entwicklung des<br />
<strong>Wärme</strong>marktes bis<br />
2050 (Bedarf <strong>und</strong><br />
Verbrauchssektoren)<br />
im NaturschutzPlus II-<br />
Szenario. Effi zienzsteigerung<br />
gegenüber<br />
Referenzszenario [3]<br />
143
FVS LZE Themen 2005<br />
144<br />
Abbildung 5<br />
Prinzipieller Aufbau<br />
eines solaren Nahwärmesystems<br />
6<br />
1<br />
5<br />
Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />
1. Die für die Anwendung im Einzelh<strong>aus</strong> geeigneten<br />
<strong>Energie</strong>wandler können mit Ausnahme<br />
der <strong>Wärme</strong>pumpe gleichermaßen im Alt- <strong>und</strong><br />
Neubau eingebaut werden. Da <strong>Wärme</strong>pumpen<br />
zum Erreichen einer hohen mittleren Leistungszahl<br />
auf niedrige Vorlauftemperaturen im Heizungssystem<br />
angewiesen sind (die am besten mit<br />
Fußbodenheizungen erreicht werden) <strong>und</strong> hohe<br />
spezifi sche Investitionskosten aufweisen, sind sie<br />
für den Altbau mit hohem <strong>Wärme</strong>bedarf nur sehr<br />
eingeschränkt tauglich. Bei solarer Heizungsunterstützung<br />
im Altbau ist darauf zu achten, dass<br />
dieser zuvor gründlich wärmegedämmt wird.<br />
Beim Einsatz von Pellet- <strong>und</strong> Hackschnitzelkesseln<br />
im Gebäudebestand dagegen ist <strong>Wärme</strong>dämmung<br />
zwar auch eine wichtige Maßnahme,<br />
jedoch vom Heizungssystem her nicht zwingend<br />
notwendig. Die möglichen regenerativen Anteile<br />
am <strong>Wärme</strong>bedarf sind bei solarer Warmwasserbereitung<br />
<strong>und</strong> Heizungsunterstützung sehr<br />
begrenzt (maximal 20 % des gesamten <strong>Wärme</strong>bedarfs).<br />
Ein Nachteil der gebäudeindividuellen<br />
Systeme ist, dass sie keine Möglichkeit bieten<br />
zur Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung, der effi zientesten<br />
Art des Einsatzes erneuerbarer <strong>Energie</strong>n.<br />
2. Mikrogasnetze sind vom Prinzip her eine<br />
Kombinationslösung: <strong>Energie</strong>wandler, die im<br />
Einzelgebäude installiert werden, verknüpft<br />
mit Verteilungsnetzen, in denen der Brennstoff<br />
(Biogas oder Holzgas) von der zentral installierten<br />
Biomasseanlage zu den Häusern transportiert<br />
wird. Ihr Einsatz bietet sich dort an, wo<br />
Holz, <strong>Energie</strong>pfl anzen <strong>und</strong> landwirtschaftliche<br />
Reststoffe (Gülle, Stroh) <strong>aus</strong>reichend zur Ver-<br />
4<br />
1 Heizkraftwerk<br />
2 Angeschlossene Gebäude<br />
3 Nahwärmenetz<br />
3<br />
4<br />
2<br />
4 Solarthermische Kollektoren<br />
5 Saisonaler <strong>Wärme</strong>speicher<br />
6 Bivalenter Kessel<br />
fügung stehen. Ihre Installation ist gleichermaßen<br />
in Neubau- wie in Altb<strong>aus</strong>iedlungen<br />
möglich, wobei es sogar denkbar ist, dass in<br />
Zukunft bestehende Erdgasleitungen zur<br />
Verteilung des Bio- oder Holzgases verwendet<br />
werden. Sofern die entsprechenden Aggregate,<br />
wie z. B. Gas-Otto- <strong>und</strong> Stirlingmotoren zum<br />
Einsatz kommen, ist Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />
möglich. Eine reine Verbrennung des Bio- oder<br />
Holzgases zu Heizzwecken erscheint unter dem<br />
Aspekt der relativ aufwändigen Herstellung <strong>und</strong><br />
der damit vergleichsweise hohen Kosten nicht<br />
sinnvoll. Gebäudedämmung im Altbau ist auch<br />
bei Einsatz von Mikrogasnetzen eine energiewirtschaftlich<br />
sinnvolle Option, aber von den<br />
Systemeigenschaften der <strong>Energie</strong>bereitstellung<br />
her nicht zwingend notwendig.<br />
Bei der Auslegung <strong>und</strong> Optimierung des Gesamtsystems<br />
Mikrogasnetze sind derzeit noch viele<br />
Fragen offen, wie z. B. die Dimensionierung der<br />
KWK-Aggregate, die Art der Spitzenlastdeckung<br />
<strong>und</strong> die wirtschaftlichen Aspekte der niedrigeren<br />
Stromwirkungsgrade. Hier besteht derzeit noch<br />
Bedarf an umfassenden Systemanalysen.<br />
Nahwärmeversorgung mit<br />
erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />
3. Mit Hilfe der Nahwärme ist es möglich, alle<br />
Formen der für die <strong>Wärme</strong>bereitstellung geeigneten<br />
erneuerbaren <strong>Energie</strong>n, einschließlich<br />
sämtlicher Sortimente der Biomasse zu nutzen.<br />
Zudem sind die genannten Techniken in fast<br />
allen Fällen für die gekoppelte Strom- <strong>und</strong><br />
<strong>Wärme</strong>produktion geeignet. Ausnahmen sind<br />
bei der Biomasse lediglich das Holzheizwerk<br />
sowie bei der solaren Nahwärme.<br />
Solare Nahwärme<br />
Die Entwicklung von solaren Nahwärmesystemen<br />
begann in den 70er-Jahren in Skandinavien<br />
(Schweden, Dänemark). Auch in Deutschland<br />
wurden schon sehr früh Untersuchungen dazu<br />
durchgeführt (ITW, Universität Stuttgart).<br />
Mittlerweile gibt es hierzulande einige Demonstrationsprojekte,<br />
die alle in Neub<strong>aus</strong>iedlungen<br />
realisiert wurden bzw. derzeit entstehen. Die<br />
Verwirklichung solarer Nahwärmesysteme gleich<br />
bei der zur Erschließung eines Neubaugebiets<br />
hat den großen Vorteil, dass von Gr<strong>und</strong> auf <strong>aus</strong>
Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />
einem Guss geplant <strong>und</strong> gebaut werden kann.<br />
Da jedoch das Potenzial bzw. die technischen<br />
Möglichkeiten der anderen erneuerbaren <strong>Energie</strong>quellen<br />
(Biomasse, Geothermie) begrenzt<br />
sind, wird es in Zukunft notwendig sein, solare<br />
Nahwärmesysteme auch im Gebäudebestand<br />
aufzubauen (Abb. 5).<br />
Die gr<strong>und</strong>legenden Parameter zur groben Dimensionierung<br />
eines solaren Nahwärmesystems<br />
für eine Ortschaft mit 1.000 Einwohnern, die<br />
r<strong>und</strong> 290 Gebäude (überwiegend Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser)<br />
umfasst, sind in Tab. 1 zusammengefasst.<br />
Die Zahlen beziehen sich auf einen<br />
solaren Deckungsgrad von 80 %. Den Rest liefert<br />
der bivalente Heizkessel, der fossil oder mit Bio-<br />
masse (Anteil EE: 100 %) befeuert werden kann.<br />
Der Parameter „gesamter <strong>Wärme</strong>bedarf“ setzt<br />
sich <strong>aus</strong> dem Raumwärmebedarf, dem <strong>Wärme</strong>bedarf<br />
für die Warmwasserbereitung <strong>und</strong> den<br />
Netzverlusten im Nahwärmenetz zusammen.<br />
Den Werten in der dritten Spalte liegt die Annahme<br />
zu Gr<strong>und</strong>e, dass durch verbesserte <strong>Wärme</strong>dämmung<br />
nur noch halb so viel <strong>Energie</strong> zum<br />
Heizen benötigt wird, während der Bedarf für<br />
Warmwasser <strong>und</strong> die Netzverluste gleich bleiben.<br />
Die Fläche des Kollektorfeldes <strong>und</strong> das Volumen<br />
des Speichers verringern sich dadurch im Vergleich<br />
zum Zustand heute um jeweils 35 %, was<br />
einer Einsparung bei den Investitionskosten im<br />
Bereich von 3 bis 4 Mio. Euro entspricht. Die<br />
Gesamtkosten für den „Zustand heute“ einschließlich<br />
<strong>Wärme</strong>netz lägen grob überschlagen<br />
bei 13 bis 14 Mio. Euro.<br />
Darüber hin<strong>aus</strong> sprechen weitere Gründe dafür,<br />
die solare Nahwärme im Altbau in einem Versorgungsgebiet<br />
mit möglichst gut gedämmten<br />
Gebäuden zu realisieren. Für die Nutzung solarer<br />
<strong>Wärme</strong> sind möglichst niedrige Temperaturen<br />
im Heizungssystem vorteilhaft. Das gilt einerseits<br />
für den Vorlauf, in besonderem Maße aber für<br />
den Rücklauf, um den Inhalt des saisonalen<br />
Speichers möglichst weitgehend nutzen zu<br />
können. Diese Bedingung lässt sich in wärmetechnisch<br />
sanierten Häusern bedeutend leichter<br />
einhalten. Niedriger <strong>Wärme</strong>bedarf im Versorgungsgebiet<br />
bedeutet zudem, dass weniger<br />
Kollektorfl äche installiert werden muss.<br />
Zusammenfassend betrachtet liegt das Gr<strong>und</strong>problem<br />
der solaren Nahwärme im Gebäudebe-<br />
Zustand<br />
heute<br />
stand nicht in der Technik, sondern darin, dass<br />
eine große Zahl von Akteuren (z. B. H<strong>aus</strong>besitzer)<br />
zwei wesentliche Investitionsentscheidungen<br />
treffen musste: erstens ihr H<strong>aus</strong> möglichst<br />
gut wärmetechnisch zu sanieren <strong>und</strong> zweitens<br />
sich an die solare Nahwärmeversorgung anzuschließen.<br />
Berücksichtigt man zudem die Höhe<br />
der realisierbaren <strong>Wärme</strong>kosten, die mehr als<br />
doppelt so hoch wie heute üblich sind, liegt die<br />
Schlussfolgerung nahe, dass der Zeithorizont für<br />
die breite Realisierung solarer Nahwärmesysteme<br />
im Altbau eher im Bereich von 10 bis 20<br />
Jahren liegen wird.<br />
Nahwärme <strong>aus</strong> Tiefengeothermie<br />
(Hot-Dry-Rock <strong>und</strong> hydrothermale Schichten)<br />
Die <strong>Wärme</strong><strong>aus</strong>kopplung erfolgt <strong>aus</strong> Geothermiekraftwerken<br />
(Abb. 6), bei denen die Stromerzeugung<br />
bei vergleichsweise niedrigen<br />
Temperaturen erfolgt. Dies hat niedrige Stromwirkungsgrade<br />
(r<strong>und</strong> 10 %) <strong>und</strong> hohe Abwärmemengen<br />
zur Folge.<br />
Mit Hilfe eines zusätzlichen Erdspeichers<br />
neben der Tiefbohrung kann <strong>Wärme</strong> im<br />
Sommer zwischengespeichert <strong>und</strong> im Winter<br />
wieder abgerufen werden. Dadurch ist es<br />
möglich, den Einsatz eines Spitzenlastkessels<br />
sehr weit zu reduzieren <strong>und</strong> auf die Zeiten<br />
zu beschränken, zu denen die Leistung der<br />
<strong>Wärme</strong><strong>aus</strong>kopplung <strong>aus</strong> Tiefbohrung <strong>und</strong><br />
Speicher nicht <strong>aus</strong>reicht, die höchsten Lasten<br />
im Winter zu decken.<br />
Die Basisparameter Leistung <strong>und</strong> <strong>Energie</strong>mengen<br />
für ein kleines <strong>und</strong> mittleres Geothermieheizkraftwerk<br />
(Hot-Dry-Rock) sind in Tab. 2<br />
zusammengefasst. Die vom kleinen Heizkraftwerk<br />
(HKW) bereitgestellte <strong>Wärme</strong>menge reicht<br />
<strong>aus</strong>, um eine Gemeinde oder Kleinstadt mit<br />
7.000 bis 8.000 Einwohnern beim heutigen<br />
<strong>Wärme</strong>dämmstandard komplett mit Heizenergie<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
bei halbiertem<br />
Raumwärmebedarf<br />
Gesamter <strong>Wärme</strong>bedarf 10.000 MWh/a 6.500 MWh/a<br />
Fläche Kollektorfeld 26.000 m 2 17.000 m 2<br />
Volumen Speicher 90.000 m 3 58.000 m 3<br />
Tabelle 1<br />
Basisparameter<br />
zur Auslegung eines<br />
solaren Nahwärmesystems<br />
für eine<br />
Altb<strong>aus</strong>iedlung bei<br />
unterschiedlichem<br />
<strong>Wärme</strong>dämmstandard<br />
145
FVS LZE Themen 2005<br />
146<br />
4<br />
Abbildung 6<br />
Prinzipieller Aufbau<br />
einer Nahwärmeversorgung<br />
mit<br />
Tiefengeothermie<br />
Quelle: Stadtwerke Bad Urach<br />
Tabelle 2<br />
Strom- <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>erzeugung<br />
bei Geothermie-Heizkraftwerken<br />
Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />
Kleines HKW Mittleres HKW<br />
Thermische Leistung Tiefbohrung 10 MW 100 MW<br />
Elektrische Leistung 1 MW 10 MW<br />
Stromerzeugung (8.000 h/a) 8.000 MWh/a 80.000 MWh/a<br />
Thermische Leistung ( = 80 %) 8 MW 80 MW<br />
<strong>Wärme</strong>produktion (8.000 h/a) 64.000 MWh/a 640.000 MWh/a<br />
<strong>und</strong> Warmwasser zu versorgen. Das mittlere<br />
HKW bietet dementsprechend eine Kapazität,<br />
die genügt, für eine Stadt mit r<strong>und</strong> 50.000<br />
Einwohnern <strong>Wärme</strong> bereitzustellen.<br />
Unterstellt man, dass Wohngebäude zunehmend<br />
wärmegedämmt werden, reichen die<br />
in Tab. 2 genannten <strong>Wärme</strong>mengen für noch<br />
größere Versorgungsgebiete als oben dargestellt.<br />
Das Rechenexempel macht deutlich, dass<br />
mit Hot-Dry-Rock-Heizkraftwerken neben der<br />
Stromerzeugung so große <strong>Wärme</strong>mengen<br />
bereitstellt werden, dass bei nicht <strong>aus</strong>reichender<br />
Größe des Versorgungsgebiets leicht ein <strong>Wärme</strong>überschuss<br />
entsteht. Die umfassende <strong>Wärme</strong>dämmung<br />
der versorgten Häuser ist <strong>aus</strong> dieser<br />
Sicht keine Vor<strong>aus</strong>setzung für die Realisierung<br />
<strong>und</strong> den Betrieb von Nah- oder Fernwärmenetzen<br />
mit Tiefengeothermie.<br />
1<br />
5<br />
3<br />
1 Heizzentrale<br />
2 Angeschlossene Gebäude<br />
3 Nahwärmenetz<br />
2<br />
4 Tiefenbohrung<br />
5 Stromeinspeisung<br />
Nahwärmeversorgung mit Biomasse<br />
Auf Gr<strong>und</strong> des derzeitigen Standes der Technik<br />
<strong>und</strong> der durch das novellierte Erneuerbare-<br />
<strong>Energie</strong>n-Gesetz (EEG) gegebenen Randbedingungen,<br />
ist davon <strong>aus</strong>zugehen, das der Markt<br />
der regenerativen Nahwärme in den kommenden<br />
Jahren mit Systemen erschlossen wird, bei<br />
denen Biomasse zum Einsatz kommt <strong>und</strong><br />
gleichzeitig Strom <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong> erzeugt wird.<br />
Sie sind sehr gut geeignet, nicht zuletzt wegen<br />
der in letzter Zeit deutlich gestiegenen Ölpreise,<br />
vor allem im Gebäudebestand <strong>Wärme</strong> kostengünstig<br />
<strong>und</strong> konkurrenzfähig bereitzustellen. 8<br />
Akzeptanz von Nahwärme<br />
sowie Aspekte der<br />
Kommunikation <strong>und</strong><br />
Bürgerbeteiligung<br />
Bei einer Telefonumfrage in Heidelberg vom<br />
Frühjahr 2004 [6] war das Interesse der Bürger<br />
an Heizungssystemen nicht sehr <strong>aus</strong>geprägt.<br />
Es wird primär über den realisierten oder<br />
geplanten Erwerb von Wohneigentum gesteuert.<br />
Diese Gr<strong>und</strong>haltung wirkt sich zunächst<br />
auch bei der Akzeptanz von Nahwärmesystemen<br />
<strong>aus</strong>. Außerdem widerspricht die Nahwär-<br />
8 Einzelheiten dazu sind im Vortrag „Solarisierung von<br />
Altbauten“ in diesem Themenheft S. 99 beschrieben<br />
<strong>und</strong> erläutert
Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />
meversorgung als lokale gemeinschaftliche<br />
Lösung weitgehend in Jahrzehnten gewachsenen<br />
Strukturen <strong>und</strong> Verbrauchergewohnheiten<br />
im <strong>Wärme</strong>markt. Dar<strong>aus</strong> folgt, dass sich die<br />
Akzeptanz von regenerativen Nahwärmesystemen<br />
sich nicht von alleine ergibt <strong>–</strong> auch nicht<br />
bei steigenden Ölpreisen. Im zitierten Forschungsprojekt<br />
[6] lautet deshalb die Ausgangsthese<br />
der sozialwissenschaftlichen Begleitforschung:<br />
Akzeptanz von Nahwärme kann nicht<br />
erzwungen <strong>und</strong> nicht durch bloße Sachinformation<br />
erreicht werden, sondern bedarf der aktiven<br />
Einbeziehung <strong>und</strong> Beteiligung der Bürger/innen,<br />
damit diese sich ein eigenes Urteil bilden<br />
können.<br />
Im gewählten Modellgebiet Rottweil-H<strong>aus</strong>en,<br />
das dörfl ichen Charakter hat (1.000 Einwohner,<br />
285 Wohngebäude vorwiegend Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser),<br />
ist die Kommunikation <strong>und</strong><br />
Bürgerbeteiligung wie folgt aufgebaut [6]:<br />
erste Bürgerumfrage unter allen erwachsenen<br />
Einwohnern (sogenannte Nullmessung ohne<br />
vorherige Informationskampagne, September<br />
2004: Rücklaufquote: 33 % bezogen auf<br />
Einzelpersonen; 45 % bezogen auf H<strong>aus</strong>halte)<br />
Durchführung von zwei öffentlichen Informa-<br />
tionsveranstaltungen<br />
Durchführung eines Bürgergutachtens unter<br />
wissenschaftlicher Leitung in einem Gremium<br />
von 12 Bürgern, die sich freiwillig zur Teil-<br />
nahme bereit erklärten (ab Dezember 2004).<br />
Einladung von externen Fachleuten <strong>und</strong><br />
Besichtigung von Beispielanlagen<br />
öffentliche Präsentation der Ergebnisse des<br />
Bürgergutachtens (19. Juli 2005)<br />
zweite Bürgerumfrage (Herbst 2005)<br />
Ein wichtiges Ergebnis der ersten Bürgerumfrage<br />
ist das Image, das die Befragten den verschiedenen<br />
regenerativen <strong>Energie</strong>quellen zuordneten<br />
(Tab. 3). Die <strong>Sonne</strong>nenergie wurde bei Umweltverträglichkeit<br />
<strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit, auf den<br />
ersten Rang gesetzt. Die gute Umweltverträglich<br />
ist nachvollziehbar, die bestbeurteilte Wirtschaftlichkeit<br />
erklärt sich vielleicht dadurch, dass<br />
möglicherweise nur die kostenlose <strong>Energie</strong>lieferung<br />
der <strong>Sonne</strong> in Betracht gezogen <strong>und</strong> die<br />
Wirkung der hohen Investitionskosten auf die<br />
Wirtschaftlichkeit solarer <strong>Energie</strong>versorgung<br />
eher vernachlässigt wurde. Erdwärme <strong>und</strong><br />
<strong>Energie</strong>träger<br />
Gesamtrang<br />
Umweltfre<strong>und</strong>lichkeit<br />
Rang<br />
Biogas folgen hinter der <strong>Sonne</strong>nenergie auf<br />
Platz zwei <strong>und</strong> drei.<br />
durchschnittliche<br />
Bewertung Rang<br />
Das Ergebnis in Tab. 3 deckt sich mit den<br />
Antworten auf die Frage, welche <strong>Energie</strong>quellen<br />
privat bevorzugt würden. Dort steht die <strong>Sonne</strong>nenergie<br />
mit großem Abstand vor der Erdwärme<br />
<strong>und</strong> der Biogasanlage. Ebenso konzentriert sich<br />
das Informationsbedürfnis der Bürgerinnen <strong>und</strong><br />
Bürger auf die Solarenergie, vor Geothermie<br />
<strong>und</strong> Biomasse.<br />
Die sozialwissenschaftliche Auswertung der<br />
Fragebögen erlaubte den Schluss, dass die Rangliste<br />
das Bedürfnis der Bürger/innen nach individueller<br />
Unabhängigkeit der <strong>Wärme</strong>versorgung<br />
durch neue Techniken refl ektiert. Das Konzept<br />
der Nahwärme als lokale, gemeinschaftliche<br />
Lösung widerspricht zunächst diesem Streben<br />
nach individueller Unabhängigkeit. Diese erste<br />
Umfrage wurde wohlgemerkt vor Beginn des<br />
Bürgergutachtens durchgeführt.<br />
Die Bürgergutachter hingegen favorisierten<br />
jedoch eine andere Lösung: Nach mehrmonatigen<br />
Beratungen sprachen sie die Empfehlung<br />
<strong>aus</strong>, eine Biogasanlage zu bauen, die Strom ins<br />
Netz einspeist <strong>und</strong> gleichzeitig <strong>Wärme</strong> für den<br />
Ort H<strong>aus</strong>en liefert. Folgende Gründe sprachen<br />
nach Meinung der Gutachter dafür:<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
<strong>Sonne</strong>nenergie 1 1 3,84 1 2,90<br />
Erdwärme 2 2 3,56 4 2,77<br />
Biogas 3 3 3,36 5 2,74<br />
Erdgas 4 4 2,79 3 2,79<br />
Holz 5 5 2,63 2 2,78<br />
Flüssiggas 6 6 2,50 7 2,49<br />
Erdöl 7 7 1,87 6 2,54<br />
Kohle 8 8 1,65 8 2,10<br />
maximale Bewertung = 4, geringste Bewertung = 1<br />
Merkmal<br />
Wirtschaftlichkeit<br />
durchschnittliche<br />
Bewertung<br />
Tabelle 3<br />
Ergebnis der ersten<br />
Bürgerumfrage in<br />
Rottweil-H<strong>aus</strong>en<br />
(Nullmessung<br />
September 2004):<br />
Image der <strong>Energie</strong>träger<br />
147
FVS LZE Themen 2005<br />
148<br />
Die Biogasnutzung ist die am weitesten<br />
<strong>aus</strong>gereifte Technik.<br />
Sie weist die höchste wirtschaftliche<br />
Rentabilität auf.<br />
Stromerzeugung mit Biogas hat die höchsten<br />
Stromwirkungsgrade.<br />
Die zur Vergärung eingesetzte Gülle wird<br />
veredelt.<br />
Die Existenz der lokalen landwirtschaftlichen<br />
Betriebe kann gesichert werden.<br />
Der Bau weniger effektiver kleiner Biogasan-<br />
lagen ohne <strong>Wärme</strong>nutzung wird überfl üssig.<br />
Nicht zuletzt auf Gr<strong>und</strong> der Empfehlungen des<br />
Bürgergutachtens sowie der günstigen Randbedingungen<br />
durch das EEG hat die <strong>Energie</strong>ver-sorgung<br />
Rottweil (ENRW) beschlossen,<br />
die Bio-gasanlage zur Nahwärmeversorgung<br />
zu realisieren.<br />
Förderinstrumente für<br />
erneuerbare <strong>Energie</strong>n im<br />
<strong>Wärme</strong>markt<br />
Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />
Die vorangegangenen Abschnitte zeigen die<br />
technische Machbarkeit, aber auch die Zielkonfl<br />
ikte bei der Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />
im <strong>Wärme</strong>markt <strong>und</strong> die Hemmnisse, die einer<br />
Realisierung insbesondere von Nahwärmesystemen<br />
im Gebäudebestand oftmals im Wege<br />
stehen. Dennoch: folgt man dem in Abbildung<br />
2 <strong>und</strong> 3 dargestellten Szenario, müssen die<br />
thermischen Potenziale in ganz anderer Weise<br />
mobilisiert werden als dies heute der Fall ist.<br />
Der Vergleich mit dem Strom- <strong>und</strong> Kraftstoffmarkt<br />
zeigt, dass eine hohe Entwicklungsdynamik<br />
durch<strong>aus</strong> erreichbar ist, wenn günstige<br />
Rahmenbedingungen herrschen: So hat sich die<br />
Stromerzeugung <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n in<br />
den letzten 5 Jahren um 44 % erhöht <strong>und</strong> die<br />
Nutzung von Biokraftstoffen mehr als verdreifacht<br />
(300%). Die <strong>Wärme</strong>bereitstellung stieg<br />
hingegen nur um etwa 12 %.<br />
Obwohl die komplexen Zusammenhänge ein<br />
Bündel von Maßnahmen erfordern, um eine<br />
stetige <strong>und</strong> dauerhafte Entwicklung erneuerbarer<br />
<strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>markt sicherzustellen,<br />
brauchen wir auch hier ein „Leitinstrument“,<br />
wie es mit dem EEG für die Stromerzeugung<br />
oder mit der Mineralölsteuerbefreiung für regenerative<br />
Kraftstoffe bereits existiert. Bisher<br />
übernimmt diese Funktion das „Marktanreizprogramm<br />
zur Förderung von Maßnahmen<br />
zur Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n“, mit<br />
dem zweifellos Beachtliches erreicht wurde.<br />
So wurden bisher über 300.000 Solarkollektoranlagen<br />
mit einer Fläche von 2,9 Mio. m 2 <strong>und</strong><br />
45.000 kleine Biomassekessel gefördert. Bezieht<br />
man die ebenfalls im Programm geförderten<br />
Biogasanlagen, größere Anlagen zur Verfeuerung<br />
fester Biomasse, Anlagen zur Nutzung<br />
der Tiefengeothermie <strong>und</strong> kleinere Wasserkraftanlagen<br />
mit ein, so wurden mit den seit 1999<br />
<strong>aus</strong>gegebenen Mitteln von 511 Mio. Euro insgesamt<br />
406.000 Vorhaben mit einem Investitionsvolumen<br />
von mehr als 4 Mrd. Euro angestoßen.<br />
Aber eignet sich das Marktanreizprogramm<br />
auch künftig als Leitinstrument? Viele bezweifeln<br />
dies, vor allem weil dafür jährlich neu Mittel <strong>aus</strong><br />
dem B<strong>und</strong>esh<strong>aus</strong>halt bereitgestellt werden<br />
müssen.<br />
Es liegt also nahe, über ein Erneuerbare-<br />
<strong>Wärme</strong>energie-Gesetz nachzudenken, mit<br />
dem ebenso wie mit dem Erneuerbare-<strong>Energie</strong>n-<br />
Gesetz im Strommarkt eine kontinuierliche<br />
Entwicklung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>markt<br />
abgesichert wird, das Unternehmen<br />
<strong>aus</strong>reichende Planungssicherheit bietet <strong>und</strong><br />
starke Anreize schafft, neue, effi ziente <strong>und</strong><br />
kostengünstige Technologien zu entwickeln<br />
<strong>und</strong> besonders günstige Anwendungsbereiche<br />
konsequent zu erschließen. Weil eine Einspeisevergütung<br />
wie im Strommarkt als genereller<br />
Förderansatz nicht in Frage kommt, verbleiben<br />
drei Optionen:<br />
ordnungsrechtliche Aufl agen<br />
Quotenregelung<br />
Abgabenregelung<br />
Eine Aufl agenlösung könnte sich z. B. an der<br />
<strong>Energie</strong>einsparverordnung orientieren, in der<br />
die gegenwärtigen energetischen B<strong>aus</strong>tandards<br />
für neue Gebäude, Gebäudeerweiterungen <strong>und</strong><br />
-erneuerungen festgelegt sind <strong>und</strong> die erneuerbare<br />
<strong>Energie</strong>n bereits in die Bilanzierung einbezieht.<br />
Bisher hat dies allerdings nicht dazu<br />
geführt, dass erneuerbare <strong>Energie</strong>n in Neubauten<br />
generell genutzt werden, was aber mit einer
Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />
entsprechenden Verschärfung der Vorschriften<br />
erzwungen werden könnte.<br />
Dies dürfte allerdings in zahlreichen Fällen<br />
zu erheblichen Problemen <strong>und</strong> suboptimalen<br />
Lösungen führen, weshalb fl exiblere Instrumente<br />
wie eine Quotenregelung mehr Erfolg versprechen,<br />
die sich nicht auf die Gebäude als<br />
Ganze, sondern auf Heizungssysteme beziehen<br />
<strong>und</strong> damit auch die Raumwärme- <strong>und</strong> Warmwasserbereitstellung<br />
im Gebäudebestand<br />
erfassen. Dies könnte beispielsweise darauf<br />
hin<strong>aus</strong>laufen, dass bei der Erneuerung von<br />
Heizanlagen nachweislich ein bestimmter,<br />
steigender Anteil erneuerbare <strong>Energie</strong>n genutzt<br />
werden muss.<br />
Weil dies aber ebenfalls nicht immer möglich<br />
ist, müsste auch hier eine Kompensationslösung<br />
angeboten werden. In Frage kommt dafür, vom<br />
Anlagenbetreiber die Zahlung eines Geldbetrages<br />
zu verlangen, die den Charakter einer Abgabe<br />
haben sollte <strong>und</strong> damit <strong>–</strong> im Unterschied zu<br />
Steuern <strong>–</strong> zweckgeb<strong>und</strong>en einzusetzen ist,<br />
beispielsweise für die Förderung des B<strong>aus</strong> von<br />
Anlagen zur thermischen Nutzung erneuerbarer<br />
<strong>Energie</strong>n. In diesem Fall wäre aber auch die<br />
Einführung einer generellen Abgabe auf Brennstoffe<br />
vorstellbar, die ähnlich wie die Mineralölsteuer<br />
über den Brennstoffhandel erhoben<br />
werden kann. Allerdings wäre hierfür die<br />
Akzeptanz in der Bevölkerung wahrscheinlich<br />
sehr viel geringer, zumal dann auch kein Wahlrecht<br />
für die Anlagenbetreiber bestünde, sich für<br />
die Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n zu entscheiden<br />
oder stattdessen die Abgabe zu entrichten.<br />
Eine Quotenregelung käme in Verbindung mit<br />
Zertifi katen in Frage, die den Einfl uss des Staates<br />
im Wesentlichen auf die Administration der Regelungen<br />
begrenzt <strong>–</strong> im Unterschied zu einer<br />
Abgabenlösung, bei der über die Mittelverwendung<br />
entschieden werden muss. Verpfl ichteter<br />
wäre auch hier der Brennstoffhandel, der selbst<br />
oder über den Ankauf von Zertifi katen von Anlagenbetreibern<br />
seine Verpfl ichtung erfüllen<br />
kann <strong>–</strong> ähnlich wie dies seit Beginn dieses Jahres<br />
auch im Rahmen des Treibh<strong>aus</strong>gasemissionshandels<br />
der Fall ist, in den langfristig dann ggf. auch<br />
die Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n überführt<br />
werden könnte.<br />
Schlussfolgerungen<br />
Die erneuerbaren <strong>Energie</strong>n bieten auch für<br />
den <strong>Wärme</strong>markt erhebliche Potenziale. Deren<br />
Erschließung <strong>und</strong> Nutzung ist nicht nur <strong>aus</strong><br />
Gründen des Klimaschutzes geboten, sondern<br />
auch ein zunehmender Beitrag zur Versorgungssicherheit<br />
<strong>und</strong> Kostenstabilität in Anbetracht<br />
der aktuellen Ölpreisentwicklung. Wie die Szenarienrechnungen<br />
zeigen, muss der zunehmende<br />
Einsatz erneuerbarer <strong>Energie</strong>n mit einer deutlichen<br />
Steigerung der <strong>Energie</strong>effi zienz einher-<br />
gehen. Im Gebäudesektor bedeutet das, den<br />
Altbaubestand soweit energetisch zu sanieren,<br />
dass der <strong>Wärme</strong>bedarf insgesamt mehr als<br />
halbiert wird. Die bisherigen Förderinstrumente<br />
(zinsverbilligte Kredite über KfW <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esländer)<br />
haben bislang jedoch nicht zu der<br />
notwendigen Zunahme energetischer Sanierungsmaßnahmen<br />
geführt.<br />
Mit den gebäudeindividuellen Heizungssystemen,<br />
den Mikrogasnetzen <strong>und</strong> den Versorgungssystemen<br />
auf Basis der Nahwärme steht eine Vielzahl<br />
technischer Optionen zur Verfügung, die sich<br />
teilweise gegenseitig ergänzen. So bieten sich<br />
Heizungssysteme für das Einzelgebäude immer<br />
dort an, wo <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> Gasnetze <strong>aus</strong> strukturellen<br />
Gründen nicht realisiert werden.<br />
Andererseits kann mit den gebäudeindividuellen<br />
Lösungen allein nicht der gesamte <strong>Wärme</strong>markt<br />
(Gebäudebestand <strong>und</strong> Neubau) durch erneuerbare<br />
<strong>Energie</strong>n erschlossen werden. Dafür ist ein<br />
großer Anteil leitungsgeb<strong>und</strong>ener <strong>Wärme</strong>versorgung<br />
unverzichtbar. Zu beobachten ist jedoch,<br />
dass trotz zahlreicher Vorteile, Umsetzungshemmnisse<br />
insbesondere bei der Nahwärme<br />
bestehen. Es muss versucht werden, diese durch<br />
Kommunikation vor Ort <strong>und</strong> durch passende<br />
Formen der Bürgerbeteiligung zu überwinden.<br />
Die <strong>Wärme</strong>versorgung mit erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n ist vielfach schon nahe an der Wirtschaftlichkeit.<br />
Deswegen ist es von zentraler<br />
Bedeutung, dass für die weitere, beschleunigte<br />
Markteinführung ein Erneuerbare-<strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />
als zentrales Leitinstrument zur<br />
Förderung verabschiedet wird. Ergänzend dazu<br />
muss die Förderung zur deutlichen Steigerung<br />
der <strong>Energie</strong>effi zienz von Gebäuden neu überdacht<br />
werden. In beiden Punkten besteht<br />
dringender Handlungsbedarf für die Politik.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
149
FVS LZE Themen 2005<br />
150<br />
Literatur<br />
Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />
[1] Arbeitsgruppe Erneuerbare-<strong>Energie</strong>n-<br />
Statisik (www.erneuerbare-energien.de/<br />
statistik<br />
[2] U. Fritsche, A. Heinz, D. Thrän,<br />
G. Reinhardt, F. Baur, M. Flake,<br />
S. Simon et al: Stoffstromanalyse zur<br />
nachhaltigen energetischen Nutzung von<br />
Biomasse. Verb<strong>und</strong>projekt gefördert vom<br />
B<strong>und</strong>esumweltministerium im Rahmen des<br />
Zukunftsinvestitionsprogramms. Endbe-<br />
richt. Öko-Institut Darmstadt, Mai 2004<br />
(www.oeko.de).<br />
[3] J. Nitsch, M. Fischedick u. a.: Ökologisch<br />
optimierter Ausbau der Nutzung erneuer-<br />
barer <strong>Energie</strong>n in Deutschland. Unter-<br />
suchung im Auftrag des B<strong>und</strong>esministeri-<br />
ums für Umwelt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktor-<br />
sicherheit. Berlin 2004<br />
(www.erneuerbare-energien.de).<br />
[4] Bekanntmachung über die Neufassung<br />
der <strong>Energie</strong>einsparverordnung vom<br />
2. Dezember 2004. B<strong>und</strong>esgesetzblatt<br />
Jahrgang 2004 Teil I Nr. 64 Seite<br />
3146-3162 vom 7.12.2004.<br />
[5] B<strong>und</strong>esministerium für Umwelt,<br />
Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit:<br />
Erneuerbare <strong>Energie</strong>n in Zahlen <strong>–</strong> nationale<br />
<strong>und</strong> internationale Entwicklung, Stand:<br />
Juni 2005 (www.erneuerbare-energien.de)<br />
[6] H. Böhnisch, U. Pfenning, J. Deuschle:<br />
„Nahwärmeversorgung <strong>und</strong> Erneuerbare<br />
<strong>Energie</strong>n im Gebäudebestand <strong>–</strong> Anschub<br />
von Pilotprojekten in Baden-Württemberg,<br />
Hemmnisanalyse <strong>und</strong> Untersuchung der<br />
Einsatzbereiche. Forschungsprojekt im<br />
BW-PLUS Programm (ZSW, DLR, Universität<br />
Stuttgart), gefördert vom Umwelt- <strong>und</strong><br />
Verkehrsministerium Baden-Württemberg<br />
(ZO3K 23003). 1. Statusbericht, Februar<br />
2005 (www.bwplus.fzk.de)
Öffentlicher<br />
Abendvortrag<br />
<strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong><br />
komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />
151
FVS LZE Themen 2005<br />
Matthias Schuler<br />
Transsolar<br />
<strong>Energie</strong>technik GmbH<br />
transsolar@transsolar.com<br />
152<br />
Die Transsolar <strong>Energie</strong>technik GmbH wurde<br />
1992 von Mitarbeitern der Universität Stuttgart<br />
in Schwäbisch Gmünd gegründet. Am Anfang<br />
des Unternehmens stand die feste Überzeugung,<br />
dass ein verantwortungsbewusster<br />
Umgang mit unserer Umwelt den Verzicht auf<br />
nukleare <strong>Energie</strong>quellen, Einsparungen bei der<br />
Verwendung fossiler Brennstoffe <strong>und</strong> den<br />
vermehrten Einsatz von <strong>Sonne</strong>nenergie <strong>und</strong><br />
anderen regenerativen <strong>Energie</strong>n erfordert.<br />
In der Primärenergiebilanz der B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland von 1989, schlug die Gebäudebeheizung<br />
mit fast einem Drittel des Gesamtenergiebedarfs<br />
zu Buche. Das lenkte unsere Aufmerksamkeit<br />
auf den Bereich Gebäudeplanung:<br />
Es war eine Aufforderung zum Handeln, fast<br />
schon eine Provokation.<br />
Wir machten über<strong>aus</strong> positive erste Erfahrungen,<br />
als wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut<br />
für Thermodynamik <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>technik (ITW)<br />
der Universität Stuttgart im Rahmen eines<br />
Forschungsprojektes über solare Konzeptionen<br />
für Verwaltungsgebäude in der Zusammenarbeit<br />
mit jungen, aber auch mit sehr erfahrenen<br />
Architekten. Und schon damals gewannen wir<br />
die Erkenntnis, dass nur die sehr frühe Einfl ussnahme<br />
auf den architekto nischen Entwurf bemerkenswerte<br />
Auswirkungen auf den zukünftigen<br />
<strong>Energie</strong>verbrauch <strong>und</strong> Nutzerkomfort<br />
eines geplanten Gebäudes erlaubt.<br />
Noch heute, dreizehn Jahre nach der Gründung<br />
von Transsolar, sind wir gern schon im Wettbewerb<br />
oder an ersten Skizzen für ein neues Projekt<br />
beteiligt, also dann, wenn architektonische Ansätze<br />
noch aufnahmefähig sind für zusätzliche<br />
Anregungen.<br />
Matthias Schuler <strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong> komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />
<strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong><br />
komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />
Die Analyse energetischer <strong>und</strong> komfortrelevanter<br />
Randbedingungen wie Standort, Klima, Nutzung<br />
<strong>und</strong> projektspezifi sche Anforderungen führen zu<br />
Konzepten, die auch entwurfsprägende Elemente<br />
wie Abluftkamine oder Atrien enthalten können.<br />
Sie sind für den Architekten als Anregung, nicht<br />
als Diktat zu verstehen. Im Idealfall wird das<br />
H<strong>aus</strong> selbst zum Konzept, nutzt seine Bestandteile<br />
auch energetisch, kommt mit weniger<br />
Gebäude technik <strong>und</strong> im Betrieb mit weniger<br />
<strong>Energie</strong> <strong>aus</strong>. Nachhaltigkeit von Gebäuden darf<br />
sich nicht auf Minimierung des <strong>Energie</strong>bedarfs<br />
für Heizen <strong>und</strong> Kühlen beschränken, sondern<br />
muss den Nutzerkomfort in seiner ganzen<br />
Bandbreite, also in thermischer, visueller <strong>und</strong><br />
akustischer Hinsicht, berücksichtigen.<br />
Unsere Ideen basieren auf der Physik <strong>und</strong> ihren<br />
Gesetzmäßigkeiten. Im Entwurfsstadium nähern<br />
wir uns einer Aufgabe zunächst spielerisch, damit<br />
innovative Ansätze nicht bereits im Keim erstickt<br />
werden. Erst in einem nächsten Schritt stellt sich<br />
die Frage der techni schen Umsetzung:<br />
Kosten <strong>und</strong> Potenziale werden bewertet, die Umsetzung<br />
wird in Tests <strong>und</strong> an Prototypen untersucht<br />
<strong>und</strong> belegt. Die Realisierung eines Projekts<br />
erfolgt im regen Aus t<strong>aus</strong>ch mit den <strong>aus</strong>führenden<br />
Firmen <strong>und</strong> der Industrie <strong>und</strong> schließt mit<br />
der Inbetriebnahme <strong>und</strong> einer messtechnischen<br />
Prüfung des Konzeptes ab. Unter Einsatz neuester<br />
Regelungs- <strong>und</strong> Kommunikationstechnik werden<br />
Projekte dann im Betrieb betreut, bilanziert <strong>und</strong><br />
im Hinblick auf ihr Systemverhalten in der Nutzung<br />
durch Regelungsanpassung optimiert.<br />
Unser Planungsansatz erfordert das Arbeiten<br />
im Team, idealer Weise im Planungsteam <strong>aus</strong><br />
Architekt, Tragwerksplaner, Klimaingenieur, H<strong>aus</strong>techniker<br />
<strong>und</strong> Bauphysiker unter Einbezug des<br />
Bauherrn. Wir verstehen uns als Mitautoren innerhalb<br />
eines Netzwerks von Planungspartnern,<br />
die sich gegenseitig inspirieren <strong>und</strong> deren gemeinsames<br />
Gr<strong>und</strong>verständnis Reibungsverluste<br />
in der Zusammenarbeit minimiert. Integrales<br />
Planen, eine Planungskultur, die in den achtziger<br />
Jahren in England aufkam, setzt eine gemein-
Matthias Schuler <strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong> komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />
same Kommunikations ebene zwischen den<br />
verschiedenen Planungsdisziplinen vor<strong>aus</strong>:<br />
Die Beteiligten müssen bereit sein, die Anliegen<br />
ihres Gegenübers zu verstehen, ernst zu nehmen<br />
<strong>und</strong> eine gemeinsame Sprache zu entwickeln,<br />
um ein gemeinsames Ziel zu defi nieren.<br />
Es werden die jungen Architekten sein, die<br />
die Gebäudeplanung zukünftig beeinfl ussen.<br />
Deshalb engagieren wir uns in der Lehre an<br />
Fachhochschulen <strong>und</strong> Universitäten. Mich<br />
persönlich hat während meiner Lehrtätigkeit<br />
in Harvard sehr beeindruckt, dass dort in Studentenkreisen<br />
nachhaltige Architektur stark<br />
diskutiert wird, obwohl in den USA <strong>Energie</strong>kosten<br />
<strong>und</strong> <strong>Energie</strong>einsparung noch kein<br />
Thema sind.<br />
Bisher ist der Anteil an nachhaltig geplanten<br />
Gebäuden auf dem Markt verschwindend gering.<br />
Allerdings könnten Erscheinungen wie das<br />
»sick building syndrom« <strong>und</strong> ihre wirtschaftlichen<br />
Konsequenzen, wie ein erhöhter Krankenstand<br />
<strong>und</strong> die stark reduzierte Motivation <strong>und</strong><br />
Kreativität der Mitarbeiter, in den kommenden<br />
Jahren die Nachhaltigkeit von Gebäuden auch<br />
international zu einem wichtigen Thema<br />
machen.<br />
Nachdem wir viele Jahre fast <strong>aus</strong>schließlich<br />
an Projekten in Deutschland gearbeitet haben,<br />
wurden in den letzten Jahren mehr <strong>und</strong> mehr<br />
internationale Projekte konzipiert <strong>und</strong> realisiert.<br />
Einerseits stellt uns das vor neue Her<strong>aus</strong>forderungen:<br />
Wir müssen uns einstellen auf andere<br />
klimatische Verhältnisse, auf neue Planungspartner,<br />
auf neue Arbeitsweisen, auf andere Baukulturen<br />
<strong>und</strong> andere Nutzeranforderungen.<br />
Diese veränderten Parameter beeinfl ussen<br />
unsere Konzeptionen erheblich, wir machen<br />
völlig neue Erfahrungen. Und andererseits<br />
könnten diese internationalen Anfragen ein<br />
Hinweis darauf sein, dass sich ein verantwortungs<br />
voller Umgang mit der Umwelt nicht nur<br />
in Europa den Weg ins öffentliche Bewusstsein<br />
gebahnt hat, sondern ganz allmählich auch<br />
anderswo.<br />
Beispiele für<br />
Klimaengineering-Projekte<br />
Hauptverwaltung Deutsche Post,<br />
Bonn (Murphy/Jahn, Chicago)<br />
Die Hauptverwaltung der Deutschen Post AG<br />
bietet auf einer Gesamtfl äche von 107.000 m 2<br />
hochwertige Arbeitsplätze für 2000 Mitarbeiter.<br />
Das 162 Meter hohe, repräsentative Verwaltungsgebäude<br />
(Abb. 1) liegt in unmittelbarer Nähe des<br />
Rheins. Ein Sockelgebäude (Abb. 7) stellt Raum<br />
für eine Galleria mit Cafeteria, Läden <strong>und</strong> Restaurants<br />
sowie ein Konferenzzentrum zur Verfügung.<br />
An den Neubau wurden hohe Anforderungen<br />
bezüglich Flexibilität, Arbeitsplatzqualität durch<br />
natürliche Belichtung <strong>und</strong> Belüftung sowie Benutzerfre<strong>und</strong>lichkeit<br />
durch öffenbare Fenster <strong>und</strong><br />
begrenzte individuelle Heizungs- <strong>und</strong> Lüftungskontrolle<br />
gestellt. Im Vordergr<strong>und</strong> stand dabei<br />
der Wunsch nach einer Minimierung der Betriebskosten<br />
für Heizen, Kühlen <strong>und</strong> Lüften durch das<br />
Ausnutzen regenerativer <strong>Energie</strong>quellen.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Deutsche Post Bonn:<br />
Abbildung 1<br />
Sicht von Nord-Ost<br />
Foto: Anja Thierfelder, Stuttgart<br />
Abbildung 2<br />
Skygarden<br />
Foto: Transsolar<br />
153
FVS LZE Themen 2005<br />
Deutsche Post Bonn:<br />
Abbildung 3<br />
Skygarden<br />
Foto: Transsolar<br />
Abbildung 4<br />
Doppelfassade<br />
Foto: Transsolar<br />
Abbildung 5<br />
Bauansicht<br />
Foto: Transsolar<br />
154<br />
Matthias Schuler <strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong> komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich
Matthias Schuler <strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong> komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />
Um den Ansprüchen hinsichtlich Klima <strong>und</strong><br />
Komfort gerecht zu werden, wurden folgende<br />
konzeptionelle Maßnahmen entwickelt <strong>und</strong><br />
umgesetzt:<br />
zweischalige Fassade mit refl ektierendem<br />
<strong>Sonne</strong>nschutz<br />
Bauteilaktivierung der Massivdecken<br />
Kühlung über Gr<strong>und</strong>wasserbrunnen<br />
individuelle Fensterlüftung zur<br />
Doppelfassade<br />
Konditionierung der Zuluft für die Büros über<br />
dezentrale fassadenintegrierte<br />
Zulufteinheiten <strong>und</strong><br />
Abwärmenutzung durch Fortluftführung<br />
über Atrien<br />
Bei vorgegebener Gesamthöhe konnte durch<br />
Verzicht auf abgehängte Decken <strong>und</strong> Einsparung<br />
eines Technikgeschosses mehr nutzbare<br />
Fläche bereitgestellt werden. Doppelfassaden<br />
<strong>und</strong> Skygärten ersetzen Zuluftkanäle <strong>und</strong> die<br />
natürliche Kühlung über Gr<strong>und</strong>wasser ersetzt<br />
<strong>Kälte</strong>aggregate. (Abb. 2-6) Insgesamt liegt die<br />
Betriebsenergieeinsparung im Vergleich zu<br />
konventioneller Planung <strong>und</strong> nach Stand der<br />
Technik bei gemessenen 51 %. Außerdem<br />
konnte eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit bei<br />
gleichzeitig äußerst repräsentativer <strong>und</strong> transparenter<br />
Bauweise erreicht werden.<br />
Beijing Linked Hybrid<br />
(Steven Holl Architects, New York)<br />
Auf einer Gesamtfl äche von 210.000 m 2 entstehen<br />
720 Wohnungen, ein Kino, ein Kindergarten,<br />
Einkaufsmöglichkeiten, eine Galerie, eine<br />
Sporthalle, ein Cafe <strong>und</strong> Tiefgaragen (Abb. 8).<br />
Das <strong>Energie</strong>konzept sieht eine Gebäudehülle vor,<br />
in der hochgedämmte Fassadenelemente, Verb<strong>und</strong>verglasung<br />
<strong>und</strong> außenliegende Verschattungseinheiten<br />
<strong>–</strong> die <strong>aus</strong> aufrollbaren Edelstahl-<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Deutsche Post Bonn:<br />
Abbildung 6<br />
Skygarden<br />
Foto: Transsolar<br />
Abbildung 7<br />
Sockelgebäude<br />
Foto: Transsolar<br />
155
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 8<br />
Beijing,<br />
Linked Hybrid<br />
(Steven Holl<br />
Architects)<br />
Foto: Transsolar<br />
Abbildung 9<br />
Madrid<br />
Parcela Westfassade<br />
Foto: Anja Thierfelder,<br />
Stuttgart<br />
156<br />
rollos bestehen <strong>–</strong> kombiniert werden. Eine<br />
Bauteilaktivierung der Massivdecken wird neben<br />
der Gr<strong>und</strong>lüftung, die als Quelllüftung <strong>aus</strong>geführt<br />
wird, zur Raumklimatisierung eingesetzt.<br />
Dabei wird das Kühlungspotenzial des Erdreichs<br />
durch ein geothermisches <strong>Energie</strong>system mit<br />
über 600 Erdsonden genutzt.<br />
Matthias Schuler <strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong> komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />
San Fermin Parcela 15, Madrid<br />
(A.U.I.A. Arquitectos, Madrid)<br />
Der siebengeschossige Wohnblock mit 70<br />
Wohneinheiten wurde für das sehr dicht<br />
bebaute Vorstadtviertel in Madrid entworfen.<br />
Die Motivation des öffentlichen Bauträgers war<br />
die Um setzung der Niedrigenergiebauweise<br />
im sozialen Wohnungsbau. Die Nutzung von<br />
<strong>Sonne</strong>nenergie zur Reduzierung des <strong>Energie</strong>bedarfs<br />
für Raumkonditionierung <strong>und</strong> Wassererwärmung<br />
gehörte zu den Ausschreibungsbedingungen<br />
des EU-geförderten Architektenwettbewerbs.<br />
Trotz Senkung des <strong>Energie</strong>bedarfs für<br />
Heizung <strong>und</strong> Warmwasserbereitung <strong>und</strong> der<br />
Vermei dung häufi g durchgeführter Nachinstallationen<br />
von Kühleinheiten sollte die thermische<br />
Behaglichkeit verbessert werden. Aufgr<strong>und</strong> des<br />
Kostenrahmens im sozialen Wohnungsbau<br />
wurden keine High-Tech-Konzepte gesucht,<br />
sondern einfache integrierte Lösungen.<br />
Wegen hoher Lärm- <strong>und</strong> Schadstoffbelastung<br />
durch eine westlich gelegene Stadtautobahn<br />
ist die Westfassade mit vertikalen Verschattungslamellen<br />
geschlossen <strong>und</strong> durch Solarkamine geprägt,<br />
die zur nächtlichen Querlüftung dienen<br />
(Abb. 9). Die Zuluft kommt über die Ostfassade<br />
mit verglasten Erschließungsgalerien. In den<br />
zweigeschossigen Wohneinheiten wird die Luft<br />
über den Treppenraum geführt <strong>und</strong> die thermische<br />
Speichermasse wurde durch Abwandlung
Matthias Schuler <strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong> komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />
der üblichen Deckenkonstruktion verfügbar.<br />
<strong>Sonne</strong>nkollektoren zur Brauchwassererwärmung<br />
sind auf dem Dach installiert.<br />
So entstanden attraktive Mietwohnungen mit<br />
hoher thermischer Behaglichkeit in Sommer <strong>und</strong><br />
Winter. Das EU-geförderte Niedrigenergieh<strong>aus</strong><br />
ist ein Mustergebäude für passiv solare Bauweise<br />
<strong>und</strong> natürliche Kühlung mit geringen Mietnebenkosten<br />
durch <strong>Wärme</strong>schutz.<br />
Doha New Souk<br />
(Nabil Gholam ng architects, Beirut)<br />
Die New Souks in Doha werden in Zusammenarbeit<br />
mit ng architects als Niedrigenergiegebäude<br />
mit hohem Nutzerkomfort geplant.<br />
Der Entwurf ist inspiriert von den traditionellen,<br />
offenen aber überdachten „souks“. Eine Mischung<br />
von Verkaufs- <strong>und</strong> Bürofl äche mit zentraler<br />
Landschaft im Innenhof verlässt sich in erster<br />
Linie auf nachhaltige Lösungen zur Kühlung<br />
aller öffentlichen Bereiche. Viele Zugangsbereiche<br />
mit verstärktem Ladenanteil werden zum<br />
„hub (Treffpunkt)“ der Nachbarschaft, bieten<br />
Kindern Spielbereiche, ein Restaurant in einem<br />
Innenhof <strong>und</strong> eine fre<strong>und</strong>liche grüne Umgebung<br />
für seine Besucher.<br />
Die Her<strong>aus</strong>forderung für das Klimaengineering<br />
besteht darin, ein Konzept für das feucht-heiße<br />
Klima in Doha zu entwickeln <strong>und</strong> dabei Randbedingungen<br />
wie den hohen <strong>Sonne</strong>nstand <strong>und</strong> die<br />
Hauptwindrichtungen von Süd <strong>und</strong> Nordwest<br />
mit einzubeziehen.<br />
Die Strategie war ein massives Gebäude mit<br />
einem zentralen Atrium zu planen, das nicht<br />
nur für Tageslicht sorgt, sondern eine Art<br />
Außenbereich darstellt <strong>und</strong> auch als solcher<br />
funktioniert. Verschiedene Technologien wie<br />
windunterstützte Querlüftung, Wasserwände,<br />
thermische Schichtung, solar betriebene<br />
Kühlung, Doppelfassade <strong>und</strong> möglicherweise<br />
eine künstliche Wolke (Abb. 10) über dem<br />
Innenhof zeigen, dass sorgfältiges Entwerfen<br />
zur <strong>Energie</strong>einsparung beitragen kann <strong>–</strong> selbst<br />
in einem reichen Land <strong>und</strong> innerhalb eines<br />
anregenden <strong>und</strong> angenehmen Ambiente.<br />
Design School Zollverein (SANAA,<br />
Sejima Nishizawa, Tokio <strong>und</strong> Heinrich Böll<br />
Architekten, Essen)<br />
Das Gesamtkonzept für Gebäude <strong>und</strong> Wärmversorgung<br />
der Design School Zollverein (Abb. 11)<br />
basiert auf der Einbindung des Grubenwassers<br />
als CO 2 -freier <strong>Wärme</strong>quelle. Damit ergibt sich<br />
ein starker örtlicher Bezug durch Nutzung des<br />
Standort-vorteils “Grubenwasser”, die Konzeption<br />
ist ein Unikat für die „Design School Zollverein“<br />
<strong>und</strong> nicht auf die „Design SchooI irgendwo“<br />
übertragbar. Das Grubenwasser stellt die<br />
Deutsche Steinkohle AG kostenfrei zur Verfügung.<br />
Bei Wegfall der Grubenwasserförderung<br />
ist eine Eigenförderung durch die Design School<br />
möglich. Die Niedertemperaturnutzung über<br />
die “aktive Dämmung” <strong>und</strong> Bauteilheizung<br />
erlaubt eine Nutzung der <strong>Energie</strong> des Grubenwassers<br />
ohne Veredelung der <strong>Wärme</strong> auf<br />
höheres Temperaturniveau.<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
Abbildung 10<br />
ng Architects,<br />
Doha, New Souk<br />
Quelle: Transsolar<br />
Abbildung 11<br />
SANAA,<br />
Design School,<br />
Essen<br />
Quelle: Transsolar<br />
157
FVS LZE Themen 2005<br />
158<br />
Die “aktive <strong>Wärme</strong>dämmung“ erlaubt eine<br />
einfachere <strong>und</strong> damit wirtschaftlichere <strong>und</strong><br />
dünnere Wandkonstruktion, die die architektonische<br />
Entwurfsidee einer monolitischen<br />
Aussenwand unterstützt.<br />
Die Design School Zollverein gibt damit eine<br />
Signalwirkung für eine Nutzung des Grubenwassers<br />
imgesamten Entwicklungsgebiet Zollverein.<br />
Mit dem geplanten <strong>Energie</strong>versorgungskonzept<br />
unterbietet das Projekt die Anforderungen der<br />
<strong>Energie</strong>einsparverordnung um 75 % <strong>und</strong> erlaubt<br />
Betriebskosteneinsparungen von ca. 7.000 €<br />
pro Jahr <strong>und</strong> Einsparung von 31 t/CO 2<br />
Emissionen pro Jahr.<br />
Literatur<br />
Unter www.transsolar.com sind weitere<br />
Information zu den vorgestellten Projekten<br />
zu fi nden.<br />
Thierfelder, Transsolar Klima-Engineering,<br />
Birkhäuser-Verlag 2003<br />
Matthias Schuler <strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong> komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich
Abschlussdiskussion<br />
Anteil erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />
an der <strong>Wärme</strong>erzeugung muss<br />
gesteigert werden<br />
159
FVS LZE Themen 2005<br />
Moderation:<br />
Prof. Dr. Karsten Voss<br />
Bergische Universität<br />
Wuppertal<br />
kvoss@uni-wuppertal.de<br />
Teilnehmende:<br />
Mechthild Rothe<br />
Europaabgeordnete<br />
der SPD<br />
mrothe@europarl.eu.int<br />
Joachim Nick Leptin<br />
BMU<br />
joachim.nick-leptin@<br />
bmu.b<strong>und</strong>.de<br />
Dipl.-Ing.<br />
Reiner Priggen<br />
MdL Bündnis 90/<br />
Die Grünen<br />
reiner.priggen@<br />
landtag.nrw.de<br />
Gerhard Stryi-Hipp<br />
B<strong>und</strong>esverband<br />
Solarwirtschaft<br />
stryi-hipp@<br />
bsw-solar.de<br />
Dr. Joachim Nitsch<br />
DLR<br />
joachim.nitsch@dlr.de<br />
Dr. Volker Wittwer<br />
Fraunhofer ISE<br />
wittwer@<br />
ise.fraunhofer.de<br />
160<br />
Diskussion Anteil erneuerbarer <strong>Energie</strong>n an der <strong>Wärme</strong>erzeugung muss gesteigert werden<br />
Anteil erneuerbarer <strong>Energie</strong>n an der<br />
<strong>Wärme</strong>erzeugung muss gesteigert<br />
werden 1<br />
Auf der Jahrestagung des ForschungsVerb<strong>und</strong>s<br />
<strong>Sonne</strong>nenergie (FVS) in Köln diskutierten am<br />
23. September Forscher, Politiker <strong>und</strong> Wirtschafts<br />
vertreter, wie der <strong>Wärme</strong>erzeugung<br />
<strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n zum Durchbruch<br />
verholfen werden kann.<br />
Mit fast 60 Prozent vom Gesamtenergieverbrauch<br />
ist <strong>Wärme</strong> die wichtigste <strong>Energie</strong> form<br />
für Deutschland. Einigkeit herrschte auf dem<br />
Podium darüber, dass <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>erzeugung<br />
<strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n viel stärker<br />
vorange trieben werden müssen als bisher.<br />
Doch welche Beiträge können Wissenschaft,<br />
Wirtschaftsvertreter <strong>und</strong> Politiker dafür leisten?<br />
Die Jahrestagung des FVS zeigt, wie Forschung<br />
<strong>und</strong> Entwicklung dazu beitragen, das große<br />
<strong>Energie</strong>potenzial <strong>aus</strong> <strong>Sonne</strong>nstrahlung, Biomasse<br />
<strong>und</strong> Erdwärme mit immer besseren<br />
Wirkungsgraden in Nutzenergie umzuwandeln.<br />
Die Forschungs projekte zur <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Kälte</strong>erzeugung mit erneuer baren <strong>Energie</strong>n<br />
sind heute in den Megawatt-Maßstab vorgedrungen.<br />
System techniken, Nahwärmenetze,<br />
saisonale <strong>Energie</strong>speicher <strong>und</strong> Integration<br />
von solarthermischen Anlagen in neue <strong>und</strong><br />
vorhandene Gebäude stehen im Fokus der<br />
Forschung <strong>und</strong> Entwicklung.<br />
Für den politischen Bereich fordert die<br />
EU-Parlamentarierin Mechthild Rothe:<br />
„Eine Umsteuerung ist dringend notwendig.<br />
Durch den Markt allein wird diese Entwicklung<br />
aber nicht getragen. Hier stehen die Politiker<br />
in der Verantwortung, eine Veränderung des<br />
<strong>Energie</strong>mix herbeizuführen. Ich werde mich im<br />
EU-Parlament für das Ziel einsetzen, bis 2020<br />
EU-weit 25 Prozent der Heiz- <strong>und</strong> Kühlenergie<br />
<strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n zu speisen.“<br />
1<br />
Dieser Text wurde als Presseinformation veröffentlicht<br />
am 29.09.2005<br />
Preisentwicklungen am <strong>Energie</strong>markt <strong>und</strong> zunehmende<br />
Klima probleme machen es dringlicher<br />
denn je, auch den <strong>Wärme</strong>markt mit erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n zu versor gen.<br />
Dr. Joachim Nitsch vom Deutschen Zentrum<br />
für Luft- <strong>und</strong> Raumfahrt betont:<br />
„Die Möglichkeiten, vom Öl weg zu kommen,<br />
sind im <strong>Wärme</strong>markt am preis günstigsten <strong>und</strong><br />
am raschesten gegeben. Allerdings gibt es hier<br />
einen riesigen Nachholbedarf bei den Produktionskapazitäten,<br />
den technologischen Entwicklungs<br />
potenzialen <strong>und</strong> den Instrumenten zur<br />
Markteinführung. Ein Erneuerbare-<strong>Wärme</strong>energie-<br />
Gesetz könnte die notwendige Dynamik entfalten,<br />
um die energiepolitischen- <strong>und</strong> insbesondere<br />
die CO 2 -Reduktionsziele<br />
zu erreichen.“<br />
Der Geschäftsführer des B<strong>und</strong>es verbands Solarwirtschaft<br />
(BSW), Gerhard Stryi-Hipp, betont,<br />
dass für eine effi zientere Marktein führung auch<br />
eine intensivere Forschungsstrategie benötigt<br />
wird: „Es ist nicht einzusehen, warum im Photovoltaikbereich<br />
zehnmal mehr Forschungs mittel<br />
<strong>aus</strong>gegeben werden als für die Solarthermie.<br />
Ziel der gemein samen Anstrengung von Forschung<br />
<strong>und</strong> Industrie ist das aktive solar voll<br />
versor gte H<strong>aus</strong> bis zum Jahr 2030. Um das zu<br />
erreichen, brauchen wir deutlich mehr Geld<br />
für die Solar thermie-Forschung.“ Stryi-Hipp<br />
ergänzt: „Zusammen mit der europäischen<br />
Technologieplattform ‚Solarthermie‘ startet<br />
die Wirtschaft eine breite Offensive, um auch<br />
in Zukunft die führende Stellung in der Welt<br />
zu behalten.“<br />
Der energiepolitische Sprecher der Fraktion<br />
Bündnis90/Die Grünen im Landtag NRW,<br />
Reiner Priggen, fordert, nicht nur Ziele zu setzen,<br />
sondern auch Margen fest zu le gen, wie sie<br />
erreicht werden sollten:<br />
„Um 25 Prozent der <strong>Wärme</strong>energie bis 2020 <strong>aus</strong><br />
erneuerbaren <strong>Energie</strong>n zu gewinnen, brauchen
Diskussion Anteil erneuerbarer <strong>Energie</strong>n an der <strong>Wärme</strong>erzeugung muss gesteigert werden<br />
wir ein jährliches Wachstum von 1,3 Prozent.<br />
Um dies zu erreichen, benötigen wir auf der Basis<br />
eines möglichst brei ten politischen Konsenses<br />
ein Erneuerbare-<strong>Wärme</strong>energie-Gesetz, das zusam<br />
men mit den Vorgaben <strong>aus</strong> der europäischen<br />
Union den notwendigen Schub bringt.“<br />
Joachim Nick-Leptin, Referatsleiter im BMU,<br />
bestätigt, dass im B<strong>und</strong>esumwelt ministerium<br />
an einer <strong>Wärme</strong>regelung gearbeitet werde:<br />
„Wenn wir unsere Ziele zum Ausbau der erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n erreichen wollen, brauchen<br />
wir eine h<strong>aus</strong>haltsunabhängige Förderung auch<br />
im <strong>Wärme</strong>bereich. Das BMU hat daher die auf<br />
der Tagung vorgestellte Studie in Auftrag gegeben.<br />
Auf der Gr<strong>und</strong>lage dieser noch nicht<br />
abgeschlossenen Studie sollen im ersten Halbjahr<br />
2006 unter Einbindung der Verbände<br />
Eckpunkte für eine <strong>Wärme</strong>regelung erarbeitet<br />
werden.“<br />
„Ein solches <strong>Wärme</strong>gesetz sollte sowohl ordnungspolitische<br />
als auch Mengen vorgaben<br />
beinhalten, die für verschiedene Technologien<br />
Teilquoten festlegt“, betont Dr. Joachim Nitsch:<br />
„Denn die wichtigste <strong>Energie</strong>quelle für den <strong>Wärme</strong>bereich<br />
ist die Solarstrahlung. Alle anderen<br />
<strong>Energie</strong>potenziale <strong>aus</strong> Biomasse <strong>und</strong> Geothermie<br />
sind in Deutschland begrenzt.“<br />
Wie groß die Forschungsaufgaben sind,<br />
macht Dr. Volker Wittwer deutlich:<br />
„Wir müssen über den Einsatz von fassadenintegrierten<br />
Kollektoren in großem Maßstab nachdenken,<br />
neuartige Speicherkonzepte auf der<br />
Basis verbesserter Speichermaterialien verwirklichen<br />
<strong>und</strong> Nahwärmenetze auf der Basis regenerativer<br />
<strong>Energie</strong>träger aufbauen. Für das Ziel, bis<br />
2020 r<strong>und</strong> 25 Prozent der <strong>Wärme</strong>energie <strong>aus</strong><br />
erneuerbaren <strong>Energie</strong>n zu decken, benötigen<br />
wir allein in der Solarthermie 10 bis 20 Millionen<br />
Quadratmeter Solarkollektoren pro Jahr. Um<br />
diese Produktionskapazitäten aufzubauen,<br />
müssen wir bereits heute mit der Entwicklung<br />
geeigneter kostengünstiger Technologien<br />
beginnen.“<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
161
Verzeichnisse<br />
163
FVS LZE Themen 2005<br />
Standorte der FVS-Mitgliedsinstitute<br />
Gelsenkirchen<br />
Fraunhofer ISE<br />
Jülich<br />
FZ Jülich<br />
Köln<br />
DLR<br />
164<br />
Freiburg<br />
Fraunhofer ISE Ulm<br />
ZSW<br />
Almería/Spanien<br />
DLR<br />
www.dlr.de/psa<br />
Stuttgart<br />
ZSW<br />
DLR<br />
Garching<br />
ZAE<br />
Hanau<br />
ISET<br />
Hameln/Emmerthal<br />
ISFH<br />
Würzburg<br />
ZAE<br />
Erlangen<br />
ZAE<br />
Kassel<br />
ISET<br />
Berlin<br />
HMI<br />
Potsdam<br />
GFZ<br />
ForschungsVerb<strong>und</strong> <strong>Sonne</strong>nenergie Geschäftsstelle c/o Hahn-Meitner-Institut Kekuléstraße 5 12489 Berlin<br />
Telefon: (030) 8062-1338 Telefax: (030) 8062-1333 E-Mail: fvs@hmi.de www.FV-<strong>Sonne</strong>nenergie.de
DLR Deutsches Zentrum<br />
für Luft- <strong>und</strong> Raumfahrt e.V.<br />
Zentrum Köln-Porz 51170 Köln<br />
Prof. Dr. Robert Pitz-Paal:<br />
Telefon 02203/601-2744<br />
E-Mail: robert.pitz-paal@dlr.de<br />
www.dlr.de<br />
Standort Stuttgart<br />
Pfaffenwaldring 38<strong>–</strong>40 70569 Stuttgart<br />
Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen:<br />
Telefon 0711/6862-358<br />
E-Mail: hans.mueller-steinhagen@dlr.de<br />
DLR-Projektteam auf der<br />
PSA Plataforma Solar de Almería<br />
Apartado 39 E-04200 Tabernas (Almería)<br />
Dr. Christoph Richter:<br />
Telefon 0034/950-38 79 48<br />
E-Mail: christoph.richter@dlr.de www.dlr.de/psa<br />
FZ Jülich Forschungszentrum Jülich GmbH<br />
52425 Jülich<br />
Dr. Angela Lindner:<br />
Telefon 02461/61-4661<br />
E-Mail: a.lindner@fz-juelich.de<br />
www.fz-juelich.de<br />
ISFH Institut für Solarenergieforschung GmbH<br />
Hameln/Emmerthal<br />
Am Ohrberg 1 31860 Emmerthal<br />
Dr. Roland Goslich:<br />
Telefon 05151/999-302<br />
E-Mail: info@isfh.de<br />
www.isfh.de<br />
GFZ GeoForschungsZentrum Potsdam<br />
Stiftung des öffentlichen Rechts<br />
Telegrafenberg 14473 Potsdam<br />
Franz Ossing:<br />
Telefon 0331/288-1040<br />
E-Mail: ossing@gfz-potsdam.de<br />
www.gfz-potsdam.de<br />
HMI Hahn-Meitner-Institut Berlin GmbH<br />
Glienicker Straße 100 14109 Berlin<br />
Thomas Robertson:<br />
Telefon 030/8062-2034<br />
E-Mail: info@hmi.de www.hmi.de<br />
Institutsteil Adlershof Abt. Photovoltaik<br />
Kekuléstraße 5 12489 Berlin<br />
Telefon 030/8062-1353<br />
www.hmi.de/bereiche/SE/SE1<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
FVS-Mitgliedsinstitute <strong>und</strong> Ansprechpartner<br />
FVS<br />
Fraunhofer ISE<br />
Fraunhofer-Institut für Solare <strong>Energie</strong>systeme<br />
Heidenhofstraße 2 79110 Freiburg<br />
Karin Schneider:<br />
Telefon 0761/4588-5147<br />
E-Mail: karin.schneider@ise.fraunhofer.de<br />
www.ise.fraunhofer.de<br />
ISET Institut für Solare <strong>Energie</strong>versorgungstechnik<br />
Verein an der Universität Kassel e.V.<br />
Königstor 59 34119 Kassel<br />
Uwe Krengel:<br />
Telefon 0561/7294-345<br />
E-Mail: ukrengel@iset.uni-kassel.de<br />
www.iset.uni-kassel.de<br />
Standort Hanau<br />
Rodenbacher Ch<strong>aus</strong>see 6 63457 Hanau<br />
Telefon 06181/58-2701<br />
E-Mail: hanau@iset.uni-kassel.de<br />
ZAE Bayerisches Zentrum für<br />
Angewandte <strong>Energie</strong>forschung e.V.<br />
Am Hubland 97074 Würzburg<br />
Matthias Groll:<br />
Telefon 0931/70564-51<br />
E-Mail: groll@zae.uni-wuerzburg.de<br />
www.zae-bayern.de<br />
ZSW Zentrum für <strong>Sonne</strong>nenergie- <strong>und</strong><br />
Wasserstoff-Forschung Baden Württemberg<br />
Gemeinnützige Stiftung<br />
Industriestraße 6 70565 Stuttgart<br />
Karl-Heinz Frietsch:<br />
Telefon 0711/7870-206<br />
E-Mail: info@zsw-bw.de<br />
www.zsw-bw.de<br />
Standort Ulm<br />
Helmholtzstraße 8 89081 Ulm<br />
Telefon 0731/9530-0<br />
ForschungsVerb<strong>und</strong> <strong>Sonne</strong>nenergie<br />
Geschäftsstelle<br />
Kekuléstraße 5 12489 Berlin<br />
Telefax 030/8062-1333<br />
E-Mail: fvs@hmi.de<br />
Dr. Gerd Stadermann (Geschäftsführer)<br />
Telefon 030/8062-1338<br />
Petra Szczepanski (Öffentlichkeitsarbeit)<br />
Telefon 030/8062-1337<br />
165
FVS LZE Themen 2005<br />
166<br />
Adressen von Instituten der<br />
Landesinitiative Zukunftsenergien NRW<br />
Bergische Universität Wuppertal<br />
FB Bauphysik <strong>und</strong> Technische Gebäude<strong>aus</strong>rüstung<br />
Pauluskirchstraße 7<br />
42285 Wuppertal<br />
Tel. 0202 / 439-4075<br />
www.arch.uni-wuppertal.de<br />
Fachhochschule Bochum, FB 2<br />
Zentrum für Geothermie <strong>und</strong> Zukunftsenergien<br />
Lennershofstraße 140<br />
44801 Bochum<br />
Tel. 0234 / 3210200<br />
www.fh-bochum.de/geothermie<br />
Fachhochschule Dortm<strong>und</strong><br />
FB Informations- <strong>und</strong> Elektrotechnik<br />
<strong>Sonne</strong>nstraße 36<br />
44139 Dortm<strong>und</strong><br />
Tel. 0231 / 9112-100<br />
www.fh-dortm<strong>und</strong>.de<br />
FH Gelsenkirchen<br />
<strong>Energie</strong>Institut<br />
Neidenburger Str. 10<br />
45877 Gelsenkirchen<br />
Tel. 0209 / 9596-0<br />
www.fh-gelsenkirchen.de/energieinstitut<br />
Fraunhofer UMSICHT<br />
Osterfelder Straße 3<br />
46047 Oberh<strong>aus</strong>en<br />
Tel. 0208 / 8598-0<br />
www.umsicht.fraunhofer.de/profi l/anfahrt<br />
Landesinitiative Zukunftsenergien NRW<br />
Geschäftsstelle<br />
c/o ee energy engineers GmbH<br />
Munscheidstraße 14<br />
45886 Gelsenkirchen<br />
Tel. 0209 / 167-2800<br />
www.energieland.nrw.de<br />
Ruhr-Universität Bochum<br />
<strong>Energie</strong>systeme <strong>und</strong> <strong>Energie</strong>wirtschaft<br />
Universitätsstraße 1<br />
44721 Bochum<br />
Tel. 0234 / 32-201<br />
www.ruhr-uni-bochum.de<br />
RWTH Aachen - Institut für Markscheidewesen,<br />
Bergschadenk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Geophysik im Bergbau<br />
Wüllnerstraße 2<br />
52062 Aachen<br />
Tel. 0241 / 80-95687<br />
www.ifm.rwth-aachen.de<br />
Solar-Institut Jülich /FH Aachen<br />
Heinrich-Mußmann-Straße 5<br />
52428 Jülich<br />
Tel. 0241 / 6009-0<br />
www.fh-aachen.de/solar-institut<br />
SOLITEM GMBH<br />
Dennewartstr. 25/27<br />
52068 Aachen<br />
Tel. 0241 / 963-1326<br />
www.solitem.de
Adressen<br />
weiterer Institutionen<br />
BGR <strong>–</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für<br />
Geowissenschaften <strong>und</strong> Rohstoffe<br />
Stilleweg 2<br />
30655 Hannover<br />
Tel. 0511 / 643-0<br />
www.bgr.gr<strong>und</strong>.de<br />
BSW <strong>–</strong> B<strong>und</strong>esverband Solarwirtschaft<br />
Stralauer Platz 34<br />
10243 Berlin<br />
Tel.030 / 2977-7880<br />
www.solarwirtschaft.de<br />
GGA <strong>–</strong> Institut für geowissenschaftliche<br />
Gemeinschaftsaufgaben<br />
Stilleweg 2<br />
30655 Hannover<br />
Tel. 0511 / 643-3496<br />
www.gga-hannover.de<br />
GTN <strong>–</strong> Geothermie Neubrandenburg GmbH<br />
Seestraße 7A<br />
17033 Neubrandenburg<br />
Tel. 0395 / 36774-0<br />
www.gtn-online.de<br />
ITW <strong>–</strong> Institut für Thermodynamik <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>technik<br />
Universität Stuttgart<br />
Pfaffenwaldring 6<br />
70550 Stuttgart<br />
Tel. 0711 / 685-3536<br />
www.itw.uni-stuttgart.de<br />
IZES <strong>–</strong> Institut für Zukunfts <strong>Energie</strong> Systeme<br />
Altenkesseler Str. 17<br />
66115 Saarbrücken<br />
Tel. 0681 / 9762-840<br />
www.izes.de<br />
Transsolar <strong>Energie</strong>technik GmbH<br />
Curiestraße 2<br />
70563 Stuttgart<br />
Tel. 0711 / 67976-0<br />
www.transsolar.de<br />
TU Berlin<br />
Fakultät III , Institut für <strong>Energie</strong>technik<br />
Ernst-Reuter-Platz 1<br />
10587 Berlin<br />
Tel. 030 / 314-24215<br />
www.tu-berlin.de<br />
FVS LZE Themen 2005<br />
167
FVS LZE Themen 2005<br />
Impressum Themen 2005<br />
<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>Energie</strong> <strong>aus</strong> <strong>Sonne</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Erde</strong><br />
Her<strong>aus</strong>geber<br />
Dr. Gerd Stadermann<br />
ForschungsVerb<strong>und</strong> <strong>Sonne</strong>nenergie<br />
Kekuléstraße 5 12489 Berlin<br />
Telefon (030) 8062-1338<br />
Fax (030) 8062-1333<br />
E-Mail: fvs@hmi.de<br />
www.FV-<strong>Sonne</strong>nenergie.de<br />
Redaktion<br />
Dr. Gerd Stadermann<br />
Petra Szczepanski<br />
Design<br />
PEPERONI Werbeagentur GmbH<br />
Prenzlauer Allee 193 10405 Berlin<br />
Druck<br />
Oktoberdruck AG<br />
Rudolfstrasse 1-8 10245 Berlin<br />
Berlin, Februar 2006<br />
ISSN 0939-7582<br />
Diese Broschüre wurde auf chlorfrei<br />
gebleichtem Papier gedruckt.<br />
Die FVS-Jahrestagung 2005<br />
wurde gemeinsam veranstaltet mit der<br />
Landesinitiative Zukunftsenergien<br />
Nordrhein-Westfahlen<br />
Die FVS-Jahrestagung 2005<br />
unterstützten:<br />
B<strong>und</strong>esministerium für Umwelt, Naturschutz<br />
<strong>und</strong> Reaktorsicherheit (BMU)<br />
Alanod-Sunselect<br />
GmbH & Co. KG<br />
Paradigma <strong>Energie</strong>- <strong>und</strong> Umwelttechnik<br />
GmbH & Co. KG<br />
Der ForschungsVerb<strong>und</strong> <strong>Sonne</strong>nenergie<br />
wird gefördert vom:<br />
B<strong>und</strong>esministerium für Umwelt,<br />
Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit (BMU)<br />
B<strong>und</strong>esministerium für Wirtschaft<br />
<strong>und</strong> Technologie (BMWi)<br />
B<strong>und</strong>esministerium für Bildung<br />
<strong>und</strong> Forschung (BMBF)<br />
B<strong>und</strong>esministerium für Ernährung,<br />
Landwirtschaft <strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />
(BMELV)