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Wärme und Kälte – Energie aus Sonne und Erde

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Solare Kühlung Solarthermie<br />

Speicher<br />

Themen 2005<br />

Geothermie Solares Bauen Biomasse<br />

<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>–</strong><br />

<strong>Energie</strong> <strong>aus</strong> <strong>Sonne</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Erde</strong>


<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>–</strong><br />

<strong>Energie</strong> <strong>aus</strong> <strong>Sonne</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Erde</strong><br />

Jahrestagung des<br />

ForschungsVerb<strong>und</strong>s <strong>Sonne</strong>nenergie<br />

in Kooperation mit der<br />

Landesinitiative Zukunftsenergien NRW<br />

22. - 23.09.2005 in Köln<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Diese Publikation wurde durch das BMU gefördert.


4<br />

8<br />

12<br />

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45<br />

Inhalt<br />

Themen 2005<br />

Geleitworte<br />

B<strong>und</strong>esumweltministerium<br />

Rainer Hinrichs-Rahlwes Abteilungsleiter BMU<br />

Landesinitiative Zukunftsenergien NRW<br />

Dr. Frank-Michael Baumann Geschäftsführer<br />

der Landesinitiative Zukunftsenergien NRW<br />

Einführung <strong>und</strong> Überblick<br />

<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>n <strong>–</strong> Stand <strong>und</strong> Forschungsbedarf<br />

Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen DLR<br />

Dr. Joachim Nitsch DLR<br />

<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> der <strong>Sonne</strong><br />

Solarkollektoren <strong>–</strong> Technologien<br />

<strong>und</strong> Systemtechnik<br />

Dr. Wolfgang Eisenmann ISFH<br />

Harald Drück Universität Stuttgart, ITW<br />

Matthias Rommel Fraunhofer ISE<br />

Frank Späte Solar-Institut Jülich<br />

Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />

Dr. Wolfgang Heidemann Universität<br />

Stuttgart, ITW<br />

Dr. Christian Dötsch Fraunhofer UMSICHT<br />

Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen DLR<br />

Solare Prozesswärme für Industrie,<br />

Meerwasserentsalzung <strong>und</strong> Solarchemie<br />

Kl<strong>aus</strong> Hennecke DLR<br />

Dr. Ahmet Lokurlu SOLITEM GmbH<br />

Matthias Rommel Fraunhofer ISE<br />

Frank Späte Solar-Institut Jülich<br />

Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung <strong>–</strong><br />

Belüftung <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>rückgewinnung<br />

Dr. Hans-Martin Henning Fraunhofer ISE<br />

Prof. Dr. Rainer Braun FH Gelsenkirchen<br />

Dr. Ahmet Lokurlu SOLITEM GmbH<br />

Dr. Peter Nöres Fraunhofer UMSICHT<br />

56<br />

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75<br />

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<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> Biomasse<br />

Thermische Nutzung von Biomasse <strong>–</strong><br />

Ausgangsstoffe <strong>und</strong> Konversionsverfahren<br />

Prof. Dr. Hartmut Spliethoff ZAE Bayern<br />

Dr. Marina Braun-Unkhoff DLR<br />

Dr. Bernd Krautkremer ISET<br />

Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung zur effi zienten<br />

energetischen Nutzung von Biomasse<br />

Dr. Bernd Krautkremer ISET<br />

Helmut Böhnisch ZSW<br />

Dr. Ahmet Lokurlu SOLITEM GmbH<br />

<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> Geothermie<br />

Erschließung tiefer Geothermiequellen<br />

zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />

Dr. Ernst Huenges GFZ Potsdam<br />

Dr. Reinhard Jung GGA Hannover<br />

Dr. Peter Kehrer BGR Hannover<br />

Prof. Dr. Peter Kukla RWTH Aachen<br />

Prof. Dr. Axel Preuße RWTH Aachen<br />

Prof. Dr. Fritz Rummel Uni Bochum<br />

Prof. Dr. Hermann Josef Wagner Uni Bochum<br />

Energetische Nutzung von <strong>Wärme</strong>quellen<br />

niedriger Temperatur<br />

Prof. Dr. Felix Ziegler TU Berlin<br />

Dr. Wolfgang Eisenmann ISFH<br />

Dr. Hans-Martin Henning Fraunhofer ISE<br />

Dr. Silke Köhler GFZ Potsdam<br />

<strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe<br />

Geothermie<br />

Prof. Dr. Rolf Bracke FH Bochum<br />

Dr. Andreas Bühring Fraunhofer ISE<br />

Prof. Dr. Peter Müller FH Dortm<strong>und</strong><br />

Michael Wigbels Fraunhofer UMSICHT


90<br />

93<br />

99<br />

106<br />

111<br />

120<br />

126<br />

<strong>Energie</strong>versorgungssysteme<br />

Solarsiedlungen in NRW <strong>–</strong><br />

Erfahrungen <strong>und</strong> Perspektiven<br />

Andreas Gries LZE<br />

Dr. Hartmut Murschall Ministerium für<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> <strong>Energie</strong> NRW<br />

Prof. Dr. Hermann-Josef Wagner Uni Bochum<br />

<strong>Energie</strong>versorgung in Niedrigstenergie-<br />

Neubauwohnungen<br />

Dr. Christel Russ Fraunhofer ISE<br />

Dr. Joachim Göttsche Solar-Institut Jülich<br />

Solarisierung von Altbauten<br />

Prof. Dr. Bernhard Hoffschmidt<br />

Solar-Institut Jülich<br />

Helmut Böhnisch ZSW<br />

Dr. Joachim Göttsche Solar-Institut Jülich<br />

Sebastian Herkel Fraunhofer ISE<br />

Dezentrale <strong>Wärme</strong>einspeisung <strong>–</strong><br />

Integration in <strong>Wärme</strong>netze<br />

Michael Wigbels Fraunhofer UMSICHT<br />

Peter Michael Nast DLR<br />

Solarunterstützte Kraft-<strong>Wärme</strong>-<strong>Kälte</strong>-Kopplung<br />

<strong>–</strong> Hybridsysteme im Trend<br />

Dr. Ahmet Lokurlu SOLITEM GmbH<br />

Dr. Reiner Buck DLR<br />

Dr. Christian Dötsch Fraunhofer UMSICHT<br />

Dr. Hans-Martin Henning Fraunhofer ISE<br />

Thermische Speicher<br />

<strong>Wärme</strong>speicher für die H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />

Peter Schossig Fraunhofer ISE<br />

Dr. Christian Dötsch Fraunhofer Umsicht<br />

Harald Drück Universität Stuttgart, ITW<br />

Dr. Joachim Göttsche Solar-Institut Jülich<br />

Dr. Ernst Huenges GFZ<br />

Dr. Frank Kabus GTN<br />

Dr. Rainer Tamme DLR<br />

Speicherung für Hochtemperaturwärme<br />

Dr. Rainer Tamme DLR<br />

Dr. Joachim Göttsche Solar-Institut Jülich<br />

Dr. Thomas Nunez Fraunhofer ISE<br />

132<br />

140<br />

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168<br />

Nachhaltigkeit der <strong>Energie</strong>versorgung mit<br />

<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong><br />

Förderinstrumente für die Markteinführung <strong>–</strong><br />

das Erneuerbare-<strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />

Peter-Michael Nast DLR<br />

Dr. Ole Langniß ZSW<br />

Prof. Dr. Uwe Leprich IZES<br />

Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale<br />

erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />

Helmut Böhnisch ZSW<br />

Dr. Wolfram Krewitt DLR<br />

Dr. Frithjof Staiß ZSW<br />

Öffentlicher Abendvortrag<br />

<strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong><br />

komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />

Matthias Schuler Transsolar-<br />

<strong>Energie</strong>technik GmbH<br />

Abschlussdiskussion<br />

Anteil erneuerbarer <strong>Energie</strong>n an der <strong>Wärme</strong>erzeugung<br />

muss gesteigert werden<br />

Verzeichnisse<br />

Standorte der FVS-Mitgliedsinstitute<br />

Adressen der FVS-Mitgliedsinstitute<br />

Adressen von Institutionen der LZE<br />

Adressen weiterer Institutionen<br />

Impressum<br />

3


FVS LZE Themen 2005<br />

Rainer<br />

Hinrichs-Rahlwes<br />

Abteilungsleiter<br />

im BMU<br />

4<br />

Grußworte<br />

B<strong>und</strong>esumweltministerum<br />

Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />

unsere <strong>Energie</strong>versorgung ist ökologischer <strong>und</strong><br />

nachhaltiger geworden. Durch den Ausstieg <strong>aus</strong><br />

der Atomenergie <strong>und</strong> den rasanten Ausbau der<br />

erneuerbaren <strong>Energie</strong>n haben wir große Schritte<br />

in Richtung einer nachhaltigen Modernisierung<br />

des Industriestandortes Deutsch land gemacht.<br />

Dies hat international manches angestoßen <strong>und</strong><br />

manche Nachahmer gef<strong>und</strong>en. Die drei großen<br />

E der <strong>Energie</strong>politik sind inzwischen Allgemeingut<br />

geworden:<br />

<strong>Energie</strong>einsparung<br />

<strong>Energie</strong>effi zienz <strong>und</strong><br />

Erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />

Die beiden Hurrikane Katrina <strong>und</strong> Ophelia in<br />

diesem Jahr haben dramatisch deutlich gemacht,<br />

dass der Klimawandel Realität ist <strong>und</strong><br />

katastrophale Folgen haben kann. Ölpreise<br />

von inzwischen stabil 70 US-Dollar lassen jede<br />

Illusion, dass fossile <strong>Energie</strong> auf Dauer wieder<br />

billig sein wird, wie eine Seifenblase zerplatzen.<br />

Wir müssen deshalb unseren Weg <strong>–</strong> weg vom<br />

Öl, hin zu einer nachhaltigen, zukunftsfähigen<br />

<strong>Energie</strong>versorgung fortsetzen: in der Stromversorgung,<br />

im Verkehrssektor <strong>und</strong> im <strong>Wärme</strong>markt.<br />

Damit potenzielle Investoren Investitionssicherheit<br />

haben, bedarf es neben geeig ne ten<br />

Förderinstrumenten auch mittelfristiger<br />

Zielsetzungen:<br />

Wir wollen bis 2020 den Anteil der erneuer-<br />

baren <strong>Energie</strong>n am Stromverbrauch auf<br />

mindestens 20 % erhöhen.<br />

Wir wollen bis 2010 den Anteil der erneuer-<br />

baren <strong>Energie</strong>n am gesamten Primärenergie-<br />

bedarf auf 4,2 % zu erhöhen.<br />

Und wir wissen, dass Mitte dieses Jahrhun-<br />

derts keine Volkswirtschaft mehr überlebens-<br />

fähig sein wird, die nicht mindestens die<br />

Hälfte ihrer <strong>Energie</strong>n <strong>aus</strong> erneuerbaren<br />

Quellen bezieht.<br />

Rainer Hinrichs-Rahlwes Grußworte BMU<br />

Parallel dazu muss die Entkopplung des <strong>Energie</strong>-<br />

<strong>und</strong> Ressourcenverbrauchs vom Wirtschaftswachstum<br />

weiter gehen. Das Ziel lautet:<br />

Verdopplung der <strong>Energie</strong>produktivität bis 2020<br />

gegenüber 1990.<br />

Wo stehen wir heute?<br />

Nicht erst seit der internationalen Konferenz<br />

„renewables2004“ in Bonn blickt die Welt auf<br />

Deutschland beim Ausbau erneuer barer <strong>Energie</strong>n.<br />

Deutschland ist Weltmarktführer in der<br />

Wind- <strong>und</strong> Solar energie <strong>und</strong> erlebt <strong>–</strong> seit der<br />

Novellierung des Erneuerbare-<strong>Energie</strong>-Gesetzes<br />

(EEG) auch im Strombereich <strong>–</strong> einen beispiellosen<br />

Boom in der Bioenergie. Die erneuerbare<br />

<strong>Energie</strong>n-Branche bietet in zwisch en nach<br />

eigenen Aussagen 150.000 Arbeitsplätze,<br />

mit über 11 Milliarden Euro Umsatz.<br />

Deutsche Forscher erbringen Spitzenleistungen<br />

in Forschung <strong>und</strong> Entwicklung<br />

Dank dem EEG, dem Marktanreiz programm<br />

<strong>und</strong> der Forschungs förderung für erneuerbare<br />

<strong>Energie</strong>n <strong>–</strong> <strong>und</strong> natürlich aufgr<strong>und</strong> des Engagements<br />

von Wissenschaftlern <strong>und</strong> Investoren <strong>–</strong><br />

ist Deutschland führend sowohl in der Technikentwicklung<br />

als auch in der installierten Leistung.<br />

Im ersten Halbjahr 2005 kamen 11 % des Stroms<br />

<strong>aus</strong> erneuer baren <strong>Energie</strong>n! Im Jahr 2004 wurden<br />

durch die Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />

70 Millionen Tonnen CO 2 vermieden.<br />

Nachdem wir mit dem EEG für den Strombereich<br />

ein sehr effektives <strong>und</strong> erfolgreiches Instrument<br />

haben, gilt es nun, den erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>bereich eine ähnliche<br />

Dynamik zu verleihen. Das Thema dieser Jahres-<br />

tagung „<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>–</strong> <strong>Energie</strong> <strong>aus</strong> <strong>Sonne</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Erde</strong>“ liegt da genau richtig. Denn etwa<br />

ein Drittel der gesamten Endenergie stecken<br />

wir in die Heizung. Und nutzen dabei fast<br />

<strong>aus</strong>schließlich Öl <strong>und</strong> Gas <strong>–</strong> <strong>Energie</strong>träger, die<br />

wir immer teurer importieren müssen. Hier liegt<br />

ein gewaltiges Potenzial für regenerative <strong>Energie</strong>n.<br />

Während die Kosten von Kohle, Öl <strong>und</strong><br />

Gas in den letzten Jahren dramatisch gestiegen


Rainer Hinrichs-Rahlwes Grußworte BMU<br />

sind, gehen die Kosten der erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>n Schritt für Schritt zurück. Das liegt<br />

nicht zuletzt an der gut funktionierenden<br />

Kombination von Markteinführungshilfen <strong>und</strong><br />

Forschungs förderung, die in den letzten Jahren<br />

zu einer erheblichen Dynamik in der technologischen<br />

Entwicklung beigetragen hat. Denn<br />

Forschungsförderung kann nur sinnvoll betrieben<br />

werden im Zusammenspiel mit einer Markteinführungsstrategie.<br />

Eine gesteigerte Nachfrage<br />

ist notwendig, um die Anlagen durch Massenproduktion<br />

kostengünstiger zu machen <strong>und</strong><br />

um Anreize für weitere Forschung <strong>und</strong> Entwicklung<br />

zu geben.<br />

Die im ForschungsVerb<strong>und</strong> <strong>Sonne</strong>nenergie<br />

(FVS) kooperierenden Institute haben in den<br />

vergangenen Jahren entscheidend dazu beigetragen,<br />

dass wir auf dem Weg zu einer nachhaltigen<br />

<strong>Energie</strong>versorgung ein gutes Stück vorangekommen<br />

sind. Die Tagung zum Thema<br />

<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> dient der Präsentation neuer<br />

Technikentwicklungen zur Optimierung von<br />

KWK-Anlagen im Biomasse- <strong>und</strong> Geothermie-<br />

Bereich, zur Erhöhung des solaren Anteils an<br />

der Nahwärmeversorgung in Kombination mit<br />

Speichertechnologien, mit neuen Klimatisierungstechnologien<br />

sowie der Nutzung solarer<br />

Prozesswärme.<br />

Forschung <strong>und</strong> Entwicklung machen Technologien<br />

zur <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>erzeugung <strong>aus</strong> Solar-<br />

energie, Biomasse <strong>und</strong> Geothermie effi zienter<br />

<strong>und</strong> kostengünstiger. Den forschungs politischen<br />

Rahmen bildet das im Juni dieses Jahres vom<br />

B<strong>und</strong>eskabinett verabschiedete neue <strong>Energie</strong>forschungsprogramm,<br />

welches derzeit zur Notifi -<br />

zierung bei der Europäischen Kommission vorliegt.<br />

Es hat einen deutlichen Schwerpunkt bei<br />

erneuerbaren <strong>Energie</strong>n <strong>und</strong> rationeller <strong>Energie</strong>nutzung.<br />

Im laufenden H<strong>aus</strong>haltsjahr 2005 hat das<br />

B<strong>und</strong>esumweltministerium die Forschungs titel<br />

für erneuerbare <strong>Energie</strong>n bereits deutlich auf-<br />

gestockt: Während im Schnitt der letzten vier<br />

Jahre knapp 60 Millionen Euro verfügbar waren,<br />

sind es in diesem Jahr über 80 Millionen Euro.<br />

Für die nächsten Jahre sind weitere Zuwächse<br />

vorgesehen.<br />

Was wollen wir mit<br />

Forschungsförderung erreichen?<br />

Wir wollen:<br />

die umwelt- <strong>und</strong> naturverträgliche<br />

Weiterentwicklung der Techniken,<br />

den raschen Technologietransfer von der<br />

Forschung in den Markt,<br />

die noch bessere Integration ins Netz <strong>und</strong><br />

die weitere Senkung der Kosten.<br />

Lassen sie mich das an einigen Beispielen erläutern:<br />

Die Forschungsförderung im Bereich<br />

der Niedertemperatur-Solarthermie erhielt<br />

durch das Anfang 2004 veröffentlichte Forschungsprogramm<br />

Solarthermie2000plus eine<br />

neue Ausrichtung.<br />

Ziele sind:<br />

sinkende solare Nutzwärmekosten,<br />

höhere solare Deckungsanteile <strong>und</strong><br />

die Erschließung neuer Anwen dungs felder.<br />

In diesem Sinne wurden neue Schwerpunkte,<br />

wie solares Heizen, solares Kühlen <strong>und</strong> solare<br />

Prozesswärme festgelegt. Insbesondere im<br />

Mehrgeschoss wohnungsbau ist ein riesiger<br />

Nachholbedarf für Heizung <strong>und</strong> Kühlung vorhanden.<br />

Zusammen mit dem Ausbau solarer<br />

Nahwärmenetze sehe ich hier viel Entwicklungsbedarf.<br />

Auf öffentliches Interesse stoßen vor allem die<br />

geförderten Demonstrationsanlagen. Ein echtes<br />

Leuchtturmprojekt ist die „Solarunterstützte<br />

Nahwärmeversorgung“ in Crailsheim, Baden-<br />

Württemberg. Dort soll der Gesamtwärmebedarf<br />

eines neuen Wohngebietes zu 50 % <strong>aus</strong><br />

Solarenergie gedeckt werden.<br />

Auf dem Gebiet der Systemtechnik soll eine best-<br />

mögliche Kombination solar thermischer Systeme<br />

mit anderen CO 2 - freien <strong>Wärme</strong>erzeugungstechniken,<br />

z.B. Biomasse-Heizkesseln erreicht werden.<br />

Darüber hin<strong>aus</strong> sind neue Forschungs felder zu erschließen,<br />

insbesondere hinsichtlich solarer Prozesswärme<br />

<strong>und</strong> solarer Klima tisierung.<br />

Der Einsatz solarthermischer Systeme für Prozesswärme<br />

bei Temperaturen von ca. 100-250 °C<br />

(für Lebensmittelindustrie, Großküchen, Wäschereien)<br />

erfordert hoch effi ziente Kollektoren, um<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

5


FVS LZE Themen 2005<br />

6<br />

<strong>Wärme</strong>verluste deutlich zu senken. Bei der solar<br />

unterstützten Klimatisierung kommt es auf deren<br />

Kombination mit solarer Trinkwassererwärmung<br />

<strong>und</strong> Heizung zur Nutzung der Solarwärme in<br />

Zeiten ohne Kühlbedarf an.<br />

Erdwärme steht Tag <strong>und</strong> Nacht zur Verfügung,<br />

24 St<strong>und</strong>en an 365 Tagen im Jahr. Sie kann<br />

Strom für die Gr<strong>und</strong>last liefern. Die erste deutsche<br />

geothermische Stromerzeugungsanlage in<br />

Neustadt-Glewe in Mecklenburg-Vorpommern<br />

speist seit November 2003 Strom ins Netz.<br />

Nächstes Ziel ist es, Kosten <strong>und</strong> Risiken der<br />

Erschließung geothermischer <strong>Energie</strong> weiter<br />

zu senken. Noch verschlingt die Bohrung mehr<br />

als die Hälfte der gesamten Investitionskosten<br />

bei nicht völlig kalkulierbarem Investitionsrisiko.<br />

Wir wollen daher mehr geologische Gr<strong>und</strong> daten<br />

verfügbar machen <strong>und</strong> die geophysikalischen<br />

Methoden zur Lagerstättenerk<strong>und</strong>ung optimieren.<br />

Das Institut für Geo wissenschaftliche<br />

Gemeinschaftsaufgaben in Hannover (GGA)<br />

beginnt gerade mit dem Auf bau eines geothermischen<br />

Informationssystems. Es wird ab 2007<br />

vorhandene Daten be stände vernetzen, sie er-<br />

weitern <strong>und</strong> neue hinzufügen. Diese werden<br />

über Internetzugänge genutzt werden können.<br />

Außerdem muss die Bohrtechnologie auf die<br />

Anforderungen der Geothermie abgestimmt<br />

werden. Bisher wird weitgehend die Technologie<br />

der Öl- <strong>und</strong> Gasexploration genutzt. Für<br />

Geothermie wird aber mit größerem Durchmesser<br />

<strong>und</strong> in tieferen Schichten gebohrt. Hinzu<br />

kommt die stark variierende chemische Zusammensetzung<br />

der gelösten Stoffe im geför derten<br />

Wasser. Hier liegt eine Her<strong>aus</strong>forderung für<br />

Geologen, Ingenieure <strong>und</strong> Materialforscher.<br />

Gerade bei den jungen Technologien zur Nutzung<br />

erneuerbarer <strong>Energie</strong>n brauchen wir ein<br />

<strong>aus</strong>gewogenes Verhältnis von Gr<strong>und</strong>lagenforschung<br />

<strong>und</strong> angewandter Forschung bis hin zu<br />

Pilot- <strong>und</strong> Demonstrationsvorhaben. Ein breiter<br />

Einsatz von Solarthermie in den verschie denen<br />

Anwendungsfeldern ist nur mit weiteren Demonstrationsvorhaben<br />

möglich. Deshalb ist es<br />

erforderlich, dass Wissenschaft, Industrie <strong>und</strong><br />

potenzielle Projektträger wie Städte, Stadtwerke,<br />

Bauträger <strong>und</strong> Planungsbüros innovative Modellprojekte<br />

auf den Weg bringen.<br />

Rainer Hinrichs-Rahlwes Grußworte BMU<br />

Das seit 1999 laufende Marktanreizprogramm<br />

für erneuerbare <strong>Energie</strong>n ist bisher das wichtigste<br />

Instrument zum Ausbau der erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>bereich. R<strong>und</strong> zwei Drittel<br />

des Programms, das <strong>aus</strong> der Ökosteuer gespeist<br />

wird, gehen in die Förderung der Solarthermie.<br />

Das Mittelvolumen beträgt jährlich r<strong>und</strong> 200<br />

Millionen Euro. Zum über wiegen den Teil wird<br />

damit die Nutzung von Solarkollektoren bezuschusst.<br />

Ferner gehen die Mittel in die Darlehensförderung<br />

mit Teilschulderlassen für Biomasse-,<br />

Biogas- <strong>und</strong> Geothermieanlagen.<br />

Mit der am 1. Juli dieses Jahres in Kraft getretenen<br />

neuen Förderrichtlinie haben wir neue Anreize<br />

zur Förderung von heizungsunterstützenden<br />

Solarkollektoren gesetzt: Die Förder sätze für<br />

Kollektoren zur kombinierten Trinkwassererwärmungs-<br />

<strong>und</strong> Heizungs unterstützung wurden von<br />

110 € auf 135 € je Quadratmeter Kollektorfl äche<br />

erhöht. Weiterhin gefördert werden <strong>Wärme</strong>netze<br />

in Verbindung mit Biomasse- <strong>und</strong> Geothermieanlagen.<br />

Nachdem die Richtlinie nun von<br />

der EU notifi ziert ist, gelten seit dem 25. August<br />

dieses Jahres die neuen Förderkonditionen auch<br />

für klein- <strong>und</strong> mittelständische Unternehmen.<br />

Das Programm ist ein voller Erfolg: Allein für die<br />

Förderung von Solarkollektoren wurden seit<br />

Programmbeginn bis heute Zuschüsse in Höhe<br />

von 429 Millionen Euro gezahlt. Damit konnte<br />

allein in diesem Bereich ein Investitionsvolumen<br />

von 2,9 Milliarden Euro ange schoben werden.<br />

Und die Antragszahlen entwickelten sich in den<br />

letzten Wochen <strong>und</strong> Monaten weiter sehr<br />

positiv.<br />

Unterstützt werden diese Investitionsfördermaßnahmen<br />

durch drei Programme der Kreditanstalt<br />

für Wiederaufbau (KfW):<br />

Gebäudesanierungsprogramm<br />

Wohnraum-Modernisierungs-Programm<br />

Programm „Ökologisches Bauen“<br />

Trotz all dieser Erfolge: um für erneuerbare<br />

<strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>bereich eine ähnliche Erfolgsgeschichte<br />

zu schaffen wie in der Stromerzeugung,<br />

sind weitere systematische Anreize erforderlich.<br />

Wir arbeiten daher an einer gesetzlichen<br />

<strong>Wärme</strong>regelung, um die notwendigen langfristigen<br />

Rahmenbedingungen zu schaffen.


Rainer Hinrichs-Rahlwes Grußworte BMU<br />

Das Thema ist allerdings fachlich deutlich<br />

schwieriger schwieriger zu handhaben als im<br />

Strombereich, denn im <strong>Wärme</strong>bereich sind die<br />

Regelungen des EEG nicht einfach kopierbar.<br />

Dennoch wollen wir in naher Zukunft eine rechtlich,<br />

fachlich <strong>und</strong> wirtschaftlich tragfähige<br />

<strong>Wärme</strong>regelung entwickeln.<br />

Deshalb begrüße ich die Initiative des<br />

ForschungsVerb<strong>und</strong>s <strong>Sonne</strong>nenergie für ein<br />

Erneuerbare-<strong>Wärme</strong>energie-Gesetz ebenso wie<br />

den Vorschlag, anspruchsvolle Ziele für den<br />

Anteil regenerativer <strong>Wärme</strong> zu setzen. Ich denke<br />

diese Vorschläge für Ziele von mindestens 5 %<br />

Anteil erneuerbare <strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>bereich<br />

bis 2010 beziehungsweise 12 % bis 2020 werden<br />

in der Diskussion um das <strong>Wärme</strong>gesetz eine<br />

wichtige Rolle spielen.<br />

Doch vieles geht besser im europäischen<br />

Rahmen. Ich begrüße daher sehr die von der<br />

European Solar Thermal Industry Federation<br />

(ESTIF) unterstützte Initiative von Mechthild<br />

Rothe, die im Europäischen Parlament vorgeschlagen<br />

hat, eine EU-weite Regelung mit klaren<br />

Zielen <strong>und</strong> Förderinstrumenten zum Ausbau<br />

der erneuerbaren <strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong> bereich<br />

zu schaffen. Hervorheben möchte ich an dieser<br />

Stelle auch die Wissen schaftler des FVS, die sich<br />

derzeit mit viel Engagement für die Etablierung<br />

einer europäischen Solar thermie-Plattform<br />

unter dem Dach des EU-Forschungsrahmenprogramms<br />

einsetzen. Ich wünschen Ihnen für<br />

Ihr nächstes Treffen Mitte Oktober in Brüssel<br />

viel Erfolg, damit die Technologieplattform wie<br />

geplant im nächsten Frühjahr auf den Weg<br />

gebracht werden kann.<br />

Es gibt für erneuerbare <strong>Energie</strong>n in allen Anwendungs<br />

bereichen große Potenziale <strong>–</strong> aber auch<br />

weiterhin hohen Forschungsbedarf. Um auf den<br />

weltweit wachsenden Märkten unsere Spitzenposition<br />

halten zu können, müssen wir sowohl<br />

die Maßnahmen zur Markteinführung als auch<br />

die Forschungsförderung entschlossen fortsetzen<br />

<strong>und</strong> weiterentwickeln:<br />

Förderung im Strombereich fortführen<br />

im Verkehrsbereich weiter entwickeln <strong>und</strong><br />

bei der <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>erzeugung deutlich<br />

verstärken<br />

Mit dem Thema für Ihre Jahrestagung<br />

„<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n“<br />

sind Sie genau auf diesem richtigen Weg.<br />

Ich wünsche Ihnen <strong>–</strong> auch im Namen des<br />

B<strong>und</strong>esumweltministers <strong>–</strong> viel Erfolg <strong>und</strong><br />

erhöhte Wirksamkeit. Vielen Dank.<br />

Rainer Hinrichs-Rahlwes<br />

Abteilungsleiter im BMU<br />

Köln, 22. September 2005<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

7


FVS LZE Themen 2005<br />

Dr. Frank-Michael<br />

Baumann<br />

Geschäftsführer<br />

der Landesinitiative<br />

Zukunftsenergien NRW<br />

baumann@<br />

energieland.nrw.de<br />

8<br />

Landesinitiative<br />

Zukunftsenergien NRW<br />

Auch ich darf Sie zur Jahrestagung des<br />

ForschungsVerb<strong>und</strong>s <strong>Sonne</strong>nergie herzlich begrüßen.<br />

Ich freue mich, dass der FVS in diesem<br />

Jahr seine Hauptver anstaltung in Nordrhein-<br />

Westfalen, in Köln, durchführt. Der Forschungsverb<strong>und</strong><br />

<strong>Sonne</strong>nenergie ist mit seinen Tagungen<br />

ein gern gesehener Gast <strong>–</strong> nicht zuletzt weil zwei<br />

seiner namhaften Mitglieder von hier <strong>aus</strong> ihren<br />

Beitrag in die Arbeit des ForschungsVerb<strong>und</strong>s<br />

einbringen.<br />

Nordrhein-Westfalen (NRW) ist das <strong>Energie</strong>land<br />

Nummer Eins der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

<strong>und</strong> steht als energiewirtschaftliches Zentrum<br />

Europas in einer besonderen Verantwortung für<br />

die Entwick lung von zukunfts fähigen Techniken<br />

zur <strong>Energie</strong>um wandlung <strong>und</strong> -ver wendung aber<br />

auch zur Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen.<br />

In NRW arbeiten ca. 1 Millionen Beschäftigte im<br />

<strong>Energie</strong>bereich <strong>und</strong> in energieintensiven Branchen.<br />

30 % der deutschen Stromerzeugung<br />

fi ndet in NRW statt. 40 % der industriellen Ener -<br />

gieverbraucher haben ihren Sitz in NRW. Zudem<br />

ist NRW mit 90 % an der deutschen Steinkohleförderung<br />

<strong>und</strong> mit 50 % an der deutschen<br />

Braunkohleförderung beteiligt.<br />

Das Land an Rhein <strong>und</strong> Ruhr hat alles, um diese<br />

Spitzenposition zu behaupten <strong>und</strong> <strong>aus</strong>zubauen:<br />

NRW ist das <strong>Energie</strong>land<br />

www.<strong>Energie</strong>land.NRW.de<br />

NRW hat 18 Millionen Einwohner<br />

NRW hat 7 Millionen Arbeitnehmer<br />

Dr. Frank-Michael Baumann Grußworte LZE NRW<br />

<strong>aus</strong>geprägtes Know-how <strong>und</strong> moderne <strong>Energie</strong>techniken<br />

sind hier ebenso versammelt wie<br />

hohe Innovationskraft. Qualifi zierte Fachkräfte<br />

forschen <strong>und</strong> arbeiten in Unternehmen <strong>und</strong><br />

wissenschaftlichen Forschungsstätten <strong>–</strong> alles das<br />

hat NRW zum <strong>Energie</strong>land werden lassen <strong>–</strong> im<br />

klassischen Sinn, aber auch mit Perspektiven.<br />

Ein <strong>Energie</strong>land will <strong>und</strong> soll Nordrhein-Westfalen<br />

auch bleiben. Erklärtes Ziel der Landesregierung<br />

ist es, die Region auch zur Nummer Eins<br />

bei den Zukunftsenergien zu machen, um so<br />

vorhandene Arbeitsplätze zu sichern <strong>und</strong> neue<br />

zu schaffen, um Ressourcen zu schonen <strong>und</strong> den<br />

Klima- <strong>und</strong> Umweltschutz voran zu bringen.<br />

Um diese Her<strong>aus</strong>forderung zu meistern, bündelt<br />

die Landesinitiative Zukunftsenergien NRW<br />

vielfältige Kräfte. Sie ist als strategische Plattform<br />

für den Bereich der Zukunftsenergien zugleich<br />

Beratungsforum, Handlungsrahmen, Informations-,<br />

Kontakt- <strong>und</strong> Kooperationsbörse.<br />

Getragen von den nordrhein-westfälischen<br />

Ministerien für Wirtschaft, Innovation <strong>und</strong> Umwelt<br />

setzt sie die energiepolitischen Ziele der<br />

Landesregierung in die Tat um. Die politischen<br />

Vorgaben zielen darauf ab, die rationelle Umwandlung<br />

<strong>und</strong> Verwendung von <strong>Energie</strong> zu<br />

intensivieren, alle Möglichkeiten der <strong>Energie</strong>einsparung<br />

<strong>aus</strong>zuschöpfen, die Techniken zur<br />

Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n weiterzuentwickeln<br />

<strong>und</strong> die fossilen <strong>Energie</strong>träger klima-<br />

<strong>und</strong> umweltgerecht zu nutzen.<br />

Beschäftigte:<br />

<strong>Energie</strong>wirtschaft 150.000<br />

<strong>Energie</strong>intensive Gr<strong>und</strong>stoffbereiche 400.000<br />

Lieferanten von Vorprodukten 360.000<br />

In Deutschland hat NRW<br />

90% der Steinkohlen-Förderung<br />

50% der Braunkohlen-Förderung<br />

40% der industriellen <strong>Energie</strong>verbraucher<br />

33% der elektrischen <strong>Energie</strong>erzeuger<br />

Quelle: LZE NRW


Dr. Frank-Michael Baumann Grußworte LZE NRW<br />

Forschung<br />

WISSENSCHAFT<br />

AG Solar NRW<br />

Labor<br />

Ausbildung<br />

Getreu ihrem Motto „Neu denken, entschlossen<br />

handeln“, treibt die Landesinitiative Zukunftsenergien<br />

NRW den Innovationsprozess von<br />

der Forschung bis zur Markt einführung voran.<br />

Vor<strong>aus</strong> setzung dafür: unter dem Dach der Initiative<br />

bietet NRW eine durchgehende Förderung<br />

der <strong>Energie</strong>forschung <strong>und</strong> der technischen<br />

Entwicklung bis hin zur Demonstrationsförderung<br />

<strong>und</strong> Breitenförderung.<br />

Die Landesinitiative Zukunftsenergien spricht<br />

alle an, die sich mit Zukunftsenergien befassen:<br />

Industrie <strong>und</strong> Mittelstand, Handwerk <strong>und</strong> Baugewerbe,<br />

<strong>Energie</strong>erzeuger <strong>und</strong> Anlagenbauer,<br />

Forschung <strong>und</strong> Wissenschaft, Beratungsfi rmen<br />

<strong>und</strong> Ingenieurbüros, Gebäudeplaner <strong>und</strong><br />

Wohnungswirtschaft, Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung.<br />

Auch dies ist eines der Basisziele der Landesinitiative:<br />

<strong>Energie</strong> vereinen, um neue <strong>Energie</strong><br />

freizusetzen. Das geschieht in fachspezifi schen<br />

Arbeitsgruppen <strong>und</strong> Kompetenz-Netzwerken,<br />

in denen sich über 3.000 Experten <strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chen<br />

<strong>und</strong> aktiv an Projektideen arbeiten. Dabei ist<br />

die Initiative in unterschiedlichen Feldern aktiv:<br />

von Außenwirtschaft über Bauen <strong>und</strong> Wohnen,<br />

Biomasse, Brennstoffzelle <strong>und</strong> Wasserstoff,<br />

Geothermie, Kraftwerkstechnik, Photovoltaik<br />

<strong>und</strong> Solarthermie bis hin zu <strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong><br />

Wasserkraft. Regelmäßig treffen sich Experten,<br />

Kooperation Wissenschaft - Wirtschaft<br />

Innovationsprozesse<br />

Demonstration<br />

Funktionsnachweis/Technische Entwicklung<br />

Marktertüchtigung<br />

Markteinführung<br />

Weiterbildung<br />

www.<strong>Energie</strong>land.NRW.de<br />

WIRTSCHAFT<br />

REN-Programm<br />

Verbreitung<br />

Landesinitiative Zukunftsenergien NRW (Kooperations- <strong>und</strong> Informationsplattform)<br />

um die Entwicklung von <strong>Energie</strong>technologien<br />

voranzubringen, um Kooperationen <strong>und</strong><br />

Projekte zu initiieren. Moderiert werden die<br />

Arbeitsgruppen <strong>und</strong> Kompetenz-Netzwerke<br />

von anerkannten Experten ihres Faches.<br />

Dr. Frank-Michael Baumann<br />

Geschäftsführer<br />

Landesinitiative Zukunftsenergien NRW<br />

Markt<br />

Quelle: LZE NRW<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

9


Einführung<br />

<strong>und</strong> Überblick<br />

<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong><br />

erneuerbaren <strong>Energie</strong>n <strong>–</strong><br />

Stand <strong>und</strong> Forschungsbedarf<br />

11


FVS LZE Themen 2005<br />

Prof. Dr. Hans<br />

Müller-Steinhagen<br />

DLR<br />

hans.muellersteinhagen@dlr.de<br />

Dr. Joachim Nitsch<br />

DLR<br />

joachim.nitsch@dlr.de<br />

Abbildung 1<br />

Entwicklung<br />

des weltweiten<br />

Bedarfs an<br />

Primärenergie [1]<br />

12<br />

<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>n <strong>–</strong> Stand <strong>und</strong> Forschungsbedarf<br />

Zusammenfassung<br />

Aufgr<strong>und</strong> der steigenden Bevölkerung <strong>und</strong><br />

des zunehmenden Lebensstandards dürfte sich<br />

der Weltenergiebedarf bis zum Jahr 2050 mehr<br />

als verdoppeln. Fossile Primärenergieträger,<br />

wie Erdöl, Erdgas oder Kohle sind nur begrenzt<br />

vorhanden oder belasten das globale Klima<br />

in unzumutbarer Weise. Sie müssen daher in<br />

zunehmendem Maße durch erneuerbare Ener-<br />

gien ersetzt werden. Dies stellt auch für die<br />

Bereitstellung von <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> eine<br />

enorme Her<strong>aus</strong>forderung dar. In Deutschland<br />

werden dafür derzeit knapp 60 % des Endenergieverbrauchs<br />

eingesetzt. Hierbei werden,<br />

abhängig von den jeweils vorhandenen <strong>Energie</strong>arten<br />

<strong>und</strong> Strukturen, sowohl zentrale als auch<br />

dezentrale Technologien zum Einsatz kommen.<br />

Dieser Einführungsvortrag zur Jahrestagung<br />

2005 des FoschungsVerb<strong>und</strong>s <strong>Sonne</strong>n energie<br />

zeigt, mit welchen Technologien eine zukunftsfähige<br />

Versorgung mit <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> erreicht<br />

werden kann, <strong>und</strong> wo der Forschungsbedarf für<br />

Primärenergie, EJ/Jahr<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />

konventionelle<br />

Biomassennutzung<br />

erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />

Kernenergie<br />

Erdgas<br />

Erdöl<br />

Kohle<br />

einen zeitnahen Übergang zu einem signifi kanten<br />

Anteil an erneuerbaren <strong>Energie</strong>trägern liegt.<br />

Einleitung<br />

Weltweit steht die <strong>Energie</strong>wirtschaft vor Her<strong>aus</strong>forderungen,<br />

deren erfolgreiche Bewältigung<br />

eine wesentliche Vor<strong>aus</strong>setzung für das zukünftige<br />

Wohlergehen der Menschheit sein wird.<br />

Durch die wachsende Weltbevölkerung <strong>und</strong><br />

den im Mittel steigenden Wohlstand wird das<br />

bisherige Wachstum des globalen Primärenergiebedarfs<br />

auf absehbare Zeit weiter anhalten<br />

(Abb. 1). Eine zweite, das Problem verschärfende<br />

Entwicklung stellt die absehbare <strong>und</strong> schon<br />

heute spürbare Verknappung der fossilen<br />

<strong>Energie</strong>träger dar. Erdöl <strong>und</strong> Erdgas werden<br />

bereits in den kommenden Jahrzehnten ihr<br />

Fördermaximum überschreiten. Drittens <strong>–</strong> <strong>und</strong><br />

vielleicht entscheidend <strong>–</strong> besteht heute weitgehend<br />

Konsens, dass die Freisetzung von Treibh<strong>aus</strong>gasen,<br />

insbesondere des bei Verbren-<br />

1870 1880 1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000<br />

Jahr


Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />

nungsprozessen entstehenden CO 2 , in die<br />

Erdatmosphäre erheblich zu den Klimaveränderungen<br />

beiträgt.<br />

Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten,<br />

müssen wesentlich effi zientere <strong>und</strong> schadstoffärmere<br />

<strong>Energie</strong>wandlungstechnologien eingesetzt<br />

werden, die zur verbesserten Nutzung<br />

fossiler Primärenergieträger, sowohl für die stationäre<br />

<strong>Energie</strong>versorgung als auch für portable<br />

<strong>und</strong> mobile Anwendungen führen. Diese Maßnahmen<br />

werden allein jedoch nicht <strong>aus</strong>reichend<br />

sein, um eine nachhaltige <strong>Energie</strong>versorgung<br />

bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Umweltschonung<br />

zu sichern. Zukünftige Technologien<br />

für die <strong>Energie</strong>breitstellung müssen den folgenden<br />

Her<strong>aus</strong> forderungen genügen:<br />

Sicherheit <strong>und</strong> Zuverlässigkeit<br />

Effi zienz<br />

Schonung der natürlichen Ressourcen<br />

Vermeidung von Emissionen<br />

Wirtschaftlichkeit<br />

Eine Analyse der vorhandenen Möglichkeiten<br />

für die <strong>Energie</strong>bereitstellung zeigt, dass diese<br />

Ziele mittel- bis langfristig nur durch den<br />

beschleunigten <strong>und</strong> weitgehenden Einsatz von<br />

erneuerbaren <strong>Energie</strong>trägern erreicht werden<br />

können. Dieses Bewusstsein hat sich inzwischen<br />

auch in der deutschen Politik <strong>und</strong> der Öffentlichkeit<br />

etabliert. Allerdings fokussiert man sich<br />

weitgehend auf die Strom- <strong>und</strong> Kraftstofferzeugung<br />

<strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n. Tatsächlich<br />

haben die Anwendungen dieser <strong>Energie</strong>träger in<br />

Form von mechanischer <strong>Energie</strong> (mobile <strong>und</strong><br />

stationäre Antriebskraft), Beleuchtung <strong>und</strong><br />

Informationstechnik jedoch nur einen Anteil von<br />

knapp 42 % am gesamten deutschen Endenergieverbrauch<br />

(Abb. 2). Wesentlich größer ist<br />

mit gut 58 % der Endenergiebedarf für die<br />

<strong>Wärme</strong>bereitstellung (Raumwärme, Prozesswärme,<br />

Warmwasser).<br />

Hierin liegt ein sehr großes Potenzial für eine<br />

weit reichende <strong>und</strong> kostengünstige Versorgung<br />

auf der Basis von erneuerbaren <strong>Energie</strong>n. Hinzu<br />

kommt, dass im Vergleich zur Strom- oder<br />

Treib stoffherstellung die Umwandlung der Primär-<br />

in Nutzenergie einfacher <strong>und</strong> effektiver ist.<br />

Endenergie 9218 PJ/a<br />

Warmwasser + Prozesswärme 25,6 %<br />

Raumheizung 32,7 %<br />

Beleuchtung <strong>und</strong> Informations<strong>und</strong><br />

Kommunikationstechniken 3,5 %<br />

Mechanische <strong>Energie</strong> 38,2 %<br />

Heute werden für die <strong>Wärme</strong>bereitstellung im<br />

H<strong>aus</strong>haltsbereich vorwiegend Mineralöl <strong>und</strong><br />

Gas in Heizkesseln eingesetzt; in der Industrie<br />

kommt Kohle hinzu. Aus der effi zienten Kraft-<br />

<strong>Wärme</strong>-Kopplung (KWK) werden derzeit lediglich<br />

14 % des <strong>Wärme</strong>bedarfs bereitgestellt.<br />

(Abb. 3). Auch Strom wird, trotz höherer Kosten<br />

<strong>und</strong> geringerem energetischen Wirkungs grad,<br />

in erheblichem Ausmaß zur <strong>Wärme</strong>erzeugung,<br />

insbesondere im Prozesswärmebereich, eingesetzt.<br />

Der Raumheizungsverbrauch kann im Zuge<br />

einer umfassenden Altb<strong>aus</strong>anierung deutlich reduziert<br />

werden; allein dadurch könnte der gesamte<br />

<strong>Wärme</strong>verbrauch bis 2050 um über 40 %<br />

sinken [3]. Aus energiewirtschaftlichen <strong>und</strong> um-<br />

weltrelevanten Gründen sollte die <strong>Wärme</strong>versorgung<br />

mittels Nahwärmenetzen (KWK mit fossilen<br />

<strong>und</strong> mit biogenen <strong>Energie</strong>n, solare Nahwärme,<br />

Erdwärme) deutlich zunehmen <strong>und</strong> im Jahr<br />

2050 r<strong>und</strong> zwei Drittel der <strong>Wärme</strong> bereitstellen.<br />

Die Verwendung von Heizöl kann dann fast<br />

vollständig verschwinden; auch der Verbrauch<br />

von Gas in Einzelheizungen wird deutlich<br />

reduziert. Sein Einsatz verschiebt sich deutlich<br />

zur KWK in Heizkraftwerken <strong>und</strong> Blockheizkraftwerken<br />

(BHKW). Der Beitrag der erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>n an der <strong>Wärme</strong>versorgung ist<br />

mit 4,2 % (2004) noch gering. Er kann in dem<br />

zugr<strong>und</strong>e liegenden Ausb<strong>aus</strong>zenario (Abb. 3),<br />

nicht zuletzt wegen der deutlichen Verringerung<br />

des Absolutverbrauchs, auf einen Anteil von<br />

44 % im Jahr 2050 steigen.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 2<br />

Zusammensetzung<br />

des deutschen<br />

Endenergieverbrauchs<br />

im Jahr 2003 nach<br />

Bedarfsarten [2]<br />

13


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 3<br />

Struktur der <strong>Wärme</strong>bereitstellung(Raumwärme,<br />

Warmwasser,<br />

Prozesswärme) im<br />

Szenario Naturschutz-<br />

Plus [3]<br />

Abbildung 4<br />

Beitrag regenerativer<br />

<strong>Energie</strong>n (REG) zur<br />

zukünftigen <strong>Wärme</strong>versorgung<br />

[3]<br />

14<br />

Endenergieeinsatz [PJ/a]<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

Aus der gleichen Untersuchung [3] stammt<br />

Abb. 4, die den deutlich wachsenden Beitrag<br />

erneuerbarer <strong>Energie</strong>n zur zukünftigen <strong>Wärme</strong>versorgung<br />

zeigt. Von heute 172 PJ/a (einschließlich<br />

des Anteils erneuerbaren Stroms<br />

für <strong>Wärme</strong>) wachsen sie um das Achtfache auf<br />

1370 PJ im Jahr 2050. Einzelheizungen mit Holz<br />

[PJ/a]<br />

1500<br />

1250<br />

1000<br />

750<br />

500<br />

250<br />

0<br />

172<br />

Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />

2000 2010 2020 2030 2040 2050<br />

307<br />

563<br />

844<br />

1.151<br />

1.373<br />

2000 2010 2020 2030 2040 2050<br />

REG-Strom für <strong>Wärme</strong><br />

Geothermie<br />

Kollektoren Nahwärme<br />

Kollektoren Einzelanlagen<br />

Biomasse Nahwärme<br />

Biomasse Einzelheizung<br />

Einsparung durch erhöhte Effi zienz<br />

Strom<br />

Gas direkt<br />

Öl/Kohle<br />

Erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />

KWK einschließlich Biomasse<br />

liefern heute die größten Beiträge, sie werden<br />

jedoch nur noch relativ gering zunehmen.<br />

Solarkollektoren <strong>und</strong> Erdwärme, die heute sehr<br />

geringe Beiträge liefern, werden zunehmend an<br />

Bedeutung gewinnen. Auffällig ist die starke<br />

Zunahme von Nahwärmeversorgungssystemen.<br />

Solarthermische Kollektoren können nur mittels<br />

großer Kollektorfelder <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>speicher<br />

Raumwärmedeckungsgrade über 20 % ermöglichen,<br />

auch Erdwärme <strong>und</strong> effi ziente Biomassenutzung<br />

benötigen Nahwärmesysteme zur<br />

effektiven <strong>Wärme</strong>integration. Wegen der langen<br />

Zeitkonstanten im Baubereich muss mit den<br />

entsprechenden Investitionen <strong>und</strong> Planung früh<br />

begonnen werden; auch im Altbaubereich sollte<br />

bei anstehenden Sanierungen die Verlegung von<br />

Nahwärmenetzen als erste Option überprüft<br />

werden.<br />

Nutzkälte für Lebensmittelkonservierung,<br />

Verfahrenstechnik <strong>und</strong> Raumklimatisierung ist<br />

eine andere Form des thermischen <strong>Energie</strong>bedarfs,<br />

die zukünftig an Bedeutung gewinnen<br />

wird. Auch hier bestehen Möglichkeiten, für<br />

die dafür benötigte Primärenergie erneuerbare<br />

<strong>Energie</strong>n einzusetzen.<br />

Um das notwendige Wachstum zu erreichen,<br />

benötigen die meisten Verfahren zur wärmetechnischen<br />

Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>träger<br />

noch beträchtliche technologische Weiterent-


Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />

wicklungen <strong>und</strong> eine erhebliche Reduktion<br />

der derzeitigen <strong>Wärme</strong>bereitstellungskosten.<br />

Die folgenden Kapitel geben deshalb einen<br />

Überblick über den derzeit erreichten Stand<br />

<strong>und</strong> den notwendigen Forschungs- <strong>und</strong><br />

Entwicklungsbedarf.<br />

<strong>Wärme</strong>technische Nutzung<br />

von Biomasse<br />

Biomasse trägt heute zu mehr als der Hälfte der<br />

in Deutschland <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>trägern<br />

erzeugten Endenergie bei. Sie dient der Bereitstellung<br />

von <strong>Wärme</strong>, Strom <strong>und</strong> biogenen Kraftstoffen.<br />

Europaweit stammen zwei Drittel der<br />

genutzten erneuerbaren <strong>Energie</strong> <strong>aus</strong> Biomasse<br />

<strong>und</strong> 4 % der Gesamtenergie (Zielsetzung 2010:<br />

10 %). Wesentlich für die Wirtschaftlichkeit der<br />

Biomassenutzung sind die Kosten der Einsatzstoffe,<br />

die heute von Althölzern über preiswerte<br />

Reststoffe bis hin zu den teureren nachwachsenden<br />

Rohstoffen reichen. Dementsprechend groß<br />

Restholz. kostenfrei<br />

Industrierestholz<br />

Waldrestholz<br />

Platage<br />

Industrierestholz<br />

Waldrestholz<br />

Plantage<br />

Waldrestholz<br />

Plantage<br />

5 MW ; Restholz<br />

th<br />

5 MW ; Waldrestholz<br />

th<br />

300 KW ; Waldrestholz<br />

th<br />

Stroh<br />

Biogas, 250 GVE<br />

Biogas MWGas<br />

Biogas, 120 GVE<br />

0 2 4 6 8 10<br />

Cent/kWh<br />

ist die Bandbreite der resultierenden <strong>Energie</strong>gestehungs<br />

kosten (Abb. 5). Eine der wirtschaftlich<br />

günstigsten Optionen ist heute der Einsatz<br />

von Altholz in Dampfturbinen- (Heiz-) Kraftwerken,<br />

der seit langem Stand der Technik ist.<br />

Durch die Gaserzeugung <strong>aus</strong> festen Biobrennstoffen<br />

können wesentlich vielfältigere Einsatzbereiche<br />

erschlossen werden. Diese Option ist<br />

allerdings technisch noch nicht <strong>aus</strong>gereift <strong>und</strong><br />

heute noch relativ kostspielig. Langfristig wird<br />

erwartet, dass mit der Nutzung von Holzgas<br />

sowohl in kleinen BHKW-Einheiten (Motoren<br />

<strong>und</strong> Brennstoffzellen) als auch in Gas- <strong>und</strong><br />

Dampfturbinen-Kraftwerken (GuD) sehr günstige<br />

Stromerzeugungskosten erreicht werden<br />

können. Ein großes Potenzial für die Nutzung<br />

fester Biomasse besteht auch in Kleinan lagen<br />

<strong>und</strong> größeren Heizzentralen <strong>und</strong> -werken mit<br />

Nahwärmenetzen zur <strong>Wärme</strong>er zeu gung. Im<br />

Hinblick auf eine möglichst umweltverträgliche<br />

Nutzung der Biomasse sollte vorerst insbesondere<br />

die Nutzung von Reststoffen in Frage<br />

kommen.<br />

Dampf-HKW; 3 MW el<br />

Holzheizwerk; 3,2 MW th<br />

Holzeinzelheizung; 40 kW th<br />

Holzvergaser <strong>und</strong> BHKW<br />

Stromheizwerk<br />

Biogasanlage <strong>und</strong> BHKW<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 5<br />

Kosten der <strong>Wärme</strong>nutzung<br />

<strong>aus</strong> Biomasse [1]<br />

15


FVS LZE Themen 2005<br />

16<br />

In Deutschland hat in den letzten Jahren<br />

„Biodiesel“ <strong>aus</strong> Rapsmethylester (RME) an<br />

Bedeutung gewonnen. Auch andere Verfahren<br />

zur Erzeugung von synthetischen Kraftstoffen<br />

<strong>aus</strong> biogenen Synthesegasen werden eine zunehmend<br />

wichtige Rolle spielen. Es besteht<br />

damit eine Konkurrenz bei der Nutzung der<br />

verfügbaren Biomasse im Hinblick auf die Herstellung<br />

von Flüssigtreibstoffen oder die <strong>Wärme</strong>-<br />

<strong>und</strong> Stromerzeugung. Systemstudien haben<br />

gezeigt, dass für den Einsatz biogener Reststoffe<br />

die stationäre Verwendung zu bevorzugen ist.<br />

Zum einen sind die Ausbeuten an Nutzenergie<br />

höher als im Verkehrsbereich, zum anderen<br />

liegen die CO 2 -Vermeidungskosten bei den<br />

Biokraftstoffen deutlich über denen der Bioenergieträger<br />

für die stationäre Nutzung.<br />

Ohne eine strategische Gewichtung der beiden<br />

Einsatzmöglichkeiten vornehmen zu wollen<br />

kann davon <strong>aus</strong>gegangen werden, dass <strong>aus</strong><br />

wirtschaftlichen <strong>und</strong> ökologischen Gründen<br />

ein signifi kant größerer Teil der Biomasse zur<br />

<strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> Strombereitstellung eingesetzt<br />

werden wird.<br />

Bei der wärmetechnischen Biomassenutzung<br />

besteht derzeit folgender Forschungs- <strong>und</strong><br />

Entwicklungsbedarf:<br />

Rohmaterial<br />

Produktion, Versorgungsketten,<br />

Aufbereitung, Standardisierung,<br />

weit reichende Lebenszyklusanalysen<br />

<strong>Energie</strong>wandlung<br />

emissionsarme Verbrennung,<br />

Gaserzeugung <strong>aus</strong> Biomasse,<br />

Pyrolyse, Fermentation,<br />

Wasserstoff/Syngas-Produktion,<br />

dezentrale KWK, System- <strong>und</strong><br />

Umweltanalysen<br />

Endnutzung<br />

Marktanalysen, Logistik, Optimierung<br />

von Brennstoffen <strong>und</strong> Nutzungstechnologien,<br />

Planungsmodelle<br />

<strong>und</strong> -software<br />

Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />

Geothermische Bereitstellung<br />

von <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong><br />

Die Nutzung von Erdwärme kann entsprechend<br />

der Bohrtiefe in oberfl ächennahe (bis zu mehreren<br />

10 m) <strong>und</strong> tiefe Geothermie (bis zu 5000 m)<br />

unterschieden werden. Die Bohrtiefe hängt<br />

hierbei von der jeweiligen Nutzung (z. B. Raumwärme<br />

oder Stromerzeugung) <strong>und</strong> von dem<br />

Temperaturprofi l in zunehmender Tiefe ab.<br />

In einigen Gebieten können außerdem natürlich<br />

vorhandene Thermalquellen zu Heizzwecken<br />

eingesetzt werden.<br />

Oberfl ächenahe Geothermie wird in Deutschland<br />

schon seit langem zur Bereitstellung von <strong>Wärme</strong><br />

genutzt, z. B. mit <strong>Wärme</strong>pumpen (Abb. 6).<br />

Für die Umwandlung von Umgebungs wärme<br />

niedriger Temperatur in Nutzwärme höherer<br />

Temperaturen muss zusätzliche <strong>Energie</strong> in Form<br />

von elektrischem Strom, mechanischer Arbeit<br />

oder Verbrennungswärme aufgewendet werden.<br />

Weiterhin können <strong>Wärme</strong>pumpen entsprechend<br />

der genutzten <strong>Wärme</strong>quelle (Erdreich, Umgebungsluft,<br />

Fluss-, Gr<strong>und</strong>- oder Abwasser) <strong>und</strong><br />

des eingesetzten <strong>Wärme</strong>trägers (Wasser oder<br />

Luft) unterschieden werden.<br />

Nach einem anfänglich steilen Anstieg ist der<br />

deutsche <strong>Wärme</strong>pumpenmarkt in der Mitte der<br />

1980er Jahre fast völlig zusammengebrochen.<br />

Ursache hierfür waren die rückläufi gen Heizölpreise<br />

<strong>und</strong> die unzureichende Ausgereiftheit der<br />

auf dem damaligen Markt angebotenen Geräte.<br />

Inzwischen haben die in Deutschland erhältlichen<br />

<strong>Wärme</strong>pumpen einen hohen technischen<br />

Stand erreicht, der, zusammen mit den deutlich<br />

ansteigenden Heizölpreisen, zu einem erneuten<br />

Anstieg der Verkaufzahlen geführt hat (Abb. 7).<br />

Ende 2004 waren in Deutschland Heizungswärmepumpen<br />

(WP) mit einer gesamten<br />

Heizleistung von 17 PJ installiert, von denen<br />

64 % <strong>aus</strong> Erdwärme, 12 % <strong>aus</strong> Gr<strong>und</strong>wasser<br />

<strong>und</strong> 24 % <strong>aus</strong> der Umgebungsluft gewonnen<br />

wurden. Trotzdem sind noch beträchtliche<br />

Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsarbeiten notwendig,<br />

um das große Potenzial von <strong>Wärme</strong>pumpen<br />

<strong>aus</strong>zuschöpfen, wie zum Beispiel:


Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />

verkaufte Heizungs-<strong>Wärme</strong>pumpen<br />

10000<br />

9000<br />

8000<br />

7000<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

Heizungs-WP<br />

<strong>Wärme</strong>quelle<br />

Luft<br />

Wasser<br />

Erdreich<br />

1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002<br />

Jahr<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 6<br />

Erdwärmekollektoren<br />

<strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>pumpe<br />

Abbildung 7<br />

Jährlicher Absatz von<br />

<strong>Wärme</strong>pumpen in<br />

Deutschland [4]<br />

17


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 8<br />

Temperaturen in<br />

5000 m Tiefe [5]<br />

18<br />

> 240 °C<br />

200 - 240 °C<br />

180 - 200 °C<br />

160 - 180 °C<br />

140 - 160 °C<br />

120 - 140 °C<br />

100 - 120 °C<br />

80 - 100 °C<br />

60 - 80 °C<br />

< 60 °C<br />

Steigerung der Effi zienz,<br />

innovative <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>speicher,<br />

neue <strong>Kälte</strong>mittel,<br />

höhere Vorlauftemperaturen für<br />

Heizungsmodernisierung,<br />

wirtschaftliche Gaswärmepumpen <strong>und</strong><br />

die Nutzung von <strong>Wärme</strong> <strong>aus</strong> Abwässern.<br />

In geeigneten Regionen Deutschlands (Abb. 8)<br />

wird derzeit der Betrieb von Pilotanlagen zur<br />

geoth ermischen Stromerzeugung <strong>und</strong> Kraft-<br />

<strong>Wärme</strong>-Kopplung vorbereitet. So konnte im<br />

November 2003 das erste deutsche Erdwärme-<br />

Kraftwerk in Neustadt-Glewe mit einer Leistung<br />

von 210 kW in Betrieb genommen werden.<br />

Eine ökonomische <strong>und</strong> ökologische Nutzung der<br />

Geothermie zur Stromerzeugung setzt allerdings<br />

die Verwendung der überschüssigen <strong>Wärme</strong>energie<br />

vor Ort oder im nahen Umkreis vor<strong>aus</strong>.<br />

Nur durch den erheblichen Ausbau von <strong>Wärme</strong>verteilnetzen<br />

für die KWK kann das große<br />

strukturelle Potenzial von r<strong>und</strong> 60 TWh Strom<br />

pro Jahr in Deutschland erschlossen werden.<br />

Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />

Über die Hälfte der Kosten bei der Erschließung<br />

<strong>und</strong> energietechnischen Nutzung von tief<br />

gelegener Erdwärme wird durch die Bohrung<br />

selbst verursacht. Es ist deshalb nicht überraschend,<br />

dass auf diesem Sektor noch der größte<br />

Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsbedarf vorliegt:<br />

Geodaten <strong>und</strong> Vorabinformation<br />

Akquisition, Analyse <strong>und</strong> Interpretation von<br />

geophysikalischen, geologischen <strong>und</strong><br />

geochemischen Daten, Übertragbarkeit von<br />

Laborexperimenten<br />

Bohren <strong>und</strong> Stimulation<br />

Neue Technologien (z. B. Mikro-, Laser-<br />

bohren), in-situ Messtechniken, Modellie-<br />

rung, neue (physikalische, chemische)<br />

Stimulationsverfahren, Bestimmung der<br />

Parameter zum Aufbrechen des Gesteins<br />

Nutzung<br />

Einphasige <strong>und</strong> mehrphasige <strong>Wärme</strong>übertragung,<br />

Tiefpumpen, Nutzungsstrategien,<br />

Risikoanalysen


Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />

jährlich installierte Leistung [WM thermisch ]<br />

700<br />

630<br />

560<br />

490<br />

420<br />

350<br />

280<br />

210<br />

140<br />

70<br />

0<br />

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />

Flachkollektoren Vakuumröhrenkollektoren Trend<br />

Solare <strong>Wärme</strong>bereitstellung<br />

Kleine Kollektorsysteme<br />

Kleinere solarthermische Kollektorsysteme für<br />

Brauchwassererwärmung oder Heizungsunterstützung<br />

sind heute technisch weit entwickelt<br />

<strong>und</strong> werden dank gezielter Förderung vielfältig<br />

eingesetzt. Die jährlich neu installierte thermische<br />

Leistung der beiden in Deutschland über-<br />

wiegend verwendeten Bauformen „Flachkollektor“<br />

<strong>und</strong> „Vakuumröhren kollektor“ ist in Abb. 9<br />

dargestellt. In diesen Technologien <strong>und</strong> den<br />

dazugehörigen <strong>Wärme</strong>speichern <strong>und</strong> Regelsystemen<br />

ist die deutsche Industrie weltweit<br />

führend.<br />

Insgesamt sind in Deutschland derzeit solarthermische<br />

Kollektoren mit einer Gesamtfl äche<br />

von etwa 7 Millionen Quadratmetern installiert,<br />

mit denen pro Jahr 250 Millionen Liter Heizöl<br />

bzw. Kubikmeter Erdgas eingespart werden.<br />

In keinem anderen europäischen Land werden<br />

mehr solarthermische Kollektoren hergestellt<br />

als in Deutschland <strong>–</strong> der weltweit mit Abstand<br />

größte Produzent ist jedoch die VR China, in<br />

der pro Jahr etwa 7 Millionen Quadrat meter<br />

an solarthermischen Kollektoren hergestellt<br />

werden (Abb. 10).<br />

Einem 2004 von führenden Kollektorherstellern<br />

<strong>und</strong> Forschungsinstituten für das B<strong>und</strong>es um -<br />

welt ministerium verfassten Strategiepapier kann<br />

entnommen werden, dass für eine weitere Verbreitung<br />

von solarthermischen Anlagen beson-<br />

China 76 %<br />

Europa 12 %<br />

Türkei / Israel 6 %<br />

Japan 2 %<br />

ROW 4 %<br />

ders die folgenden Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsarbeiten<br />

notwendig sind:<br />

Innovative Speicher- <strong>und</strong> Kollektorkonzepte<br />

effi ziente <strong>und</strong> kostengünstige Materialien<br />

adaptive Regelung <strong>und</strong> Steuerung<br />

Simulations-Software für Gebäudeintegration<br />

<strong>und</strong> Städteplanung<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 9<br />

Entwicklung des<br />

deutschen Solarthermie-Marktes<br />

[6]<br />

Abbildung 10<br />

Weltmarkt für<br />

solarthermische<br />

Kollektoren [7]<br />

19


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 11<br />

Typischer Bedarf<br />

an Prozesswärme<br />

bei verschiedenen<br />

Temperaturen<br />

20<br />

Nahwärmesysteme mit<br />

Langzeitwärmespeichern<br />

Mit einzelnen solarthermischen Anlagen lassen<br />

sich in Deutschland bis zu 70 % des Warmwasserbedarfs<br />

<strong>und</strong> 15-20 % des Raumheizungsbedarfs<br />

solar decken. Im Gegensatz dazu kann<br />

mit Anlagen, die mit großen saisonalen oder<br />

mehrwöchigen <strong>Wärme</strong>speichern <strong>aus</strong>gestattet<br />

sind, bis zu 50 % des Gesamtwärmebedarfs<br />

erreicht werden. In Kombination mit solaren<br />

Nahwärmesystemen könnten solche Langzeitwärmespeicher<br />

dazu beitragen, große Teile des<br />

gesamten Niedertemperaturwärmemarktes in<br />

Deutschland mit solarer <strong>Energie</strong> zu versorgen.<br />

Hierfür stehen erste Pilotanlagen zur Verfügung.<br />

Entscheidend für die Markteinführung werden<br />

geringe Speicherkosten <strong>und</strong> eine <strong>aus</strong>reichende<br />

Nutzwärme<strong>aus</strong> beute sein (Minimierung von<br />

Speicher- <strong>und</strong> Netzverlusten). Bei Anlagen mit<br />

saisonaler <strong>Wärme</strong>speicherung liegt der Anteil<br />

des Speichers an den Gesamtkosten heute noch<br />

bei über 50 %. Trotz der hohen Speicherkosten<br />

sind die solaren <strong>Wärme</strong>kosten einer großen<br />

Solaran lage mit saisonaler Speicherung schon<br />

heute nicht höher als bei den weit verbreiteten<br />

klei nen Warmwasseranlagen. Ein wesentliches<br />

Hemmnis bei der Einführung von Großanla gen<br />

ist die ökonomische Notwendigkeit, den<br />

Speicher so groß zu bauen, dass eine größere<br />

Anzahl von Verbrauchern über ein Nahwärmenetz<br />

angeschlossen werden kann <strong>und</strong> somit<br />

längere fi nanzielle Vorleistungen zu erbringen<br />

sind. Möglicherweise bieten hier „mittlere“<br />

Anlagen mit einem solaren Deckungsgrad von<br />

Endenergie in PJ/a<br />

280<br />

140<br />

70<br />

Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />

etwa 35 % eine von energetischen <strong>und</strong> fi nanziellen<br />

Gesichtspunkten her optimale Lösung [8].<br />

Je nach Anlagenkonfi guration liegen die langfristig<br />

erreichbaren solaren <strong>Wärme</strong>kosten<br />

zwischen 4 <strong>und</strong> 7 Ct/kWh. Um diese Werte<br />

zu erreichen, müssen folgende Punkte entwickelt<br />

<strong>und</strong> demonstriert werden:<br />

kostengünstigere Speicherkonzepte<br />

<strong>und</strong> -bauweisen,<br />

große Kollektorsysteme <strong>aus</strong> neuartigen<br />

Materialien <strong>und</strong><br />

effektivere Regelungsstrategien.<br />

Solare Prozesswärme<br />

Der industrielle <strong>und</strong> gewerbliche Prozesswärmebedarf<br />

in Deutschland beträgt etwa 1800 PJ/a,<br />

davon r<strong>und</strong> 500 PJ/a unterhalb 200 °C. Dies<br />

entspricht etwa 5 % des gesamten Endenergiebedarfs.<br />

Der Prozesswärmebedarf der EU im<br />

Temperaturbereich bis 250 °C wird auf etwa<br />

300 TWh/a geschätzt. Dies entspricht einem<br />

Anteil von r<strong>und</strong> 8% des gesamten Endenergiebedarfs.<br />

Die solare Bereitstellung der Prozesswärme<br />

mit entsprechend geeigneten Kollektoren<br />

<strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>speichern könnte deshalb<br />

einen erheblichen Beitrag zur Minderung des<br />

Verbrauchs an fossilen <strong>Energie</strong>trägern <strong>und</strong> der<br />

damit verb<strong>und</strong>enen Emissionen beitragen.<br />

Der Einsatz von Solarstrahlung zur Bereitstellung<br />

von Prozesswärme beschränkt sich bisher auf<br />

eine geringe Anzahl an Demonstrationsanlagen<br />

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600<br />

Prozesstemperatur in °C


Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />

für die Lebensmittelverarbeitung, pharmazeutische<br />

Produkte <strong>und</strong> die <strong>Energie</strong>versorgung von<br />

Krankenhäusern <strong>und</strong> Hotels durch KWK. Je nach<br />

Temperaturbereich <strong>und</strong> Strahlungsdaten können<br />

entsprechend modifi zierte Bauformen der bereits<br />

<strong>aus</strong> dem Niedertemperaturbereich bekannten<br />

Flach- <strong>und</strong> Röhren kollek toren eingesetzt werden,<br />

oder aber kleinere Parabolrinnenkollektoren <strong>und</strong><br />

Heliostate. Längerfristig sind in südlichen Breiten-<br />

graden mit einem höheren Anteil an Direktstrahlung<br />

auch hochkonzentrierende Solaranlagen<br />

denkbar, mit denen Prozesswärme für höhere<br />

Tem peraturen, z. B. für die Metallverarbeitung<br />

oder die Wasserstoffherstellung, bereitgestellt<br />

wird.<br />

Mittelfristig werden folgende Forschungs- <strong>und</strong><br />

Entwicklungsarbeiten benötigt, um die solare<br />

Prozesswärme praktisch nutzbar zu machen:<br />

hochtemperaturgeeignete Solarfl uide<br />

<strong>und</strong> Werkstoffe<br />

direkte Prozessdampferzeugung<br />

Adaption der bewährten Technologien von<br />

Flach- <strong>und</strong> Vakuumröhrenkollektoren für<br />

höhere Temperaturen <strong>und</strong> die Entwicklung<br />

von konzentrierenden Kollektoren für<br />

Prozesswärme<br />

innovative <strong>Wärme</strong>speicherkonzepte<br />

Weiterentwicklung der automatisierten<br />

Betriebsführung zur Senkung von Betriebs-<br />

<strong>und</strong> Wartungskosten, Abstimmung der<br />

Solar- <strong>und</strong> Prozessregelung<br />

Solare Klimatisierung<br />

In südlichen Ländern erreicht der <strong>Energie</strong>bedarf<br />

für Raumklimatisierung prozentual den in Deutsch-<br />

land anfallenden Bedarf für Gebäudeheizung.<br />

In vielen Fällen wird diese Klimatisierung durch<br />

ineffi ziente, elektrisch betriebene Kleingeräte<br />

gedeckt, sodass in der Mittagszeit der Sommermonate<br />

zunehmend die <strong>aus</strong>reichende Versorgung<br />

mit elektrischem Strom gefährdet ist. Auch<br />

in Deutschland liegt durch moderne Bauformen<br />

<strong>und</strong> -materialien <strong>und</strong> durch den zunehmenden<br />

Einsatz elektrischer Geräte ein zunehmender Bedarf<br />

nach Raumklimatisierung vor. Der Einsatz<br />

von Anlagen zur solaren Klimatisierung hat<br />

deshalb weltweit ein enormes Potenzial.<br />

Die Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n ist hier<br />

besonders attraktiv, weil im Gegensatz zur solaren<br />

Beheizung der zeitliche Verlauf von Nachfrage<br />

<strong>und</strong> <strong>Energie</strong>angebot weitgehend identisch<br />

sind. Anlagen für die solare Klimatisierung <strong>und</strong><br />

<strong>Kälte</strong>erzeugung befi nden sich derzeit noch im<br />

Entwicklungs- bzw. Demonstrationsstadium.<br />

Zu einer wirtschaftlichen Markteinführung<br />

werden noch benötigt:<br />

innovative <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>speicher<br />

kleinere, für Einzelhäuser geeignete Anlagen<br />

(< 20 kW)<br />

reduzierte Kosten durch Verwendung von<br />

serienmäßigen Komponenten<br />

optimierte Regelungstechnik<br />

langzeitige Demonstration <strong>und</strong> Vermessung<br />

Klimatische <strong>und</strong> wirtschaftliche<br />

Relevanz der erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>n<br />

Erneuerbare <strong>Energie</strong>träger sichern nicht nur<br />

eine von fossilen <strong>Energie</strong>trägern unabhängige<br />

Versorgung, sie tragen auch weitgehend zur<br />

Reduzierung der Treibh<strong>aus</strong>gasemissionen <strong>und</strong><br />

damit zur Verminderung der globalen Erwärmung<br />

bei. Ihre CO 2 -Emissionen liegen um etwa<br />

eine Größenordnung unter denjenigen fossiler<br />

Brennstoffe <strong>und</strong> elektrisch betriebener <strong>Wärme</strong>pumpen,<br />

wenn diese ihren Strom <strong>aus</strong> dem<br />

bestehenden Kraftwerkspark beziehen.<br />

Berücksichtigt man die direkt für die Herstellung<br />

<strong>und</strong> den Betrieb von Anlagen zur Nutzung<br />

erneuerbarer <strong>Energie</strong>bereitstellung beschäftigten<br />

Personen <strong>und</strong> die bei Vorlieferanten beschäftigten<br />

Arbeitskräfte, dann sind derzeit r<strong>und</strong><br />

130.000 Personen in diesem Bereich beschäftigt.<br />

Näherungsweise sind davon 35.000 <strong>–</strong><br />

40.000 Personen direkt Beschäftigte in der<br />

Anlagenherstellung, 25.000 <strong>–</strong> 30.000 sind im<br />

Handwerk bzw. für Installation <strong>und</strong> Betrieb der<br />

Anlagen beschäftigt. Der Rest sind Beschäftigte<br />

bei den Vorlieferanten. Der gesamte Bereich<br />

hat 2004 r<strong>und</strong> 6,5 Mrd. Euro an Investitionen<br />

getätigt; davon entfi elen auf den <strong>Wärme</strong>be reich<br />

allerdings nur 1,7 Mrd. Euro.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

21


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 12<br />

CO 2 -Emissionen bei<br />

der <strong>Wärme</strong>bereitstellung<br />

mit erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>trägern [1]<br />

22<br />

CO 2 - Äquivalent in g/kWh<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

Solare Kleinanlage<br />

Die Umsätze durch den Betrieb von Anlagen<br />

beliefen sich auf r<strong>und</strong> 5 Mrd. Euro/a. Bei einer<br />

Steigerung des Beitrags erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />

treten weitere Produktivitätsfortschritte ein,<br />

die gleichzeitig auch die Kosten weiter senken<br />

werden. Die Zahl der Beschäftigten wird daher<br />

etwas langsamer wachsen. Für das Jahr 2010<br />

kann in Deutsch land von etwa 200.000 Beschäftigten<br />

<strong>aus</strong>gegangen werden, wenn sich die<br />

im Szenario „NaturschutzPlus“ [3] unterstellte<br />

Wachstumsdynamik einstellt. Bei diesen Zahlen<br />

ist nicht berücksichtigt, dass durch parallel<br />

wachsende Exportmärkte zusätzliche Arbeitsplätze<br />

entstehen können, insbesondere dann,<br />

wenn Deutschland seine führende Position in<br />

diesem Bereich weiter <strong>aus</strong>bauen kann.<br />

Technologien zur Nutzung erneuerbarer<br />

<strong>Energie</strong>n stellen also eine beachtliche Wachstumsbranche<br />

dar. Gerade im <strong>Wärme</strong>bereich<br />

dürfte sich die Wachs tums dynamik durch die<br />

deutlich gestiegenen Brennstoffkosten <strong>und</strong> die<br />

sich abzeichnenden günstigeren Rahmenbedingungen<br />

(u. a. Erneuerbare-<strong>Wärme</strong>energie-<br />

Gesetz) in den nächsten Jahren deutlich<br />

beschleunigen.<br />

Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />

Solare Nahwärme<br />

Geothermie<br />

Holzhackschnitzel Min./Max.<br />

Brennwertkessel, Gas<br />

Literatur<br />

Brennwertkessel, Öl<br />

Elektro-<strong>Wärme</strong>pumpen<br />

[1] Erneuerbare <strong>Energie</strong>n <strong>–</strong> Innovationen für<br />

die Zukunft. Broschüre des BMU. Fachliche<br />

Bearbeitung: Arbeitsgemeinschaft DLR/<br />

IFEU/WI, 5. Aufl age, Berlin 2004.<br />

[2] B. Geiger, M. Nickel, F. Wittke: <strong>Energie</strong>ver<br />

brauch in Deutschland <strong>–</strong> Daten, Fakten,<br />

Kommentare. BWK, Bd. 57(2005) Nr.1/2.<br />

S.48-56.<br />

[3] J. Nitsch, M. Fischedick, G. Reinhardt u. a.:<br />

„Ökologisch optimierter Ausbau erneuer-<br />

barer <strong>Energie</strong>n in Deutschland.“ Studie<br />

der Arbeitsgemeinschaft DLR/IFEU/WI im<br />

Auftrag des BMU, Stuttgart, Berlin 2004<br />

[4] B<strong>und</strong>esverband <strong>Wärme</strong>Pumpe (BWP) e.V.<br />

München (2003)<br />

[5] 5. EWIV Praxiskonferenz, Straßburg/<br />

Frankreich (2003)<br />

[6] H. Drück nach Daten des B<strong>und</strong>esverband<br />

Solarindustrie (BSi) (2005)<br />

[7] ESTIF, European Solar Thermal Industry<br />

Federation (2004)<br />

[8] Raab, S.; Mangold, D.; Heidemann, W.;<br />

Müller-Steinhagen, H. Simulation study on<br />

solar assisted district heating systems with<br />

solar fractions of 35 %. ISES Solar World<br />

Congress, Göteborg, 14 <strong>–</strong> 19 June 2003.


<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong><br />

<strong>aus</strong> der <strong>Sonne</strong><br />

Solarkollektoren <strong>–</strong><br />

Technologien <strong>und</strong> Systemtechnik<br />

Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale<br />

Speicherung<br />

Solare Prozesswärme für Industrie,<br />

Meerwasserentsalzung <strong>und</strong><br />

Solarchemie<br />

Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung <strong>–</strong><br />

Belüftung <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>rückgewinnung<br />

23


FVS LZE Themen 2005<br />

Dr. Wolfgang<br />

Eisenmann<br />

ISFH<br />

w.eisenmann@isfh.de<br />

Matthias Rommel<br />

Fraunhofer ISE<br />

matthias.rommel@<br />

ise.fraunhofer.de<br />

Frank Späte<br />

Solar-Institut Jülich -<br />

Fachhochschule Aachen<br />

spaete@sij.fh-aachen.de<br />

Harald Drück<br />

Universität Stuttgart;<br />

Inst. für Thermodynamik<br />

<strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>technik<br />

drueck@itw.uni-stuttgart.de<br />

Abbildung 1<br />

Entwicklung des<br />

Kollektormarkts in<br />

Deutschland (Umrechnungsfaktor<br />

für alle<br />

Kollektorbauarten:<br />

1 m² =<br />

ˆ 700 W th<br />

vgl. [1])<br />

Quelle: BSi<br />

24<br />

Solarkollektoren <strong>–</strong> Technologien<br />

<strong>und</strong> Systemtechnik<br />

Einleitung<br />

Die thermische Nutzung der <strong>Sonne</strong>nenergie ist<br />

in Deutschland seit r<strong>und</strong> 20 Jahren von einem<br />

starken Wachstum geprägt (Abb. 1). Die Branche<br />

hat sich <strong>und</strong> ihre Produkte in diesem Zeitraum<br />

deutlich professionalisiert.<br />

Der <strong>Sonne</strong>nkollektor als Gr<strong>und</strong>b<strong>aus</strong>tein aller solarthermischen<br />

Systeme wandelt die auftreffende<br />

Solarstrahlung in <strong>Wärme</strong> um. Die wichtigsten<br />

Kollektorbauarten sind in Abb. 2 dargestellt.<br />

Die verschiedenen Bauarten variieren deutlich<br />

in ihrer Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> im Preis: Die<br />

unverglasten Kunststoffkollektoren werden<br />

zur Erwärmung von Freibädern im Tempe raturbereich<br />

bis 30 °C eingesetzt, Flach- <strong>und</strong> Vakuumröhrenkollektoren<br />

zur Warmwasser bereitung<br />

<strong>und</strong> Gebäudeheizung sowie zur Klimatisierung<br />

im Temperaturbereich bis r<strong>und</strong> 80 °C, Parabolrinnen<br />

zur Bereitstellung industrieller Prozesswärme<br />

bis zu mehreren 100 Grad.<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

installierte thermische<br />

Leistung / MW th<br />

Dr. Wolfgang Eisenmann Solarkollektoren <strong>–</strong> Technologien <strong>und</strong> Systemtechnik<br />

Vakuumröhrenkollektoren<br />

Flachkollektoren<br />

Damit stehen heute leistungsfähige <strong>und</strong> zu-<br />

verlässige Kollektoren zur Verfügung, aber die<br />

Kosten müssen weiter gesenkt werden. Innovationen<br />

durch neue Materialien, Verfahren <strong>und</strong><br />

Konzepte sind nach wie vor erforderlich.<br />

Entwicklung der<br />

Kollektortechnik seit 1980<br />

Besonders die Flachkollektoren sind in den<br />

letzten 25 Jahren weiter entwickelt worden.<br />

1980 waren die verwendeten Absorberschichten<br />

für die <strong>Sonne</strong>nstrahlung meist nicht selektiv,<br />

<strong>und</strong> die transparente Abdeckung bestand häufi g<br />

<strong>aus</strong> Kunststoffmaterialien. Die Einführung selektiver<br />

Absorberschichten wie z. B. Schwarzchrom<br />

ermöglichte einen ent scheidenden Sprung in<br />

der Leistungsfähigkeit. Ab 1995 kamen die<br />

ersten in Vakuumverfahren herge stellten, hoch -<br />

selektiven Absorber schichten auf den Markt,<br />

die eine weitere Leistungssteigerung brachten.<br />

m 2 Kollektoren<br />

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />

1 Mio<br />

500.000


Dr. Wolfgang Eisenmann Solarkollektoren <strong>–</strong> Technologien <strong>und</strong> Systemtechnik<br />

Flachkollektoren<br />

unverglaster Kunststoffkollektor<br />

Vakuumröhrenkollektor<br />

Parabolrinnenkollektor<br />

Diese „blauen Schichten“ haben inzwischen<br />

die Absorberschichten der ersten Generation<br />

weitgehend verdrängt.<br />

Anfang der 90er Jahre hatte sich eisenarmes,<br />

hochtranspa rentes Sicherheitsglas als Material<br />

für die Kollektorabdeckung durchgesetzt.<br />

Die Verwendung von Klarglas oder schwachstrukturiertem<br />

Glas statt der vorher üblichen<br />

prismierten Gläser hat zu weiteren Ertragssteigerungen<br />

geführt. Seit etwa 2001 wird auch Antirefl<br />

exglas für Solarkollektoren verwendet [1].<br />

Neben Absorberblechen <strong>aus</strong> Kupfer sind in<br />

jüngster Zeit auch Aluminiumbleche auf dem<br />

Markt. Bei den Fügeverfahren zur Verbindung<br />

von Absorberblech <strong>und</strong> den Fluidkanälen dominieren<br />

heute die Ultraschall- <strong>und</strong> die neu hinzugekommene<br />

Laser schweißung. In den letzten<br />

Jahren hat auch die Automatisierung der<br />

Produktion erhebliche Fortschritte gemacht.<br />

Hochwertige Vakuumröhrenkollektoren stehen<br />

schon seit längerer Zeit zur Verfügung. In ihnen<br />

ist der Zwischenraum zwischen Absorber <strong>und</strong><br />

Verglasung evakuiert. Gegenwärtige Entwicklungen<br />

zielen vor allem auf Kostensenkungen,<br />

Verkürzung der Montagezeiten <strong>und</strong> Beherrschung<br />

des Stillstandsverhaltens.<br />

Forschungsbedarf zur<br />

Stillstandsproblematik<br />

thermischer Solaranlagen<br />

Die gestiegene Leistungsfähigkeit von Flachkollektoren<br />

drückt sich auch in einer Erhöhung<br />

der maximalen Stillstandstemperatur von etwa<br />

140 °C (1980) bis teilweise über 230 °C (2005)<br />

<strong>aus</strong>. Viele Solaranlagen, insbesondere solche zur<br />

Heizungsunterstützung, sind für den Sommerbetrieb<br />

überdimensioniert. Bei vollständig<br />

beladenem <strong>Wärme</strong>speicher schaltet die Solarpumpe<br />

ab. Das führt dazu, dass sich die sonnenbestrahlten<br />

Kollektoren immer weiter aufheizen.<br />

Bei fortdauernder Solarstrahlung verdampft die<br />

<strong>Wärme</strong>trägerfl üssigkeit. Abhängig von der hydraulischen<br />

Ausführung der Kollektoren <strong>und</strong> des<br />

Kollektorkreislaufs kann sich heißer Dampf über<br />

weite Strecken <strong>aus</strong>breiten [2]. Dies kann zur<br />

vorzeitigen Alterung oder Beschädigung temperaturempfi<br />

ndlicher Komponenten (z. B. Mem-<br />

bran<strong>aus</strong>dehnungs gefäß oder Solarpumpe)<br />

führen <strong>und</strong> auch das Fluid selbst kann thermisch<br />

zu stark belastet werden.<br />

Der Trend zu höher dimensionierten Solaranlagen<br />

<strong>und</strong> die gestiegene Leistungsfähigkeit der Kollektoren<br />

fördern das Auftreten von Anlagenstillstand<br />

mit der Verdampfung der <strong>Wärme</strong> träger fl üssigkeit.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 2<br />

Bauarten von<br />

<strong>Sonne</strong>nkollektoren<br />

25


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 3<br />

Metalldach-<strong>Sonne</strong>nkollektor<br />

nach dem<br />

Prinzip des Elastomer-<br />

Metall-Absorbers.<br />

Oben: Formteile ohne<br />

<strong>und</strong> mit Elastomerschlauch,<br />

unten:<br />

Pilotanlage Freibad<br />

Nordstemmen<br />

26<br />

Da aber hohe solare Deckungsanteile erforderlich<br />

sind, um fossile Brenn stoffe möglichst weitgehend<br />

zu ersetzen <strong>und</strong> damit die Emission des<br />

klimaschädlichen Kohlendioxids zu reduzieren,<br />

müssen dringend Lösungen für die Stillstandsproblematik<br />

gef<strong>und</strong>en werden. Das B<strong>und</strong>esumweltministerium<br />

fördert <strong>aus</strong> diesem Gr<strong>und</strong> das<br />

Verb<strong>und</strong>projekt „System unter suchungen großer<br />

solar -thermischer Kombianlagen“, an dem die<br />

Firmen ZfS-Rationelle <strong>Energie</strong>technik GmbH <strong>und</strong><br />

Solar <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>technik Stuttgart (SWT) sowie<br />

die Forschungs institute Fraunhofer ISE <strong>und</strong> ISFH<br />

beteiligt sind (siehe auch [3]). Neben der Optimierung<br />

der Anlagentechnik für Großanlagen<br />

zur solaren Heizungsunterstützung ist es das<br />

Ziel, Ansätze zur Beherrschung des Stillstandsbetriebs<br />

zu entwickeln. Hierzu ist vor allem das<br />

Verständnis der Vorgänge während der Stagnation<br />

durch Experimente an Einzelkollektoren,<br />

Test-Kollektor feldern <strong>und</strong> realen Anlagen entscheidend<br />

verbessert worden.<br />

Gebäudeintegration von<br />

Kollektoren<br />

Wenn der Kollektor zusätzlich die Funktion der<br />

Gebäudehülle (Dach oder Fassade) über nimmt,<br />

ermöglicht diese Doppelnutzung wichtige<br />

Potenziale zur Kostensenkung. Des Weiteren<br />

bewirkt ein dach- oder fassadenintegrierter<br />

Kollektor <strong>–</strong> wenn er ohne thermische Trennung<br />

(Hinterlüftung) integriert ist <strong>–</strong> im Jahresmittel<br />

eine effektive Reduzierung der <strong>Wärme</strong>verluste<br />

der Gebäudehülle, da sich der Absorber auch im<br />

Winter bei schwacher Solarstrahlung, die keinen<br />

Kollektorbetrieb ermöglicht, über Umgebungstempe<br />

ratur erwärmt. Der Kollektor kann also<br />

insbesondere in der energetischen Sanierung<br />

des Gebäudebestandes <strong>und</strong> auch als Gestaltungselement<br />

eingesetzt werden.<br />

Die Integration in die Fassade ist besonders<br />

interessant für Systeme mit hohen solaren<br />

Deckungsanteilen, weil der jahreszeitliche<br />

Verlauf der Einstrahlung auf die Kollektoren<br />

dem der Heizperiode besser angepasst ist<br />

<strong>und</strong> weil wesentlich seltener Stillstandsbetrieb<br />

entsteht als bei dachinstallierten Kollektoren.<br />

Dr. Wolfgang Eisenmann Solarkollektoren <strong>–</strong> Technologien <strong>und</strong> Systemtechnik<br />

Moderne Metalldächer sind architektonisch<br />

attraktiv <strong>und</strong> können so konstruiert werden,<br />

dass sie gleichzeitig als <strong>Sonne</strong>nkollektoren dienen.<br />

Die am ISFH entwickelten Konzepte für<br />

diese doppelte Nutzung von Dächern eröffnen<br />

neue Märkte für die Solarthermie, ermöglichen<br />

wichtige Kostensenkungen <strong>und</strong> sind architektonisch<br />

ansprechend. So ist es z. B. möglich,<br />

Zinkdächer als unverglaste Kollektoren <strong>aus</strong>zuführen.<br />

Der Transport der Solarwärme erfolgt<br />

durch Kapillarrohrmatten, die vom <strong>Wärme</strong>trägermedium<br />

durchströmt werden <strong>und</strong> die auf<br />

die Rückseite des Zinkblechs aufgeklebt sind.<br />

Dunkle Metalldächer <strong>aus</strong> Formteilen können mit<br />

Ω-förmigen Vertiefungen (sogenannten Sicken)<br />

<strong>aus</strong>geführt werden, in die Schläuche <strong>aus</strong> Spezial-<br />

EPDM 1 eingelegt werden (s. Abb. 3, oben).<br />

Die absorbierte <strong>Sonne</strong>nenergie wird durch das<br />

in den Schläuchen zirkulierende Wasser aufgenommen<br />

<strong>und</strong> der Nutzung zugeführt. Die Konstruktion<br />

ist frostsicher, da der Schlauch die<br />

Volumen<strong>aus</strong>dehnung beim Gefrieren problemlos<br />

aufnimmt. Dieses Prinzip des Elastomer-Metall-<br />

Absorbers (EMA) ermöglicht die Realisierung<br />

großfl ächiger, gebäudeinte grierter, kostengünstiger<br />

<strong>Sonne</strong>nkollektoren. Wenn höhere Wasser-<br />

1 EPDM: Ethylen-Propylen-Dien-Monomer Gummi


Dr. Wolfgang Eisenmann Solarkollektoren <strong>–</strong> Technologien <strong>und</strong> Systemtechnik<br />

temperaturen gefordert sind, kann der Kollektor<br />

auch verglast <strong>aus</strong>geführt werden. Abb. 3 zeigt<br />

die erste Pilotanlage im Freibad Nordstemmen,<br />

die 2005 im Rahmen eines von der Deutschen<br />

B<strong>und</strong>esstiftung Umwelt (DBU) geförderten<br />

Projektes des ISFH realisiert wurde. Weitere<br />

mögliche Anwendungsbereiche sind industrielle<br />

Prozesswärme, Wasserentsalzung <strong>und</strong> Warmwasser<br />

bereitung.<br />

Innovationen<br />

Neue Materialien<br />

Die Verwendung neuer Materialien für nahezu<br />

alle Komponenten des Kollektors eröffnet neue<br />

Chancen:<br />

Beim Absorbermaterial sind neben Kupfer<br />

<strong>und</strong> Aluminium auch Stahl oder Kunststoffe<br />

interessante Optionen.<br />

Farbige Absorberschichten (teilselektive<br />

Lacke) sind Gegenstand intensiver Forschung<br />

[3] <strong>und</strong> werden sicher die Akzeptanz der<br />

Solartechnik bei Architekten verbessern <strong>und</strong><br />

bieten erhebliche Kostensenkungspotenziale.<br />

Sie können in Zukunft auch auf unverglasten<br />

Kollektoren im Dach oder in der Fassade<br />

angewendet werden.<br />

Selbstreinigende Antirefl exverglasungen<br />

könnten hohe Erträge ohne Alterungserschei -<br />

nun gen sicherstellen. Kollektorgehäuse <strong>aus</strong><br />

Kunststoff sind bei hohen Stückzahlen kostengün<br />

stiger als die heute gängigen Aluminium-<br />

Rahmenkonstruktionen. Hochtemperaturbeständige<br />

Vakuumdämmungen ermöglichen sehr<br />

fl ache, leistungsstarke Kollektoren, die sich auch<br />

in Fensterkonstruktionen einbauen lassen [5].<br />

Neue Kollektorfl uide könnten mittelfristig die<br />

Stillstandsproblematik entschärfen [6].<br />

Neue Verfahren<br />

Ein Solarkollektor mit bionischen Strömungsstrukturen<br />

wird derzeit am Fraunhofer ISE entwickelt<br />

[6]. Natürliche Konstruktionen weisen im<br />

Gegensatz zu üblichen seriellen oder parallelen<br />

Kanalanordnungen in Solarabsorbern meist<br />

mehrfach verzweigte („fraktale“) Netzwerke<br />

auf. Im Rahmen eines von der DBU geförderten<br />

Projekts wird dieses biologische Prinzip auf<br />

die Technik übertragen, um eine gleichmäßige<br />

Durchströmung bei geringem Druckverlust<br />

zu erreichen. Mit Hilfe eines mathematischen<br />

Algorithmus (FracTherm) ist es möglich, eine<br />

gegebene Fläche mit festgelegtem Ein- <strong>und</strong><br />

Austrittspunkt mit einem fraktalen Hydrauliknetzwerk<br />

zu versehen. Der in Abb. 4 gezeigte<br />

Absorber wurde mit Hilfe eines Verfahren gefertigt,<br />

das den Vorteil bietet, auch sehr komplexe<br />

Geometrien herzustellen zu können. Die Absorber<br />

erreichen dadurch sehr hohe Kollektorwirkungsgradfaktoren,<br />

d. h. die Solarstrahlung wird sehr<br />

effektiv auf das Fluid übertragen. Bisherige<br />

Untersuchungen des FracTherm-Absorbers<br />

zeigten eine gleichmäßigere Durchströmung<br />

<strong>und</strong> bei hohen Massenströmen einen geringeren<br />

Druck verlust als bei vergleichbaren Absorbern<br />

mit paralleler Kanalanordnung (Harfenabsorber).<br />

Das ästhetische Aussehen könnte<br />

bei zukünftigen Entwicklungen vor allem auch<br />

für Solarfassaden interessant sein.<br />

Konzepte für Prozesswärme<br />

Die hohen <strong>Energie</strong>preise erhöhen die Nachfrage<br />

nach solar erzeugter <strong>Wärme</strong>. Das gilt auch für<br />

<strong>Wärme</strong> mit höherem Temperaturniveau z. B. für<br />

industrielle Prozesse (100 <strong>–</strong> 300 °C) oder Klimatisierung<br />

(> 80 °C) . Zur Zeit werden angepasste<br />

<strong>und</strong> neuartige Kollektorkonzepte dafür intensiv<br />

erforscht <strong>und</strong> für den Markt erschlossen (siehe<br />

zum Beispiel [7]).<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 4<br />

Absorber mit<br />

bionischer<br />

Strömungsstruktur<br />

27


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 5<br />

Parabolrinnenkollektor<br />

des SIJ (Prototyp)<br />

28<br />

Folgende Konzepte sind in der Entwicklung:<br />

Spezielle Flachkollektoren mit zweifacher,<br />

refl exionsarmer Verglasung <strong>und</strong> Argon füllung<br />

im Scheibenzwischenraum.<br />

Konzentrierende Kollektoren, insbesondere<br />

Parabol rinnenkollektoren. An diesen Ent-<br />

wick lungen arbeiten z. B. die Firma Kopf<br />

gemeinsam mit der AEE in Österreich oder<br />

die Firma Solitem gemeinsam mit dem DLR<br />

in Köln <strong>und</strong> dem Solar-Institut Jülich (SIJ).<br />

Bei der SIJ-Entwicklung einer kleinen Parabol-<br />

rinne (2 x 1 m²) als Ab sor ber wurde eine<br />

preiswerte, leistungsfähige Vakuumröhre<br />

chinesischer Bauart verwen det (Abb. 5)<br />

Ein Vakuumreceiver für große Rinnen wurde<br />

von der Firma Schott entwickelt <strong>und</strong> wird in<br />

der „Euro-Trough“-Rinne, einer europäischen<br />

Entwicklung unter Beteiligung des DLR,<br />

eingesetzt. Dies ist die derzeit leistungsfähigste<br />

Parabolrinne.<br />

Dr. Wolfgang Eisenmann Solarkollektoren <strong>–</strong> Technologien <strong>und</strong> Systemtechnik<br />

Weitere Konzepte<br />

Solarkollektoren, die statt Flüssigkeiten Luft<br />

in den Fluidkanälen verwenden, werden als<br />

Luftkollektoren bezeichnet. Sie bieten sich vor<br />

allem dort an, wo auch das <strong>Wärme</strong> versor gungssystem<br />

mit Luft betrieben wird, z. B. bei der<br />

Hallenheizung oder bei sorptionsgestützer<br />

Klimatisierung. Wesentliche Vorteile sind die<br />

inhärente Frostsicherheit <strong>und</strong> das unproblema<br />

tische Stillstandsverhalten.<br />

Photovoltaisch-thermische Hybridkollektoren<br />

(PVT) erzeugen <strong>aus</strong> dem <strong>Sonne</strong>nlicht gemeinsam<br />

thermische <strong>und</strong> elektrische <strong>Energie</strong>, indem<br />

die Abwärme der Solarzellen einer thermischen<br />

Nutzung zugeführt wird. Diese Systeme<br />

verfügen über eine hohe Gesamt <strong>aus</strong>beute.<br />

Sie weisen außerdem Potenziale für Kosteneinsparungen<br />

gegenüber getrennten Photovoltaik-<br />

<strong>und</strong> Kollektorsystemen auf, da nur ein Gehäuse<br />

<strong>und</strong> nur ein Montageschritt erforderlich sind.<br />

Zudem wird ein gemeinsamer Vertrieb von<br />

Solarstrom- <strong>und</strong> Solarwärme systemen ermöglicht.<br />

Diese Vorteile können langfristig an<br />

Bedeutung gewinnen, wenn die Dachfl ächen<br />

knapper werden oder die Installationskosten<br />

gesenkt werden sollen. Nach tei lig ist, dass die<br />

thermische Leistungsfähigkeit von PVT-Kollektoren<br />

beim gegen wärtigen Stand der Technik im<br />

Vergleich zu herkömmlichen Flachkollektoren<br />

deutlich reduziert ist. Außer dem weisen heute<br />

viele Komponenten (insbesondere das Laminat<br />

<strong>und</strong> Elektronikbauteile für den PV-Teil) eine zu<br />

geringe Temperaturbeständigkeit für den Einsatz<br />

in verglasten PVT-Kollekto ren auf. Erhebliche<br />

Forschungsanstrengungen zur Verbesserung<br />

der Materialien <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong> über gänge sind<br />

erforderlich, um die hohen Potenziale realisieren<br />

zu können <strong>und</strong> um markt reife Produkte zu entwickeln.<br />

Im laufenden EU-Projekt „PV-Catapult“<br />

ist unter Beteiligung des Fraunhofer ISE <strong>und</strong> des<br />

ISFH ein Entwicklungs- <strong>und</strong> Vermarktungsplan<br />

für PVT-Systeme erarbeitet worden [8].<br />

Genormte Verfahren zur Prüfung der Leistungsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> Zuverlässigkeit sind gerade für<br />

die Entwicklung <strong>und</strong> Einführung innovativer<br />

Kollektoren besonders wichtig. Für die heute<br />

marktgängigen Bauarten fi ndet EN 12975 Anwendung.<br />

Zusätzlich zu den genormten Verfahren<br />

ist es aber auch wichtig zu wissen, wie sich<br />

die Leistungsfähigkeit der Kollektoren im Lauf


Dr. Wolfgang Eisenmann Solarkollektoren <strong>–</strong> Technologien <strong>und</strong> Systemtechnik<br />

der Zeit verändert. Ursächlich für eine eventuelle<br />

Abnahme der Kollektorleistung können z.B. Degradationserscheinungen<br />

der Absorberschicht oder<br />

eine Abnahme der Transmission der Glasscheibe<br />

sein. In dem am Institut für Thermodynamik<br />

<strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>technik (ITW) bearbeiteten Vorhaben<br />

„QanKoll“, gefördert durch das Förderprogramm<br />

Solar thermie 2000 plus des BMU wird<br />

zur Zeit das Alterungsverhalten der gegenwärtigen<br />

Generation von <strong>Sonne</strong>nkollektoren<br />

untersucht.<br />

Zusammenfassung<br />

<strong>und</strong> Ausblick<br />

Die Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Zuverlässigkeit<br />

heutiger <strong>Sonne</strong>nkollektoren hat einen hohen<br />

Stand erreicht. Dennoch müssen für eine<br />

verbesserte Wirtschaftlichkeit die Gestehungskosten<br />

der Solarwärme weiter deutlich gesenkt<br />

werden. Große Potenziale liegen für Warmwasser-Systeme<br />

weniger in einer weiteren Steigerung<br />

der Leistungsfähigkeit als vielmehr in einer<br />

Verbesserung des Preis/Leistungs-Verhältnisses.<br />

Weitere Verbesserungen der Zuverlässigkeit sind<br />

vor allem für eine sichere Beherrschung des<br />

Stillstandsbetriebs in Kollektor <strong>und</strong> Kollektorkreislauf<br />

erforderlich.<br />

Zur Erreichung dieser Ziele <strong>und</strong> für neue Anwendungsbereiche<br />

ist die Entwicklung <strong>und</strong> Verwendung<br />

neuer Materialien für nahezu alle Komponenten<br />

des Kollektors erforderlich. Zur Erprobung<br />

dieser Materialien werden immer wieder Langzeit-<br />

<strong>und</strong> Alterungsuntersuchungen notwendig<br />

sein. Neue Kollektorkonzepte werden insbesondere<br />

zur Erschließung neuer Anwendungsbereiche<br />

für höhere Betriebstemperaturen<br />

benötigt: Prozesswärme, solare Kühlung,<br />

Meerwasserentsalzung etc.<br />

Mit der Verbreiterung der Anwendungsgebiete<br />

der Solarwärme wird auch eine Diversifi zie rung<br />

der Kollektortypen unter Entwicklung anwendungsspezifi<br />

sch optimierter Bauarten einhergehen.<br />

Luftkollektoren, konzentrierende Kollektoren<br />

<strong>und</strong> photovoltaisch-thermische Hybrid-<br />

kollektoren sind interessante Konzepte für die<br />

Zukunft, für die auch angepasste Prüfverfahren<br />

<strong>und</strong> -normen entwickelt werden müssen.<br />

Der Trend zu größeren Kollektorfl ächen lässt<br />

sinkende anteilige Installationskosten erwarten.<br />

Gebäudeintegration <strong>und</strong> farbige Absorberschichten<br />

werden die Möglichkeiten zur architektonischen<br />

Gestaltung weiter verbessern. Die<br />

zunehmende Automatisierung der Produktion<br />

<strong>und</strong> die Verfeinerung der Qualitätssysteme der<br />

Hersteller werden die Konstanz der Fertigungsqualität<br />

noch erhöhen <strong>und</strong> die Kosten senken.<br />

Literatur<br />

[1] Weitere Informationen zur neuen, auf die<br />

Leistung bezogenen Solarwärme-Statistik<br />

siehe http://www.iea-shc.org/welcome/<br />

Technical_note_solar_thermal_capacity.doc<br />

[2] H<strong>aus</strong>ner H., Fink C.: Stagnation behaviour<br />

of solar thermal systems. Download unter<br />

http://www.iea-shc.org/outputs/task26/A_<br />

H<strong>aus</strong>ner_Stagnation.pdf<br />

[3] http://solarkombianlagen-xl.info<br />

[4] Berner J.: <strong>Energie</strong>reiche Farben. <strong>Sonne</strong>,<br />

Wind <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong> 09-2005, S. 38-40<br />

[5] Reim M. et al.: Silica aerogel granulate<br />

material for thermal insulation and dayligh-<br />

ting. Solar Energy 79 (2005) 131-139.<br />

[6] Bösmann A.: Ionische Flüssigkeiten als neue<br />

<strong>Wärme</strong>trägermedien. Tagungsband 13.<br />

Symposium Thermische Solarenergie OTTI,<br />

S. 174-178, 2003<br />

[7] Hermann M.: Entwicklung des FracTherm-<br />

Absorbers <strong>–</strong> Simulationen <strong>und</strong> Experimente.<br />

Tagungsband 15. Symposium Thermische<br />

Solarenergie OTTI, S. 94-99, 2005<br />

[8] Rommel M., Weiss W. (ed.): Medium<br />

Temperature Collectors. Download unter<br />

http://www.iea-ship.org/3_1.html<br />

(IEA SHC Task 33)<br />

[9] Download der Roadmap unter<br />

http://www.pvtforum.org/f_roadmap.html<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

29


FVS LZE Themen 2005<br />

Dr. Wolfgang<br />

Heidemann<br />

Universität Stuttgart<br />

Institut für<br />

Thermodynamik <strong>und</strong><br />

<strong>Wärme</strong>technik<br />

heideman@<br />

itw.uni-stuttgart.de<br />

Christian Dötsch<br />

Fraunhofer UMSICHT<br />

(Institut für Umwelt-,<br />

<strong>Energie</strong>-, <strong>und</strong><br />

Sicherheitstechnik)<br />

christian.doetsch@<br />

umsicht.fraunhofer.de<br />

Prof. Dr. Hans<br />

Müller-Steinhagen<br />

DLR<br />

hans.muellersteinhagen@<br />

dlr.de<br />

30<br />

Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale<br />

Speicherung<br />

Einleitung<br />

Die Nutzung thermischer Solarenergie (Solarthermie)<br />

erfreut sich zunehmender Beliebtheit.<br />

In den vergangenen Jahren stieg die jährlich<br />

installierte solarthermische Kollektorfl äche in<br />

Deutschland um durchschnittlich ca. 20 % <strong>und</strong><br />

beträgt derzeit ca. 900.000 m 2 /a. Diese Kollektorfl<br />

äche dient entweder <strong>aus</strong>schließlich der<br />

Trinkwassererwärmung oder der kombinierten<br />

Trinkwassererwärmung <strong>und</strong> Heizungsunterstützung.<br />

Während bei der <strong>Wärme</strong>erzeugung mit<br />

fossilen Brennstoffen unweigerlich Schadstoffe<br />

durch Verbrennen entstehen <strong>–</strong> vorrangig das für<br />

die globale Erwärmung verantwortliche Kohlendioxid<br />

(CO 2 ) <strong>–</strong> lassen sich diese Emissionen<br />

beim zusätzlichen Einsatz einer Solaranlage<br />

deutlich vermindern. Thermische Solaranlagen<br />

stellen daher einen wichtigen B<strong>aus</strong>tein für eine<br />

umweltfre<strong>und</strong>liche <strong>und</strong> nachhaltige <strong>Energie</strong>versorgung<br />

dar.<br />

Eine Übersicht der in Deutschland zur thermischen<br />

Solarenergienutzung eingesetzten Anlagentypen<br />

ist in Abb.1 gezeigt. Kleinanlagen<br />

mit typischerweise 1 bis 1,5 m² Kollektorfl äche<br />

pro Person, wodurch sich Kollektorfl ächen pro<br />

H<strong>aus</strong> unter 10 m 2 bzw. 20 m 2 ergeben, kommen<br />

sehr häufi g in Ein- oder Zweifamilienhäusern<br />

zum Einsatz. Der durch Solarenergie abdeckbare<br />

Anteil am Gesamt wärmebedarf beträgt bei<br />

Klein anlagen 15 % für Trink wasser erwärmung<br />

<strong>und</strong> für die kombinierte Trinkwasser erwärmung<br />

<strong>und</strong> Heizungs unterstützung 25 %.<br />

Großanlagen mit mehr als h<strong>und</strong>ert bis zu einigen<br />

t<strong>aus</strong>end Quadratmetern Kollektorfl äche sind<br />

realtiv selten anzutreffen. Sie bieten jedoch die<br />

Möglichkeiten großer Preisreduktionen, da die<br />

spezifi schen Anlagenkosten mit der Anlagengröße<br />

abnehmen. So betragen die Systemkosten<br />

für große Solaranlagen ca. 500 Euro pro Quadratmeter<br />

Kollektorfl äche gegenüber ca. 1000 Euro<br />

pro Quadratmeter Kollektorfl äche bei Kleinanlagen.<br />

Für die <strong>Wärme</strong>ver sorgung von größeren<br />

Wohnsiedlungen mit mindestens 100 Wohn-<br />

Dr. Wolfgang Heidemann Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />

einheiten wurden in den vergangenen Jahren<br />

Anlagen entwickelt, die den fossilen Brennstoffbedarf<br />

zur <strong>Wärme</strong>versorgung um bis zu 50 %<br />

<strong>und</strong> mehr reduzieren. Ein wichtiger B<strong>aus</strong>tein<br />

dieser Versorgungskonzepte ist die Nutzung<br />

von solarthermischer <strong>Energie</strong> in Nahwärmeversorgungssystemen<br />

mit saisonaler <strong>Wärme</strong>speicherung.<br />

Innerhalb der Förderprogramme Solarthermie<br />

2000 <strong>und</strong> Solarthermie 2000 plus wurden seit<br />

1993 insgesamt neun Pilotanlagen mit Langzeit-<br />

<strong>Wärme</strong>speicher in Deutschland in die Praxis umgesetzt,<br />

von denen sechs in Abb. 2 gezeigt sind.<br />

Große Solaranlagen mit bis zu 3000 m² Kollektorfl<br />

äche sind heutzutage Stand der Technik.<br />

Derzeit entsteht in Crailsheim eine Solarthermieanlage,<br />

die nach ihrer Fertigstellung mit 259<br />

Wohneinheiten, 7325 m 2 Flachkollektoren <strong>und</strong><br />

40.500 m 3 Erdsonden-<strong>Wärme</strong>speicher zu den<br />

größten Deutschlands gehören wird. Im Rahmen<br />

der von der B<strong>und</strong>esregierung initiierten Innovationsagenda<br />

wurde das Projekt Crailsheim im<br />

Dezember 2004 vom Impulskreis <strong>Energie</strong> als<br />

eines von vier innovativen „Leuchtturmprojekten“<br />

<strong>und</strong> einziges auf dem Gebiet der erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>n <strong>aus</strong>gewählt. Die vom Institut für<br />

Thermodynamik <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>technik wissenschaftlich-technisch<br />

betreuten Pilotanlagen im<br />

Rahmen von Solarthermie 2000 plus befi nden<br />

sich in Friedrichshafen, Neckarsulm, Rostock<br />

<strong>und</strong> Crailsheim.


Dr. Wolfgang Heidemann Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />

Trinkwassererwärmung<br />

Kollektorfl äche < 10 m 2<br />

Ein- <strong>und</strong> Zwei-<br />

Familienhäuser<br />

15% solarer<br />

Deckungsanteil am<br />

Gesamtwärmebedarf<br />

Einsatz im Alt- <strong>und</strong><br />

Neubau<br />

Verbraucher<br />

Kleinanlagen<br />

Trinkwassererwärmung<br />

<strong>und</strong> Heizungsunterstützung<br />

Kollektorfl äche < 20 m 2<br />

Ein- <strong>und</strong> Zwei-<br />

Familienhäuser<br />

25 % solarer<br />

Deckungsanteil am<br />

Gesamtwärmebedarf<br />

Einsatz im Alt- <strong>und</strong><br />

Neubau<br />

<strong>Sonne</strong>nkollektoren<br />

Solarspeicher<br />

Kaltwasser<br />

Solarstation<br />

konventionelle<br />

Nachheizung<br />

Trinkwassererwärmung<br />

Kollektorfl äche > 100 m 2<br />

Mehrfamilienhäuser,<br />

Krankenhäuser<br />

15 <strong>–</strong> 20 % solarer<br />

Deckungsanteil am<br />

Gesamtwärmebedarf<br />

Einsatz im Alt- <strong>und</strong><br />

Neubau<br />

a b c<br />

Friedrichshafen-Wiggenh<strong>aus</strong>en (1996)<br />

380 Wohnungen, 4.050 m 2 Flachkollektor,<br />

12.000 m 3 Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

d<br />

Rostock-Brinkmannshöhe (1996)<br />

108 Wohnungen, 1.000 m 2 Flachkollektor,<br />

20.000 m 3 Aquifer-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

Steinfurt-Borghorst (1999)<br />

23 Reihenhäuser, 510 m 2 Flachkollektor,<br />

1.500 m 3 Kies/Wasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

e<br />

Neckarsulm-Amorbach (1998)<br />

5.263 m 2 Flachkollektor,<br />

63.360 m 3 Erdsonden-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

zentrale Heizung<br />

Großanlagen<br />

Nahwärme mit Kurz -<br />

zeit-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

> 30 <strong>–</strong> 40 Wohneinheiten<br />

Mehrfamilienhäuser,<br />

Krankenhäuser<br />

15 <strong>–</strong> 20 % solarer<br />

Deckungsanteil<br />

am Gesamtwärmebedarf<br />

Einsatz im Neubau<br />

Saisonaler<br />

<strong>Wärme</strong>speicher<br />

Hamburg-Bramfeld (1996)<br />

124 Reihenhäuser, 3.000 m 2 Flachkollektor,<br />

4.500 m 3 Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

Hannover-Kronsberg (2000)<br />

106 Wohnungen, 1.350 m2 Flachkollektor,<br />

2.750 m3 f<br />

Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Flachkollektoren<br />

Nahwärme mit Langzeit-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

> 100 Wohneinheiten<br />

Ein- <strong>und</strong> Zwei-<br />

Familienhäuser<br />

50 % solarer<br />

Deckungsanteil am<br />

Gesamtwärmebedarf<br />

Solarnetz<br />

Einsatz im Neubau<br />

<strong>Wärme</strong>verteilnetz<br />

Abbildung 1<br />

Anlagentypen in<br />

Deutschland<br />

Abbildung 2<br />

Pilotanlagen zur<br />

solar unterstützten<br />

Nahwärmeversorgung<br />

Bildquelle: a, b, d, e<br />

Uni Stuttgart, ITW<br />

Bildquelle: c, f<br />

Prof. Em. Gockell, IGS,<br />

Uni Braunschweig<br />

31


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 3<br />

Schema einer solar<br />

unterstützten Nahwärmeversorgungsanlage<br />

32<br />

Heizzentrale<br />

hydraulische Weiche<br />

oder Pufferspeicher<br />

Solarthermische Großanlagen<br />

zur solarunterstützten<br />

Nahwärmeversorgung<br />

Abb. 3 zeigt das Schema einer Nahwärmeversorgung<br />

mit Langzeit-<strong>Wärme</strong>speicher, in die solarthermische<br />

Kollektor felder integriert sind. Die<br />

von den <strong>Sonne</strong>n kollektoren gewonnene <strong>Wärme</strong><br />

wird über das Solar netz in Form heißen Wassers<br />

zur Heizzentrale transportiert <strong>und</strong> bei Bedarf<br />

direkt an die Gebäude verteilt. Die Kollek toren<br />

sind auf den Dächern der Ge bäude montiert,<br />

die möglichst nahe an der Heiz zentrale liegen.<br />

Die im Sommer anfallende Über schusswärme<br />

wird in den saisonalen <strong>Wärme</strong>speicher eingespeist,<br />

der in den Untergr<strong>und</strong> des Siedlungsgeländes<br />

eingebaut ist.<br />

Das über das <strong>Wärme</strong>verteilnetz gelieferte<br />

Heizwasser versorgt die Heizung <strong>und</strong> Trinkwassererwärmung<br />

der Gebäude. Jedes Gebäude<br />

verfügt über eine eigene <strong>Wärme</strong>übergabestation<br />

Heizkessel<br />

Kollektorfeld<br />

als Verbindung zwischen dem <strong>Wärme</strong>verteilnetz<br />

<strong>und</strong> den h<strong>aus</strong>internen Installationen. Die Heizzentrale<br />

verwendet die im Langzeit-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

gespeicherte Solarwärme <strong>und</strong> heizt<br />

bei Bedarf konventionell nach, z. B. mit einem<br />

Gasbrennwertkessel. Ein Vorteil einer zentralen<br />

<strong>Wärme</strong>versorgung ist, dass der zusätzliche<br />

<strong>Wärme</strong>versorger schnell an neue technische<br />

Entwicklungen angepaßt werden kann.<br />

Um die bei solarthermischen Großanlagen angestrebten<br />

hohen solaren Deckungsraten von<br />

40 - 50 % am <strong>Wärme</strong>bedarf von H<strong>aus</strong>halten<br />

zu erreichen, muss die solare <strong>Wärme</strong>strahlung<br />

im Sommer über eine saisonale <strong>Wärme</strong>speicherung<br />

im Winter zu Verfügung stehen. Derzeit<br />

stehen dafür vier erprobte Techniken zur Verfügung,<br />

die im Abb. 4 gezeigt sind.<br />

Alle Langzeit-<strong>Wärme</strong>speichertypen funktionieren<br />

zuverlässig, sie müssen jedoch noch weiterentwickelt<br />

werden, um die derzeit hohen Baukosten<br />

zu reduzieren. Die Entscheidung für einen<br />

Kollektorfeld<br />

Gebäude 1 Gebäude 2<br />

<strong>Wärme</strong>übergabestation<br />

<strong>Wärme</strong>übergabestation mit<br />

direkter Heizungseinbindung<br />

<strong>und</strong> Trinkwasserbereitung<br />

im Durchfl ußprinzip<br />

Langzeitwärmespeicher<br />

Dr. Wolfgang Heidemann Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />

Kaltwasser<br />

Solarnetz<br />

<strong>Wärme</strong>übergabestation<br />

<strong>Wärme</strong>verteilnetz<br />

<strong>Wärme</strong>übergabestation mit<br />

indirekter Heizungseinbindung<br />

<strong>und</strong> Trinkwasserbereitung<br />

mit Speicherladesystem<br />

Kaltwasser


Dr. Wolfgang Heidemann Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />

Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

Erdsonden-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

bestimmten Speichertyp hängt im Wesentlichen<br />

von den örtlichen Gegebenheiten, dem notwendigen<br />

Speichervolumen <strong>und</strong> insbesondere<br />

von den geologischen <strong>und</strong> hydrogeologischen<br />

Verhältnissen im Untergr<strong>und</strong> des jeweiligen<br />

Standortes ab:<br />

Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speicher können unabhängig<br />

von der Geologie <strong>und</strong> auch in kleiner Baugröße,<br />

z. B. als <strong>Wärme</strong>speicher für einen Zeitraum von<br />

Tagen bzw. Wochen, eingesetzt werden.<br />

Kies/Wasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

Aquifer-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

Sommer<br />

Winter<br />

Sommer Winter<br />

Die wassergefüllte Trag konstruktion <strong>aus</strong> Stahlbeton<br />

ist teilweise im Erdreich eingebaut. Eine<br />

<strong>Wärme</strong>dämmung ist besonders im Bereich des<br />

Deckels <strong>und</strong> der Seitenwände vorteilhaft beziehungsweise<br />

meist notwendig. Die wasserdichte<br />

Auskleidung des Speichers musste in früheren<br />

Projekten (Rottweil, Hamburg <strong>und</strong> Friedrichshafen<br />

vgl. Abb. 2) <strong>aus</strong> Edelstahlblech <strong>aus</strong>geführt<br />

werden. In Hannover konnte im Jahr 2000 zum<br />

ersten Mal eine neuartige Betonmischung erfolgreich<br />

eingesetzt werden, deren Wasserdampfdurch<br />

lässig keit so gering ist, dass auf eine zusätzliche<br />

Auskleidung verzichtet werden kann.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 4<br />

Langzeit-<strong>Wärme</strong>speichertypen<br />

Abbildung 5<br />

Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

(12000 m 3 )<br />

während der Bauphase<br />

(Friedrichshafen)<br />

Quelle: Uni Stuttgart, ITW<br />

33


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 6<br />

Aufbau des Kies/<br />

Wasser-<strong>Wärme</strong>speichers<br />

(1500 m 3 )<br />

in Steinfurt-Borghorst<br />

Quelle: Uni Stuttgart, ITW<br />

34<br />

Diese Vorgehensweise stellt heutzutage den<br />

Stand der Technik dar.<br />

Eine Alternative zur beschriebenen Betonkonstruktion<br />

stellen Behälter <strong>aus</strong> glasfaserver stärkten<br />

Kunststoffen dar. Die Speicher werden drucklos<br />

im Temperaturbereich von 30 bis 95 °C betrieben.<br />

Um eine Durchmischung des Speicherinhaltes<br />

beim Be- <strong>und</strong> Entladen des Speichers<br />

zu verhindern, sind spezielle Vorrichtungen<br />

notwendig, die den Zu- <strong>und</strong> Ablauf wirbelfrei<br />

gewährleisten müssen. Derartige Ladewechseleinrichtungen<br />

werden zum Beispiel oft als<br />

Prallteller <strong>aus</strong>geführt.<br />

Kies/Wasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

Kies/Wasser-<strong>Wärme</strong>speicher haben eine mit<br />

wasserdichter Kunststofffolie <strong>aus</strong>gekleidete<br />

Grube, die mit einem Kies/Wasser-Ge misch<br />

als Speichermedium gefüllt ist (Abb. 6). Der<br />

Speicher ist seitlich <strong>und</strong> oben, bei geeigneter<br />

Druckfestigkeit des Dämmstoffes auch unten<br />

wärmegedämmt. Die Ein- <strong>und</strong> Ausspeiche rung<br />

der <strong>Wärme</strong> erfolgt über direkten Wasser<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch<br />

oder indirekt über Rohr schlangen.<br />

Eine statische Tragkonstruktion ist nicht notwendig,<br />

da die auftretenden Lasten über den<br />

Kies an die Seitenwände <strong>und</strong> den Boden<br />

abgetragen werden.<br />

Derzeitig eingesetzte Ab dichtfolien begrenzen<br />

die Maximaltemperaturen auf ca. 90 °C. Bedingt<br />

durch die geringere <strong>Wärme</strong>kapazität des Kies/<br />

Wasser-Gemisches im Vergleich zu Wasser muss<br />

das Speicher volumen ca. 50 % größer gewählt<br />

werden, um die gleiche <strong>Wärme</strong>menge wie in<br />

einem Heiß wasser- <strong>Wärme</strong>speicher speichern<br />

zu können. Speicher dieser Art sind am ITW<br />

der Universität Stuttgart seit 1985 sowie in<br />

Chemnitz, Augsburg <strong>und</strong> Steinfurt-Borghorst<br />

in Betrieb.<br />

Dr. Wolfgang Heidemann Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />

Erdsonden-<strong>Wärme</strong>spei cher<br />

Erdsonden-<strong>Wärme</strong>spei cher speichern die <strong>Wärme</strong><br />

in den Untergr<strong>und</strong> bzw. ziehen sie <strong>aus</strong> diesem<br />

wieder her<strong>aus</strong>. Abb. 7 zeigt verschiedene Typen<br />

von Erdwärmesonden sowie einen vertikalen<br />

Schnitt durch eine Erdwärme son den-Bohrung.<br />

Geeignete Unter gründe für Speicher dieser Art<br />

sind wasser gesättigte Tone bzw. Ton steine ohne<br />

oder mit nur geringer Gr<strong>und</strong>wasserbewegung.<br />

Typische Werte für Bohrloch-Durchmesser lie gen<br />

bei 100 - 200 mm, die Ab stände zwischen zwei<br />

Bohr löchern bei 1,5 - 3 m <strong>und</strong> die Bohrlochtiefen<br />

bei 20 - 100 m. Eine <strong>Wärme</strong>dämmung<br />

kann nur zur Oberfl äche hin erfolgen. Aufgr<strong>und</strong><br />

der da durch bedingten höheren <strong>Wärme</strong>verluste<br />

zu den Seiten <strong>und</strong> nach unten hin sind nur große<br />

Speicher (> 50 000 m³) dieses Typs sinnvoll, bei<br />

denen kleine Oberfl ächen/Volumen-Ver hältnisse<br />

erreicht werden können. Maximale Speichertemperaturen<br />

liegen bei ca. 80 °C, begrenzt<br />

durch die Lebensdauer des Erdwärmesonden-<br />

Materials. Durch die geringere <strong>Wärme</strong>kapazität<br />

des Speichermediums gegenüber Wasser <strong>und</strong><br />

aufgr<strong>und</strong> einer geringeren Temperaturspreizung<br />

im Betrieb, müssen <strong>Wärme</strong>speicher dieser Bauart<br />

im Vergleich zu Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speichern<br />

ein etwa 3 bis 5 mal größeres Volumen besitzen.<br />

Vorteilhaft ist bei diesem Speichertyp der im<br />

Vergleich zum Heißwasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

geringere Bauaufwand sowie ein möglicher<br />

modularer Aufbau bzw. eine sich dem Baufortschritt<br />

eines Wohngebietes anpassende Speichergröße.


Dr. Wolfgang Heidemann Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />

Doppel-U-Rohr<br />

150 mm<br />

Einzel-U-Rohr Koaxialrohr<br />

Aquifer-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

Aquifer-<strong>Wärme</strong>speicher nutzen natürlich<br />

vorkommende, nach oben <strong>und</strong> unten abgeschlossene<br />

Gr<strong>und</strong>wasserschichten zur <strong>Wärme</strong>speicherung.<br />

Über eine Brunnenbohrung<br />

(kalte Bohrung) wird dem Speicher Gr<strong>und</strong>wasser<br />

entnommen, dieses über einen <strong>Wärme</strong>übertrager<br />

erwärmt <strong>und</strong> über eine weitere Bohrung<br />

(warme Bohrung) wieder in den Untergr<strong>und</strong><br />

eingeleitet (Abb. 8). Die Entnahme der <strong>Wärme</strong><br />

erfolgt durch eine Umkehrung der Durchströmungsrichtung.<br />

Aquifer-<strong>Wärme</strong>speicher stellen<br />

sehr hohe Anforderungen an die geologischen<br />

Verhältnisse des jeweiligen Standortes bezüglich<br />

hydraulischer Durchlässigkeit, Gr<strong>und</strong>wasserfl ießge<br />

schwindigkeit, biologischer <strong>und</strong> chemischer<br />

Zusammensetzung des Gr<strong>und</strong>wassers.<br />

kalte<br />

Bohrung<br />

Bohrlochwand<br />

Injektionsschlauch<br />

Verfüllmaterial<br />

(Betonit-Sand-<br />

Zement-Suspension)<br />

Rücklauf<br />

25 mm<br />

Beladung Entladung<br />

Aquifer<br />

Vorlauf<br />

warme<br />

Bohrung<br />

<strong>Wärme</strong>dämmung<br />

(20 cm)<br />

Verrohrung<br />

in Sandbettlage<br />

(20 cm)<br />

Bohrlochverfüllung<br />

Bohrloch<br />

Doppel-U-<br />

Rohr-Sonde<br />

Geländeoberkante<br />

Deckschicht<br />

(ca. 2 <strong>–</strong> 3 m)<br />

Sie können nicht zur Um ge bung hin wärmegedämmt<br />

wer den. Bei Temperaturen ober halb<br />

50 °C kann es je nach örtlichen Gegebenheiten<br />

zu biologischen <strong>und</strong> geochemischen Veränderungen<br />

des Gr<strong>und</strong>wassers kommen. Dies kann<br />

gegebenen falls zu Ab la ge rungen an <strong>Wärme</strong>übertra<br />

gern <strong>und</strong> den Brunnenfi ltern führen, wodurch<br />

es im Extrem fall zu einem Erliegen der Förderfähigkeit<br />

der Brunnen kommen kann. Um dies<br />

zu verhindern, muss in solchen Fällen eine<br />

geeignete Wasseraufbereitung während des<br />

Be triebs erfolgen.<br />

In Abb. 9 sind die spezifi schen Speicherkosten<br />

der verschiedenen Langzeitspeicher in Abhängigkeit<br />

vom Speichervolumen aufgetragen.<br />

Aufgeführt sind Kostenberechnungen, die durch<br />

Planungsstudien oder beim Bau erster Pilotanlagen<br />

in Deutschland ermittelt wurden. Zum<br />

besseren Vergleich verschiedener Speicherkonzepte<br />

ist das Speichervolumen auf Volumen-<br />

Wasseräquivalent umgerechnet. Die Investitionskosten<br />

liegen für <strong>Wärme</strong>speicher größer als<br />

10.000 m³ derzeit zwischen 70 <strong>und</strong> 120 Euro<br />

pro m³ Wasseräquivalent. Da alle gebauten<br />

Langzeitspeicher Pilotcharakter haben, sind<br />

deren Baukosten stark von den örtlichen Gegebenheiten<br />

abhängig. Insgesamt zeigt sich eine<br />

starke Kostenreduktion mit zunehmender<br />

Speichergröße.<br />

aktive Speichertiefe (30 m)<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 7<br />

Aufbau von Erdwärmesonden<br />

Abbildung 8<br />

Aufbau eines Aquifer-<br />

<strong>Wärme</strong>speichers<br />

35


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 9<br />

Kosten verschiedener<br />

Langzeit-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

36<br />

Investitionskosten je m 3 Wasseräquivalent (€/m 3 )<br />

500<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Ilmenau<br />

(HW-GfK)<br />

Rottweil<br />

Stuttgart<br />

(K/W)<br />

Steinfurt<br />

(K/W)<br />

Auslegungsrichtlinien,<br />

Erfahrungen <strong>und</strong><br />

Empfehlungen<br />

Betriebserfahrungen <strong>und</strong> Ergebnisse der<br />

wissenschaftlich/technischen Begleitforschung<br />

der Pilotanlagen zur solarunterstützten Nahwärmeversorgung<br />

können in den folgenden<br />

Auslegungsrichtlinien (deutsche Anlagen, solarer<br />

Deckungsanteil 40 - 50 %) zusammenfasst<br />

werden:<br />

Mindestgröße des Wohngebietes:<br />

100 Wohneinheiten je 70 m 2<br />

Kollektorfl äche: 1,4 - 2,4 m 2 Flachkollektoren/<br />

MWh jährlichem <strong>Wärme</strong>bedarf<br />

Speichervolumen: 1,4 - 2,1 m 3 Wasser /m 2<br />

Flachkollektoren.<br />

Gut geplante <strong>und</strong> <strong>aus</strong>geführte Anlagen weisen<br />

folgende Merkmale auf:<br />

Kompakte Bebauungsstruktur<br />

(gut: Reihen-/Mehrfamilienhäuser, schlecht:<br />

Einfamilienhäuser), wodurch sich geringe<br />

Rohrleitungslängen <strong>und</strong> damit geringe<br />

<strong>Wärme</strong>verluste ergeben.<br />

Gebäude mit <strong>Sonne</strong>nkollektoren sollten nahe<br />

der Heizzentrale gelegen sein sowie mög-<br />

Dr. Wolfgang Heidemann Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />

Kettmannh<strong>aus</strong>en<br />

(HW-GfK)<br />

Hannover<br />

(HW-HLB)<br />

Bielefeld (HW)<br />

Neckarsulm<br />

Erdwärmesonden<br />

Hamburg (HW)<br />

Chemnitz (K/W)<br />

Rostock<br />

Aquifer<br />

Speichervolumen in m 3 Wasseräquivalent [m 3 ]<br />

gebaut<br />

Studie<br />

Heißwasser (HW)<br />

Kieswasser (KW)<br />

Erdwärmesonden<br />

Aquifer<br />

Friedrichshafen (HW)<br />

Berlin-Biesdorf<br />

Aquifer<br />

Potsdam<br />

Aquifer<br />

100 1.000 10.000 100.000<br />

lichst eine Ost/West-Dachfi rstorientierung<br />

aufweisen. Dadurch ergibt sich eine optimale<br />

Südorientierung der Kollektorfl ächen.<br />

Abweichungen von bis zu 30 % von dieser<br />

optimalen Süd<strong>aus</strong>richtung sind tolerierbar.<br />

Integrales <strong>Energie</strong>konzept: <strong>Energie</strong>effi ziente<br />

<strong>Wärme</strong>erzeugung <strong>und</strong> Verteilung mit<br />

Niedertemperaturheizsystemen<br />

(Vorlauf/Rücklauf: 60 °C/40 °C, 60 °C/30 °C,<br />

40 °C/25 °C). Hoher <strong>Wärme</strong>dämmstandard<br />

(Niedrigenergieh<strong>aus</strong>, Passivh<strong>aus</strong>) der<br />

Gebäude.<br />

Die Art der Trinkwassererwärmung sowie<br />

die Auslegung des Heizsystems bestimmen<br />

die Rücklauftemperatur des Nahwärmenetzes.<br />

Diese hat einen signifi kanten Einfl uss auf die<br />

Höhe des solaren Nutzwärmeertrags:<br />

Wird die <strong>Wärme</strong> <strong>aus</strong> der Heizzentrale über ein<br />

Zwei-Leiter-<strong>Wärme</strong>verteilnetz an die Verbraucher<br />

weitergegeben (vgl. Abb. 3), so kann dies<br />

mit direkter Heizungseinbindung <strong>und</strong> Trinkwasserbereitung<br />

im Durchfl ussprinzip erfolgen.<br />

Vorteilhaft ist dabei eine sehr gute Auskühlung<br />

des Vorlaufs sowie die Vermeidung von Legionellenbildung<br />

durch häufi ge Nutzung <strong>und</strong><br />

einer Erwärmung auf 60 °C von Zeit zu Zeit.<br />

Pro Wohneinheit sind dabei <strong>Wärme</strong>ströme<br />

von 20 bis 30 kW zu übertragen.


Dr. Wolfgang Heidemann Solare Nahwärme <strong>und</strong> saisonale Speicherung<br />

Eine zweite Möglichkeit der Ankopplung der<br />

h<strong>aus</strong>internen Installationen an das <strong>Wärme</strong>verteilnetz<br />

besteht in einer indirekten Heizungsanbindung<br />

<strong>und</strong> einer Trinkwasserbereitung mit<br />

Speicher lade system. Dabei wird ebenfalls eine<br />

gute Auskühlung bei geringen zu übertragenden<br />

<strong>Wärme</strong>strömen erreicht. Hier besteht die<br />

Gefahr der Legionellenbildung, die aber durch<br />

elektrisches Nacherhitzen vermieden werden<br />

kann <strong>–</strong> siehe oben. Durch den Einsatz von<br />

Niedertemperatur heizungen können im Vergleich<br />

zu konventionellen Heizsystemen niedrige<br />

Netzrücklauftemperaturen erreicht <strong>und</strong><br />

der solare Deckungs anteil des Gesamtsystems<br />

deutlich gesteigert werden.<br />

Weitere Möglichkeiten das <strong>Wärme</strong>verteilnetz<br />

<strong>aus</strong>zubilden sind Drei- <strong>und</strong> Vier-Leiternetze:<br />

Drei-Leiternetz: Dabei wird die H<strong>aus</strong>überga-<br />

bestation durch eine Solarübergabestation,<br />

d. h. einem zusätzlichen <strong>Wärme</strong>übertrager<br />

ergänzt: Der durch Raumheizung oder<br />

Trinkwasser erwärmung abgekühlte Rücklauf<br />

wird mit dem Solarrücklauf verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />

damit der Solaranlage zur Erwärmung direkt<br />

zur Verfügung gestellt.<br />

Bei einem Vier-Leiternetz als <strong>Wärme</strong>verteil-<br />

netz werden je zwei Vor- <strong>und</strong> Rücklaufl eitun-<br />

gen für Trinkwasser <strong>und</strong> Heizung verwendet.<br />

Die Aufteilung in Trinkwasser <strong>und</strong> Heizungs-<br />

strang erfolgt in der Heizzentrale.<br />

Zusammenfassung<br />

Die derzeit in Deutschland betriebenen neun<br />

Pilotanlagen zur solar unterstützten Nahwärmeversorgung<br />

mit Langzeitwärme-Speicher funktionieren<br />

ohne wesentliche Probleme.<br />

Die technische Machbarkeit <strong>und</strong> Effi zienz der<br />

Systemtechnik konnte nachgewiesen werden.<br />

Alle vier Konzepte zur saisonalen <strong>Wärme</strong>speicherung<br />

sind mindestens einmal umgesetzt. Diese<br />

Speicherkonzepte müssen nun weiterentwickelt<br />

werden, um die derzeit noch hohen Baukosten<br />

zu reduzieren. Dies erfolgt durch eine wissenschaftlich-technische<br />

Begleitforschung im<br />

Rahmen des Forschungskonzepts Solarthermie<br />

2000 plus.<br />

Literatur<br />

[1] Benner,M; Bodmann,M; Mangold,D;<br />

Nußbicker,J; Raab,S; Schmidt,Th;<br />

Seiwald,H; 2004: Solar unterstützte<br />

Nahwärmeversorgung mit <strong>und</strong> ohne<br />

Langzeit-<strong>Wärme</strong>speicher (Nov. 98 bis<br />

Jan. 03). Forschungsbericht zum<br />

BMWi - Vorhaben 0329606 S.<br />

[2] Raab,S; Mangold,D; Nußbicker,<br />

Heidemann, W; Müller-Steinhagen,H;<br />

2004: Solar assisted district heating system<br />

with seasonal hot water heat store in<br />

Friedrichshafen (Germany). 14. Internatio-<br />

nales <strong>Sonne</strong>nforum, Freiburg, 20.-23.06.<br />

[3] Raab,S; Mangold,D; Heidemann, W;<br />

Müller-Steinhagen,H; 2005: Die solar-<br />

unterstützte Nahwärmeversorgung in<br />

Crailsheim. 15. Symposium Thermische<br />

Solarenergie. Kloster Banz, 27.-29.04.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

37


FVS LZE Themen 2005<br />

Kl<strong>aus</strong> Hennecke<br />

DLR<br />

Kl<strong>aus</strong>.Hennecke@dlr.de<br />

Dr. Ahmet Lokurlu<br />

SOLITEM GmbH<br />

a.lokurlu@solitem.de<br />

Matthias Rommel<br />

Fraunhofer ISE<br />

matthias.rommel@<br />

ise.fraunhofer.de<br />

Frank Späte<br />

Solar-Institut Jülich -<br />

Fachhochschule Aachen<br />

spaete@sij.fh-aachen.de<br />

Abbildung 1<br />

Industrieller Prozesswärmebedarf<br />

in<br />

Deutschland (1994,<br />

eigene Darstellung<br />

nach [1])<br />

38<br />

Solare Prozesswärme für<br />

Industrie, Meerwasserentsalzung<br />

<strong>und</strong> Solarchemie<br />

Einführung<br />

Der Prozesswärmebedarf für Industrie <strong>und</strong><br />

Gewerbe macht einen erheblichen Anteil des<br />

<strong>Energie</strong>verbrauchs in Industrialisierten Länder<br />

<strong>aus</strong>. In Deutschland werden in diesem Bereich<br />

pro Jahr knapp 2000 PJ eingesetzt, das entspricht<br />

r<strong>und</strong> 20 % des gesamten Endenergiebedarfs.<br />

R<strong>und</strong> 30 % dieses Bedarfs fällt im Temperaturbereich<br />

unterhalb 200 °C an, für den<br />

geeignete Solarkollektoren kurz- bis mittelfristig<br />

verfügbar sind.<br />

Verbrauchsschwerpunkte liegen in den<br />

folgenden Branchen <strong>und</strong> Prozessen:<br />

Prozesstemperaturverbrauch [PJ]<br />

Nahrungs- <strong>und</strong> Genussmittelindustrie<br />

(z. B. Koch- <strong>und</strong> Eindampfprozesse)<br />

Chemische Industrie<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

0 <strong>–</strong> 100<br />

100 <strong>–</strong> 200<br />

200 <strong>–</strong> 300<br />

300 <strong>–</strong> 400<br />

400 <strong>–</strong> 500<br />

Zellstoff- <strong>und</strong> Papierindustrie<br />

(Kochen, Trocknen)<br />

Textilindustrie<br />

(Färben, Auswaschen, Trocknen)<br />

Investitionsgüterindustrie (z. B. Reinigungs-<br />

bäder, Lackierkabinen, Lacktrockner)<br />

Dienstleistungen (z. B. Wäschereien)<br />

Wollte man innerhalb der nächsten 20 Jahre nur<br />

10 % dieses Bedarfs solar decken, müssten zu<br />

diesem Zweck jährlich r<strong>und</strong> 1,4 Mio m² Kollektorfl<br />

äche installiert werden. Zum Vergleich: Im<br />

bisherigen Spitzenjahr 2001 wurden in Deutschland<br />

für Trinkwassererwärmung <strong>und</strong> Heizungsunterstützung<br />

900.000 m² Kollektorfl äche neu<br />

installiert. Offensichtlich besteht also ein großes<br />

Marktpotenzial, dennoch wurden bisher nur<br />

wenige Anwendungen realisiert.<br />

Prozesswärmebedarf Deutschland 1994<br />

500 <strong>–</strong> 600<br />

600 <strong>–</strong> 700<br />

700 <strong>–</strong> 800<br />

800 <strong>–</strong> 900<br />

900 <strong>–</strong> 1000<br />

1000 <strong>–</strong> 1100<br />

Prozesstemperaturniveau [°C]<br />

Kl<strong>aus</strong> Hennecke Solare Prozesswärme<br />

1100 <strong>–</strong> 1200<br />

1200 <strong>–</strong> 1300<br />

1300 <strong>–</strong> 1400<br />

1400 <strong>–</strong> 1500<br />

1500 <strong>–</strong> 1600<br />

1600 <strong>–</strong> 1700


Kl<strong>aus</strong> Hennecke Solare Prozesswärme<br />

Prozesswärme für<br />

die Industrie<br />

Offenbar ist der Markt für solare Prozesswärme<br />

nicht einfach. Da <strong>Wärme</strong> nicht verlustarm über<br />

weite Strecken transportiert werden kann,<br />

sind nur solche Standorte geeignet, bei denen<br />

sowohl günstige Einstrahlungsbedingungen, als<br />

auch genügend Flächen zur Aufstellung der<br />

Kollektoren vorhanden sind. Bei der Auslegung<br />

<strong>und</strong> Systemintegration eines Kollektorfeldes als<br />

<strong>Wärme</strong>erzeuger haben die geforderten Prozesstemperaturen<br />

wesentlich stärkeren Einfl uss als in<br />

konventionellen Anlagen. Gr<strong>und</strong>sätzlich kann<br />

die Solarwärme in das <strong>Wärme</strong>versorgungssystem<br />

des Anwenders, oder direkt in den jeweiligen<br />

Prozess eingekoppelt werden. Da aber<br />

der Wirkungsgrad von <strong>Sonne</strong>nkollektoren mit<br />

steigender Temperatur abnimmt, ist bei der<br />

Integration solarer Prozesswärme ein möglichst<br />

niedriges Temperaturniveau vorteilhaft. Gerade<br />

dort kann jedoch häufi g auch Abwärme <strong>aus</strong><br />

anderen Prozessen oder Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />

genutzt werden. Um das optimale Temperaturniveau<br />

für den Einsatz solarer <strong>Wärme</strong> zu fi nden,<br />

ist deshalb der Einsatz von Prozessintegrationsmethoden<br />

empfehlenswert.<br />

Eine weitere Her<strong>aus</strong>forderung stellt die tages-<br />

<strong>und</strong> jahreszeitlich sowie wetterabhängig wechselhafte<br />

Verfügbarkeit der solaren Strahlung dar.<br />

Um Produktionsmängel oder -<strong>aus</strong>fälle zu vermeiden<br />

müssen Strahlungsschwankungen durch<br />

entsprechende Speichersysteme abgepuffert<br />

werden. In der Regel muss zur Überbrückung<br />

längerer strahlungsarmer Zeiten eine h<strong>und</strong>ertprozentige,<br />

konventionelle Reservekapazität<br />

vorgehalten werden. Deshalb bringt die In-<br />

vestition in die Solaranlage keine Reduktion<br />

des konventionellen Anlagenteils mit sich <strong>und</strong><br />

die Anlage muss sich allein durch die erzielten<br />

Brennstoffeinsparungen amortisieren. Dies stellt<br />

bei heutigen Brennstoffpreisen eine Hürde für<br />

die Wirtschaftlichkeit solcher Investitionen dar.<br />

Um hohe Brennstoffeinsparungen erzielen zu<br />

können, sind hohe solare Deckungsgrade anzustreben.<br />

Vorzugsweise sollten <strong>Wärme</strong>bedarf<br />

<strong>und</strong> solares Angebot zeitlich korrelieren.<br />

Dies ist häufi g bei Kühlung oder Klimatisierung<br />

der Fall, sowie bei Anwendern mit reinem<br />

Tagesbetrieb.<br />

Schon diese kurzen Überlegungen verdeutlichen,<br />

dass es die “typische“ Prozesswärmeanwendung<br />

nicht gibt. Vielmehr sind individuelle<br />

Lösungen gefragt, die auf Anlagengröße,<br />

Bedarfsprofi l, <strong>Wärme</strong>trägermedium <strong>und</strong><br />

Temperaturniveau der jeweiligen Prozesse<br />

abgestimmt sind. Der damit verb<strong>und</strong>ene<br />

Beratungs- <strong>und</strong> Planungsaufwand bedeutet<br />

eine erhebliche Her<strong>aus</strong>forderung für die Markterschließung.<br />

Um diese Her<strong>aus</strong> forderung anzunehmen<br />

<strong>und</strong> zu meistern, wurde eine IEA<br />

Task (33/IV) gegründet. In dieser seit zwei<br />

Jahren laufenden Kooperation der internationalen<br />

<strong>Energie</strong>agentur (IEA) arbeiten Experten <strong>aus</strong><br />

neun Ländern zusammen. Weitere Informationen<br />

fi nden sich unter http://www.iea-ship.org.<br />

Eines der wenigen realisierten Beispiele einer<br />

solaren Prozesswärmeversorgung in Deutschland<br />

ist die 100 Quadratmeter große Vakuumröhren-Kollektoranlage<br />

der Schiffer GmbH &<br />

Co KG in Menden im Sauerland. Die mit den<br />

Mitteln <strong>aus</strong> dem REN-Programm des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen geförderte Anlage wurde<br />

im Oktober 2003 in Betrieb genommen <strong>und</strong><br />

dient zur Beheizung galvanischer Bäder (Abb. 2).<br />

Die Temperaturen dieser Bäder liegen zwischen<br />

40 <strong>und</strong> 70 Grad Celsius. Geplant <strong>und</strong> errichtet<br />

wurde die Anlage von der Firma SOTEC solar<br />

<strong>aus</strong> Plettenberg.<br />

Ein Beispiel für die solare <strong>Wärme</strong>-, <strong>Kälte</strong>- <strong>und</strong><br />

Dampfversorgung ist die auf einem türkischen<br />

Hotel in Dalaman installierte Pilotanlage der<br />

Firma SOLITEM <strong>aus</strong> Aachen (Abb. 3). Das<br />

mehrfach preisgekrönte Anlagenkonzept (R.I.O.<br />

Innovationspreis, Energy Globe Award, Global<br />

100 Eco-Tech Award <strong>und</strong> Solarpreis 2005 von<br />

EUROSOLAR) stellt mit 20 Parabolrinnenkollektoren<br />

thermische Leistungen bis zu 100 KW im<br />

reinen Dampfversorgungsbetrieb oder <strong>Kälte</strong>leistungen<br />

bis zu 130 KW zur Verfügung. Beide<br />

Versorgungs bereiche sind auch im Teillastbetrieb<br />

möglich. Durch den bivalenten Betrieb der Anlage<br />

werden im Sommer die Prozesswärmeverbraucher<br />

oder die den Kühlkreislauf speisende<br />

zweistufi ge Absorptionskältemaschine mit Dampf<br />

versorgt <strong>und</strong> im Winter beheizen die Kollektoren<br />

die Räume <strong>und</strong> unterstützen damit mit solarer<br />

<strong>Energie</strong> die fossile Dampferzeugung. [3]<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

39


FVS LZE Themen 2005<br />

40<br />

beheiztes Bad<br />

Abbildung 2<br />

Anlagenschema<br />

<strong>und</strong> Kollektorfeld<br />

zur Beheizung<br />

galvanischer Bäder<br />

bei Fa. Schiffer<br />

GmbH & Co KG<br />

Quelle: EA-NRW<br />

Pumpe<br />

Abbildung 3<br />

Schema <strong>und</strong><br />

Kollektorfeld zur<br />

<strong>Wärme</strong>-, Dampf-<br />

<strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>versorgung<br />

eines Hotels an der<br />

türkischen Ägäisküste<br />

in Dalaman<br />

Quelle: SOLITEM GmbH<br />

Heizkessel<br />

Dreiwegeventil<br />

Solarstrahlung<br />

Puffer<br />

750 Liter<br />

0<br />

Kollektorfeld<br />

Heißwasser<br />

(18 °C)<br />

kleiner<br />

Heißwasserspeicher<br />

Kollektor<br />

<strong>Wärme</strong><strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>cher<br />

Dampf<br />

Dampferzeuger<br />

existierendes konventionelles System<br />

Warmwasser (95°C)<br />

Dampf (4 bar)<br />

Dampf<br />

Kl<strong>aus</strong> Hennecke Solare Prozesswärme<br />

kaltes<br />

Wasser 6 °C<br />

Hotel<br />

Raumheizung,<br />

Swimmingpool<br />

Wäscherei<br />

Kühlung<br />

WMod<br />

SMod<br />

WMod = Winterbetrieb<br />

SMod = Sommerbetrieb


Kl<strong>aus</strong> Hennecke Solare Prozesswärme<br />

Ein weiteres vom Land NRW unterstütztes<br />

Projekt betrifft eine Großbäckerei in Burkina<br />

Faso. Dort wird zur Herstellung von r<strong>und</strong> 1000<br />

Baguettes pro Tag heiße Luft bei über 250 °C<br />

mit einer Leistung von 20 bis 40 KW benötigt.<br />

Für diese beim Solar-Institut Jülich entwickelte<br />

Anlage (Abb. 4) wird Luft als <strong>Wärme</strong>träger verwendet.<br />

Als Konzentratoren dienen 16 so genannte<br />

„Scheffl er Spiegel“, die sich bereits in<br />

vielen Anwendungen in Entwicklungsländern<br />

bewährt haben. Jeder Spiegel bündelt das <strong>Sonne</strong>nlicht<br />

auf einen ortsfesten Brennfl eck von<br />

r<strong>und</strong> 30 cm Durchmesser. Dort befi ndet sich<br />

ein eigens für diese Anwendung entwickelter<br />

Receiver, der die konzentrierte Strahlung absorbiert<br />

<strong>und</strong> die <strong>Wärme</strong> über eine große Oberfl<br />

äche an die vorbeiströmende Luft abgibt.<br />

Die heiße Luft wird über einen Luft-Luft-<strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher<br />

im geschlossenen Kreislauf geführt,<br />

um die hohe Rücklauftemperatur des Backofens<br />

nutzen zu können.<br />

Ein häufi g verwendeter <strong>Wärme</strong>träger in industriellen<br />

Prozessen ist Dampf. Im Rahmen<br />

einer von der AG Solar NRW geförderten Studie<br />

untersuchten DLR <strong>und</strong> YTONG AG am Beispiel<br />

der Porenbetonherstellung, ob die für solarthermische<br />

Kraftwerke entwickelte Technologie der<br />

direkten Dampferzeugung in Parabolrinnen auf<br />

industrielle Anwendungen übertragen werden<br />

kann (Abb. 5).<br />

Der wesentliche Dampf verbrauchende Prozessschritt<br />

ist die Härtung des Materials im Autoklaven.<br />

Üblicherweise werden mehrere Autoklaven<br />

zeitlich versetzt betrieben, <strong>und</strong> Dampfspeicher<br />

zur teilweisen <strong>Wärme</strong>rückgewinnung <strong>und</strong> zum<br />

Lastmanagement eingesetzt. Diese Speicher<br />

bieten eine gute Möglichkeit zur Einkopplung<br />

solar erzeugten Dampfes, ohne den Fertigungsprozess<br />

durch schwankende Solarstrahlung zu<br />

gefährden. Das Dach einer typischen Fertigungshalle<br />

könnte Platz für ein Kollektorfeld<br />

mit etwa 5 % der Nennleistung der installierten<br />

konventionellen Kessel bieten. An günstigen<br />

Standorten im Mittelmeerraum könnten etwa<br />

10 % des jährlichen Dampfbedarfs solar gedeckt<br />

werden bei Kosten, die im Bereich der konventionellen<br />

Erzeugungskosten liegen.<br />

Aufgr<strong>und</strong> dieses ermutigenden Ergebnisses<br />

wurde die Versuchsanlage am DLR-Standort<br />

Köln-Porz mit r<strong>und</strong> 80 kW Leistung für die<br />

direkte Dampferzeugung umgerüstet, um die<br />

theoretisch erarbeiteten Verfahrensgr<strong>und</strong>lagen<br />

auch in dem für Prozessdampferzeugung relevanten<br />

Druck- <strong>und</strong> Temperaturbereich experimentell<br />

abzusichern. Nach Abschluss <strong>und</strong><br />

Auswertung der noch laufenden Versuchskampagne<br />

werden Anwender zur Realisierung<br />

einer ersten Pilotanlage gesucht.<br />

Prozesswärme für<br />

Meerwasserentsalzung<br />

Ein Sonderfall der Prozesswärmenutzung ist die<br />

Meerwasserentsalzung. Der weltweit steigende<br />

Wasserbedarf lässt hier einen enorm wachsenden<br />

Markt vermuten. Ein Gr<strong>und</strong>problem der thermischen<br />

Meerwasserentsalzung besteht darin, dass<br />

die bei der Destillation erforderliche Verdampfung<br />

von Wasser sehr energieaufwändig ist.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 4<br />

Solar unterstützte<br />

Großbäckerei in<br />

Burkina Faso<br />

Abbildung 5<br />

Parabolrinnenanlage<br />

des DLR zur direkten<br />

Prozessdampferzeugung<br />

41


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 6<br />

Wasserentsalzung<br />

durch Mehrstufenverdampfung,<br />

Schema<br />

<strong>und</strong> Testanlage des<br />

Solarinstitut Jülich<br />

Abbildung 7<br />

Wasserentsalzung<br />

durch Membrandestillation,Funktionsprinzip<br />

<strong>und</strong><br />

Kompaktsystem des<br />

Fraunhofer ISE<br />

42<br />

Flachkollektor<br />

Deshalb werden mehrstufi ge Verfahren angewendet,<br />

bei denen ein großer Anteil der Verdampfungswärme<br />

in der jeweils nachfolgenden<br />

Stufe zurück gewonnen wird.<br />

Bei dem am Solar-Institut Jülich entwickelten<br />

System für kleine Tagesleistungen sind mehrere<br />

Verdampfungswannen übereinander angeordnet<br />

(Abb. 6). Die unterste Stufe der Entsalzungsanlage<br />

dient gleichzeitig als erste Stufe der<br />

Verdampferkolonne <strong>und</strong> als Auffangbecken<br />

für das Destillat. Die Solarwärme wird dieser<br />

untersten Stufe zugeführt. Der aufsteigende<br />

Dampf kondensiert an der Unterseite der<br />

<strong>Wärme</strong>quelle<br />

(Kollektor)<br />

<strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher<br />

T2=75 °C<br />

T3=80 °C<br />

<strong>Wärme</strong>zufuhr<br />

Verdampferkanal<br />

Meerwasser-Zufl uß<br />

Sole-Abfl uß<br />

Süsswasser-Abfl uß<br />

darüber liegenden Wanne. Dort entsteht aufgr<strong>und</strong><br />

der Kondensationswärme erneut Dampf,<br />

der wiederum an der nächsthöheren Stufe<br />

kondensiert, usw. Dieses Anlagenkonzept wird<br />

zur Zeit mit verschiedenen Kollektortypen<br />

getestet.<br />

Auch bei dem am Fraunhofer ISE entwickelten<br />

Konzept der Membrandestillation wird der<br />

spezifi sche <strong>Energie</strong>bedarf durch interne <strong>Wärme</strong>rückgewinnung<br />

gesenkt. Bei diesem Verfahren<br />

wird die erwärmte Sole entlang einer Wasser<br />

abweisenden, porösen Polymermembran<br />

geführt. Wassermoleküle in Form von Dampf<br />

durchdringen diese Membran <strong>und</strong> werden auf<br />

der anderen Seite kondensiert. Die Kondensationswärme<br />

dient wiederum zur Vorwärmung der<br />

zugeführten Sole. Im Rahmen eines von der EU<br />

geförderten Projektes werden zur Zeit Kompaktsysteme<br />

in Ägypten, Jordanien <strong>und</strong> Marokko mit<br />

einer Entsalzungsleistung von ca. 100 Litern pro<br />

Tag getestet. Die Abb. 6 zeigt eine Anlage in<br />

Gran Canaria. Die Hauptkomponenten dieser<br />

Anlagen sind das Membran destillations modul,<br />

Kondensationsfolie<br />

Destillatkanal<br />

Wasserabweisende Membran<br />

Kl<strong>aus</strong> Hennecke Solare Prozesswärme<br />

T1=20 °C<br />

Meerwasser-Zufl uß<br />

Süsswasser-Abfl uß<br />

Sole-Abfl uß<br />

T4=25 °C


Kl<strong>aus</strong> Hennecke Solare Prozesswärme<br />

ein 6 m² Solarkollektor, eine salzwasserbeständige<br />

Pumpe <strong>und</strong> ein Photovoltaikmodul, das<br />

einen autarken Betrieb der Anlage ermöglicht.<br />

Zwei größere Anlagen mit Kollektorfl ächen von<br />

80 m² werden bis März 2006 in Jordanien <strong>und</strong><br />

Gran Canaria in Betrieb genommen werden.<br />

Prozesswärme für<br />

die Solarchemie<br />

Die solare Bereitstellung von Hochtemperaturwärme<br />

für thermische <strong>und</strong> chemische Prozesse<br />

ist das Ziel längerfristig angelegter Forschungs-<br />

<strong>und</strong> Entwicklungsarbeiten. Ein mit Unterstützung<br />

der AG Solar NRW untersuchtes Beispiel für<br />

eine mögliche zukünftige Anwendung ist das<br />

solare Recycling von Aluminium. Der konventionelle<br />

Prozess in gasbefeuerten Drehrohröfen<br />

erfordert neben dem erheblichen Einsatz fossiler<br />

<strong>Energie</strong> auch eine aufwändige Abgasnachbehandlung<br />

zur Beseitigung der beim Aufschmelzen<br />

des verunreinigten Schrottes entstehenden<br />

Schadstoffe. Bei direkter Beheizung des Schmelzofens<br />

mit konzentrierter Solarstrahlung werden<br />

weder Brennstoff noch Verbrennungsluft benötigt.<br />

Dies reduziert den Abgasvolumenstrom<br />

<strong>und</strong> damit die Kosten der Nachbehandlungsanlage<br />

erheblich. Neben der Betriebskostensenkung<br />

durch Brennstoffeinsparung besteht hier<br />

also das Potenzial, auch Investitionskosten zu<br />

reduzieren <strong>und</strong> damit die Aussichten auf Wirtschaftlichkeit<br />

der solaren Variante zu erhöhen.<br />

Dieses Verfahren wurde am DLR <strong>Sonne</strong>nofen in<br />

Köln Porz im Technikumsmaßstab erfolgreich<br />

demonstriert. In dieser Versuchsanlage refl ektiert<br />

ein 57 m² großer Heliostat das direkte <strong>Sonne</strong>nlicht<br />

auf einen feststehenden Konzentrator, in<br />

dessen Fokalbereich von etwa 13 cm Durchmesser<br />

eine Konzentration von bis zu 5000 <strong>Sonne</strong>n<br />

<strong>und</strong> eine Gesamtstrahlungsleistung von über<br />

20 kW erreicht werden kann. Mit dem im Fokus<br />

positionierten Drehtrommelofen wurden täglich<br />

mehrere Chargen von je ca. 1 kg Aluminium<br />

aufgeschmolzen.<br />

Zusammenfassung<br />

Die Beispiele zeigen, dass solare Prozesswärmeerzeugung<br />

wichtige Beiträge zu Klimaschutz<br />

<strong>und</strong> Ressourcenschonung liefern kann.<br />

Im Temperaturbereich bis etwa 200°C sind<br />

marktnahe Technologien kurz- bis mittelfristig<br />

verfügbar. Einer weiten Verbreitung stehen<br />

immer noch niedrige fossile Brennstoffkosten<br />

sowie ein hoher Beratungs- <strong>und</strong> Planungsaufwand<br />

entgegen. Hier ist an die Politik zu<br />

appellieren, durch angepasste Förderprogramme<br />

die Markterschließung zu erleichtern.<br />

Langfristig besteht weiterhin Forschungsbedarf<br />

insbesondere im Bereich Hochtemperaturanwendungen<br />

<strong>und</strong> Solarchemie.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 8<br />

Solares Aluminiumrecycling:<br />

Oben: <strong>Sonne</strong>nofen<br />

mit Heliostat <strong>und</strong><br />

Konzentrator.<br />

Mitte: Drehrohrofen.<br />

Unten: Abgießen der<br />

Schmelze<br />

Quelle: DLR<br />

43


FVS LZE Themen 2005<br />

44<br />

Literatur<br />

[1] Mauch, W.; Schaefer, H: Strukturen des<br />

<strong>Wärme</strong>bedarfs in Industrie <strong>und</strong> Gewerbe,<br />

VDI Tagungsband „Wirtschaftliche <strong>Wärme</strong>-<br />

nutzung in Industrie <strong>und</strong> Gewerbe“,<br />

Braunschweig 1997<br />

[2] Schweiger, H.; Farinha Mendes, J.;<br />

Benz, N.; Hennecke, K.; Prieto, G.;<br />

Cusi, M.; Goncalves, H.: The Potential of<br />

Solar Heat for Industrial Processes, Proc.<br />

EuroSun 2000, Kopenhagen<br />

[3] Lokurlu, A. , Richarts, F., Krüger, D.: Highly<br />

effi cient Utilisation of Solar Energy with<br />

newly developed Parabolic Trough<br />

Collectors (SOLITEM PTC) for Chilling<br />

and Steam Production in a Hotel at the<br />

Mediterranean Coast of Turkey. Internatio-<br />

nal Journal of Energy Technology and<br />

Policy (IJETP), Volume 3,<br />

Issue 1/2. Inderscience, 2005.<br />

[4] Kötter, J.; Müller, C.; Schwarzer, K.:<br />

Solare Großbäckerei in Burkina Faso,<br />

Erneuerbare <strong>Energie</strong>n Ausgabe 11/04<br />

S.54-55 , Hannover 2004<br />

[5] Hennecke, K.; Kötter, J.; Michel, o.; Peric,<br />

D.: Solar Process Steam Generation for the<br />

Production of Porous Concrete, Proc. 11th<br />

Int. Symposium on Solar Power and<br />

Chemical Energy Systems, Zürich 2002<br />

[6] Müller, C.; Schwarzer, K.: Solar Thermal<br />

Desalination Systems with Multi-Stage Heat<br />

Recovery, Proc. Eurosun 2004, Freiburg<br />

[7] Rommel, M.; Koschikowski, J.;<br />

Wiegh<strong>aus</strong>, M.: Thermally driven Desalinati-<br />

on Plants based on Membrane Destillation,<br />

Proc. Int. Conference ’RES for Island <strong>–</strong><br />

Tourism & Water’, Kreta 2003<br />

[8] Glasmacher-Remberg, C.; Roeb, M.;<br />

Dersch, J.; Schäfer, R.; Funken, K.-H.: Solar<br />

Thermal Recycling of Aluminium, Proc. 6th<br />

Int. Secondary Aluminium Congress,<br />

Cannes 2001.<br />

Kl<strong>aus</strong> Hennecke Solare Prozesswärme


Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />

Solare Kühlung <strong>und</strong><br />

Klimatisierung <strong>–</strong> Belüftung <strong>und</strong><br />

<strong>Wärme</strong>rück gewinnung<br />

Einführung<br />

Der Markt für Klimatechniken wächst.<br />

Dies liegt an wachsenden Komfortansprüchen,<br />

Zunahme von <strong>Wärme</strong>quellen innerhalb von<br />

Gebäuden (elektrische Geräte, Computer),<br />

architektonischen Trends <strong>und</strong> nicht zu letzt an<br />

der Zunahme der Außen temperaturen im<br />

Sommer. Die sommerliche Klimatisierung von<br />

Gebäuden erzeugt einen steigenden <strong>Energie</strong>bedarf,<br />

der heute fast <strong>aus</strong>schließlich durch Strom<br />

gedeckt wird. Die Nutzung von solarthermisch<br />

angetriebenen Klima tisierungsverfahren ist eine<br />

viel versprechende Möglichkeit, um den Strombedarf<br />

für die Klima tisierung zu reduzieren.<br />

Solare Kühlungs- <strong>und</strong><br />

Klimatisierungstechniken<br />

Heute stehen unterschiedliche Verfahren zur<br />

Verfügung, um Solarwärme zur Gebäudeklimatisierung<br />

zu nutzen. Bislang sind allerdings<br />

nur zentrale solarthermisch angetriebene Anlagen<br />

für Gebäude oder Gebäudebereiche<br />

technisch möglich, nicht dagegen Anlagen für<br />

den dezentralen Einsatz in ein zelnen Räumen.<br />

Generell sind Klimatechniken hinsichtlich des<br />

thermodynamischen Ver fahrens <strong>und</strong> hinsicht-<br />

lich des „<strong>Kälte</strong>trägers“ zu unterscheiden (siehe<br />

Abb. 1). Die verwendeten Anlagen stellen entweder<br />

Kaltwasser bereit (geschlossene <strong>Kälte</strong>maschinen)<br />

oder sie entziehen der Frischluft<br />

Feuchtigkeit <strong>und</strong> senken die Raumtemperatur<br />

(offene Sorptionsverfahren).<br />

Unter Sorption versteht man die reversible<br />

Anlagerung eines <strong>Kälte</strong>mittels, wie z. B. Wasser<br />

in einem zweiten Stoff. Im Falle der Feststoffsorption<br />

(Adsorption) handelt es sich hierbei um<br />

ein hochporöses Material wie z. B. Zeolith oder<br />

Silikagel. Bei der Flüssig sorption wird dagegen<br />

ein Lösungsmittel mit hoher Affi nität zur<br />

Aufnahme des Arbeitsstoffs verwendet.<br />

Die Sorption an festen wie auch an fl üssigen<br />

Sorptionsmitteln kann sowohl in geschlossenen<br />

Maschinen als auch in offenen Verfahren<br />

Verwendung fi nden.<br />

Geschlossene <strong>Kälte</strong>maschinen<br />

Bei der Verwendung von geschlossenen<br />

<strong>Kälte</strong>maschinen wird Kaltwasser <strong>aus</strong> thermischer<br />

<strong>Energie</strong> bereitgestellt, das für die Raumklimatisierung<br />

eingesetzt werden kann.<br />

Die drei wichtigsten Techniken sind:<br />

Absorptions kältemaschinen,<br />

Adsorptions kältemaschinen <strong>und</strong><br />

Dampf strahlkältemaschinen.<br />

Kaltwasser<br />

thermisch<br />

<strong>Wärme</strong> angetriebener<br />

Kühlprozeß konditionierte<br />

Luft<br />

Abb. 1<br />

Gr<strong>und</strong>prinzip der solaren Klimatisierung: Im Solarkollektor wird Strahlung in <strong>Wärme</strong> umgewandelt. Diese<br />

<strong>Wärme</strong> wird genutzt, um mittels eines entsprechenden Verfahrens entweder Kaltwasser oder direkt konditionierte<br />

Frischluft bereit zu stellen, die dem Gebäude zugeführt werden.<br />

Quelle: Fraunhofer ISE<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Dr. Hans-Martin<br />

Henning<br />

Fraunhofer ISE<br />

hans-martin.henning@<br />

ise.fraunhofer.de<br />

Prof. Dr. Rainer Braun<br />

Fachhochschule<br />

Gelsenkirchen -<br />

<strong>Energie</strong>-Institut<br />

rainer.braun@<br />

fh-gelsenkirchen.de<br />

Dr. Ahmet Lokurlu<br />

SOLITEM GmbH<br />

a.lokurlu@solitem.de<br />

Dr. Peter Noeres<br />

Fraunhofer UMSICHT<br />

(Institut für Umwelt-,<br />

<strong>Energie</strong>-, <strong>und</strong> Sicherheitstechnik)<br />

peter.noeres@<br />

umsicht.fraunhofer.de<br />

Abbildung 1<br />

45


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 2<br />

Schema einer<br />

einstufi gen Lithiumbromid<br />

(LiBr)-Wasser-<br />

Absorptionskältemaschine.<br />

Quelle: Fraunhofer ISE<br />

46<br />

Bei Absorption <strong>und</strong> Adsorption handelt es<br />

sich um thermochemische Verfahren, bei denen<br />

ein Zwei stoffgemisch <strong>aus</strong> <strong>Kälte</strong>mittel <strong>und</strong> Sorptionsmittel<br />

genutzt wird, um eine thermische<br />

Verdichtung des <strong>Kälte</strong>mittels zu erreichen.<br />

Die Dampfstrahlkälte technik ist ein thermomechanisches<br />

Verfahren mit nur einem Stoff.<br />

Der wesentliche Bestandteil der Dampfstrahlkältemaschine<br />

ist der Strahlver dichter. Bei diesem<br />

wird mit Hilfe eines Treib mediums <strong>Kälte</strong>mitteldampf<br />

vom Verdampfer druck niveau auf das<br />

Kondensator druckniveau gefördert. Details zu<br />

den Verfahren sind beispielsweise in dem BINE-<br />

Infor ma tionsblatt „Klimatisieren mit <strong>Sonne</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Wärme</strong>“ beschrieben [1].<br />

Die benötigte Kaltwassertemperatur für die<br />

Raumklimatisierung hängt entscheidend davon<br />

ab, ob Geräte versorgt werden, die auch für<br />

die Luftentfeuchtung (latente Lasten) benutzt<br />

werden, oder ob die angeschlossenen Räume<br />

nur zur Kontrolle der Temperatur (sensibler<br />

Lasten) dienen. In zentralen Lüftungsgeräten<br />

oder dezentralen Umluftgeräten, die sowohl zur<br />

Kontrolle der Temperatur als auch der Feuchte<br />

der Raumluft verwendet werden <strong>und</strong> die in<br />

südlichen Ländern sehr verbreitet sind, wird die<br />

Luft unter den Taupunkt abgekühlt. Dadurch<br />

kondensiert ein Teil des Wasserdampfes der<br />

Luft <strong>und</strong> die absolute Feuchte im Raum sinkt.<br />

Um eine solche Luft ent feuchtung zu ermögli-<br />

Druck<br />

Verdampfer<br />

<strong>Wärme</strong>abgabe<br />

(Kühlturm)<br />

Drossel<br />

Dampf<br />

<strong>Wärme</strong>aufnahme<br />

(Nutzkälte)<br />

Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />

Kondensator<br />

Lösungsmittelpumpe<br />

Absorber<br />

Temperatur<br />

chen, sind Kaltwassertemperaturen im Bereich<br />

6 - 9 °C erforderlich. Soll die <strong>Kälte</strong>maschine<br />

jedoch lediglich für die Abfuhr sensibler Lasten<br />

eingesetzt werden, so reichen deutlich höhere<br />

Kaltwassertemperaturen im Bereich 15 - 20 °C<br />

<strong>aus</strong>. Beispiele für entsprechende Techniken sind<br />

Flächenkühlsysteme also Kühldecken, Fußbodenkühlung,<br />

Wandfl ächen mit integrierten<br />

Kapillarrohrmatten oder Bauteilkühlung bzw.<br />

Betonkernkühlung. In Frage kommen auch<br />

andere Systeme der stillen Kühlung wie Umluftkühler,<br />

die mit natürlicher Luft-Zirkulation<br />

arbeiten. In Abb. 2 ist das Schema einer Absorptionskältemaschine<br />

als der heute wichtigsten<br />

der genannten Techniken dargestellt.<br />

In Abb. 2 befi ndet sich der Verdampfer auf<br />

niedrigem Druckniveau bei ca. 10 mbar.<br />

Das <strong>Kälte</strong>mittel Wasser verdampft daher bereits<br />

bei 4 - 7 °C. Die Verdampfungswärme wird von<br />

einem äußeren <strong>Kälte</strong>kreis aufgebracht <strong>und</strong><br />

erzeugt so die nutzbare <strong>Kälte</strong>leistung. Der entstandene<br />

<strong>Kälte</strong> mitteldampf wird im Absorber<br />

durch konzentrierte LiBr-Lösung absorbiert<br />

<strong>und</strong> kann <strong>–</strong> da er sich jetzt im fl üssigen Zustand<br />

befi ndet <strong>–</strong> durch geringen <strong>Energie</strong>aufwand<br />

mit einer Lösungsmittelpumpe (auf das höhere<br />

Druck niveau gefördert werden. Durch die<br />

Zufuhr von solar erzeugter Antriebswärme mit<br />

einer Temperatur von ca. 70 ° - 95 °C wird der<br />

<strong>Kälte</strong>mitteldampf im Generator wieder <strong>aus</strong> der<br />

<strong>Wärme</strong>aufnahme<br />

(z.B. Solarkollektor)<br />

Dampf<br />

<strong>Wärme</strong>abgabe<br />

(Kühlturm)<br />

Generator<br />

Lösungswärmeüberträger


Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />

Fortluft<br />

Außenluft<br />

12<br />

1<br />

11<br />

Wasser-LiBr-Lösung <strong>aus</strong>getrieben <strong>und</strong> im Kondensator<br />

durch zugeführtes Kühlwasser bei r<strong>und</strong><br />

30 °C verfl üssigt. Das <strong>Kälte</strong> mittel kann nun <strong>–</strong><br />

nach Drosselung auf das niedrige Druckniveau <strong>–</strong><br />

im Verdampfer erneut verdampft werden. Die<br />

im Generator gewonnene konzentrierte Lösung<br />

wird über einen Lösungs wärmeüber trager in<br />

den Absorber zurückgeführt.<br />

Offene Verfahren<br />

Offene Verfahren basieren generell auf einer<br />

Kombination der sorptiven Luftentfeuchtung<br />

mit der Verdunstungskühlung. Sie werden im<br />

deutschsprachigen Raum als sorptionsgestützte<br />

Klimati sierung (SGK) <strong>und</strong> im Englischen als<br />

„Desiccant and Evaporative Cooling (DEC)“<br />

bezeichnet. Das <strong>Kälte</strong>mittel Wasser ist dabei in<br />

direktem Kontakt mit der Atmosphäre <strong>–</strong> deshalb<br />

die Bezeichnung als „offenes Verfahren“. Solche<br />

Lüftungsanlagen haben primär die Aufgabe,<br />

einen Raum mit gefi lterter Frischluft zu versorgen.<br />

Die Sorptionstechnik ermöglicht es mit<br />

Hilfe von thermischer Antriebsenergie, diese<br />

Frischluft zu konditionieren, also ihre Temperatur<br />

<strong>und</strong> Feuchte zu kontrollieren. Somit geht die<br />

Funktion über die <strong>Kälte</strong>bereitstellung hin<strong>aus</strong>,<br />

was einen direkten Vergleich mit Kaltwassererzeugern<br />

schwierig macht.<br />

Die heute wichtigste Bau<strong>aus</strong>führung von<br />

offenen Sorptionsanlagen nutzt Sorptionsrotoren<br />

als zentrale Komponente zur Luftentfeuchtung.<br />

Es sind unterschiedliche Ausführungen für<br />

unter schiedliche Klimabedingungen möglich<br />

10<br />

2<br />

Entfeuchter <strong>Wärme</strong>rückgewinner<br />

9<br />

8<br />

3<br />

Befeuchter<br />

Zusatzwärme<br />

4<br />

5<br />

Abluft<br />

6<br />

Zuluft<br />

Kühlkasten<br />

(feucht-heiss, trocken-heiss, moderat usw.).<br />

Der in mode raten Klimazonen anwendbare<br />

Standardzyklus mit Verdunstungskühlung<br />

sowohl in der Zuluft als auch der Abluft ist in<br />

Abb. 3 dargestellt. Die gleichen Anlagen können<br />

auch im Winter genutzt werden. Hier kann die<br />

Möglichkeit der <strong>Wärme</strong> rückgewinnung <strong>und</strong> bei<br />

Bedarf auch der Feuchtrück gewinnung ebenfalls<br />

zur <strong>Energie</strong> einsparung unter Verwendung der<br />

gleichen Systemkomponenten angewendet<br />

werden. Neuere Verfahren arbeiten mit fl üssigen<br />

Sorptionsmitteln oder neuen Komponenten der<br />

Feststoffsorption.<br />

Weitere Details zu den Verfahren sowie eine<br />

Übersicht zur Thematik insgesamt gibt beispielsweise<br />

ein Themen-Info des BINE Informationsdiensts<br />

[1].<br />

Beschreibung des in Abb. 3 dargestellten<br />

Standardverfahrens:<br />

7<br />

1 2 die Außenluft wird zunächst entfeuchtet,<br />

dabei aber durch die freiwerdende Sorptionswärme<br />

<strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>übertragung von der<br />

Abluftseite erwärmt;<br />

2 3 die Luft wird im Gegenstrom zur Abluft<br />

im <strong>Wärme</strong>rückgewinner (WRG) vorgekühlt;<br />

3 4 mittels direkter Verdunstungskühlung<br />

wird die Luft durch Einsprühen von Wasser bei<br />

Zunahme der Feuchte abgekühlt;<br />

4 5 der <strong>Wärme</strong>übertrager ist nur im Winter<br />

zur Lufterwär mung erforderlich;<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 3<br />

Standardverfahren<br />

der sorptionsgestützten<br />

Klimatisierung<br />

mit Sorptionsrotor<br />

(Entfeuchter).<br />

Quelle: Fraunhofer ISE<br />

47


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 4<br />

Entscheidungsschema<br />

zur System<strong>aus</strong>wahl<br />

Quelle: Fraunhofer ISE<br />

48<br />

Gebäude Medium<br />

Technologie<br />

Kühllastberechnung (Gebäudeparamteter<br />

wie z.B. Materialien,<br />

Wandaufbauten, Geometrie,<br />

Orientierung; interne Lasten,<br />

meteorologische Bedingungen<br />

Kühl-/Heizlast, benötigter<br />

hygienischer Luftwechsel<br />

Installation einer zentralen<br />

Lüftungs anlage sinnvoll <strong>und</strong><br />

erwünscht?<br />

Gebäude tauglich für eine Zuluft/<br />

Abluftanlage (d.h. <strong>aus</strong>reichend<br />

dichte Gebäude<strong>aus</strong>führung?)<br />

ja<br />

ja<br />

Kann Kühllast über hygienischen<br />

Luftwechsel gedeckt werden?<br />

ja<br />

nein<br />

nein<br />

nein<br />

reines Kaltwassersystem<br />

Zuluftanlage +<br />

Kaltwassersystem<br />

Zuluft / Abluftanlage +<br />

Kaltwassersystem<br />

Reines Luftsystem<br />

Zuluft / Abluftanlage<br />

moderat<br />

<strong>und</strong> extrem<br />

6 mittels Ventilator in den Raum geförderte<br />

Zuluft wird durch interne Lasten (sensibel,<br />

latent) erwärmt <strong>und</strong> die Feuchte nimmt zu;<br />

7 8 die Abluft wird befeuchtet <strong>und</strong><br />

dadurch abgekühlt;<br />

8 9 die Luft erwärmt sich im Gegenstrom<br />

zur Zuluft im <strong>Wärme</strong>rückgewinner;<br />

9 10 die bereits vorgewärmte Luft wird<br />

mittels extern zugeführter <strong>Wärme</strong> auf<br />

Regenerationstemperatur (ca. 60 - 80 °C)<br />

erwärmt;<br />

10 11 die Regenerationsluft entzieht<br />

dem Sorptionsmaterial im Rotor<br />

die auf der Zuluftseite zugeführte Feuchte.<br />

Der Sorptionsrotor rotiert langsam mit r<strong>und</strong><br />

8 bis 12 Umdrehungen pro St<strong>und</strong>e.<br />

Klima Klima<br />

Thermisch angetriebene<br />

<strong>Kälte</strong>maschine, Kaltwassernetz,<br />

6 - 9 °C<br />

System<strong>aus</strong>wahl<br />

moderat<br />

<strong>und</strong> extrem<br />

Zuluftanlage, chemisch<br />

angetriebene <strong>Kälte</strong>maschine,<br />

6 - 9 °C<br />

Klima Klima<br />

moderat extrem moderat extrem<br />

DEC System:<br />

Standard-Konfi guration,<br />

Kalt wassernetz,<br />

12 - 15 °C<br />

Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />

DEC System: spezielle<br />

Konfi guration für feuchte<br />

Klimata, Kalt wassernetz,<br />

12 - 15 °C<br />

Konv. Zu-/Abluftanl.,<br />

thermisch angetriebene<br />

Kätemaschine,<br />

Kalt wassernetz<br />

6 - 9 °C<br />

DEC System:<br />

Standard-<br />

Konfi guration<br />

DEC System: spezielle<br />

Konfi guration für<br />

feuchte Klimata<br />

Konv. Zu-/Abluftanl.,<br />

thermisch angetriebene<br />

Kätemaschine,<br />

6 - 9 °C<br />

Welche Anlagentechnik vorteilhaft eingesetzt<br />

werden kann, um Solarwärme für die Raum-<br />

Klimatisierung zu nutzen, hängt von vielen Randbedingungen<br />

ab. Entscheidende Kriterien sind<br />

neben den klimatischen Bedingungen die Menge<br />

<strong>und</strong> Zusammensetzung der Kühllasten, die Erfordernisse<br />

des Bauherren oder Nutzers nach einer<br />

zentralen, mechanischen Lüftungstechnik sowie<br />

die Gebäudedichtheit, die darüber entscheidet,<br />

ob es sinnvoll ist, eine Zu-/Abluft-Anlage zu installieren.<br />

Im Rahmen eines unter dem Dach der<br />

Internationalen <strong>Energie</strong>-Agentur (IEA) durchgeführten,<br />

internationalen Projektes zur solaren<br />

Klimatisierung wurde ein Entscheidungs baum<br />

entwickelt, der die Auswahl geeigneter Anlagen<br />

erleichtert. Das Entscheidungs schema ist in<br />

Abb. 4 dargestellt. Das gesamte Dokument mit<br />

Anwendungsbeispielen kann von der Internet-<br />

Seite des IEA-Projekts geladen werden [2].


Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />

Beispiele für Anlagen mit<br />

solarthermischen Kollektoren<br />

Heute sind in Europa r<strong>und</strong> 70 Anlagen installiert,<br />

die solarthermische Kollektoren für die solare<br />

Gebäudeklimatisierung verwenden. Die meisten<br />

der Anlagen wurden in Deutschland <strong>und</strong> Spanien<br />

realisiert. Die insgesamt installierte <strong>Kälte</strong>leistung<br />

beträgt r<strong>und</strong> 6,3 MW <strong>und</strong> die hierfür installierte<br />

Kollektorfl äche knapp 17.500 m 2 . R<strong>und</strong> 60 %<br />

der Anlagen verwenden Absorptionskältemaschinen,<br />

etwa 12 % Adsorptionskältemaschinen<br />

<strong>und</strong> r<strong>und</strong> 27 % offene Kühlverfahren.<br />

Der Mittelwert der spezifi schen Kollektorfl äche<br />

aller Anlagen beträgt r<strong>und</strong> 2,9 m 2 /kW. Ein Wert<br />

von 3 - 3,5 m 2 /kW kann als Anhaltspunkt für<br />

thermisch angetriebene <strong>Kälte</strong>maschinen gelten.<br />

Bei den offenen Verfahren ist eine Angabe<br />

bezogen auf die Luftmenge üblicher. Hier hat<br />

sich ein Wert zwischen 8 <strong>und</strong> 10 m 2 pro 1000<br />

m 3 /h installierter Luftleistung als sinnvolle<br />

Größenordnung her<strong>aus</strong> gestellt. Diese Werte<br />

sind aber nur grobe Anhaltspunkte <strong>und</strong> ersetzen<br />

keinesfalls eine detaillierte <strong>und</strong> angepasste<br />

Anlagen<strong>aus</strong>legung. So hängt die Auslegung<br />

beispielsweise entscheidend von der anteiligen<br />

Verteilung der Kühllasten (innere Lasten, äußere<br />

Lasten) ab <strong>und</strong> im Einzelfall kann eine um einen<br />

Faktor 2 größere Kollektorfl äche sinnvoll sein.<br />

Im Folgenden sollen zwei beispielhafte Anlagen<br />

näher beschrieben werden: eine Anlage mit<br />

einstufi ger Absorptionskältemaschine, die am<br />

Fraunhofer Umsicht in Oberh<strong>aus</strong>en installiert<br />

wurde, <strong>und</strong> eine Anlage mit zweistufi ger<br />

Absorptionskältemaschine <strong>und</strong> Parabolrinnenkollektoren<br />

zur Klimatisierung eines Hotels<br />

in der Türkei.<br />

Solarthermische Kühlung beim Fraunhofer<br />

UMSICHT, Oberh<strong>aus</strong>en<br />

Die solarthermische Kühlung beim Fraunhofer<br />

UMSICHT wird seit August 2002 betrieben<br />

<strong>und</strong> speist das Kaltwasser in ein institutsinternes<br />

Kaltwassernetz ein. Die <strong>Kälte</strong> wird zur Zeit vornehmlich<br />

zur Kühlung von Labor- <strong>und</strong> Installationsräumen<br />

(EDV/Schaltanlagen) benötigt.<br />

Seit Anbindung des Labors Anfang 2005 an das<br />

Kaltwassernetz konnte eine deutliche Zunahme<br />

des <strong>Kälte</strong>bedarfes festgestellt werden, der die<br />

verfügbare <strong>Wärme</strong>leistung der Solarkollektoren<br />

im Tagesmittel <strong>und</strong> an warmen Sommertagen<br />

teilweise übersteigt. Deshalb wurde in diesem<br />

Jahr erstmals auch mit der h<strong>aus</strong>eigenen Mikrogasturbine<br />

(Turbec-Turbine) unterstützend<br />

gearbeitet.<br />

Die erzielbare <strong>Kälte</strong>leistung des einstufi gen<br />

Absorbers beträgt nach Herstellerangaben maximal<br />

58 kW th . Zum solarthermischen Betrieb<br />

stehen 110 m² Vakuumröhrenkollektorfl äche<br />

zur Verfügung, die unter Nennbedingungen<br />

Heizwasser auf einem Temperaturniveau von<br />

97/105 °C (Rücklauf <strong>Kälte</strong>maschine / Vorlauf<br />

KM) zur Verfügung stellen. Eine Besonderheit<br />

der Anlage ist die Möglichkeit, auch ohne<br />

Absorptions kältemaschine durch freie Kühlung<br />

in Nachtzeiten oder in der Übergangszeit<br />

<strong>Wärme</strong> an die Umgebung abzuführen. Hiermit<br />

können ca. 20 % des jährlichen <strong>Kälte</strong>bedarfs<br />

gedeckt werden. Die Solarwärme wird bei<br />

fehlendem <strong>Kälte</strong>bedarf auch zur Heizungsunterstützung<br />

in das gebäude eigene Heiznetz ein-<br />

gespeist. Ein vereinfachtes Verfahrensschema<br />

zeigt Abb. 5.<br />

Solarthermische Klimatisierung<br />

im türkischen Hotel „Sarigerme Park“<br />

Im April 2004 wurde in dem Ferienhotel „Iberotel<br />

Sarigerme Park“ an der türkischen Ägäisküste<br />

ein System zur Solaren Klimatisierung <strong>und</strong> Prozessdampferzeugung<br />

installiert <strong>und</strong> in Betrieb<br />

genommen. Die Anlage verfügt über ein 180 m²<br />

großes Parabolrinnenkollektorfeld (Abb. 6),<br />

welches das <strong>Wärme</strong>trägermedium Wasser auf<br />

180 °C erhitzt <strong>und</strong> einem Dampf erzeuger zur<br />

Verfügung stellt, der Sattdampf von 4 bis 5 bar<br />

erzeugt. Das Wasser fl ießt mit einer Rücklauftemperatur<br />

von 155 °C zum Kollektorfeld zurück<br />

<strong>und</strong> schließt den Heißwasserkreislauf.<br />

Der erzeugte Dampf wird zum einen direkt<br />

als Prozessdampf in der Wäscherei des Hotels<br />

für die Trocknung verwendet, zum anderen<br />

einer zweistufi gen Absorptionskältemaschine<br />

(AKM) zur Verfügung gestellt. Die AKM, die mit<br />

einem sehr hohen COP (Coeffi cient Of Performance)<br />

von 1,3 bis 1,5 (in Teillast) arbeitet,<br />

treibt einen Kaltwasserkreislauf an. Das <strong>aus</strong>tretende<br />

Kaltwasser verlässt die AKM mit 6 °C <strong>und</strong><br />

nimmt die <strong>Wärme</strong> <strong>aus</strong> den Hotelzimmern auf.<br />

Auf einem Tempe ratur niveau von 12 °C fl ießt<br />

das Wasser zur AKM zurück. In einem zweiten<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

49


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 5<br />

Vereinfachtes Schema<br />

der solaren <strong>Kälte</strong>erzeugung<br />

im Fraunhofer<br />

UMSICHT<br />

Abbildung 6<br />

Blick auf das Parabolrinnen-Kollektorfeld<br />

einer türkischen<br />

Hotelanlage<br />

Quelle: SOLITEM GmbH<br />

50<br />

P8<br />

<strong>Kälte</strong>netz<br />

Heißwassernetz<br />

Notkühler<br />

Inbetriebnahme-WT<br />

P3<br />

WT2<br />

WT1<br />

P7<br />

B1<br />

B6<br />

Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />

P1<br />

P6<br />

P10<br />

WT-Freie-<br />

Kühlung<br />

AKM<br />

P2<br />

Kollektor feld<br />

Kühlturm<br />

WT = <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher<br />

P = Pumpe<br />

B = Behälter<br />

AKM = Absorptions kältemaschine


Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />

Systemgrenze<br />

konventionell<br />

Konventionelle Vergleichsvariante Solarvariante<br />

<strong>Wärme</strong>versorgung<br />

Kaltwasserkreislauf wird der Absorptionskältemaschine<br />

die aufgenommene <strong>Wärme</strong> auf<br />

höherem Temperaturniveau wieder entzogen.<br />

Das Wasser verlässt die AKM mit 35 °C, durchläuft<br />

einen Kühlturm <strong>und</strong> fl ießt mit 27 °C zurück.<br />

Um die Gesamteffi zienz übers Jahr zu steigern,<br />

wird das System bivalent betrieben. Im Sommer<br />

wird gekühlt <strong>und</strong> Dampf bereitgestellt, während<br />

im Winter <strong>–</strong> wo Klimatisierung nicht immer<br />

notwendig ist <strong>–</strong> die Anlage auch zu Beheizungszwecken<br />

<strong>und</strong> zum Heizen des Swimmingpools<br />

verwendet werden kann. Zusätzlich wird der<br />

Betrieb nach Tarifzeiten für Strompreise optimiert.<br />

In den Niedertarif zeiten, in denen Strom<br />

günstig ist, wird weniger <strong>Kälte</strong> erzeugt zugunsten<br />

von erhöhter Prozessdampfbereit stellung.<br />

In den Hochtarifzeiträumen, in denen Strom<br />

teuer ist, wird vor allem <strong>Kälte</strong> bereitgestellt,<br />

um möglichst viel Strom zu sparen. Durch<br />

diese intelligente Kombination wird das<br />

System insgesamt erheblich wirtschaftlicher.<br />

Wirtschaftlichkeit<br />

Verbraucher<br />

· Klimatisierung<br />

· Heizung<br />

· evtl. Brauch-Warmwasser<br />

elektrisch<br />

angetriebene<br />

Klimatechnik<br />

Um Anlagen der solaren Klimatisierung wirtschaftlich<br />

bewerten zu können, muss ein Vergleich<br />

mit einem defi nierten konventionellen<br />

System sowohl hinsichtlich der <strong>Energie</strong>einsparung<br />

als auch hinsichtlich der Kosten durchgeführt<br />

werden.<br />

Für einen der artigen Vergleich muss deshalb<br />

die Systemgrenze erweitert werden. Die solar<br />

betriebene Variante, die das Solarsystem<br />

(einschließlich Speicher <strong>und</strong> Backup-System)<br />

sowie die thermisch angetriebene Klimatechnik<br />

umfasst, muss mit der konventionellen Variante,<br />

bestehend <strong>aus</strong> dem fossil befeuerten Heizkessel<br />

Systemgrenze<br />

solar<br />

Solaranlage<br />

Verbraucher<br />

· Klimatisierung<br />

· Heizung<br />

· evtl. Brauch-Warmwasser<br />

thermisch<br />

angetriebene<br />

Klimatechnik<br />

der elektrisch angetriebenen Klimatechnik,<br />

verglichen werden. Demnach ist bei beiden<br />

Varianten nicht nur der thermische Antrieb,<br />

sondern auch die <strong>Kälte</strong>technik bzw. Klimatechnik<br />

mit in Betracht zu ziehen. Die Komplexität<br />

dieser Aufgabe ist in Abb. 7 dargestellt.<br />

Im Rahmen mehrerer Studien wurden systematische<br />

Untersuchungen zur Kostensituation<br />

durchge führt. Dabei gehen eine Vielzahl von<br />

Parametern wie die Kosten konventioneller<br />

<strong>Energie</strong>träger, die Investitionskosten aller<br />

Komponenten, die Auslegung der solaren<br />

Variante <strong>und</strong> viele weitere ein. Eine <strong>aus</strong>führlichere<br />

Darstellung der Vergleichsergebnisse<br />

fi ndet sich im Tagungsband des 3.Symposiums<br />

Solares Kühlen in der Praxis [3]. Abb. 8 zeigt<br />

beispielhaft Ergebnisse für die Klimatisierung<br />

eines „kleinen“ Bürogebäudes (ca. 1000 m 2<br />

klimatisierte Nutzfl äche) <strong>und</strong> eines „großen“<br />

Bürogebäudes (ca. 10.000 m 2 ) in Madrid sowie<br />

die Klimatisierung eines Hotels in Freiburg (ca.<br />

6.500 m 2 klimatisierte Nutzfl äche). Alle Ergebnisse<br />

wurden mittels Simulationsrechnungen<br />

erzielt. Dafür wurden unterschiedliche Auslegungen<br />

(Kollektortypen, Kollektorfl ächen,<br />

Größe eines <strong>Wärme</strong>speichers, Backup-Systeme<br />

zu <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>erzeugung mit konvenioneller<br />

<strong>Energie</strong>) untersucht <strong>und</strong> diejenige mit<br />

den niedrigsten Kosten pro eingesparter Einheit<br />

Primärenergie selektiert. Die Kostensituation für<br />

diese Auslegung ist jeweils in Abb. 8 dargestellt.<br />

Es zeigt sich, dass die Anfangskosten<br />

(Investitions kosten inklusive Planungskosten)<br />

um einen Faktor 2 bis 2,5 höher liegen als für<br />

konventionelle Verfahren. Die <strong>Energie</strong>einsparung<br />

bei Verwendung der solaren Klimatisierung führt<br />

zu einer Reduk tion in den Verbrauchskosten.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 7<br />

Systemgrenze solare<br />

Klimatisierung <strong>und</strong><br />

konventionelles<br />

Vergleichssystem<br />

Quelle: Fraunhofer ISE<br />

51


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 8<br />

Kostensituation für<br />

solare Klimatisierung<br />

für Beispielsysteme in<br />

Madrid <strong>und</strong> Freiburg<br />

Quelle: Fraunhofer ISE<br />

52<br />

Jährliche Gesamtkosten bezogenauf<br />

konventionelles Vergleichssystem<br />

150 %<br />

140 %<br />

130 %<br />

120 %<br />

110 %<br />

100 %<br />

90 %<br />

80 %<br />

70 %<br />

60 %<br />

100 %<br />

Eine Gesamtkostenrechnung unter der Annahme<br />

einer Abschreibung über die Lebenszeit führt<br />

somit zu Mehrkosten von 20 bis 40 % (ohne<br />

Förderung) bzw. 5 bis 20 % (mit angenommener<br />

Förderung in Höhe von 100 Euro pro m 2<br />

Kollektorfl äche). Diese Ergebnisse können als<br />

typisch für die heutige Situation (deutsche<br />

<strong>Energie</strong>preise <strong>aus</strong> 2004) gelten.<br />

Forschungstrends<br />

<strong>und</strong> -bedarf<br />

mit Förderung<br />

100 €/m 2<br />

Kostensenkungen<br />

Forschungsarbeiten zielen insgesamt auf eine<br />

Verbesserung der Kostensituation für solare<br />

Klimatisierung. Dabei sind zwei Haupttrends<br />

zu beobachten:<br />

heutige Kostensituation<br />

Madrid, kleines Bürogebäude, FK/Abs/th<br />

Madrid, kleines Bürogebäude, FK/Abs/th<br />

Freiburg, großes Hotel, FK/Abs/el<br />

120 % 140 % 160 % 180 % 200 % 220 % 240 % 260 % 280 %<br />

Investitionskosten bezogen auf konventionelles Vergleichssystem<br />

Die Grafi k zeigt die Kostensituation ohne <strong>und</strong> mit Förderung. Die Abszisse zeigt die Anfangskosten<br />

(Investitionskosten) in Prozent bezogen auf das konventionelle Vergleichssystem <strong>und</strong> die Ordinate die<br />

jährlichen Gesamtkosten in Prozent bezogen auf das konventionelle Referenzsystem; bei letzteren wurde<br />

von einer Abschreibung über die Lebensdauer <strong>aus</strong>gegangen.<br />

FK =selektiver Flachkollektor<br />

Abs = 1-stufi ge Absorptionskältemaschine<br />

th = thermisches Backup-System<br />

el = elektrisch angetriebene Kompressionskältemaschine als Backup<br />

Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />

Weiterentwicklung der kälte- oder klimatechnischen<br />

Verfahren, um die Effi zienz zu<br />

verbessern, sodass höhere Gesamtwirkungs-<br />

grade erreicht werden oder aber die gleichen<br />

Wirkungsgrade mit niedrigeren Antriebstem-<br />

peraturen <strong>und</strong> somit mit einfacheren Kollektortechniken<br />

erreicht werden können.<br />

Lösungen, bei denen deutlich höhere<br />

Temperaturen zum Antrieb verwendet<br />

werden, als mit den heute verbreiteten<br />

Verfahren. Dadurch können entweder zwei-<br />

stufi ge <strong>Kälte</strong>verfahren mit einer nennenswert<br />

höheren Effi zienz eingesetzt werden oder<br />

es können tiefere Temperaturen auf der<br />

<strong>Kälte</strong>seite bei zugleich hohen Rückkühltem<br />

peraturen erzielt werden. Ein Beispiel hierfür<br />

ist der Einsatz von einstufi gen Ammoniak-<br />

Wasser-<strong>Kälte</strong>maschinen mit trockener Rück-<br />

kühlung in heißen Klimazonen, die einen<br />

Eisspeicher laden. In all diesen Fällen ist eine


Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />

sehr effi ziente Kollektortechnik erforderlich,<br />

um die notwendigen Antriebstemperaturen<br />

im Bereich 140-180°C zu erzielen. Hierfür<br />

kommen praktisch nur einachsig nach-<br />

geführte, konzentrierende Kollektoren<br />

in Frage.<br />

<strong>Kälte</strong> maschinen im Bereich<br />

kleiner Leistungen<br />

Ein weiterer Trend, der in den vergangenen<br />

fünf Jahren sowohl in Deutschland als auch in<br />

weiteren europäischen Ländern zu beobachten<br />

war, betrifft die Entwicklung von <strong>Kälte</strong>maschinen<br />

im Bereich kleiner Leistungen (2 bis 30 kW<br />

<strong>Kälte</strong>leistung). Eine derartige Entwicklung soll<br />

im Folgenden kurz beispielhaft dargestellt<br />

werden:<br />

Bei der Entwicklung handelt es sich um eine<br />

neuartige einstufi ge Ammoniak-Wasser Absorptions<br />

kältemaschine, die auf der Basis einer<br />

seit Jahren installierten Demon strations anlage<br />

<strong>aus</strong>gelegt worden ist. Die Anlage hat eine<br />

Leistung von 25 kW <strong>und</strong> kann <strong>Kälte</strong> bei Temperaturen<br />

im Bereich -2 °C bis 3 °C bereit stellen;<br />

damit ist sie auch zur Eiserzeugung einsetzbar.<br />

Die Heißwassertemperatur für den thermischen<br />

Antrieb liegt im Bereich 85 - 95 °C <strong>und</strong> der<br />

Nenn-COP 1 bei 0,5. Ziel der Anlage ist es, eine<br />

autarke Solarversorgung für ein Kühllager im<br />

kleinen Leistungsbereich zu ermöglichen. Ein<br />

Schema des konzipierten Gesamtsystems sowie<br />

eine Kostenkalkulation fi ndet sich in Abb 9.<br />

Weitere Details sind in [4] beschrieben. Eine<br />

Übersicht über sonstige Entwicklungsprojekte<br />

kann in [5] nachgelesen werden.<br />

Systemtechnik<br />

Neben der Weiterentwicklung im Bereich der<br />

Komponenten betrifft der zukünftige Forschungsbedarf<br />

vor allem die Systemtechnik. Ob die<br />

möglichen Einsparungen bei Einsatz solare<br />

Klimatisierung in der Praxis realisierbar sind,<br />

hängt von dem planmäßigen Funktionieren der<br />

Anlagen ab. Erfahrungen mit Anlagen, die im<br />

Rahmen von Pilot- <strong>und</strong> Demonstrationsprojekten<br />

realisiert wurden, zeigen, dass durch Mängel<br />

in der hydraulischen Verschaltung <strong>und</strong> der<br />

Regelungstechnik dieses Potenzial zunächst<br />

vielfach nicht realisiert wird. Nur ein intensives,<br />

begleitendes Monitoring mit kontinuierlicher<br />

1<br />

NH 3 /H 2 O-Absorptionskühlung, <strong>Energie</strong>versorgung durch<br />

Parabolrinnenkollektor für ein 300 m 2 <strong>Kälte</strong>energiespeicher<br />

Komponente<br />

1) Parabolrinnenkollektor,<br />

Investition<br />

10 Kollektormodule, 90 m2 , 43 kW<br />

2) PV-Anlage für Notstromversorgung,<br />

50.000,- €<br />

26 m2 , 3,3 kWp 22.500,- €<br />

3) NH /H O-Absorptionskühler,<br />

3 2<br />

Verdampfungstemperatur -4 °C, 30 kW 43.500,- €<br />

4) Nasskühlturm 36 °C/30 °C, 74 kW 4.500,- €<br />

5) Eisspeicher, 1000 kg, 90 kWh 6.500,- €<br />

Gesamt 127.000,- €<br />

jährliche Abzahlungen 11.900,- €<br />

spezifi sche Kühlkosten 0,18 €/kWh<br />

Fehleranalyse <strong>und</strong> Optimierung der Regelungstechnik<br />

führt letztlich zu einer Funktion der<br />

Anlage entsprechend der Planung. Insofern ist<br />

eine Weiterführung der Förderung von Demonstrationsanlagen<br />

mit begleitendem Monitoring<br />

<strong>und</strong> Betriebsanalyse unabdingbar, um bewährte,<br />

standardisierte Anlagenkonzepte <strong>und</strong> regelungstechnische<br />

Verfahren zu entwickeln. Hier<br />

stellt das Programm „Solarthermie 2000 plus“<br />

des B<strong>und</strong>esumweltministeriums eine wertvolle<br />

Förderung dar, um neue, optimierte Anlagen zu<br />

erstellen <strong>und</strong> Planungs- <strong>und</strong> Betriebspraxis zu<br />

optimieren, dokumentieren <strong>und</strong> zu verbreiten.<br />

1 Eine Schlüsselgröße zur Beschreibung der Effi zienz<br />

von thermisch angetriebenen <strong>Kälte</strong>maschinen ist das<br />

<strong>Wärme</strong>verhältnis (engl. Coeffi cient Of Performance, COP).<br />

Der COP ist defi niert als das Verhältnis <strong>aus</strong> <strong>Kälte</strong>leistung<br />

<strong>und</strong> hierfür benötigter Antriebswärmeleistung.<br />

3<br />

4<br />

5<br />

2<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 9<br />

Schema des 300 m²<br />

Kühllager-Depots:<br />

(1) Parabol-Rinnen-<br />

Kollektor<br />

(2) PV-Anlage<br />

(3) Neuartige Absorptionskältemaschine,<br />

COP = 0.70<br />

(4) Nasskühlturm<br />

(5) Innen liegender<br />

Eisspeicher<br />

53


FVS LZE Themen 2005<br />

54<br />

Zusammenfassung<br />

Unterschiedliche technische Lösungen zur<br />

Nutzung thermischer Solarenergie für die<br />

sommerliche Gebäudeklimatisierung sind<br />

marktverfügbar. Die Anwendung dieser Techniken<br />

kann zu nennens werten Reduktionen<br />

im Primärenergieverbrauch führen, sofern die<br />

Systeme entsprechend <strong>aus</strong>ge legt sind. Vor<strong>aus</strong>setzung<br />

hierfür ist eine <strong>aus</strong>reichende Dimensionierung<br />

des Solarkollektorfeldes <strong>und</strong> <strong>–</strong><br />

je nach Randbedingungen <strong>–</strong> die Integration<br />

von Speichern in das Gesamtsystem.<br />

Die Anzahl der heute installierten Anlagen ist<br />

allerdings noch sehr gering. Erfahrungen mit<br />

in stallierten Anlagen <strong>und</strong> deren Betrieb belegen<br />

die Notwendigkeit weiterer messtechnisch<br />

be gleiteter Demonstrationsanlagen. Dadurch<br />

sind auch weitere Kostenreduktionen zu erwarten,<br />

sodass mittelfristig eine Amortisation der<br />

Anlagen innerhalb der Lebensdauer <strong>–</strong> zumindest<br />

mit einer Förderung im Bereich 100 Euro/m 2 <strong>–</strong><br />

machbar erscheint.<br />

Eine neue Anwendungsmöglichkeit in den<br />

nächsten Jahren ergibt sich <strong>aus</strong> der zunehmenden<br />

Ver fügbarkeit kleiner thermisch angetriebener<br />

<strong>Kälte</strong>maschinen. Dadurch sind auch Anwendungen<br />

im kleinen Leistungsbereich (< 30 kW)<br />

erschließbar. Eine interessante Kombination<br />

stellt z. B. die Erweiterung von solarthermischen<br />

Anlagen zur Brauchwassererwärmung <strong>und</strong><br />

Heizungsunter stützung (Kombianlagen) um<br />

eine kleine <strong>Kälte</strong>maschine dar. Damit kann eine<br />

sinnvolle Nutzung der bislang nicht nutzbaren<br />

Überschüsse der Solaranlage im Sommer<br />

erreicht werden.<br />

Dr. Hans-Martin Henning Solare Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung<br />

Literatur<br />

[1] Henning, H-M. (Autor); Meyer, F.<br />

(Redaktion): Klimatisieren mit <strong>Sonne</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Wärme</strong>. BINE Informationsdienst;<br />

themen-info I/04.<br />

[2] Decision Scheme for the Selection of the<br />

Appropriate Technology Using Solar<br />

Thermal Air-Conditioning - Guideline<br />

Document. IEA Solar Heating and Cooling<br />

Programme, Task 25: Solar-assisted air-<br />

conditioning of buildings. www.iea-shc-<br />

task25.org<br />

[3] Henning, H-M.: Wirtschaftlichkeitsanalyse<br />

solarthermische Kühlung. Tagungsband<br />

3. Symposium Solares Kühlen in der Praxis,<br />

Fachhochschule Stuttgart, 26-27.4.2004,<br />

Stuttgart<br />

[4] Wolfgang Stürzebecher, Rainer Braun,<br />

Eric Garbett, Malcolm Denman: Solar<br />

Driven Sorption Refrigeration Systems for<br />

Cold Storage Depots. Proc. HPC 2004 <strong>–</strong><br />

3rd International Conference on Heat<br />

Powered Cycles, Cyprus, October 2004<br />

[5] Henning, H-M.: Solare Klimatisierung <strong>–</strong><br />

Stand der Entwicklung. erneuerbare<br />

energie (Österreich), Heft 2-05


<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong><br />

<strong>aus</strong> Biomasse<br />

Thermische Nutzung von Biomasse <strong>–</strong><br />

Ausgangsstoffe <strong>und</strong> Konversionsverfahren<br />

Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung zur effi zienten<br />

energetischen Nutzung von Biomasse<br />

55


FVS LZE Themen 2005<br />

Prof. Dr. Hartmut<br />

Spliethoff<br />

ZAE Bayern<br />

(Bayerisches Zentrum<br />

für Angewandte<br />

<strong>Energie</strong>forschung e.V.)<br />

spliethoff@tum.de<br />

Dr. Marina Braun-<br />

Unkhoff<br />

DLR<br />

marina.braun-unkhoff@<br />

dlr.de<br />

Dr. Bernd Krautkremer<br />

ISET<br />

bkrautkr@iset.uni-kassel.de<br />

56<br />

Thermische Nutzung von<br />

Biomasse <strong>–</strong> Ausgangsstoffe <strong>und</strong><br />

Konversionsverfahren<br />

Einleitung<br />

Biomasse ist weltweit der bedeutendste erneuerbare<br />

<strong>Energie</strong>träger <strong>und</strong> wird ihren Stellenwert<br />

auch in der Zukunft bewahren. Gemäß dem<br />

“White Paper” der EU-Kommission soll der<br />

Beitrag der Biomasse zur Deckung des Primärenergieverbrauches<br />

von 3,3 % im Jahr 1995<br />

auf 8,5 % in 2010 gesteigert werden. In vielen<br />

europäischen Ländern wurden Zielvorgaben für<br />

den Beitrag der Biomasse zum Primärenergieverbrauch<br />

in der Zukunft defi niert.<br />

Die Leistung einer Biomassekonversionsanlage<br />

kann sich <strong>aus</strong> dem örtlichen Aufkommen oder<br />

dem Ein zugs gebiet der Biomasse ergeben.<br />

Sinnvoll erscheinen Brennstoffwärme leistungen<br />

von maximal 50 bis 100 MW th . Neben <strong>aus</strong>schließlich<br />

mit Biomasse gefeuerten Anlagen<br />

kommt auch eine gemein same Verbrennung<br />

mit anderen Brennstoffen, vorzugsweise festen<br />

Brennstoffe in Frage. Dafür ist die Eignung einer<br />

Feuerungsanlage <strong>und</strong> einer dazu gehörigen<br />

Rauchgas reini gungsanlage zu prüfen.<br />

Zur Umwandlung von Biomasse in Strom <strong>und</strong><br />

<strong>Wärme</strong> stehen eine Vielzahl von Verfahren zur<br />

Verfügung. Sie unterscheiden sich hinsichtlich:<br />

Brennstoffe: Holz oder Stroh,<br />

organische Reststoffe<br />

Brennstoffumwandlung: Verbrennung,<br />

Vergasung, atmosphärisch oder<br />

druckaufgeladen<br />

Stromerzeugung: Verbrennungsmotor,<br />

Gasturbine, Dampfturbine, Stirlingmotor,<br />

Brenn stoff zelle thermische<br />

Leistungsgröße der Anlage in Megawatt<br />

erzeugte Produkte: Strom oder <strong>Wärme</strong>,<br />

Strom <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong><br />

<strong>aus</strong>schließlicher Biomasseeinsatz oder<br />

gemeinsame Nutzung mit fossilen<br />

Brennstoffen<br />

Prof. Dr. Hartmut Spliethoff Thermische Nutzung von Biomasse<br />

Biomasseverbrennung<br />

Die Bereitstellung von <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> Strom <strong>aus</strong><br />

Biomasse geschieht üblicherweise in Verbrennungsanlagen,<br />

die als Stand der Technik bezeichnet<br />

werden können. Im Folgenden werden<br />

die unterschiedlichen Feuerungstechniken<br />

erläutert.<br />

Ein wesentliches Kriterium für die Wahl des<br />

Feuerungssystems ist die Größe der zu errichtenden<br />

Anlage. So wird zwischen Kleinstanlagen<br />

bis 15 kW thermischer Leistung, mittleren<br />

Anlagen bis 1 MW <strong>und</strong> Großanlagen unterschieden.<br />

Kleinstfeuerungen werden im H<strong>aus</strong>haltsbereich<br />

zur Warmwasser- <strong>und</strong> Raumwärme<br />

nutzung mit Leistungen bis 15 kW th<br />

eingesetzt.<br />

Schacht- <strong>und</strong> Unterschubfeuerungen sind<br />

als Feuerungssysteme verbreitet. Anlagen<br />

bis zu einer thermischen Leistung von<br />

1 MW th werden in Gewerbe <strong>und</strong> Handwerk<br />

eingesetzt.<br />

Rostfeuerungen werden überwiegend im<br />

Leistungsbereich größer als 1 MW th einge-<br />

setzt zur Produktion von <strong>Wärme</strong>, Prozess-<br />

dampf <strong>und</strong> Strom, wobei die Anlagen<br />

zumeist als Kraft-<strong>Wärme</strong> gekoppelte Anlagen<br />

betrieben werden. Sie eignen sich für stück-<br />

ige, feuchte <strong>und</strong> problematische Brennstoffe<br />

<strong>und</strong> stellen geringe Anforderungen an die<br />

Brennstoff aufbereitung.<br />

Wirbel schicht feuerungen zeichnen sich<br />

durch geringere Emissionen <strong>aus</strong>, sind jedoch<br />

anlagentechnisch aufwendiger <strong>und</strong> deshalb<br />

erst ab Leistungsgrößen oberhalb von etwa<br />

10 MW wirtschaftlich. Staubfeuerungen für<br />

Biomasse sind insbesondere dann sinnvoll,<br />

wenn der Brennstoff bereits zerkleinert<br />

vorliegt.


Prof. Dr. Hartmut Spliethoff Thermische Nutzung von Biomasse<br />

Thermsiche Leistung [MW]<br />

100<br />

10<br />

1<br />

0,1<br />

0,01<br />

Zigarrenfeuerung<br />

Wirbelschichtfeuerung<br />

Vorschub<br />

Unter schubfeuerung<br />

Schachtfeuerung<br />

Ballen<br />

Scheite<br />

Hackgut<br />

Pellets<br />

Häcksel<br />

Einblasfeuerung<br />

Späne<br />

Staub<br />

Staubfeuerungen stellen für den Brennstoff<br />

Kohle in Großanlagen die dominierende<br />

Feuerungstechnik dar, da sie sich durch eine<br />

hohe Leistungsdichte, eine gute Regelbarkeit<br />

<strong>und</strong> einen vollständigen Ausbrand <strong>aus</strong>zeich-<br />

nen. Bei Brennstoffen mit Fein- <strong>und</strong> Groban<br />

teilen kann auch eine Kombination von<br />

Staub- <strong>und</strong> Rostfeuerung sinnvoll sein.<br />

Zigarrenfeuerungen: Zur Verbrennung<br />

von Strohballen hat sich in Dänemark eine<br />

Sonderkonstruktion, der so genannte<br />

Zigarrenbrenner, bewährt.<br />

Mitverbrennung: Neben einer Nutzung<br />

in <strong>aus</strong>schließlich mit Biomasse gefeuerten<br />

Anlagen kommt auch eine gemeinsame<br />

Verbrennung mit anderen Brennstoffen,<br />

vorzugsweise festen Brennstoffe in Frage.<br />

Dabei ist die Eignung der Feuerungsanlage<br />

<strong>und</strong> der Rauchgasreinigungsanlagen zu<br />

prüfen.<br />

Die Wahl des Feu erungs systems hängt neben<br />

der Anlagen größe davon ab, in welcher Form<br />

(Späne, Häcksel, Pellets, Ballen etc.) die Biomasse<br />

vorliegt. In Abb. 1 ist der An wen dungs bereich<br />

von Feu erungs systemen in Ab hän gig keit der<br />

Anlagen größe <strong>und</strong> der Form der Bio masse<br />

dargestellt.<br />

Schachtfeuerung<br />

Im unteren Leistungsbereich von 20 kW bis<br />

etwa 250 kW werden für die Verbrennung<br />

von stückigen Holzresten, aber auch von Hack -<br />

schnitzeln Schacht feuerungen angewandt.<br />

Die in den Anlagen nutzbare Brenn stoffpalette<br />

macht eine zusätzliche Aufbereitung meist nicht<br />

erforderlich. Dies, eine einfache Feuerungstechnik<br />

<strong>und</strong> vergleichsweise geringe Anschaffungskosten<br />

führen im angegebenen Leistungs bereich<br />

zu einer weiten Verbreitung dieser Feuerung.<br />

Unterschubfeuerung<br />

Unterschubfeuerungen, die in einem breiten<br />

Leistungsbereich von 20 k W bis 2 MW th angeboten<br />

werden, sind für Hackschnitzel, Späne<br />

<strong>und</strong> bis zu einem gewissen Umfang auch für<br />

staub förmige Holzreste geeignet. Dieser Feuerungstyp<br />

ist für die thermische Nutzung von<br />

Produk tions resten <strong>aus</strong> holzverarbeitenden<br />

Betrieben weit verbreitet, da er<br />

nahezu vollautomatisch arbeitet,<br />

im Vergleich zu anderen Feuerungsarten wie<br />

Einblase- oder Rostfeuerung <strong>aus</strong> einfacher Tech-<br />

nik <strong>und</strong> wenigen Komponenten besteht <strong>und</strong><br />

auch unter Berück sichti gung der Bevor-<br />

ratungs-, Beschickungs- <strong>und</strong> der gegebenen-<br />

falls notwendi gen Brennstoffaufbereitungs -<br />

einrichtungen wirtschaftlich attraktiv ist.<br />

Rostfeuerungen<br />

Im Leistungsbereich von 1 MW th <strong>und</strong> größer<br />

sind Rostfeuerungen die domi nierende Technologie<br />

zur Verbrennung von Bio masse, die relativ<br />

geringe Anforderungen an die Brennstoffaufbereitung<br />

stellen. Auch problematische Brennstoffe<br />

wie feuchte Holzreste oder aschereiche Rinden -<br />

abfälle können verwendet werden. In Rostfeuerungen<br />

kann auch Stroh als <strong>aus</strong>schließlicher<br />

Brenn stoff verbrannt werden <strong>–</strong> wie die Praxis in<br />

Däne mark zeigt. Für die Verbrennung von Holz<br />

<strong>und</strong> Holz reststoffen werden Rostfeuerungen<br />

zum Teil in Verbindung mit einer Einblasfeuerung<br />

für staub förmige Reste eingesetzt. Mit ihrer<br />

aufwen digen Anlagentechnik sind Rostfeuerungen<br />

erst ab einer Leistung von ca. 1 MW<br />

wirt schaftlich.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 1<br />

Feu erungs systeme in<br />

Ab hän gig keit der<br />

Anlagen größe <strong>und</strong> der<br />

Form der Bio masse<br />

57


FVS LZE Themen 2005<br />

58<br />

Wirbel schicht feuerungen<br />

Wirbelschichtfeuerungen eignen sich insbesondere<br />

zur Verfeuerung mehrerer, auch stark<br />

unter schiedlicher Brennstoffe. Die prozessbedingte<br />

intensive Mischung <strong>und</strong> Verbren nung,<br />

die gute <strong>Wärme</strong>übertragung im Wirbelbett,<br />

sowie die Entkopplung der Verweilzeit der<br />

Partikel <strong>und</strong> der Rauchgase im Feuerungsraum<br />

lassen hin sichtlich Feuchte, Zusammensetzung<br />

<strong>und</strong> Aufbe reitung eine breite Brennstoff palette<br />

zu. Da die Wirbelschichtverbrennung apparativ<br />

aufwändig ist, kann sie wirtschaftlich nur in<br />

größeren Einheiten ab 10 MW th betrieben wer-<br />

den. In den skandina vischen Ländern <strong>und</strong><br />

zunehmend auch in anderen Ländern werden<br />

in der Papier- <strong>und</strong> Zellstoffi ndustrie anfallende<br />

Holzreste <strong>und</strong> Schlämme zumeist in Wirbelschichtfeuerungen<br />

verbrannt, die integraler<br />

Bestandteil des Produktions prozes ses sind.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der wirtschaft lichen Leistungsgröße<br />

werden neben Biomasse verschiedene weitere<br />

Brennstoffe wie Torf, Kohle <strong>und</strong> Abfallstoffe<br />

eingesetzt.<br />

Staubfeuerungen<br />

Wenn der Brennstoff bereits zerkleinert vorliegt,<br />

sind Staubfeuerungen besonders sinnvoll.<br />

Staubfeuerungen stellen für den Brennstoff<br />

Kohle in Großanlagen die dominierende Feuerungs<br />

technik dar, da sie sich durch eine hohe<br />

Leistungsdichte, eine gute Regelbarkeit <strong>und</strong><br />

einen vollständigen Ausbrand <strong>aus</strong>zeichnen.<br />

Staubfeuerungen werden oft in Holzverarbeitungsbetrieben<br />

genutzt, die zu einem Großteil<br />

mit schnell laufenden Maschinen arbeiten.<br />

Bei Brennstoffen, die einen gewissen Grobanteil<br />

auf weisen, kann auch eine Staub feuerung mit<br />

Nachver brennungs rost sinnvoll sein. Staubfeuerungen<br />

zeichnen sich durch hohe Leistungsdichten,<br />

hohe Feuerungs wirkungsgrade <strong>und</strong> eine<br />

gute Regel bar keit <strong>aus</strong>. Die genaue Abstimmung<br />

von Brennstoff <strong>und</strong> Ver brennungsluft er möglicht<br />

effektive feuerungstechnische Maßnahmen zur<br />

Verminderung von Stickstoffoxiden (NO x ).<br />

Prof. Dr. Hartmut Spliethoff Thermische Nutzung von Biomasse<br />

Gaserzeugung <strong>aus</strong> Biomasse<br />

Biomasse wie auch andere kohlenstoffhaltige<br />

feste Brennstoffe können durch eine thermochemische<br />

Umwandlung unter Zugabe eines<br />

Oxidationsmittels (Luft, Sauerstoff, Wasserdampf)<br />

in einen gasförmigen <strong>Energie</strong>träger<br />

umgewandelt werden. Technische Gaserzeugungsprozesse<br />

laufen bei Temperaturen von<br />

über 500 °C ab, je nach Verfahren können bis<br />

zu 1200 °C erreicht werden. Wird Luft oder<br />

Sauerstoff eingesetzt, können die exothermen<br />

Oxidationsreaktionen die zur Deckung der<br />

endothermen Teilschritte notwendige <strong>Wärme</strong><br />

liefern, sodass eine <strong>Energie</strong>zufuhr von außen<br />

nicht erforderlich ist (autotherme Vergasung).<br />

Die entwickelten Gaserzeugungsverfahren<br />

lassen sich in sogenannte Festbettvergaser,<br />

Wirbelschichtvergaser sowie in andere Bauarten<br />

(Drehrohr, Flugstrom) einteilen. Am weitesten<br />

verbreitet sind dabei die Festbett- <strong>und</strong> die Wirbelschichtvergaser.<br />

Der Anwendungsbereich<br />

von Festbettvergasern liegt bei kleinen Leistungen<br />

bis zu einigen MW th , der von Wirbelschichtanlagen<br />

im Bereich über 5 MW th . Bei den Wir-<br />

belschichten lassen sich stationäre <strong>und</strong> zirkulierende<br />

Systeme unterscheiden. Darüber hin<strong>aus</strong><br />

können Vergaser in druckaufgeladene <strong>und</strong><br />

atmosphärische Anlagen unterteilt werden.<br />

Festbettvergaser<br />

In Festbettvergasern wird der Brennstoff in einer<br />

Schüttschicht vergast. Der Brennstoff durchläuft<br />

verschiedene Zonen, bei denen die einzelnen<br />

Gaserzeugungsreaktionen (Pyrolyse, Oxidation<br />

<strong>und</strong> Reduktion) stattfi nden. Man unterscheidet<br />

zwischen Gegenstrom- <strong>und</strong> Gleichstromvergaser.<br />

Der wichtigste Vorteil der Gleichstromvergaser<br />

ist, dass ihre Rohgase wesentlich weniger<br />

Teerproduk te <strong>und</strong> andere hochsiedende Verbindungen<br />

enthalten als die Gase <strong>aus</strong> Gegenstromvergasern.


Prof. Dr. Hartmut Spliethoff Thermische Nutzung von Biomasse<br />

Wirbelschichtvergasung<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich existieren stationäre (SWS) <strong>und</strong><br />

zirkulierende (ZWS) Wirbelschichten. Die ZWS<br />

weist eine deutlich höhere spezifi sche Leistung<br />

auf, <strong>und</strong> durch die Gas/Feststoffströmung ist das<br />

Mischungsverhalten besser als bei SWS was sich<br />

in besserem Brennstoffumsatz <strong>und</strong> niedrigeren<br />

Teerwerten niederschlägt. Nachteilig ist der<br />

höhere Anspruch an die Brennstoff eigen schaften<br />

(Körnung) <strong>und</strong> der deutlich höhere Druckverlust<br />

(Eigenverbrauch). Zudem ist die Regelung aufwändiger<br />

<strong>und</strong> die Bauhöhe ist erheblich größer<br />

als bei SWS. Für kleinere Leistungen kommt<br />

daher eher die stationäre Wirbelschicht in Frage.<br />

Hinsichtlich des Teer gehalts sind stationäre<br />

Wirbelschichten ungefähr eine Größenordnung<br />

schlechter als Gleichstrom-Festbettvergaser.<br />

Zirkulierende Wirbelschichten sind etwas besser,<br />

erreichen jedoch nicht die Werte der Festbettvergaser.<br />

Gaserzeugungsanlagen mit Wirbelschichttechnik<br />

für Biomassen werden von verschiedenen<br />

Herstellern angeboten, wobei die kommerziell<br />

betriebenen Anlagen in der Mehrzahl Gas<br />

zur thermischen Nutzung beispielsweise zur<br />

Befeuerung von Kalk- oder Zementöfen liefern,<br />

da runter auch die mit einer thermischen<br />

Leistung von 100 MW derzeit größte Anlage<br />

in Rüders dorf. Erfahrungen mit integrierten<br />

Gaserzeugungsprozessen mit Gasturbinen<br />

beschränken sich auf wenige Anlagen.<br />

In Värnamo (Schweden) wurde von 1993<br />

bis 2000 eine Wirbel schichtanlage mit einer<br />

elektrischen Leistung von 6 MW e betrieben,<br />

in der die Gaserzeugung unter Druck betrieben<br />

wird.<br />

Gasnutzung <strong>und</strong> Anforderungen<br />

Das erzeugte Gas lässt sich auf verschiedene<br />

Arten zur Elektrizitätserzeugung oder<br />

der Erzeugung von Prozesswärme nutzen.<br />

Die Systeme weisen dabei unterschiedliche<br />

Wirkungsgrade, Kosten <strong>und</strong> Anforderungen<br />

an die Gasqualität auf. Motoren eignen sich<br />

für Leistungsgrößen zwischen ca. 50 kW el <strong>und</strong><br />

10 MW el im Zusammenhang mit atmosphärischen<br />

Festbett- oder Wirbelschichtver gasern.<br />

Mit Motoren oder Gasturbinen ohne Abhitzenutzung<br />

lassen sich Gesamtwirkungsgrade<br />

der Elektrizitätserzeugung von maximal 30 %<br />

erreichen. Bei kleineren Anlagen (< 10 MW el )<br />

ist aller dings eher von 25 % <strong>aus</strong>zugehen. Die<br />

Wirkungsgrade liegen damit etwas über denen,<br />

die sich in diesem Leistungsbereich mit einem<br />

Dampfturbinenprozess erzielen lassen.<br />

Ab einer Leistungsgröße von ca. 5 MW el erscheint<br />

der Einsatz von Gasturbinen sinnvoll.<br />

Geeignete Gaserzeuger sind hier Wirbelschichtanlagen,<br />

die unter Normal- oder Überdruck<br />

arbeiten. Bei Gasturbinen mit einer Leistung<br />

> 25 MW el bietet sich zudem die Möglichkeit,<br />

den Wirkungsgrad bis auf 48 % zu steigern<br />

durch Nachschaltung eines Abhitzekessels mit<br />

Dampf turbine. Bei Anlagen mit einer Leistung<br />

bis 10 MW el lassen sich ungefähr noch 30 %<br />

Wirkungs grad erreichen. Um Verschmutzungen<br />

<strong>und</strong> Ablagerungen im Motor zu vermeiden,<br />

sollte das Gas weitgehend teer- <strong>und</strong> staubfrei<br />

sein. Die Anforderungen an die Gasqualität<br />

sind also sehr hoch. Typische Zielwerte für die<br />

Nutzung in Gasmotoren sind in Tab. 1 zusammengestellt.<br />

Komponente max. zulässige<br />

Konzentration<br />

(Richtwert)<br />

anzustrebende<br />

Konzentration<br />

Partikel < 50 mg/m³ < 5 mg/m³<br />

Teer < 100 mg/m³ < 50 mg/m³<br />

Motoren mit Turbolader stellen dabei höhere<br />

Anforderungen an die Gasqualität. Von den<br />

heute verfügbaren Vergasern werden die angegebenen<br />

Werte beim Betrieb ohne Gasreinigung<br />

bei weitem überschritten. Eine Entfernung so-<br />

wohl von Teeren als auch Partikeln ist also erforderlich.<br />

Die Zielwerte für die Gasqualität ergeben<br />

sich dabei als Kompromiss zwischen erhöhtem<br />

Aufwand für die Gasreinigung <strong>und</strong> erhöhtem<br />

Wartungsaufwand für Motor bzw. Turbine.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Tabelle 1<br />

Anforderung an<br />

die Gasqualität<br />

für die Nutzung in<br />

Gasmotoren<br />

59


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 2<br />

Elektrischer Wirkungsgrad<br />

von Umwandlungsverfahren<br />

60<br />

Biomasse<br />

Verfahrensvergleich<br />

Abb. 2 gibt eine Übersicht über die verschiedenen<br />

Möglichkeiten der Krafterzeugung <strong>und</strong><br />

deren Wirkungsgrade.<br />

Es wird deutlich, dass sich die Leistungsgröße<br />

unmittelbar auf den Wirkungsgrad <strong>aus</strong>wirkt.<br />

Größere Anlagen erlauben effi zientere <strong>und</strong> wirtschaftlichere<br />

Konversionsverfahren. Die Gaserzeugung<br />

<strong>aus</strong> Biomasse <strong>und</strong> die Mitverbrennung<br />

des erzeugten Produktgases in einem erdgasgefeuerten<br />

GuD-Prozess 1 oder die direkte Mitverbrennung<br />

in einem kohlegefeuerten Dampfkraftwerk<br />

zeichnen sich durch Wirkungsgrade<br />

<strong>aus</strong>, die über den Wirkungsgraden bei <strong>aus</strong>schließlich<br />

mit Biomasse gefeuerten Anlagen<br />

liegen.<br />

Die Gaserzeugung <strong>aus</strong> Biomasse bietet den<br />

Vorteil, dass die Nutzung des Biogases in GuD-<br />

Anlagen, internen Verbrennungskraftmaschinen<br />

oder auch künftig in Brennstoffzellen mit hohen<br />

Wirkungsgraden erfolgt, der im Allgemeinen<br />

über dem von Verbrennungsverfahren liegt.<br />

1 GuD <strong>–</strong> Gas <strong>und</strong> Dampfturbinen<br />

Prof. Dr. Hartmut Spliethoff Thermische Nutzung von Biomasse<br />

(Mit-) Verbrennung<br />

Gaserzeugung<br />

Verfl üssigung<br />

Kohle/Erdgas<br />

Dampfkraftwerk<br />

Dampfturbine<br />

GuD<br />

Erdgas-GuD<br />

Gas-Motor<br />

Brennstoffzelle<br />

elektrischer<br />

Wirkungsgrad<br />

30 <strong>–</strong> 45 %<br />

15 <strong>–</strong> 20 %<br />

20 <strong>–</strong> 35 %<br />

45 <strong>–</strong> 55 %<br />

ca. 25 %<br />

30 <strong>–</strong> 45 %


Dr. Bernd Krautkremer Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung zur effi zienten energetischen Nutzung von Biomasse<br />

Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung zur<br />

effi zienten energetischen Nutzung<br />

von Biomasse<br />

Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung <strong>–</strong><br />

eine Einführung<br />

Mit dem Begriff Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />

(KWK) bezeichnet man Prozesse zur Bereitstellung<br />

elektrischer <strong>Energie</strong>, bei denen die<br />

dabei entstandene <strong>Wärme</strong> zumindest teilweise<br />

genutzt wird. Obwohl der Begriff KWK die <strong>aus</strong>schließliche<br />

Verwendung von Kraftprozessen<br />

vermuten lässt, hat es sich eingebürgert, auch<br />

Prozesse mit Brennstoffzellen, Thermophotovoltaik<br />

oder ähnlichen Aggregaten ohne zwischengeschaltete<br />

mechanische Kraftprozesse hiermit<br />

zu belegen, wenn Abwärme genutzt wird. Wird<br />

mit der Abwärme zusätzlich ein <strong>Kälte</strong>prozess<br />

angetrieben so spricht man von Kraft-<strong>Wärme</strong>-<br />

<strong>Kälte</strong>-Kopplung (KWKK).<br />

Wozu braucht man KWK ?<br />

Die Gr<strong>und</strong>idee der KWK basiert auf der Überlegung,<br />

dass die bei der Wandlung in elektrische<br />

<strong>Energie</strong> stets freiwerdende <strong>Wärme</strong> sinnvoll<br />

genutzt werden kann, um so die bereitgestellte<br />

Primärenergie (Kraftstoffe) effi zienter zu nutzen.<br />

Erzielt werden dabei Gesamtnutzungsgrade<br />

um 90 %, wodurch Primärenergieeinsparungen<br />

bis ca. 30 % möglich werden, die dann entsprechend<br />

zu einer Verminderung von Treibh<strong>aus</strong>gasen<br />

führen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird diese<br />

Technologie über das sogenannte KWK-Gesetz<br />

gefördert. Mit diesem Gesetz wird KWK-Strom<br />

gefördert, der in das Netz der allgemeinen<br />

Versorgung eingespeist wird. KWK-Anlagen,<br />

die nach dem Erneuerbare-<strong>Energie</strong>n-Gesetz<br />

(EEG) gefördert werden, erhalten eine andere<br />

Vergütung (KWK-Bonus) [1].<br />

Die <strong>Wärme</strong> kann bei diesen Prozessen in<br />

vielfältiger Weise genutzt werden wie z. B.<br />

zu Heizzwecken, als Prozessenergie aber<br />

auch zu Kühlungszwecken.<br />

Es steht hierzu eine Vielzahl an Aggregaten zur<br />

Verfügung (Kolbenmaschinen mit innerer <strong>und</strong><br />

äußerer <strong>Wärme</strong>zufuhr, Gasturbinen, Dampfmaschinen,<br />

Brennstoffzellen, Thermophoto voltaik).<br />

Diese können wiederum mit einer Vielzahl von<br />

Kraftstoffen betrieben werden. Eine Übersicht<br />

über die gebräuchlichsten Verfahren fi ndet man<br />

in [2] <strong>und</strong> [3]. Die ver schie denen Prozesse unterscheiden<br />

sich teilweise erheblich in der Art<br />

der verarbeit baren Kraftstoffe, dem Verhältnis<br />

zwischen elektrischer <strong>und</strong> thermischer Leistung,<br />

aber auch dem Temperatur niveau, auf dem die<br />

<strong>Wärme</strong> zur Verfügung gestellt wird [4]. Da meist<br />

nicht die gesamte <strong>Wärme</strong> genutzt werden kann,<br />

kommt dem Verhältnis zwischen Nettostromerzeugung<br />

<strong>und</strong> Nutzwärmeerzeugung (Stromkennzahl)<br />

eine besondere Bedeutung zu,<br />

da diese letztendlich die Wirksamkeit der<br />

Kopplung beziffert.<br />

Pfl anzenöl<br />

Bioethanol<br />

Heizöl<br />

Erdgas<br />

Kohle<br />

Holz + Stroh<br />

Biogas<br />

Brennstoff<br />

Siedlungsabfälle<br />

Das KWK-Prinzip<br />

Motor/Generator Gasturbine/Generator<br />

KWK-Aggregat<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Dr. Bernd<br />

Krautkremer<br />

ISET<br />

bkrautkr@iset.uni-kassel.de<br />

Helmut Böhnisch<br />

ZSW<br />

helmut boehnisch@<br />

zsw-bw.de<br />

Dr. Ahmet Lokurlu<br />

SOLITEM GmbH<br />

a.lokurlu@solitem.de<br />

Brennstoffzelle Dampfturbine/Generator<br />

Abbildung 1<br />

Das KWK-Prinzip [5].<br />

Als KWK-Aggregat<br />

können verschiedene<br />

Techniken eingesetzt<br />

werden.<br />

Strom<br />

<strong>Wärme</strong><br />

61


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 2<br />

Einbaugerät<br />

Mikro-KWK [6]<br />

62<br />

Dr. Bernd Krautkremer Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung zur effi zienten energetischen Nutzung von Biomasse<br />

Her<strong>aus</strong>forderungen der<br />

KWK in der Praxis<br />

Im praktischen Betrieb von KWK-Anlagen besteht<br />

das Hauptinteresse darin, die zur Verfü gung<br />

stehende <strong>Wärme</strong> auch möglichst vollständig<br />

zu nutzen. Das kann schwierig sein, weil es nicht<br />

selbstverständlich ist, dass sich Bedarfe an Strom<br />

<strong>und</strong> <strong>Wärme</strong> im selben Verhältnis einstellen, wie<br />

sie vom KWK-System zur Verfügung gestellt<br />

werden. Zudem unterliegen die Absolutbeträge,<br />

aber auch die Verhältnisse der Bedarfe teilweise<br />

starken zeitlichen Schwankungen.<br />

KWK-Anlagen müssen ihre, im Vergleich zu<br />

konventionellen Systemen, höheren Investitionskosten<br />

über die Vergütung des eingespeisten<br />

Stromes kompensieren. Neben einer möglichst<br />

günstigen Relation zwischen Brennstoffpreis<br />

<strong>und</strong> Stromvergütung ist dabei immer eine<br />

hinreichend große Menge an eingespeister<br />

elektrischer Arbeit nötig. Daher müssen KWK-<br />

Anlagen möglichst hohe jährliche Nutzungsdauern<br />

aufweisen ( > 4000h/a). Der hier<strong>aus</strong><br />

resultierende Zielkonfl ikt zwischen <strong>Wärme</strong>-<br />

<strong>und</strong> Stromproduktion wird in der Regel dadurch<br />

gemildert, dass die Einheiten nur so groß<br />

dimensioniert werden, dass sie die Gr<strong>und</strong>last<br />

des <strong>Wärme</strong>bedarfs decken können. Für die<br />

Abdeckung von Bedarfsspitzen sind dann Speicher<br />

<strong>und</strong>/oder Spitzenlastkessel erforderlich.<br />

Typische Standorte, in denen die KWK zur<br />

Anwendung kommt, sind daher meist Objekte<br />

mit hohen, möglichst gleichmäßigen <strong>Wärme</strong>bedarfen.<br />

Dies sind z. B. Schwimmbäder, Hotels<br />

oder Krankenhäuser. Aufgr<strong>und</strong> der geringen<br />

Gr<strong>und</strong>lasten bei privaten H<strong>aus</strong>halten scheiden<br />

bisherige KWK-Lösungen <strong>aus</strong>. Es zeichnen sich<br />

jedoch auch hier neue Lösungen ab:<br />

Mikro-KWK zeichnet sich durch eine elektrische<br />

Leistung um 1 kW <strong>und</strong> eine thermische Leistung<br />

um 3 - 4 kW <strong>aus</strong>. Dadurch sind auch in die sem<br />

Anwendungsfall hinreichende Laufzeiten erreichbar.<br />

Verfügbar sind zurzeit verschiede ne Maschi-<br />

nen, die auch als Einbaugeräte im Küchenbereich<br />

zum Einsatz kommen können (Abb. 2). Da es keine<br />

allgemeine Defi nition für den Begriff Mikro-KWK<br />

gibt, werden daneben auch größere Maschinen<br />

ebenfalls mit diesem Begriff belegt [7].<br />

KWK zur energetischen<br />

Nutzung von Biomasse<br />

Wie Abb. 1 zeigt, ist es denkbar <strong>und</strong> durch<strong>aus</strong><br />

üblich KWK-Systeme auch mit biogenen Brennstoffen<br />

zu betreiben. Beispiele für <strong>aus</strong>geführte<br />

KWK-Anlagen zur energetischen Nutzung<br />

von Biomasse sind:<br />

Nutzung von fester, trockener Biomasse in<br />

Feuerungsanlagen mit nachgeschalteten<br />

Dampfprozessen mit Wasser oder organischen<br />

Lösungen als Arbeitsmedium<br />

Nutzung fester, trockener bis feuchter<br />

Biomasse in thermischen Vergasungsanlagen<br />

mit nachgeschalteten Verbrennungskraft-<br />

maschinen<br />

Nutzung von nasser Biomasse zur anaeroben<br />

Faulung in Biogasanlagen mit nachgeschalte-<br />

ten, konventionellen Verbrennungskraftma-<br />

schinen sowie Mikrogasturbinen Stirling-<br />

motoren <strong>und</strong> Brennstoffzellen<br />

Nutzung von Alkoholen, die <strong>aus</strong> Biomasse<br />

gewonnen wurden in Verbrennungskraftma-<br />

schinen <strong>und</strong> Brennstoffzellen<br />

Nutzung von Pfl anzenölen, direkt oder<br />

verestert in Verbrennungskraftmaschinen<br />

Feuerung von Holzpellets zum Betrieb von<br />

Stirlingmotoren


Dr. Bernd Krautkremer Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung zur effi zienten energetischen Nutzung von Biomasse<br />

Aufgr<strong>und</strong> ihrer im Vergleich zu konventionellen<br />

Brennstoffen oft geringeren <strong>Energie</strong>dichte<br />

(Heizwert) ist in vielen Fällen eine dezentrale<br />

Nutzung sinnvoll. Dies ergänzt sich theoretisch<br />

in idealer Weise mit dem ebenfalls dezentralen<br />

Charakter der KWK. Ein weiterer Gr<strong>und</strong> für eine<br />

Symbiose dieser Technologien ist das Streben<br />

nach einem möglichst hohen Nutzungs grad,<br />

was bei der Verwendung knapper Ressourcen<br />

wie der Biomasse ohnehin empfehlens wert ist.<br />

Entscheidend ist aber, dass dadurch der Anteil<br />

erneuerbarer <strong>Energie</strong>n an der Gesamtenergieversorgung<br />

mit dem gleichen Einsatz an Rohbiomasse<br />

deutlich gesteigert werden kann.<br />

Ein weiterer positiver Aspekt für die Verwendung<br />

biogener Brennstoffe in KWK-Anlagen ist die<br />

Möglichkeit, die Abwärme zur Aufbereitung<br />

der Brennstoffe zu nutzen. Dabei spielt es keine<br />

Rolle, ob die <strong>Wärme</strong> für den eigenen oder für<br />

fremde Prozesse genutzt wird. Eine interne Nutzung<br />

ergibt sich beispielsweise, wenn bei der<br />

Nutzung von Alkoholen die Abwärme für die<br />

Destillation genutzt wird. Eine externe Nutzung<br />

ist z. B. die Trocknung von Holzhackschnitzeln<br />

mit der Abwärme einer mit Biogas betriebenen<br />

KWK-Anlage. Mit Biomasse betriebene KWK-<br />

Systeme besitzen das Potenzial, <strong>Energie</strong> dann<br />

bereit zu stellen, wenn sie benötigt wird. Damit<br />

können sie eine bedeutende Rolle in zukünftigen<br />

<strong>Energie</strong>ver sorgungsstrukturen spielen, da sie<br />

zumindest teilweise die Versorgungslücken fl uktuierender<br />

Quellen wie Windkraft <strong>und</strong> Photovoltaik<br />

schließen <strong>und</strong> Bedarfsspitzen mindern<br />

können.<br />

Probleme bei der energetischen<br />

Nutzung von<br />

Biomasse in KWK-Anlagen<br />

Es eignet sich nicht jedes Aggregat für jeden<br />

biogenen Brennstoff. Die verschiedenen<br />

biogenen Brennstoffe unterscheiden sich neben<br />

dem Aggregatzustand hinsichtlich ihres Heizwertes,<br />

ihrer Verbrennungs eigenschaften<br />

(Zündverhalten, Flammengeschwindigkeiten,<br />

Ausbrand usw.) aber auch hinsichtlich ihrer<br />

unerwünschter Begleitstoffe <strong>und</strong> Verbrennungsrück<br />

stände ( Teer, Asche). Weiterhin besteht das<br />

Problem, dass die Qualität biogener Brenn stoffe<br />

oftmals Schwankungen unterlegen ist.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 3<br />

Pilotprojekt BiogasbetriebeneMikrogasturbine<br />

im ISET [8]<br />

63


FVS LZE Themen 2005<br />

64<br />

Dr. Bernd Krautkremer Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung zur effi zienten energetischen Nutzung von Biomasse<br />

Hier müssen dann unter Umständen Aufbereitungs<br />

ver fahren zwischengeschaltet werden.<br />

Aus diesen Gründen gilt es, für jede der möglichen<br />

Kombinatio nen einen technischen <strong>und</strong><br />

wirtschaftlichen Kompromiss zu fi nden. Die<br />

Optimierung der Systeme bewegt sich dann im<br />

Spannungsfeld zwischen maximalem Auf wand<br />

zur Kraftstoffaufbereitung <strong>und</strong> maximalem<br />

Aufwand zur Ertüchtigung der Aggregate für<br />

einen spezifi schen Brennstoff. Dabei ist es meist<br />

sinnvoll, einen hochwertigen, standar di sier ten<br />

Brennstoff einzusetzen, wenn die KWK-Anlagen<br />

nur kleine Leistungen haben, weil dann auch<br />

Standardmaschinen zum Einsatz kommen<br />

können. Bei größeren Einheiten kann man<br />

jedoch oft auf eine weitergehende Brennstoffaufbereitung<br />

verzichten, da es sich hier lohnen<br />

kann, dass Aggregat für den jeweiligen Brennstoff<br />

zu ertüchtigen.<br />

Ein weiteres Problem ist die Sicherung einer<br />

langfristigen Brenn stoff versorgung. Viele biogene<br />

Kraftstoffe verfügen noch nicht über<br />

eine langfristig gesicherte Versorgungsstruktur.<br />

Außerdem entwickeln sich die Märkte noch<br />

<strong>und</strong> sind auch abhängig von den jeweils gelten -<br />

den rechtlichen Randbedingungen. So führte<br />

beispielsweise die Zulassung von Biodiesel als<br />

Beimischung in konventionellen Kraftstoff zu<br />

einer sehr großen Nachfrage. In diesem Zusammen<br />

hang sollte man jedoch nicht verschweigen,<br />

dass auch die Versorgung mit fossilen Kraftstoffen<br />

durch<strong>aus</strong> nicht mehr so sicher ist wie man<br />

es gewöhnt war.<br />

Das theoretische Potenzial, dass auf Biomasse<br />

basierende Systeme <strong>Energie</strong> dann bereit stellen<br />

können, wenn sie benötigt wird, kommt in der<br />

heutigen Praxis leider noch kaum zum Tragen.<br />

Bioenergiesysteme wie z. B. Biogasanlagen<br />

werden möglichst lange mit maximaler Leistung<br />

betrieben, so dass sie hauptsächlich zur Stromerzeugung<br />

im Gr<strong>und</strong>lastbereich beitragen.<br />

Dies begründet sich in der Tatsache, dass durch<br />

das geltende EEG die Ziel energie form Strom<br />

bevorzugt <strong>und</strong> durch Abrechnung der eingespeisten<br />

elektrischen Arbeit vergütet wird.<br />

Es kommt noch hinzu, dass die Anlagen meist<br />

ortsfern liegen, so dass eine Nutzung der Abwärme<br />

bis auf die Beheizung der Fermenter<br />

der Biogasanlagen in der Regel <strong>aus</strong>bleibt. Es ist<br />

daher fraglich, ob der Begriff KWK hier noch<br />

seine Berech tigung hat. Die Gründe hierfür<br />

fi nden sich auch in den momentan gültigen<br />

Richtlinien des Baurechts <strong>und</strong> in der Raumordnung.<br />

Hier ist sicher Aufklärungs- <strong>und</strong> Nachbesserungsbedarf.<br />

Forschungs- <strong>und</strong><br />

Entwicklungsbedarf<br />

Zur weiteren Verbreitung von KWK-Anlagen,<br />

die biogene Brennstoffe einsetzen, müssen<br />

geeignete System-Brennstoffkombinationen<br />

identifi ziert werden, die wirtschaftlich, effi zient<br />

<strong>und</strong> emissionsarm sind. Zur Erreichung dieser<br />

Zielsetzungen müssen folgende Forschungs-<br />

<strong>und</strong> Entwicklungsarbeiten durchgeführt werden:<br />

Existierende Systeme müssen hinsichtlich des<br />

gesamten Konversionspfades optimiert<br />

werden.<br />

Neue Systemkombinationen müssen geprüft,<br />

ertüchtigt <strong>und</strong> ihre Funktion demonstriert<br />

werden.<br />

Biogene Kraftstoffe müssen hinsichtlich ihrer<br />

Verbrennungseigenschaften detailliert<br />

untersucht werden. Aus diesen Untersuchun-<br />

gen müssen Standards abgeleitet werden.<br />

Zur Aufbereitung der Brennstoffe müssen<br />

vorhandene Verfahren verbessert <strong>und</strong> neue<br />

entwickelt werden. Dies vor allem im Hinblick<br />

auf die Verwendung in Brennstoffzellen <strong>und</strong><br />

zur Einspeisung in vorhandene Versorgungs-<br />

strukturen.<br />

Systeme zur bedarfsgerechten Bereitstellung<br />

von <strong>Energie</strong> müssen erprobt werden.<br />

Neben diesen Forschungsaufgaben müssen<br />

noch weitere Schritte erfolgen, die die Gr<strong>und</strong>lage<br />

für eine Einbindung in zukünftige <strong>Energie</strong>versorgungsstrukturen<br />

bilden. Dazu gehört<br />

neben der gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lage der Einspeisung<br />

auch eine Vergütungsstruktur, die den<br />

spezifi schen Eigenschaften dieser Systeme<br />

gerecht wird. Nur so kann das hohe Potenzial<br />

zur Einsparung fossiler Ressourcen <strong>aus</strong>geschöpft<br />

werden, das KWK-Systeme bieten, die mit<br />

Biomasse betrieben werden.


Dr. Bernd Krautkremer Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung zur effi zienten energetischen Nutzung von Biomasse<br />

Zusammenfassung<br />

Die positiven Eigenschaften von KWK-Systemen,<br />

die zu deutlichen <strong>Energie</strong>einsparungen führen<br />

können, lassen sich in der Praxis leider nicht<br />

immer vollständig umsetzen. Dies gilt auch<br />

für KWK-Systeme, die mit Biomasse betrieben<br />

werden. Hier kommt hinzu, dass biogene<br />

Brennstoffe sich in ihren Eigenschaften deutlich<br />

von Standardbrennstoffen unter scheiden.<br />

Trotzdem werden auch heute schon KWK-<br />

Systeme mit Biomasse erfolgreich betrieben.<br />

Der dezentrale Charakter der energetischen<br />

Nutzung von Biomasse, die Möglichkeit die<br />

Abwärme für den Aufbereitungsprozess zu<br />

nutzen <strong>und</strong> die Chance die benötigte <strong>Energie</strong><br />

dann bereit zu stellen, wenn sie gebraucht wird,<br />

machen mit Biomasse betriebene KWK-Systeme<br />

äußerst interessant für zukünftige <strong>Energie</strong>versorgungssysteme.<br />

Um eine weitere Verbreitung<br />

dieser Systeme zu ermöglichen sind neben verschiedener<br />

Forschungsaktivitäten, unter anderen<br />

auch im ForschungsVerb<strong>und</strong> <strong>Sonne</strong>nenergie,<br />

auch die Verbesserung der gesetzlichen <strong>und</strong><br />

marktbezogenen Randbedingungen nötig.<br />

Literatur<br />

[1] Arbeitsgemeinschaft für sparsamen <strong>und</strong><br />

umweltfre<strong>und</strong>lichen <strong>Energie</strong>verbrauch e.V.<br />

ASUE, KWK-Gesetz 2002<br />

[2] Arbeitsgemeinschaft für sparsamen <strong>und</strong><br />

umweltfre<strong>und</strong>lichen <strong>Energie</strong>verbrauch e.V.<br />

ASUE, BHKW Kenndaten 2005<br />

[3] www.bhkw-info.de<br />

[4] J. Bard, Dezentrale Kraftwärmekopplung,<br />

Konversionstechnologien <strong>und</strong> Einsatzmög-<br />

lichkeiten, FVS Themen 2001<br />

[5] B<strong>und</strong>esverband Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />

e.V., Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung, Chance für<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> Umwelt, www.bkwk.de<br />

[6] www.microgendirect.com<br />

[7] Arbeitsgemeinschaft für sparsamen <strong>und</strong><br />

umweltfre<strong>und</strong>lichen <strong>Energie</strong>verbrauch e.V.<br />

ASUE, Mikro-KWK<br />

[8] www.mikrogasturbine.de<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

65


<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong><br />

<strong>aus</strong> Geothermie<br />

Erschließung tiefer Geothermiequellen<br />

zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />

Energetische Nutzung von<br />

<strong>Wärme</strong>quellen niedriger Temperatur<br />

<strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe<br />

Geothermie<br />

67


FVS LZE Themen 2005<br />

Dr. Ernst Huenges<br />

GFZ Potsdam<br />

huenges@gfz-potsdam.de<br />

Dr. Reinhard Jung<br />

GGA Hannover<br />

r.jung@gga-hannover.de<br />

Dr. Peter Kehrer<br />

BGR Hannover<br />

peter.kehrer@bgr.de<br />

Prof. Dr. Peter Kukla<br />

RWTH Aachen<br />

kukla@geol.rwth-aachen.de<br />

Prof. Dr. Axel Preuße<br />

RWTH Aachen<br />

preuss@ifm.rwth-aachen.de<br />

Prof. Dr. Fritz Rummel<br />

Uni Bochum<br />

fritz.rummel@<br />

lee.ruhr-uni-bochum.de<br />

Prof. Dr.<br />

Hermann Josef Wagner<br />

Uni Bochum<br />

lee@lee.ruhr-uni-bochum.de<br />

68<br />

Erschließung tiefer Geothermiequellen<br />

zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />

Die <strong>Energie</strong>gewinnung <strong>aus</strong> Erdwärme in Regionen<br />

mit geothermischen Anomalien wie zum<br />

Beispiel in Island, Italien <strong>und</strong> der Türkei hat sich<br />

erfolgreich etabliert. Aber auch Gebiete mit<br />

normalen geothermischen Bedingungen wie<br />

z. B. Deutschland, in denen die Temperatur mit<br />

der Tiefe um ca. 30 °C/km zunimmt, verfügen<br />

über hohe <strong>aus</strong>sichtsreiche geothermische Potenziale.<br />

Die deutsche Forschung nimmt weltweit<br />

eine Spitzenposition in der Technologieentwicklung<br />

zur standortunabhängigen Gewinnung<br />

von Erdwärme ein, insbesondere bei der Stimulation<br />

geothermischer Reservoire, einem Verfahren<br />

zur Steigerung der Lagerstättenproduktivität.<br />

Die Sedimentgesteine des Norddeutschen<br />

Beckens eignen sich besonders für Untersuchungen,<br />

da sie in einer Region mit großen<br />

Ballungsgebieten liegen <strong>und</strong> das notwendige<br />

Nachfragepotenzial aufweisen. Hier können<br />

Technologien zur Erschließung der Erdwärme<br />

beispielgebend für viele Regionen weltweit<br />

entwickelt werden.<br />

Für geothermische Anwendungen sind sehr<br />

viel höhere Volumenströme in den Produktionsbohrungen<br />

erforderlich als bei Erdölbohrungen.<br />

Um diese Volumenströme zu erreichen, musste<br />

die in der Erdölindustrie gängige Technologie<br />

der hydraulischen Stimulation modifi ziert <strong>und</strong><br />

an die Bedingungen geothermischer Lagerstätten<br />

angepasst werden. In mehreren Projekten,<br />

wie z. B. dem europäischen Hot Dry Rock-<br />

Projekt (HDR) in Soultz-sous-Forêts, wurden<br />

in den letzten Jahren auf diesem Gebiet große<br />

Fortschritte erzielt. Die dort entwickelten<br />

Techniken gilt es jetzt an anderen Standorten<br />

einzusetzen <strong>und</strong> weiterzuentwickeln.<br />

Die verschiedenen Methoden der Erdwärmegewinnung<br />

<strong>aus</strong> den Sedimenten des Norddeutschen<br />

Beckens (Groß Schönebeck, Horstberg,<br />

Bochum <strong>und</strong> Aachen) unterscheiden sich durch<br />

spezielle Anforderungen <strong>und</strong> Nutzungscharakteristika.<br />

Im Folgenden werden diese Projekte<br />

beschrieben:<br />

Dr. Ernst Huenges Erschließung tiefer Geothermiequellen zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />

ein mesozoisches Wasserreservoir in Hannover<br />

im Buntsandstein,<br />

paläozoische Reservoire in Groß Schönebeck<br />

im Rotliegenden,<br />

in Bochum im Karbon <strong>und</strong><br />

in Aachen im Devon.<br />

Die Erschliessungskonzepte variieren wegen<br />

unterschiedlicher natürlicher Wasserführung<br />

der geothermischen Reservoire von trockenen<br />

Lagerstätten in Aachen <strong>und</strong> Bochum bis zu<br />

Lagerstätten, die zwar wasserführend sind, aber<br />

künstliche Nachbesserung durch hydraulische<br />

Stimulation bedürfen wie in Hannover <strong>und</strong> Groß<br />

Schönebeck. Es werden weitere Gemeinsamkeiten<br />

<strong>und</strong> Synergien zwischen den Projekten aufgezeigt,<br />

die alle das Ziel verfolgen, standortunabhängige<br />

Nutzungskonzepte für die <strong>Wärme</strong>-,<br />

<strong>Kälte</strong>- oder Strombereitstellung zu entwickeln.<br />

Das Groß Schönebeck-Projekt<br />

des GFZ Potsdam<br />

Im Rahmen eines umfangreichen Untersuchungsprogramms<br />

beschäftigt sich das GFZ<br />

Potsdam mit Schlüsselfragen geothermischer<br />

Technologien:<br />

Wie fi ndet <strong>und</strong> erzeugt man produktive<br />

Wasserreservoire?<br />

Wie sichert man hohe<br />

<strong>Energie</strong>produktivitäten?<br />

Was passiert bei der geothermischen<br />

Nutzung im Reservoir?<br />

Wie wandelt man möglichst effi zient die<br />

<strong>Wärme</strong> der <strong>Erde</strong> in elektrischen Strom um?<br />

Für die Beantwortung dieser Fragen sind<br />

Experimente unter natürlichen Bedingungen<br />

notwendig. Daher wurde im Jahr 2000/2001<br />

das In situ-Geothermielabor Groß Schönebeck<br />

(Abb. 1) in einer 4.300 m tiefen Altbohrung<br />

eingerichtet [1]. Die Bohrung erschließt die<br />

wasserführenden Gesteine des Rotliegenden.


Dr. Ernst Huenges Erschließung tiefer Geothermiequellen zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />

Das Labor dient dazu, theoretische Voruntersuchungen<br />

in einer Bohrung im Maßstab<br />

1:1 experimentell zu überprüfen. Wir verfügen<br />

damit über die weltweit einzige Einrichtung zur<br />

Untersuchung der geothermischen Nutzung<br />

sedimentärer Großstrukturen unter natürlichen<br />

Bedingungen.<br />

In einer Serie von Experimenten wurde das<br />

durch die Bohrung erschlossene Speichergestein<br />

mit einem speziellen Verfahren (hydraulic fracturing)<br />

für Wasser durchlässig gemacht. Dabei<br />

wurden 12.000 m³ Wasser unter hohem Druck<br />

durch die Bohrung in den Untergr<strong>und</strong> gepresst,<br />

um das Gestein aufzubrechen <strong>und</strong> dem Thermalwasser<br />

zusätzliche Fließwege durch den <strong>Wärme</strong>speicher<br />

zu schaffen. Mit dieser Wasser-Rissbildungstechnik<br />

kann die Produktivität von Lager-<br />

stätten gezielt gesteigert werden. Nach der<br />

Anwendung dieses Verfahrens in der Bohrung<br />

Groß Schönebeck konnte eine Reservoirproduktivität<br />

erreicht werden, die geothermische<br />

Stromerzeugung am Standort möglich macht.<br />

Im Mittelpunkt aktueller Forschungsprojekte<br />

stehen Verfahren zur Optimierung der Arbeiten<br />

im Untertagebereich. Die für eine geothermische<br />

Anlage erforderlichen Bohrungen stellen<br />

beim gegenwärtigen technischen <strong>und</strong> technologischen<br />

Stand noch die höchsten Kosten dar.<br />

Hier liegen große Einsparungspotenziale:<br />

Verbesserte Bohrtechnologien <strong>und</strong><br />

-strategien sollen die Anfangsinvestitionskosten<br />

für geothermische Tiefbohrungen<br />

kostengünstiger <strong>und</strong> den Bohrprozess<br />

sicherer gestalten.<br />

Erhöhung der Lebensdauer von<br />

Bohrungswerkzeugen<br />

Senkung des <strong>Energie</strong>- <strong>und</strong> Material-<br />

verbrauches während des Bohrens<br />

Komplettierungssysteme speziell<br />

für die Geothermieanwendung<br />

speicherschonende Aufschlussverfahren<br />

Beim Abteufen einer für den Herbst 2005<br />

geplanten neuen Forschungsbohrung in Groß<br />

Schönebeck soll der <strong>Wärme</strong>speicher durch<br />

besonders schonendes Bohren mittels spezieller<br />

Kühl- <strong>und</strong> Spülverfahren für die angestrebte<br />

Langzeitnutzung optimal vorbereitet werden.<br />

Im August 2005 wurden durch das B<strong>und</strong>esumweltministerium<br />

<strong>und</strong> das Wirtschaftsministerium<br />

Brandenburg die Mittel für die zweite<br />

Forschungsbohrung bereitgestellt:<br />

Der Standort wird mit der zweiten Bohrung zu<br />

einem Dublettensystem <strong>aus</strong>gebaut. In einem<br />

Thermalwasserkreislauf sollen erstmalig in<br />

Deutschland die für die Stromerzeugung<br />

erforderlichen Mengen von 150 °C heißem<br />

Tiefenwasser gefördert <strong>und</strong> die Nachhaltigkeit<br />

der Förderung überprüft werden. Die zweite<br />

Bohrung eröffnet die praktische Chance, neuentwickelte<br />

Verfahren einzusetzen, um geothermische<br />

Stromerzeugung in der Zukunft planungssicher<br />

<strong>und</strong> wirtschaftlich zu ermöglichen.<br />

Damit werden die Vor<strong>aus</strong>setzungen für den<br />

Betrieb eines geothermischen Kraftwerkes in<br />

Zusammenarbeit mit dem Industriepartner<br />

Vattenfall Europe geschaffen, wodurch Forschungsergebnisse<br />

schnell in die wirtschaftliche<br />

Anwendung kommen.<br />

Das Genesys-Projekt Hannover<br />

In dem vom BMU geförderten Forschungsvorhaben<br />

GeneSys werden neue Einbohrloch-<br />

Ver fahren zur <strong>Wärme</strong>gewinnung <strong>aus</strong> geringdurchlässigen<br />

Sedimentgesteinen des tiefen<br />

Untergr<strong>und</strong>es erprobt. [2] Schlüsseltechnologie<br />

ist auch hier die Stimulation mittels der Wasser-<br />

Rissbildungstechnik, mit der in hydraulisch<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 1<br />

Fördertest 2001 an<br />

der Bohrung Groß<br />

Schönebeck 3/90<br />

69


FVS LZE Themen 2005<br />

70<br />

dichten Sedimentgesteinen großfl ächige<br />

Gesteinsrisse erzeugt werden. Diese Rissfl ächen<br />

sollen durchströmt <strong>und</strong> somit als <strong>Wärme</strong><strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chfl<br />

ächen zum Entzug der Gesteinswärme<br />

genutzt werden. In der ehemaligen Erdgaserk<strong>und</strong>ungsbohrung<br />

Horstberg Z1 bei Unterlüß<br />

im Norddeutschen Becken wurden in den<br />

vergangenen zwei Jahren erfolgreiche Experimente<br />

zur Entwicklung dieser Verfahren mit<br />

folgenden Ergebnissen durchgeführt:<br />

Durch zwei massive Wasserfrac-Tests<br />

gelang es, in 3.800 m Tiefe eine mehr als<br />

100.000 m² große Rissfl äche in der im<br />

Norddeutschen Becken weit verbreiteten<br />

Buntsandsteinformation zu erzeugen.<br />

Hydraulische Nachuntersuchungen erbrachten<br />

den Beweis, dass der Gesteinsriss trotz<br />

des außerordentlich hohen Gebirgsdrucks,<br />

der in dieser Tiefe herrscht, durch natürliche<br />

Stützmechanismen offen gehalten wird.<br />

Somit kann auf das technisch sehr aufwändi-<br />

ge <strong>und</strong> teure Einbringen künstlicher Stütz-<br />

mittel in die Rissfl ächen verzichtet werden.<br />

Zwei neuartige Einbohrlochkonzepte zum<br />

Entzug der Gesteinswärme wurden erfolgreich<br />

getestet:<br />

Beim „Zyklischen Verfahren“ wird kaltes<br />

Wasser in die Rissfl äche injiziert. Dieses<br />

erwärmt sich während einer Aufwärmphase<br />

<strong>und</strong> wird als Heißwasser wieder zutage<br />

gefördert. Mit diesem im Tages- <strong>und</strong><br />

Wochenzyklus getesteten Verfahren wurden<br />

thermische Leistungen von mehr als 1 MW<br />

erreicht.<br />

Beim „Tiefenzirkulationsverfahren“ wurde<br />

während eines einwöchigen Zirkulationstests<br />

Wasser in den annährend vertikalen Gesteins-<br />

riss verpresst, das sich beim Durchlauf durch<br />

die Rissfl äche erwärmte <strong>und</strong> über eine ca.<br />

120 m oberhalb des Injektionspunktes<br />

gelegene Sandsteinbank wieder in die<br />

Bohrung zurückströmte.<br />

Die mit diesen beiden Verfahren erzielte thermische<br />

Leistung von mehr als 1 MW liegt<br />

deutlich über der Leistungsgrenze einer gleich<br />

tiefen Erdwärmesonde. Numerische Modellrechnungen<br />

zeigen, dass bei Risshalblängen<br />

von mehr als 500 m, wie sie vermutlich in der<br />

Dr. Ernst Huenges Erschließung tiefer Geothermiequellen zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />

Bohrung Horstberg Z1 erreicht wurden, die<br />

thermische Nutzungsdauer des Systems mehr<br />

als 25 Jahre beträgt.<br />

Die Ergebnisse in der Bohrung Horstberg Z1<br />

wurden von einem Expertenteam so positiv beurteilt,<br />

dass im Frühjahr 2005 der Startschuss für<br />

das Demonstrationsvorhaben GeneSys-Hannover<br />

mit folgender Vorgehensweise gegeben wurde:<br />

Im Jahr 2006 soll auf dem Gelände des<br />

Geozentrums Hannover eine ca. 3.800 m<br />

tiefe Bohrung abgeteuft werden.<br />

Mit Hilfe der in der Bohrung Horstberg Z1<br />

erprobten Erschließungskonzepte sollen<br />

zukünftig der Gebäudekomplex des Geozentrums,<br />

das über r<strong>und</strong> 35.000 m² Büro-<br />

<strong>und</strong> Laborfl äche verfügt, geothermisch be-<br />

heizt <strong>und</strong> auf diese Weise jährlich annährend<br />

1 Mio. Kubikmeter Gas eingespart werden.<br />

Das Prometheus-Projekt<br />

Bochum<br />

Zielsetzung des Pilotprojekts Prometheus ist die<br />

Übertragung der HDR-Technologie, wie sie im<br />

europäischen HDR-Projekt Soultz-sous-Forêts zur<br />

Stromerzeugung bei hohen Untergr<strong>und</strong>temperaturen,<br />

einem granitischen Untergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Grabentektonik<br />

entwickelt wurde, auf einenStandort<br />

mit normalen Bedingungen (30°C/km, tiefe<br />

Sedimente des Oberkarbons, [3]. Die geförderte<br />

<strong>Wärme</strong> soll einen Großverbraucher <strong>–</strong> die Ruhr-<br />

Universität, Universitätswohnstadt, Fachhochschule<br />

Bochum <strong>–</strong> ganzjährig mit <strong>Wärme</strong><br />

versorgen (Abb.2). Das Projekt wird in drei<br />

Schritten realisiert:<br />

1. Machbarkeitsstudie<br />

Die Machbarkeitsstudie wurde mit folgenden<br />

Ergebnissen erstellt:<br />

Die Geologie des Untergr<strong>und</strong>s bis ca. 4 km<br />

Tiefe ist durch feinkörnige Tonsteine, Siltstei-<br />

ne, Sandsteine/Grauwacken <strong>und</strong> Quarzite<br />

charakterisiert. Aufgr<strong>und</strong> zahlreicher Daten<br />

<strong>aus</strong> Tiefbohrungen bis ca. 1.200 m Tiefe<br />

kann in 4 km Tiefe eine Temperatur von<br />

120°C prognostiziert werden.


Dr. Ernst Huenges Erschließung tiefer Geothermiequellen zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />

Die physikalischen Eigenschaften der Unter-<br />

gr<strong>und</strong>gesteine wurden detailliert durch<br />

Laborversuche an Proben <strong>aus</strong> Oberfl ächen-<br />

aufschlüssen des südlichen Ruhrgebiets<br />

ermittelt. Sie weisen insbesondere geringe<br />

Permeabilitäten <strong>und</strong> eine gute Stimulierbarkeit<br />

auf.<br />

Der <strong>Wärme</strong>bedarf für 56.000 Personen<br />

beträgt ca. 300.000 MWh/a. Durch die<br />

Erdwärme soll lediglich die Gr<strong>und</strong>last von<br />

ca. 8 MW bereitgestellt werden, das jedoch<br />

über 8.000 Jahresst<strong>und</strong>en. Das erfordert eine<br />

Produktionsrate von ca. 30 Sek<strong>und</strong>enlitern<br />

<strong>aus</strong> der Produktionsbohrung. Die Erdwärme<br />

wird in das vorhandene <strong>Wärme</strong>verteilungs-<br />

netz eingeb<strong>und</strong>en.<br />

2. Erk<strong>und</strong>ungsbohrung<br />

Es wurden durch die Ruhruniversität Bochum<br />

(RUB) ein Erlaubnisfeld von 7 x 7 km zur<br />

Aufsuchung von Erdwärme erworben <strong>und</strong> ein<br />

geeigneter Bohrplatz in unmittelbarer Nähe<br />

der RUB festgelegt. In der Explorationsphase<br />

ist vorgesehen:<br />

Niederbringen der Explorationsbohrung im<br />

Frühjahr 2006. Geophysikalische/geologische<br />

Bohrlochmessungen, moderate Stimulation<br />

mit seismischer Beobachtung mittels einer<br />

600 m tiefen seismischen Beobachtungsboh-<br />

rung.<br />

Bildung eines Betreiber-Konsortiums mit der<br />

Industrie.<br />

3. Realisierung mit der Schaffung des<br />

unterirdischen <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>chers <strong>und</strong> einer<br />

zweiten Tiefbohrung.<br />

Bei Darstellung geeigneter hydraulischer<br />

Verhältnisse im Reservoir, ca. 30 Sek<strong>und</strong>enli-<br />

ter, wird die Bohrlochdublette komplettiert<br />

<strong>und</strong> die Projektrealisierung vorangetrieben.<br />

Das Projekt wird gefördert durch das Land NRW<br />

(im REN-Programm) <strong>und</strong> die Europäische Union<br />

(im Ziel II Phase V Programm).<br />

m NN<br />

-4000<br />

-1000<br />

-2000<br />

-3000<br />

-4000<br />

Bochum-Fm.<br />

Witten-Fm.<br />

Bochum<br />

syncline<br />

Sprockhövel-Fm.<br />

Kaisberg-Fm.<br />

Ziegelschiefer-Fm.<br />

Grauwacken-Quarzit-Fm.<br />

Das SuperC-Projekt Aachen<br />

Bohrung<br />

Alaunschiefer<br />

Zur Sicherung der <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>versorgung<br />

des „SuperC“ (dem neuen Studenten Service<br />

Center der RWTH Aachen mit Studentensekretariat,<br />

Zentralem Prüfungsamt, Akademischem<br />

Auslands amt, Firmenkontaktbüros <strong>und</strong> Konferenzräumen)<br />

soll Erdwärme als <strong>Energie</strong>quelle<br />

genutzt werden. Die Versorgung des Gebäudes<br />

mit geothermischer <strong>Energie</strong> erfolgt über eine<br />

so genannte „tiefe Erdwärmesonde“ [4]. Zu den<br />

erklärten Zielen des entsprechenden Geothermieprojektes<br />

„SuperC“ gehört der Nachweis<br />

über die Realisierbarkeit des B<strong>aus</strong> einer tiefen<br />

Erdwärmesonde im Rahmen der geltenden<br />

gesetzlichen Bestimmungen <strong>und</strong> technischen<br />

Regeln unter Verwendung einfacher <strong>und</strong> ressourcensparender<br />

Methoden. Ein erster wichtiger<br />

Schritt war das Niederbringen der 2.500 m<br />

tiefen Bohrung „RWTH-1“ am zukünftigen<br />

„SuperC“-Standort, Ecke Templergraben/<br />

Wüllner straße, in Aachen im Jahre 2004.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

untercarbonische<br />

<strong>und</strong> devonische<br />

Tonsteine<br />

Stockum<br />

anticline<br />

1000 m<br />

m NN<br />

-4000<br />

-1000<br />

-2000<br />

-3000<br />

-4000<br />

Abbildung 2<br />

Hypothetisches<br />

Bohrprofi l Prometheus<br />

Fm = geol. Formation<br />

71


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 3<br />

Innerstädtische<br />

Bohrung in<br />

Aachen 2004<br />

Webkameraaufnahme<br />

72<br />

Bedingt durch den innerstädtischen Bohrplatz<br />

liegen in direkter Nachbarschaft Hochschulgebäude,<br />

in denen tagsüber Hochschulbetrieb<br />

stattfi ndet (Abb. 3). Die Anwohner <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />

der RWTH Aachen mussten während der<br />

Arbeiten, die r<strong>und</strong> um die Uhr durchgeführt<br />

wurden, weitestgehend vor Lärm- <strong>und</strong> Abgasemissionen<br />

geschützt werden. Berücksichtigung<br />

fand die zwischen 100 <strong>und</strong> 140 Metern entfernte<br />

nächste Wohnbebauung. Trotz vorgenommener<br />

Lärmminderungsmaßnahmen konnte für die<br />

Nachtst<strong>und</strong>en eine Richtwertüberschreitung an<br />

den Immissionsaufpunkten nicht gänzlich<br />

<strong>aus</strong>geschlossen werden.<br />

Dennoch kann von einem reibungslosen<br />

Ablauf der Bohrung gesprochen werden:<br />

Es gab lediglich, vier Anwohnerbeschwerden.<br />

Andererseits hat das äußerst rege Interesse am<br />

Geschehen auf dem Platz die Richtigkeit dieses<br />

Vorgehens in der operativen Phase bestätigt.<br />

Die projektierte Temperatur von 80 °C wurde<br />

erreicht. Die nächsten Schritte umfassen die<br />

geowissenschaftliche Auswertung [5] sowie die<br />

detaillierte Konzipierung der Nutzungsanlage<br />

unter Berücksichtigung des Bohrergebnisses.<br />

Insbesondere muss überprüft werden, welche<br />

<strong>Wärme</strong>mengen mit welcher Temperatur <strong>aus</strong> der<br />

Erdwärmesondenanlage den Nutzungsanlagen<br />

zugeführt werden können.<br />

Dr. Ernst Huenges Erschließung tiefer Geothermiequellen zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />

Schlussfolgerungen<br />

Nach der Realisierung der hier vorgestellten<br />

Projekte kann die Technologie der Einlochbohrung<br />

für den kleineren <strong>Wärme</strong>bedarf weitgehend<br />

betriebssicher durchgeführt werden.<br />

Diese Technologie ist allerdings relativ leistungsarm<br />

für geschlossene tiefe Erdwärmesonden wie<br />

in Aachen <strong>und</strong> etwas leistungsstärker aber auch<br />

betriebsaufwändiger für offene Bohrungen<br />

wie in Hannover.<br />

Für größere <strong>Wärme</strong>abnehmer wie in Bochum<br />

oder Anlagen zur geothermischen Stromer-<br />

zeugung wie in Groß Schönebeck müssen<br />

mindestens zwei Bohrungen niedergebracht<br />

werden, die einem <strong>Wärme</strong>träger den Durch-<br />

fl uss im Reservoir ermöglichen.<br />

Eine Übersicht ist in Tab. 1 gegeben.<br />

(Siehe S. 73 oben)<br />

Die Anfangsinvestitionen für die Bohrungen<br />

nehmen den größten Anteil an den geothermischen<br />

<strong>Wärme</strong>bereitstellungskosten ein. Daher ist<br />

es trotz der unterschiedlichen lokalen Zielstellungen<br />

vorteilhaft, die operativen Arbeiten der<br />

Projekte gemeinsam zu betrachten.<br />

Synergien sind neben der technischen Durchführung<br />

beim Aust<strong>aus</strong>ch der Erfahrungen zur<br />

Güte der Vorerk<strong>und</strong>ungen vorstellbar. So hat<br />

die einzige zurzeit existierende Neubohrung der<br />

vier Beispiele in Aachen keine Übereinstimmung<br />

mit zwei konkurrierenden Vorprofi len gebracht.<br />

Die Vorprofi le in Bochum, Hannover <strong>und</strong> Groß<br />

Schönebeck, die <strong>aus</strong> Informationen <strong>aus</strong> Nachbarbohrungen<br />

<strong>und</strong> auf der Basis von geophysikalischen<br />

Messungen erstellt wurden, müssen<br />

noch durch die Neubohrungen überprüft<br />

werden.<br />

Außer in Aachen werden in den hier vorgestellten<br />

Projekten offene Systeme angewandt. Zur<br />

Gestaltung des unterirdischen <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>chers<br />

im HotDryRock-Verfahren wie in Bochum <strong>und</strong><br />

zur Erweiterung der Fließwege <strong>aus</strong> den wasserführenden<br />

Tiefensedimenten spielt das Verfahren<br />

der hydraulischen Stimulation eine Schlüsselrolle.<br />

Synergien wurden durch die langjährige<br />

Zusammenarbeit zwischen der RUB, BGR/GGA<br />

Hannover <strong>und</strong> GFZ schon nachgewiesen.


Dr. Ernst Huenges Erschließung tiefer Geothermiequellen zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />

Standort Reservoirtiefe<br />

[m]<br />

Temperatur<br />

°C<br />

So wird die Methode des massiven Wasserfracs,<br />

d. h. Stimulation durch das Verpressen großer<br />

Wassermengen, für die geothermische Anwendung<br />

bevorzugt.<br />

Zur Gewährleistung der Nachhaltigkeit der<br />

künstlich erzeugten Risse in den Sedimenten<br />

werden in Groß Schönebeck sogenannte<br />

Stützmittel verwendet. Das Wasser wird dabei<br />

mit hochviskosen Zusätzen versetzt, die sich<br />

in den hydraulisch erzeugten Rissen im Gestein<br />

einlagern <strong>und</strong> sie auch nach der Druckentlastung<br />

am Ende der Stimulationsbehandlung<br />

offen halten.<br />

<strong>Wärme</strong> lässt sich nicht kostengünstig transportieren.<br />

Daher gehört den Anlagen die Zukunft,<br />

die nahe an den Verbrauchern, also nach Möglichkeit<br />

innerstädtisch erstellt werden. Deshalb<br />

verdienen die innerstädtischen Bohrprojekte<br />

in Aachen, Bochum <strong>und</strong> Hannover besondere<br />

Aufmerksamkeit.<br />

Thermische<br />

Leistung <strong>aus</strong><br />

der <strong>Erde</strong><br />

kW geplant<br />

Status Quo<br />

09/2005<br />

Groß Schönebeck 4300 150 10.000 Eine existierende<br />

Bohrung mit<br />

stimuliertem<br />

Reservoir<br />

Hannover GeneSys 3800 130 geschätzt 2.000 Bohrbeginn 2006<br />

Vorerk<strong>und</strong>ung<br />

in Testbohrung<br />

Horstberg<br />

Bochum<br />

Prometheus<br />

Diskussionspunkte<br />

Nach Abschluss der vier Projekte wird man in<br />

der Lage sein zu erkennen, welche Konzepte<br />

realisierbar sind <strong>und</strong> wie man sie beispielhaft<br />

umsetzen kann. Für die Projekte konnten in der<br />

Regel sachbedingt nur unzureichende Abschätzungen<br />

für die <strong>Wärme</strong>gestehungskosten gemacht<br />

werden. Zum Beispiel wurden für das<br />

Bochumer Projekt Kosten von 6,8 Ct für eine<br />

geothermische Kilowattst<strong>und</strong>e <strong>Wärme</strong> prognostiziert.<br />

Die Groß Schönebecker geothermische<br />

Kilowattst<strong>und</strong>e Strom wird vom Investor<br />

Vattenfall Europe angesichts der Einspeisevergütung<br />

von 15 Ct als wirtschaftlich eingestuft.<br />

Dabei sind jedoch die Vorleistungen durch<br />

Nutzung einer Altbohrung <strong>und</strong> die Übernahme<br />

des größten Teils der reinen Bohrkosten der<br />

Neubohrung durch das B<strong>und</strong>esumweltministerium<br />

nicht berücksichtigt worden. Verlässliche<br />

Kosteneinschätzungen können daher erst nach<br />

den ersten Betriebsjahren vorgenommen<br />

werden. Insbesondere kann eine Einschätzung<br />

der Höhe der erforderlichen Hilfsenergie erst<br />

nach Erreichen des optimalen Betriebspunktes<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Nutzungskonzept Inbetrieb-<br />

nahme<br />

Stromerzeugung durch<br />

Wandleranlage (z. B. ORC)<br />

gespeist mit Tiefenwasser<br />

unter Nutzung einer<br />

Dublette (Förder- <strong>und</strong><br />

Injektionsbohrung)<br />

(Hydrothermalverfahren)<br />

<strong>Wärme</strong>versorgung mit<br />

Einbohrlochverfahren mit<br />

Nutzung von künst-lichen<br />

Fließwegen im Gebirge<br />

4000 < 120 geschätzt 8.000 Bohrbeginn 2006 <strong>Wärme</strong>versorgung<br />

(Dublette) gespeist<br />

mit Wässer, die durch<br />

künstlichen <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher<br />

im Gebirge zirkulieren<br />

(HotDryRock-Verfahren)<br />

Aachen SuperC 2500 >80 450 planung Eine existierende<br />

Bohrung<br />

<strong>Wärme</strong>versorgung mit<br />

geschlossener tiefer<br />

Erdwärmesonde<br />

2007 bei<br />

plangemäßer<br />

Erfüllung von<br />

gesetzten<br />

Meilensteinen<br />

offen<br />

offen<br />

offen<br />

Tabelle 1<br />

Übersicht über<br />

Geothermieforschungsprojekte<br />

in Nord-<br />

Deutschland<br />

(Stand 09/2005)<br />

73


FVS LZE Themen 2005<br />

74<br />

der Erdwärmegewinnung gemacht werden.<br />

Erst realisierte Projekte geben uns auch Daten<br />

für das Langzeitverhalten des Reservoirs.<br />

Die <strong>Wärme</strong>gewinnung <strong>aus</strong> tiefen Speichern ist<br />

nicht immer erfolgreich. Der Erfolg kann immer<br />

erst nach Abschluss der Projekte genauer eingeschätzt<br />

werden, d. h. ob z. B. die Vorhersage der<br />

Qualität der Lagerstätte <strong>und</strong> ihrer Fündigkeit<br />

treffend genug war, ob die geologisch bedingten<br />

technischen Risiken beim Bohren richtig<br />

eingeschätzt wurden aber auch Fragen der<br />

Nachhaltigkeit des Reservoirs <strong>und</strong> deren Auswirkung<br />

auf die Betriebssicherheit der Anlage<br />

müssen beantwortet werden. In diesem Zusammenhang<br />

muss betont werden, dass die Betriebssicherheit<br />

von SuperC als sehr hoch einzustufen<br />

ist, wenngleich die spezifi sche Kilo-<br />

wattst<strong>und</strong>e mit erheblich höherem Aufwand<br />

gewonnen wird.<br />

Her<strong>aus</strong>stellen möchten wir hier noch einmal die<br />

Bedeutung von Demonstrationsvorhaben, die<br />

ermöglichen, neue <strong>und</strong> un<strong>aus</strong>gereifte Techniken<br />

in der Anwendung zu erproben, um die Qualität<br />

<strong>und</strong> den Wirkungsgrad geothermischer Anlagen<br />

zu steigern. Positiv ist, dass mittlerweile eine<br />

zunehmende Investitionsbereitschaft in der<br />

Industrie zu verzeichnen ist.<br />

Die Planungssicherheit <strong>und</strong> die Wirtschaftlichkeit<br />

geothermischer Anlagen stehen daher im<br />

Fokus der aktuellen geothermischen Technologieentwicklung.<br />

Wir müssen die Effi zienz<br />

der Endprodukte bewerten, um zu einer noch<br />

klareren Aussage zu kommen, was wir durch<br />

gezielte Forschungsanstrengungen weiter optimieren<br />

können. Erst dann können wir die<br />

offensichtlichen Vorteile der Geothermie nutzen<br />

<strong>und</strong> unabhängig von Saison <strong>und</strong> Tageszeit<br />

eine nachhaltige umweltfre<strong>und</strong>liche <strong>Energie</strong><br />

bereitstellen.<br />

Dr. Ernst Huenges Erschließung tiefer Geothermiequellen zur <strong>Wärme</strong>gewinnung<br />

Literatur<br />

[1] Huenges, E., Holl, H.-G., Legarth, B.,<br />

Zimmermann, G., Saadat, A.,<br />

Tischner, T. (2004) Hydraulic stimulation of<br />

a sedimentary geothermal reservoir in the<br />

North German basin: case study Groß<br />

Schönebeck, Zeitschrift für Angewandte<br />

Geologie, 50, 2, 24-27.<br />

[2] Orzol J., Jatho R., Jung R, Kehrer P. &<br />

Tischner T. (2004) The GeneSys Project:<br />

Development of concepts for the extrac-<br />

tion of heat from tight sedimentary<br />

rocks, Zeitschrift für Angewandte<br />

Geologie, 50, 2.<br />

[3] Grosse K, Rummel F. & Wagner H. J.<br />

(2004) The Prometheus Project for Geo-<br />

thermal Heat Supply of the Ruhr University<br />

Bochum, Zeitschrift für Angewandte<br />

Geologie, 50, 2.<br />

[4] Herzog, C., L<strong>und</strong>ersh<strong>aus</strong>en, St., Niemann-<br />

Delius, C., Preuße, A., (2005) “The<br />

Geothermal Project ”SuperC” of RWTH<br />

Aachen University / Phase I: The well<br />

„RWTH-1”” in IGA NEWS (Newsletter of<br />

the International Geothermal Association),<br />

issue No. 61, July - September 2005.<br />

[5] Trautwein, U., Kukla, P. (2005): Aachen<br />

Geothermal Well “RWTH-1” <strong>–</strong> The geosci-<br />

entifi c research program. Meuse-Rhine<br />

Euregio Geologists Meeting, Alden Biesen<br />

(Belgian Limbourg), abstract volume p. 18,<br />

20-21 May 2005.


Prof. Dr. Felix Ziegler Energetische Nutzung von <strong>Wärme</strong>quellen niedriger Temperatur<br />

Energetische Nutzung von <strong>Wärme</strong>quellen<br />

niedriger Temperatur<br />

Einleitung<br />

Niedertemperaturwärme ist in unspektakulärer<br />

Weise überall vorhanden. Am auffälligsten ist<br />

wohl die Solarwärme, weil die Kollektoren überall<br />

sichtbar sind. Am besten versteckt ist die<br />

Geothermie, die zwar überall vorhanden ist,<br />

aber nur an wenigen Stellen deutlich zu Tage<br />

tritt. Während die Ausbeutung von Solarenergie<br />

<strong>und</strong> Geothermie teuer ist <strong>und</strong> ihre Nichtnutzung<br />

betriebswirtschaftlich nichts kostet, gilt<br />

dies nicht für den dritten Typus von <strong>Wärme</strong>quelle,<br />

den wir betrachten wollen: die Abwärme<br />

<strong>aus</strong> Industrie prozessen. Sie ist deswegen besonders<br />

interessant, weil ihre Entsorgung selbst<br />

schon Geld kostet wegen Investition <strong>und</strong> Betrieb<br />

der nötigen Kühltürme. Die weitere Nutzung<br />

wird dadurch beträchtlich erleichtert.<br />

Eine Abschätzung des theoretischen Potentials<br />

zeigt, dass es groß genug ist, um technische<br />

Anstrengungen zu rechtfertigen. Dieser Aufsatz<br />

soll dazu dienen, Nutzungsmöglichkeiten,<br />

Grenzen <strong>und</strong> insbesondere Entwicklungsbedarf<br />

zu zeigen.<br />

Eine grobe Charakterisierung der Niedertemperaturwärmequellen<br />

ist in Tab. 1 gegeben.<br />

Die Temperaturbereiche der <strong>Wärme</strong>quellen sind<br />

durch<strong>aus</strong> ähnlich, wobei die Spanne bei Industrieabwärme<br />

am größten ist. Allen Quellen gemeinsam<br />

ist auch, dass die <strong>Wärme</strong>energie meist<br />

in Form warmem Wassers zwischengespeichert<br />

wird <strong>und</strong> so genutzt werden kann. Die Temperaturspreizung<br />

∇<br />

T zwischen Vor- <strong>und</strong> Rücklauf in<br />

diesem Heißwasser ist eine sehr wichtige Größe,<br />

die wir im Folgenden für die Diskussion der verschiedenen<br />

Nutzungsmöglichkeiten verwenden<br />

werden.<br />

Es fällt auf, dass trotz aller Ähnlichkeit im Angebot<br />

die typische Nutzung der drei <strong>Wärme</strong>quellen<br />

unterschiedlich ist. Bei den Überlegungen<br />

zur Nutzung ist zuerst der lokale Bedarf<br />

zu beachten.<br />

In der Verwendung ist elektrische <strong>Energie</strong><br />

immer am vielseitigsten, denn sie kann immer<br />

in die anderen <strong>Energie</strong>formen umgewandelt<br />

werden <strong>und</strong> ist leicht zu transportieren.<br />

Es sollte aber auch der Wert der verschiedenen<br />

<strong>Energie</strong>dienstleistungen (vermiedener Einkauf)<br />

<strong>und</strong> der hierfür nötige Aufwand betrachtet<br />

werden. Für letzteren kann als ein intuitiver,<br />

qualitativer Maßstab die Summe derjenigen<br />

<strong>Wärme</strong>mengen verwendet werden, die zur Bereitstellung<br />

von einer Megawattst<strong>und</strong>e (MWh)<br />

Nutzenergie umgesetzt, das heißt aufgenommen<br />

<strong>und</strong> abgegeben werden müssen. Die Unterschiede<br />

im Aufwand sind deutlich größer als<br />

beim Marktwert, wie Tab. 2 zeigt. Dies spricht<br />

dafür, dass die oben skizzierten Nutzungsunterschiede<br />

nicht ganz marktgerecht sein können.<br />

Bei der direkten Nutzung als <strong>Wärme</strong> treten<br />

keine besonderen anwendungstechnischen<br />

Probleme auf. Interessant <strong>–</strong> <strong>und</strong> aufwändiger<br />

umzusetzen <strong>–</strong> ist aber die Möglichkeit, das<br />

Temperaturniveau mittels unterschiedlicher<br />

<strong>Wärme</strong>transformationsprozesse zu verschie ben.<br />

Tabelle 1<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Prof. Dr. Felix Ziegler<br />

TU Berlin - Institut für<br />

<strong>Energie</strong>technik<br />

Felix.Ziegler@tu-berlin.de<br />

Dr. Wolfgang<br />

Eisenmann<br />

ISFH<br />

w.eisenmann@isfh.de<br />

Dr. Hans-Martin<br />

Henning<br />

Fraunhofer ISE<br />

hans-martin.henning@<br />

ise.fraunhofer.de<br />

Dr. Silke Köhler<br />

GFZ Potsdam<br />

skoe@gfz-potsdam.de<br />

<strong>Sonne</strong>nwärme Geothermie Abwärme<br />

Angebot sehr groß mittel groß<br />

Dargebot ungleichmäßig gleichmäßig gleichmäßig<br />

Leistungsdichte niedrig hoch hoch<br />

Typische Nutzung für <strong>Wärme</strong> <strong>Wärme</strong>, Kraft <strong>Wärme</strong>, <strong>Kälte</strong><br />

Tabelle 2<br />

Wert Aufwand<br />

<strong>Wärme</strong> 5 Ct/kWh 1 MWh <strong>Wärme</strong>umsatz pro MWh Nutzwärme<br />

<strong>Kälte</strong> 10 Ct/kWh 5 MWh <strong>Wärme</strong>umsatz pro MWh <strong>Kälte</strong><br />

Kraft 20 Ct/kWh 20 MWh <strong>Wärme</strong>umsatz pro MWh elektrische <strong>Energie</strong>


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 1<br />

Anlagen zur Nutzung<br />

von Niedertemperaturwärme:<br />

Oben:<br />

Absorptions-Dampfkraftwerk<br />

(Kalina)<br />

mit 2MW el Leistung<br />

in Husavik, Island<br />

Photo Siemens PG<br />

Unten links:<br />

Solar angetriebene<br />

Absorptionskälteanlage<br />

der Firma Phönix<br />

<strong>Sonne</strong>nwärme AG mit<br />

10kW <strong>Kälte</strong>leistung<br />

Photo TUB<br />

Unten rechts:<br />

Zinkdach als „unsichtbare<br />

<strong>Wärme</strong>quelle“ für<br />

eine <strong>Wärme</strong>pumpe<br />

Photo Rheinzink<br />

76<br />

Die Nutzung zur <strong>Kälte</strong>versorgung kann mit<br />

Standardanlagen nicht immer erreicht werden.<br />

Hier sind besser angepasste <strong>Kälte</strong>kreisprozesse<br />

denkbar <strong>und</strong> wünschenswert. Dies gilt umso<br />

mehr für die Stromerzeugung, da übliche Kraftwerks<br />

prozesse bei großen Temperaturspreizungen<br />

in der <strong>Wärme</strong>quelle unpassend sind.<br />

Es muss ein Dreiecksprozeß angestrebt werden.<br />

Im Folgenden werden alle drei Sektoren diskutiert.<br />

Beispiele dazu sind in Abb. 1 aufgeführt.<br />

Elektrische <strong>Energie</strong> <strong>aus</strong><br />

Niedertemperaturwärme<br />

Wir betrachten in Abb. 2 (links) eine <strong>Wärme</strong>kraftanlage,<br />

aber nicht im Detail, sondern nur als<br />

Blackbox; sie ist charakterisiert durch die Temperaturen<br />

der <strong>Wärme</strong>senke (Umgebung) T1 <strong>und</strong><br />

der Niedertemperaturwärmequelle mit Vorlauf<br />

(ein) <strong>und</strong> Rücklauf (<strong>aus</strong>) T 2e <strong>und</strong> T 2a .<br />

Prof. Dr. Felix Ziegler Energetische Nutzung von <strong>Wärme</strong>quellen niedriger Temperatur<br />

Die Temperaturspreizung der <strong>Wärme</strong>quelle Q 2<br />

sei T D = T 2e -T 2a , die der Senke sei vernachlässigbar<br />

klein. Erster <strong>und</strong> zweiter Hauptsatz der Thermodynamik<br />

liefern uns für den thermischen<br />

Wirkungsgrad η = W/Q 2 , unter Berücksichtigung<br />

der thermodynamischen Güte g (Verhältnis<br />

zwischen realem <strong>und</strong> idealem Wirkungsgrad):<br />

(siehe Gleichung 1).<br />

Es ist offensichtlich, wie der bekannte Carnot-<br />

Wirkungsgrad (T 2e -T 1 )/T 2e durch die Spreizung<br />

verringert wird. In Abb. 2 (rechts) ist dieses Verhalten<br />

dargestellt. Aufgr<strong>und</strong> der vergleichsweise<br />

niedrigen Temperatur der <strong>Wärme</strong>quelle kann<br />

natürlich kein hoher thermischer Wikungsgrad<br />

erwartet werden. Aber selbst mit Rücklauftemperaturen<br />

von 60 °C können von der Anlage<br />

noch 10 % erzielt werden, wenn die Vorlauftemperatur<br />

hoch genug (hier 120 °C) ist.<br />

Dies ist allerdings nur mit speziell <strong>aus</strong>gelegte<br />

Kreisläufen möglich: Prozesse mit organischen<br />

Arbeitsmitteln oder Sorptions-Kraftprozesse.


Prof. Dr. Felix Ziegler Energetische Nutzung von <strong>Wärme</strong>quellen niedriger Temperatur<br />

Q 2<br />

8%<br />

6%<br />

4%<br />

Systemwirkungsgrad 10 %<br />

2%<br />

0%<br />

T 2e<br />

T 2a<br />

Q 2 = <strong>Wärme</strong>quelle<br />

W = Nutzbarkeit<br />

Gleichung 1<br />

100 °C<br />

(R290)<br />

W<br />

10 %<br />

Organic Rankine Cycle Kalina-Kreislauf<br />

125 °C<br />

(RC318)<br />

150 °C<br />

(R600a)<br />

Luftkühlung<br />

Wasserkühlung<br />

175 °C<br />

(R600)<br />

Thermalwasser Vorlauf (Arbeitsmittel)<br />

Erstere sind auch unter dem Namen ORC,<br />

letztere unter dem Namen Kalina-Prozess<br />

(Abb. 1) bekannt.<br />

T 1<br />

200 °C<br />

(i-C5)<br />

Die hier durchgeführte Abschätzung ist natürlich<br />

recht grob, aber durch<strong>aus</strong> treffend für den<br />

eigentlichen Kraftwerksprozess. Im Gesamtsystem<br />

kommt meist noch ein nicht zu vernachlässigender<br />

Eigenbedarf hinzu, wie beispielsweise<br />

für die Tiefenpumpe für das zu fördernde<br />

Wasser bei geothermischen Anlagen.<br />

Q 1<br />

Wirkungsgrad η<br />

0,15<br />

0,1<br />

0,05<br />

η = [ 1-<br />

T 1<br />

T 2e - T 2a<br />

Systemwirkungsgrad<br />

8%<br />

6%<br />

4%<br />

2%<br />

0%<br />

ln T 2e<br />

T 2a<br />

80 °C<br />

]<br />

[<br />

g ≈ T 2e - T 1<br />

T 2e<br />

Thermalwassertemperatur<br />

Luftkühlung<br />

Wasserkühlung<br />

100 °C 125 °C 150 °C 175 °C 200 °C<br />

Eine genauere Simulation führt auf die Systemwirkungsgrade<br />

in Abb. 3 [1]. Aus den Unterschieden<br />

zwischen Abb. 2 <strong>und</strong> 3 kann abgeleitet<br />

werden, dass eine gute Abstimmung der Systemtechnik<br />

von immenser Bedeutung für die<br />

Nutzung von Niedertemperaturwärme ist.<br />

1 Die den <strong>Wärme</strong>übergang treibende<br />

Temperaturdifferenz<br />

100 °C<br />

-<br />

1<br />

2<br />

T DT<br />

1<br />

2 T2e 120 °C<br />

Vorlauftemperaturen T<br />

2e<br />

0<br />

40 60 80 100 120<br />

Rücklauftemperatur T 2a [°C]<br />

]<br />

g<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 2<br />

Links: Repräsentation<br />

eines Kraftwerkes mit<br />

gleitender Antriebstemperatur<br />

(Vorlauf<br />

T 2e , Rücklauf T 2a ) <strong>und</strong><br />

Kühlwassertemperatur<br />

T 1<br />

Rechts: Wirkungsgrad<br />

η = W/Q 2 des<br />

Kraftwerkes nach<br />

Gleichung (1);<br />

Kühlwassertemperatur<br />

31°C, Grädigkeit 1<br />

5K, Güte 0,7<br />

Abbildung 3<br />

Systemwirkungsgrade<br />

geothermischer<br />

Kraftwerke:<br />

Links:<br />

Organic Rankine Cycle;<br />

Rechts:<br />

Kalina-Kreislauf [1]<br />

77


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 4<br />

Links: Repräsentation<br />

einer Absorptionskälteanlage<br />

mit gleitender<br />

Antriebstemperatur<br />

(Vorlauf T 2e , Rücklauf<br />

T 2a ), Kühlwassertemperatur<br />

T 1 <strong>und</strong><br />

<strong>Kälte</strong>produktion bei T 0<br />

Rechts: <strong>Wärme</strong>verhältnis<br />

ζ = Q 0 /Q 2 der<br />

<strong>Kälte</strong>anlage nach<br />

Gleichung (2);<br />

Kühlwassertemperatur<br />

31 °C, <strong>Kälte</strong>produktion<br />

bei 9 °C, Grädigkeit 5K,<br />

Güte 0,7<br />

Abbildung 5<br />

<strong>Wärme</strong>verhältnis<br />

ζ = Q 0 /Q 2 einer Singleeffect/Double-lift<br />

Absorptionskälteanlage<br />

als Funktion des<br />

Volumenstroms der<br />

Niedertemperaturwärmequelle<br />

(Heißwasser)<br />

[2]<br />

78<br />

Q 2<br />

Q 0<br />

T 2e<br />

T 2a<br />

T 0<br />

T 1<br />

<strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> Niedertemperaturwärme<br />

Wir betrachten nun das Schema einer Sorptionskälteanlage<br />

(Abb. 4 links). Sie ist zusätzlich<br />

charakterisiert durch die Temperatur der erzeugten<br />

<strong>Kälte</strong> T 0 . Der erste <strong>und</strong> zweite Hauptsatz der<br />

Thermodynamik liefern uns das sogenannte<br />

<strong>Wärme</strong>verhältnis ζ = Q 0 /Q 2 , welches die Menge<br />

<strong>Kälte</strong> angibt, die <strong>aus</strong> einer bestimmten <strong>Wärme</strong>menge<br />

erzeugt werden kann:<br />

(siehe Gleichung 2)<br />

Gleichung 1 muss lediglich mit der Leistungszahl<br />

T 0 /(T 1 -T 0 ) einer reversiblen <strong>Kälte</strong>anlage<br />

multipliziert werden; es ergibt sich Abb. 4 (rechts).<br />

Der thermische Wirkungsgrad für <strong>Kälte</strong> ist etwa<br />

eine Größenordnung größer ist als der thermische<br />

Wirkungsgrad für Kraftwerke. Es kann<br />

etwa zehnmal soviel <strong>Kälte</strong> wie Strom erzeugt<br />

werden. Selbst mit Rücklauftemperaturen von<br />

60 °C kann noch die gesamte in den Prozess<br />

hineingesteckte Niedertemperaturwärme in<br />

Nutzkälte verwandelt werden, wenn die<br />

Vorlauftemperatur 120 °C beträgt.<br />

Prof. Dr. Felix Ziegler Energetische Nutzung von <strong>Wärme</strong>quellen niedriger Temperatur<br />

Q 1<br />

<strong>Wärme</strong>verhältnis ζ<br />

1,25<br />

Gleichung 2 [ 1-<br />

ζ =<br />

T - T 2e 2a<br />

T0 (T - T ) 1 0<br />

1<br />

0,75<br />

0,5<br />

0,25<br />

T 1<br />

ln T 2e<br />

T 2a<br />

g ≈ ]<br />

80 °C<br />

100 °C<br />

T T - T 1<br />

0 2e 1 -<br />

(T - T ) [ T 2<br />

1 0 2e<br />

120 °C<br />

Vorlauftemperaturen T<br />

2e<br />

0<br />

40 60 80 100 120<br />

Rücklauftemperatur T [°C]<br />

2a<br />

DT<br />

T1 2 T2e Dafür sind allerdings wiederum speziell <strong>aus</strong>gelegte<br />

Kreisläufe nötig; die standardmäßig<br />

eingesetzten Kaltwassersätze sind für diesen<br />

Einsatzfall ungeeignet. Das nötige Wissen ist<br />

aber gr<strong>und</strong>sätzlich vorhanden. Abb. 5 zeigt als<br />

Beispiel gemessene Leistungsdaten einer von<br />

der Firma Entropie GmbH nach einem Konzept<br />

des ZAE Bayern gebaute Anlage [2].<br />

<strong>Wärme</strong>verhältnis ζ<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

45 °C<br />

50 °C<br />

0 2 4 6<br />

Heißwasser Volumenstrom [Liter/Sek<strong>und</strong>e]<br />

100 °C<br />

80 °C<br />

55 °C<br />

95 °C<br />

75 °C<br />

60 °C<br />

90 °C<br />

70 °C<br />

65 °C<br />

Rücklauf<br />

85 °C<br />

60 °C<br />

]<br />

Heißwasser<br />

Vorlauf<br />

g<br />

100 °C<br />

90 °C<br />

80 °C<br />

70 °C<br />

60 °C


Prof. Dr. Felix Ziegler Energetische Nutzung von <strong>Wärme</strong>quellen niedriger Temperatur<br />

Aufwertung von<br />

Niedertemperaturwärme<br />

Die thermische Aufwertung von <strong>Wärme</strong> geschieht<br />

mit <strong>Wärme</strong>pumpen. Meist verwenden<br />

<strong>Wärme</strong>pumpen als <strong>Wärme</strong>quelle die Umgebung<br />

in Form von Luft, Erdreich oder Gr<strong>und</strong>wasser.<br />

Deren Temperatur ist typischerweise kälter als<br />

bei den bisher diskutierten Beispielen. Es ist aber<br />

bekannt, dass eine <strong>Wärme</strong>pumpe umso effi zienter<br />

arbeitet, je höher die Temperatur der <strong>Wärme</strong>quelle<br />

ist. Dies bedeutet, dass <strong>Wärme</strong> im von uns<br />

bisher betrachteten Temperaturbereich hervorragend<br />

als <strong>Wärme</strong>quelle für alle Arten <strong>und</strong> Anwendungen<br />

von <strong>Wärme</strong>pumpen geeignet ist.<br />

<strong>Wärme</strong>pumpen zur <strong>Wärme</strong>rückge winnung sind<br />

gut bekannt, weshalb hier nur auf die weiter in<br />

die Zukunft weisenden Arbeiten des ISFH <strong>und</strong><br />

des Fraunhofer ISE in diesem Bereich hingewiesen<br />

werden soll:<br />

Am ISFH werden <strong>Wärme</strong>versor gungs systeme<br />

untersucht, die speziell <strong>aus</strong>gelegte, dachintegrierte<br />

Solar kollektoren (siehe Abb.1) <strong>und</strong> das<br />

Erdreich als <strong>Wärme</strong>quelle für eine <strong>Wärme</strong>pumpe<br />

verwenden <strong>und</strong> geringe Kosten sowie hohe<br />

Effi zienz <strong>und</strong> gutes Lastverhalten versprechen.<br />

Q 2<br />

T 2e<br />

T 2a<br />

Gleichung 3 [ 1-<br />

ζ'=<br />

(T - T ) T - T 3 1 2e 2a<br />

T 3<br />

T 1<br />

Q 3<br />

Q 1<br />

<strong>Wärme</strong>verhältnis ζ<br />

T 3<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

T 1<br />

Am Fraunhofer ISE wird insbesondere die<br />

<strong>Wärme</strong>speicherung im Zusammenhang mit<br />

<strong>Wärme</strong> pumpen untersucht.<br />

Zum Schluss wollen wir noch auf einen anderen,<br />

weniger bekannten <strong>Wärme</strong>pumpen-Prozess eingehen:<br />

den Absorptionswärmetransformator<br />

(Abb. 6 links), der im thermodynamischen Sinne<br />

gegenläufi g arbeitende Prozess zur Absorptionskältemaschine.<br />

Er ist in der Lage, ohne zusätzlichen<br />

Antrieb einen Teil der zur Verfügung<br />

stehenden Niedertemperaturwärme Q 2 aufzuwerten,<br />

sodass er als Q 3 bei T 3 genutzt werden<br />

kann. Diesen Anteil bezeichnen wir als ζ’ = Q 3 /Q 2<br />

(Abb. 6 rechts)/Gleichung 3)<br />

Der thermische Wirkungsgrad zur Aufwertung<br />

von <strong>Wärme</strong> liegt zwischen elektrischem Wirkungsgrad<br />

<strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>verhältnis. Mit Rücklauftemperaturen<br />

von 60 °C kann noch über ein<br />

Drittel der in den Prozess hineingesteckten<br />

Niedertemperaturwärme in Nutzwärme bei<br />

150 °C verwandelt werden, wenn die Vorlauftemperatur<br />

120 °C ist. Während von diesen<br />

Anlagen in den 80er Jahren etwa ein Dutzend<br />

betrieben wurden, sind sie heute wieder in<br />

Vergessenheit geraten.<br />

ln T 2e<br />

T 2a<br />

g ≈ ]<br />

T T - T 1<br />

3 2e 1 -<br />

(T - T ) [ T 2<br />

3 1 2e<br />

80 °C<br />

100 °C<br />

D<br />

T T 1<br />

2 T2e ]<br />

g<br />

120 °C<br />

Vorlauftemperaturen T<br />

2e<br />

40 60 80 100 120<br />

Rücklauftemperatur T [°C]<br />

2a<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 6<br />

Links: Repräsentation<br />

eines Absorptionswärmetransformators<br />

mit<br />

gleitender Antriebstemperatur<br />

(Vorlauf<br />

T , Rücklauf T ),<br />

2e 2a<br />

Kühlwassertemperatur<br />

T <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>-<br />

1<br />

produktion bei T<br />

Rechts: <strong>Wärme</strong>verhältnis<br />

ζ'=Q /Q des<br />

3 2<br />

Transformators nach<br />

Gleichung (3);<br />

Kühlwassertemperatur<br />

31°C, <strong>Wärme</strong>produktion<br />

bei 150°C,<br />

Grädigkeit 5K,<br />

Güte 0,7 79


FVS LZE Themen 2005<br />

80<br />

Zusammenfassung<br />

<strong>und</strong> Ausblick<br />

Als Niedertemperaturwärmequellen werden<br />

thermische Solarenergie, Erdwärme <strong>und</strong> Industrieabwärme<br />

gemeinsam betrachtet. Die<br />

<strong>Wärme</strong> kann als <strong>Wärme</strong> genutzt, in der Temperatur<br />

aufgewertet oder in <strong>Kälte</strong> oder elektrische<br />

<strong>Energie</strong> umgewandelt werden. Eigenschaften<br />

<strong>und</strong> Randbedingungen sowie Nutzung sind bei<br />

den jeweiligen <strong>Wärme</strong>quellentypen unterschiedlich.<br />

Es wurden die thermodynamischen Grenzen<br />

<strong>und</strong> angepasste Kreisläufe zur Bereitstellung der<br />

drei <strong>Energie</strong>dienstleistungen diskutiert. Dabei<br />

zeigt sich, dass eine große Vielfalt von Möglichkeiten<br />

existiert, <strong>aus</strong> Niedertemperaturquellen<br />

Nutzwärme, <strong>Kälte</strong> oder elektrische <strong>Energie</strong><br />

bereitzustellen.<br />

Ein grober Vergleich der Produktion von Nutzwärme,<br />

<strong>Kälte</strong> oder elektrische <strong>Energie</strong> <strong>aus</strong> Niedertemperaturquellen<br />

in wirtschaftlicher Hinsicht<br />

zeigt, dass nicht immer das hochpreisige<br />

Produkt Strom am wirtschaftlichsten erzeugt<br />

wird. Insbesondere die <strong>Kälte</strong>dienstleistung verdient<br />

mehr Aufmerksamkeit. Das Produkt <strong>aus</strong><br />

Marktwert <strong>und</strong> erzeugbarer Nutzenergie ist hier<br />

am größten. Der Aufwand ist zwar viel größer<br />

als bei der direkten <strong>Wärme</strong>nutzung, aber geringer<br />

als bei der Stromerzeugung oder der<br />

<strong>Wärme</strong>transformation.<br />

In diesem Aufsatz werden die thermodynamischen<br />

Grenzen zur Nutzung von Niedertemperatur<br />

gezeigt, die technischen Realisierungen<br />

aber nur angedeutet. Es ist offensichtlich, dass<br />

eine große Vielfalt von bisher nur wenig genutzten<br />

Möglichkeiten existiert, <strong>aus</strong> Niedertemperatur<br />

wärmequellen Nutzwärme, <strong>Kälte</strong><br />

oder elektrische <strong>Energie</strong> bereitzustellen. Über<br />

das hier gezeigte hin<strong>aus</strong> befi nden sich offene<br />

Systeme zur Klimatisierung wie auch zur <strong>Wärme</strong>rückgewinnung<br />

in Entwicklung oder werden<br />

bereits eingesetzt. Entwicklungs bedarf besteht<br />

im Detail, aber das gr<strong>und</strong>legende Know-how<br />

ist vorhanden.<br />

Prof. Dr. Felix Ziegler Energetische Nutzung von <strong>Wärme</strong>quellen niedriger Temperatur<br />

Literatur<br />

[1] Köhler, S. (2005): Geothermisch angetriebene<br />

Dampfkraftprozesse. Analyse <strong>und</strong><br />

Prozessvergleich binärer Kraftwerke.<br />

Dissertation an der TU Berlin.<br />

[2] Schweigler, C. (1999): <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong> Fernwärme.<br />

Konzept, Auslegung <strong>und</strong> Betrieb<br />

der Single-Effect/Double-Lift-Absorptionskälteanlage.<br />

Fortschritt-Berichte des VDI,<br />

Reihe 19, Nr.121, Düsseldorf.


Prof. Dr. Rolf Bracke <strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe Geothermie<br />

<strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe<br />

Geothermie<br />

Einführung<br />

Die aktuellen Zuwachsraten der <strong>Wärme</strong>pumpenbranche<br />

sind beachtlich: mit fast 30 % im Jahr<br />

2004 baute sie den Anteil am deutschen <strong>Wärme</strong>-<br />

versorgungsmarkt stetig <strong>aus</strong> (Abb. 1). Zurückzuführen<br />

ist die Entwicklung auf eine vergleichsweise<br />

einfache, <strong>aus</strong>gereifte Technik, die vermehrte<br />

Öffentlichkeitsarbeit der Branche <strong>und</strong> drastisch<br />

ansteigende Kosten für konkurrierende fossile<br />

<strong>Energie</strong>träger. Von den über 16.000 gebauten Anlagen<br />

des Jahres 2004 waren gut die Hälfte (ca.<br />

58 %) geothermiebasiert zum <strong>Wärme</strong>entzug <strong>aus</strong><br />

dem Boden oder hydrothermal basiert zum <strong>Wärme</strong>entzug<br />

<strong>aus</strong> dem Gr<strong>und</strong>wasser. Insbesondere<br />

die Geothermie trägt mit Steigerungsraten von<br />

einigen h<strong>und</strong>ert installierten Systemen p.a. Mitte<br />

der 90er Jahre auf ca. 10.000 Anlagen im Jahr<br />

2004 überproportional zu dieser Entwicklung bei.<br />

In Abhängigkeit vom baulichen Standard des<br />

zu versorgenden Objektes, der lokalen geologi-<br />

17000<br />

16000<br />

15000<br />

14000<br />

13000<br />

12000<br />

11000<br />

10000<br />

9000<br />

8000<br />

7000<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

<strong>Wärme</strong>pumpen-Absatz<br />

Heizungs-<strong>Wärme</strong>pumpen rd. 30 % Absatzsteigerung in 2004<br />

schen Situation <strong>und</strong> der Auslegung der Geothermieanlage<br />

beziehen <strong>Wärme</strong>pumpen zwischen<br />

65 <strong>und</strong> 80 % ihrer abgegebenen Heizenergie<br />

kostenfrei <strong>aus</strong> der <strong>Erde</strong>. Der zum eigentlichen<br />

Betrieb der <strong>Wärme</strong>pumpe benötigte Rest kommt<br />

<strong>–</strong> je nach Antriebsart der <strong>Wärme</strong> pumpe <strong>–</strong> <strong>aus</strong><br />

dem Strom- oder Gasnetz. Die weit<strong>aus</strong> größte<br />

Verbreitung besitzen mit Erdwärmesonden gekoppelte<br />

<strong>Wärme</strong>pumpen sowie Anlagen mit<br />

hydrothermaler Gr<strong>und</strong> wasser zirkulation. Erdwärmesonden<br />

sind <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher in denen<br />

innerhalb eines geschlossenen Rohrsystems ein<br />

<strong>Wärme</strong>trägermedium zirkuliert. Je nach Bemessung<br />

der Anlage wird hierfür reines Wasser oder<br />

<strong>–</strong> in der Mehrzahl der Fälle <strong>–</strong> ein mit Frostschutzmittel<br />

auf Glykolbasis versetztes Wasser verwendet.<br />

Gr<strong>und</strong>wasserzirkulationsanlagen fördern<br />

natürlich warmes Wasser <strong>aus</strong> einem oder mehreren<br />

Brunnen <strong>und</strong> reinfi ltrieren das Wasser nach<br />

erfolgtem <strong>Wärme</strong>entzug wieder über (einen)<br />

weitere(n) Brunnen oder <strong>–</strong> bei Einbohrlochsystemen<br />

<strong>–</strong> im Ringraum des Entnahmebrunnens.<br />

Anteil<br />

<strong>Erde</strong>:<br />

49,88%<br />

3000<br />

Anteil<br />

Wasser:<br />

8,55%<br />

2000<br />

Anteil<br />

Luft:<br />

1000<br />

0<br />

18,53%<br />

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />

Gründung des IWP/BWP<br />

Anteil<br />

WW-WP:<br />

23,04%<br />

Warmwasser-<br />

<strong>Wärme</strong>pumpen<br />

3784 (23,04 %)<br />

Heizungs-<strong>Wärme</strong>pumpen<br />

12636 (76,96 %)<br />

Gesamt 16420 (100 %)<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Prof. Dr. Rolf Bracke<br />

FH Bochum <strong>–</strong><br />

GeothermieZentrum<br />

Bochum<br />

geothermie@fh-bochum.de<br />

Dr. Andreas Bühring<br />

Fraunhofer ISE<br />

buehring@ise.fraunhofer.de<br />

Prof. Dr. Peter Müller<br />

FH Dortm<strong>und</strong><br />

pressestelle@<br />

fh-dortm<strong>und</strong>.de<br />

Michael Wigbels<br />

Fraunhofer UMSICHT<br />

(Institut für Umwelt-,<br />

Sicherheits- <strong>und</strong><br />

<strong>Energie</strong>technik)<br />

michael.wigbels@umsicht.<br />

fraunhofer.de<br />

Abbildung 1<br />

Entwicklung des<br />

<strong>Wärme</strong>pumpenmarktes<br />

<strong>und</strong> Darstellung<br />

der geothermischen<br />

Anteile <strong>aus</strong> <strong>Erde</strong><br />

<strong>und</strong> Wasser<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esverband<br />

<strong>Wärme</strong>Pumpe BWP e.V.<br />

81


FVS LZE Themen 2005<br />

82<br />

Die Nutzungstiefe der oberfl ächennahen Geothermie<br />

reicht per Defi nition nach VDI 4640<br />

(„Thermische Nutzung des Untergr<strong>und</strong>es“) bis<br />

400 m unter Gelände. Der Übergang in mitteltiefe<br />

Anlagen bis z. B. 1000 m ist in der Praxis<br />

jedoch fl ießend.<br />

Mit ihrer günstigen Leistungszahl, d. h. dem<br />

Verhältnis von aufgenommener zu abgegebener<br />

<strong>Energie</strong>, besitzen geothermiebasierte <strong>Wärme</strong>pumpenanlagen<br />

<strong>–</strong> neben der zunehmenden<br />

Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu Öl- oder Gasheizungen<br />

<strong>–</strong> einen erheblichen Klimaschutzvorteil.<br />

Berücksichtigt man die Tatsache, dass<br />

nahezu 80 % des <strong>Energie</strong>verbrauchs in Deutschland<br />

im Bereich Bauen <strong>und</strong> Wohnen für das<br />

Heizen (ca. 78 %) <strong>und</strong> die Warmwasserbereitung<br />

(10,5 %) benötigt wird (Elektrogeräte<br />

6,6 %, Kochen 3,7 %, Beleuchtung 1,4 %),<br />

ersparen die über 90.000 in Deutschland installier<br />

ten Heizungswärmepumpen aufgr<strong>und</strong><br />

ihres geringeren Primärenergie verbrauchs der<br />

Umwelt im Vergleich zu einem modernen<br />

Niedertemperatur-Heizölkessel jährlich etwa<br />

170.000 Tonnen Kohlendioxid.<br />

<strong>Wärme</strong>pumpensysteme, die mit geothermischer<br />

<strong>Energie</strong> arbeiten, besitzen in einigen Ländern<br />

ohne fossile <strong>Energie</strong>vorkommen (wie z. B. der<br />

Schweiz) eine Marktverbreitung von 36 % im<br />

Neubaubereich. Diese Anlagen machen den überwiegenden<br />

Teil der Geo thermienutzung <strong>aus</strong> <strong>und</strong><br />

werden in konventionellen <strong>und</strong> Niedrigenergiebauten<br />

eingesetzt. Darüber hin<strong>aus</strong> fi nden sich<br />

solche Anlagen vermehrt im Objektbau zur kombinierten<br />

Heizung <strong>und</strong> Kühlung. Insbesondere<br />

Versorgungssysteme für Verwal tungs gebäude<br />

mit einer großen Kühllast machen sich den<br />

Vorteil zunutze, dass <strong>Wärme</strong> pumpen in den<br />

Sommermonaten im Umkehrbetrieb laufen<br />

können. Dabei wird die <strong>Wärme</strong> über aktivierte<br />

Bauteile (z. B. Betondecken) oder Flächenheizungen<br />

<strong>aus</strong> dem Gebäude abgezogen <strong>und</strong><br />

im Erdreich zwischengespeichert.<br />

Weitergehende Entwicklungen im Passivh<strong>aus</strong>bereich<br />

(d. h. hochisolierte Häuser mit einem<br />

Maximalwärmebedarf von < 10 W/m 2 <strong>und</strong><br />

aufwändiger Gebäudetechnik) basieren auf<br />

Systemen mit einer Kombination von <strong>Wärme</strong>pumpe<br />

<strong>und</strong> kontrollierter <strong>Wärme</strong>rückgewinnung<br />

<strong>aus</strong> der Wohnungslüftung. In diesen Gebäude-<br />

Prof. Dr. Rolf Bracke <strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe Geothermie<br />

typen haben Lüftungswärmepumpen zu Heizzwecken<br />

gegenwärtig noch eine höhere Effektivität<br />

als erdgekoppelte <strong>Wärme</strong>pumpen [1].<br />

Betriebsbeispiele für geothermische<br />

Nahwärmenetze mit<br />

<strong>Wärme</strong>pumpenkopplung<br />

Langzeituntersuchungen zum Betriebsverhalten<br />

von Geothermieanlagen in Kopplung mit <strong>Wärme</strong>-<br />

pumpen zeigen, dass die Technologie seit vielen<br />

Jahren gut entwickelt ist. Vorgestellt werden<br />

nachstehend die Besonderheiten <strong>und</strong> Betriebscharakteristika<br />

für unterschiedliche Konzepte<br />

von geothermischen Nahwärmeversorgungen.<br />

Die Nutzungstiefe der untersuchten Anlagen<br />

reicht von 45 m bis 500 m.<br />

Variante 1: Mehrbrunnenprinzip<br />

In Wulfen wurden für 71 Wohngebäude mit<br />

117 Wohnungen <strong>und</strong> 12.240 m 2 Wohnnutzfl äche<br />

sowie ein kom mu nales Gemeinschaftsh<strong>aus</strong><br />

(4036 m 2 NFl) mit Hallenbad 1975 insgesamt<br />

73 <strong>Wärme</strong>pumpenanlagen errichtet [2]. Der<br />

Gesamtwärmebedarf des Versorgungs gebie tes<br />

liegt bei 1,1 MW. Zur <strong>Wärme</strong>versorgung wird<br />

Gr<strong>und</strong>wasser über zwei Förderbrunnen à 91 m<br />

<strong>und</strong> drei Schluckbrunnen à 71 m zirkuliert<br />

(Abb. 2). Die Verteilung erfolgt über ein 1.200 m<br />

langes, nicht wärmegedämmtes Ringleitungsnetz.<br />

In jeder Anlage wird das Gr<strong>und</strong>wasser von<br />

10 °C um 5°C mengengeregelt gleichmäßig<br />

abgekühlt. Die Rückfüh rung zu den Schluckbrunnen<br />

erfolgt über eine zweite Ringleitung.<br />

Die Langzeitstudie ergab folgendes Resultat:<br />

Nach 20 Betriebsjahren waren von 71 <strong>Wärme</strong>pumpen<br />

noch 68 in Betrieb; drei <strong>Wärme</strong>pumpen<br />

wurden erneuert <strong>–</strong> die zwei <strong>Wärme</strong>pumpen<br />

in kommunalen Gebäuden wurden <strong>aus</strong> nichttech<br />

nischen Gründen außer Betrieb genommen.<br />

Nach 30 Betriebsjahren sind immer noch > 50 %<br />

der alten Anlagen in Betrieb. Über den gesamten<br />

Betrachtungszeitraum hatten 13 % keine<br />

Reparaturen, 7 % hatten mehr als 10 Reparaturen<br />

in zehn Jahren <strong>und</strong> über 70 % hatten 1-5<br />

Repa raturen. Der Großteil der Reparaturen<br />

betrafen Regelung (64 %), <strong>Kälte</strong>kreislauf (51%),<br />

Verdichter (9 %), Kondensator <strong>und</strong> Verdampfer<br />

(je 5 %) <strong>–</strong> jeweils bezogen auf 59 näher be-


Prof. Dr. Rolf Bracke <strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe Geothermie<br />

<strong>Wärme</strong>pumpenanlagen<br />

<strong>Wärme</strong>quellennutzung durch Einsatz der<br />

<strong>Wärme</strong>pumpen in den 70 Liegenschaften<br />

3 Schluckbrunnen<br />

Zurückführung des abgekühlten<br />

Gr<strong>und</strong>wassers als <strong>Wärme</strong>senke<br />

5 °C DN 200*<br />

trachtete Anlagen. Die spezifi schen Wartungskosten<br />

lagen im Durchschnitt bei 0,08 <strong>–</strong><br />

0,15 EUR / m 2 /a <strong>und</strong> die spezifi schen Reparaturkosten<br />

bei 0,25 <strong>–</strong> 0,48 EUR / m 2 /a.<br />

Die durchschnittliche Gr<strong>und</strong>wasserförderung<br />

betrug zwischen 1979 bis 1996 je qm Wohnfl<br />

äche bei einer mittleren Gradtagszahl 1 von<br />

3,8 Kd etwa 37 m 3 /m 2 /a. Der Gesamtendenergieverbrauch,<br />

zusammengesetzt <strong>aus</strong> der Gr<strong>und</strong>wasserförderung<br />

<strong>und</strong> dem Elektrowärme pumpen-Betrieb,<br />

liegt witterungsbereinigt aktuell bei<br />

72 kWh/m 2 /a. Der elektrische <strong>Energie</strong>ver brauch<br />

<strong>und</strong> die Jahresarbeitszahlen der <strong>Wärme</strong>pumpen<br />

(3,2) ergeben im Langjahresmittel einen <strong>Wärme</strong>verbrauch<br />

von 230 kWh / m 2 /a.<br />

Von dieser <strong>Wärme</strong>menge wurden 69 % dem<br />

Erdreich entzogen (d. h. Umweltwärmemenge:<br />

1.950 MWh/a). Die Primärenergieeinsparung<br />

nach dem „Globalen Emissionsmodell Integrierter<br />

Systeme“ (GEMIS) liegt damit im Vergleich<br />

zu herkömmlichen Heiztechniken auf Öl- <strong>und</strong><br />

Gasbasis bei über 35 %.<br />

1 Die Gradtagszahl [Kd/a] ist nach VDI 2067 das Produkt<br />

<strong>aus</strong> der Zahl der Heiztage <strong>und</strong> dem Unterschied zwischen<br />

der mittleren Raumtemperatur <strong>und</strong> der mittleren Außentemperatur.<br />

Die Gradtagszahl (Gtz) stellt eine Beziehung<br />

zwischen Außentemperatur <strong>und</strong> <strong>Energie</strong>verbrauch dar<br />

<strong>und</strong> gibt so Aufschluss über die Heizkosten. Sie zeigt den<br />

Unterschied zwischen der durchschnittlichen Außentem-<br />

peratur eines Tages <strong>und</strong> der üblichen Raumtemperatur<br />

von 20 °C. Gemessen wird nur, wenn es draußen<br />

kälter als 15 °C ist.<br />

10 °C DN 200*<br />

Versorgungsleitungen<br />

im Erdreich<br />

Pumpstationen<br />

mit Kurzspeicher<br />

Förderbrunnenanlage<br />

Förderung des Gr<strong>und</strong>wassers für<br />

die <strong>Wärme</strong>pumpen als <strong>Wärme</strong>quelle<br />

Variante 2: Einbrunnenprinzip<br />

In verschiedenen Ortschaften des schweizerischen<br />

Kantons Zug werden größere Einzelobjekte<br />

oder Ortsteile seit ca. 20 Jahren geothermisch<br />

nach dem sogenannten Einbrunnen prinzip<br />

versorgt. Bei diesen gebirgsoffenen, d. h. unverrohrten<br />

Geothermieanlagen erfolgt die Wasserentnahme<br />

über ein wärmeisoliertes Steigrohr<br />

<strong>und</strong> die Reinfi ltration des abgekühlten Wassers<br />

im kiesverfüllten Ringraum der gleichen Bohrung.<br />

Das Geothermie-Zentrum Bochum führt<br />

eine Messkampagne zur Überprüfung des Langzeitverhaltens<br />

<strong>und</strong> Leistungsvermögens von<br />

25 solcher Geothermieanlagen durch. Unterschieden<br />

wurde dabei nach Anlagen in<br />

a) hydraulisch gut leitenden <strong>und</strong><br />

b) gering leitenden geologischen Formationen.<br />

Im Fall a) werden die natürlichen Formationswässer<br />

in größerem Umfang mit in den <strong>Wärme</strong><strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch<br />

einbezogen. Im Fall b) wird zum<br />

weit<strong>aus</strong> überwiegenden Teil Wasser innerhalb<br />

des Brunnens beziehungsweise Bohrlochs zirkuliert<br />

<strong>und</strong> es kommt nur zu geringen Vermisch<br />

ungen mit dem umgebenden Gr<strong>und</strong>wasser.<br />

Zum Zeitpunkt der Messung waren alle <strong>Wärme</strong>pumpen<br />

<strong>aus</strong> den Erstinstallationen noch im<br />

Betrieb.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 2<br />

Prinzip der Geothermieanlage<br />

Wulfen [2],<br />

*DN 200 = Rohrdurchmesser<br />

83


FVS LZE Themen 2005<br />

Tabelle 1<br />

Tabelle 2<br />

84<br />

Für die geringen Temperaturunterschiede der<br />

Vorlauf- / Rücklauftemperaturen kann die spezifi<br />

sche <strong>Wärme</strong>kapazität c p <strong>und</strong> die Dichte als ρ<br />

konstant angenommen werden. Dadurch ergibt<br />

sich für die Quellenleistung bzw. den <strong>Wärme</strong>strom<br />

in einem defi nierten Zeitintervall D t<br />

<strong>aus</strong> dem Integral ( mit m<br />

τ<br />

V<br />

=<br />

τ<br />

folgende Formel: Q = c p . V . ρ . D T<br />

. ρ )<br />

Die Entzugsleistung der Quelle ist abhängig vom<br />

Temperaturunterschied <strong>und</strong> dem Volumenstrom<br />

des zirkulierenden Wassers in der Bohrung.<br />

Für die Ermittlung der Quellenleistung der einzelnen<br />

Anlagen wurden folgende Parameter<br />

erhoben (Tab.1):<br />

Für die beiden Fälle a) <strong>und</strong> b) wird in (Tab. 2)<br />

je ein exemplarisches Objekt vorgestellt.<br />

spezifi sche <strong>Wärme</strong>kapazität (H 2 O): c p = 4,187 kJ/kgK<br />

Dichte (H 2 O): p = 0,998 kg/dm³<br />

Volumenstrom: V = gemessen<br />

Unter Zugr<strong>und</strong>elegung der o. a. Randbedingungen<br />

wurden für die betrachteten Anlagen die<br />

mittlere Gesamt-Quellenleistung (Q mittel ) <strong>und</strong><br />

die mittlere spezifi sche <strong>Wärme</strong>entzugsleistung<br />

(P Entz ) pro Meter Geothermieanlage ermittelt.<br />

(Tab. 3)<br />

Quellentemperaturdifferenz: T = t VL - t RL (gemessen)<br />

Fall /<br />

Ort<br />

Fall a)<br />

Steinen<br />

Fall b)<br />

Rüti<br />

Anlage /<br />

Objekt<br />

Wohnsiedlung<br />

20 EFH <strong>und</strong><br />

6 MFH<br />

Objekt<br />

H<strong>aus</strong>matt<br />

MFH mit<br />

60 WE<br />

Prof. Dr. Rolf Bracke <strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe Geothermie<br />

Vergleichsrechnungen mit einem Simulationsprogramm<br />

(EWS) haben gezeigt, dass die spezifi<br />

schen Entzugsleistungen dieser gebirgsoffenen<br />

Einbrunnenanlagen damit deutlich über denen<br />

konventioneller geschlossener (Koaxial-) Erdwärmesonden<br />

liegt. Setzt man für einen anderen<br />

untersuchten Fall die Ausbautiefe (280 m),<br />

Betrieb Heizleistung Bohrung <strong>Wärme</strong>pumpen<br />

Geologie<br />

seit 1988 215 kW 445 m 4 0-20 m Kies,<br />

schluffi g<br />

20-45 m Grobkies<br />

(schluffi g-sandig)<br />

Gr<strong>und</strong>wasser:<br />

8 m unter<br />

Geländekante<br />

seit 1997 270 kW 5500 m 4 0-20 m Quartär<br />

20-420 m (P = 5%)<br />

Mergel, sandig;<br />

420-500 m<br />

Obere Meeres-<br />

molasse;<br />

(P = 12%)<br />

Gr<strong>und</strong>wasser:<br />

30 m unter<br />

Geländekante<br />

Legende: EFH= Einfamilienhäuser, MFH = Mehrfamilienhäuser, WE= Wohneinheiten,


Prof. Dr. Rolf Bracke <strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe Geothermie<br />

Ortschaft /<br />

Objekt<br />

Steinen / H<strong>aus</strong>matt<br />

Geothermische<br />

Anlage<br />

(Tiefe)<br />

t VL<br />

[°C]<br />

Laufzeit (8 Jahre), Volumenstrom (4,3 m 3 /h)<br />

<strong>und</strong> die Gesamt-Quellenleistung (18 kW) beider<br />

Systeme rechnerisch gleich, so sinken die Vorlauftemperaturen<br />

des Arbeitsmediums von<br />

Erdwärmesonden im direkten Vergleich deutlich<br />

ab (ca. 9,6 K). Aufgr<strong>und</strong> der <strong>Energie</strong>differenz ist<br />

dabei die Verdampferleistung in offenen Systemen<br />

höher; d. h. es wird ca. 26 % weniger<br />

technische Arbeit für die <strong>Wärme</strong>pumpe erforderlich.<br />

Variante 3: Erdwärmesonden<br />

Das Versorgungsprinzip auf der Basis von Erdwärmesonden<br />

besitzt in Deutschland die mit<br />

Abstand weiteste Verbreitung. Hier haben sich<br />

am Markt Duplex-Sonden mit jeweils zwei<br />

Vorlauf- <strong>und</strong> zwei Rücklaufrohren <strong>aus</strong> HD-<br />

Polyethylen (Durchmesser DN 25 bis DN 40)<br />

durchge setzt. In Kombination mit Niedrigenergiehäusern<br />

sind <strong>Wärme</strong>pumpen-Leistungs zahlen<br />

> 4 inzwischen Standard. Bereits in mäßig geeigneten<br />

geologischen Milieus laufen die Anlagen<br />

wirtschaftlich. Am Geothermie-Zentrum<br />

Bochum werden Langzeitstudien an verschiedenen<br />

Anlagen in NRW durchgeführt. Exemplarisch<br />

werden die Betriebskosten für eine<br />

t RL<br />

[°C]<br />

V<br />

[m 3 /h]<br />

Q<br />

[kW]<br />

Q mittel<br />

[kW]<br />

Geothermie anlage in Aachen vorgestellt zur<br />

Versorgung eines Einfamilienh<strong>aus</strong>es mit ca.<br />

200 m 2 beheizter Nutzfl äche. Die Anlage<br />

läuft seit 1998 störungsfrei mit folgenden<br />

Verbrauchs- <strong>und</strong> Kostenkenngrößen:<br />

<strong>Wärme</strong>pumpe 11 KW Heizleistung bei 0/35;<br />

drei Erdwärmeduplexsonden à 60 m; Geologie:<br />

Feinsand, schluffi g; Gr<strong>und</strong>wasser: ca. 30 m<br />

unter Geländeoberkante. (Tab 4)<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Tabelle 3<br />

Ermittlung der<br />

mittleren Gesamt-<br />

Quellenleistung (Q mittel )<br />

<strong>und</strong> der mittleren<br />

spezifi schen <strong>Wärme</strong>entzugsleistung<br />

(P Entz )<br />

pro Meter Geothermieanlage<br />

Entwicklung von Verbrauch / Betriebskosten der <strong>Wärme</strong>pumpe + Geothermieanlage<br />

Tabelle 4<br />

2001 2002 2003 2004<br />

4720 5906 5619 5831<br />

23,6 29,5 28,1 29,1<br />

464 535 596 673<br />

2,32 2,67 2,98 3,36<br />

39,- 44,- 49,- 56,-<br />

0,20 0,22 0,25 0,28<br />

P Entz<br />

[W/m]<br />

1 (45 m) 11,5-12,1 7,6-8,5 1,7-1,8 6,9-8,6 7,7 172<br />

2 (45 m) 9,3-9,9 5,7-6,1 2,4-2,4 9,8-10,6 10,3 228<br />

3 (45 m) 11,9-12,5 7,5-9,6 1,8-3,2 8,2-10,8 9,8 217<br />

4 (45 m) 11,5-12,1 7,6-8,5 1,7-1,8 6,9-8,6 7,7 172<br />

Rüti 1 (500 m) 7,6-8,8 4,0-5,6 8,3-8,5 29,7-35,7 33,8 68<br />

2/3 (500m) 8,1-8,6 4,2-4,9 10,0-10,2 81,4-99,6 88 88<br />

4 (500 m) 11,8-13,1 6,2-7,4 6,8-7,0 44,3-46,4 45,3 90<br />

5 (500 m) 9,9-10,6 5,3-6,5 7,2-7,2 34,3-38,5 37,1 74<br />

Einheit<br />

kwh<br />

kwh / m 2 Jahr<br />

Euro netto<br />

Euro netto; m 2 Jahr;<br />

Euro netto / Monat<br />

Euro netto / m 2 Monat<br />

Tabelle 4<br />

85


FVS LZE Themen 2005<br />

Tiefe der<br />

geothermischen<br />

Erschließung Feld<br />

Nordlicht<br />

86<br />

<strong>Kälte</strong>leistung<br />

Sondenanlage<br />

250 m 14 kW<br />

(12,8kW)*<br />

400 m 28 kW<br />

(29 kW)*<br />

1000 m 70 kW<br />

(66 kW)*<br />

Vorlauf- /<br />

Rücklauf-<br />

Sondenanlage<br />

**<br />

Städtebauliche<br />

Großprojekte in NRW<br />

Heizleistung<br />

<strong>Wärme</strong>pumpe<br />

Gegenwärtig befi nden sich mehrere städtebauliche<br />

Vorhaben in NRW mit geothermischer<br />

Nahwärmeversorgung auf <strong>Wärme</strong>pumpenbasis<br />

in der Vorbereitung (Bottrop-Nordlicht 750 WE;<br />

Dortm<strong>und</strong>-Phoenixsee 1500 WE; Hattingen-<br />

Südstadt 1200 WE). Exemplarisch wird an dieser<br />

Stelle das Bottroper Vorhaben vorgestellt:<br />

Bottrop-Nordlicht<br />

In Bottrop-Kirchhellen soll ab dem Jahr 2006<br />

auf 25 ha ein Neubaugebiet mit ca. 750 Wohneinheiten<br />

sowie ein Einkaufszentrum <strong>und</strong> eine<br />

Kulturstätte entstehen. Der Stadtteil wird geothermisch<br />

versorgt. Dazu wurden geothermische<br />

Entzugsleistungen simuliert für je zwei<br />

oberfl ächennahe Erdwärmesysteme (250 m<br />

<strong>und</strong> 400 m) <strong>und</strong> je zwei mitteltiefe bis tiefe<br />

Geothermie anlagen ( 1000 m <strong>und</strong> 2300 m)<br />

durchgeführt. Um das <strong>Energie</strong>versorgungskonzept<br />

hinsichtlich der bauzeitlichen Stadtentwicklung<br />

möglichst praktikabel zu gestalten, wurde<br />

ein „mitwachsendes“ <strong>Wärme</strong>netz für Baugruppen<br />

von je fünf Wohneinheiten gewählt.<br />

Diese können hinsichtlich der Gebäudeenergieversorgung<br />

mit unterschiedlichen Heizungs- /<br />

Lüftungssystemen sowie mit aktivierten Bauteilen<br />

(im Sinne von Heiz- / Kühldecken) <strong>aus</strong>ge<br />

stattet werden. Die Baugruppen lassen sich<br />

in beliebiger Größe miteinander verknüpfen.<br />

Je heterogener die Gebäudetechnik innerhalb<br />

der Baugruppen ist, desto besser können<br />

Leistungsaufnahme<br />

WP<br />

Leistungszahl<br />

WP (COP)<br />

Anzahl der<br />

anschließbaren<br />

Wohneinheiten<br />

(WE)<br />

7°C / 4,5°C 16 kW ca. 3,2 kW 5,3 3 - 5 (4)*<br />

8°C / 5°C 35,5 kW ca. 6,5 kW 5,9 8 - 11 (10)*<br />

23°C / 13°C 78 kW ca. 12 kW 7,3 18 - 25 (22)*<br />

2300 m 200 kW 33°C / 24°C WW-WP ca. 12 kW > 7,5 46 - 66 (56)*<br />

Tabelle 5<br />

Ergebnis geothermischer<br />

<strong>und</strong><br />

gebäudetechnischer<br />

Simulationen<br />

Prof. Dr. Rolf Bracke <strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe Geothermie<br />

* Rechenwert; ** Simulation mit den Programmen SHEMAT <strong>und</strong> EWS<br />

Last spitzen <strong>aus</strong>geglichen werden. Jede geothermische<br />

Einzelanlage kann teufenabhängig<br />

unterschiedlich viele Wohneinheiten versorgen.<br />

Durch die Kombination von Einzelsonden zu<br />

ganzen Sondenfeldern lassen sich bedarfsabhängige<br />

Kleinwärmenetze unterschiedlicher<br />

Größen ordnung aufbauen. Die geothermischen<br />

<strong>und</strong> gebäudetechnischen Simulationen ergaben<br />

folgende Zusammenhänge: (Tab. 5)<br />

Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zeigen,<br />

dass Geothermieanlagen zur <strong>Wärme</strong>versorgung<br />

im oberfl ächennahen <strong>und</strong> mitteltiefen Bereich<br />

bereits unter konservativer Zugr<strong>und</strong>elegung<br />

der <strong>Energie</strong>preise von 2004 für Gas, Öl <strong>und</strong><br />

Strom problemlos wettbewerbsfähig zu fossilen<br />

Versorgungsträgern sind. 250 m <strong>und</strong> 400 m<br />

Geothermieanlagen sind bereits signifi kant<br />

wirtschaftlicher. Hier liegen die jährlichen <strong>Energie</strong>kosten<br />

etwa bei 50 % von gas- <strong>und</strong> ölbetrieben<br />

Anlagen (einschließlich <strong>Wärme</strong>- oder<br />

Gasnetze); gleiches gilt für die CO 2 -Emissio nen.<br />

Auch die jährlichen Gesamtkosten liegen einschließlich<br />

Kapitaldienst ca. 10-20 % unter Öl<br />

<strong>und</strong> Gas. Der Preisvorteil nimmt bohrkostenbedingt<br />

mit der Teufe bis in Bereiche von<br />

600 - 800 m weiter zu <strong>und</strong> ab 1000 m wieder<br />

deutlich ab.


Prof. Dr. Rolf Bracke <strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> oberfl ächennahe Geothermie<br />

Fazit<br />

<strong>Wärme</strong>pumpengekoppelte Geothermieanlagen<br />

sind europaweit verbreitet <strong>und</strong> bewegen sich<br />

auch in Deutschland <strong>aus</strong> dem Nischendasein<br />

her<strong>aus</strong>. Langzeituntersuchungen belegen,<br />

dass die Verfahrenstechnik störungsarm ist.<br />

Die Wirtschaftlichkeit ist für oberfl ächennahe<br />

<strong>und</strong> mitteltiefe Geothermieanlagen bis ca.<br />

1000 m im Vergleich zu Gas <strong>und</strong> Öl in nahezu<br />

allen betrachteten Fällen gegeben. Bis 400 m<br />

gilt das auch für Strom. Dabei ist <strong>–</strong> u. a. durch<br />

eine Vereinfachung des bergrechtlichen Genehmigungsverfahrens<br />

<strong>–</strong> bei größeren Bauvorhaben<br />

ein Trend hin zu mitteltiefen Anlagen zu beobachten.<br />

Literatur<br />

[1] Development and measurements of<br />

Compact Heating and Ventilation Devices<br />

with integrated exh<strong>aus</strong>t air heat pump for<br />

High Performance Houses - Contributions<br />

IEA Heat Pump Conference, Las Vegas,<br />

2005; (www.ise.fraunhofer.de).<br />

[2] 30 Jahre Betriebserfahrung mit 73<br />

<strong>Wärme</strong>pumpen <strong>und</strong> der „Kalten” Nah-<br />

wärmeversorgung Wulfen.- Bericht des<br />

Europäischen Testzentrum für Wohnungs-<br />

lüftungsgeräte (TZWL), Dortm<strong>und</strong> (2005)<br />

[3] Bracke, R.; Höfker, G; Bußmann, G.;<br />

Winkler, K.; Sysk, U.; Exner, S.; Zwingel, T.;<br />

Cl<strong>aus</strong>er, C; Pechnig, R. (2004): Machbar-<br />

keitsstudie zur Erschließung des geothermi-<br />

schen Feldes „Nordlicht“ - Jahrestagung<br />

der Geothermischen Vereinigung; Landau.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

87


<strong>Energie</strong>versorgungssysteme<br />

Solarsiedlungen in NRW <strong>–</strong><br />

Erfahrungen <strong>und</strong> Perspektiven<br />

<strong>Energie</strong>versorgung in Niedrigstenergie-<br />

Neubauwohnungen<br />

Solarisierung von Altbauten<br />

Dezentrale <strong>Wärme</strong>einspeisung <strong>–</strong><br />

Integration in <strong>Wärme</strong>netze<br />

Solarunterstützte Kraft-<strong>Wärme</strong>-<strong>Kälte</strong>-Kopplung<br />

<strong>–</strong> Hybridsysteme im Trend<br />

89


FVS LZE Themen 2005<br />

Andreas Gries<br />

Landesinitiative<br />

Zukunftsenergien NRW<br />

gries@energieland.nrw.de<br />

Dr. Hartmut Murschall<br />

Ministerium für<br />

Wirtschaft, Mittelstand<br />

<strong>und</strong> <strong>Energie</strong> NRW<br />

hartmut.murschall@<br />

mwme.de<br />

Prof. Dr.<br />

Hermann-Josef Wagner<br />

Universität Bochum<br />

lee@lee.ruhr-uni-bochum.de<br />

Abbildung 1<br />

Solarsiedlung<br />

Köln-Riehl<br />

Photo Köln-Riehl<br />

90<br />

Solarsiedlungen in Nordrhein-<br />

Westfalen <strong>–</strong> Erfahrungen <strong>und</strong><br />

Perspektiven<br />

Die Betrachtung des Endenergieverbrauches<br />

der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland zeigt die<br />

Handlungsfelder für eine Reduzierung der<br />

CO 2 -Emissionen deutlich auf. Ein besonders<br />

hohes Potenzial für Einsparmaßnahmen stellt<br />

die Raumwärme- <strong>und</strong> die Brauchwarm wasser-<br />

Erzeugung dar, die etwa ein Drittel des Endenergieverbrauchs<br />

<strong>aus</strong>macht.<br />

Darüber hin<strong>aus</strong> ist im Bereich des Wohnungsb<strong>aus</strong><br />

durch die turbulente Entwicklung der<br />

<strong>Energie</strong>preise ein verstärktes Interesse für das<br />

energiesparende Bauen <strong>und</strong> die Nutzung<br />

erneuerbarer <strong>Energie</strong>n zu verzeichnen.<br />

Hier setzt das Leitprojekt der Landesinitiative<br />

Zukunftsenergien NRW an, das wichtige<br />

Maß nahmen der <strong>Energie</strong>einsparung, der<br />

<strong>Energie</strong>effi zienz <strong>und</strong> die Nutzung der erneuer<br />

baren <strong>Energie</strong>n miteinander kombiniert.<br />

Andreas Gries Solarsiedlungen in Nordrhein-Westfalen<br />

Projekt 50 Solarsiedlungen<br />

Fünfzig Solarsiedlungen in NRW sollen die<br />

Möglichkeiten der aktiven <strong>und</strong> passiven Solarenergie<br />

nutzung für die <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> Stromversorgung<br />

von Gebäuden auf Siedlungs ebene<br />

aufzeigen <strong>und</strong> somit die breite Einführung des<br />

solaren Bauens unterstützen. Da auch Verschattungen<br />

<strong>und</strong> Gebäudeorientierungen Auswirkungen<br />

auf den Heizenergie bedarf haben, werden<br />

bei den Solarsiedlungen bereits städtebauliche<br />

Aspekte berücksichtigt <strong>und</strong> optimiert, um auf<br />

diese Weise günstige Vor<strong>aus</strong>setzungen für die<br />

aktive <strong>und</strong> passive Nutzung der Solarenergie<br />

zu schaffen.


Andreas Gries Solarsiedlungen in Nordrhein-Westfalen<br />

Mönchengladbach,<br />

Ortsteile:<br />

Giesenkirchen,<br />

Rheydt<br />

Aachen<br />

Duisburg<br />

Rhede<br />

Bottrop<br />

Krefeld Mühlheim<br />

Köln-Böklemünd<br />

Köln-Bilderstöckchen<br />

Köln-Mülheim<br />

Köln-Zollstock<br />

Köln-Riehl Leverkusen<br />

Köln-Deutz<br />

Köln-Worringen<br />

Erftstadt<br />

Dorsten<br />

Gelsenkirchen,<br />

Ortsteile: Bismarck,<br />

Lindenhof<br />

Düsseldorf-Medienhafen<br />

Troisdorf<br />

Wermelskirchen<br />

Um die Projektkriterien zu erfüllen, sind mindestens<br />

zwei der drei nachfolgend aufgeführten<br />

Anforderungen im Neubaubereich zu erfüllen:<br />

Der Heizwärmebedarf darf maximal 35 kWh/<br />

m² a (3-Liter-H<strong>aus</strong>) oder 15 kWh/m² a<br />

(Passivh<strong>aus</strong>) betragen,<br />

solarer Deckungsgrad der Warmwasserbereitung<br />

mindestens 60 % <strong>und</strong> die<br />

solare Stromerzeugung über Photovoltaik<br />

mindestens 1 kW P pro Wohneinheit<br />

Bei der Umsetzung der Solarsiedlungen bietet<br />

der Neubaubereich die größte Palette an Einfl<br />

ussmöglichkeiten. Aber das größte Einsparpotenzial<br />

kann durch die energetische Sanierung<br />

des Altbaubestandes erschlossen werden.<br />

Daher ist es besonders erfreulich, dass bereits<br />

sechs Solarsiedlungen im Bestand in Köln <strong>und</strong><br />

Gelsenkirchen realisiert werden konnten.<br />

Westerkappeln<br />

Steinfurt-Borghorst<br />

Altenberge<br />

Senden<br />

Lüdingh<strong>aus</strong>en<br />

Herten<br />

Castrop-Rauxel<br />

Dortm<strong>und</strong><br />

Schwerte / Märkische Str.<br />

Schwerte / Schützemstr.<br />

Beckum<br />

Soest<br />

Bielefeldt<br />

Rheda-Wiedenbrück<br />

Detmold<br />

Solarsiedlung fertig gestellt<br />

Solarsiedlung in Bau<br />

Solarsiedlung in Planung<br />

Gegenwärtiger Stand des<br />

Projektes 50 Solarsiedlungen<br />

Mittlerweile konnten bereits dreizehn Siedlungen<br />

mit über 1.450 Wohneinheiten als Solarsiedlung<br />

im Neubau <strong>und</strong> im Bestand realisiert<br />

werden. Weitere 25 Projekte befi nden sich im<br />

Bau <strong>und</strong> in der Planung. Allein im Zeitraum<br />

2001 bis 2004 hat sich die Anzahl der Projekte<br />

mit dem Status Solarsiedlung von 16 auf 37<br />

Projekte mehr als verdoppelt. Bemerkenswert<br />

ist zudem die realisierte Vielfalt. Diese reicht<br />

von Gebäuden <strong>aus</strong> den 20er Jahren des letzten<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts bis hin zu Passivhäusern mit<br />

Komfort-Lüftungen, von einem Langzeitwärmespeicher<br />

bis zu großfl ächigen fassadenintegrierten<br />

PV-Modulen.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 2<br />

Standorte der 50<br />

Solarsiedlungsprojekte<br />

in Nordrhein-Westfalen<br />

91


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 3<br />

Modell der im Bau<br />

befi ndlichen Solarsiedlung<br />

Düsseldorf-<br />

Medienhafen<br />

92<br />

R<strong>und</strong> 80 % der realisierten Wohneinheiten<br />

entstanden durch Bestandssanierungen. Gerade<br />

die in jüngster Zeit stark gestiegenen <strong>Energie</strong>kosten<br />

bestätigen jene Wohnungsunternehmen<br />

in ihrem Handeln, die bereits durch energetische<br />

Sanierungen die Nebenkosten deutlich<br />

senken <strong>und</strong> den Wohnkomfort steigern konnten.<br />

Erfahrungen <strong>und</strong> Akzeptanz<br />

des Projekts<br />

Neben der Verbesserung des baulichen <strong>Wärme</strong>schutzes<br />

bietet die Nutzung der Solarenergie<br />

Vorteile, die über die rein energetischen Belange<br />

hin<strong>aus</strong>geht. Durch den Einsatz der Solarenergie<br />

ist es nicht nur möglich, das Erscheinungsbild<br />

positiv zu verändern, sondern einer Siedlung<br />

auch eine neue Identität zu verleihen. Dieser<br />

Aspekt führte z. B. in Köln-Bocklemünd zu einer<br />

deutlich verbesserten Vermietbarkeit. Während<br />

es hier früher Leerstände gab, existieren jetzt<br />

sogar Wartelisten.<br />

Eine weitere interessante Erfahrung konnte mit<br />

solaren Garantieverträgen gewonnen werden,<br />

die die Wohnungsunternehmen in die komfortable<br />

Lage versetzt, die solaren Erträge zu sicher<br />

kalkulierbaren Größen werden zu lassen. Die<br />

vorliegenden Messwerte <strong>aus</strong> den Solarsiedlungen<br />

zeigen, dass die Solaranlagen nach einer<br />

Andreas Gries Solarsiedlungen in Nordrhein-Westfalen<br />

sorgfältigen Einregulierung der Anlage die<br />

berechneten Erträge erbringen. Auch die Werte<br />

für den Heizwärmebedarf bestätigen in vielen<br />

Projekten die Planungswerte. Dies ist nicht<br />

selbstverständlich, sondern auf ein besonderes<br />

Engagement der am Bau Beteiligten zurückzuführen.<br />

Besonders wichtig <strong>und</strong> erfreulich sind auch die<br />

positiven Rückmeldungen der Bewohner, die die<br />

Wohnqualitäten des solaren Bauens mit seinem<br />

guten Raumklima <strong>und</strong> den hellen Aufenthaltsräumen<br />

bestätigen.<br />

Ausblick<br />

Zurzeit befi nden sich 25 Projekte im Bau <strong>und</strong> in<br />

der Planung. Bis Ende 2006 werden davon sechs<br />

weitere Projekte fertig gestellt sein, sodass in<br />

den Solarsiedlungen insgesamt 1760 Wohneinheiten<br />

realisiert sein werden. Darüber hin<strong>aus</strong><br />

gibt es weitere Projektvorschläge, die in Kürze in<br />

der Auswahlkommission zur Vergabe des Status<br />

Solarsiedlung anstehen. Diese positive Entwicklung<br />

lässt auch für die Zukunft zahlreiche weitere<br />

interessante Projekte erwarten, die das „Bauen<br />

mit der <strong>Sonne</strong>“ weiter verbreiten werden.<br />

Mit seinem integrativen <strong>und</strong> siedlungsbezogenen<br />

Ansatz ist das Projekt 50 Solarsiedlungen<br />

einzigartig <strong>und</strong> stößt auch außerhalb Nordrhein-<br />

Westfalens auf sehr großes Interesse. Zahlreiche<br />

internationale Delegationen besuchten bereits<br />

die Siedlungen <strong>und</strong> somit trägt das Projekt auch<br />

dazu bei, Nordrhein-Westfalen als <strong>Energie</strong>land<br />

bekannt zu machen.


Dr. Christel Russ <strong>Energie</strong>versorgung in Niedrigstenergie-Wohngebäuden<br />

<strong>Energie</strong>versorgung in<br />

Niedrigstenergie-Wohngebäuden<br />

Einleitung<br />

Mit der Entwicklung neuer Technologien <strong>und</strong><br />

Gebäudekonzepte stehen heute solare Passivhäuser<br />

als Einfamilienhäuser <strong>und</strong> mehrgeschossige<br />

Wohnbauten mit einem Heizwärmebedarf<br />

von < 15 kWh/m 2 a zur Verfügung. Die auf dem<br />

Markt verfügbaren neu entwickelten Baukomponenten<br />

(Fenster, Vakuumdämmung) <strong>und</strong><br />

Versorgungssysteme (Lüftungskompakt geräte)<br />

ermöglichen es, den für Gebäude notwendigen<br />

Primärenergiebedarf für Heizung, Warmwasserbereitung<br />

<strong>und</strong> Lüftung drastisch zu reduzieren.<br />

Auch gut geplante Niedrigstenergiehäuser haben<br />

nur geringe Mehrkosten gegenüber den Gebäuden,<br />

die den gesetzlichen Anforderungen der<br />

<strong>Energie</strong>einsparverordnung (EnEV) genügen.<br />

Durch die aktive Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n,<br />

insbesondere der Solarenergie, kann man<br />

vom Niedrigstenergie- <strong>und</strong> Passivh<strong>aus</strong> zum<br />

Nullemissionsh<strong>aus</strong> gelangen.<br />

In zahlreichen Demonstrationsgebäuden wurden<br />

in Abhängigkeit vom B<strong>aus</strong>tandard (Niedrigstenergie-<br />

<strong>und</strong> Passivh<strong>aus</strong>) unterschiedliche Versorgungskonzepte<br />

untersucht <strong>und</strong> hinsichtlich<br />

ihrer Effi zienz bewertet. Dabei wird deutlich,<br />

dass der <strong>Energie</strong>bedarf für die Warmwasserbereitung<br />

in vergleichbarer Größenordnung<br />

wie der relativ geringe Heizwärmebedarf liegt.<br />

Deshalb sind die H<strong>aus</strong>technikkonzepte bei<br />

Beibehaltung <strong>und</strong> Verbesserung des Nutzerkomforts<br />

diesen veränderten Anforderungen anzupassen.<br />

Weitere Entwicklungen zu intelligent<br />

geregelten Versorgungssystemen, z. B. auf der<br />

Basis von Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung oder <strong>Wärme</strong>pumpen<br />

in Verbindung mit erneuerbaren <strong>Energie</strong>n,<br />

können dazu beitragen, die Effi zienz der<br />

Versorgungssysteme in diesem Leistungsbereich<br />

zu steigern.<br />

<strong>Wärme</strong>versorgung<br />

von hocheffi zienten<br />

Gebäuden<br />

Hocheffi ziente Gebäude vom Typ KfW <strong>Energie</strong>sparh<strong>aus</strong><br />

60 1 bis zu Passivhäusern benötigen<br />

schnell reagierende Heizungssysteme mit niedrigeren<br />

Anschlussleistungen als in Bestandsgebäuden.<br />

Geeignet sind solche Versorgungssysteme,<br />

die energetisch, ökologisch <strong>und</strong><br />

ökonomisch die günstigsten Vor<strong>aus</strong>setzungen<br />

bieten, eine bedarfsgerechte <strong>Wärme</strong>versorgung<br />

bei geringem Primärenergieverbrauch zu sichern.<br />

Hierzu sind in Tab.1 einige Beispiele für Versorgungstechniken<br />

in effi zienten Gebäuden mit<br />

unterschiedlichem <strong>Wärme</strong>bedarf dargestellt.<br />

Hocheffi ziente Gebäude mit Heizlasten<br />

< 10 W/m 2 können direkt über die Zuluft der<br />

Lüftungsanlage beheizt werden, ohne dass dafür<br />

der Luftwechsel über das hygienisch notwendige<br />

Maß angehoben werden muss. Das führt<br />

zur Reduzierung der investiven Kosten für das<br />

H<strong>aus</strong>techniksystem. Dieses <strong>Wärme</strong>übergabesystem<br />

wird bereits in vielen Passivhäusern [1, 2,<br />

4, 9] genutzt, wobei die Zuluft entweder über<br />

ein Warmwasserheizregister oder durch eine<br />

Direktbeheizung mit einer Abluft-<strong>Wärme</strong>pumpe<br />

erwärmt wird. Damit erhalten Abluft-<strong>Wärme</strong>pumpen<br />

zur Beheizung von Niedrigstenergie-<br />

<strong>und</strong> Passivhäusern ein großes Marktpotenzial.<br />

Werden Wohngebäude mit Nahwärme beheizt,<br />

treten neben den <strong>Wärme</strong>verteilverlusten im<br />

Gebäude noch bis zu 16 % Übertragungsverluste<br />

auf [1, 6, 10]. Der Anschluss von Niedrigenergie-<br />

<strong>und</strong> Passivhäusern an eine zentrale Nahwärmeversorgung<br />

erscheint deshalb nur dann<br />

sinnvoll, wenn die Gebäude in ein bereits erschlossenes<br />

Fernwärmegebiet integriert werden.<br />

1 Nach den Förderrichtlinien der Kreditanstalt für Wiederauf-<br />

bau (KfW) ist der Standard eines KfW-<strong>Energie</strong>sparh<strong>aus</strong>es 60<br />

erreicht, wenn der Primärenergiebedarf nachweislich nicht<br />

mehr als 60 kWh pro m² Nutzfl äche <strong>und</strong> Jahr beträgt.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Dr. Christel Russ<br />

Fraunhofer ISE<br />

christel.russ@<br />

ise.fraunhofer.de<br />

Dr. Joachim Göttsche<br />

Solar-Institut Jülich -<br />

FH Aachen<br />

goettsche@sij.fh-aachen.de<br />

93


FVS LZE Themen 2005<br />

Tabelle 1<br />

<strong>Wärme</strong>versorgungssysteme<br />

von<br />

hocheffi zienten<br />

Wohngebäuden<br />

94<br />

Demonstrationsprojekt Versorgungssystem <strong>Wärme</strong>übergabe/ Verteilung<br />

Mehrfamilien-Passivh<strong>aus</strong><br />

Kassel [11]<br />

Mehrfamilien-Passivh<strong>aus</strong><br />

Freiburg-ISIS [2]<br />

Mehrfamilien-Passivh<strong>aus</strong><br />

„Arbeiten & Wohnen“<br />

Freiburg [7]<br />

Mehrfamilien-Solarh<strong>aus</strong><br />

G<strong>und</strong>elfingen [5]<br />

Passiv-Reihenhäuser<br />

Neuenburg [4]<br />

Passiv-Doppelhäuser<br />

Königsbach-Stein [6]<br />

Solar-Campus Jülich [10]<br />

Studentenwohnungen:<br />

Reihenh<strong>aus</strong>zeilen mit B<strong>aus</strong>tandard<br />

KfW 40<br />

<strong>und</strong> Passivh<strong>aus</strong><br />

Gebäude B<strong>aus</strong>tandard<br />

WschVO 95 2<br />

2 <strong>Wärme</strong>schutzverordnung 1995<br />

Andererseits wird <strong>aus</strong> ökonomischen Gründen<br />

meist auf die Neuinstallation eines Nahwärmenetzes<br />

für Niedrigstenergie- <strong>und</strong> Passivhäuser<br />

verzichtet [1].<br />

Die Nutzung der passiven Solarenergie trägt<br />

wesentlich zur Senkung des Heizwärmeverbrauchs<br />

bei, was mit so genannten Heizwärmekennfeldern<br />

nachgewiesen wurde [1, 2, 3].<br />

In einem Diagramm wird das Tagesmittel der<br />

fl ächenspezifi schen Heizleistung (W/m 2 ) des<br />

Gebäudes über der Außentemperatur in Abhängigkeit<br />

von der solaren Einstrahlung aufgetragen<br />

(Abb. 1b <strong>und</strong> 2b). Die solare Einstrahlung<br />

wird in drei typische Strahlungsklassen<br />

zwischen < 25 W/m 2 <strong>und</strong> > 90 W/m 2 eingeteilt.<br />

Je 25 % der Messwerte innerhalb der Heizzeit<br />

unter 12 °C fallen in die niedrigste bzw. höchste<br />

Strahlungsklasse.<br />

Dr. Christel Russ <strong>Energie</strong>versorgung in Niedrigstenergie-Wohngebäuden<br />

Fernwärme Luftheizung<br />

Zentrale Warmwasserversorgung<br />

Nahwärme <strong>aus</strong> Holzhackschnitzel<br />

BHKW, thermische Solaranlage<br />

Lüftungs-Kompaktgerät<br />

Gas-BHKW<br />

thermischen Solaranlage <strong>und</strong> PV<br />

Nahwärme <strong>aus</strong> KWK,<br />

Abluftwärmepumpe (Pufferspeicher),<br />

thermische Solaranlage<br />

Dezentrale Lüftungs-Kompaktgeräte,<br />

thermische Solaranlage<br />

Zentrale <strong>Wärme</strong>pumpe,<br />

thermische Solaranlage<br />

Nahwärmenetz<br />

Gas- Brennwerttechnik<br />

Luftheizung<br />

dezentrale Warmwasserbereitung<br />

mit Logotherm<br />

Plattenheizkörper,<br />

zentrale Warmwasserbereitung<br />

Plattenheizkörper,<br />

zentrale <strong>Wärme</strong>versorgung<br />

Luftheizung<br />

Warmwasserspeicher<br />

Wandheizung <strong>aus</strong> zentraler<br />

Versorgung<br />

Zentrale Warmwasserbereitung<br />

Plattenheizkörper<br />

Fußbodenheizung<br />

Zuluft; Warmwasserversorgung<br />

jeweils h<strong>aus</strong>weise mit Speicher,<br />

Plattenheizkörper mit lokalem Netz<br />

Am Beispiel des Solarh<strong>aus</strong>es „G<strong>und</strong>elfi ngen“<br />

(Abb. 1b) <strong>und</strong> des Passivh<strong>aus</strong>es „Kassel“ (Abb.<br />

2b) ist sehr gut der Anteil der passiven solaren<br />

Gewinne an der Reduzierung des Heizwärmebedarfes<br />

des Ge-bäudes zu sehen. Im Solarh<strong>aus</strong><br />

G<strong>und</strong>elfi ngen können sie an den Tagen mit<br />

intensiver Einstrahlung über die großen Fenster<br />

der Südseite <strong>und</strong> über die transparente <strong>Wärme</strong>dämmung<br />

den Heizwärmebedarf wesentlich<br />

reduzieren.<br />

Die Heizlasten liegen besonders bei Tagen<br />

mit guter Einstrahlung auch bei niedrigen<br />

Umgebungstemperaturen weit unter dem<br />

maximal möglichen Wert.<br />

Das in Ost-West Richtung orientierte Passivh<strong>aus</strong><br />

„Kassel“ kann die passiven solaren Gewinne<br />

aufgr<strong>und</strong> der geringen Fensteranteile nach<br />

Süden nur wenig nutzen <strong>und</strong> die verbrauchte<br />

Heizwärme entspricht auch unter guten Einstrahlungsbedingungen<br />

nahezu dem berechneten<br />

Bedarf.


Dr. Christel Russ <strong>Energie</strong>versorgung in Niedrigstenergie-Wohngebäuden<br />

Abbildung 1a Solarh<strong>aus</strong> G<strong>und</strong>elfi ngen [1, 2, 3]<br />

Heizlast [W/m 2 ]<br />

Heizlast [W/m 2 ]<br />

22<br />

20<br />

18<br />

16<br />

14<br />

13<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

G<strong>und</strong>elfi ngen<br />

0<br />

-12 -10 -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18<br />

22<br />

20<br />

18<br />

16<br />

14<br />

13<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

Kassel<br />

Temperatur [°C]<br />

Abbildung 2a Passivh<strong>aus</strong> Kassel [1,2,3]<br />

solare Einstrahlung<br />

< 25 W/m2 25 bis 90 W/m2 > 90 W/m2 solare Einstrahlung<br />

< 25 W/m 2<br />

25 bis 90 W/m 2<br />

0<br />

-12 -10 -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18<br />

Temperatur [°C]<br />

Die Geraden stellen die Verlustkoeffi zienten entsprechend der Transmission- <strong>und</strong> Lüftungsverluste ohne Berücksichtigung<br />

der inneren <strong>und</strong> solaren Gewinne (durchgezogen Gerade) bzw. nur ohne solare Gewinne (gestrichelte Gerade) dar.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 1b<br />

Heizkennfeld Solarh<strong>aus</strong><br />

„G<strong>und</strong>elfi ngen“:<br />

Durch gute passive<br />

Solarenergienutzung<br />

über die Fenster <strong>und</strong><br />

transparente <strong>Wärme</strong>dämmung<br />

auf der<br />

Südseite des Gebäudes<br />

liegt der Heizwärmebedarf<br />

unter dem<br />

berechneten Wert.<br />

Abbildung 2b<br />

Heizkennfeld<br />

Passivh<strong>aus</strong> „Kassel“:<br />

Da die Hauptorientierung<br />

des Gebäudes<br />

in Ost-West liegt,<br />

tragen nur relativ<br />

wenige solare Gewinne<br />

zur Reduzierung des<br />

Heizwärmebedarfes<br />

bei.<br />

95


FVS LZE Themen 2005<br />

Tabelle 2<br />

Lüftungsanlagen<br />

in hocheffi zienten<br />

Wohngebäuden<br />

96<br />

Demonstrationsprojekt Lüftungssystem<br />

Lüftung<br />

In Niedrigstenergie- <strong>und</strong> Passivhäusern sind die<br />

Anforderungen an die Wohnraumlüftung erhöht<br />

zur Sicherung des Wohnkomforts <strong>und</strong> zur Erreichung<br />

des niedrigen Heizwärmebedarfs. Die<br />

natürliche Fensterlüftung reicht nicht mehr <strong>aus</strong>,<br />

den bauphysikalisch <strong>und</strong> hygienisch notwendigen<br />

Luftwechsel zu sichern. Aus einer Studie [8]<br />

zur Entwicklung der Passivhäuser bis 2010 geht<br />

hervor, dass auch künftig 95<strong>–</strong>100 % der Passivhäuser<br />

mit Lüftungsanlagen mit <strong>Wärme</strong>rückgewinnung<br />

(WRG) <strong>aus</strong>gestattet sind, bei<br />

3-Liter-Häusern werden es etwa 70% sein.<br />

In den übrigen energieeffi zienten Neubauten<br />

wird bis 2010 von jährlich 120.000 Lüftungsanlagen<br />

mit WRG <strong>aus</strong>gegangen. Diese Anlagen<br />

arbeiten nur dann effektiv, wenn der Stromverbrauch<br />

für Ventilatoren, Steuerung <strong>und</strong> Regelung<br />

gering ist.<br />

Lüftungsanlagen mit WRG unterstützen durch<br />

die rückgewonnene <strong>Wärme</strong> die Heizung im<br />

Dr. Christel Russ <strong>Energie</strong>versorgung in Niedrigstenergie-Wohngebäuden<br />

Mehrfamilien-Passivh<strong>aus</strong> Kassel semizentrale Lüftungsanlage: zentrale Zu- <strong>und</strong> Abluft mit WRG 1 ,<br />

wohnungsweise Nachheizregister (Warmwasser für Zuluftheizung)<br />

Mehrfamilien-Passivh<strong>aus</strong><br />

Freiburg-ISIS<br />

Mehrfamilien-Passivh<strong>aus</strong><br />

„Arbeiten & Wohnen“ Freiburg<br />

wohnungsweise mechanische Lüftung mit WRG,<br />

Nachheizregister (Wasser) für Zuluftheizung<br />

zentrale Lüftungsanlage mit WRG für alle Wohneinheiten<br />

Solarh<strong>aus</strong> G<strong>und</strong>elfingen dezentrale Zuluft (feuchtegeregelt), zentrale Abluft mit<br />

<strong>Wärme</strong>pumpe zur Speicherbeheizung<br />

Passiv-Reihenhäuser Neuenburg Erdwärmet<strong>aus</strong>cher, Lüftungs-Kompaktgerät <strong>–</strong> Lüftungsanlage<br />

mit WRG, Nachheizen der Zuluft<br />

Passiv-Doppelhäuser<br />

Königsbach-Stein<br />

Solar-Campus Jülich -<br />

Studentenwohnungen<br />

Reihenh<strong>aus</strong>zeilen mit B<strong>aus</strong>tandard<br />

KfW 40 <strong>und</strong> Passivh<strong>aus</strong><br />

Gebäude B<strong>aus</strong>tandard<br />

WschVO 95<br />

1 WRG = <strong>Wärme</strong>rückgewinnung<br />

h<strong>aus</strong>weise Lüftung mit Heizregister zur Luftvorwärmung<br />

zentrale Lüftungsanlage mit WRG (z. T. geregelt mit Wettervorhersage)<br />

Erdwärmet<strong>aus</strong>cher, zentrale Lüftungsanlage mit WRG<br />

dezentrale Lüftungsanlage mit WRG<br />

dezentrale Zuluft, zentrale Abluft (z. T. feuchtegeregelt)<br />

keine Lüftungsanlage<br />

Gebäude. Durch den Einsatz eines vorgeschalteten<br />

Erdwärmet<strong>aus</strong>chers wird neben dem Vermeiden<br />

des Vereisens des <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>chers noch ein<br />

zusätzlicher <strong>Wärme</strong>gewinn erreicht. Im Projekt<br />

Neuenburg [4] wurden mehr als 30 kWh/m² a<br />

<strong>Wärme</strong>gewinne <strong>aus</strong> der WRG <strong>und</strong> dem Erdwärmet<strong>aus</strong>cher<br />

erhalten.<br />

Dezentrale Zuluft in Verbindung mit zentraler<br />

Abluftanlage sorgt für einen defi nierten Frischluftvolumenstrom<br />

3 . Es fehlen jedoch die <strong>Wärme</strong>gewinne<br />

<strong>aus</strong> der WRG im Gebäude, was zu<br />

höherem Heizwärmebedarf führt. Vorteilhaft<br />

ist dann z. B. der Einsatz einer <strong>Wärme</strong>pumpe in<br />

der Abluft wie im Solarh<strong>aus</strong> „G<strong>und</strong>elfi ngen“ [5],<br />

wo die gewonnene <strong>Wärme</strong> dem Heizungssystem<br />

zugeführt wurde.<br />

Untersucht <strong>und</strong> bewertet wurden unterschiedliche<br />

Lüftungskonzepte in folgenden Demonstrationsvorhaben:<br />

(Tab. 2)<br />

3 Ein Frischluftvolumenstrom von 30 m³/h je Person wird<br />

durchschnittlich zur Entfeuchtung der Raumluft benötigt.


Dr. Christel Russ <strong>Energie</strong>versorgung in Niedrigstenergie-Wohngebäuden<br />

Projekt Primärenergie<br />

H<strong>aus</strong>technik 4<br />

[kWh/m²a]<br />

Mehrfamilien-Passivh<strong>aus</strong><br />

Kassel<br />

Mehrfamilien-Passivh<strong>aus</strong><br />

Freiburg-ISIS<br />

Mehrfamilien Passivh<strong>aus</strong><br />

„Arbeiten & Wohnen“<br />

Freiburg<br />

In Mehrfamilienhäusern eingesetzte zentrale<br />

Lüftungsanlagen mit WRG erfordern eine<br />

sorgfältige, meist aufwändige Planung, besonders<br />

hinsichtlich der Steuerung- <strong>und</strong> Regelung,<br />

um den individuellen Bedürfnissen der Nutzer<br />

nach wohnungsweise regulierbaren Volumenströmen<br />

<strong>und</strong> Zulufttemperaturen gerecht zu<br />

werden. Auch der Material- <strong>und</strong> Installationsaufwand<br />

(Stellklappen zum hydraulischen Abgleich,<br />

dichte Gehäuse der <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher, Dämmung<br />

der Kanäle) ist relativ hoch [1, 7]. Erhalten die<br />

Nutzer dezentrale (wohnungsweise) Lüftungsanlagen,<br />

ist eine individuelle Nutzung leichter zu<br />

gewährleisten. Ein wesentliches Entwicklungsfeld<br />

ist dabei die Verbesserung des Schallschutzes,<br />

ohne Abstriche bei der energetischen Effi -<br />

zienz der Anlagen machen zu müssen.<br />

Abluftanlagen mit dezentraler Zuluft sind zwar<br />

einfach <strong>und</strong> kostengünstig zu installieren, bieten<br />

aber nicht den gleichen Wohnkomfort wie<br />

Anlagen mit <strong>Wärme</strong>rückgewinnung (WRG) [10].<br />

Anlagenaufwandszahl<br />

Heizwärme<br />

[kWh/<br />

m²a]<br />

Warmwasser<br />

[kWh/<br />

m²a]<br />

Ergebnisse <strong>und</strong><br />

Schlussfolgerung<br />

Verluste<br />

[kWh/m²a]<br />

43,9 0,59 17,1 28,0 nicht bestimmt<br />

36,7<br />

(ohne Verluste<br />

Fernwärmenetz)<br />

30,3/ 3,5 mit<br />

Strom <strong>aus</strong> BHKW<br />

+ PV<br />

0,81 14,9 13,2 8,7 Verteilung/<br />

Speicher<br />

3,5 Fernwärme<br />

0,76 12,6 8,7 10,7 Verteilung/<br />

Speicher<br />

5,4 Umwandlung<br />

Solarh<strong>aus</strong> G<strong>und</strong>elfingen 40,7 1,12 21,0 15,3 7,9 Zirkulation,<br />

Speicher,<br />

Verteilung<br />

Passiv-Reihenhäuser<br />

Neuenburg<br />

Passiv-Doppelhäuser<br />

Königsbach-Stein<br />

Studentenwohnungen<br />

Solar-Campus Jülich 5<br />

19,7 0,41 2,9 10,8 9,5 Speicher<br />

38,3 0,94 24,2 10,6 13,5 Zirkulation,<br />

Speicher,<br />

Verteilung<br />

56 (ohne<br />

Netzverluste)<br />

4 Umrechnungsfaktor 2,35 nach GEMIS 4.0 (Globales Emissions-Modell Integrierter Systeme)<br />

mit einem kumulierten <strong>Energie</strong>aufwand nach EU17 ohne erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />

5 Beispiel Passivh<strong>aus</strong> mit Luftheizung der Reihenh<strong>aus</strong>zeile 2<br />

0,90 23,6 12,6 3,0 Speicher,<br />

5,8 (16 %) Netz<br />

Zur Bewertung der Effi zienz der <strong>Wärme</strong>versorgungssysteme<br />

dient der Primärenergieverbrauch<br />

für die gesamte H<strong>aus</strong>technik (Heizen, Warmwasserbereitung,<br />

Lüftung, Hilfsenergie <strong>und</strong> Verluste)<br />

<strong>und</strong> die Anlagenaufwandszahl 6 . Tab. 3 enthält<br />

die Zusammenstellung dieser Kennwerte für<br />

<strong>aus</strong>gewählte Gebäude. Mit einem Primärenergieverbrauch<br />

unter 50 kWh/m 2 a, bezogen auf<br />

die beheizte Wohnfl äche, sind alle untersuchten<br />

<strong>Wärme</strong>versorgungskonzepte in den Gebäuden<br />

als effi zient einzustufen <strong>und</strong> die Nutzeranforderungen<br />

werden erfüllt. Das Verhältnis der eingesetzten<br />

Primärenergie zur genutzten <strong>Energie</strong><br />

(Anlagenaufwandszahl) ist < 1 <strong>und</strong> zeigt das<br />

effi ziente Arbeiten der Versorgungstechniken.<br />

6 primärenergetische Effi zienzkennzahl<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Tabelle 3<br />

Energetische Kennwerte<br />

von Demonstrationsgebäuden<br />

(alle<br />

Werte bezogen auf die<br />

beheizte Nutzfl äche)<br />

97


FVS LZE Themen 2005<br />

98<br />

Besonders günstig erscheinen die Versorgungssysteme<br />

mit Lüftungs-Kompaktgeräten mit einer<br />

Anlagenaufwandszahl < 0,5. Diese Geräte haben<br />

eine abgeglichene Steuerung <strong>und</strong> Regelung.<br />

Probleme bei der Steuerung <strong>und</strong> Regelung<br />

führen zu einem erhöhten Primärenergieverbrauch<br />

<strong>und</strong> ihre Optimierung zur Verbesserung<br />

der <strong>Energie</strong>bilanzen ist nötig.<br />

Befi ndet sich die Heizzentrale der zentralen<br />

Versorgungssysteme im thermisch vom Gebäude<br />

getrennten Keller, erreichen Leitungs-,<br />

Speicher- <strong>und</strong> Zirkulationsverluste mit 20 bis<br />

40 % der <strong>Wärme</strong>bereitstellung die Größe des<br />

Heizwärme- oder Warmwasserverbrauchs.<br />

Dezentrale Versorgungssysteme innerhalb der<br />

beheizten Hülle bieten hier den Vorteil geringerer<br />

<strong>und</strong> zum Teil „nutzbarer Verluste“ in der<br />

Heizzeit, die zur Deckung des <strong>Wärme</strong>bedarfs<br />

beitragen. Damit bleiben nur die Verluste<br />

außerhalb der Heizsaison relevant, die durch<br />

die Warmwasserbereitstellung (Zirkulation,<br />

Leitungs- <strong>und</strong> Speicherverluste) entstehen.<br />

Durch eine thermische Solaranlage kann ein<br />

Großteil davon gedeckt werden.<br />

Strom <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n kann genutzt<br />

werden, um den <strong>Energie</strong>verbrauch zu kompensieren<br />

<strong>und</strong> den Primärenergieverbrauch zu<br />

senken, vgl. Passivh<strong>aus</strong> „Arbeiten & Wohnen“<br />

[7]. Damit wird ein weiterer Schritt zum Null-<br />

Primärenergie-H<strong>aus</strong> möglich.<br />

Literatur<br />

[1] Hoffmann, C., Hastings, R., Voss, K.,<br />

Wohnbauten mit geringem <strong>Energie</strong>ver-<br />

brauch, 2005, C. F. Müller Verlag, Hüttig<br />

GmbH & Co. KG Heidelberg<br />

[2] Russ, C., Reiß, J. Design Insights for the<br />

Analysis of 50 Sustainable Solar Houses;<br />

2005, Technical Report zur IEA Task 28/38<br />

„Sustainable Solar Housing“<br />

[3] Evaluierung energieeffi zienter Wohngebäu-<br />

de, Projektinfo 04/05 BINE Informations<br />

dienst, FIZ Karlsruhe<br />

Dr. Christel Russ <strong>Energie</strong>versorgung in Niedrigstenergie-Wohngebäuden<br />

[4] Russ. C., u.a., Demonstrationsprojekt für<br />

ein innovatives <strong>Wärme</strong>versorgungskonzept<br />

für Passivhäuser auf der Basis von passiver<br />

<strong>und</strong> aktiver Solarenergienutzung in Kombi-<br />

nation mit <strong>Wärme</strong>pumpen, Abschlussbericht<br />

2002, Fraunhofer-Institut für Solare<br />

<strong>Energie</strong>systeme Freiburg<br />

[5] Voss, K., Solarh<strong>aus</strong> G<strong>und</strong>elfi ngen,<br />

Endbericht, 2003, Fraunhofer-Institut für<br />

Solare <strong>Energie</strong>systeme Freiburg<br />

[6] Russ, C., u.a., Monitoring der Passivh<strong>aus</strong>-<br />

siedlung Königsbach-Stein, Abschlussbe -<br />

richt 2002, Fraunhofer-Institut für Solare<br />

<strong>Energie</strong>systeme Freiburg<br />

[7] Voss, K., Solar-Passivh<strong>aus</strong> „Wohnen<br />

& Arbeiten“ Freiburg, Vauban, Schlussbe-<br />

richt, 2001, Fraunhofer-Institut für Solare<br />

<strong>Energie</strong>systeme Freiburg<br />

[8] Bühring, A.; Innovative Lüftung in<br />

Gebäuden <strong>–</strong> Zukunft der Wohnungslüftung,<br />

Otti <strong>Energie</strong>kolleg 2004<br />

[9] Bühring, A., u. a., Aktueller Stand der<br />

Weiterentwicklung von Lüftungs-Kompakt-<br />

geräten, 9. Europäische Passivh<strong>aus</strong>tagung<br />

2005, Ludwigshafen<br />

[10] Göttsche, J., u.a. 2004 Abschlussbericht<br />

Solar Campus Jülich<br />

[11] Pfl uger, R., Feist, W., Kostengünstiger<br />

Passivh<strong>aus</strong>-Geschosswohnungsbau in<br />

Kassel-Marbachhöhe, Endbericht,<br />

CEPHEUS-Projektinformation Nr. 15 <strong>und</strong><br />

16, 2001, Passivh<strong>aus</strong>-Institut Darmstadt


Prof. Dr. Bernhard Hoffschmidt Solarisierung von Altbauten<br />

Solarisierung von Altbauten<br />

1. Einführung<br />

Unter Solarisierung von Altbauten versteht man<br />

die optimierte energetische Sanierung bestehender<br />

Gebäude, die einen erheblichen Beitrag von<br />

Umweltwärme <strong>und</strong> -kälte sowie andere regenerative<br />

<strong>Energie</strong>quellen zur <strong>Energie</strong>versorgung<br />

einbezieht.<br />

Im Vergleich zum Zeitpunkt des Erscheinens des<br />

FVS-Themenhefts 97/98 (Solare Gebäudetechniken<br />

[1]) ist die Entwicklung von passivh<strong>aus</strong>tauglichen<br />

Bauelementen <strong>und</strong> von Komponenten<br />

zur technischen Gebäude<strong>aus</strong>rüstung (TGA)<br />

rasch vorangeschritten. In den vergangenen<br />

Jahren wurden einige Sanierungsprojekte durchgeführt,<br />

die den Einsatz dieser neuen Technologien<br />

bzw. Materialien bei der Gebäudesanierung<br />

erprobten.<br />

Neben den passiven Maßnahmen spielt die<br />

<strong>Energie</strong>bereitstellung <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />

mit Hilfe der Nahwärme eine weitere wichtige<br />

Rolle bei der Solarisierung von Altbauten. Unter<br />

den derzeitigen wirtschaftlichen Bedingungen,<br />

gekennzeichnet durch das EEG, den KWK-Bonus,<br />

den Bonus für nachwachsende Rohstoffe <strong>und</strong><br />

kräftig steigende Ölpreise, ist die Nahwärmeversorgung<br />

im Gebäudebestand auf der Basis von<br />

Heizwärmebedarf [kWh/m 2 a]<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

bis 1918<br />

1919 <strong>–</strong> 1948<br />

Biomasse bei gleichzeitiger Stromproduktion<br />

eine bereits heute konkurrenzfähige Alternative<br />

gegenüber der konventionellen Ölheizung.<br />

Der Betreiber von kurz- bis mittelfristig realisierten<br />

Nahwärmesystemen auf Biomassebasis muss<br />

die nachträgliche <strong>Wärme</strong>dämmung der angeschlossenen<br />

Gebäude in seine strategischen <strong>und</strong><br />

planerischen Überlegungen (Wirtschaftlichkeitsrechnung)<br />

einbeziehen.<br />

1949 <strong>–</strong> 1957<br />

Originalzustand<br />

wirtschaftlich optimal gedämmt<br />

Energetisches Potenzial<br />

Das energetische Einsparpotenzial im<br />

Gebäudebestand ist gewaltig (Abb. 1).<br />

Die Sanierungsrate bewegt sich in der<br />

Größenordnung von 1 % pro Jahr, die<br />

Abrissrate liegt bei ca. 0,5 % pro Jahr [4].<br />

Eine Halbierung der zur Beheizung von<br />

Gebäuden benötigten <strong>Energie</strong> wird selbst<br />

bei vollständiger Umsetzung der <strong>Energie</strong>ein-<br />

sparverordnung (EnEV) erst für das Jahr 2050<br />

prognostiziert. Eine Beschleunigung dieser<br />

Entwicklung könnte durch den Bevölkerungs-<br />

rückgang, eine Fortsetzung der Ölpreiserhö-<br />

hung oder durch intensivierte politische<br />

Maßnahmen bewirkt werden.<br />

Um das häufi g genannte Ziel von 2,5 bis<br />

3% energetisch wirksamer Sanierungsrate zu<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Anteil der Wohnungen [%]<br />

1958 <strong>–</strong> 1968<br />

1969<br />

<strong>–</strong> 1977<br />

1. WSchVO<br />

2. WSchVO<br />

3. WSchVO<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Prof. Dr. Bernhard<br />

Hoffschmidt<br />

Solar-Institut Jülich -<br />

FH Aachen<br />

bernhard.hoffschmidt@<br />

sij.fh-aachen.de<br />

Helmut Böhnisch<br />

ZSW<br />

helmut.boehnisch@<br />

zsw-bw.de<br />

Dr. Joachim Göttsche<br />

Solar-Institut Jülich -<br />

FH Aachen<br />

goettsche@sij.fh-aachen.de<br />

Sebastian Herkel<br />

Fraunhofer ISE<br />

sebastian.herkel@<br />

ise.fraunhofer.de<br />

Abbildung 1<br />

<strong>Energie</strong>einsparpotenziale<br />

im Gebäudebestand<br />

am Beispiel<br />

der Stadt Hannover:<br />

Heizwärmebedarf im<br />

Originalzustand<br />

(rot) <strong>und</strong> nach<br />

wirtschaftlich optimaler<br />

Dämmung (grün).<br />

Quelle: Arenha, B<strong>und</strong>esarchitektenkammer<br />

mit Förderung des<br />

BMU/UBA<br />

99


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 2<br />

Solare Luftvorwärmung<br />

in der Balkonbrüstung,<br />

Freiburg Krozinger Str.<br />

Foto: Fraunhofer ISE/ K. Voss<br />

100<br />

erreichen, sind umfangreiche Erfahrungen<br />

<strong>und</strong> Kompetenzen im B<strong>aus</strong>ektor nötig. Gut<br />

dokumentierte Standardlösungen müssen zur<br />

kostengünstigen Verbreitung bereitstehen.<br />

Gründe für zögerliche Sanierungstätigkeit<br />

Durch die Interessentrennung von Investor<br />

<strong>und</strong> Betreiber, bzw. aufgr<strong>und</strong> mangelnder<br />

Fachkompetenz bei den meisten der Einfami-<br />

lien- <strong>und</strong> Reihenh<strong>aus</strong>eigentümern werden in<br />

der Regel keine insgesamt kostenoptimierten<br />

Lösungen, geschweige denn energetisch<br />

optimierte Lösungen in die Tat umgesetzt.<br />

Gegenwärtiger Standard ist eine den gesetz-<br />

lichen Regeln entsprechende nach Investiti-<br />

onskosten minimierte Ausführung. Es steht<br />

zu hoffen, dass ein qualitativ hoch angesetz-<br />

ter <strong>Energie</strong>pass Abhilfe schaffen kann.<br />

2. Solarisierung der<br />

Gebäudehülle<br />

2.1 Vergrößerung der Solarapertur<br />

<strong>Wärme</strong>bilanz durch Fensterfl ächen<br />

Unter Solarapertur versteht man den Öff-<br />

nungsgrad eines Gebäudes zur Nutzung des<br />

<strong>Sonne</strong>nlichts <strong>und</strong> der <strong>Wärme</strong>strahlung. Mo-<br />

derne Fenster an südlich orientierten Fassa-<br />

den weisen in der Heizperiode positive Ener-<br />

giebilanzen auf. Sie stellen also nicht wie<br />

früher <strong>Energie</strong>senken, sondern <strong>Energie</strong>quellen<br />

dar, die noch zusätzlich für angenehm helle<br />

lichtdurchfl utete Räume sorgen. Als interes-<br />

santeste Maßnahmen kommen hierzu die<br />

Absenkung der Fensterbrüstung auf Fußbo-<br />

denniveau oder der Einbau von Dachgauben<br />

in die Südseite in Betracht. Letztere vergrös-<br />

sern zwar zunächst die <strong>Wärme</strong>verlustfl äche,<br />

bieten aber durch die senkrechte Fensterfl ä-<br />

che hohe winterliche <strong>Energie</strong>gewinne bei<br />

einer geringeren Überhitzungsproblematik<br />

im Sommer als sie Dachfl ächenfenster<br />

aufweisen.<br />

Balkonverglasungen<br />

Durch Balkonverglasungen lassen sich<br />

oft zwei Mängel gleichzeitig beheben:<br />

Kritische <strong>Wärme</strong>brücken werden beseitigt<br />

<strong>und</strong> die Fensterfl äche wird vergrößert,<br />

um mehr <strong>Sonne</strong> nutzen zu können [1].<br />

Prof. Dr. Bernhard Hoffschmidt Solarisierung von Altbauten<br />

2.2 Fassadenkollektor<br />

Die Gebäudefassade spielt als <strong>Energie</strong>quelle zur<br />

dezentralen Versorgung eine zunehmende Rolle,<br />

denn gerade Südfassaden weisen im Jahresverlauf<br />

relativ gleichmäßige Erträge auf. Fassadenkollektoren<br />

können ideal im Brüstungsbereich<br />

(auch Balkonbrüstungen) eingesetzt werden, sie<br />

können aber auch ganze Fassaden überdecken.<br />

Umfangreiche Erfahrungen hierzu wurden insbesondere<br />

in Österreich erworben <strong>und</strong> auch<br />

in Deutschland bestehen erste Pilotvorhaben.<br />

<strong>Sonne</strong>nstrahlung<br />

<strong>Sonne</strong>nstrahlung<br />

Zuluft<br />

Balkon<br />

Zuluft Wohnung<br />

Luftkollektor<br />

Zuluft Wohnung<br />

Am Beispiel eines Hochh<strong>aus</strong>es in der Krozinger<br />

Straße in Freiburg wurde 1999 das Konzept<br />

der solaren Luftvorwärmung realisiert. Eine Verglasung<br />

des Balkons <strong>und</strong> eine Verkleidung der


Prof. Dr. Bernhard Hoffschmidt Solarisierung von Altbauten<br />

Brüstung mit einem Metallabsorber führt zu<br />

einer solaren Vorwärmung von Luft: Die frische<br />

Luft wird durch den Luftspalt zwischen Absorber<br />

<strong>und</strong> Brüstung in den verglasten Balkon <strong>und</strong><br />

dann in die Wohnräume geführt. Die Frischluftströmung<br />

in die Wohnungen wird durch die<br />

Absaugung der Abluftanlage gewährleistet.<br />

Durch diese Maßnahme wurde der Heizwärmeverbrauch<br />

von 93,3 kWh/m²a auf 48,1 kWh/<br />

m²a reduziert.<br />

Die Entwicklung von farbigen selektiven Absorbern<br />

erweitert gerade beim Einsatz in der Sanierung<br />

die Anwendungsmöglichkeiten von fassadenintegrierten<br />

Warmwasserkollektoren [5].<br />

Bei dieser Maßnahme ist allerdings unbedingt<br />

auf die Feuchtebilanz in der dann dampfdichten<br />

Hülle zu achten.<br />

2.3 Gesamtkonzepte<br />

Eine der wesentlichen Her<strong>aus</strong>forderungen<br />

bei der solaren Sanierung besteht darin, ein<br />

schlüssiges Gesamtkonzept zu entwickeln.<br />

Hierbei stellt die Integration von Photovoltaik-<br />

Modulen in die Gebäudehülle eine ökologisch<br />

sinnvolle Ergänzung dar, da sich hierbei eine<br />

Kostenreduktion durch Mehrfachnutzung der<br />

physikalischen Eigenschaften von PV-Elementen<br />

ergibt.<br />

Die im Jahr 2001 von der Stadtbau Freiburg<br />

abgeschlossene Sanierung der Gebäude an der<br />

Wilmersdorfer Straße (Abb. 4) setzt auf vier<br />

wesentliche Komponenten:<br />

thermische Kollektoranlage zur Deckung<br />

des Warmwasserbedarfs<br />

verglaste Balkone<br />

fassadenintegrierte Photovoltaikanlage<br />

erhöhter baulicher <strong>Wärme</strong>schutz.<br />

Durch das Maßnahmenpaket wird insgesamt<br />

eine Reduktion des CO 2 -Ausstoßes in Höhe<br />

von ca. 200 t/a bewirkt.<br />

CO 2 -Emmission vor/nach der Sanierung [t CO 2 /a]<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

-100<br />

-200<br />

-300<br />

Strom<br />

vor Sanierung Einsparung nach Sanierung<br />

Warmwasser (Ges.)<br />

Heizung<br />

PV-Fassade<br />

Kesselanlage<br />

therm. Kollektoren<br />

<strong>Wärme</strong>dämmung<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 3 (links)<br />

Fassadenintegration<br />

farbiger Kollektoren<br />

Foto: AEE INTEC<br />

Abbildung 4 (rechts)<br />

Solare Sanierung in<br />

der Wilmersdorfer Str.<br />

in Freiburg mit 2 x 48<br />

Wohneinheiten<br />

Fotos: Fraunhofer ISE / S. Herkel<br />

Abbildung 5<br />

CO 2 - Einsparung durch<br />

Sanierungsmaßnahme<br />

in der Wilmersdorfer<br />

Straße<br />

Quelle: Stahl + Weiß<br />

101


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 6a<br />

Solare Sanierung von<br />

Plattenbauten in der<br />

Eiselstraße in Gera<br />

Quelle: TU Ilmenau 2004<br />

Abbildung 6b<br />

Vereinfachtes Schaltbild<br />

der Solaranlage<br />

Wohngelände Eiselstr.<br />

141-163 in Gera<br />

102<br />

2.4 Sanierung von Plattenbauten<br />

Plattenbauten stellen einen erheblichen Anteil<br />

des deutschen Wohngebäudebestandes dar.<br />

Ein vorbildliches Sanierungskonzept wurde in<br />

der Eiselstraße in Gera umgesetzt (Abb. 6).<br />

Neben einer deutlichen architektonischen<br />

Umstrukturierung <strong>und</strong> Akzentuierung wurden<br />

Solarkollektoren in die <strong>Wärme</strong>versorgung<br />

integriert. Die im Warmwasserspeicher<br />

Pumpe<br />

Kollektorfeld: 73,2 m 2<br />

Neigung: 30 °<br />

Ausrichtung: 30 °<br />

Kollektorfeld: 25,3 m 2<br />

Neigung: 90 °<br />

Ausrichtung: -30 °<br />

<strong>Wärme</strong>übertrager<br />

Kollektorkreis<br />

Pumpe<br />

Prof. Dr. Bernhard Hoffschmidt Solarisierung von Altbauten<br />

(ein spezieller Schichtspeicher) gesammelte<br />

Solarwärme wird über <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher dem<br />

kalten Trinkwasser zugeführt, sodass eine solare<br />

Deckung von 35 % bei einem Systemnutzungsgrad<br />

von 40 % erzielt wird. Solarkollektoren<br />

wurden in die geneigte Dachhaut sowie in<br />

die vertikale Südfassade integriert. Die solaren<br />

Nutzwärmekosten belaufen sich ohne Förderung<br />

auf 0,14 €/kWh.<br />

Schichtenladespeicher<br />

5000 Liter<br />

Pumpe<br />

Speicherbeladung Speicherentladung<br />

<strong>Wärme</strong>übertrager<br />

Trinkwasserkreis<br />

Fernwärme<br />

Bereitschaftsspeicher<br />

1000 Liter<br />

Kaltwasserzulauf


Prof. Dr. Bernhard Hoffschmidt Solarisierung von Altbauten<br />

3. Grüne Nahwärme im<br />

Gebäudebestand<br />

Es ist zu erwarten, dass Nahwärmesysteme,<br />

die auf der Nutzung von Biomasse aufbauen,<br />

in den nächsten Jahren auf Gr<strong>und</strong> günstiger<br />

Randbedingungen im Gebäudebestand zunehmend<br />

realisiert werden. Demzufolge werden<br />

sich Planer <strong>und</strong> Betreiber bei der Auslegung zunächst<br />

an dem <strong>Wärme</strong>bedarf orientieren, der<br />

sich zum Zeitpunkt der Errichtung <strong>aus</strong> dem<br />

mittleren <strong>Wärme</strong>dämmstandard der Gebäude<br />

im Versorgungsgebiet ergibt. Es ist jedoch<br />

davon <strong>aus</strong>zugehen, dass ein Teil der <strong>Wärme</strong>k<strong>und</strong>en<br />

zu einem späteren Zeitpunkt <strong>Wärme</strong>dämmmaßnahmen<br />

an ihren Häusern durchführen,<br />

vor allem dann, wenn eine Erneuerung<br />

der Gebäudehülle ansteht. Die damit verknüpfte<br />

Reduktion des <strong>Wärme</strong>bedarfs der wärmetechnisch<br />

sanierten Gebäude beeinfl usst die Höhe<br />

der verkauften <strong>Wärme</strong>menge insgesamt. Ein<br />

weitsichtiger Nahwärmebetreiber muss dies<br />

von Anfang an in seinen strategischen Überlegungen<br />

bzw. bei seiner Wirtschaftlichkeitsrechung<br />

berücksichtigen.<br />

Prinzipskizze: KWK mit Biogas<br />

1<br />

4<br />

6<br />

5<br />

Pufferspeicher<br />

3.1 Auslegungsaspekte bei Kraft-<strong>Wärme</strong>-<br />

Kopplung mit Biogas <strong>und</strong> Holz<br />

Den prinzipiellen Aufbau eines Nahwärmesystems<br />

zeigt beispielhaft Abb. 7.<br />

Die Holzverbrennung (Holzhackschnitzel)<br />

bietet eine Reihe von technischen Möglichkeiten,<br />

Nahwärmesysteme mit gleichzeitiger Stromproduktion<br />

aufzubauen. Je nach Leistungsbereich<br />

können die <strong>Energie</strong>wandler Stirlingmotor<br />

(35-150 kW el ), Dampfmotor (140-1.000 kW el ),<br />

ORC-Turbine (450-1.500 kW el ) <strong>und</strong> Dampfturbine<br />

(1,5-20 MW el ) für die Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />

eingesetzt werden. Ein wesentliches<br />

Merkmal dieser <strong>Energie</strong>wandler ist jedoch ihr<br />

im Vergleich zum Biogas geringerer Stromwirkungsgrad.<br />

Eine weitere Technik, die thermochemische<br />

Gaserzeugung <strong>aus</strong> Biomasse (Holz, Stroh),<br />

wird in den nächsten Jahren, auf Gr<strong>und</strong> eines<br />

inzwischen guten Entwicklungsstandes <strong>und</strong><br />

der vielfältigen Möglichkeiten, die sie bietet<br />

(KWK, Auskopplung regenerativer Kraftstoffe),<br />

zunehmend an Bedeutung gewinnen.<br />

3.2 Vergleich der jährlichen <strong>Wärme</strong>kosten<br />

Die jährlichen Kosten einer komplett erneuerten<br />

Öl-Zentralheizung werden den Jahreskosten<br />

beim Anschluss an ein Nahwärmenetz gegenübergestellt.<br />

Der Vergleich erfolgt für ein<br />

durchschnittliches Ein- bzw. Zweifamilienh<strong>aus</strong><br />

mit einem Ölbedarf von 3.300 Litern pro Jahr.<br />

3<br />

1 = Heizzentrale (BHKW + SpK)<br />

2 = Angeschlossene Gebäude<br />

3 = Nahwärmenetz<br />

2<br />

Räumliche Trennung von Heizzentrale<br />

<strong>und</strong> Biogasproduktion möglich<br />

4 = Biogaserzeugung<br />

5 = Stromeinspeisung<br />

6 = Kurzzeitspeicher<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 7<br />

Prinzipskizze eines<br />

Nahwärmesystems mit<br />

Biogasnutzung <strong>und</strong><br />

Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />

Quelle: ZSW<br />

103


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 8<br />

Kostenvergleich<br />

zwischen konventioneller<br />

Öl-Zentralheizung<br />

<strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>versorgung<br />

mittels Nahwärme<br />

durch Nutzung von<br />

Biomasse. Jahresnettokosten<br />

ohne MWSt.<br />

EFH = Einfamilienh<strong>aus</strong><br />

Quelle: ZSW<br />

104<br />

Die Nahwärmeversorgung entwickelt sich von<br />

einem anfänglichen Anschlussgrad von 25 %,<br />

auf 60 % sechs Jahre später. Nach 20 Jahren sind<br />

75 % aller Gebäude angeschlossen. Bezogen<br />

auf den Anfangswert nimmt der <strong>Wärme</strong>bedarf<br />

durch verbesserte <strong>Wärme</strong>dämmung gleichverteilt<br />

über den gesamten Ort um 1 % pro Jahr ab.<br />

Die Anschaffungskosten für die erneuerte<br />

Ölheizung betragen 7.400 € (Ölkessel, MSR-<br />

Technik, Öltank, Schornstein), die H<strong>aus</strong>anschlusskosten<br />

an die Nahwärme belaufen<br />

sich auf einmalig 7.500 €. Die Kostenrechnung<br />

erfolgt mit Hilfe der Kapitalwertmethode,<br />

der Kalkulationszinssatz beträgt 6 % <strong>und</strong> die<br />

Projektdauer 20 Jahre. (Abb. 8).<br />

Die jährlichen Vollkosten variieren bei der<br />

Öl-Zentralheizung im vorgegebenen Ölpreisintervall<br />

von 40 bis 60 Ct/l zwischen 2.400 <strong>und</strong><br />

3.100 €/a. Zum Vergleich: Der Ölpreis für eine<br />

Einkaufsmenge von 3.000 Litern liegt Mitte<br />

September 2005 bei 0,52 € /l (netto). Obwohl<br />

die Nahwärmeversorgung auf der Basis von Holz<br />

im betrachteten Leistungsbereich teurer ist als<br />

bei Biogas, kann die <strong>Wärme</strong> derzeit günstiger<br />

bereitgestellt werden, als bei einer konventionellen<br />

Ölheizung. Die Jahreskosten belaufen<br />

sich auf r<strong>und</strong> 2.680 €/a.<br />

Vollkosten [€/a]<br />

3500<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

1320<br />

472<br />

647<br />

0,40 €/l<br />

Noch günstiger ist die Nahwärmeversorgung<br />

mit Biogas, trotz der deutlich höheren Investitionskosten<br />

gegenüber Holz. Mit Jahreskosten<br />

von knapp 2.300 € weist sie den günstigsten<br />

Wert auf. Hier macht sich die hohe Stromproduktion<br />

auf Gr<strong>und</strong> des hohen Stromwirkungsgrades<br />

<strong>und</strong> damit höhere Stromerlöse positiv<br />

bemerkbar.<br />

3.3 Nachträgliche <strong>Wärme</strong>dämmung<br />

Die Auswirkungen nachträglicher <strong>Wärme</strong>dämmung<br />

auf die Rentabilität von Nahwärmesystemen<br />

mit Biomassenutzung wurden im<br />

Rahmen einer Konzeptstudie für die Nahwärmeversorgung<br />

einer Kleinstadt mit 5.000 Einwohnern<br />

untersucht. Die Nahwärmeversorgung<br />

baut auf Holzverbrennung mit nachgeschalteter<br />

ORC-Turbine (1 MW el ) zur Stromerzeugung auf.<br />

Es wurden drei verschiedene Ausb<strong>aus</strong>zenarien<br />

defi niert. In jedem Szenario wird der Fall „keine<br />

<strong>Wärme</strong>dämmung“ dem Fall „gleichmäßig verteilte<br />

<strong>Wärme</strong>dämmung“ gegenübergestellt.<br />

Die Eckdaten (Anschlussgrade) der Szenarien sind:<br />

1. Gr<strong>und</strong>variante: 25 % zu Beginn <strong>–</strong><br />

60 % nach 6 Jahren <strong>–</strong> 75 % nach 20 Jahren<br />

2. Langsame Entwicklung: 25 % zu Beginn <strong>–</strong><br />

50 % nach 20 Jahren<br />

3. Nahwärmebegeisterung: 50 % zu Beginn <strong>–</strong><br />

75 % nach 6 Jahren <strong>–</strong> 90 % nach 20 Jahren<br />

Öl-Zentralheizungen im EFH Nahwärme: Biomasse-KWK<br />

1650<br />

472<br />

647<br />

Kapitalkosten Öl-Zentralheizung<br />

Annuität Anschlußkosten<br />

1980<br />

472<br />

647<br />

Prof. Dr. Bernhard Hoffschmidt Solarisierung von Altbauten<br />

Betriebskosten Öl-Zentralheizung<br />

Gr<strong>und</strong>preis<br />

1400<br />

240<br />

654<br />

1783<br />

0,50 €/l 0,60 €/l Biogas-KWK Holz-KWK<br />

240<br />

654<br />

Brennstoffkosten Öl-Zentralheizung<br />

Arbeitspreis


Prof. Dr. Bernhard Hoffschmidt Solarisierung von Altbauten<br />

Beim Fall „gleichmäßig verteilte <strong>Wärme</strong>dämmung“<br />

ist der <strong>Wärme</strong>bedarf des gesamten<br />

Ortes nach 20 Jahren um 25 % geringer, als<br />

zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Nahwärme.<br />

Dies gilt in jedem Szenario. Den Einfl uss<br />

der <strong>Wärme</strong>dämmung auf die Rentabilität der<br />

Nahwärmeversorgung (<strong>aus</strong>gedrückt im<br />

Kapitalwert) zeigt Abb. 9.<br />

Die Variante „Langsame Entwicklung“ weist<br />

im Gegensatz zu den beiden anderen einen<br />

negativen Kapitalwert auf. Sie liegt somit <strong>aus</strong><br />

Sicht des Betreibers unterhalb der Gewinnschwelle.<br />

Zunehmende <strong>Wärme</strong>dämmung der<br />

Häuser <strong>und</strong> damit zurückgehender <strong>Wärme</strong>absatz<br />

hat einen deutlichen Einfl uss auf das<br />

wirtschaftliche Ergebnis. Dieser Einfl uss ist jedoch<br />

am geringsten, wenn sich der Anschlussgrad<br />

auf hohem Niveau befi ndet (Variante<br />

„Nahwärmebegeisterung“).<br />

Auch beim mittleren Szenario führt zunehmende<br />

<strong>Wärme</strong>dämmung nicht zur Unwirtschaftlichkeit<br />

des Projekts. Stabilisierend wirken in jedem<br />

Fall die sich vergleichsweise geringfügig ändernden<br />

Stromerlöse bei Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung.<br />

Die genannten Solaranlagen Wilmersdorfer<br />

Straße in Freiburg <strong>und</strong> Eiselstraße in Gera<br />

wurden mit Förderung des B<strong>und</strong>es (BMU)<br />

im Programm Solarthermie2000 realisiert.<br />

Relativer Kapitalwert [%]<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

-20<br />

Literatur<br />

[1] Voss K., Solarenergienutzung bei der<br />

Sanierung von Gebäuden, Forschungs-<br />

Verb<strong>und</strong> <strong>Sonne</strong>nenergie „Themen 97/98“,<br />

S. 87-94<br />

[2] Böhnisch H., Erbas K., Nast M.,<br />

Schreitmüller K., Nahwärme im Gebäude-<br />

bestand <strong>–</strong> Anlagenaspekte <strong>und</strong> Umsetzung,<br />

ForschungsVerb<strong>und</strong> <strong>Sonne</strong>nenergie<br />

„Themen 2001“, S. 82-91<br />

[3] Böhnisch H., Klingebiel M., Nast M.,<br />

Nahwärmefi bel Baden-Württemberg,<br />

Nahwärmekonzepte Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopp-<br />

lung <strong>und</strong> Erneuerbare <strong>Energie</strong>n, Wirt-<br />

schaftsministerium Baden-Württemberg,<br />

2004<br />

[4] Kleemann M., Heckler R., Kolb G.,<br />

Hille M., Die Entwicklung des <strong>Energie</strong>be-<br />

darfs zur <strong>Wärme</strong>bereitstellung in Gebäuden<br />

<strong>–</strong> Szenarioanalysen mit dem IKARUS-<br />

Raumwärmemodell, Bericht im Auftrag<br />

des Bremer <strong>Energie</strong>-Instituts, April 2000<br />

[5] Müller T., Wagner W., H<strong>aus</strong>ner R., Köhl M.,<br />

Herkel S., Höfl er K., Colourface <strong>–</strong> Farbige<br />

Fassadenkollektoren, Tagungsband<br />

Solartage Gleisdorf, 2004<br />

Vergleich der Kapitalwerte für drei Szenarien<br />

Nahwärmebegeisterung Gr<strong>und</strong>variante<br />

AG 50-75-90 AG 25-60-75<br />

ohne <strong>Wärme</strong>dämmung mit <strong>Wärme</strong>dämmung<br />

Langsame Entwicklung<br />

AG 25-50<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 9<br />

Die Auswirkung<br />

nachträglicher <strong>Wärme</strong>dämmung<br />

auf die<br />

Rentabilität eines<br />

Nahwärmesystems für<br />

eine Kleinstadt mit<br />

5.000 Einwohnern,<br />

AG = Anschlussgrade<br />

entsprechend der<br />

drei Szenarien<br />

Quelle: ZSW<br />

105


FVS LZE Themen 2005<br />

Michael Wigbels<br />

Fraunhofer UMSICHT<br />

Institut für Umwelt-,<br />

Sicherheits- <strong>und</strong><br />

<strong>Energie</strong>technik<br />

michael.wigbels@<br />

umsicht.fraunhofer.de<br />

Michael Nast<br />

DLR<br />

michael.nast@dlr.de<br />

Abbildung 1<br />

Anteil unterschiedlicher<br />

erneuerbarer <strong>Energie</strong>träger<br />

in Deutschland<br />

106<br />

Dezentrale <strong>Wärme</strong>einspeisung <strong>–</strong><br />

Integration in <strong>Wärme</strong>netze<br />

Der Einsatz regenerativer <strong>Energie</strong>träger gilt als<br />

ökologisch <strong>und</strong> energiewirtschaftlich vorteilhaft.<br />

Die mit der Verbrennung regenerativer <strong>Energie</strong>träger<br />

verb<strong>und</strong>enen Emissionen verhalten sich<br />

neutral im Bezug auf das Klima <strong>und</strong> die regenerativen<br />

<strong>Energie</strong>quellen stellen heimische Ressourcen<br />

dar, deren Einsatz eine Diversifi zierung der<br />

<strong>Energie</strong>versorgung <strong>und</strong> damit eine geringere<br />

Abhängigkeit von <strong>Energie</strong>importen erlaubt. Der<br />

Anteil regenerativer <strong>Energie</strong>träger an der <strong>Energie</strong>versorgung<br />

ist in den letzten Jahren gewachsen<br />

<strong>und</strong> wird vor<strong>aus</strong>sichtlich gemäß politischer Vorgaben<br />

<strong>und</strong> der gesellschaftlichen Akzeptanz<br />

zukünftig weiter steigen. Die verstärkte Integration<br />

der Solarthermie, Geothermie <strong>und</strong> Biomasse<br />

in die Versorgungssysteme der Zukunft<br />

erfordert neue technische Lösungen. Ziel dieser<br />

Technologien wird es sein, die Wirtschaftlichkeit<br />

von integrierten Versorgungssystemen mit unterschiedlichen<br />

regenerativen <strong>und</strong> konventionellen<br />

Primärenergieträgern zu verbessern.<br />

Solar-/Geothermie [TWh/a]<br />

3<br />

2,5<br />

2<br />

1,5<br />

1<br />

0,5<br />

0<br />

Michael Wigbels Dezentrale <strong>Wärme</strong>einspeisung <strong>–</strong> Integration in <strong>Wärme</strong>netze<br />

Solarthermie<br />

Geothermie (inkl. oberfl ächennahe Geothermie)<br />

Biothermie<br />

Daten <strong>und</strong> Prognosen<br />

Der Anteil unterschiedlicher erneuerbarer <strong>Energie</strong>träger<br />

an der <strong>Wärme</strong>versorgung in Deutschland<br />

hat sich innerhalb der letzten Jahre erheblich<br />

vergrößert (Abb. 1). Zurzeit werden etwa<br />

4,2 % des deutschen <strong>Wärme</strong>bedarfs von ca.<br />

1500 TWh/a mittels regenerativer Ressourcen<br />

gedeckt. Insbesondere die Strom- <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>erzeugung<br />

<strong>aus</strong> Biomasse (Holz, Stroh, Gülle<br />

etc.) stellt einen erheblichen Beitrag. Seit 1997<br />

hat sich dieser Anteil von 50 TWh/a um ca.<br />

20 % auf 60 TWh pro Jahr vergrößert [1].<br />

Der Anteil der Solar- <strong>und</strong> Geothermie an der<br />

<strong>Wärme</strong>versorgung ist zwar noch relativ gering,<br />

hat aber hohe Steigerungsraten. Der Beitrag<br />

solarthermischer Anwendungen zur <strong>Wärme</strong>versorgung<br />

hat sich seit 1997 auf mehr als<br />

2,5 TWh/a nahezu vervierfacht.<br />

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Biomasse [TWh/a]


Michael Wigbels Dezentrale <strong>Wärme</strong>einspeisung <strong>–</strong> Integration in <strong>Wärme</strong>netze<br />

Für die weitere Integration erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />

in die <strong>Energie</strong>versorgung Deutschlands<br />

reichen die derzeitigen Technologien nur schwerlich<br />

<strong>aus</strong>. Auch sind geeignete Versorgungsstrukturen<br />

zu entwickeln, die den speziellen Anforderungen<br />

regenerativer <strong>Wärme</strong>erzeugung gerecht<br />

werden. In vielen Fällen ist eine wirtschaftliche<br />

Versorgung mit erneuerbaren <strong>Energie</strong>n nur<br />

durch die Zusammenfassung einer begrenzten<br />

Anzahl von <strong>Wärme</strong>abnehmern möglich.<br />

Das Optimum hinsichtlich eines ökonomischen<br />

Betriebs liegt dabei zwischen einem vollständig<br />

dezentralen <strong>und</strong> einem zentralen System mit<br />

ihren jeweiligen Vorzügen:<br />

Dezentral<br />

Reduktion der Transportwege bei räumlich<br />

verteilter Nutzung regenerativer Ressourcen<br />

Effi zienzsteigerung u. a. durch geringere<br />

Transportverluste<br />

Eine lokale Nutzung erfordert meist nur<br />

geringere Vorlauftemperaturen<br />

Zentral<br />

Bündelung des <strong>Wärme</strong>bedarfs vieler Abnehmer<br />

Aufwand zur Erschließung bzw. Aufbereitung<br />

der Primärenergie sowie zur Abgasbehand -<br />

lung (Biomasse) ist in größeren Anlagen<br />

wirtschaftlicher<br />

Saisonaler <strong>Energie</strong>anfall erfordert große,<br />

zentrale Speicher (Solarthermie)<br />

Der Einsatz von Nahwärmesystemen vereint<br />

die Vorzüge beider Strategien. Dennoch sind<br />

zur effi zienten Integration erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />

noch Weiterentwicklungen vorzunehmen.<br />

Diese werden bei Betrachtung des derzeitigen<br />

Entwicklungsstandes dezentraler<br />

Nahwärmesysteme deutlich.<br />

Technologie der<br />

dezentralen Versorgung<br />

Abb. 2 zeigt die Struktur eines <strong>Wärme</strong>versorgungssystems<br />

mit Einkopplung solarthermischer<br />

<strong>Energie</strong>. Zur <strong>Energie</strong>erzeugung werden dezentrale<br />

Solarkollektoren eingesetzt, die auf den Dächern<br />

der zu beheizenden Häusern montiert sind.<br />

Diese <strong>Wärme</strong> wird mittels eines ersten Verteilungssystems<br />

(Solarnetz) gesammelt <strong>und</strong> einer<br />

Heizzentrale zugeführt. Innerhalb dieser wird<br />

je nach Versorgungslage die <strong>Wärme</strong> in einem<br />

saisonalen Speicher geleitet oder in einem<br />

zweiten Rohrleitungssystem (Nahwärmenetz)<br />

wieder verteilt. Gegebenfalls erfolgt bei leerem<br />

Speicher oder zur Spitzenlastdeckung eine<br />

<strong>Wärme</strong>erzeugung mittels Gaskessel.<br />

Der entscheidende Vorteil dieser Integration von<br />

dezentralen Solarkollektoren in ein <strong>Wärme</strong>netz<br />

besteht darin, dass durch die Möglichkeit zur<br />

zentralen Speicherung großer <strong>Wärme</strong>mengen<br />

der Heizungsbedarf <strong>und</strong> die Erzeugung regenerative<br />

<strong>Energie</strong> zeitlich entkoppelt werden. Auf<br />

diese Weise kann die im Sommer im Überfl uss<br />

vorhandene Solarenergie im Winter, zu Zeiten<br />

hohen <strong>Wärme</strong>bedarfs, genutzt werden.<br />

Nachteil der Technologie ist die aufwändige<br />

Bauweise insbesondere des Verteilsystems. Aus<br />

diesem Gr<strong>und</strong> lassen sich derartige Ansätze vor<strong>aus</strong>sichtlich<br />

nur in dicht bebauten Neub<strong>aus</strong>ied-<br />

lungen einsetzten, in denen die spezifi schen<br />

Aufwendungen für die Rohrleitungssysteme<br />

geringer sind. Darüber hin<strong>aus</strong> sind die Vorlauftemperaturen<br />

im Nahwärmesystem verhältnismäßig<br />

gering, sodass in den Häusern zur<br />

Brauchwassererwärmung jeweils eine elektrische<br />

Nacherhitzung notwendig ist.<br />

Nach dem beschriebenen Konzept wurde<br />

innerhalb des Programms „50 Solarsiedlungen<br />

in NRW“ in Steinfurt Borghorst in den Jahren<br />

1998 bis 2000 eine solare <strong>Wärme</strong>versorgung<br />

realisiert. Die zur Beheizung der 42 Wohneinheiten<br />

installierte Gesamtkollektorfl äche beträgt<br />

510 m 2 .<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

107


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 2<br />

Schema einer<br />

dezentralen <strong>Wärme</strong>versorgung<br />

mit<br />

Solarkollektoren [2]<br />

108<br />

Heizzentrale<br />

Pufferspeicher<br />

Heizkessel<br />

Kies-Wasser-<strong>Wärme</strong>speicher<br />

Zur Speicherung wurde ein Kies/Wasserspeicher<br />

mit einem Volumen von 1500 m 3 eingesetzt.<br />

Gemäß der bisherigen Betriebserfahrung lässt<br />

sich der Gesamtwärmebedarf der 21 Doppelh<strong>aus</strong>hälften<br />

<strong>und</strong> Mehrfamilienhäuser zu 34 %<br />

durch Solarthermie decken. Der Großteil der<br />

<strong>Wärme</strong>menge muss daher trotz der Möglichkeit<br />

zur Langzeitspeicherung vom einem 550 kW<br />

Gas-Brennwertkessel in der Heizzentrale bereitgestellt<br />

werden. Insgesamt betrugen die zusätzlichen<br />

Kosten zum Aufbau der speziellen <strong>Wärme</strong>versorgung<br />

1,4 Mio. €. Die monatlichen Kosten<br />

für Heizung <strong>und</strong> Warmwasser liegen bei<br />

0,77 €/m² <strong>–</strong> 0,97 € /m² [3].<br />

Zukünftige Anforderungen<br />

an dezentrale Systeme<br />

Die weitere Integration von erneuerbaren <strong>Energie</strong>trägern<br />

wird eine Veränderung der Struktur<br />

zukünftiger <strong>Wärme</strong>versorgungssysteme nach<br />

sich ziehen müssen. So sollte eine Entwicklung<br />

hin zu fl exibleren Strukturen angestrebt werden.<br />

Abb. 3 illustriert wie ein fl exibles dezentrales<br />

Versorgungssystem <strong>aus</strong>sehen könnte.<br />

Im optimalen Fall wäre es in zukünftigen dezentralen<br />

Systemen möglich, unterschiedliche regenerative<br />

<strong>Energie</strong>träger mit diversen Umwandlungstechnologien<br />

zu nutzen. Dieses bietet den<br />

Michael Wigbels Dezentrale <strong>Wärme</strong>einspeisung <strong>–</strong> Integration in <strong>Wärme</strong>netze<br />

Kollektorfelder<br />

Fußbodenheizung<br />

Kollektorfelder<br />

Radiator<br />

Strom<br />

Kaltwasser<br />

Nahwärmenetz<br />

Solarnetz<br />

Vorteil saisonale Schwankungen <strong>aus</strong>gleichen<br />

zu können, die spezifi sch für einzelne <strong>Energie</strong>träger<br />

sind. Gleichzeitig muss eine Struktur entwickelt<br />

werden, die die <strong>Wärme</strong>versorgung verschiedener<br />

Verbrauchertypen sicherstellen kann.<br />

Auf diese Weise entsteht ein möglichst großer<br />

Absatzmarkt. Schließlich ist ein kostengünstiges<br />

Verteilsystem zu erstellen, da nur auf diese Weise<br />

Nahwärmekonzepte unter der Randbedingung<br />

eines zukünftig sinkenden <strong>Wärme</strong>verbrauchs<br />

existieren können.<br />

In diesem Zusammenhang existiert für dezentrale<br />

<strong>Wärme</strong>versorgungssysteme noch ein erheblicher<br />

Entwicklungsbedarf. So ist eine effi -<br />

ziente Einkopplung solarthermischer <strong>Energie</strong><br />

<strong>und</strong> industrieller Abwärme mit meist schwankender<br />

oder niedriger Temperatur nur in<br />

Einzelfällen möglich.<br />

Gleiches gilt für die Integration von Erzeugungsanlagen<br />

mit saisonal schwankender Brennstoff-<br />

bzw. Primärenergiezufuhr, wie beispielsweise die<br />

Solarthermie. Hier sind weitere Forschungsarbeiten<br />

auf dem Sektor großräumiger Speicher<br />

notwendig.<br />

Die Integration vieler Kleinversorger (z. B. Mini-<br />

BHKW, Brennstoffzelle), in stark dezentralen<br />

Systemen wird darüber hin<strong>aus</strong> neue Konzepte<br />

zur Einkopplung der <strong>Wärme</strong>erzeuger <strong>und</strong><br />

innovative Regelstrategien erfordern. In diesem<br />

Zusammenhang erscheint eine zentrale<br />

Regelung sämtlicher KWK-Kleinversorger zur<br />

wirtschaftlich <strong>und</strong> ökologisch optimalen Bereitstellung<br />

von Strom <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong> analog den<br />

komplexen Leitsystemen „virtueller Kraftwerken“<br />

<strong>aus</strong>sichtsreich.


Michael Wigbels Dezentrale <strong>Wärme</strong>einspeisung <strong>–</strong> Integration in <strong>Wärme</strong>netze<br />

Handel <strong>und</strong> Gewerbe<br />

Aktuelle Forschungsthemen<br />

Derzeit werden „LowEx“-Technologien diskutiert,<br />

die sich mit der Nutzung von <strong>Wärme</strong> auf<br />

geringem Temperaturniveau befassen. Die Einspeisung<br />

in das Verteilungsnetz erfolgt dabei<br />

in Form einer Vorlauf- <strong>und</strong> Rücklauftemperaturanhebung<br />

[4]. Beide Ansätze weisen allerdings<br />

noch Nachteile bezüglich einer universellen<br />

Anwendbarkeit auf. Letztendlich besteht immer<br />

noch kein geeignetes Konzept zur Einkopplung<br />

von <strong>Wärme</strong> relativ geringer Temperatur<br />

(< 50 °C).<br />

Darüber hin<strong>aus</strong> ist die Integration vieler kleiner<br />

KWK-Komponenten in ein <strong>Wärme</strong>netz ein<br />

Forschungsthema. Hierbei spielt insbesondere<br />

die Entwicklung eines effi zienten Betriebs-<br />

<strong>und</strong> Regelungskonzepts eine große Rolle.<br />

Das Fraunhofer Institut UMSICHT hat unterschiedliche<br />

Regelungskonzepte für Pumpen<br />

<strong>und</strong> Erzeuger analysiert. Hierbei wurde sowohl<br />

die Umwälzung des Heizwassers in einer zentralen<br />

Pumpstation als auch mittels vieler<br />

dezentraler Pumpen beleuchtet. Des Weiteren<br />

wurden Regeln für die Einschaltreihenfolge<br />

der Versorger ermittelt. Die Betrachtung der<br />

Wirtschaftlichkeit überwiegend dezentraler<br />

Systeme zeigte, dass diese durch<strong>aus</strong> Vorteile<br />

gegenüber zentralen Strukturen aufweisen.<br />

Abwärme Solarthermie<br />

Industrie<br />

Biomasse HW/HKW Geothermie<br />

H<strong>aus</strong>halt<br />

Am Fraunhofer Institut UMSICHT wurden darüber<br />

hin<strong>aus</strong> Überlegungen angestellt, Nahwärmenetze<br />

analog elektrischen Versorgungsnetzen<br />

aufzubauen. Die Unterteilung des elektrischen<br />

<strong>Energie</strong>netzes in unterschiedliche Spannungsebenen<br />

bietet den Vorteil, dass relativ problemlos<br />

<strong>Energie</strong>quellen mit unterschiedlichem<br />

Spannungsniveau eingekoppelt werden können.<br />

Auch dezentrale Kleinanlagen mit niedriger<br />

Spannung können effektiv genutzt werden.<br />

Eine Transformation führt dazu, dass die eingespeiste<br />

<strong>Energie</strong> quasi im gesamten Netzbereich<br />

wieder entnommen werden kann.<br />

Ein <strong>Wärme</strong>netz, das analog in unterschiedliche<br />

„Temperaturebenen“ unterteilt ist, bietet<br />

zum Teil ähnliche Vorteile. Abb. 4 stellt dieses<br />

beispielhaft dar.<br />

GuD Industrie<br />

BHKW Industrie<br />

Solar Siedlung<br />

Übergabestation<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 3<br />

<strong>Wärme</strong>versorgung<br />

mit unterschiedlichen<br />

Erzeugungstechnologien<br />

<strong>und</strong><br />

Verbrauchern<br />

Abbildung 4<br />

Analogie eines<br />

<strong>Wärme</strong>verteilungssystems<br />

<strong>und</strong> mit<br />

einem Stromnetz<br />

Übergabestation<br />

Ebene 1:<br />

z.B. 120/80<br />

Ebene 2:<br />

z.B. 90/60<br />

Ebene 3:<br />

z.B. 70/50<br />

109


FVS LZE Themen 2005<br />

110<br />

Problemlos wäre es auf diese Weise möglich,<br />

<strong>Energie</strong> von Erzeugern mit hohem Temperaturniveau<br />

innerhalb oder in untergeordneten<br />

Ebenen zu nutzen. Auch bietet sich die Chance<br />

regenerative <strong>Energie</strong>träger, die im Allgemeinen<br />

ein niedriges Temperaturniveau haben, innerhalb<br />

einer Ebene zu nutzen. Im Gegensatz zu<br />

elektrischen Netzen besteht hier allerdings nicht<br />

die Möglichkeit, <strong>Energie</strong> relativ verlustfrei in<br />

eine übergeordnete Ebene zu transportieren.<br />

Zu diesem Zweck müssten <strong>Wärme</strong>pumpen<br />

oder <strong>Wärme</strong>transformatoren eingesetzt werden,<br />

denen <strong>Energie</strong> für die Transformation zugeführt<br />

werden muss. Auch dieses könnte in Einzelfällen<br />

zu wirtschaftlichen Ergebnissen führen.<br />

Dennoch ist die Nutzung der eingespeisten<br />

<strong>Energie</strong> innerhalb der jeweiligen Ebene bzw.<br />

in einer untergeordneten Ebene wirtschaftlich<br />

<strong>aus</strong>sichtsreicher <strong>und</strong> liegt hinsichtlich der<br />

Erzeuger- <strong>und</strong> Verbraucherstruktur vor<strong>aus</strong>sichtlich<br />

häufi ger vor. Ziel der Forschung ist es, die<br />

gr<strong>und</strong>sätzliche Strategie zu konkretisieren <strong>und</strong><br />

mögliche Einsatzgebiete zu formulieren.<br />

Literatur<br />

[1] Erneuerbare <strong>Energie</strong>n <strong>–</strong> Innovationen für<br />

die Zukunft; BMU; 2004<br />

[2] Solarthermische Langzeit-<strong>Wärme</strong>speicherung;<br />

Dipl.-Ing. M. Bodmann,<br />

Prof. Dr.-Ing. M. N. Fisch; Institut für<br />

Gebäude- <strong>und</strong> Solartechnik (IGS), TU<br />

Braunschweig<br />

[3] Solarsiedlung Steinfurt Borghorst. 50<br />

Solarsiedlungen in Nordrhein-Westfalen;<br />

Landesinitiative Zukunftsenergien NRW;<br />

2004<br />

[4] http://www.energiesystemederzukunft.at/<br />

edz_pdf/20050420_feet_02_projektergeb<br />

nisse_streicher.pdf<br />

Michael Wigbels Dezentrale <strong>Wärme</strong>einspeisung <strong>–</strong> Integration in <strong>Wärme</strong>netze


Dr. Ahmet Lokurlu Solarunterstützte KWKK<br />

Solarunterstützte<br />

Kraft-<strong>Wärme</strong>-<strong>Kälte</strong>-Kopplung <strong>–</strong><br />

Hybridsysteme im Trend<br />

Einleitung<br />

Seit Beginn der Menschheit wird <strong>Energie</strong> zur<br />

Steigerung der Lebensqualität <strong>und</strong> Produktivität<br />

eingesetzt. Die absolute Höhe des <strong>Energie</strong>bedarfs<br />

stieg nahezu kontinuierlich bis zum heutigen<br />

Tag an. Zusätzlich verschoben sich, als<br />

Spiegelbild der Gesellschaftsstruktur, die Anteile<br />

der einzelnen Bedarfssektoren am Gesamtbedarf.<br />

Der seit der industriellen Revolution<br />

hinzugekommene Bedarfssektor „Industrie“<br />

hat aufgr<strong>und</strong> der damit sprunghaft gestiegenen<br />

Produktivität <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen<br />

materiellen Lebensqualität ebenfalls zu einem<br />

deutlich erhöhten <strong>Energie</strong>bedarf geführt.<br />

Eine effi zientere Nutzung der <strong>Energie</strong>träger<br />

mit Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung (KWK) <strong>und</strong> Kraft-<br />

<strong>Wärme</strong>-<strong>Kälte</strong>-Kopplung (KWKK) führt zur<br />

Reduzierung des Ressourcenbedarfs <strong>und</strong> des<br />

Emissions<strong>aus</strong>stoßes klimarelevanter Schadstoffe.<br />

Diese Technologien auf rein fossiler Basis zu<br />

nutzen, reicht jedoch langfristig nicht <strong>aus</strong>.<br />

Eine intelligente Weiterentwicklung liegt in der<br />

solarunterstützten KWK <strong>und</strong> KWKK, wodurch<br />

der Bedarf fossiler <strong>Energie</strong>träger <strong>und</strong> dadurch<br />

die Schadstoffemissionen verringert werden.<br />

Dieser Beitrag stellt beispielhafte Hybrid-<br />

Anlagenkonzepte <strong>und</strong> Anlagenkomponenten<br />

vor, die eine <strong>Energie</strong>versorgung von Gebäudekomplexen<br />

wie Hotelanlagen oder Krankenhäuser<br />

mit <strong>Wärme</strong>, <strong>Kälte</strong> <strong>und</strong> Strom durch<br />

solarunterstützte KWKK sicherstellen. Bei der<br />

gekoppelten Erzeugung lassen sich <strong>Energie</strong>verluste,<br />

die bei der getrennten Erzeugung<br />

entstehen, vermeiden.<br />

Anwendungen<br />

der KWKK-Anlagen<br />

In den Sommermonaten sind die Nah- <strong>und</strong><br />

Fernwärmenetze der regionalen <strong>Energie</strong>versorger,<br />

in die mittlerweile auch solarthermische<br />

Anlagen einspeisen, aufgr<strong>und</strong> des geringen<br />

sommerlichen <strong>Wärme</strong>bedarfes relativ wenig<br />

<strong>aus</strong>gelastet, was mit einer geringen Temperaturabsenkung<br />

verb<strong>und</strong>en ist. Zur besseren energetischen<br />

Nutzung dieser Netze können <strong>Wärme</strong>kraftmaschinen<br />

eingesetzt werden, die Strom<br />

<strong>aus</strong> der thermischen <strong>Energie</strong> gewinnen <strong>und</strong><br />

diesen in das öffentliche Netz einspeisen.<br />

Der nicht in Strom konvertierbare <strong>Energie</strong>anteil<br />

kann in Prozesswärmeanwendungen mit<br />

Temperaturen bis 100 °C genutzt werden.<br />

Dieses Zusammenwirken fossiler <strong>und</strong> solarer<br />

<strong>Energie</strong>quellen wird als solarunter stützte KWK<br />

bezeichnet <strong>und</strong> trägt wesentlich zu einer<br />

wirtschaftlicheren Nutzung bei.<br />

In den Sommermonaten wird allerdings gerade<br />

in vielen öffentlichen Gebäuden verstärkt <strong>Kälte</strong><br />

für die Kühlung <strong>und</strong> Klimatisierung benötigt.<br />

Im Jahre 1996 wurden in Europa allein für kleine<br />

Klimaanlagen mit Kühlleistungen von bis zu<br />

12 kW insgesamt 11.000 GWh an Primärenergie<br />

verbraucht. EU-Studien sagen vor<strong>aus</strong>, dass dieser<br />

Wert im Jahr 2020 auf das Vierfache, nämlich<br />

44.000 GWh ansteigen wird [1].<br />

Dieser Bedarf wird zurzeit noch überwiegend<br />

unter Verwendung von elektrisch betriebenen<br />

Kompressionskältemaschinen (KKM) bereitgestellt.<br />

Der Ersatz von Kompressionskältemaschinen<br />

durch thermisch angetriebene<br />

Absorptionskältemaschinen (AKM) reduziert<br />

den Strombedarf. Die <strong>Wärme</strong>netze <strong>und</strong> solarthermischen<br />

Anlagen werden durch die damit<br />

verb<strong>und</strong>ene gleichmäßigere Verteilung des<br />

<strong>Wärme</strong>bedarfs über das ganze Jahr besser<br />

<strong>aus</strong>gelastet, wodurch die Wirtschaftlichkeit<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Dr. Ahmet Lokurlu<br />

SOLITEM GmbH<br />

a.lokurlu@solitem.de<br />

Dr. Reiner Buck<br />

DLR<br />

reiner.buck@dlr.de<br />

Dr. Christian Dötsch<br />

Fraunhofer UMSICHT<br />

christian.doetsch@umsicht.<br />

fraunhofer.de<br />

Dr. Hans-Martin<br />

Henning<br />

Fraunhofer ISE<br />

hans-martin.henning@<br />

ise.fraunhofer.de<br />

111


FVS LZE Themen 2005<br />

112<br />

dieser Netze <strong>und</strong> der sie speisenden, fossil<br />

betriebenen <strong>und</strong> solarthermischen Anlagen<br />

enorm erhöht wird.<br />

Zusätzlich zu dem ungleich verteilten <strong>Kälte</strong>bedarf<br />

für Klimatisierungszwecke ist ein relativ<br />

konstanter <strong>Kälte</strong>bedarf der Industrie für <strong>Kälte</strong>prozesse<br />

vorhanden. Auch dieser wird größtenteils<br />

noch mit KKM oder mit durch Industrieabwärme<br />

angetriebenen AKM gedeckt. Aufgr<strong>und</strong><br />

des besseren <strong>Wärme</strong>schutzes (<strong>Energie</strong>einsparverordnung)<br />

ist ein zurückgehender <strong>Wärme</strong>bedarf<br />

an Nah- <strong>und</strong> Fernwärme zu verzeichnen,<br />

gleichzeitig wird ein größerer Kühlungsbedarf<br />

aufgr<strong>und</strong> unterschiedlicher Ursachen notwendig.<br />

Deshalb ist die Erzeugung von <strong>Kälte</strong> <strong>aus</strong><br />

<strong>Wärme</strong> zunehmend wirtschaftlich bedeutender.<br />

Durch die Systemeffi zienz der solarunterstützten<br />

KWKK kann eine Senkung der Strombedarfsspitzen<br />

im Sommer erreicht werden, wodurch<br />

die Betriebskosten signifi kant gesenkt werden.<br />

Bei entsprechend großem <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>bedarf<br />

sind deshalb dezentrale KWKK-Anlagen<br />

zu empfehlen. Bei einigen Verfahren kann das<br />

Verhältnis von Strom-, <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>erzeugung<br />

in weiten Bereichen variiert werden,<br />

während bei anderen Verfahren eher ein festes<br />

Verhältnis vorgegeben ist. Anlagen, bei denen<br />

die Anteile von Strom, <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> nicht<br />

variiert werden können, sind besonders für eine<br />

am <strong>Wärme</strong>- bzw. <strong>Kälte</strong>bedarf orientierte Betriebsweise<br />

geeignet. Mit der Einbindung von <strong>Wärme</strong>-<br />

<strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>speichern bietet sich jedoch auch hier<br />

die Möglichkeit eines variablen Anlagenbetriebs,<br />

der auch an den aktuellen Strombedarf bzw.<br />

Strombezugspreis angepasst werden kann, um<br />

den Bedarf kostenoptimal zu decken.<br />

Dr. Ahmet Lokurlu Solarunterstützte KWKK<br />

<strong>Wärme</strong>-Kraft-Maschinen<br />

Prinzipiell können verschiedenste Arten von<br />

Maschinen, wie z. B. ORC 1 -Turbinen, Dampf-<br />

<strong>und</strong> Mikroturbinen sowie Stirling- <strong>und</strong> Dampfmaschinen<br />

für die Umwandlung von Solarwärme<br />

in elektrische <strong>Energie</strong> genutzt werden.<br />

Außerdem ist die Einbindung der Solarenergie<br />

auf höherem Temperaturniveau mittels<br />

Gasturbinen <strong>und</strong> Dampfturbinen möglich.<br />

ORC- <strong>und</strong> Dampf-Turbinen gibt es ab einer<br />

elektrischen Leistung von 200 kW el . Für kleinere<br />

Leistungsbereiche bis etwa 150 kW el <strong>und</strong> damit<br />

dezentrale Versorgungskonzepte eignen sich<br />

auch Stirlingmotoren. Die Stirlingmotoren sind<br />

aufgr<strong>und</strong> der extern angeordneten <strong>Wärme</strong>quelle<br />

hervorragend für die Nutzung solarer<br />

<strong>Wärme</strong> geeignet. Stirlingmotoren im kleineren<br />

Leistungsbereich (5-25 kW el ) sind in der Entwicklung<br />

<strong>und</strong> werden in Kombination mit Hochtemperaturwärme<br />

von Parabolspiegeln getestet [2].<br />

Mikroturbinen werden derzeit im Leistungsbereich<br />

von 30 bis 200 kW el angeboten. Aufgr<strong>und</strong><br />

der hohen Abgastemperatur eignen sie sich sehr<br />

gut für die Kombination mit Absorptionskältemaschinen.<br />

Die Auswahl der <strong>Wärme</strong>-Kraft-Maschine ist vom<br />

Betriebstemperaturniveau, ihrer Effi zienz imTeillastbetrieb<br />

<strong>und</strong> von den <strong>Wärme</strong>quellen bzw.<br />

-senken im KWKK-System abhängig. Sie kann<br />

erst nach einer genauen Analyse des gesamten<br />

<strong>Energie</strong>versorgungssystems vorgenommen<br />

werden.<br />

<strong>Kälte</strong>maschinen<br />

Die <strong>Kälte</strong>erzeugung mit thermisch angetriebenen<br />

<strong>Kälte</strong>maschinen ist ideal zur besseren<br />

Auslastung von <strong>Wärme</strong>netzen <strong>und</strong> solarthermischen<br />

Anlagen mit KWKK-Systemen geeignet.<br />

In Deutschland werden pro Jahr ca. 1000 Gebäude<br />

mit Vollklimaanlagen <strong>aus</strong>gestattet. Dies<br />

entspricht einer jährlich installierten <strong>Kälte</strong>leistung<br />

von 500 MW th . Die Haupteinsatzgebiete<br />

der <strong>Kälte</strong>maschinen liegen im Bereich von<br />

1 ORC = Der Organic-Rankine-Cycle (ORC) ist ein nicht-<br />

überhitzender thermodynamischer Zyklus, in dem eine<br />

organische Betriebsfl üssigkeit Elektrizität erzeugt.


Dr. Ahmet Lokurlu Solarunterstützte KWKK<br />

Büro- , Verwaltungs- <strong>und</strong> EDV-Gebäuden sowie,<br />

Krankenhäusern, Hotels <strong>und</strong> sonstigen Zweckbauten.<br />

Schätzungen für die derzeit im Klimakältebereich<br />

installierte <strong>Kälte</strong>leistung einschließlich<br />

der Lebensmittelbranche <strong>und</strong> der Industrie<br />

gehen von ca. 20 GW th <strong>aus</strong>. [5]<br />

Folgende <strong>Kälte</strong>maschinen werden im<br />

Allgemeinen eingesetzt:<br />

Absorptionskältemaschinen<br />

(Wasser-LiBr-AKM, Wasser-Ammoniak-AKM)<br />

Adsorptionskältemaschinen<br />

Kaltgasmaschinen<br />

Dampfstrahlkältemaschinen<br />

Die aufgeführten <strong>Kälte</strong>maschinentypen unterscheiden<br />

sich hinsichtlich der Verfahren, des<br />

Antriebs <strong>und</strong> des zur Verfügung gestellten<br />

Temperaturnive<strong>aus</strong> des <strong>Kälte</strong>bedarfs (Klimakälte<br />

> 6 °C, Prozesskälte < 0 °C). Die Wahl einer<br />

geeigneten <strong>Kälte</strong>maschine für ein solarunterstütztes<br />

KWKK-Konzept ist mit einer <strong>Kälte</strong>bedarfsanalyse,<br />

den technischen Optionen zur<br />

Klima- <strong>und</strong> Prozesskältebereitstellung <strong>und</strong> einer<br />

gründlichen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung<br />

verb<strong>und</strong>en. Beeinfl usst wird dies sowohl durch<br />

die Anforderungen an die Qualität <strong>und</strong> Charakteristik<br />

der <strong>Kälte</strong>last als auch durch die lokalen<br />

geographischen Bedingungen für die Aufstellung<br />

der <strong>Kälte</strong>maschine <strong>und</strong> Rückkühlwerke.<br />

Zu beachten ist außerdem, dass thermische<br />

<strong>Kälte</strong>maschinen eine hohe Sensitivität gegenüber<br />

den Antriebs-, Kühlwasser- <strong>und</strong> Rückkühl-<br />

bzw. Kühlturmtemperaturen aufweisen. Deshalb<br />

ist es notwendig, bei der Auslegung oder dem<br />

Betrieb die möglichen Optimierungspotenziale<br />

zusammen mit der Anwendung moderner<br />

Technologien zu erschließen.<br />

Solarkollektoren<br />

Für einen effi zienten Betrieb der <strong>Wärme</strong>-Kraft-<br />

Maschinen im mittleren Leistungsbereich sind<br />

Temperaturen von 200 °C bis 400 °C erforderlich.<br />

Die Kollektoren der bisher realisierten<br />

Solarkraftwerke in Kramer Junction (USA) <strong>und</strong><br />

die verbesserten Parabolrinnenkollektoren vom<br />

Typ EuroTrough können <strong>Wärme</strong> auf diesem<br />

Temperaturniveau effi zient bereitstellen.<br />

Allerdings sind diese Kollektoren für kleinere<br />

Kollektorfelder mit Aperturfl ächen von einigen<br />

H<strong>und</strong>ert Quadratmetern nicht wirtschaftlich<br />

nutzbar. Diese Lücke schließen mittelgroße<br />

Parabolrinnenkollektoren, die von der Firma<br />

SOLITEM entwickelt <strong>und</strong> eingesetzt werden.<br />

Diese Kollektoren werden durch effi zienzsteigernde<br />

Maßnahmen, wie z. B. Vakuumabsorber<br />

<strong>und</strong> hinreichend hohe Konzentrationsfaktoren<br />

der Solarstrahlung weiter verbessert. Die<br />

Parabolrinnenkollektoren der SOLITEM PTC-<br />

Reihe 2 stellen bereits heute <strong>Wärme</strong> mit Temperaturen<br />

von 250 °C <strong>und</strong> höher für Strom-,<br />

Prozesswärme- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>erzeugung bereit.<br />

Für Temperaturen über 400 °C werden punktkonzentrierende<br />

Systeme wie Parabolspiegel<br />

(bis 25 kW el ) oder kleine Heliostatfelder (ab<br />

100 kW el ) eingesetzt. Verschiedene derartige<br />

Systeme wurden als Demonstrationsanlagen<br />

gebaut.<br />

Anlagenkonzepte der<br />

solarunterstützten KWKK<br />

Eine Möglichkeit der solarunterstützten KWKK<br />

ist die Kopplung einer Absorptionskälteanlage<br />

mit einer solarunterstützten KWKK-Anlage<br />

(Abb. 1). Dabei nutzt die <strong>Kälte</strong>anlage die Abwärme<br />

der BHKW-Anlage <strong>und</strong> die Solarwärme.<br />

Mit der gekoppelten Erzeugung der Nutzenergieformen<br />

<strong>Wärme</strong>, <strong>Kälte</strong> <strong>und</strong> elektrische <strong>Energie</strong><br />

durch den Einsatz einer Absorptionskälteanlage<br />

<strong>und</strong> durch die Nutzung der Solarenergie als<br />

<strong>Wärme</strong>quelle wird Brennstoff eingespart.<br />

Das führt zu wirtschaftlichen Vorteilen <strong>und</strong> zu<br />

Schadstoffemissionsminderungen. Während die<br />

meisten Kompressionskälteanlagen als Arbeitsmittel<br />

FCKW verwenden, nutzen Absorptionsanlagen<br />

andere <strong>Kälte</strong>mittel, wie z. B. Lithiumbromid<br />

(LiBr)-Wasser oder Ammoniak-Wasser.<br />

Die Auslegung einer KWKK-Anlage richtet<br />

sich nach der Bedarfsstruktur des Verbrauchers.<br />

In der Kombination mit der BHKW-Technik wird<br />

deshalb oft ein Spitzenlastkessel eingesetzt.<br />

2 PTC = Parabolic Trough Collectors<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

113


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 1<br />

<strong>Energie</strong>versorgung<br />

eines Hotels mit<br />

<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> Elektroenergie<br />

<strong>aus</strong> dem<br />

BHKW, Zusatz- <strong>und</strong><br />

Ersatzstromversorgung<br />

<strong>aus</strong> dem Netz <strong>und</strong> mit<br />

Solarwärme [3]<br />

114<br />

Stromverbraucher<br />

Elektrizitätsanlage<br />

<strong>Kälte</strong>verbraucher<br />

Rückkühlanlage<br />

Kaltwasserschiene<br />

AKM<br />

AKM = Absorptionskältemaschine<br />

Bei dem System wird zusätzlich die Solarwärme<br />

in das System eingekoppelt. Ein Konzept mit<br />

Spitzenlastkessel bietet den Vorteil, dass Schwankungen<br />

im Solarstrahlungsangebot <strong>aus</strong>geglichen<br />

werden können. Für solche Systeme bieten sich<br />

besonders in den Gebieten mit einem hohen<br />

Anteil an direkter Solarstrahlung gute Nutzungsmöglichkeiten<br />

der Solarenergie. So können z. B.<br />

in den Mittelmeerländern bis zu 70 % des für<br />

<strong>Kälte</strong>erzeugung benötigten <strong>Wärme</strong>bedarfs durch<br />

Solarenergie bereitgestellt werden [3]. Durch<br />

dieses Anlagensystem lassen sich gegenüber dem<br />

heutigen Stand der Technik erhebliche Mengen<br />

an fossilen <strong>Energie</strong>trägern <strong>und</strong> damit große<br />

Mengen an Schadstoffemissioneneinsparen.<br />

Bei der Betrachtung der heutigen <strong>Energie</strong>versorgung<br />

von Hotelanlagen im Süden Europas, wo<br />

Milliarden von Kilowattst<strong>und</strong>en Strom nur für<br />

die Klimatisierung <strong>und</strong> für die Warmwasser- <strong>und</strong><br />

Heizwassererwärmung verwendet werden, wird<br />

die Notwendigkeit deutlich, in diesem Bereich<br />

die ersten Schritte in Richtung auf eine energiesparende<br />

<strong>und</strong> emissionsarme Versorgungsstruktur<br />

zu verwirklichen. Mit der Einbindung der<br />

Solarenergie in KWKK-Anlagen können die<br />

Systemeffi zienz weiter gesteigert, die Betriebskosten<br />

gesenkt <strong>und</strong> die Ressourcen geschont<br />

werden.<br />

In Abhängigkeit von den Parametern der für die<br />

KWKK-Anlagen verwendeten Komponenten <strong>und</strong><br />

Systemkonzepte gibt es weitere Möglichkeiten,<br />

Gasmotor-<br />

Generator-<br />

Aggregat<br />

Speicher<br />

Dr. Ahmet Lokurlu Solarunterstützte KWKK<br />

Solitem PTC Parabolrinnenkollektorfeld<br />

<strong>Wärme</strong>schiene<br />

Pufferspeicher<br />

<strong>Wärme</strong>verbraucher<br />

Zusatzheizung<br />

die Solarstrahlung einzuspeisen. Für eine hohe<br />

Effi zienz der Anlagen sind Temperaturen von<br />

200 °C bis 400 °C (Parabolrinnenkollektor) oder<br />

Temperaturen bis 900 °C (Solarturm) notwendig.<br />

Das Anlagenkonzept (Abb. 2) weist drei deutlich<br />

zu unterscheidende Kreisläufe auf:<br />

Im Solarkreislauf wird die Solarstrahlung von<br />

Parabolrinnenkollektoren in <strong>Wärme</strong> umge-<br />

wandelt <strong>und</strong> an ein <strong>Wärme</strong>trägermedium<br />

übertragen.<br />

Der Organic-Rankine-Kreislauf (ORC-Kreis-<br />

lauf) entzieht dem Solarkreislauf über einen<br />

Verdampfer <strong>Energie</strong>. Der Dampfkessel wird<br />

bei Bedarf zugeschaltet. Der Dampf des<br />

organischen Arbeitsmediums durchläuft eine<br />

Turbine, die einen Generator zur Stromerzeu-<br />

gung antreibt. Das entspannte Arbeitsmedi-<br />

um wird in einem Regenerator (Kondensator)<br />

wieder verfl üssigt <strong>und</strong> der Kreisprozess startet<br />

von neuem.<br />

Der <strong>Kälte</strong>kreislauf besteht <strong>aus</strong> einer zwei-<br />

stufi gen Absorptionskältemaschine (AKM),<br />

die den Sattdampf, der optional auch vom<br />

Dampfkessel bereitgestellt werden kann, bei<br />

ca. 4 bar der Dampfschiene als <strong>Energie</strong>input<br />

in <strong>Kälte</strong>energie überführt. Das erzeugte<br />

Kaltwasser wird über das Kaltwassersystem<br />

dem <strong>Kälte</strong>verbraucher zugeführt <strong>und</strong> strömt<br />

als aufgewärmtes Wasser wieder in die AKM<br />

zurück. Schließlich wird der AKM über einen<br />

Kühlturm die Restwärme entzogen.


Dr. Ahmet Lokurlu Solarunterstützte KWKK<br />

<strong>Wärme</strong>verbraucher<br />

Solarkreislauf<br />

Parabolrinnen-Kollektor<br />

Dampferzeuger<br />

Speicher<br />

Brennkammer<br />

P e =100 kW<br />

Verdampfer<br />

900 °C<br />

Bevor das <strong>Wärme</strong>trägermedium erneut im Parabolrinnenkollektorfeld<br />

erwärmt wird, überträgt<br />

der <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher die noch nutzbare <strong>Wärme</strong><br />

an die <strong>Wärme</strong>verbraucher für <strong>Wärme</strong> im Temperaturbereich<br />

unterhalb von 100 °C.<br />

Ein weiteres Anlagenkonzept stellt die Kombination<br />

einer solarunterstützten Gasturbine mit<br />

einer Absorptionskältemaschine dar. In einer<br />

Solarturm-Anlage wird mittels vieler Heliostate<br />

(nachgeführte Spiegel) die Solarstrahlung auf<br />

einen Receiver (Strahlungsempfänger) konzentriert.<br />

Im Receiver wird damit die zugeführte<br />

Luft <strong>aus</strong> der Gasturbine auf bis zu 900 °C erhitzt.<br />

Abb. 3 zeigt schematisch die Einkopplung der<br />

Dampfschiene<br />

OCR-Prozess <strong>Kälte</strong>kreislauf<br />

Turbine<br />

550 °C<br />

Dampfkessel<br />

G<br />

Generator<br />

Regenerator<br />

<strong>Wärme</strong>verbraucher<br />

Strahlungsempfänger<br />

Lufteintritt <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher<br />

für KWK<br />

<strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher 270 °C<br />

Solarenergie<br />

<strong>Kälte</strong>verbraucher<br />

Absorbtionskältemaschine<br />

Kühlturm<br />

Solarenergie in einen Mikroturbinen-Prozess.<br />

Vom Receiver strömt die erhitzte Luft in die<br />

Brennkammer, wo sie durch Zufeuerung auf die<br />

erforderliche Turbineneintrittstemperatur von<br />

950 °C gebracht wird. Nach Entspannung<br />

in der Turbine gibt das heiße Abgas einen Teil<br />

seiner <strong>Wärme</strong> im <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher an die komprimierte<br />

Luft, die zum Receiver strömt, ab.<br />

Mit der verbleibenden <strong>Wärme</strong> kann Prozesswärme<br />

oder <strong>Kälte</strong> erzeugt werden. Abb. 4 zeigt<br />

die Leistungskenndaten einer Anlage auf Basis<br />

einer kommerziellen Mikroturbine mit 100 kW el .<br />

Im Abgas-<strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher wird Wasser erhitzt,<br />

das zum Antrieb einer Absorptionskältemaschine<br />

genutzt wird.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 2<br />

Konzept für eine<br />

KWKK-Anlage mit<br />

Parabolrinnenkollektorfeld,<br />

ORC-Prozess<br />

<strong>und</strong> Absorptionskältemaschine<br />

von<br />

SOLITEM<br />

Abbildung 3<br />

Funktionsprinzip einer<br />

solarunterstützten<br />

Mikroturbine<br />

115


FVS LZE Themen 2005<br />

0 <strong>–</strong> 300 kW<br />

solar<br />

50 <strong>–</strong> 350 kW<br />

Brennstoff<br />

116<br />

Mikroturbine<br />

Abbildung 4 (rechts)<br />

Leistungsdaten einer<br />

Solarturm-KWKK-<br />

Anlage<br />

100 kW el<br />

270 °C<br />

Abgas<br />

85 °C<br />

10 kW <strong>Wärme</strong><br />

th<br />

50 /70 °C<br />

Abgaswärmeüberträger<br />

Abwärme<br />

32 /37 °C<br />

105 kW <strong>Kälte</strong><br />

th<br />

P10 =100 /16 °C kW<br />

e<br />

Absorbtionskältemaschine<br />

Durch die Möglichkeit der Zufeuerung kann<br />

die Anlage jederzeit gesichert elektrische<br />

Leistung bzw. <strong>Kälte</strong>-Leistung liefern. Je nach<br />

<strong>Sonne</strong>neinstrahlung kann die <strong>Energie</strong>bereitstellung<br />

weitgehend über <strong>Sonne</strong>, durch Brennstoff<br />

oder entsprechende Anteile beider Quellen<br />

erfolgen. Ein Backup-System für Zeiten ohne<br />

<strong>Sonne</strong>nschein kann somit entfallen. Ein Prototyp<br />

einer derartigen Anlage befi ndet sich derzeit in<br />

Empoli (Italien), im Aufbau <strong>und</strong> soll nach Fertigstellung<br />

zur Strom-, <strong>Kälte</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>versorgung<br />

eines Krankenh<strong>aus</strong>es beitragen [6].<br />

Kleine Anlagen für den<br />

elektrischen <strong>und</strong> thermischen<br />

Leistungsbereich von bis<br />

5 kW el <strong>und</strong> 30 kW th<br />

Die solarunterstützte KWKK kann auch zur<br />

Deckung des Bedarfes von Ein- <strong>und</strong> Zweifamilien-Häusern<br />

dienen. Dies erfordert kleine Kollektoren,<br />

die auf geneigten Dächern installiert<br />

werden können. Die Firma SOLITEM steht kurz<br />

vor der Markteinführung der dafür geeigneten<br />

kleinen Parabolrinnenkollektoren SOLITEM PTC<br />

1100. Des Weiteren sind kleine, hocheffi ziente<br />

<strong>Kälte</strong>- <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>kraftmaschinen notwendig.<br />

Verschiedene Forschungsinstitute <strong>und</strong> kommerzielle<br />

Unternehmen entwickeln zurzeit kleine<br />

Absorptionskältemaschinen von 30 kW <strong>Kälte</strong>leistung<br />

<strong>und</strong> Stirling- sowie Dampfmaschinen von<br />

einigen Kilowatt elektrischer Leistung für die<br />

solarunterstützte KWKK von Kleinverbrauchern.<br />

Dr. Ahmet Lokurlu Solarunterstützte KWKK<br />

Der Bedarf für Mikro-KWKK-Anlagen, die einige<br />

Kilowatt Strom, <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> bereitstellen,<br />

hat ein enormes Potenzial, besonders in den<br />

Mittelmeerländern. Die solare <strong>Wärme</strong>, <strong>Kälte</strong><br />

<strong>und</strong> Elektrizität kann durch Nutzung von thermischen<br />

Speichern auch nachts zur Verfügung<br />

gestellt werden. Dies ist besonders interessant<br />

für solare Siedlungen im Inselbetrieb.<br />

Zusammenfassung<br />

Der Einsatz der KWKK-Technik in Hotels,<br />

Krankenhäusern, Verwaltungsgebäuden <strong>und</strong><br />

kommunalen Einrichtungen ist bereits heute zu<br />

einer Selbstverständlichkeit geworden <strong>und</strong> kann<br />

als Stand der Technik bezeichnet werden. Bei<br />

einem Vergleich der CO 2 -Emissionen fossil befeuerter<br />

<strong>und</strong> solarunterstützter KWKK-Anlagen<br />

zeigt sich die eindeutige Überlegenheit von solarunterstützten<br />

KWKK-Anlagen, besonders wenn<br />

diese mit dem Zusatzbrennstoff Erdgas betrieben<br />

werden <strong>und</strong> dadurch eine CO 2 -arme Strom-,<br />

<strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>erzeugung ermöglichen.<br />

Die Wirtschaftlichkeit von KWKK-Systemen kann<br />

durch den bedarfsoptimierten Einsatz zur Erzeugung<br />

von Elektrizität, <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>und</strong> durch<br />

erhöhte Ressourcen<strong>aus</strong>nutzung verbessert werden.<br />

Für solche Installationen werden sowohl leistungsstarke<br />

mittelgroße Parabolrinnenkollektoren als<br />

auch <strong>Wärme</strong>kraft- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>maschinen im kleineren<br />

Leistungsbereich unter 100 kW benötigt.<br />

Zurzeit gibt es Aktivitäten, den Bedarf an<br />

geeigneten Maschinen zu decken <strong>und</strong> dadurch<br />

den Markt für solarunterstützte KWKK-Anlagen<br />

im kleinen <strong>und</strong> mittleren Leistungsbereich zu<br />

beleben. Solche Anwendungen von Solar-Hybridsystemen<br />

sind sowohl im Wohn- als auch im<br />

Industriebereich interessant <strong>und</strong> werden dazu<br />

beitragen, die Kosten von solarunterstützten<br />

KWKK-Anlagen zu verringern. Für solare<br />

Turmsysteme mit Mikroturbinen müssen vor<br />

allem die Kosten der Heliostate <strong>und</strong> der Anlagenkomponenten<br />

weiter gesenkt werden.<br />

Die solarunterstützte KWKK ist ein ganzheitlicher<br />

Ansatz im Rahmen eines <strong>Energie</strong>dienstleistungsangebots<br />

<strong>und</strong> für Contracting- oder Nutzenergiekonzepte<br />

innerhalb von kommunalen oder<br />

lokalen <strong>Energie</strong>versorgungssystemen geeignet.


Dr. Ahmet Lokurlu Solarunterstützte KWKK<br />

Literaturangaben<br />

[1] Henning, H.-M. (Ed.): Solar-Assisted Air-<br />

Conditioning in Buildings. A Handbook for<br />

Planners. Springer Wien New York. 2004.<br />

[2] Krüger, D., Mangold, D., Hennecke, K.,<br />

Christmann, R., Dersch, J., Lüpfert, E.,<br />

Riffelmann, K.-J.: Combined Solar Heat and<br />

Power. A Future Solar Option? Eurosun<br />

2004. Freiburg: 2004.<br />

[3] Lokurlu, A., Richarts, F.: Klimatisierung<br />

durch solarbetriebene Absorptionskältean-<br />

lagen (AKM) <strong>und</strong> Integration von Block-<br />

heizkraftwerken (BHKW) am Beispiel von<br />

Hotelanlagen. In: AGIT GmbH (Hrsg.):<br />

Symposium für Rationelle <strong>Energie</strong>nutzung<br />

in Kommunen, Industrie <strong>und</strong> Gewerbe.<br />

Ankara: 1998.<br />

[4] Pruschek, R., Lokurlu, A., Oeljekl<strong>aus</strong>, G.,<br />

Vogelsang, H.: CO 2 -Emissionsminderung<br />

durch Ausbau der Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />

in der Industrie <strong>–</strong> Ist-Stand <strong>und</strong> Potentiale.<br />

S. 145-170. In Sauer, E., Kammann, H.:<br />

Jahrbuch 96. VDI Gesellschaft <strong>Energie</strong>technik.<br />

Düsseldorf: VDI-Verlag GmbH,<br />

1996<br />

[5] Schönberg, I., Noeres, P.: KWKK. Kraft-<br />

<strong>Wärme</strong>-<strong>Kälte</strong>-Kopplung. Profi info II/98.<br />

Fachinformationszentrum Karlsruhe. 1998.<br />

[6] Caselli, T. et. Al.: Solar-Hybrid Gas Turbine<br />

Power Plants for the new Hospital in<br />

Empoli, Proc. 12th SolarPACES Int. Symposium,<br />

October 6-8, 2004, Oaxaca,<br />

Mexico<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

117


Thermische Speicher<br />

<strong>Wärme</strong>speicher für die<br />

H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />

Speicherung für<br />

Hochtemperaturwärme<br />

119


FVS LZE Themen 2005<br />

Peter Schossig<br />

Fraunhofer ISE<br />

schossig@ise.fraunhofer.de<br />

Dr. Christian Dötsch<br />

Fraunhofer UMSICHT<br />

christian.doetsch@<br />

umsicht.fraunhofer.de<br />

Harald Drück<br />

ITW<br />

drueck@itw.uni-stuttgart.de<br />

Dr. Joachim Göttsche<br />

Solar-Institut Jülich<br />

goettsche@sij.fh-aachen.de<br />

Dr. Ernst Huenges<br />

GFZ<br />

huenges@gfz-potsdam.de<br />

Dr. Frank Kabus<br />

GTN<br />

Geothermie<br />

Neubrandenburg GmbH<br />

gtn@gtn-online.de<br />

Dr. Rainer Tamme<br />

DLR<br />

rainer.tamme@dlr.de<br />

120<br />

<strong>Wärme</strong>speicher für die H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />

1. Einleitung<br />

Gerade bei der Nutzung regenerativer <strong>Energie</strong>quellen<br />

für die H<strong>aus</strong>energieversorgung stimmen<br />

Angebot <strong>und</strong> Bedarf der benötigten <strong>Energie</strong><br />

zeitlich oft nicht überein. Durch die Nutzung<br />

thermischer <strong>Energie</strong>speicher lassen sich jedoch<br />

die Deckungsraten regenerativer <strong>Energie</strong>n deutlich<br />

steigern <strong>und</strong> damit Ressourcen schonen.<br />

Da nach wie vor der größte Teil des <strong>Energie</strong>verbrauchs<br />

in H<strong>aus</strong>halten für den Bereich der Raumwärme<br />

<strong>und</strong> Brauchwasser bereitung verwendet<br />

werden muss, ist das Einsparpotenzial durch<br />

thermische <strong>Energie</strong> speicherung beträchtlich.<br />

2. Techniken<br />

Je nachdem welche Zeitspanne durch den<br />

Speicher überbrückt (Saisonal- oder Kurzzeitspeicher)<br />

<strong>und</strong> auf welchem Temperaturniveau<br />

die <strong>Energie</strong> gespeichert werden soll, kommen<br />

unterschiedliche Speichertechniken zum Einsatz.<br />

Während für die saisonale <strong>Wärme</strong>speicherung<br />

in der Regel große Wasserspeicher bzw.<br />

Aquifere oder Erdsonden speicher eingesetzt<br />

werden, kommen für Kurzzeitspeicher auch<br />

andere Speichertechniken in Frage, die nicht<br />

nur die <strong>Wärme</strong>kapazität eines Materials nutzen.<br />

Während im Temperatur bereich der Trinkwassererwärmung<br />

<strong>und</strong> Raumheizung klassische<br />

Wasserspeicher den bei weitem größten Teil<br />

des Marktes decken, kommen für den stark<br />

wachsenden Markt der <strong>Kälte</strong>speicherung für<br />

die Raumklimatisierung zunehmend Alternativen<br />

wie Phasenwechsel materialien als<br />

Latentwärmespeicher in die Anwendung.<br />

2.1 Warmwasserspeicher<br />

für Solaranlagen zur Trinkwassererwärmung<br />

<strong>und</strong> Heizungsunterstützung<br />

Ein Speicher, wie er in Deutschland im Allgemeinen<br />

in Verbindung mit einer Solaranlage eingesetzt<br />

wird, ist in Abb. 1 dargestellt. Als Speichermedium<br />

dient Trinkwasser. Die <strong>Sonne</strong>n energie<br />

Peter Schossig <strong>Wärme</strong>speicher für die H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />

wird dem Trinkwasser durch den Kollektorkreislauf<br />

mittels eines <strong>Wärme</strong> träger fl uids (Gemisch<br />

<strong>aus</strong> Wasser <strong>und</strong> Frostschutzmittel) über den<br />

unteren <strong>Wärme</strong>übertrager zugeführt. Da der<br />

jährliche Warmwasserbedarf nicht vollständig<br />

solar gedeckt werden kann, befi ndet sich im<br />

oberen Bereich des Speichers (Bereitschaftsvolumen)<br />

ein elektrischer Heizstab oder<br />

ein zweiter <strong>Wärme</strong>übertrager.<br />

Die zur Charakterisierung des thermischen Verhaltens<br />

von Warmwasserspeichern dienenden<br />

Kenngrößen werden in Abb. 1 vorgestellt:<br />

Die <strong>Wärme</strong>kapazität des gesamten Speichers 2<br />

gibt an, welche <strong>Wärme</strong>menge der Speicher beim<br />

üblichen Betrieb je Grad Temperaturänderung<br />

des Speichermediums aufnehmen bzw. abgeben<br />

kann.<br />

Die <strong>Wärme</strong>verlustrate 1 gibt den vom Speicher<br />

an die Umgebung übertragenen <strong>Wärme</strong>strom<br />

an bezogen auf ein Grad Temperaturdifferenz<br />

zwischen Speichermedium <strong>und</strong> Umgebung.<br />

Insbesondere bei relativ kleinen Speichern, wie<br />

sie im Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienh<strong>aus</strong> eingesetzt<br />

werden, wird die <strong>Wärme</strong>verlustrate maßgeblich<br />

durch die am Speicher vorhandenen <strong>Wärme</strong>brücken<br />

(z. B. Anschlüsse, Tauchhülsen) bestimmt.<br />

Ein gut wärmegedämmter Speicher zeichnet<br />

sich daher nicht nur durch eine möglichst dicke<br />

Dämmung mit einem schlecht wärmeleitenden<br />

Material <strong>aus</strong>, sondern auch dadurch, dass die<br />

Dämmung keine signifi kanten <strong>Wärme</strong>brücken<br />

aufweist.<br />

Die wichtigste Größe zur Beschreibung des thermischen<br />

Verhaltens des Solarkreis-<strong>Wärme</strong>übertragers<br />

3 ist sein <strong>Wärme</strong>übertragungsvermögen.<br />

Dieses ist neben dem <strong>Wärme</strong>übertrager selbst,<br />

auch vom Massenstrom durch den <strong>Wärme</strong>übertrager<br />

<strong>und</strong> der Temperaturdifferenz zwischen<br />

<strong>Wärme</strong>übertrager <strong>und</strong> Speicher sowie von der<br />

Temperatur abhängig. Sinnvoll dimensionierte<br />

Solarkreis-<strong>Wärme</strong>übertrager weisen bei typischen<br />

Betriebsbedingungen pro Quadratmeter


Peter Schossig <strong>Wärme</strong>speicher für die H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />

angeschlossener Kollektorfl äche ein <strong>Wärme</strong>übertragungsvermögen<br />

von ca. 60 bis 80 Watt pro<br />

Grad auf.<br />

Die wichtigste Größe neben dem <strong>Wärme</strong>übertragungsvermögen<br />

des Nachheizkreis-<br />

<strong>Wärme</strong>übertragers 4 ist die vertikale Position<br />

seines unteren Anschlusses. Diese Größe liefert<br />

Informationen zur Versorgungssicherheit mit<br />

warmem Wasser, da durch sie das maximal zur<br />

Verfügung stehenden Bereitschaftsvolumen<br />

vorgegeben wird.<br />

Bei Verwendung eines elektrischen Heizstabs 5<br />

ist zusätzlich zu seiner Heizleistung ebenfalls<br />

seine vertikale Position innerhalb des Speichers<br />

relevant, da durch diese das bei elektrischer<br />

Beheizung maximal zur Verfügung stehende<br />

Bereitschaftsvolumen <strong>und</strong> damit die Versorgungssicherheit<br />

vorgegeben wird.<br />

Eine gute Temperaturschichtung bei der<br />

Entnahme 6 ist wichtig, damit dem Speicher<br />

möglichst viel Wasser mit einer konstanten<br />

hohen Temperatur entnommen werden kann.<br />

Ein Abbau der Temperaturschichtung bei der<br />

Entnahme fi ndet durch Vermischungen mit dem<br />

von unten nachströmenden kalten Wasser statt.<br />

Um diese Vermischungen zu reduzieren, sollte<br />

der in den Speicher eintretende kalte Wasserstrahl<br />

durch ein Prallblech „beruhigt“ werden.<br />

Die Temperaturschichtung bei der Entnahme<br />

kann, durch eine so genannte Schichtungskennzahl<br />

quantifi ziert werden.<br />

Kollektor<br />

Solarkreispumpe<br />

Regelung<br />

Beimischung<br />

Warmwasser<br />

Kaltwasser<br />

7 2<br />

Der Abbau der Temperaturschichtung im<br />

Stillstand 7 wird durch die effektive vertikale<br />

<strong>Wärme</strong>leitfähigkeit beschrieben. Gründe dafür,<br />

dass sich die Temperaturschichtung in einem<br />

ruhenden Speicher abbaut, sind <strong>Wärme</strong>leitungseffekte<br />

im Wasser <strong>und</strong> in der Behälterwand<br />

sowie auftretende Konvektionsströmungen.<br />

Solare Kombispeicher<br />

Soll die Solarenergie zusätzlich zur Trink-<br />

wassererwärmung noch zur Unterstützung<br />

der Heizung genutzt werden, kommen solare<br />

Kombianlagen zum Einsatz. Diese Anlagen<br />

unterscheiden sich durch den eingesetzten<br />

Speicher <strong>und</strong> die Funktionen die von diesem<br />

Speicher übernommen werden [1]. In Abb. 2<br />

ist exemplarisch der prinzipielle Aufbau einer<br />

solaren Kombianlage dargestellt.<br />

Bereitschaftsvolumen<br />

Pufferbereich<br />

Raumheizung<br />

6<br />

Dreiwegeventil<br />

4<br />

3<br />

Heizkessel<br />

Rücklaufbeimischung<br />

Heizungsrücklauf<br />

1<br />

5<br />

Heizungsvorlauf<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

<strong>Wärme</strong>verlustrate<br />

Raumheizung<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

<strong>Wärme</strong>kapazität des gesamten<br />

Speichers<br />

Solarkreis-<strong>Wärme</strong>übertrager<br />

Nachheizkreis-<strong>Wärme</strong>übertrager<br />

Elektrischer Heizstab<br />

Temperatur beim Stillstand<br />

Temperatur bei Entnahme<br />

Abbildung 1<br />

Warmwasserspeicher<br />

einer Solaranlage zur<br />

Trinkwassererwärmung<br />

Abbildung 2<br />

Prinzipieller Aufbau<br />

einer solaren Kombianlage<br />

(mit Pufferfunktion<br />

für den<br />

Heizkessel)<br />

121


FVS LZE Themen 2005<br />

122<br />

Die Charakterisierung des thermischen Verhaltens<br />

von Kombispeichern erfolgt ebenfalls auf<br />

der Basis der im vorangegangenen Abschnitt<br />

erläuterten Kenngrößen [2].<br />

Prüfung von Warmwasserspeichern<br />

Zur Prüfung von Warmwasserspeichern für<br />

Solaranlagen existiert seit einigen Jahren<br />

die europäische Vornorm ENV 12977-3.<br />

Bei der thermischen Prüfung von Warmwasser<br />

speichern werden Kenngrößen ermittelt,<br />

die eine detaillierte Charakterisierung des<br />

thermischen Verhaltens des Speichers<br />

ermöglichen.<br />

Die Kenntnis dieser Eigenschaften bzw. entsprechender<br />

thermischer Kenngrößen ist besonders<br />

wichtig<br />

für den Vergleich <strong>und</strong> die Bewertung von<br />

Speichern<br />

um für einen bestimmten Anwendungsfall<br />

einen geeigneten Speicher <strong>aus</strong>wählen zu<br />

können<br />

zur thermischen Leistungsprüfung von<br />

Solaranlagen auf der Basis von Komponen-<br />

ten tests nach ENV 12977-2<br />

2.2 Saisonale <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Kälte</strong>speicherung<br />

Sommerliche <strong>Wärme</strong>quellen für die winterliche<br />

Heizung sind z. B. Solarenergie <strong>und</strong> Ab wärme,<br />

vor allem <strong>aus</strong> der Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung,<br />

Kondensationswärme von <strong>Kälte</strong>maschinen <strong>und</strong><br />

<strong>aus</strong> der Abluft. Als winterliche <strong>Kälte</strong>quellen für<br />

die sommerliche Kühlung können z. B. Außenluft<br />

(Zuluft), Oberfl ächenwasser oder auch<br />

„Abkälte“ <strong>aus</strong> <strong>Wärme</strong>pumpen genutzt werden.<br />

Darüber hin<strong>aus</strong> ist die Verbindung von sommerlichen<br />

<strong>Wärme</strong>- mit winterlichen <strong>Kälte</strong>quellen zu<br />

einer gekoppelten <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>speicherung<br />

möglich sowie ökologisch <strong>und</strong> ökonomisch<br />

erstrebenswert.<br />

Zur saisonalen Speicherung steht zum einen<br />

der bekannte Heißwasser-Behälterspeicher zur<br />

Verfügung, der oftmals wegen des benötigten<br />

großen Volumens als in den Erdboden eingelassener,<br />

druckloser Stahlbetonspeicher, zum<br />

Peter Schossig <strong>Wärme</strong>speicher für die H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />

Teil mit einer wasser<strong>und</strong>urchlässigen Auskleidung,<br />

<strong>aus</strong>geführt wird. Systemgrößen bis<br />

zu 12.000 m 3 (Solarprojekt Friedrichshafen)<br />

wurden bereits gefertigt. Daneben kommen<br />

auch Stahltanks <strong>und</strong> neuerdings GFK-Behälter 1<br />

(50 bis 6.000 m 3 ) zum Einsatz. Zum anderen<br />

sind sogenannte Erdbeckenspeichereine kostengünstige<br />

Alternative. Hier werden große Gruben<br />

mit wasserdichten Folien <strong>aus</strong>gelegt, anschließend<br />

mit einer Kies-Wasser-Mischung gefüllt <strong>und</strong><br />

seitlich sowie oben wärmegedämmt. Wie bei<br />

allen bisher beschriebenen Speichervarianten<br />

ist hier besonderer Wert auf die Ladewechseleinrichtung<br />

zu legen, um eine gute Temperaturschichtung<br />

zu erzielen.<br />

Außerdem nutzt der Mensch schon seit Urzeiten<br />

das thermische Speichervermögen des Erdbodens.<br />

Große Speicher volumina können sehr<br />

kostengünstig hergestellt werden, da man bei<br />

der unterirdischen Speicherung entweder<br />

direkt das in natürlichen Hohlräumen<br />

(Poren, Kavernen, Klüften) vorhandene<br />

Wasser als <strong>Energie</strong>träger verwendet,<br />

Hohlräume mit spezifi sch geringem Aufwand<br />

erstellt oder <strong>aus</strong>schließlich<br />

auf indirektem Wege (z. B. über moderne<br />

Erdsonden) den festen Boden als Speichermedium<br />

verwendet.<br />

Neben den notwendigen Speichervolumina<br />

bestimmen Temperaturnive<strong>aus</strong>, bauliche <strong>und</strong><br />

geologische Randbedingungen <strong>und</strong> Anforderungen<br />

an die Umweltverträglichkeit des Systems<br />

die Auswahl des konkret geeigneten Verfahrens.<br />

Aquiferspeicher<br />

Bei günstigen geologischen Bedingungen<br />

<strong>und</strong> vor allem für großformatige <strong>Energie</strong>systeme<br />

sind Aquiferspeicher zu favorisieren.<br />

<strong>Wärme</strong>- oder <strong>Kälte</strong>träger ist hier direkt das<br />

Gr<strong>und</strong>wasser <strong>und</strong> die Speicherung erfolgt<br />

im Gr<strong>und</strong>wasser sowie im porösen Gestein.<br />

Derartige Speicher bestehen <strong>aus</strong> zwei Bohrungen<br />

bzw. Bohrungsgruppen, die den gleichen<br />

Gr<strong>und</strong>wasserleiter (Aquifer) erschließen. Sie<br />

werden in der Regel in einem Abstand von 50<br />

bis 300 m angeord net, um die gegenseitige<br />

1 Behälter <strong>aus</strong> glasfaserverstärktem Kunststoff


Peter Schossig <strong>Wärme</strong>speicher für die H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />

Sommer Winter<br />

Beladung des Speichers<br />

Entladung des Speichers<br />

thermische Beeinfl ussung <strong>aus</strong>zuschließen.<br />

Beide Bohrungen sind mit Pumpen sowie einem<br />

Injektionsstrang <strong>aus</strong>gestattet, die das Durchströmen<br />

der Anlage in beiden Richtungen erlauben.<br />

Typische Tiefen von Aquiferspeichern<br />

beginnen bei 100 m. Bei Einlagerungstemperaturen<br />

größer 50 °C müssen in der Regel Maßnahmen<br />

zur Stablisierung der Wasserqualität<br />

ergriffen werden.<br />

Das <strong>aus</strong> der kalten Bohrung entnommene<br />

Wasser wird im Sommer mit <strong>Wärme</strong> beladen<br />

<strong>und</strong> in die warme Bohrung injiziert, wo sich im<br />

Aquifer eine <strong>Wärme</strong>blase bildet. Im Winter wird<br />

diese <strong>Wärme</strong>blase dann mit umgekehrter Strömungsrichtung<br />

abgefördert. Im einfach sten Fall<br />

erfolgt die Regeneration mit Umgebungskälte,<br />

idealerweise wird die gespeicherte <strong>Wärme</strong> über<br />

<strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher oder <strong>Wärme</strong>pumpen aber<br />

genutzt <strong>und</strong> der Speicher auf diese Weise für<br />

den nächsten Zyklus abgekühlt.<br />

Erdsondenspeicher<br />

Bei dieser Art der Speicherung wird nicht das<br />

Gr<strong>und</strong>wasser direkt als <strong>Wärme</strong>träger genutzt,<br />

sondern in bis zu 100 m tiefe Bohrungen<br />

werden langgestreckte U-Rohrförmige bzw.<br />

koaxiale <strong>Wärme</strong>t<strong>aus</strong>cher eingebracht, in denen<br />

ein <strong>Wärme</strong>träger zirkuliert. Zwischen den Bohrungen<br />

eines Feldes ist ein Abstand von 1,5 bis<br />

3 m einzuhalten. Der <strong>Wärme</strong>transport an das<br />

Erdreich bzw. vom Erdreich erfolgt durch <strong>Wärme</strong>leitung.<br />

Dies macht das Betriebsverhalten der<br />

Systeme träge <strong>und</strong> hat zur Folge, dass Spitzenlasten<br />

bei Be- <strong>und</strong> Entladung durch separate<br />

Pufferspeicher <strong>aus</strong>geglichen werden müssen.<br />

Bei der Konzipierung der Speichergeometrie<br />

müssen zur Verlustminimierung die Berandungsfl<br />

ächen möglichst klein gehalten werden. Auch<br />

kann bei höheren Speichertemperaturen eine an<br />

der Oberfl äche angebrachte <strong>Wärme</strong>dämmung<br />

gleichen Zwecken dienen.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 3<br />

Schema der Gestaltung<br />

<strong>und</strong> der Funktion eines<br />

Aquiferspeichers<br />

123


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 4<br />

Solare Luftheizung mit<br />

Steinspeicher<br />

124<br />

2.3 Luftdurchströmte Steinspeicher<br />

Als weitere Variante der solaren Heizungsunterstützung<br />

kommen luftdurchströmte Steinspeicher<br />

in Frage. Abb. 4 stellt ein einfaches<br />

System eines über Luftkollek toren gespeisten<br />

Wandspeichers dar. Die auf dem Dach montierten<br />

Luftkollektoren erwärmen über einen<br />

Ventilator einen kaminförmigen Kiesspeicher.<br />

Derartig einfache <strong>und</strong> kostengünstige Systeme<br />

sind insbesondere für Entwicklungsländer<br />

interessant.<br />

2.4 Phasenwechselspeicher<br />

für die Klimatisierung<br />

Aufgr<strong>und</strong> steigender Komfortansprüche <strong>und</strong><br />

veränderter Architektur ist der <strong>Energie</strong>bedarf für<br />

Gebäude-Klimatisierung in Europa stark steigend.<br />

Da hier die Spitzenlasten der benötigten <strong>Kälte</strong>erzeugung<br />

mit den ohnehin <strong>aus</strong>geprägten Spitzen<br />

des Stromnetzes zusammen fallen <strong>und</strong> die<br />

<strong>Kälte</strong>erzeugung nachts in der Regel aufgr<strong>und</strong><br />

tieferer Temperaturen deutlich effi zienter erfolgt,<br />

bewirkt ein 12 St<strong>und</strong>enspeicher bereits eine<br />

signifi kante Reduktion des <strong>Energie</strong>verbrauchs.<br />

Während bei der Speicherung von <strong>Wärme</strong> in<br />

Solarmodul<br />

Peter Schossig <strong>Wärme</strong>speicher für die H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />

<strong>Wärme</strong>kollektor<br />

mit 25 m 3 Fläche<br />

Ventilator<br />

Luft ein max. 70 °C<br />

Klappe geschlossen<br />

<strong>Wärme</strong>speicher <strong>aus</strong><br />

4,8 m 3 Kieselsteinen<br />

Luft <strong>aus</strong> 20 °C <strong>–</strong> 40 °C<br />

der Regel große Temperatur spreizungen in<br />

Kauf genommen werden können, ist bei Anwendungen<br />

der Klimatechnik meist nur ein sehr<br />

enges Temperaturband nutzbar. Dies macht die<br />

Nutzung von Phasenwechselmaterialien, die<br />

in einem geringen Temperaturbereich große<br />

Mengen an <strong>Wärme</strong> speichern können, attraktiv.<br />

Eine passive Speicheranwendung ist dabei das<br />

Einbringen von mikroverkapselten Paraffi nen<br />

mit einem Schmelzbereich zwischen 24 °C <strong>und</strong><br />

26 °C in B<strong>aus</strong>toffe. Steigt die Raumtemperatur<br />

über 24 °C an, beginnt das Paraffi n zu schmelzen<br />

<strong>und</strong> nimmt dabei große Mengen an <strong>Wärme</strong><br />

auf, sodass der Raum deutlich kühler bleibt.<br />

Durch eine <strong>aus</strong>reichende Lüftung nachts kann<br />

das Material wieder entladen werden, so dass<br />

im Idealfall eine Lüftung <strong>aus</strong>reicht <strong>und</strong> auf<br />

aktive <strong>Kälte</strong>erzeugung verzichtet werden<br />

kann. Abb. 5 zeigt den schematischen Aufbau<br />

einer Leichtbauwand mit in den Putz integrierten<br />

mikroverkapselten Latentwärmespeichern<br />

<strong>und</strong> den gemessenen Temperaturverlauf der<br />

Wandoberfl ächen temperaturen in identischen<br />

Räumen mit <strong>und</strong> ohne diesen Additiven im Putz.<br />

Luft ein


Peter Schossig <strong>Wärme</strong>speicher für die H<strong>aus</strong>energieversorgung<br />

Leichtbauwand<br />

Eine weitere Alternative stellt das Einbringen<br />

dieser Mikrokapseln in <strong>Wärme</strong>trägerfl uide dar.<br />

Dadurch kann in einem gewünschten Temperaturband<br />

die Speicherfähigkeit dieser Fluide<br />

deutlich erhöht werden, was kompaktere<br />

Speicher ermöglicht <strong>und</strong> <strong>–</strong> da für die gleiche<br />

Leistung wesentlich geringere Massenströme<br />

benötigt werden <strong>–</strong> geringere Rohrdurchmesser<br />

oder verringerte Pumpleistungen erlaubt.<br />

3. Zusammenfassung<br />

Um die Nutzung regnerativer <strong>Energie</strong>quellen<br />

im Gebäudebereich zu erhöhen, sind aufgr<strong>und</strong><br />

des zeitlichen Versatzes von Angebot <strong>und</strong> Bedarf<br />

thermische Speicher unabdingbar. Da ungefähr<br />

ein Drittel des deutschen Primärenergiebedarfs<br />

für Raumtemperierung <strong>und</strong> Warmwasserbereitung<br />

verwendet wird, kommt thermischen<br />

Speichern eine bedeutende Rolle bei der Erreichung<br />

der Ziele in der Klimapolitik zu.<br />

Je nach Dauer <strong>und</strong> Temperaturniveau der gewünschten<br />

Speicherung kommen die unterschiedlichsten<br />

Materialien <strong>und</strong> Konzepte zum<br />

Einsatz, vom klassischen Warmwasserspeicher<br />

über Stein-, Erd-, <strong>und</strong> Aquiferspeicher bis hin<br />

zu neuartigen Phasen wechsel materialen als<br />

Latentwärmespeicher.<br />

Literatur<br />

Innenputz mit Mikrokapseln<br />

Temperatur [°C]<br />

[1] H. Drück, E. Hahne,<br />

Der Speicher <strong>–</strong> das Herz der Kombianlage<br />

Untertitel: Kombispeicher für Ein- <strong>und</strong><br />

Zweifamilienhäuser, Tagungsband<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10/09<br />

00:00<br />

12/09<br />

00:00<br />

14/09<br />

00:00<br />

16/09<br />

00:00<br />

Referenzwand PCM Wand<br />

18/09 Datum<br />

00:00 Uhrzeit<br />

„Solares Heizen ‚99“, Seiten 23 - 32,<br />

Solar Promotion GmbH, München, 1999,<br />

ISBN 3-934349-04-8<br />

[2] Drück, H., Hahne E.<br />

Kombispeicher auf dem Prüfstand<br />

Tagungsband zum achten Symposium<br />

Thermische Solarenergie,<br />

Seiten 90 - 94, OTTI-Technologie-Kolleg,<br />

Regensburg, Juni 1998<br />

[3] Kabus, F.; Hoffmann, F.; Möllmann, G.:<br />

Aquifer Storage of Waste Heat Arising from<br />

a Gas and Steam Cogeneration Plant <strong>–</strong><br />

Concept and First Operating Experience”,<br />

Proc. of World Geothermal Congress 2005,<br />

Antalya/Turkey, 2005<br />

[4] Kabus, F. ; Bartels, J.:<br />

Speicherung von <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> in<br />

Gr<strong>und</strong>wasserleitern. KI Luft- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>tech-<br />

nik, Hüthig-Verlag Heidelberg, 6/2004, S.<br />

170-175<br />

[5] Schossig, P.<br />

Henning, H.-M.; H<strong>aus</strong>smann, T.<br />

Microencapsulted Phase Change Materials<br />

integrated into Construction Materials<br />

“Eurosun 2004 “, Freiburg , Proceedings<br />

2-413 - 2-421<br />

[6] Gschwander, S., Schossig, P.<br />

Mikroverkapselte Phasenwechselmaterialen<br />

in Fluiden zur Erhöhung der <strong>Wärme</strong>kapa-<br />

zität, OTTI-<strong>Energie</strong>-Kolleg 14. Symposium<br />

Thermische Solarenergie, Bad Staffelstein,<br />

Germany, 14.5.2004, pp. 348-353<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 5<br />

Schematische<br />

Darstellung von<br />

PCM-Mikrokapseln in<br />

Putz <strong>und</strong> gemessener<br />

Verlauf der Wandtemperaturen<br />

in zwei<br />

Räumen mit Leichtbauwänden<br />

mit <strong>und</strong><br />

ohne Phasenwechselmaterialien<br />

in Putz<br />

125


FVS LZE Themen 2005<br />

Dr. Rainer Tamme<br />

DLR<br />

rainer.tamme@dlr.de<br />

Dr. Thomas Nunez<br />

Fraunhofer ISE<br />

tomas.nunez@ise.<br />

fraunhofer.de<br />

Dr. Joachim Göttsche<br />

Solar-Institut Jülich -<br />

FH Aachen<br />

goettsche@sij.fh-aachen.de<br />

126<br />

Speicherung für<br />

Hochtemperaturwärme<br />

Eine verstärkte Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n,<br />

intensive Abwärmenutzung sowie ein konsequenter<br />

Ausbau der Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />

sind nur mit der Bereitstellung technisch <strong>und</strong><br />

wirtschaftlich attraktiver <strong>Wärme</strong>speicher realisierbar.<br />

Dazu ist eine hocheffi ziente Speichertechnologie<br />

notwendig, um die zeitliche <strong>und</strong><br />

räumliche Inkongruenz von Angebot <strong>und</strong> Nachfrage<br />

<strong>aus</strong>zugleichen <strong>und</strong> die Realisierung eines<br />

integrierten energieeffi zienten Gesamtprozesses<br />

zu ermöglichen.<br />

Thermische <strong>Energie</strong>speicher <strong>–</strong><br />

Schlüsselkomponente zur<br />

rationellen <strong>Energie</strong>nutzung<br />

im Bereich Prozesswärme<br />

<strong>und</strong> Kraftwerkstechnik<br />

Die Effi zienz der <strong>Energie</strong>nutzung bei industriellen<br />

Prozessen <strong>und</strong> im Bereich Kraftwerkstechnik<br />

kann durch den Einsatz von thermischen<br />

Speichersystemen deutlich gesteigert werden.<br />

Die Integration von Speichersystemen kann<br />

unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen:<br />

Bei zyklischen Prozessabläufen kann <strong>Energie</strong>,<br />

die sonst am Ende eines Zyklus verloren<br />

gehen würde, gespeichert werden, um dann<br />

im nachfolgenden Zyklus wieder genutzt zu<br />

werden.<br />

Besteht in einem System eine zeitliche<br />

Verschiebung zwischen dem Angebot <strong>und</strong><br />

dem Bedarf an thermischer <strong>Energie</strong>, so<br />

können Speicher diese zeitliche Differenz<br />

zwischen Erzeuger <strong>und</strong> Verbraucher <strong>aus</strong>-<br />

gleichen.<br />

Bei Prozessen mit <strong>aus</strong>geprägten zeitlichen<br />

Lastspitzen können Systemkomponenten für<br />

ein mittleres Leistungsniveau dimensioniert<br />

werden, der Speicher wird in Phasen mit<br />

hohem Leistungsbedarf entladen, während<br />

bei Unterschreitung der durchschnittlichen<br />

Leistung <strong>Energie</strong> zwischengespeichert wird.<br />

Dr. Rainer Tamme Speicherung für Hochtemperaturwärme<br />

Die optimale Ausnutzung der Systemkompo-<br />

nenten vermeidet Teillastverluste <strong>und</strong> redu-<br />

ziert Investitionskosten. Die Belastung des<br />

Systems durch thermische Wechsellast wird<br />

reduziert, wodurch die Lebensdauer der<br />

Komponenten erhöht wird.<br />

Bei Systemen, deren zeitliche Auslastung<br />

kurzfristigen Schwankungen unterliegt, die<br />

nicht vor<strong>aus</strong>bestimmt werden können, bieten<br />

sich Speicher zur Reduzierung von Anfahrzeiten<br />

an. Gespeicherte <strong>Energie</strong> wird genutzt,<br />

um die Komponenten auf Betriebstemperatur<br />

zu halten <strong>und</strong> damit die Dynamik <strong>und</strong><br />

Effi zienz des Systems zu verbessern.<br />

Die Bereitstellung einer effi zienten <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />

<strong>Wärme</strong>speichertechnik erfordert<br />

die Anpassung an periphere Komponenten,<br />

Prozessparameter <strong>und</strong> eine optimale Systemintegration.<br />

Es ist ein charakteristisches Merkmal thermischer<br />

<strong>Energie</strong>speicher, dass aufgr<strong>und</strong> stark variierender<br />

Anforderungsprofi le jeweils spezifi sche,<br />

optimale Lösungen hinsichtlich Effi zienz <strong>und</strong><br />

Wirtschaftlichkeit gef<strong>und</strong>en werden müssen.<br />

Das hat zur Konsequenz, dass es nicht den einen<br />

optimalen <strong>Wärme</strong>speicher für alle Anwendungen<br />

gibt. Entsprechend erfordert dieses Arbeitsgebiet<br />

den Umgang mit einem breiten Spektrum<br />

an Speichertechnologien, Materialien <strong>und</strong><br />

Methoden.<br />

Übergeordnete Entwicklungsziele auf dem<br />

Gebiet Speichertechnik sind die Reduk-tion der<br />

spezifi schen Investitionskosten <strong>und</strong> die Erhöhung<br />

von Effi zienz <strong>und</strong> Zuverlässigkeit. Dabei<br />

stehen Materialaspekte, Auslegungsfragen <strong>und</strong><br />

Systemintegration gleichermaßen im Fokus der<br />

Forschungsaktivitäten.


Dr. Rainer Tamme Speicherung für Hochtemperaturwärme<br />

Speicherkonzept Prinzip Typische<br />

Speichermedien<br />

Fluidspeicher<br />

Speicherkonzepte<br />

Speicherung sensibler<br />

<strong>Wärme</strong> in flüssigem<br />

Speichermedium<br />

Feststoffspeicher Festes Speichermedium<br />

mit integriertem<br />

<strong>Wärme</strong>übertrager<br />

Dampfspeicher Speicherung sensibler<br />

<strong>Wärme</strong> in Druckwasser,<br />

Phasenwechsel bei<br />

Be- <strong>und</strong> Entladung<br />

Latentwärmespeicher Isotherme Speicherung<br />

in einem Medium<br />

mit Phasenwechsel<br />

während der<br />

Be- <strong>und</strong> Entladung<br />

Dampfspeicher nutzen die Speicherfähigkeit<br />

von fl üssigem Wasser, um sensible <strong>Wärme</strong> zu<br />

speichern. Dabei wird der Dampfspeicher durch<br />

Zufuhr von Dampf beladen, der im Druckvolumen<br />

kondensiert wird (Abb. 1). Die Wassertemperatur<br />

im Speicher entspricht der Siedetemperatur. Der<br />

Speicher gibt bei der Entladung Sattdampf ab,<br />

wobei der Druck abfällt. Dominanter Kostenfaktor<br />

ist der Druckbehälter. Charakteristisch für Dampfspeicher<br />

ist die schnelle Verfügbarkeit der gespeicherten<br />

<strong>Energie</strong>. Daher sind diese Systeme als<br />

Pufferspeicher zur Abdeckung von Leistungsspitzen<br />

geeignet. Als <strong>Energie</strong>speicher sind sie nur<br />

sehr eingeschränkt verwendbar, da eine Bereitstellung<br />

von <strong>Wärme</strong> auf gleich bleibendem Temperatur-<br />

bzw. Druckniveau nicht möglich ist.<br />

Thermoöl<br />

Druckwasser<br />

Flüssigsalz<br />

Verfügbarkeit<br />

Umfangreiche<br />

Betriebserfahrung im<br />

konventionellen Bereich<br />

<strong>und</strong> Solarkraftwerken<br />

Beton Praxisnahe Erprobung<br />

in Kombination mit<br />

Solarkollektoren<br />

Druckwasser Umfangreiche<br />

Betriebserfahrung<br />

im konventionellen<br />

Bereich<br />

Technische Salze Experimente im Labormaßstab,<br />

ab 2007<br />

praxisnahe Erprobung<br />

in Kombination mit<br />

Solarkollektoren<br />

Für den Temperaturbereich > 100 °C kann<br />

Wasser unter Umgebungsdruck nicht mehr als<br />

Speichermedium eingesetzt werden, so dass<br />

unterschiedliche direkte <strong>und</strong> indirekte Speicherverfahren<br />

<strong>und</strong> Konzepte, wie in Abb. 1 dargestellt,<br />

herangezogen werden müssen [1].<br />

Fluidspeicher nutzen ein fl üssiges Medium zur<br />

Speicherung sensibler <strong>Wärme</strong>. Das Arbeitsmedium<br />

der Solarkollektoren kann direkt gespeichert<br />

werden oder die <strong>Energie</strong> wird an ein fl üssiges<br />

Speichermedium übertragen. Vor<strong>aus</strong>setzung ist,<br />

dass der Siedepunkt des Speichermediums oberhalb<br />

der maximalen Betriebstemperatur der<br />

Solarkollektoren liegt. Hier bieten sich Thermoöle<br />

bzw. Wasser unter entsprechendem Druck<br />

an. Bei Thermoöl sind Investitionskosten, Sicherheits-<br />

<strong>und</strong> Umweltaspekte zu beachten.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 1<br />

Übersicht thermischer<br />

Speicherkonzepte<br />

für Temperaturen<br />

> 100 °C<br />

127


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 2<br />

Feststoffspeicher vor<br />

Anbringen der Isolation<br />

128<br />

Die Kosten können durch den Einsatz eines<br />

Eintank-Schichtspeichersystems reduziert<br />

werden. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist auch Flüssigsalz als<br />

Medium geeignet. Hier ist der Fokus aber eher<br />

auf den Temperaturbereich über 300 °C für<br />

den Einsatz in solarthermischen Kraftwerken<br />

gerichtet.<br />

Bei Feststoffspeichern wird die <strong>Energie</strong> zwischen<br />

dem Arbeitsmedium der Kollektoren bzw. des<br />

Prozesses <strong>und</strong> einem festen Speichermedium<br />

übertragen. Der <strong>Wärme</strong>übertrager ist dabei in<br />

das Speichermedium integriert. Wesentlich für<br />

eine wirtschaftliche Auslegung ist die Wahl eines<br />

kostengünstigen Speichermediums, das im Hinblick<br />

auf die erforderliche <strong>Wärme</strong>übertragerfl<br />

äche jedoch auch eine möglichst hohe <strong>Wärme</strong>leitfähigkeit<br />

aufweisen sollte. In Hinblick auf<br />

Fertigungsaspekte eignet sich hier temperaturbeständiger<br />

Beton, der eine einfache Integration<br />

des <strong>Wärme</strong>übertragers ermöglicht. Abb. 2 zeigt<br />

einen Feststoffspeicher (vor Anbringen der äußeren<br />

Isolation) der gegenwärtig in Kombination<br />

mit Rinnenkollektoren bei Temperaturen bis zu<br />

390 °C erprobt wird [2].<br />

Neue Entwicklungen <strong>–</strong><br />

Latentspeichermedien mit<br />

hoher Leitfähigkeit<br />

Für die effi ziente Speicherung von <strong>Wärme</strong> oder<br />

<strong>Kälte</strong> sind Latentwärmespeicher besonders<br />

geeignet, da sie eine Phasenumwandlung z. B.<br />

fest/fl üssig (schmelzen) eines Phasenwechselmaterials<br />

(engl. „Phase Change Material“ - PCM)<br />

Dr. Rainer Tamme Speicherung für Hochtemperaturwärme<br />

<strong>aus</strong>nutzen <strong>und</strong> hierdurch große <strong>Wärme</strong>mengen<br />

in einem schmalen Temperaturbereich speichern<br />

können. Gegenüber konventionellen sensiblen<br />

<strong>Wärme</strong>speichern sind mit PCM-Speichern hohe<br />

<strong>Energie</strong>dichten bei weitgehend konstanter Betriebstemperatur<br />

realisierbar. So kann bei einer<br />

Temperaturänderung von 10 Grad im Vergleich<br />

zur konventionellen <strong>Wärme</strong>speicherung mittels<br />

fühlbarer <strong>Wärme</strong> beim Schmelzvorgang eine 10<br />

bis 20-fach höhere <strong>Wärme</strong>speicherdichte erzielt<br />

werden, wodurch Menge an Speichermaterial<br />

<strong>und</strong> Baugröße der Behälter signifi kant reduziert<br />

werden können. Wegen dieser Vorteile wurden<br />

in den letzten Jahren verstärkte Anstrengungen<br />

für eine technische Realisierung von Latentwärmespeichern<br />

gemacht.<br />

Das wesentliche Problem bei der technischen<br />

Umsetzung der Latentwärmespeicherung liegt in<br />

dem unzureichenden <strong>Wärme</strong>transport zwischen<br />

dem Speichermedium <strong>und</strong> dem <strong>Wärme</strong>trägerfl<br />

uid. Hauptgr<strong>und</strong> hierfür ist die niedrige <strong>Wärme</strong>leitfähigkeit<br />

der organischen oder anorganischen<br />

Speichermedien (typischerweise 0.5-1 W/m·K).<br />

Zum Erreichen einer <strong>aus</strong>reichend hohen <strong>Wärme</strong>stromdichte<br />

bzw. Lade- <strong>und</strong> Entladeleistung<br />

werden daher entweder sehr große, unwirtschaftliche<br />

<strong>Wärme</strong>übertragerfl ächen oder Speichermaterialien<br />

mit erheblich höherer <strong>Wärme</strong>leitfähigkeit<br />

benötigt (Abb. 3). Zur Überwindung der<br />

<strong>Wärme</strong>transportlimitierung werden derzeit zwei<br />

Strategien in der angewandten Forschung<br />

vorangetrieben:<br />

Mikroverkapselung der Speichermaterialien<br />

(Paraffi ne als PCM <strong>und</strong> organische Verkapse-<br />

lung, die aber nur unterhalb von 100 °C<br />

einsetzbar sind), um eine sehr hohe spezifi -<br />

sche Oberfl äche zu erzielen sowie<br />

Entwicklung hochleitfähiger Verb<strong>und</strong>materia-<br />

lien, wobei das Latentmaterial mit einer ex-<br />

trem gut wärmeleitenden Matrix zu einem<br />

neuen Verb<strong>und</strong>material umgesetzt wird.<br />

Die spezifi schen Vorteile von Latentwärmespeichern<br />

können besonders in Verbindung mit<br />

Anwendungen genutzt werden, bei denen auch<br />

das <strong>Wärme</strong>trägerfl uid oder das Prozessmedium<br />

zweiphasig betrieben wird. Für den Bereich<br />

Prozesswärme <strong>und</strong> Kraftwerkstechnik nimmt das<br />

System Wasser/Dampf eine dominierende Rolle<br />

ein. Gr<strong>und</strong>sätzlich sind Salzsysteme als Latent-


Dr. Rainer Tamme Speicherung für Hochtemperaturwärme<br />

speichermedien besonders geeignet. Dabei<br />

kann mit binären Nitratsalzen wie z. B. mit den<br />

Systemen KNO 3 -NaNO 3 <strong>und</strong> KNO 3 -LiNO 3 der<br />

relevante Temperaturbereich zwischen 120 °C<br />

<strong>und</strong> 300 °C abgedeckt werden.<br />

Im Rahmen aktueller Projekte mit Partnern <strong>aus</strong><br />

Industrie <strong>und</strong> Forschung (z. B. DLR <strong>und</strong> SGL<br />

Technologies) werden Verb<strong>und</strong>materialien auf<br />

der Basis von Salz <strong>und</strong> expandiertem Graphit als<br />

Matrix entwickelt [2,3]. Expandierter Graphit ist<br />

ein auf Naturgraphit basierendes Sek<strong>und</strong>ärprodukt,<br />

das für zahlreiche technische Anwendungen<br />

zum Einsatz kommt. Für die Anwendung als<br />

<strong>Wärme</strong>speichermaterial wird seine hohe <strong>Wärme</strong>leitfähigkeit<br />

<strong>und</strong> Porosität genutzt (Abb. 4).<br />

Dadurch lassen sich <strong>Wärme</strong>speicher mit hoher<br />

Lade- <strong>und</strong> Entladeleistung bei deutlich gesenkten<br />

Kosten realisieren. Die derzeit entwickelten<br />

Salz/Graphit-Verb<strong>und</strong> materialien mit Massenanteilen<br />

von ca. 15 % Graphit decken einen<br />

Temperaturbereich 120-300 °C ab. Sie werden<br />

durch Infi ltrationstechnik oder durch Verpressen<br />

hergestellt (Abb. 5). Die hierfür ermittelten<br />

Werte für die <strong>Wärme</strong>leitfähigkeit liegen im<br />

Bereich von 4-15 W/m·K. Damit steht erstmalig<br />

ein Speichermedium zur Verfügung, das die<br />

Realisierung wirtschaftlicher Latentspeichersysteme<br />

für höhere Temperaturen ermöglicht.<br />

Vergleich der<br />

Speicherkonzepte<br />

Für eine qualitative Bewertung der unterschiedlichen<br />

Speichertypen ist als Referenzfall eine<br />

solare Prozesswärmeanlage gewählt worden,<br />

die Dampf bei 140 °C <strong>und</strong> einem Druck von<br />

3,6 bar zur Versorgung eines isothermen Prozesses<br />

bereitstellen soll. Der hierfür <strong>aus</strong>zulegende<br />

Speicher soll eine geforderte thermische<br />

Leistung von 100 kW für die Dauer von einer<br />

St<strong>und</strong>e zur Verfügung stellen können. Für die<br />

Auslegung sind zwei Betriebsfälle für den<br />

Solarkollektor gewählt worden:<br />

Fall 1: die Solarkollektoren stellen Sattdampf<br />

bei 160 °C am Austritt zur Verfügung<br />

Fall 2: die Solarkollektoren stellen Sattdampf<br />

bei 200 °C am Austritt zur Verfügung<br />

Anzahl Rohre <strong>Wärme</strong>überträger<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

10 kW / m 3<br />

5 kW / m 3<br />

1 kW / m 3<br />

1 m<br />

Das Ergebnis der Berechnungen ist in Tab. 1<br />

zusammengestellt. In beiden Fällen erfordert<br />

der Latentwärmespeicher das geringste Speicher-<br />

<strong>und</strong> Behältervolumen, wobei der Vorteil<br />

für den Fall 1 mit geringer Temperaturdifferenz<br />

zwischen Kollektor<strong>aus</strong>tritt <strong>und</strong> Prozessbedarf<br />

besonders gravierend ist.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20<br />

1m<br />

<strong>Wärme</strong>leitfähigkeit PCM [W/m . K]<br />

Abbildung 3<br />

Einfl uss der <strong>Wärme</strong>leitfähigkeit<br />

von PCM-<br />

Medien auf die benötigte<br />

Zahl paralleler<br />

<strong>Wärme</strong>übertragerrohre<br />

pro Quadratmeter<br />

Querschnittsfl äche des<br />

Speichers bei unterschiedlichen<strong>Wärme</strong>fl<br />

ussdichten<br />

Abbildung 4<br />

Mikrostruktur von<br />

expandiertem Graphit<br />

Abbildung 5<br />

Ausgewählte Formkörper<br />

von Latentmaterialien<br />

<strong>aus</strong> Salz/<br />

Graphit<br />

129


FVS LZE Themen 2005<br />

Tabelle 1<br />

Vergleich unterschiedlicher<strong>Wärme</strong>speicher<br />

für solare<br />

Prozesswärme<br />

130<br />

Speicherkonzept Speichervolumen bei Kollektor<strong>aus</strong>trittstemperatur<br />

160 °C<br />

Bei sensibler <strong>Wärme</strong>speicherung sind die Speicherkosten<br />

näherungsweise proportional zum<br />

Speichervolumen. Daher werden Speichersysteme<br />

auf Basis sensibler <strong>Wärme</strong>speicherung<br />

nur dann zu wirtschaftlich attraktiven Lösungen<br />

führen, wenn die zulässige Temperaturdifferenz<br />

zwischen Kollektor<strong>aus</strong>tritt <strong>und</strong> benötigter Prozesstemperatur<br />

<strong>aus</strong>reichend groß ist.<br />

Die Ergebnisse zeigen ferner, dass durch Einsatz<br />

von Latentwärmespeichern die Auslegungstemperatur<br />

des Kollektors herabgesenkt werden<br />

kann, was zu deutlich geringeren thermischen<br />

Verlusten <strong>und</strong> damit zu einer besseren Wirtschaftlichkeit<br />

des Gesamtsystems führt.<br />

Fazit<br />

Thermische <strong>Energie</strong>speicher sind ein zentrales<br />

Element zum effektiven <strong>Energie</strong>management<br />

im Bereich Prozesswärme <strong>und</strong> Kraftwerkstechnik,<br />

sie sind für solarthermische Anwendungen<br />

unverzichtbar. Ein charakteristisches Merkmal<br />

der Speichertechnologie sind die für die jeweiligen<br />

Anwendungen hochspezifi schen<br />

Anforderungsprofi le, die ein Portfolio an<br />

Speichertypen, Materialien <strong>und</strong> Methoden<br />

erfordern. Für den Bereich Dampferzeugung,<br />

Prozessdampf <strong>und</strong> Organic Rankine Cycle 1<br />

haben Latentwärmespeicher gegenüber sensiblen<br />

<strong>Wärme</strong>speichern extreme Vorteile.<br />

Die Verfügbarkeit verschiedener Speicherkonzepte<br />

ermöglicht die Anpassung des Speichers<br />

an eine Vielzahl unterschiedlicher Einsatzgebiete<br />

<strong>und</strong> Betriebsparameter.<br />

Literatur<br />

Speichervolumen bei Kollektor<strong>aus</strong>trittstemperatur<br />

200 °C<br />

Fluidspeicher, Thermoöl 11,0 m³ 3,3 m³<br />

Fluidspeicher,<br />

Druckwasser<br />

8,8 m³ 2,9 m³<br />

Feststoffspeicher 13,5 m³ 4,2 m³<br />

Dampfspeicher 5,2 m³ 1,6 m³<br />

Latentwärmespeicher 0,8 m³ 0,7 m³<br />

1 Der „Organic Rankine Cycle“-Prozess (ORC) ist ein nicht-<br />

überhitzender thermodynamischer Zyklus, in dem eine<br />

organische Betriebsfl üssigkeit Elektrizität erzeugt.<br />

Dr. Rainer Tamme Speicherung für Hochtemperaturwärme<br />

[1] Tamme, R., Laing, D., Steinmann, W.-D.:<br />

Thermal energy storage technologies for<br />

solar process heat applications, Procee-<br />

dings of ESTEC 2005, 2nd European Solar<br />

Thermal Energy Conference, pp. 177-183<br />

[2] BMWA Verb<strong>und</strong>vorhaben „Temperatur-<br />

<strong>und</strong> druckstabile Prozessdampf-Speiche-<br />

rung <strong>und</strong> -Erzeugung durch neuartige<br />

Latentmaterial-Dampfspeichertechnik“<br />

FKZ 0327360, Weitere Informationen unter<br />

www.dlr.de/tt/institut/abteilungen/<br />

thermischept/heat_st/<br />

[3] EU Projekt „Energy Storage for Direct<br />

Steam Solar Power Plants“, SES6-CT-2003-<br />

503526, Weitere Informationen unter<br />

www.dlr.de/tt/institut/abteilungen/<br />

thermischept/heat_st/


Nachhaltigkeit der<br />

<strong>Energie</strong>versorgung mit<br />

<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong><br />

Förderinstrumente für die Markteinführung <strong>–</strong><br />

das Erneuerbare-<strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />

Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale<br />

erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />

131


FVS LZE Themen 2005<br />

Peter-Michael Nast<br />

DLR<br />

michael.nast@dlr.de<br />

Dr. Ole Langniß<br />

ZSW<br />

ole.langriss@zsw-bw.de<br />

Prof. Dr. Uwe Leprich<br />

IZES - Institut für<br />

Zukunfts<strong>Energie</strong>Systeme<br />

leprich@izes.de<br />

132<br />

Förderinstrumente für die Martkteinführung<br />

<strong>–</strong> das Erneuerbare-<br />

<strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />

Motivation für ein Erneuerbare-<strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />

Die Importpreise für Brennstoffe haben sich wie<br />

von verschiedenen Studien vor<strong>aus</strong>gesagt in den<br />

letzten Jahren drastisch erhöht [1]. Eine stärkere<br />

Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>markt<br />

kann erheblich dazu beitragen, die negativen<br />

Auswirkungen eines hohen <strong>Energie</strong>preises auf<br />

die Volkswirtschaft zu mindern.<br />

An Aktualität hat in jüngster Zeit die Diskussion<br />

um die Häufung anomaler Wetter phäno mene<br />

<strong>und</strong> um den Klimaschutz gewonnen. Auch hier<br />

können erneuerbare <strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>markt<br />

noch in erheblich stärkerem Maße zu einer<br />

Senkung der Emissionen von klima wirksamen<br />

Gasen beitragen. Bisher fehlt es aber im <strong>Wärme</strong>markt<br />

an einem entsprech end kräftigen Impuls<br />

<strong>aus</strong> der Politik. Bei der derzeitig angespannten<br />

Lage am Arbeitsmarkt ist insbesondere darauf<br />

hinzuweisen, dass der Zubau erneuerbarer<br />

<strong>Energie</strong>n heimische Arbeits plätze schafft <strong>und</strong> der<br />

Import fossiler Brennstoffe reduziert werden<br />

kann. Ein Gesetz zur Förderung erneuerbarer<br />

<strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>markt schafft also vierfach<br />

Gewinn:<br />

1. Beiträge zur Schonung von Klima<br />

<strong>und</strong> Rohstoffen<br />

2. Minderung der Importabhängigkeit<br />

3. Stärkung der regionalen Wertschöpfung<br />

4. Schaffung zukunftssicherer Arbeitsplätze<br />

Die heute vorhandenen Förderinstrumente<br />

wie z. B. das Marktanreizprogramm des<br />

B<strong>und</strong>es umweltministeriums (BMU) reichen zur<br />

Erschließung dieser Potenziale nicht mehr <strong>aus</strong>.<br />

Es müssen neue Lenkungsinstrumente gef<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> eingeführt werden.<br />

Peter-Michael Nast das Erneuerbare <strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />

Zielvorgaben für erneuerbare<br />

<strong>Energie</strong>n <strong>und</strong> Grenzen der bisherigen<br />

Lenkungsinstrumente<br />

Investitionen im <strong>Energie</strong>markt haben sehr langfristige<br />

Auswirkungen. Entsprechend wichtig ist<br />

eine sorgfältige Langfristplanung. Die diesem<br />

Beitrag zugr<strong>und</strong>e liegenden Annahmen <strong>und</strong><br />

Ziele beruhen auf der federführend vom DLR<br />

für das BMU erstellten Studie „Ökologisch<br />

optimierter Ausbau der Nutzung erneuerbarer<br />

<strong>Energie</strong>n in Deutschland“ [2]. Bis 2020 ist<br />

demnach der Beitrag der erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />

zum <strong>Wärme</strong>markt von heute 4,2 % auf 12 %<br />

<strong>und</strong> bis zum Jahr 2050 auf über 40 % zu steigern.<br />

Die unterstützende Wirkung einer ebenfalls<br />

dringend erforderlichen Verbesserung der<br />

<strong>Wärme</strong>dämmung der Gebäude ist dabei schon<br />

berücksichtigt. Es werden auch mittel- <strong>und</strong><br />

langfristige Aspekte beachtet, um Sackgassen<br />

oder Entwicklungsengpässe zu vermeiden<br />

(z. B. Nahwärme).<br />

Der Ausbau der erneuerbaren <strong>Energie</strong>n wird<br />

sich nicht von alleine im erforderlichen Umfang<br />

einstellen. Für einen wachsenden Ausbau der<br />

erneuerbaren <strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>markt sind<br />

wachsende Fördervolumina nötig, bis sich die<br />

neuen Techniken auch ohne gesetzliche oder<br />

fi nanzielle Unterstützung am freien Markt behaupten<br />

können. Auf Basis der Untersuchungen<br />

des DLR ist bis zum Jahr 2010 mit einem Anwachsen<br />

des Fördervolumens auf 500 Mio. €<br />

pro Jahr zu rechnen. Mit dem derzeitigen Förderinstrument<br />

„Marktanreizprogramm“ wird<br />

dies aufgr<strong>und</strong> folgender Probleme nicht zu<br />

leisten sein:<br />

Die Finanzierung der Förderung <strong>aus</strong><br />

öffentlichen H<strong>aus</strong>halten führt zu starken<br />

Nachfrage schwankungen in Abhängigkeit<br />

vom jeweiligen jährlichen Budget.


Peter-Michael Nast das Erneuerbare <strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />

So wurden im Jahr 2001 wegen knapper<br />

H<strong>aus</strong>haltsmittel die Fördersätze für Solar-<br />

anlagen überraschend gekürzt. Von dem<br />

nachfolgenden 40 % igen Absatzeinbruch<br />

hat sich der Kollektormarkt bis heute<br />

noch nicht gänzlich erholt.<br />

Der zukünftige Absatz von Anlagen zur<br />

Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n lässt sich<br />

durch diese Unsicherheiten, die durch das<br />

bisherige Lenkungsinstrument induziert<br />

werden, nur schwer abschätzen. Investitionen<br />

in neue effi zientere Produktionsanlagen <strong>und</strong><br />

Produkte sind entsprechend risikobehaftet,<br />

deren Finanzierung erfordert Risikoaufschläge.<br />

Dies schlägt sich letztlich in höheren<br />

Verkaufspreisen nieder.<br />

Mit dem stetig weiter wachsenden Mittelbedarf<br />

wird deren Bereitstellung <strong>aus</strong> öffentlichen<br />

H<strong>aus</strong>halten angesichts deren angespannter<br />

Lage noch problematischer als bisher.<br />

Neben dem Marktanreizprogramm gibt es<br />

bereits heute einige Lenkungsinstrumente, die<br />

zugunsten von erneuerbaren <strong>Energie</strong>n in den<br />

<strong>Wärme</strong>markt eingreifen wie z.B. die <strong>Energie</strong>einsparverordnung<br />

(EnEV), die Öko-Steuer,<br />

den CO 2 -Emissionshandel, das Kraft-<strong>Wärme</strong>-<br />

Kopplung-Modernisierungs gesetz (KWK-ModG)<br />

<strong>und</strong> indirekt auch das Erneuerbare-<strong>Energie</strong>-<br />

Gesetz (EEG). Aber keines dieser Instrumente hat<br />

die Einführung von erneuerbaren <strong>Energie</strong>n im<br />

<strong>Wärme</strong>markt bisher <strong>aus</strong> reichend beschleunigt.<br />

Anforderungen an<br />

ein neues Instrument<br />

Selbstverständlich muss ein neues Instrument<br />

sicherstellen, dass die für den Ausbau des<br />

<strong>Wärme</strong>marktes formulierten Ziele auch tatsächlich<br />

erreicht werden. Der Aufwand hierzu soll so<br />

gering wie möglich sein. Dazu gehören nicht<br />

nur die direkten fi nanziellen Aufwendungen,<br />

sondern auch der Verwaltungs- <strong>und</strong> Kontrollaufwand.<br />

Mitnahmeeffekte sollen weitgehend<br />

vermieden werden: Wer ohnehin bauen würde <strong>–</strong><br />

<strong>und</strong> sei es <strong>aus</strong> den besten Gründen wie Umweltbewusstsein<br />

oder individuelle Absicherung<br />

gegen unangenehme Entwicklungen auf dem<br />

Brennstoffmarkt <strong>–</strong> benötigt keine zusätzliche<br />

fi nanzielle Förderung.<br />

Leicht übersehen wird, dass ein Lenkungsinstrument<br />

auch für die notwendigen, aber erst<br />

längerfristig wirksamen Strukturänderungen<br />

schon heute die Weichen stellen soll. Hierzu<br />

gehören:<br />

Der verstärkte Einsatz von Biomasse in<br />

Anlagen mit Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung.<br />

Bei solarer <strong>Wärme</strong> die Erschließung des<br />

bisher weitgehend ungenutzten Potenzials<br />

in Mehrfamilienhäusern <strong>und</strong> im Gewerbe<br />

sowie die Entwicklung kostengünstiger<br />

saisonaler Speicher.<br />

Der kostengünstige Aufbau von Nahwärme-<br />

netzen ist für die (Tiefen-) Geothermie<br />

unabdingbar, aber auch für die effektive<br />

Nutzung von solarer <strong>Wärme</strong> oder Biomasse<br />

von großer Bedeutung.<br />

Gerade die Erfüllung dieser langfristigen<br />

Anforderungen kann nicht den diesbezüglich<br />

blinden Marktkräften überlassen werden.<br />

Mögliche Klassifi zierungen von<br />

neuen, budgetunabhängigen<br />

Instrumenten im <strong>Wärme</strong>markt<br />

Es gibt global wirkende Lenkungsinstrumente,<br />

mit welchen wichtige aber sehr allgemeine<br />

Ziele verfolgt werden <strong>und</strong> die großen Spielraum<br />

lassen, auf welche Weise diese Ziele verwirklicht<br />

werden. Hierzu gehören erhöhte <strong>Energie</strong>steuern<br />

oder der CO 2 -Emissionshandel. Und es gibt<br />

spezifi sche Instrumente, welche speziell auf die<br />

effektive Lenkung eines Teilbereichs des <strong>Energie</strong>marktes<br />

zugeschnitten sind. Zu den spezifi schen<br />

Instrumenten gehört das EEG, welches sich auf<br />

den Stromsektor <strong>und</strong> dort auch nur auf die<br />

erneuerbaren <strong>Energie</strong>n konzentriert. Um große<br />

Effekte in allen Bereichen des <strong>Energie</strong>systems zu<br />

erreichen, müssen spezifi sche Instrumente mit<br />

globalen zusammenwirken [3; 4].<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

133


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 1<br />

Lenkungsinstrumente<br />

<strong>und</strong> Träger ihrer<br />

Zusatzkosten für<br />

die Markteinführung<br />

erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />

134<br />

Folgende spezifi sche Instrumente stehen zur<br />

Diskussion:<br />

Ordnungsrechtliche Regelungen, bei denen<br />

Vorschriften zur Nutzung erneuerbarer<br />

<strong>Energie</strong>n erlassen werden, die sich z. B. an<br />

jeden einzelnen Bauherren richten können.<br />

Hierzu gehört die EnEV. Mit dieser Verord-<br />

nung gibt es bereits heute ein ordnungs -<br />

rechtliches Instrument, das teilweise auch<br />

auf die Förderung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n im<br />

<strong>Wärme</strong>markt zielt. Es hat aber bisher in<br />

diesem Bereich nur geringe Wirkung ent-<br />

faltet.<br />

Preisregelungen, bei denen ein Verkaufspreis<br />

für erneuerbare <strong>Energie</strong>n festgelegt wird,<br />

welcher von einer vom Gesetzgeber be-<br />

stimmten Gruppe zu bezahlen ist (hierzu<br />

gehört das EEG).<br />

Mengenregelungen, bei denen eine Menge<br />

an jährlich zu erzeugender erneuerbarer<br />

<strong>Energie</strong>n vorgegeben wird, <strong>und</strong> eine vom<br />

Gesetzgeber bestimmte Gruppe Sorge dafür<br />

zu tragen hat, dass diese Vorgabe auch erfüllt<br />

wird.<br />

Abb. 1 zeigt einige der bereits realisierten (blau)<br />

<strong>und</strong> zukünftig denkbaren (rot) Instrumente.<br />

Dargestellt ist, von welcher Gruppe die Betreiber<br />

von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />

zusätzliches (Förder-)Geld erhalten <strong>und</strong> wie<br />

Heutige Instrumente:<br />

Mögliche Instrumente<br />

für den <strong>Wärme</strong>markt:<br />

Lenkungsinstrument<br />

Erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />

Gesetz (EEG, Strom)<br />

Markanreizprogramm<br />

Solarabgabe auf<br />

Brennstoffe<br />

Mengen- oder<br />

Preisregelung<br />

Solarverordnung<br />

(Ordnungsrecht)<br />

Peter-Michael Nast das Erneuerbare <strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />

sich die Gruppe der Verpfl ichteten vor<strong>aus</strong>sichtlich<br />

refi nanzieren wird. Ausdrücklich muss<br />

darauf hingewiesen werden, dass die Gruppe,<br />

welche zunächst zu Zahlungen verpfl ichtet wird<br />

<strong>–</strong> wie zum Beispiel die Stromnetzbetreiber <strong>–</strong> ,<br />

nicht notwendig hierdurch unangemessene<br />

wirtschaftliche Nach teile erleidet. So ist durch<strong>aus</strong><br />

strittig, wie viel von den derzeitigen Strompreis<br />

erhöh ungen sich tatsächlich mit dem<br />

EEG begründen lassen.<br />

Vor- <strong>und</strong> Nachteile<br />

verschiedener<br />

Instrumentenentwürfe<br />

Vor dem Entwurf neuer Instrumente für den<br />

<strong>Wärme</strong>markt ist ein Vergleich mit dem Strommarkt<br />

nahe liegend, für welchen bereits seit<br />

längerem <strong>und</strong> in mehreren Ländern Erfahrungen<br />

mit Lenkungsinstrumenten vorliegen. Zwischen<br />

dem <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> dem Strommarkt gibt es<br />

aber zwei entscheidende Unterschiede:<br />

1. Im Strommarkt gibt es eine fl ächendeckende<br />

<strong>und</strong> eindeutige Zuordnung der<br />

Versorgungsgebiete zu den Netzbetreibern.<br />

Diese „natürlichen“ Ansprechpartner wie<br />

beim EEG gibt es im <strong>Wärme</strong>markt nicht.<br />

Anlagenbetreiber<br />

erhält Geld von<br />

Netzbetreiber<br />

Staat<br />

Brennstoffversorger<br />

Kosten werden<br />

weitergereicht an<br />

Stromverbraucher<br />

Steuerzahler<br />

(Ökosteuer)<br />

<strong>Wärme</strong>verbraucher<br />

Bauherren


Peter-Michael Nast das Erneuerbare <strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />

Selbst in Gebieten, welche mit Fernwärme<br />

oder Gas erschlossen wurden, wird es (fast)<br />

immer Gebäude geben, welche mit Öl, Holz,<br />

Strom oder einer Kombination der genann-<br />

ten <strong>Energie</strong>träger beheizt werden.<br />

2. Stromleitungen, welche eigentlich für die<br />

Stromversorgung gelegt wurden, können<br />

auch für die Stromeinspeisung genutzt<br />

werden. Bei der <strong>Wärme</strong>versorgung ist eine<br />

derartige Rückspeisung nicht möglich. Selbst<br />

dort, wo Fernwärmenetze vorhanden sind,<br />

wäre eine Rückspeisung mit erheblichen<br />

technischen Problemen verb<strong>und</strong>en. Die re-<br />

generativ erzeugte <strong>Wärme</strong> muss daher vor<br />

Ort genutzt werden. Der Umweltnutzen<br />

dieser <strong>Wärme</strong> kommt aber nicht nur den<br />

Verbrauchern vor Ort, sondern der Allge-<br />

meinheit zu gute. Dies muss auch bei der<br />

Verteilung der zusätzlichen Kosten für erneu-<br />

erbare <strong>Wärme</strong> berücksichtigt werden. Hier zu<br />

wurden neue Instrumente entwickelt, bei<br />

denen den Anlagenbetreibern die Erzeu gung<br />

<strong>und</strong> Nutzung von erneuerbarer <strong>Wärme</strong> durch<br />

die Ausstellung von Beschei nigungen be-<br />

stätigt wird. Diese können dann <strong>–</strong> soweit<br />

Nachfrage besteht oder gesetzlich geschaffen<br />

wird <strong>–</strong> am Markt verkauft werden. Letztend-<br />

lich sind derartige Bescheinigungen nichts<br />

Neues. Sie mussten in einfacherer Form auch<br />

bisher bei jeder Art der Förderung erbracht<br />

werden.<br />

Beide Unterschiede erschweren eine direkte<br />

Übertragung des EEG auf den <strong>Wärme</strong>markt.<br />

Daher werden im Folgenden zunächst das<br />

einfachere Ordnungsrecht <strong>und</strong> erst danach<br />

die neu entwickelten Instrumente zur Mengen-<br />

<strong>und</strong> Preisregelung, bei welchen die oben genannten<br />

Bescheinigungen anstelle von <strong>Wärme</strong><br />

verkauft werden, beschrieben.<br />

a. Ordnungsrecht<br />

In Ländern wie Israel oder Spanien besteht<br />

bereits für Bauherren die Verpfl ichtung,<br />

Neu bauten mit Solaranlagen <strong>aus</strong>zurüsten.<br />

In Deutschland würde eine derartige Regelung<br />

aufgr<strong>und</strong> der seit Jahren geringen <strong>und</strong> noch<br />

weiter zurückgehenden Bautätigkeit nur begrenzt<br />

wirksam sein. Zudem besitzt die EnEV<br />

heute schon Elemente einer solchen Verpfl ichtung,<br />

da Bauherren die geforderten niedrigen<br />

Verbrauchswerte auch über den Einsatz erneuerbarer<br />

<strong>Energie</strong>n nachweisen können.<br />

Bei weitergehenden Vorschlägen wird daher<br />

die Verpfl ichtung zur Nutzung von erneuer baren<br />

<strong>Energie</strong>n schon beim Aust<strong>aus</strong>ch der Heizungsanlage<br />

<strong>aus</strong>gelöst. Dies hätte zunächst einen Nachfragesprung<br />

nach erneuerbaren <strong>Energie</strong>n zur<br />

Folge, der nur bei einem gestuften Vorgehen<br />

(d. h. die Verpfl ichtung gilt zunächst nur für<br />

einen Teil der Gebäude) vom inländischen Markt<br />

befriedigt werden könnte. Mittel- <strong>und</strong> langfristig<br />

wären aber die Anforderungen zu verschärfen<br />

(z. B. Erhöhung des geforderten Anteils der<br />

erneuerbaren <strong>Energie</strong>n an der <strong>Wärme</strong>versorgung<br />

des Gebäudes von anfangs 10 % auf 15 %<br />

für Heizungen, die erst im Jahr 2015 <strong>aus</strong>get<strong>aus</strong>cht<br />

werden).<br />

Ordnungsrechtliche Instrumente haben den<br />

Vorteil, dass sie leicht verständlich <strong>und</strong> für den<br />

Bauherren nur eine zusätzliche Vorschrift unter<br />

den ohnehin gewohnten Aufl agen sind. Diese<br />

können aber im Einzelfall unsinnig sein, sodass<br />

verwaltungsintensive Ausnahmereglungen<br />

vorgesehen werden müssen.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlicher Nachteil ist, dass das angestrebte<br />

Ziel (Ressourcenschonung, Klimaschutz)<br />

nicht kostenoptimal erreicht wird. So können<br />

ordnungsrechtliche Vorschriften zu einer suboptimalen<br />

Vermischung von gas- <strong>und</strong> holzbeheizten<br />

Gebieten führen, während es volkswirtschaftlich<br />

günstiger sein kann, eine ganze<br />

Siedlung komplett mit Holz zu beheizen <strong>und</strong><br />

eine andere dafür nur <strong>aus</strong>schließlich mit Gas zu<br />

versorgen. Problematisch ist auch, dass sich für<br />

ein Gebäude eine Teilbeheizung mit Solarkollektoren<br />

problemlos vorschreiben lässt, mit Geothermie<br />

oder <strong>Energie</strong> <strong>aus</strong> Biomasse aber nur<br />

eine Vollversorgung sinnvoll ist.<br />

Außerdem wird der Aufbau langfristig vorteilhafter<br />

Strukturen im <strong>Wärme</strong>markt, wie der<br />

Ausbau von Nahwärmenetzen, durch das auf<br />

den individuellen Bauherren zielende Ordnungsrecht<br />

kaum befördert. Häufi g lösen sich ordnungsrechtliche<br />

Vorgaben <strong>aus</strong> administrativen<br />

Gründen vom Verursacherprinzip, sodass das<br />

Internalisierungsargument von externen Kosten<br />

nicht zum Tragen kommt.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

135


FVS LZE Themen 2005<br />

136<br />

b. Mengenregelungen<br />

Bei Mengenregelungen wird den Verpfl ichteten<br />

auferlegt, eine gesetzlich vorgegebene Menge<br />

an erneuerbaren <strong>Energie</strong>n bereitzustellen <strong>und</strong><br />

zu nutzen. Vom Ordnungsrecht unterscheidet<br />

sich die Mengenregelung insofern, als die<br />

Verpfl ichteten die erneuerbaren <strong>Energie</strong>n nicht<br />

selbst erzeugen oder nutzen müssen, sondern<br />

nur dafür Sorge zu tragen haben, dass dies <strong>–</strong><br />

egal wo <strong>–</strong> geschieht. Beispielsweise kann den<br />

Brennstoffversorgern auferlegt werden, dass<br />

zum Ausgleich für das von ihnen abgesetzte,<br />

die Umwelt beeinträchtigende Produkt wenigstens<br />

5 % ihres Absatzes von erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />

stammen müssen. Der Brennstoffversorger<br />

muss die erneuerbare <strong>Wärme</strong> nicht selbst erzeugen,<br />

sondern er kann dies durch andere für<br />

sich günstiger erledigen lassen <strong>und</strong> stattdessen<br />

nur die oben erwähnten Bescheinigungen solange<br />

ankaufen, bis 5% seines Absatzes erreicht<br />

sind. Um die langfristig notwendige Abkehr von<br />

den fossilen Brennstoffen geordnet zu erreichen,<br />

muss die prozentuale Vorgabe zur Nutzung von<br />

erneuerbaren <strong>Energie</strong>n von Jahr zu Jahr vor<strong>aus</strong>sehbar<br />

ansteigen, z. B. von heute 5 % bis auf<br />

15 % im Jahr 2020.<br />

Für die Mengenregelung gibt es eine Reihe von<br />

Ausgestaltungsvarianten mit ihren jeweiligen<br />

Vor- <strong>und</strong> Nachteilen:<br />

Als Verpfl ichteter kommt jeder in der Verursa<br />

cherkette vom Brennstofferzeuger bis zum<br />

Brennstoffverbraucher in Frage. Wird auf der<br />

obersten Stufe (Erzeuger <strong>und</strong> Importeure)<br />

angesetzt, so sind die Transaktionskosten be-<br />

sonders gering, da auf dieser Ebene auch die<br />

Mineralölbesteuerung ansetzt <strong>und</strong> so keine<br />

zusätzlichen Daten erhoben werden müssen.<br />

Als Bemessungsgr<strong>und</strong>lage für die Verpfl ich-<br />

tung kann der <strong>Energie</strong>- oder der CO 2 -Gehalt<br />

der verkauften Brennstoffe angesetzt werden.<br />

Wird der <strong>Energie</strong>gehalt als Bemessungs-<br />

gr<strong>und</strong>lage angesetzt, so hat dies den Vorteil,<br />

dass nicht in den Wettbewerb zwischen den<br />

fossilen <strong>Energie</strong>trägern eingegriffen wird.<br />

Es ist möglich, die Regelung auf die Förde-<br />

rung von <strong>Energie</strong>effi zienz zu erweitern (sog.<br />

Weiße Zertifi kate). Die Brennstoffversorger<br />

werden hierbei verpfl ichtet, ihren <strong>Energie</strong>ab-<br />

satz zu senken. Auch hierfür erhalten sie<br />

handelbare Bescheinigungen.<br />

Peter-Michael Nast das Erneuerbare <strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />

Solche Regelungen sind in Großbritannien<br />

<strong>und</strong> Italien bereits eingeführt <strong>und</strong> in Frank -<br />

reich kurz vor der Einführung [5]. Auch auf<br />

europäischer Ebene wird ein solches Instru-<br />

ment diskutiert [6]. Interessanterweise sieht<br />

z. B. die französische Regelung vor, dass<br />

auch Solarkollektoren zur Erfüllung der<br />

Einsparverpfl ichtungen anerkannt werden.<br />

Weitere Ausgestaltungsmerkmale betreffen<br />

einen fi xen Bonus für die Anlagen betrei ber<br />

[7], getrennte Mengenvorgaben jeweils für<br />

solare <strong>Wärme</strong>, Geothermie <strong>und</strong> Biomasse,<br />

eine verstärkte Integration des Brennstoffhandels<br />

[8] <strong>und</strong> eine verstärkte Integration<br />

des Installationsgewerbes.<br />

Alle Mengenregelungen haben den Vorteil,<br />

das sie <strong>aus</strong> juristischer Sicht auf direktem<br />

Wege dem Umweltschutz zu gute kommen<br />

<strong>und</strong> dabei in erster Linie die Gruppe der<br />

Verursacher belastet wird.<br />

Mengenregelungen sind auch im Strommarkt<br />

möglich <strong>und</strong> werden dort auch in einigen<br />

Ländern bereits zugunsten von erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>n eingesetzt, allerdings mit weit<strong>aus</strong><br />

weniger Erfolg als in den Ländern mit Preisregelungen.<br />

c. Preisregelungen<br />

Auch Preisregelungen (zu welchen auch das EEG<br />

gehört) kommen dem Umweltschutz zu gute.<br />

Aus juristischer Sicht ist hier aber sorgfältiger als<br />

bei den Mengenregelungen darauf zu achten,<br />

dass dies auch deutlich wird <strong>und</strong> insbesondere<br />

wirtschaftliche Aspekte stets eine Folge der<br />

Anforderungen des Umweltschutzes bleiben.<br />

Im EEG wird vor der Vergütung die Abnahme<br />

des Stroms durch die Netzbetreiber geregelt.<br />

In einem zukünftigen <strong>Wärme</strong>gesetz wäre es<br />

analog dazu möglich, zunächst eine von den<br />

Brennstoffversorgern zu erfüllende Abnahmepfl<br />

icht für Bescheinigungen zu formulieren.<br />

Auch eine gesetzliche Regelung, wer zunächst<br />

zur Abnahme dieser Bescheinigungen verpfl ichtet<br />

ist <strong>und</strong> wie danach der Ausgleich zwischen<br />

den Verpfl ichteten erfolgt, scheint juristisch<br />

möglich [9]. Nach Klärung dieser Punkte kann<br />

im weiteren wie beim EEG verfahren werden.<br />

Damit kommen die Vorzüge des EEG auch im<br />

<strong>Wärme</strong>markt zum Tragen.


Peter-Michael Nast das Erneuerbare <strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />

Am wichtigsten erscheint hier der Vorteil der<br />

Investitionssicherheit: Ein zukünftiger Anlagenbetreiber<br />

weiß von vorneherein, welche Einnahmen<br />

seine Anlage erzielen wird. Er muss sich<br />

nicht darum kümmern, ob die Anlagen konkurrierender<br />

Betreiber billiger anbieten können<br />

oder die Vergütung für seine Bescheinigungen<br />

zukünftig fallen wird. Dies vereinfacht seine<br />

Planung <strong>und</strong> macht die verbleibenden Risiken<br />

überschaubar. Risikozuschläge können entfallen.<br />

Seine Bereitschaft, ein ins Auge gefasstes Projekt<br />

auch tatsächlich zu realisieren, wächst dadurch.<br />

Im Gesamtergebnis kann so der Gesetzgeber<br />

das von ihm bei der Konzeption des <strong>Wärme</strong>gesetzes<br />

angestrebte Ausbauziel mit vergleichsweise<br />

geringen Kosten für Brennstoffversorger <strong>und</strong><br />

Volkswirtschaft erreichen.<br />

Es ist allerdings eine anspruchsvolle Aufgabe,<br />

die Höhe der Vergütung so festzulegen, dass<br />

sich im Nachhinein das angestrebte Marktvolumen<br />

auch tatsächlich ergibt. Bei zu geringer<br />

Vergütung werden zu wenige Anlagen gebaut,<br />

bei zu hoher kann der dann eintretende Nachfrageboom<br />

nicht mehr von heimischen Herstellern<br />

befriedigt werden <strong>und</strong> es kommt zu<br />

überschießenden Preisen für die Anlagen.<br />

Wettbewerb ist insofern garantiert, als eine<br />

Bauentscheidung nur dort fällt, wo die Hersteller<br />

ihr Produkt so günstig anbieten, dass die<br />

Renditeerwartungen des Bauherren erfüllt<br />

werden. Ineffi ziente Anbieter werden auch<br />

bei Preisregelungen vom Markt verdrängt.<br />

Ein weiterer Vorteil von Preisregelungen ist,<br />

dass sehr einfach unterschiedliche Vergütungen<br />

für die verschiedenen Technologien festgelegt<br />

werden können, die deren unterschiedlichem<br />

Entwicklungsstand Rechnung tragen. Hierdurch<br />

lässt sich auch der langfristig notwendige Strukturwandel<br />

im <strong>Wärme</strong>markt befördern, indem<br />

etwa für erneuerbare <strong>Energie</strong>n, die in Nahwärmenetze<br />

einspeisen, eine höhere Vergütung für<br />

die Bescheinigungen festgelegt wird.<br />

Anforderungen an ein <strong>Wärme</strong>gesetz Bewertung<br />

o neutral + vorteilhaft <strong>–</strong> nachteilig<br />

Ordnungsrecht Mengenregelung Preisregelung<br />

Kurzfristige Zielgenauigkeit (bis ca. 2010) o + o<br />

Weichenstellung für langfristige Entwicklungen<br />

(Differenzierung nach Techniken,<br />

Ausbau von Nahwärme)<br />

Kosteneffi zienz (Minimierung von<br />

Mitnahmeeffekten <strong>und</strong> Transaktionskosten,<br />

Förderung des Wettbewerbs)<br />

Unabhängigkeit von öffentlichen<br />

H<strong>aus</strong>halten<br />

<strong>–</strong> o +<br />

<strong>–</strong> + +<br />

+ + +<br />

Politische Durchsetzbarkeit + o o<br />

Rechtskonformität + + o<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Tabelle 1<br />

Anforderungen an<br />

ein <strong>Wärme</strong>gesetz <strong>und</strong><br />

Bewertung für drei<br />

Ausgestaltungsvarianten<br />

137


FVS LZE Themen 2005<br />

138<br />

In Tab. 1 sind die Anforderungen an ein neues<br />

<strong>Wärme</strong>gesetz aufgelistet <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>varianten<br />

der drei hier aufgeführten Instrumentenentwürfe<br />

bewertet. Ausdrücklich wird darauf<br />

hingewiesen, dass für jedes der Instrumente<br />

Ausgestaltungsvarianten möglich sind, welche<br />

die Bewertung beeinfl ussen können.<br />

Bei allen angeführten Lenkungsinstrumenten<br />

muss die juristische Zulässigkeit geprüft werden.<br />

Zu prüfen ist insbesondere<br />

die Vereinbarkeit mit dem<br />

EU-Wettbewerbsrecht,<br />

die individuellen Zumutbarkeit (besonders<br />

beim Ordnungsrecht)<br />

<strong>und</strong> ob eine unzulässige Sonderabgabe<br />

(bei Mengen- oder Preisregelungen) vorliegt.<br />

Es muss sehr sorgfältig darauf geachtet werden,<br />

dass eine Aufl age zugunsten der Umwelt,<br />

welche juristisch problemlos zulässig ist, nicht<br />

aufgr<strong>und</strong> einer zu weit gehenden staatlichen<br />

Kontrolle in eine Sonderabgabe umschlägt,<br />

<strong>und</strong> diese dann möglicherweise wegen nicht<br />

<strong>aus</strong>reichender Gruppennützigkeit unzulässig<br />

ist. Hier ist eine juristische Detailanalyse<br />

unerlässlich.<br />

Peter-Michael Nast das Erneuerbare <strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />

Schlussfolgerungen<br />

Die Einführung eines neuen Lenkungsinstruments<br />

zugunsten von erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />

im <strong>Wärme</strong>markt ist dringend notwendig.<br />

Denn es fehlen ähnlich starke Impulse, wie<br />

es sie im Strommarkt mit dem EEG <strong>und</strong> im<br />

Kraftstoffmarkt mit der Mineralölsteuerbefreiung<br />

für Biodiesel bereits gibt. Ein solches Lenkungsinstrument<br />

ist zu wichtig, als dass es wie bisher<br />

das Markteinführungsprogramm von der<br />

H<strong>aus</strong>haltslage der öffentlichen Hand abhängen<br />

darf.<br />

Es ist anzustreben, dass die während der Phase<br />

der Markteinführung noch notwendige Zusatzfi<br />

nanzierung verursachergerechter als bisher<br />

erfolgt. Zu belasten ist, wer fossile Brennstoffe<br />

in den Verkehr bringt oder sie nutzt.<br />

Verschiedene Instrumentenoptionen kommen<br />

in Frage, jeweils mit ihren eigenen besonderen<br />

Vor- <strong>und</strong> Nachteilen. Zu den vielversprechendsten<br />

Möglichkeiten gehört sicher eine Preisregelung,<br />

welche ähnlich wie das EEG aufgebaut ist<br />

<strong>und</strong> von welcher auch eine ähnlich positive<br />

Wirkung erwartet werden kann. Detailliertere<br />

Untersuchungen zu allen Instrumenten optionen<br />

werden für das BMU von DLR <strong>und</strong> IZES im<br />

Projekt „Eckpunkte für die Entwicklung <strong>und</strong><br />

Einführung budgetunabhängiger Instrumente<br />

zur Marktdurchdringung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />

im <strong>Wärme</strong>markt“ durchgeführt. Unabhängig<br />

von der letztendlichen Ausgestaltung der<br />

zukünftigen Förderung von <strong>Wärme</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>n sollten die bestehenden<br />

Förderinstrumente so angepasst werden, dass<br />

sie eine sanfte Überleitung in ein neues System<br />

ermöglichen. So sollten beispielsweise im<br />

Marktanreizprogramm Solar kollektoren schon<br />

heute ertragsorientiert anstatt fl ächenbezogen<br />

gefördert werden [10].


Peter-Michael Nast das Erneuerbare <strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />

Literatur<br />

[1] Schlesinger, Michael: Szenariendarstellung<br />

<strong>–</strong> Soziodemographische <strong>und</strong> ökonomische<br />

Rahmendaten. Bericht für die Enquete-<br />

Kommission “Nachhaltige <strong>Energie</strong>versor -<br />

gung” des Deutschen B<strong>und</strong>estages, Basel<br />

2001<br />

[2] Nitsch, Joachim u.a.: Ökologisch optimier<br />

ter Ausbau der Nutzung erneuerbarer<br />

<strong>Energie</strong>n in Deutschland. Forschungsvorha-<br />

ben im Auftrag des BMU, April 2004.<br />

[3] Enquete-Kommission „Nachhaltige<br />

<strong>Energie</strong>versorgung“ des Deutschen<br />

B<strong>und</strong>estages Schlussbericht, Berlin, Juli<br />

2002 (http://www.b<strong>und</strong>estag.de/parla-<br />

ment/kommissionen/archiv/ener/index.<br />

html)<br />

[4] Sanden, Björn; Astrand, Kerstin: Sprinter vs.<br />

long-distance runners. How does policy<br />

made markets pick actors and technology<br />

winners? Vortragsmanuskript. 7th Nordic<br />

Environmental Social Science research<br />

Conference, Universität Göteborg.<br />

15.-17 Juni 2005.<br />

[5] Langniß, Ole; Praetorius, B.: How much<br />

“market” do market-based instruments<br />

create? Eingeladener Aufsatz. Energy Policy<br />

34 (2006) S. 200-211.<br />

[6] Forschungsprojekt EuroWhiteCert. Im<br />

Auftrag der Europäischen Kommission.<br />

Homepage. http://www.ewc.polimi.it/<br />

index.php<br />

[7] Nast, Michael: Konzept <strong>und</strong> Hintergründe<br />

eines regenerativen <strong>Wärme</strong>gesetzes.<br />

Tagungsband Holz<strong>Energie</strong> 2003, Augsburg<br />

2003, S. 149-156.<br />

[8] Lamp, Helmut: Gr<strong>und</strong>züge für ein künftiges<br />

<strong>Wärme</strong>gesetz<br />

[9] Klinski, Stefan: Rechtliche Ansätze zur<br />

Förderung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n im<br />

<strong>Wärme</strong>markt. Manuskript zur Sonderta-<br />

gung “Umweltschutz im <strong>Energie</strong>recht“ der<br />

Gesellschaft für Umweltrecht e.V. <strong>und</strong> des<br />

B<strong>und</strong>esumweltamtes im Juni 2005 in Berlin.<br />

[10] Langniß, Ole, Astrid Aretz;<br />

Helmut Böhnisch, Edelgard Gruber,<br />

Wilhelm Mannsbart, Mario Ragwitz,<br />

Friedhelm Steinborn: Evaluierung von<br />

Einzelmaßnahmen zur Nutzung erneuer-<br />

barer <strong>Energie</strong>n (Marktanreizprogramm) im<br />

Zeitraum Januar 2002 bis August 2004.<br />

Forschungsvorhaben im Auftrag des<br />

B<strong>und</strong>esministeriums für Umwelt, Natur-<br />

schutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit, Stuttgart,<br />

Karlsruhe <strong>–</strong> Dezember 2004<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

139


FVS LZE Themen 2005<br />

Helmut Böhnisch<br />

ZSW<br />

helmut.boehnisch@<br />

zsw-bw.de<br />

Dr. Wolfram Krewitt<br />

DLR<br />

wolfram.krewitt@dlr.de<br />

Dr. Frithjof Staiß<br />

ZSW<br />

frithjof.staiss@zsw-bw.de<br />

140<br />

Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />

Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen<br />

<strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer<br />

<strong>Energie</strong>quellen<br />

Derzeitige Nutzung<br />

Erneuerbarer <strong>Energie</strong>n im<br />

<strong>Wärme</strong>markt<br />

Erneuerbare <strong>Energie</strong>n decken heute etwa 4,2 %<br />

des Endenergieverbrauchs für <strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> vermeiden<br />

dadurch CO 2 -Emissionen in der Größenordnung<br />

von 15 Mio. t jährlich [1]. Über 80 %<br />

davon entfallen auf die Nutzung fester Biomasse<br />

<strong>und</strong> hier überwiegend auf Brennholz. Die Anwendung<br />

moderner Biomassefeuerungen wie<br />

Pelletheizungen, Scheitholzvergaserkessel <strong>und</strong><br />

Hackschnitzelheizungen <strong>und</strong> -heizwerke sowie<br />

die thermische Nutzung von <strong>Sonne</strong>nenergie 1<br />

<strong>und</strong> Geothermie hat in den vergangenen Jahren<br />

erhebliche Fortschritte gemacht <strong>und</strong> dazu beigetragen,<br />

dass der Anteil erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />

im <strong>Wärme</strong>markt seit 2000 ansteigt.<br />

Über die Hälfte des gegenwärtigen <strong>Wärme</strong>bedarfes<br />

2 könnte mit erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />

gedeckt werden gemessen an den enormen<br />

Potenzialen, sind die Ausschöpfungsraten<br />

allerdings noch sehr gering. Zu etwa 30 %<br />

erschlossen ist lediglich Biomasse, wobei<br />

Potenzialangaben hier auch die konkurrierende<br />

Nutzung für den Strom- <strong>und</strong> Kraftstoffmarkt<br />

einbeziehen müssen 3 . Die Potenziale der Solarthermie<br />

<strong>und</strong> Geothermie sind bislang noch<br />

nicht einmal zu einem Prozent <strong>aus</strong>geschöpft<br />

(Abb.1).<br />

1 Ende 2004: 6,2 Mio. m 2 Kollektorfl äche<br />

2 Raumwärme, Warmwasser, Prozesswärme<br />

3 Das angegebene Potenzial für die energetische Nutzung<br />

von Biomasse von 320 TWh einschließlich <strong>Wärme</strong> <strong>aus</strong><br />

Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplungsanlagen basiert auf einem<br />

<strong>Energie</strong>pfl anzenanbau auf 4,2 Mio. ha <strong>und</strong> einer<br />

Strombereitstellung von 60 TWh sowie ebenfalls 60 TWh<br />

in Form von Biokraftstoffen (entspricht etwa 8 % des<br />

derzeitigen Kraftstoffverbrauchs).<br />

Ausb<strong>aus</strong>zenarien für<br />

erneuerbare <strong>Energie</strong>n im<br />

<strong>Wärme</strong>markt<br />

Die Perspektiven erneuerbarer <strong>Energie</strong>n wurden<br />

in den vergangenen Jahren mehrfach untersucht.<br />

Exemplarisch sei für den Bereich der Bioenergieträger<br />

die „Stoffstromanalyse zur nachhaltigen<br />

energetischen Nutzung von Biomasse“ [2] genannt,<br />

für den gesamten Bereich der Erneuerbaren<br />

die Studie „Ökologisch optimierter Ausbau<br />

der Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n in Deutschland“<br />

[3]. Hier wurde ein sogenanntes zielorientiertes<br />

Szenario erstellt, das sich an einer Reduktion<br />

der CO 2 -Emissionen bis zum Jahr 2050 um<br />

80 % gegenüber 1990 orientiert. Dementsprechend<br />

ambitioniert fällt der Ausbau der erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>n <strong>aus</strong> (Abb. 2): Die Beiträge steigen<br />

von heute etwa 3,6 % am Primärenergieverbrauch<br />

auf etwa 13 % im Jahr 2020 <strong>und</strong> 44 %<br />

im Jahr 2050, wobei angenommen wird, dass<br />

parallel eine Effi zienzstrategie greift, die zu einer<br />

deutlichen Reduktion des <strong>Energie</strong>bedarfs führt.<br />

Damit verb<strong>und</strong>en sind auch erhebliche strukturelle<br />

Veränderungen im <strong>Wärme</strong>markt. Abb. 3<br />

zeigt dies für die zielorientierte Ausbauvariante<br />

„NaturschutzPlus II“ im Vergleich zur Referenzentwicklung.<br />

In der dynamischen Ausbauvariante<br />

kommt es bis 2020 zu einem sehr starken<br />

Aufwuchs, sodass dann r<strong>und</strong> 12 % des Endenergieverbrauchs<br />

für <strong>Wärme</strong> <strong>aus</strong> erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>n gedeckt werden. Im Jahr 2050 werden<br />

<strong>–</strong> bei gleichzeitig anhaltenden Erfolgen bei<br />

<strong>Energie</strong>einsparung <strong>und</strong> Effi zienzsteigerung <strong>–</strong><br />

über 40 % erreicht. Bis 2020 stützt sich die Entwicklung<br />

vorrangig auf Nutzung von Biomasse,<br />

deren Potenziale dann weitgehend <strong>aus</strong>geschöpft<br />

sein dürften. Das weitere Wachstum basiert auf<br />

der Solarenergie <strong>und</strong> Geothermie, was sich<br />

dann nicht mehr nur in nennenswerten relativen<br />

Wachstumsraten, sondern auch in einem starken<br />

Anstieg der absoluten Beiträge niederschlägt.


Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />

Technische Potenziale<br />

Auschöpfungsraten 2004<br />

Biomasse,<br />

Anpfl anzungen** 7,4 %<br />

Biogase 7,2 %<br />

Struktur nach Primärenergieäquivalenten<br />

(Wirkungsgradmethode)<br />

Primärenergieverbrauch [PJ/a]<br />

Biomasse, feste Rohstoffe 34,2 %<br />

Wasserkraft<br />

Wind an Land<br />

Wind Offshore<br />

Biomasse Strom<br />

Biomasse <strong>Wärme</strong><br />

Biomasse Kraftstoffe<br />

Solarstrom<br />

Solarthermie<br />

Geothermie Strom<br />

Geothermie <strong>Wärme</strong><br />

Geothermie 24,4 %<br />

gesamt: 550 TWh/a Strom, 820 TWh/a <strong>Wärme</strong>. 60 TWh Kraftstoffe<br />

(je nach Zuordnung von Biomasse auf die einzelnen Bereiche)<br />

56 % des gesamten gegenwärtigen Endenergieverbrauchs<br />

95 % der gegenwärtigen Bruttostromerzeugung (rechnerisch)<br />

55 % des gegenwärtigen <strong>Wärme</strong>bedarfs<br />

8% des gegenwärtigen Kraftstoffverbrauchs<br />

16000<br />

14000<br />

12000<br />

10000<br />

8000<br />

6000<br />

4000<br />

2000<br />

0<br />

14961<br />

Kernenergie<br />

Braunkohle<br />

Steinkohle<br />

14277 14284<br />

Mineralöl<br />

Erdgas<br />

Wasser, Wind, Fotovoltaik<br />

0,0<br />

0,5<br />

0,9<br />

> 0,0<br />

Kyoto-Ziel<br />

Selbst ver- 2010 (THG)<br />

pfl ichtung 2005<br />

0,5<br />

16<br />

19<br />

30<br />

Solarthermie* 13,3 %<br />

46<br />

Wind Offshore 5,1 %<br />

Wind an Land 2,5 %<br />

Wasserkraft 1,1 %<br />

Photovoltaik* 4,8 %<br />

*) nur geeignete Dach- <strong>und</strong> Siedlungsfl ächen<br />

**) angesetzt 160 PJ; max ca. 300 PJ<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />

Ausschöpfung des technischen Potenzials in %<br />

13605<br />

Koalitionsvereinb.<br />

2002<br />

12748<br />

Biomasse<br />

Kollektoren, Erdwärme<br />

Stromimport <strong>aus</strong> EE<br />

12113<br />

11344<br />

1990 2000 2010 2020 2030 2040<br />

Enquete,<br />

IPCC<br />

2050<br />

88<br />

1100<br />

1000<br />

900<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

CO 2 -Emissionen [Mio. t/a]<br />

verstärkte Effi zienz<br />

CO 2 Nachhaltigkeit<br />

CO 2 Referenzentwicklung<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 1<br />

Potenziale<br />

erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />

<strong>und</strong> derzeitige<br />

Ausschöpfungsraten<br />

[1]<br />

Abbildung 2<br />

Langfristszenario der<br />

<strong>Energie</strong>versorgung<br />

in Deutschland [3].<br />

Reduktion der CO 2 -<br />

Emissionen durch<br />

<strong>Energie</strong>einsparung<br />

effi ziente <strong>Energie</strong>umwandlung<br />

<strong>und</strong><br />

CO 2 -arme/-freie<br />

<strong>Energie</strong>träger<br />

141


FVS LZE Themen 2005<br />

Endenergie [PJ/a]<br />

Abbildung 3<br />

Strukturveränderungen<br />

im <strong>Wärme</strong>markt im<br />

Szenario Naturschutz-<br />

Plus II im Vergleich zur<br />

Referenzentwicklung<br />

[3]<br />

142<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

Szenario NaturschutzPlus II<br />

25%*<br />

43%<br />

Biomasse, Einzelheiz.<br />

Kollektoren, Nahwärme<br />

* Anteil Nahwärme<br />

61%<br />

70%<br />

74%<br />

76%<br />

2000 2010 2020 2030 2040 2050<br />

25%*<br />

34%<br />

Biomasse, Nahwärme<br />

Geothermie<br />

Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />

Szenario Referenz<br />

40% 44%<br />

49%<br />

54%<br />

2000 2010 2020 2030 2040 2050<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

Kollektoren, Einzelanlagen<br />

KWK mit H2 Nahwärme<br />

Es wird ebenfalls deutlich, dass der Anteil von<br />

Nahwärmenetzen gegenüber den heute vorherrschenden<br />

Einzelheizungen deutlich ansteigen<br />

muss, um die Ausbauziele zu erreichen: von<br />

heute schätzungsweise einem Viertel auf langfristig<br />

drei Viertel 4 im Bereich der erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>n. Dafür lassen sich mehrere Gründe<br />

anführen: etwa Effi zienzvorteile größerer Anlagen<br />

<strong>–</strong> speziell im Bereich der Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />

<strong>aus</strong> Biomasse <strong>–</strong>, geringere Schadstoffemissionen<br />

bei Biomasse <strong>und</strong> bei praktisch allen Systemen<br />

Kostenvorteile. Andererseits sind die Realisierungshemmnisse<br />

von Nahwärmesystemen<br />

sehr groß.<br />

4 Von der gesamten <strong>Wärme</strong>nachfrage werden heute<br />

weniger als ein Prozent über Nahwärme gedeckt.<br />

Im Szenario steigt dieser Wert einschließlich der<br />

fossilen Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung auf etwa ein Drittel<br />

bzw. zusammen mit den bereits bestehenden großen<br />

Fernwärmenetzen auf etwa 40 %.<br />

0<br />

Endenergie [PJ/a]<br />

Struktur der<br />

<strong>Wärme</strong>nachfrage<br />

Eine Ausb<strong>aus</strong>trategie für erneuerbare <strong>Energie</strong>n<br />

kann nicht losgelöst von <strong>Energie</strong>einspar- <strong>und</strong><br />

Effi zienzmaßnahmen betrachtet werden. Dies<br />

gilt im <strong>Wärme</strong>markt noch sehr viel mehr als im<br />

Strom- oder Kraftstoffmarkt. Im Neubaubereich<br />

wurde mit der seit 1. Februar 2002 geltenden<br />

<strong>und</strong> 2004 novellierten <strong>Energie</strong>einsparverordnung<br />

(EnEV) [4] ein wichtiger Schritt unternommen,<br />

die Anforderungen an eine Reduktion des<br />

<strong>Energie</strong>verbrauchs von Gebäuden zu erhöhen.<br />

Sie schreibt im Wesentlichen den sogenannten<br />

Niedrigenergieh<strong>aus</strong>standard fest, der gegenüber<br />

der zuvor geltenden <strong>Wärme</strong>schutzverordnung<br />

um etwa 30 % niedriger liegt 5 . Für Ein- <strong>und</strong><br />

Zweifamilienhäuser bedeutet dies beispielsweise<br />

eine Reduzierung des Raumwärme bedarfes je<br />

Quadratmeter von heute zum Teil mehr als<br />

200 kWh/m 2 /a im Gebäudebestand auf etwa<br />

70 kWh/m 2 /a für Neubauten. Eine weitere<br />

Perspektive eröffnet die Passivh<strong>aus</strong>-Bauweise<br />

(etwa 15 kWh/m 2 /a).<br />

Andererseits werden diese Maßnahmen erst<br />

langfristig wirken, denn die gesamte <strong>Wärme</strong>nachfrage<br />

wird zum weit<strong>aus</strong> überwiegenden<br />

Teil vom Gebäudebestand bestimmt. Von zentraler<br />

Bedeutung ist deshalb die energetische<br />

Sanierung im Gebäudebestand, wo Einsparungen<br />

beim Raumwärmebedarf zwischen<br />

50 <strong>und</strong> 70 % möglich sind. Trotz erheblicher<br />

Bemühungen zur Informationsvermittlung <strong>und</strong><br />

staatlicher Anreize ist es hier bisher nicht gelungen,<br />

nennenswert voranzukommen. Zwar<br />

werden jährlich etwa 2,5 % aller bestehenden<br />

Gebäude saniert, aber in nur etwa jedem fünften<br />

Fall wird dabei auch eine energetische Sanierung<br />

durchgeführt. Damit die in Abb. 4 dargestellte<br />

Entwicklung eintritt, müssen deshalb<br />

die energetischen Sanierungsraten auf durchschnittlich<br />

etwa 2 % pro Jahr erhöht werden.<br />

5 Im Unterschied zur <strong>Wärme</strong>schutzverordnung, die<br />

<strong>aus</strong>schließlich <strong>Wärme</strong>dämmstandards festlegte, basiert<br />

die <strong>Energie</strong>einsparverordnung auf einem primärener-<br />

getischen Ansatz. D. h., neben der Gebäudehülle<br />

werden auch die unterschiedlichen <strong>Wärme</strong>bereit-<br />

stellungssysteme in die Bilanzierung einbezogen.


Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />

Endenergieeinsatz [PJ/a]<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

5797<br />

5526 5529<br />

5051<br />

4469<br />

2000 2010 2020 2030 2040 2050<br />

GHD = Sektor „Gewerbe, Handel, Dienstleitungen“<br />

Vergleich der technischen<br />

Lösungen zur <strong>Wärme</strong>bereitstellung<br />

mit erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>n im Gebäudesektor<br />

Die gegenwärtig kommerziell verfügbaren<br />

Verfahren zur Bereitstellung von <strong>Wärme</strong> <strong>aus</strong><br />

erneuerbaren <strong>Energie</strong>n für die Versorgung von<br />

Gebäuden können in drei verschiedene Gruppen<br />

eingeteilt werden. Sie unterscheiden sich<br />

nach dem eingesetzten <strong>Energie</strong>träger, dem<br />

<strong>Energie</strong>wandler sowie nach der Art der Infrastruktur,<br />

in die dieser vor Ort eingeb<strong>und</strong>en ist:<br />

1. Individuelle, auf das einzelne Gebäude<br />

bezogene, Lösungen<br />

Holzkessel (Pellet-, Scheitholzvergaser-,<br />

kleine Hackschnitzelkessel)<br />

Solare Brauchwassererwärmung, u. U.<br />

mit solarer Heizungsunterstützung<br />

<strong>Wärme</strong>pumpen<br />

2. Mikrogasnetze im Kombination mit<br />

dezentralen <strong>Energie</strong>wandlern in den<br />

Gebäuden<br />

Biogas- <strong>und</strong> Holzgasnetze mit Motor-BHKW<br />

kleiner Leistung<br />

Biogas- <strong>und</strong> Holzgasnetze mit Brennstoff-<br />

zellen kleiner Leistung<br />

5362<br />

3944<br />

5008<br />

3338<br />

4691<br />

2799<br />

Raumwärme H<strong>aus</strong>halte<br />

Prozeßwärme Industrie<br />

Warmwasser alle<br />

Raumwärme GHD + Ind.<br />

Prozeßwärme GHD + H<strong>aus</strong>h.<br />

„Effi zienz“<br />

3. <strong>Wärme</strong>versorgung über Heizzentrale <strong>und</strong><br />

<strong>Wärme</strong>verb<strong>und</strong>: Kommunale Nah- <strong>und</strong><br />

Fernwärmenetze 6<br />

Holzheizwerk mit Hackschnitzelkessel<br />

Holzverbrennung <strong>und</strong> Kraft-<strong>Wärme</strong>-<br />

Kopplung (Stromerzeugung mit Stirling-<br />

motor, Dampfmotor, ORC-Turbine oder<br />

Dampfturbine je nach Leistungsbereich)<br />

Gaserzeugung <strong>aus</strong> Biomasse <strong>und</strong> Kraft-<br />

<strong>Wärme</strong>-Kopplung (Vergasung von Holz,<br />

evtl. Stroh)<br />

Biogaserzeugung <strong>und</strong> Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />

(Vergärung von organischen Reststoffen <strong>und</strong><br />

<strong>Energie</strong>pfl anzen)<br />

Tiefengeothermie <strong>und</strong> Kraft-<strong>Wärme</strong>-<br />

Kopplung (Hot-Dry-Rock, hydrothermal) 7<br />

Solare Nahwärme mit saisonalen Speichern<br />

6 Eine scharfe Abgrenzung zwischen Nah- <strong>und</strong> Fernwärme<br />

gibt es nicht. Nahwärme bedeutet i.a. Vorlauftemperaturen<br />

unter 100° C <strong>und</strong> Trassenlängen von einigen Kilometern.<br />

7 Hot-Dry-Rock: Nutzung der <strong>Wärme</strong> tiefer Gesteinsschichten<br />

(ca. 4-5 km Tiefe). Hydrothermale Geothermie: Nutzung<br />

der <strong>Wärme</strong> von Tiefengewässern (ca. 2-3 km Tiefe)<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 4<br />

Entwicklung des<br />

<strong>Wärme</strong>marktes bis<br />

2050 (Bedarf <strong>und</strong><br />

Verbrauchssektoren)<br />

im NaturschutzPlus II-<br />

Szenario. Effi zienzsteigerung<br />

gegenüber<br />

Referenzszenario [3]<br />

143


FVS LZE Themen 2005<br />

144<br />

Abbildung 5<br />

Prinzipieller Aufbau<br />

eines solaren Nahwärmesystems<br />

6<br />

1<br />

5<br />

Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />

1. Die für die Anwendung im Einzelh<strong>aus</strong> geeigneten<br />

<strong>Energie</strong>wandler können mit Ausnahme<br />

der <strong>Wärme</strong>pumpe gleichermaßen im Alt- <strong>und</strong><br />

Neubau eingebaut werden. Da <strong>Wärme</strong>pumpen<br />

zum Erreichen einer hohen mittleren Leistungszahl<br />

auf niedrige Vorlauftemperaturen im Heizungssystem<br />

angewiesen sind (die am besten mit<br />

Fußbodenheizungen erreicht werden) <strong>und</strong> hohe<br />

spezifi sche Investitionskosten aufweisen, sind sie<br />

für den Altbau mit hohem <strong>Wärme</strong>bedarf nur sehr<br />

eingeschränkt tauglich. Bei solarer Heizungsunterstützung<br />

im Altbau ist darauf zu achten, dass<br />

dieser zuvor gründlich wärmegedämmt wird.<br />

Beim Einsatz von Pellet- <strong>und</strong> Hackschnitzelkesseln<br />

im Gebäudebestand dagegen ist <strong>Wärme</strong>dämmung<br />

zwar auch eine wichtige Maßnahme,<br />

jedoch vom Heizungssystem her nicht zwingend<br />

notwendig. Die möglichen regenerativen Anteile<br />

am <strong>Wärme</strong>bedarf sind bei solarer Warmwasserbereitung<br />

<strong>und</strong> Heizungsunterstützung sehr<br />

begrenzt (maximal 20 % des gesamten <strong>Wärme</strong>bedarfs).<br />

Ein Nachteil der gebäudeindividuellen<br />

Systeme ist, dass sie keine Möglichkeit bieten<br />

zur Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung, der effi zientesten<br />

Art des Einsatzes erneuerbarer <strong>Energie</strong>n.<br />

2. Mikrogasnetze sind vom Prinzip her eine<br />

Kombinationslösung: <strong>Energie</strong>wandler, die im<br />

Einzelgebäude installiert werden, verknüpft<br />

mit Verteilungsnetzen, in denen der Brennstoff<br />

(Biogas oder Holzgas) von der zentral installierten<br />

Biomasseanlage zu den Häusern transportiert<br />

wird. Ihr Einsatz bietet sich dort an, wo<br />

Holz, <strong>Energie</strong>pfl anzen <strong>und</strong> landwirtschaftliche<br />

Reststoffe (Gülle, Stroh) <strong>aus</strong>reichend zur Ver-<br />

4<br />

1 Heizkraftwerk<br />

2 Angeschlossene Gebäude<br />

3 Nahwärmenetz<br />

3<br />

4<br />

2<br />

4 Solarthermische Kollektoren<br />

5 Saisonaler <strong>Wärme</strong>speicher<br />

6 Bivalenter Kessel<br />

fügung stehen. Ihre Installation ist gleichermaßen<br />

in Neubau- wie in Altb<strong>aus</strong>iedlungen<br />

möglich, wobei es sogar denkbar ist, dass in<br />

Zukunft bestehende Erdgasleitungen zur<br />

Verteilung des Bio- oder Holzgases verwendet<br />

werden. Sofern die entsprechenden Aggregate,<br />

wie z. B. Gas-Otto- <strong>und</strong> Stirlingmotoren zum<br />

Einsatz kommen, ist Kraft-<strong>Wärme</strong>-Kopplung<br />

möglich. Eine reine Verbrennung des Bio- oder<br />

Holzgases zu Heizzwecken erscheint unter dem<br />

Aspekt der relativ aufwändigen Herstellung <strong>und</strong><br />

der damit vergleichsweise hohen Kosten nicht<br />

sinnvoll. Gebäudedämmung im Altbau ist auch<br />

bei Einsatz von Mikrogasnetzen eine energiewirtschaftlich<br />

sinnvolle Option, aber von den<br />

Systemeigenschaften der <strong>Energie</strong>bereitstellung<br />

her nicht zwingend notwendig.<br />

Bei der Auslegung <strong>und</strong> Optimierung des Gesamtsystems<br />

Mikrogasnetze sind derzeit noch viele<br />

Fragen offen, wie z. B. die Dimensionierung der<br />

KWK-Aggregate, die Art der Spitzenlastdeckung<br />

<strong>und</strong> die wirtschaftlichen Aspekte der niedrigeren<br />

Stromwirkungsgrade. Hier besteht derzeit noch<br />

Bedarf an umfassenden Systemanalysen.<br />

Nahwärmeversorgung mit<br />

erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />

3. Mit Hilfe der Nahwärme ist es möglich, alle<br />

Formen der für die <strong>Wärme</strong>bereitstellung geeigneten<br />

erneuerbaren <strong>Energie</strong>n, einschließlich<br />

sämtlicher Sortimente der Biomasse zu nutzen.<br />

Zudem sind die genannten Techniken in fast<br />

allen Fällen für die gekoppelte Strom- <strong>und</strong><br />

<strong>Wärme</strong>produktion geeignet. Ausnahmen sind<br />

bei der Biomasse lediglich das Holzheizwerk<br />

sowie bei der solaren Nahwärme.<br />

Solare Nahwärme<br />

Die Entwicklung von solaren Nahwärmesystemen<br />

begann in den 70er-Jahren in Skandinavien<br />

(Schweden, Dänemark). Auch in Deutschland<br />

wurden schon sehr früh Untersuchungen dazu<br />

durchgeführt (ITW, Universität Stuttgart).<br />

Mittlerweile gibt es hierzulande einige Demonstrationsprojekte,<br />

die alle in Neub<strong>aus</strong>iedlungen<br />

realisiert wurden bzw. derzeit entstehen. Die<br />

Verwirklichung solarer Nahwärmesysteme gleich<br />

bei der zur Erschließung eines Neubaugebiets<br />

hat den großen Vorteil, dass von Gr<strong>und</strong> auf <strong>aus</strong>


Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />

einem Guss geplant <strong>und</strong> gebaut werden kann.<br />

Da jedoch das Potenzial bzw. die technischen<br />

Möglichkeiten der anderen erneuerbaren <strong>Energie</strong>quellen<br />

(Biomasse, Geothermie) begrenzt<br />

sind, wird es in Zukunft notwendig sein, solare<br />

Nahwärmesysteme auch im Gebäudebestand<br />

aufzubauen (Abb. 5).<br />

Die gr<strong>und</strong>legenden Parameter zur groben Dimensionierung<br />

eines solaren Nahwärmesystems<br />

für eine Ortschaft mit 1.000 Einwohnern, die<br />

r<strong>und</strong> 290 Gebäude (überwiegend Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser)<br />

umfasst, sind in Tab. 1 zusammengefasst.<br />

Die Zahlen beziehen sich auf einen<br />

solaren Deckungsgrad von 80 %. Den Rest liefert<br />

der bivalente Heizkessel, der fossil oder mit Bio-<br />

masse (Anteil EE: 100 %) befeuert werden kann.<br />

Der Parameter „gesamter <strong>Wärme</strong>bedarf“ setzt<br />

sich <strong>aus</strong> dem Raumwärmebedarf, dem <strong>Wärme</strong>bedarf<br />

für die Warmwasserbereitung <strong>und</strong> den<br />

Netzverlusten im Nahwärmenetz zusammen.<br />

Den Werten in der dritten Spalte liegt die Annahme<br />

zu Gr<strong>und</strong>e, dass durch verbesserte <strong>Wärme</strong>dämmung<br />

nur noch halb so viel <strong>Energie</strong> zum<br />

Heizen benötigt wird, während der Bedarf für<br />

Warmwasser <strong>und</strong> die Netzverluste gleich bleiben.<br />

Die Fläche des Kollektorfeldes <strong>und</strong> das Volumen<br />

des Speichers verringern sich dadurch im Vergleich<br />

zum Zustand heute um jeweils 35 %, was<br />

einer Einsparung bei den Investitionskosten im<br />

Bereich von 3 bis 4 Mio. Euro entspricht. Die<br />

Gesamtkosten für den „Zustand heute“ einschließlich<br />

<strong>Wärme</strong>netz lägen grob überschlagen<br />

bei 13 bis 14 Mio. Euro.<br />

Darüber hin<strong>aus</strong> sprechen weitere Gründe dafür,<br />

die solare Nahwärme im Altbau in einem Versorgungsgebiet<br />

mit möglichst gut gedämmten<br />

Gebäuden zu realisieren. Für die Nutzung solarer<br />

<strong>Wärme</strong> sind möglichst niedrige Temperaturen<br />

im Heizungssystem vorteilhaft. Das gilt einerseits<br />

für den Vorlauf, in besonderem Maße aber für<br />

den Rücklauf, um den Inhalt des saisonalen<br />

Speichers möglichst weitgehend nutzen zu<br />

können. Diese Bedingung lässt sich in wärmetechnisch<br />

sanierten Häusern bedeutend leichter<br />

einhalten. Niedriger <strong>Wärme</strong>bedarf im Versorgungsgebiet<br />

bedeutet zudem, dass weniger<br />

Kollektorfl äche installiert werden muss.<br />

Zusammenfassend betrachtet liegt das Gr<strong>und</strong>problem<br />

der solaren Nahwärme im Gebäudebe-<br />

Zustand<br />

heute<br />

stand nicht in der Technik, sondern darin, dass<br />

eine große Zahl von Akteuren (z. B. H<strong>aus</strong>besitzer)<br />

zwei wesentliche Investitionsentscheidungen<br />

treffen musste: erstens ihr H<strong>aus</strong> möglichst<br />

gut wärmetechnisch zu sanieren <strong>und</strong> zweitens<br />

sich an die solare Nahwärmeversorgung anzuschließen.<br />

Berücksichtigt man zudem die Höhe<br />

der realisierbaren <strong>Wärme</strong>kosten, die mehr als<br />

doppelt so hoch wie heute üblich sind, liegt die<br />

Schlussfolgerung nahe, dass der Zeithorizont für<br />

die breite Realisierung solarer Nahwärmesysteme<br />

im Altbau eher im Bereich von 10 bis 20<br />

Jahren liegen wird.<br />

Nahwärme <strong>aus</strong> Tiefengeothermie<br />

(Hot-Dry-Rock <strong>und</strong> hydrothermale Schichten)<br />

Die <strong>Wärme</strong><strong>aus</strong>kopplung erfolgt <strong>aus</strong> Geothermiekraftwerken<br />

(Abb. 6), bei denen die Stromerzeugung<br />

bei vergleichsweise niedrigen<br />

Temperaturen erfolgt. Dies hat niedrige Stromwirkungsgrade<br />

(r<strong>und</strong> 10 %) <strong>und</strong> hohe Abwärmemengen<br />

zur Folge.<br />

Mit Hilfe eines zusätzlichen Erdspeichers<br />

neben der Tiefbohrung kann <strong>Wärme</strong> im<br />

Sommer zwischengespeichert <strong>und</strong> im Winter<br />

wieder abgerufen werden. Dadurch ist es<br />

möglich, den Einsatz eines Spitzenlastkessels<br />

sehr weit zu reduzieren <strong>und</strong> auf die Zeiten<br />

zu beschränken, zu denen die Leistung der<br />

<strong>Wärme</strong><strong>aus</strong>kopplung <strong>aus</strong> Tiefbohrung <strong>und</strong><br />

Speicher nicht <strong>aus</strong>reicht, die höchsten Lasten<br />

im Winter zu decken.<br />

Die Basisparameter Leistung <strong>und</strong> <strong>Energie</strong>mengen<br />

für ein kleines <strong>und</strong> mittleres Geothermieheizkraftwerk<br />

(Hot-Dry-Rock) sind in Tab. 2<br />

zusammengefasst. Die vom kleinen Heizkraftwerk<br />

(HKW) bereitgestellte <strong>Wärme</strong>menge reicht<br />

<strong>aus</strong>, um eine Gemeinde oder Kleinstadt mit<br />

7.000 bis 8.000 Einwohnern beim heutigen<br />

<strong>Wärme</strong>dämmstandard komplett mit Heizenergie<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

bei halbiertem<br />

Raumwärmebedarf<br />

Gesamter <strong>Wärme</strong>bedarf 10.000 MWh/a 6.500 MWh/a<br />

Fläche Kollektorfeld 26.000 m 2 17.000 m 2<br />

Volumen Speicher 90.000 m 3 58.000 m 3<br />

Tabelle 1<br />

Basisparameter<br />

zur Auslegung eines<br />

solaren Nahwärmesystems<br />

für eine<br />

Altb<strong>aus</strong>iedlung bei<br />

unterschiedlichem<br />

<strong>Wärme</strong>dämmstandard<br />

145


FVS LZE Themen 2005<br />

146<br />

4<br />

Abbildung 6<br />

Prinzipieller Aufbau<br />

einer Nahwärmeversorgung<br />

mit<br />

Tiefengeothermie<br />

Quelle: Stadtwerke Bad Urach<br />

Tabelle 2<br />

Strom- <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>erzeugung<br />

bei Geothermie-Heizkraftwerken<br />

Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />

Kleines HKW Mittleres HKW<br />

Thermische Leistung Tiefbohrung 10 MW 100 MW<br />

Elektrische Leistung 1 MW 10 MW<br />

Stromerzeugung (8.000 h/a) 8.000 MWh/a 80.000 MWh/a<br />

Thermische Leistung ( = 80 %) 8 MW 80 MW<br />

<strong>Wärme</strong>produktion (8.000 h/a) 64.000 MWh/a 640.000 MWh/a<br />

<strong>und</strong> Warmwasser zu versorgen. Das mittlere<br />

HKW bietet dementsprechend eine Kapazität,<br />

die genügt, für eine Stadt mit r<strong>und</strong> 50.000<br />

Einwohnern <strong>Wärme</strong> bereitzustellen.<br />

Unterstellt man, dass Wohngebäude zunehmend<br />

wärmegedämmt werden, reichen die<br />

in Tab. 2 genannten <strong>Wärme</strong>mengen für noch<br />

größere Versorgungsgebiete als oben dargestellt.<br />

Das Rechenexempel macht deutlich, dass<br />

mit Hot-Dry-Rock-Heizkraftwerken neben der<br />

Stromerzeugung so große <strong>Wärme</strong>mengen<br />

bereitstellt werden, dass bei nicht <strong>aus</strong>reichender<br />

Größe des Versorgungsgebiets leicht ein <strong>Wärme</strong>überschuss<br />

entsteht. Die umfassende <strong>Wärme</strong>dämmung<br />

der versorgten Häuser ist <strong>aus</strong> dieser<br />

Sicht keine Vor<strong>aus</strong>setzung für die Realisierung<br />

<strong>und</strong> den Betrieb von Nah- oder Fernwärmenetzen<br />

mit Tiefengeothermie.<br />

1<br />

5<br />

3<br />

1 Heizzentrale<br />

2 Angeschlossene Gebäude<br />

3 Nahwärmenetz<br />

2<br />

4 Tiefenbohrung<br />

5 Stromeinspeisung<br />

Nahwärmeversorgung mit Biomasse<br />

Auf Gr<strong>und</strong> des derzeitigen Standes der Technik<br />

<strong>und</strong> der durch das novellierte Erneuerbare-<br />

<strong>Energie</strong>n-Gesetz (EEG) gegebenen Randbedingungen,<br />

ist davon <strong>aus</strong>zugehen, das der Markt<br />

der regenerativen Nahwärme in den kommenden<br />

Jahren mit Systemen erschlossen wird, bei<br />

denen Biomasse zum Einsatz kommt <strong>und</strong><br />

gleichzeitig Strom <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong> erzeugt wird.<br />

Sie sind sehr gut geeignet, nicht zuletzt wegen<br />

der in letzter Zeit deutlich gestiegenen Ölpreise,<br />

vor allem im Gebäudebestand <strong>Wärme</strong> kostengünstig<br />

<strong>und</strong> konkurrenzfähig bereitzustellen. 8<br />

Akzeptanz von Nahwärme<br />

sowie Aspekte der<br />

Kommunikation <strong>und</strong><br />

Bürgerbeteiligung<br />

Bei einer Telefonumfrage in Heidelberg vom<br />

Frühjahr 2004 [6] war das Interesse der Bürger<br />

an Heizungssystemen nicht sehr <strong>aus</strong>geprägt.<br />

Es wird primär über den realisierten oder<br />

geplanten Erwerb von Wohneigentum gesteuert.<br />

Diese Gr<strong>und</strong>haltung wirkt sich zunächst<br />

auch bei der Akzeptanz von Nahwärmesystemen<br />

<strong>aus</strong>. Außerdem widerspricht die Nahwär-<br />

8 Einzelheiten dazu sind im Vortrag „Solarisierung von<br />

Altbauten“ in diesem Themenheft S. 99 beschrieben<br />

<strong>und</strong> erläutert


Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />

meversorgung als lokale gemeinschaftliche<br />

Lösung weitgehend in Jahrzehnten gewachsenen<br />

Strukturen <strong>und</strong> Verbrauchergewohnheiten<br />

im <strong>Wärme</strong>markt. Dar<strong>aus</strong> folgt, dass sich die<br />

Akzeptanz von regenerativen Nahwärmesystemen<br />

sich nicht von alleine ergibt <strong>–</strong> auch nicht<br />

bei steigenden Ölpreisen. Im zitierten Forschungsprojekt<br />

[6] lautet deshalb die Ausgangsthese<br />

der sozialwissenschaftlichen Begleitforschung:<br />

Akzeptanz von Nahwärme kann nicht<br />

erzwungen <strong>und</strong> nicht durch bloße Sachinformation<br />

erreicht werden, sondern bedarf der aktiven<br />

Einbeziehung <strong>und</strong> Beteiligung der Bürger/innen,<br />

damit diese sich ein eigenes Urteil bilden<br />

können.<br />

Im gewählten Modellgebiet Rottweil-H<strong>aus</strong>en,<br />

das dörfl ichen Charakter hat (1.000 Einwohner,<br />

285 Wohngebäude vorwiegend Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser),<br />

ist die Kommunikation <strong>und</strong><br />

Bürgerbeteiligung wie folgt aufgebaut [6]:<br />

erste Bürgerumfrage unter allen erwachsenen<br />

Einwohnern (sogenannte Nullmessung ohne<br />

vorherige Informationskampagne, September<br />

2004: Rücklaufquote: 33 % bezogen auf<br />

Einzelpersonen; 45 % bezogen auf H<strong>aus</strong>halte)<br />

Durchführung von zwei öffentlichen Informa-<br />

tionsveranstaltungen<br />

Durchführung eines Bürgergutachtens unter<br />

wissenschaftlicher Leitung in einem Gremium<br />

von 12 Bürgern, die sich freiwillig zur Teil-<br />

nahme bereit erklärten (ab Dezember 2004).<br />

Einladung von externen Fachleuten <strong>und</strong><br />

Besichtigung von Beispielanlagen<br />

öffentliche Präsentation der Ergebnisse des<br />

Bürgergutachtens (19. Juli 2005)<br />

zweite Bürgerumfrage (Herbst 2005)<br />

Ein wichtiges Ergebnis der ersten Bürgerumfrage<br />

ist das Image, das die Befragten den verschiedenen<br />

regenerativen <strong>Energie</strong>quellen zuordneten<br />

(Tab. 3). Die <strong>Sonne</strong>nenergie wurde bei Umweltverträglichkeit<br />

<strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit, auf den<br />

ersten Rang gesetzt. Die gute Umweltverträglich<br />

ist nachvollziehbar, die bestbeurteilte Wirtschaftlichkeit<br />

erklärt sich vielleicht dadurch, dass<br />

möglicherweise nur die kostenlose <strong>Energie</strong>lieferung<br />

der <strong>Sonne</strong> in Betracht gezogen <strong>und</strong> die<br />

Wirkung der hohen Investitionskosten auf die<br />

Wirtschaftlichkeit solarer <strong>Energie</strong>versorgung<br />

eher vernachlässigt wurde. Erdwärme <strong>und</strong><br />

<strong>Energie</strong>träger<br />

Gesamtrang<br />

Umweltfre<strong>und</strong>lichkeit<br />

Rang<br />

Biogas folgen hinter der <strong>Sonne</strong>nenergie auf<br />

Platz zwei <strong>und</strong> drei.<br />

durchschnittliche<br />

Bewertung Rang<br />

Das Ergebnis in Tab. 3 deckt sich mit den<br />

Antworten auf die Frage, welche <strong>Energie</strong>quellen<br />

privat bevorzugt würden. Dort steht die <strong>Sonne</strong>nenergie<br />

mit großem Abstand vor der Erdwärme<br />

<strong>und</strong> der Biogasanlage. Ebenso konzentriert sich<br />

das Informationsbedürfnis der Bürgerinnen <strong>und</strong><br />

Bürger auf die Solarenergie, vor Geothermie<br />

<strong>und</strong> Biomasse.<br />

Die sozialwissenschaftliche Auswertung der<br />

Fragebögen erlaubte den Schluss, dass die Rangliste<br />

das Bedürfnis der Bürger/innen nach individueller<br />

Unabhängigkeit der <strong>Wärme</strong>versorgung<br />

durch neue Techniken refl ektiert. Das Konzept<br />

der Nahwärme als lokale, gemeinschaftliche<br />

Lösung widerspricht zunächst diesem Streben<br />

nach individueller Unabhängigkeit. Diese erste<br />

Umfrage wurde wohlgemerkt vor Beginn des<br />

Bürgergutachtens durchgeführt.<br />

Die Bürgergutachter hingegen favorisierten<br />

jedoch eine andere Lösung: Nach mehrmonatigen<br />

Beratungen sprachen sie die Empfehlung<br />

<strong>aus</strong>, eine Biogasanlage zu bauen, die Strom ins<br />

Netz einspeist <strong>und</strong> gleichzeitig <strong>Wärme</strong> für den<br />

Ort H<strong>aus</strong>en liefert. Folgende Gründe sprachen<br />

nach Meinung der Gutachter dafür:<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

<strong>Sonne</strong>nenergie 1 1 3,84 1 2,90<br />

Erdwärme 2 2 3,56 4 2,77<br />

Biogas 3 3 3,36 5 2,74<br />

Erdgas 4 4 2,79 3 2,79<br />

Holz 5 5 2,63 2 2,78<br />

Flüssiggas 6 6 2,50 7 2,49<br />

Erdöl 7 7 1,87 6 2,54<br />

Kohle 8 8 1,65 8 2,10<br />

maximale Bewertung = 4, geringste Bewertung = 1<br />

Merkmal<br />

Wirtschaftlichkeit<br />

durchschnittliche<br />

Bewertung<br />

Tabelle 3<br />

Ergebnis der ersten<br />

Bürgerumfrage in<br />

Rottweil-H<strong>aus</strong>en<br />

(Nullmessung<br />

September 2004):<br />

Image der <strong>Energie</strong>träger<br />

147


FVS LZE Themen 2005<br />

148<br />

Die Biogasnutzung ist die am weitesten<br />

<strong>aus</strong>gereifte Technik.<br />

Sie weist die höchste wirtschaftliche<br />

Rentabilität auf.<br />

Stromerzeugung mit Biogas hat die höchsten<br />

Stromwirkungsgrade.<br />

Die zur Vergärung eingesetzte Gülle wird<br />

veredelt.<br />

Die Existenz der lokalen landwirtschaftlichen<br />

Betriebe kann gesichert werden.<br />

Der Bau weniger effektiver kleiner Biogasan-<br />

lagen ohne <strong>Wärme</strong>nutzung wird überfl üssig.<br />

Nicht zuletzt auf Gr<strong>und</strong> der Empfehlungen des<br />

Bürgergutachtens sowie der günstigen Randbedingungen<br />

durch das EEG hat die <strong>Energie</strong>ver-sorgung<br />

Rottweil (ENRW) beschlossen,<br />

die Bio-gasanlage zur Nahwärmeversorgung<br />

zu realisieren.<br />

Förderinstrumente für<br />

erneuerbare <strong>Energie</strong>n im<br />

<strong>Wärme</strong>markt<br />

Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />

Die vorangegangenen Abschnitte zeigen die<br />

technische Machbarkeit, aber auch die Zielkonfl<br />

ikte bei der Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />

im <strong>Wärme</strong>markt <strong>und</strong> die Hemmnisse, die einer<br />

Realisierung insbesondere von Nahwärmesystemen<br />

im Gebäudebestand oftmals im Wege<br />

stehen. Dennoch: folgt man dem in Abbildung<br />

2 <strong>und</strong> 3 dargestellten Szenario, müssen die<br />

thermischen Potenziale in ganz anderer Weise<br />

mobilisiert werden als dies heute der Fall ist.<br />

Der Vergleich mit dem Strom- <strong>und</strong> Kraftstoffmarkt<br />

zeigt, dass eine hohe Entwicklungsdynamik<br />

durch<strong>aus</strong> erreichbar ist, wenn günstige<br />

Rahmenbedingungen herrschen: So hat sich die<br />

Stromerzeugung <strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n in<br />

den letzten 5 Jahren um 44 % erhöht <strong>und</strong> die<br />

Nutzung von Biokraftstoffen mehr als verdreifacht<br />

(300%). Die <strong>Wärme</strong>bereitstellung stieg<br />

hingegen nur um etwa 12 %.<br />

Obwohl die komplexen Zusammenhänge ein<br />

Bündel von Maßnahmen erfordern, um eine<br />

stetige <strong>und</strong> dauerhafte Entwicklung erneuerbarer<br />

<strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>markt sicherzustellen,<br />

brauchen wir auch hier ein „Leitinstrument“,<br />

wie es mit dem EEG für die Stromerzeugung<br />

oder mit der Mineralölsteuerbefreiung für regenerative<br />

Kraftstoffe bereits existiert. Bisher<br />

übernimmt diese Funktion das „Marktanreizprogramm<br />

zur Förderung von Maßnahmen<br />

zur Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n“, mit<br />

dem zweifellos Beachtliches erreicht wurde.<br />

So wurden bisher über 300.000 Solarkollektoranlagen<br />

mit einer Fläche von 2,9 Mio. m 2 <strong>und</strong><br />

45.000 kleine Biomassekessel gefördert. Bezieht<br />

man die ebenfalls im Programm geförderten<br />

Biogasanlagen, größere Anlagen zur Verfeuerung<br />

fester Biomasse, Anlagen zur Nutzung<br />

der Tiefengeothermie <strong>und</strong> kleinere Wasserkraftanlagen<br />

mit ein, so wurden mit den seit 1999<br />

<strong>aus</strong>gegebenen Mitteln von 511 Mio. Euro insgesamt<br />

406.000 Vorhaben mit einem Investitionsvolumen<br />

von mehr als 4 Mrd. Euro angestoßen.<br />

Aber eignet sich das Marktanreizprogramm<br />

auch künftig als Leitinstrument? Viele bezweifeln<br />

dies, vor allem weil dafür jährlich neu Mittel <strong>aus</strong><br />

dem B<strong>und</strong>esh<strong>aus</strong>halt bereitgestellt werden<br />

müssen.<br />

Es liegt also nahe, über ein Erneuerbare-<br />

<strong>Wärme</strong>energie-Gesetz nachzudenken, mit<br />

dem ebenso wie mit dem Erneuerbare-<strong>Energie</strong>n-<br />

Gesetz im Strommarkt eine kontinuierliche<br />

Entwicklung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n im <strong>Wärme</strong>markt<br />

abgesichert wird, das Unternehmen<br />

<strong>aus</strong>reichende Planungssicherheit bietet <strong>und</strong><br />

starke Anreize schafft, neue, effi ziente <strong>und</strong><br />

kostengünstige Technologien zu entwickeln<br />

<strong>und</strong> besonders günstige Anwendungsbereiche<br />

konsequent zu erschließen. Weil eine Einspeisevergütung<br />

wie im Strommarkt als genereller<br />

Förderansatz nicht in Frage kommt, verbleiben<br />

drei Optionen:<br />

ordnungsrechtliche Aufl agen<br />

Quotenregelung<br />

Abgabenregelung<br />

Eine Aufl agenlösung könnte sich z. B. an der<br />

<strong>Energie</strong>einsparverordnung orientieren, in der<br />

die gegenwärtigen energetischen B<strong>aus</strong>tandards<br />

für neue Gebäude, Gebäudeerweiterungen <strong>und</strong><br />

-erneuerungen festgelegt sind <strong>und</strong> die erneuerbare<br />

<strong>Energie</strong>n bereits in die Bilanzierung einbezieht.<br />

Bisher hat dies allerdings nicht dazu<br />

geführt, dass erneuerbare <strong>Energie</strong>n in Neubauten<br />

generell genutzt werden, was aber mit einer


Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />

entsprechenden Verschärfung der Vorschriften<br />

erzwungen werden könnte.<br />

Dies dürfte allerdings in zahlreichen Fällen<br />

zu erheblichen Problemen <strong>und</strong> suboptimalen<br />

Lösungen führen, weshalb fl exiblere Instrumente<br />

wie eine Quotenregelung mehr Erfolg versprechen,<br />

die sich nicht auf die Gebäude als<br />

Ganze, sondern auf Heizungssysteme beziehen<br />

<strong>und</strong> damit auch die Raumwärme- <strong>und</strong> Warmwasserbereitstellung<br />

im Gebäudebestand<br />

erfassen. Dies könnte beispielsweise darauf<br />

hin<strong>aus</strong>laufen, dass bei der Erneuerung von<br />

Heizanlagen nachweislich ein bestimmter,<br />

steigender Anteil erneuerbare <strong>Energie</strong>n genutzt<br />

werden muss.<br />

Weil dies aber ebenfalls nicht immer möglich<br />

ist, müsste auch hier eine Kompensationslösung<br />

angeboten werden. In Frage kommt dafür, vom<br />

Anlagenbetreiber die Zahlung eines Geldbetrages<br />

zu verlangen, die den Charakter einer Abgabe<br />

haben sollte <strong>und</strong> damit <strong>–</strong> im Unterschied zu<br />

Steuern <strong>–</strong> zweckgeb<strong>und</strong>en einzusetzen ist,<br />

beispielsweise für die Förderung des B<strong>aus</strong> von<br />

Anlagen zur thermischen Nutzung erneuerbarer<br />

<strong>Energie</strong>n. In diesem Fall wäre aber auch die<br />

Einführung einer generellen Abgabe auf Brennstoffe<br />

vorstellbar, die ähnlich wie die Mineralölsteuer<br />

über den Brennstoffhandel erhoben<br />

werden kann. Allerdings wäre hierfür die<br />

Akzeptanz in der Bevölkerung wahrscheinlich<br />

sehr viel geringer, zumal dann auch kein Wahlrecht<br />

für die Anlagenbetreiber bestünde, sich für<br />

die Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n zu entscheiden<br />

oder stattdessen die Abgabe zu entrichten.<br />

Eine Quotenregelung käme in Verbindung mit<br />

Zertifi katen in Frage, die den Einfl uss des Staates<br />

im Wesentlichen auf die Administration der Regelungen<br />

begrenzt <strong>–</strong> im Unterschied zu einer<br />

Abgabenlösung, bei der über die Mittelverwendung<br />

entschieden werden muss. Verpfl ichteter<br />

wäre auch hier der Brennstoffhandel, der selbst<br />

oder über den Ankauf von Zertifi katen von Anlagenbetreibern<br />

seine Verpfl ichtung erfüllen<br />

kann <strong>–</strong> ähnlich wie dies seit Beginn dieses Jahres<br />

auch im Rahmen des Treibh<strong>aus</strong>gasemissionshandels<br />

der Fall ist, in den langfristig dann ggf. auch<br />

die Nutzung erneuerbarer <strong>Energie</strong>n überführt<br />

werden könnte.<br />

Schlussfolgerungen<br />

Die erneuerbaren <strong>Energie</strong>n bieten auch für<br />

den <strong>Wärme</strong>markt erhebliche Potenziale. Deren<br />

Erschließung <strong>und</strong> Nutzung ist nicht nur <strong>aus</strong><br />

Gründen des Klimaschutzes geboten, sondern<br />

auch ein zunehmender Beitrag zur Versorgungssicherheit<br />

<strong>und</strong> Kostenstabilität in Anbetracht<br />

der aktuellen Ölpreisentwicklung. Wie die Szenarienrechnungen<br />

zeigen, muss der zunehmende<br />

Einsatz erneuerbarer <strong>Energie</strong>n mit einer deutlichen<br />

Steigerung der <strong>Energie</strong>effi zienz einher-<br />

gehen. Im Gebäudesektor bedeutet das, den<br />

Altbaubestand soweit energetisch zu sanieren,<br />

dass der <strong>Wärme</strong>bedarf insgesamt mehr als<br />

halbiert wird. Die bisherigen Förderinstrumente<br />

(zinsverbilligte Kredite über KfW <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esländer)<br />

haben bislang jedoch nicht zu der<br />

notwendigen Zunahme energetischer Sanierungsmaßnahmen<br />

geführt.<br />

Mit den gebäudeindividuellen Heizungssystemen,<br />

den Mikrogasnetzen <strong>und</strong> den Versorgungssystemen<br />

auf Basis der Nahwärme steht eine Vielzahl<br />

technischer Optionen zur Verfügung, die sich<br />

teilweise gegenseitig ergänzen. So bieten sich<br />

Heizungssysteme für das Einzelgebäude immer<br />

dort an, wo <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> Gasnetze <strong>aus</strong> strukturellen<br />

Gründen nicht realisiert werden.<br />

Andererseits kann mit den gebäudeindividuellen<br />

Lösungen allein nicht der gesamte <strong>Wärme</strong>markt<br />

(Gebäudebestand <strong>und</strong> Neubau) durch erneuerbare<br />

<strong>Energie</strong>n erschlossen werden. Dafür ist ein<br />

großer Anteil leitungsgeb<strong>und</strong>ener <strong>Wärme</strong>versorgung<br />

unverzichtbar. Zu beobachten ist jedoch,<br />

dass trotz zahlreicher Vorteile, Umsetzungshemmnisse<br />

insbesondere bei der Nahwärme<br />

bestehen. Es muss versucht werden, diese durch<br />

Kommunikation vor Ort <strong>und</strong> durch passende<br />

Formen der Bürgerbeteiligung zu überwinden.<br />

Die <strong>Wärme</strong>versorgung mit erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>n ist vielfach schon nahe an der Wirtschaftlichkeit.<br />

Deswegen ist es von zentraler<br />

Bedeutung, dass für die weitere, beschleunigte<br />

Markteinführung ein Erneuerbare-<strong>Wärme</strong>energie-Gesetz<br />

als zentrales Leitinstrument zur<br />

Förderung verabschiedet wird. Ergänzend dazu<br />

muss die Förderung zur deutlichen Steigerung<br />

der <strong>Energie</strong>effi zienz von Gebäuden neu überdacht<br />

werden. In beiden Punkten besteht<br />

dringender Handlungsbedarf für die Politik.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

149


FVS LZE Themen 2005<br />

150<br />

Literatur<br />

Helmut Böhnisch Der <strong>Wärme</strong>markt <strong>–</strong> Analysen <strong>und</strong> Potenziale erneuerbarer <strong>Energie</strong>quellen<br />

[1] Arbeitsgruppe Erneuerbare-<strong>Energie</strong>n-<br />

Statisik (www.erneuerbare-energien.de/<br />

statistik<br />

[2] U. Fritsche, A. Heinz, D. Thrän,<br />

G. Reinhardt, F. Baur, M. Flake,<br />

S. Simon et al: Stoffstromanalyse zur<br />

nachhaltigen energetischen Nutzung von<br />

Biomasse. Verb<strong>und</strong>projekt gefördert vom<br />

B<strong>und</strong>esumweltministerium im Rahmen des<br />

Zukunftsinvestitionsprogramms. Endbe-<br />

richt. Öko-Institut Darmstadt, Mai 2004<br />

(www.oeko.de).<br />

[3] J. Nitsch, M. Fischedick u. a.: Ökologisch<br />

optimierter Ausbau der Nutzung erneuer-<br />

barer <strong>Energie</strong>n in Deutschland. Unter-<br />

suchung im Auftrag des B<strong>und</strong>esministeri-<br />

ums für Umwelt, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktor-<br />

sicherheit. Berlin 2004<br />

(www.erneuerbare-energien.de).<br />

[4] Bekanntmachung über die Neufassung<br />

der <strong>Energie</strong>einsparverordnung vom<br />

2. Dezember 2004. B<strong>und</strong>esgesetzblatt<br />

Jahrgang 2004 Teil I Nr. 64 Seite<br />

3146-3162 vom 7.12.2004.<br />

[5] B<strong>und</strong>esministerium für Umwelt,<br />

Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit:<br />

Erneuerbare <strong>Energie</strong>n in Zahlen <strong>–</strong> nationale<br />

<strong>und</strong> internationale Entwicklung, Stand:<br />

Juni 2005 (www.erneuerbare-energien.de)<br />

[6] H. Böhnisch, U. Pfenning, J. Deuschle:<br />

„Nahwärmeversorgung <strong>und</strong> Erneuerbare<br />

<strong>Energie</strong>n im Gebäudebestand <strong>–</strong> Anschub<br />

von Pilotprojekten in Baden-Württemberg,<br />

Hemmnisanalyse <strong>und</strong> Untersuchung der<br />

Einsatzbereiche. Forschungsprojekt im<br />

BW-PLUS Programm (ZSW, DLR, Universität<br />

Stuttgart), gefördert vom Umwelt- <strong>und</strong><br />

Verkehrsministerium Baden-Württemberg<br />

(ZO3K 23003). 1. Statusbericht, Februar<br />

2005 (www.bwplus.fzk.de)


Öffentlicher<br />

Abendvortrag<br />

<strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong><br />

komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />

151


FVS LZE Themen 2005<br />

Matthias Schuler<br />

Transsolar<br />

<strong>Energie</strong>technik GmbH<br />

transsolar@transsolar.com<br />

152<br />

Die Transsolar <strong>Energie</strong>technik GmbH wurde<br />

1992 von Mitarbeitern der Universität Stuttgart<br />

in Schwäbisch Gmünd gegründet. Am Anfang<br />

des Unternehmens stand die feste Überzeugung,<br />

dass ein verantwortungsbewusster<br />

Umgang mit unserer Umwelt den Verzicht auf<br />

nukleare <strong>Energie</strong>quellen, Einsparungen bei der<br />

Verwendung fossiler Brennstoffe <strong>und</strong> den<br />

vermehrten Einsatz von <strong>Sonne</strong>nenergie <strong>und</strong><br />

anderen regenerativen <strong>Energie</strong>n erfordert.<br />

In der Primärenergiebilanz der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland von 1989, schlug die Gebäudebeheizung<br />

mit fast einem Drittel des Gesamtenergiebedarfs<br />

zu Buche. Das lenkte unsere Aufmerksamkeit<br />

auf den Bereich Gebäudeplanung:<br />

Es war eine Aufforderung zum Handeln, fast<br />

schon eine Provokation.<br />

Wir machten über<strong>aus</strong> positive erste Erfahrungen,<br />

als wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut<br />

für Thermodynamik <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>technik (ITW)<br />

der Universität Stuttgart im Rahmen eines<br />

Forschungsprojektes über solare Konzeptionen<br />

für Verwaltungsgebäude in der Zusammenarbeit<br />

mit jungen, aber auch mit sehr erfahrenen<br />

Architekten. Und schon damals gewannen wir<br />

die Erkenntnis, dass nur die sehr frühe Einfl ussnahme<br />

auf den architekto nischen Entwurf bemerkenswerte<br />

Auswirkungen auf den zukünftigen<br />

<strong>Energie</strong>verbrauch <strong>und</strong> Nutzerkomfort<br />

eines geplanten Gebäudes erlaubt.<br />

Noch heute, dreizehn Jahre nach der Gründung<br />

von Transsolar, sind wir gern schon im Wettbewerb<br />

oder an ersten Skizzen für ein neues Projekt<br />

beteiligt, also dann, wenn architektonische Ansätze<br />

noch aufnahmefähig sind für zusätzliche<br />

Anregungen.<br />

Matthias Schuler <strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong> komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />

<strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong><br />

komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />

Die Analyse energetischer <strong>und</strong> komfortrelevanter<br />

Randbedingungen wie Standort, Klima, Nutzung<br />

<strong>und</strong> projektspezifi sche Anforderungen führen zu<br />

Konzepten, die auch entwurfsprägende Elemente<br />

wie Abluftkamine oder Atrien enthalten können.<br />

Sie sind für den Architekten als Anregung, nicht<br />

als Diktat zu verstehen. Im Idealfall wird das<br />

H<strong>aus</strong> selbst zum Konzept, nutzt seine Bestandteile<br />

auch energetisch, kommt mit weniger<br />

Gebäude technik <strong>und</strong> im Betrieb mit weniger<br />

<strong>Energie</strong> <strong>aus</strong>. Nachhaltigkeit von Gebäuden darf<br />

sich nicht auf Minimierung des <strong>Energie</strong>bedarfs<br />

für Heizen <strong>und</strong> Kühlen beschränken, sondern<br />

muss den Nutzerkomfort in seiner ganzen<br />

Bandbreite, also in thermischer, visueller <strong>und</strong><br />

akustischer Hinsicht, berücksichtigen.<br />

Unsere Ideen basieren auf der Physik <strong>und</strong> ihren<br />

Gesetzmäßigkeiten. Im Entwurfsstadium nähern<br />

wir uns einer Aufgabe zunächst spielerisch, damit<br />

innovative Ansätze nicht bereits im Keim erstickt<br />

werden. Erst in einem nächsten Schritt stellt sich<br />

die Frage der techni schen Umsetzung:<br />

Kosten <strong>und</strong> Potenziale werden bewertet, die Umsetzung<br />

wird in Tests <strong>und</strong> an Prototypen untersucht<br />

<strong>und</strong> belegt. Die Realisierung eines Projekts<br />

erfolgt im regen Aus t<strong>aus</strong>ch mit den <strong>aus</strong>führenden<br />

Firmen <strong>und</strong> der Industrie <strong>und</strong> schließt mit<br />

der Inbetriebnahme <strong>und</strong> einer messtechnischen<br />

Prüfung des Konzeptes ab. Unter Einsatz neuester<br />

Regelungs- <strong>und</strong> Kommunikationstechnik werden<br />

Projekte dann im Betrieb betreut, bilanziert <strong>und</strong><br />

im Hinblick auf ihr Systemverhalten in der Nutzung<br />

durch Regelungsanpassung optimiert.<br />

Unser Planungsansatz erfordert das Arbeiten<br />

im Team, idealer Weise im Planungsteam <strong>aus</strong><br />

Architekt, Tragwerksplaner, Klimaingenieur, H<strong>aus</strong>techniker<br />

<strong>und</strong> Bauphysiker unter Einbezug des<br />

Bauherrn. Wir verstehen uns als Mitautoren innerhalb<br />

eines Netzwerks von Planungspartnern,<br />

die sich gegenseitig inspirieren <strong>und</strong> deren gemeinsames<br />

Gr<strong>und</strong>verständnis Reibungsverluste<br />

in der Zusammenarbeit minimiert. Integrales<br />

Planen, eine Planungskultur, die in den achtziger<br />

Jahren in England aufkam, setzt eine gemein-


Matthias Schuler <strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong> komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />

same Kommunikations ebene zwischen den<br />

verschiedenen Planungsdisziplinen vor<strong>aus</strong>:<br />

Die Beteiligten müssen bereit sein, die Anliegen<br />

ihres Gegenübers zu verstehen, ernst zu nehmen<br />

<strong>und</strong> eine gemeinsame Sprache zu entwickeln,<br />

um ein gemeinsames Ziel zu defi nieren.<br />

Es werden die jungen Architekten sein, die<br />

die Gebäudeplanung zukünftig beeinfl ussen.<br />

Deshalb engagieren wir uns in der Lehre an<br />

Fachhochschulen <strong>und</strong> Universitäten. Mich<br />

persönlich hat während meiner Lehrtätigkeit<br />

in Harvard sehr beeindruckt, dass dort in Studentenkreisen<br />

nachhaltige Architektur stark<br />

diskutiert wird, obwohl in den USA <strong>Energie</strong>kosten<br />

<strong>und</strong> <strong>Energie</strong>einsparung noch kein<br />

Thema sind.<br />

Bisher ist der Anteil an nachhaltig geplanten<br />

Gebäuden auf dem Markt verschwindend gering.<br />

Allerdings könnten Erscheinungen wie das<br />

»sick building syndrom« <strong>und</strong> ihre wirtschaftlichen<br />

Konsequenzen, wie ein erhöhter Krankenstand<br />

<strong>und</strong> die stark reduzierte Motivation <strong>und</strong><br />

Kreativität der Mitarbeiter, in den kommenden<br />

Jahren die Nachhaltigkeit von Gebäuden auch<br />

international zu einem wichtigen Thema<br />

machen.<br />

Nachdem wir viele Jahre fast <strong>aus</strong>schließlich<br />

an Projekten in Deutschland gearbeitet haben,<br />

wurden in den letzten Jahren mehr <strong>und</strong> mehr<br />

internationale Projekte konzipiert <strong>und</strong> realisiert.<br />

Einerseits stellt uns das vor neue Her<strong>aus</strong>forderungen:<br />

Wir müssen uns einstellen auf andere<br />

klimatische Verhältnisse, auf neue Planungspartner,<br />

auf neue Arbeitsweisen, auf andere Baukulturen<br />

<strong>und</strong> andere Nutzeranforderungen.<br />

Diese veränderten Parameter beeinfl ussen<br />

unsere Konzeptionen erheblich, wir machen<br />

völlig neue Erfahrungen. Und andererseits<br />

könnten diese internationalen Anfragen ein<br />

Hinweis darauf sein, dass sich ein verantwortungs<br />

voller Umgang mit der Umwelt nicht nur<br />

in Europa den Weg ins öffentliche Bewusstsein<br />

gebahnt hat, sondern ganz allmählich auch<br />

anderswo.<br />

Beispiele für<br />

Klimaengineering-Projekte<br />

Hauptverwaltung Deutsche Post,<br />

Bonn (Murphy/Jahn, Chicago)<br />

Die Hauptverwaltung der Deutschen Post AG<br />

bietet auf einer Gesamtfl äche von 107.000 m 2<br />

hochwertige Arbeitsplätze für 2000 Mitarbeiter.<br />

Das 162 Meter hohe, repräsentative Verwaltungsgebäude<br />

(Abb. 1) liegt in unmittelbarer Nähe des<br />

Rheins. Ein Sockelgebäude (Abb. 7) stellt Raum<br />

für eine Galleria mit Cafeteria, Läden <strong>und</strong> Restaurants<br />

sowie ein Konferenzzentrum zur Verfügung.<br />

An den Neubau wurden hohe Anforderungen<br />

bezüglich Flexibilität, Arbeitsplatzqualität durch<br />

natürliche Belichtung <strong>und</strong> Belüftung sowie Benutzerfre<strong>und</strong>lichkeit<br />

durch öffenbare Fenster <strong>und</strong><br />

begrenzte individuelle Heizungs- <strong>und</strong> Lüftungskontrolle<br />

gestellt. Im Vordergr<strong>und</strong> stand dabei<br />

der Wunsch nach einer Minimierung der Betriebskosten<br />

für Heizen, Kühlen <strong>und</strong> Lüften durch das<br />

Ausnutzen regenerativer <strong>Energie</strong>quellen.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Deutsche Post Bonn:<br />

Abbildung 1<br />

Sicht von Nord-Ost<br />

Foto: Anja Thierfelder, Stuttgart<br />

Abbildung 2<br />

Skygarden<br />

Foto: Transsolar<br />

153


FVS LZE Themen 2005<br />

Deutsche Post Bonn:<br />

Abbildung 3<br />

Skygarden<br />

Foto: Transsolar<br />

Abbildung 4<br />

Doppelfassade<br />

Foto: Transsolar<br />

Abbildung 5<br />

Bauansicht<br />

Foto: Transsolar<br />

154<br />

Matthias Schuler <strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong> komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich


Matthias Schuler <strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong> komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />

Um den Ansprüchen hinsichtlich Klima <strong>und</strong><br />

Komfort gerecht zu werden, wurden folgende<br />

konzeptionelle Maßnahmen entwickelt <strong>und</strong><br />

umgesetzt:<br />

zweischalige Fassade mit refl ektierendem<br />

<strong>Sonne</strong>nschutz<br />

Bauteilaktivierung der Massivdecken<br />

Kühlung über Gr<strong>und</strong>wasserbrunnen<br />

individuelle Fensterlüftung zur<br />

Doppelfassade<br />

Konditionierung der Zuluft für die Büros über<br />

dezentrale fassadenintegrierte<br />

Zulufteinheiten <strong>und</strong><br />

Abwärmenutzung durch Fortluftführung<br />

über Atrien<br />

Bei vorgegebener Gesamthöhe konnte durch<br />

Verzicht auf abgehängte Decken <strong>und</strong> Einsparung<br />

eines Technikgeschosses mehr nutzbare<br />

Fläche bereitgestellt werden. Doppelfassaden<br />

<strong>und</strong> Skygärten ersetzen Zuluftkanäle <strong>und</strong> die<br />

natürliche Kühlung über Gr<strong>und</strong>wasser ersetzt<br />

<strong>Kälte</strong>aggregate. (Abb. 2-6) Insgesamt liegt die<br />

Betriebsenergieeinsparung im Vergleich zu<br />

konventioneller Planung <strong>und</strong> nach Stand der<br />

Technik bei gemessenen 51 %. Außerdem<br />

konnte eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit bei<br />

gleichzeitig äußerst repräsentativer <strong>und</strong> transparenter<br />

Bauweise erreicht werden.<br />

Beijing Linked Hybrid<br />

(Steven Holl Architects, New York)<br />

Auf einer Gesamtfl äche von 210.000 m 2 entstehen<br />

720 Wohnungen, ein Kino, ein Kindergarten,<br />

Einkaufsmöglichkeiten, eine Galerie, eine<br />

Sporthalle, ein Cafe <strong>und</strong> Tiefgaragen (Abb. 8).<br />

Das <strong>Energie</strong>konzept sieht eine Gebäudehülle vor,<br />

in der hochgedämmte Fassadenelemente, Verb<strong>und</strong>verglasung<br />

<strong>und</strong> außenliegende Verschattungseinheiten<br />

<strong>–</strong> die <strong>aus</strong> aufrollbaren Edelstahl-<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Deutsche Post Bonn:<br />

Abbildung 6<br />

Skygarden<br />

Foto: Transsolar<br />

Abbildung 7<br />

Sockelgebäude<br />

Foto: Transsolar<br />

155


FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 8<br />

Beijing,<br />

Linked Hybrid<br />

(Steven Holl<br />

Architects)<br />

Foto: Transsolar<br />

Abbildung 9<br />

Madrid<br />

Parcela Westfassade<br />

Foto: Anja Thierfelder,<br />

Stuttgart<br />

156<br />

rollos bestehen <strong>–</strong> kombiniert werden. Eine<br />

Bauteilaktivierung der Massivdecken wird neben<br />

der Gr<strong>und</strong>lüftung, die als Quelllüftung <strong>aus</strong>geführt<br />

wird, zur Raumklimatisierung eingesetzt.<br />

Dabei wird das Kühlungspotenzial des Erdreichs<br />

durch ein geothermisches <strong>Energie</strong>system mit<br />

über 600 Erdsonden genutzt.<br />

Matthias Schuler <strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong> komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />

San Fermin Parcela 15, Madrid<br />

(A.U.I.A. Arquitectos, Madrid)<br />

Der siebengeschossige Wohnblock mit 70<br />

Wohneinheiten wurde für das sehr dicht<br />

bebaute Vorstadtviertel in Madrid entworfen.<br />

Die Motivation des öffentlichen Bauträgers war<br />

die Um setzung der Niedrigenergiebauweise<br />

im sozialen Wohnungsbau. Die Nutzung von<br />

<strong>Sonne</strong>nenergie zur Reduzierung des <strong>Energie</strong>bedarfs<br />

für Raumkonditionierung <strong>und</strong> Wassererwärmung<br />

gehörte zu den Ausschreibungsbedingungen<br />

des EU-geförderten Architektenwettbewerbs.<br />

Trotz Senkung des <strong>Energie</strong>bedarfs für<br />

Heizung <strong>und</strong> Warmwasserbereitung <strong>und</strong> der<br />

Vermei dung häufi g durchgeführter Nachinstallationen<br />

von Kühleinheiten sollte die thermische<br />

Behaglichkeit verbessert werden. Aufgr<strong>und</strong> des<br />

Kostenrahmens im sozialen Wohnungsbau<br />

wurden keine High-Tech-Konzepte gesucht,<br />

sondern einfache integrierte Lösungen.<br />

Wegen hoher Lärm- <strong>und</strong> Schadstoffbelastung<br />

durch eine westlich gelegene Stadtautobahn<br />

ist die Westfassade mit vertikalen Verschattungslamellen<br />

geschlossen <strong>und</strong> durch Solarkamine geprägt,<br />

die zur nächtlichen Querlüftung dienen<br />

(Abb. 9). Die Zuluft kommt über die Ostfassade<br />

mit verglasten Erschließungsgalerien. In den<br />

zweigeschossigen Wohneinheiten wird die Luft<br />

über den Treppenraum geführt <strong>und</strong> die thermische<br />

Speichermasse wurde durch Abwandlung


Matthias Schuler <strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong> komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />

der üblichen Deckenkonstruktion verfügbar.<br />

<strong>Sonne</strong>nkollektoren zur Brauchwassererwärmung<br />

sind auf dem Dach installiert.<br />

So entstanden attraktive Mietwohnungen mit<br />

hoher thermischer Behaglichkeit in Sommer <strong>und</strong><br />

Winter. Das EU-geförderte Niedrigenergieh<strong>aus</strong><br />

ist ein Mustergebäude für passiv solare Bauweise<br />

<strong>und</strong> natürliche Kühlung mit geringen Mietnebenkosten<br />

durch <strong>Wärme</strong>schutz.<br />

Doha New Souk<br />

(Nabil Gholam ng architects, Beirut)<br />

Die New Souks in Doha werden in Zusammenarbeit<br />

mit ng architects als Niedrigenergiegebäude<br />

mit hohem Nutzerkomfort geplant.<br />

Der Entwurf ist inspiriert von den traditionellen,<br />

offenen aber überdachten „souks“. Eine Mischung<br />

von Verkaufs- <strong>und</strong> Bürofl äche mit zentraler<br />

Landschaft im Innenhof verlässt sich in erster<br />

Linie auf nachhaltige Lösungen zur Kühlung<br />

aller öffentlichen Bereiche. Viele Zugangsbereiche<br />

mit verstärktem Ladenanteil werden zum<br />

„hub (Treffpunkt)“ der Nachbarschaft, bieten<br />

Kindern Spielbereiche, ein Restaurant in einem<br />

Innenhof <strong>und</strong> eine fre<strong>und</strong>liche grüne Umgebung<br />

für seine Besucher.<br />

Die Her<strong>aus</strong>forderung für das Klimaengineering<br />

besteht darin, ein Konzept für das feucht-heiße<br />

Klima in Doha zu entwickeln <strong>und</strong> dabei Randbedingungen<br />

wie den hohen <strong>Sonne</strong>nstand <strong>und</strong> die<br />

Hauptwindrichtungen von Süd <strong>und</strong> Nordwest<br />

mit einzubeziehen.<br />

Die Strategie war ein massives Gebäude mit<br />

einem zentralen Atrium zu planen, das nicht<br />

nur für Tageslicht sorgt, sondern eine Art<br />

Außenbereich darstellt <strong>und</strong> auch als solcher<br />

funktioniert. Verschiedene Technologien wie<br />

windunterstützte Querlüftung, Wasserwände,<br />

thermische Schichtung, solar betriebene<br />

Kühlung, Doppelfassade <strong>und</strong> möglicherweise<br />

eine künstliche Wolke (Abb. 10) über dem<br />

Innenhof zeigen, dass sorgfältiges Entwerfen<br />

zur <strong>Energie</strong>einsparung beitragen kann <strong>–</strong> selbst<br />

in einem reichen Land <strong>und</strong> innerhalb eines<br />

anregenden <strong>und</strong> angenehmen Ambiente.<br />

Design School Zollverein (SANAA,<br />

Sejima Nishizawa, Tokio <strong>und</strong> Heinrich Böll<br />

Architekten, Essen)<br />

Das Gesamtkonzept für Gebäude <strong>und</strong> Wärmversorgung<br />

der Design School Zollverein (Abb. 11)<br />

basiert auf der Einbindung des Grubenwassers<br />

als CO 2 -freier <strong>Wärme</strong>quelle. Damit ergibt sich<br />

ein starker örtlicher Bezug durch Nutzung des<br />

Standort-vorteils “Grubenwasser”, die Konzeption<br />

ist ein Unikat für die „Design School Zollverein“<br />

<strong>und</strong> nicht auf die „Design SchooI irgendwo“<br />

übertragbar. Das Grubenwasser stellt die<br />

Deutsche Steinkohle AG kostenfrei zur Verfügung.<br />

Bei Wegfall der Grubenwasserförderung<br />

ist eine Eigenförderung durch die Design School<br />

möglich. Die Niedertemperaturnutzung über<br />

die “aktive Dämmung” <strong>und</strong> Bauteilheizung<br />

erlaubt eine Nutzung der <strong>Energie</strong> des Grubenwassers<br />

ohne Veredelung der <strong>Wärme</strong> auf<br />

höheres Temperaturniveau.<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

Abbildung 10<br />

ng Architects,<br />

Doha, New Souk<br />

Quelle: Transsolar<br />

Abbildung 11<br />

SANAA,<br />

Design School,<br />

Essen<br />

Quelle: Transsolar<br />

157


FVS LZE Themen 2005<br />

158<br />

Die “aktive <strong>Wärme</strong>dämmung“ erlaubt eine<br />

einfachere <strong>und</strong> damit wirtschaftlichere <strong>und</strong><br />

dünnere Wandkonstruktion, die die architektonische<br />

Entwurfsidee einer monolitischen<br />

Aussenwand unterstützt.<br />

Die Design School Zollverein gibt damit eine<br />

Signalwirkung für eine Nutzung des Grubenwassers<br />

imgesamten Entwicklungsgebiet Zollverein.<br />

Mit dem geplanten <strong>Energie</strong>versorgungskonzept<br />

unterbietet das Projekt die Anforderungen der<br />

<strong>Energie</strong>einsparverordnung um 75 % <strong>und</strong> erlaubt<br />

Betriebskosteneinsparungen von ca. 7.000 €<br />

pro Jahr <strong>und</strong> Einsparung von 31 t/CO 2<br />

Emissionen pro Jahr.<br />

Literatur<br />

Unter www.transsolar.com sind weitere<br />

Information zu den vorgestellten Projekten<br />

zu fi nden.<br />

Thierfelder, Transsolar Klima-Engineering,<br />

Birkhäuser-Verlag 2003<br />

Matthias Schuler <strong>Energie</strong>effi zientes Bauen <strong>–</strong> komfortabel <strong>und</strong> wirtschaftlich


Abschlussdiskussion<br />

Anteil erneuerbarer <strong>Energie</strong>n<br />

an der <strong>Wärme</strong>erzeugung muss<br />

gesteigert werden<br />

159


FVS LZE Themen 2005<br />

Moderation:<br />

Prof. Dr. Karsten Voss<br />

Bergische Universität<br />

Wuppertal<br />

kvoss@uni-wuppertal.de<br />

Teilnehmende:<br />

Mechthild Rothe<br />

Europaabgeordnete<br />

der SPD<br />

mrothe@europarl.eu.int<br />

Joachim Nick Leptin<br />

BMU<br />

joachim.nick-leptin@<br />

bmu.b<strong>und</strong>.de<br />

Dipl.-Ing.<br />

Reiner Priggen<br />

MdL Bündnis 90/<br />

Die Grünen<br />

reiner.priggen@<br />

landtag.nrw.de<br />

Gerhard Stryi-Hipp<br />

B<strong>und</strong>esverband<br />

Solarwirtschaft<br />

stryi-hipp@<br />

bsw-solar.de<br />

Dr. Joachim Nitsch<br />

DLR<br />

joachim.nitsch@dlr.de<br />

Dr. Volker Wittwer<br />

Fraunhofer ISE<br />

wittwer@<br />

ise.fraunhofer.de<br />

160<br />

Diskussion Anteil erneuerbarer <strong>Energie</strong>n an der <strong>Wärme</strong>erzeugung muss gesteigert werden<br />

Anteil erneuerbarer <strong>Energie</strong>n an der<br />

<strong>Wärme</strong>erzeugung muss gesteigert<br />

werden 1<br />

Auf der Jahrestagung des ForschungsVerb<strong>und</strong>s<br />

<strong>Sonne</strong>nenergie (FVS) in Köln diskutierten am<br />

23. September Forscher, Politiker <strong>und</strong> Wirtschafts<br />

vertreter, wie der <strong>Wärme</strong>erzeugung<br />

<strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n zum Durchbruch<br />

verholfen werden kann.<br />

Mit fast 60 Prozent vom Gesamtenergieverbrauch<br />

ist <strong>Wärme</strong> die wichtigste <strong>Energie</strong> form<br />

für Deutschland. Einigkeit herrschte auf dem<br />

Podium darüber, dass <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong>erzeugung<br />

<strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n viel stärker<br />

vorange trieben werden müssen als bisher.<br />

Doch welche Beiträge können Wissenschaft,<br />

Wirtschaftsvertreter <strong>und</strong> Politiker dafür leisten?<br />

Die Jahrestagung des FVS zeigt, wie Forschung<br />

<strong>und</strong> Entwicklung dazu beitragen, das große<br />

<strong>Energie</strong>potenzial <strong>aus</strong> <strong>Sonne</strong>nstrahlung, Biomasse<br />

<strong>und</strong> Erdwärme mit immer besseren<br />

Wirkungsgraden in Nutzenergie umzuwandeln.<br />

Die Forschungs projekte zur <strong>Wärme</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Kälte</strong>erzeugung mit erneuer baren <strong>Energie</strong>n<br />

sind heute in den Megawatt-Maßstab vorgedrungen.<br />

System techniken, Nahwärmenetze,<br />

saisonale <strong>Energie</strong>speicher <strong>und</strong> Integration<br />

von solarthermischen Anlagen in neue <strong>und</strong><br />

vorhandene Gebäude stehen im Fokus der<br />

Forschung <strong>und</strong> Entwicklung.<br />

Für den politischen Bereich fordert die<br />

EU-Parlamentarierin Mechthild Rothe:<br />

„Eine Umsteuerung ist dringend notwendig.<br />

Durch den Markt allein wird diese Entwicklung<br />

aber nicht getragen. Hier stehen die Politiker<br />

in der Verantwortung, eine Veränderung des<br />

<strong>Energie</strong>mix herbeizuführen. Ich werde mich im<br />

EU-Parlament für das Ziel einsetzen, bis 2020<br />

EU-weit 25 Prozent der Heiz- <strong>und</strong> Kühlenergie<br />

<strong>aus</strong> erneuerbaren <strong>Energie</strong>n zu speisen.“<br />

1<br />

Dieser Text wurde als Presseinformation veröffentlicht<br />

am 29.09.2005<br />

Preisentwicklungen am <strong>Energie</strong>markt <strong>und</strong> zunehmende<br />

Klima probleme machen es dringlicher<br />

denn je, auch den <strong>Wärme</strong>markt mit erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>n zu versor gen.<br />

Dr. Joachim Nitsch vom Deutschen Zentrum<br />

für Luft- <strong>und</strong> Raumfahrt betont:<br />

„Die Möglichkeiten, vom Öl weg zu kommen,<br />

sind im <strong>Wärme</strong>markt am preis günstigsten <strong>und</strong><br />

am raschesten gegeben. Allerdings gibt es hier<br />

einen riesigen Nachholbedarf bei den Produktionskapazitäten,<br />

den technologischen Entwicklungs<br />

potenzialen <strong>und</strong> den Instrumenten zur<br />

Markteinführung. Ein Erneuerbare-<strong>Wärme</strong>energie-<br />

Gesetz könnte die notwendige Dynamik entfalten,<br />

um die energiepolitischen- <strong>und</strong> insbesondere<br />

die CO 2 -Reduktionsziele<br />

zu erreichen.“<br />

Der Geschäftsführer des B<strong>und</strong>es verbands Solarwirtschaft<br />

(BSW), Gerhard Stryi-Hipp, betont,<br />

dass für eine effi zientere Marktein führung auch<br />

eine intensivere Forschungsstrategie benötigt<br />

wird: „Es ist nicht einzusehen, warum im Photovoltaikbereich<br />

zehnmal mehr Forschungs mittel<br />

<strong>aus</strong>gegeben werden als für die Solarthermie.<br />

Ziel der gemein samen Anstrengung von Forschung<br />

<strong>und</strong> Industrie ist das aktive solar voll<br />

versor gte H<strong>aus</strong> bis zum Jahr 2030. Um das zu<br />

erreichen, brauchen wir deutlich mehr Geld<br />

für die Solar thermie-Forschung.“ Stryi-Hipp<br />

ergänzt: „Zusammen mit der europäischen<br />

Technologieplattform ‚Solarthermie‘ startet<br />

die Wirtschaft eine breite Offensive, um auch<br />

in Zukunft die führende Stellung in der Welt<br />

zu behalten.“<br />

Der energiepolitische Sprecher der Fraktion<br />

Bündnis90/Die Grünen im Landtag NRW,<br />

Reiner Priggen, fordert, nicht nur Ziele zu setzen,<br />

sondern auch Margen fest zu le gen, wie sie<br />

erreicht werden sollten:<br />

„Um 25 Prozent der <strong>Wärme</strong>energie bis 2020 <strong>aus</strong><br />

erneuerbaren <strong>Energie</strong>n zu gewinnen, brauchen


Diskussion Anteil erneuerbarer <strong>Energie</strong>n an der <strong>Wärme</strong>erzeugung muss gesteigert werden<br />

wir ein jährliches Wachstum von 1,3 Prozent.<br />

Um dies zu erreichen, benötigen wir auf der Basis<br />

eines möglichst brei ten politischen Konsenses<br />

ein Erneuerbare-<strong>Wärme</strong>energie-Gesetz, das zusam<br />

men mit den Vorgaben <strong>aus</strong> der europäischen<br />

Union den notwendigen Schub bringt.“<br />

Joachim Nick-Leptin, Referatsleiter im BMU,<br />

bestätigt, dass im B<strong>und</strong>esumwelt ministerium<br />

an einer <strong>Wärme</strong>regelung gearbeitet werde:<br />

„Wenn wir unsere Ziele zum Ausbau der erneuerbaren<br />

<strong>Energie</strong>n erreichen wollen, brauchen<br />

wir eine h<strong>aus</strong>haltsunabhängige Förderung auch<br />

im <strong>Wärme</strong>bereich. Das BMU hat daher die auf<br />

der Tagung vorgestellte Studie in Auftrag gegeben.<br />

Auf der Gr<strong>und</strong>lage dieser noch nicht<br />

abgeschlossenen Studie sollen im ersten Halbjahr<br />

2006 unter Einbindung der Verbände<br />

Eckpunkte für eine <strong>Wärme</strong>regelung erarbeitet<br />

werden.“<br />

„Ein solches <strong>Wärme</strong>gesetz sollte sowohl ordnungspolitische<br />

als auch Mengen vorgaben<br />

beinhalten, die für verschiedene Technologien<br />

Teilquoten festlegt“, betont Dr. Joachim Nitsch:<br />

„Denn die wichtigste <strong>Energie</strong>quelle für den <strong>Wärme</strong>bereich<br />

ist die Solarstrahlung. Alle anderen<br />

<strong>Energie</strong>potenziale <strong>aus</strong> Biomasse <strong>und</strong> Geothermie<br />

sind in Deutschland begrenzt.“<br />

Wie groß die Forschungsaufgaben sind,<br />

macht Dr. Volker Wittwer deutlich:<br />

„Wir müssen über den Einsatz von fassadenintegrierten<br />

Kollektoren in großem Maßstab nachdenken,<br />

neuartige Speicherkonzepte auf der<br />

Basis verbesserter Speichermaterialien verwirklichen<br />

<strong>und</strong> Nahwärmenetze auf der Basis regenerativer<br />

<strong>Energie</strong>träger aufbauen. Für das Ziel, bis<br />

2020 r<strong>und</strong> 25 Prozent der <strong>Wärme</strong>energie <strong>aus</strong><br />

erneuerbaren <strong>Energie</strong>n zu decken, benötigen<br />

wir allein in der Solarthermie 10 bis 20 Millionen<br />

Quadratmeter Solarkollektoren pro Jahr. Um<br />

diese Produktionskapazitäten aufzubauen,<br />

müssen wir bereits heute mit der Entwicklung<br />

geeigneter kostengünstiger Technologien<br />

beginnen.“<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

161


Verzeichnisse<br />

163


FVS LZE Themen 2005<br />

Standorte der FVS-Mitgliedsinstitute<br />

Gelsenkirchen<br />

Fraunhofer ISE<br />

Jülich<br />

FZ Jülich<br />

Köln<br />

DLR<br />

164<br />

Freiburg<br />

Fraunhofer ISE Ulm<br />

ZSW<br />

Almería/Spanien<br />

DLR<br />

www.dlr.de/psa<br />

Stuttgart<br />

ZSW<br />

DLR<br />

Garching<br />

ZAE<br />

Hanau<br />

ISET<br />

Hameln/Emmerthal<br />

ISFH<br />

Würzburg<br />

ZAE<br />

Erlangen<br />

ZAE<br />

Kassel<br />

ISET<br />

Berlin<br />

HMI<br />

Potsdam<br />

GFZ<br />

ForschungsVerb<strong>und</strong> <strong>Sonne</strong>nenergie Geschäftsstelle c/o Hahn-Meitner-Institut Kekuléstraße 5 12489 Berlin<br />

Telefon: (030) 8062-1338 Telefax: (030) 8062-1333 E-Mail: fvs@hmi.de www.FV-<strong>Sonne</strong>nenergie.de


DLR Deutsches Zentrum<br />

für Luft- <strong>und</strong> Raumfahrt e.V.<br />

Zentrum Köln-Porz 51170 Köln<br />

Prof. Dr. Robert Pitz-Paal:<br />

Telefon 02203/601-2744<br />

E-Mail: robert.pitz-paal@dlr.de<br />

www.dlr.de<br />

Standort Stuttgart<br />

Pfaffenwaldring 38<strong>–</strong>40 70569 Stuttgart<br />

Prof. Dr. Hans Müller-Steinhagen:<br />

Telefon 0711/6862-358<br />

E-Mail: hans.mueller-steinhagen@dlr.de<br />

DLR-Projektteam auf der<br />

PSA Plataforma Solar de Almería<br />

Apartado 39 E-04200 Tabernas (Almería)<br />

Dr. Christoph Richter:<br />

Telefon 0034/950-38 79 48<br />

E-Mail: christoph.richter@dlr.de www.dlr.de/psa<br />

FZ Jülich Forschungszentrum Jülich GmbH<br />

52425 Jülich<br />

Dr. Angela Lindner:<br />

Telefon 02461/61-4661<br />

E-Mail: a.lindner@fz-juelich.de<br />

www.fz-juelich.de<br />

ISFH Institut für Solarenergieforschung GmbH<br />

Hameln/Emmerthal<br />

Am Ohrberg 1 31860 Emmerthal<br />

Dr. Roland Goslich:<br />

Telefon 05151/999-302<br />

E-Mail: info@isfh.de<br />

www.isfh.de<br />

GFZ GeoForschungsZentrum Potsdam<br />

Stiftung des öffentlichen Rechts<br />

Telegrafenberg 14473 Potsdam<br />

Franz Ossing:<br />

Telefon 0331/288-1040<br />

E-Mail: ossing@gfz-potsdam.de<br />

www.gfz-potsdam.de<br />

HMI Hahn-Meitner-Institut Berlin GmbH<br />

Glienicker Straße 100 14109 Berlin<br />

Thomas Robertson:<br />

Telefon 030/8062-2034<br />

E-Mail: info@hmi.de www.hmi.de<br />

Institutsteil Adlershof Abt. Photovoltaik<br />

Kekuléstraße 5 12489 Berlin<br />

Telefon 030/8062-1353<br />

www.hmi.de/bereiche/SE/SE1<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

FVS-Mitgliedsinstitute <strong>und</strong> Ansprechpartner<br />

FVS<br />

Fraunhofer ISE<br />

Fraunhofer-Institut für Solare <strong>Energie</strong>systeme<br />

Heidenhofstraße 2 79110 Freiburg<br />

Karin Schneider:<br />

Telefon 0761/4588-5147<br />

E-Mail: karin.schneider@ise.fraunhofer.de<br />

www.ise.fraunhofer.de<br />

ISET Institut für Solare <strong>Energie</strong>versorgungstechnik<br />

Verein an der Universität Kassel e.V.<br />

Königstor 59 34119 Kassel<br />

Uwe Krengel:<br />

Telefon 0561/7294-345<br />

E-Mail: ukrengel@iset.uni-kassel.de<br />

www.iset.uni-kassel.de<br />

Standort Hanau<br />

Rodenbacher Ch<strong>aus</strong>see 6 63457 Hanau<br />

Telefon 06181/58-2701<br />

E-Mail: hanau@iset.uni-kassel.de<br />

ZAE Bayerisches Zentrum für<br />

Angewandte <strong>Energie</strong>forschung e.V.<br />

Am Hubland 97074 Würzburg<br />

Matthias Groll:<br />

Telefon 0931/70564-51<br />

E-Mail: groll@zae.uni-wuerzburg.de<br />

www.zae-bayern.de<br />

ZSW Zentrum für <strong>Sonne</strong>nenergie- <strong>und</strong><br />

Wasserstoff-Forschung Baden Württemberg<br />

Gemeinnützige Stiftung<br />

Industriestraße 6 70565 Stuttgart<br />

Karl-Heinz Frietsch:<br />

Telefon 0711/7870-206<br />

E-Mail: info@zsw-bw.de<br />

www.zsw-bw.de<br />

Standort Ulm<br />

Helmholtzstraße 8 89081 Ulm<br />

Telefon 0731/9530-0<br />

ForschungsVerb<strong>und</strong> <strong>Sonne</strong>nenergie<br />

Geschäftsstelle<br />

Kekuléstraße 5 12489 Berlin<br />

Telefax 030/8062-1333<br />

E-Mail: fvs@hmi.de<br />

Dr. Gerd Stadermann (Geschäftsführer)<br />

Telefon 030/8062-1338<br />

Petra Szczepanski (Öffentlichkeitsarbeit)<br />

Telefon 030/8062-1337<br />

165


FVS LZE Themen 2005<br />

166<br />

Adressen von Instituten der<br />

Landesinitiative Zukunftsenergien NRW<br />

Bergische Universität Wuppertal<br />

FB Bauphysik <strong>und</strong> Technische Gebäude<strong>aus</strong>rüstung<br />

Pauluskirchstraße 7<br />

42285 Wuppertal<br />

Tel. 0202 / 439-4075<br />

www.arch.uni-wuppertal.de<br />

Fachhochschule Bochum, FB 2<br />

Zentrum für Geothermie <strong>und</strong> Zukunftsenergien<br />

Lennershofstraße 140<br />

44801 Bochum<br />

Tel. 0234 / 3210200<br />

www.fh-bochum.de/geothermie<br />

Fachhochschule Dortm<strong>und</strong><br />

FB Informations- <strong>und</strong> Elektrotechnik<br />

<strong>Sonne</strong>nstraße 36<br />

44139 Dortm<strong>und</strong><br />

Tel. 0231 / 9112-100<br />

www.fh-dortm<strong>und</strong>.de<br />

FH Gelsenkirchen<br />

<strong>Energie</strong>Institut<br />

Neidenburger Str. 10<br />

45877 Gelsenkirchen<br />

Tel. 0209 / 9596-0<br />

www.fh-gelsenkirchen.de/energieinstitut<br />

Fraunhofer UMSICHT<br />

Osterfelder Straße 3<br />

46047 Oberh<strong>aus</strong>en<br />

Tel. 0208 / 8598-0<br />

www.umsicht.fraunhofer.de/profi l/anfahrt<br />

Landesinitiative Zukunftsenergien NRW<br />

Geschäftsstelle<br />

c/o ee energy engineers GmbH<br />

Munscheidstraße 14<br />

45886 Gelsenkirchen<br />

Tel. 0209 / 167-2800<br />

www.energieland.nrw.de<br />

Ruhr-Universität Bochum<br />

<strong>Energie</strong>systeme <strong>und</strong> <strong>Energie</strong>wirtschaft<br />

Universitätsstraße 1<br />

44721 Bochum<br />

Tel. 0234 / 32-201<br />

www.ruhr-uni-bochum.de<br />

RWTH Aachen - Institut für Markscheidewesen,<br />

Bergschadenk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Geophysik im Bergbau<br />

Wüllnerstraße 2<br />

52062 Aachen<br />

Tel. 0241 / 80-95687<br />

www.ifm.rwth-aachen.de<br />

Solar-Institut Jülich /FH Aachen<br />

Heinrich-Mußmann-Straße 5<br />

52428 Jülich<br />

Tel. 0241 / 6009-0<br />

www.fh-aachen.de/solar-institut<br />

SOLITEM GMBH<br />

Dennewartstr. 25/27<br />

52068 Aachen<br />

Tel. 0241 / 963-1326<br />

www.solitem.de


Adressen<br />

weiterer Institutionen<br />

BGR <strong>–</strong> B<strong>und</strong>esanstalt für<br />

Geowissenschaften <strong>und</strong> Rohstoffe<br />

Stilleweg 2<br />

30655 Hannover<br />

Tel. 0511 / 643-0<br />

www.bgr.gr<strong>und</strong>.de<br />

BSW <strong>–</strong> B<strong>und</strong>esverband Solarwirtschaft<br />

Stralauer Platz 34<br />

10243 Berlin<br />

Tel.030 / 2977-7880<br />

www.solarwirtschaft.de<br />

GGA <strong>–</strong> Institut für geowissenschaftliche<br />

Gemeinschaftsaufgaben<br />

Stilleweg 2<br />

30655 Hannover<br />

Tel. 0511 / 643-3496<br />

www.gga-hannover.de<br />

GTN <strong>–</strong> Geothermie Neubrandenburg GmbH<br />

Seestraße 7A<br />

17033 Neubrandenburg<br />

Tel. 0395 / 36774-0<br />

www.gtn-online.de<br />

ITW <strong>–</strong> Institut für Thermodynamik <strong>und</strong> <strong>Wärme</strong>technik<br />

Universität Stuttgart<br />

Pfaffenwaldring 6<br />

70550 Stuttgart<br />

Tel. 0711 / 685-3536<br />

www.itw.uni-stuttgart.de<br />

IZES <strong>–</strong> Institut für Zukunfts <strong>Energie</strong> Systeme<br />

Altenkesseler Str. 17<br />

66115 Saarbrücken<br />

Tel. 0681 / 9762-840<br />

www.izes.de<br />

Transsolar <strong>Energie</strong>technik GmbH<br />

Curiestraße 2<br />

70563 Stuttgart<br />

Tel. 0711 / 67976-0<br />

www.transsolar.de<br />

TU Berlin<br />

Fakultät III , Institut für <strong>Energie</strong>technik<br />

Ernst-Reuter-Platz 1<br />

10587 Berlin<br />

Tel. 030 / 314-24215<br />

www.tu-berlin.de<br />

FVS LZE Themen 2005<br />

167


FVS LZE Themen 2005<br />

Impressum Themen 2005<br />

<strong>Wärme</strong> <strong>und</strong> <strong>Kälte</strong> <strong>–</strong><br />

<strong>Energie</strong> <strong>aus</strong> <strong>Sonne</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Erde</strong><br />

Her<strong>aus</strong>geber<br />

Dr. Gerd Stadermann<br />

ForschungsVerb<strong>und</strong> <strong>Sonne</strong>nenergie<br />

Kekuléstraße 5 12489 Berlin<br />

Telefon (030) 8062-1338<br />

Fax (030) 8062-1333<br />

E-Mail: fvs@hmi.de<br />

www.FV-<strong>Sonne</strong>nenergie.de<br />

Redaktion<br />

Dr. Gerd Stadermann<br />

Petra Szczepanski<br />

Design<br />

PEPERONI Werbeagentur GmbH<br />

Prenzlauer Allee 193 10405 Berlin<br />

Druck<br />

Oktoberdruck AG<br />

Rudolfstrasse 1-8 10245 Berlin<br />

Berlin, Februar 2006<br />

ISSN 0939-7582<br />

Diese Broschüre wurde auf chlorfrei<br />

gebleichtem Papier gedruckt.<br />

Die FVS-Jahrestagung 2005<br />

wurde gemeinsam veranstaltet mit der<br />

Landesinitiative Zukunftsenergien<br />

Nordrhein-Westfahlen<br />

Die FVS-Jahrestagung 2005<br />

unterstützten:<br />

B<strong>und</strong>esministerium für Umwelt, Naturschutz<br />

<strong>und</strong> Reaktorsicherheit (BMU)<br />

Alanod-Sunselect<br />

GmbH & Co. KG<br />

Paradigma <strong>Energie</strong>- <strong>und</strong> Umwelttechnik<br />

GmbH & Co. KG<br />

Der ForschungsVerb<strong>und</strong> <strong>Sonne</strong>nenergie<br />

wird gefördert vom:<br />

B<strong>und</strong>esministerium für Umwelt,<br />

Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit (BMU)<br />

B<strong>und</strong>esministerium für Wirtschaft<br />

<strong>und</strong> Technologie (BMWi)<br />

B<strong>und</strong>esministerium für Bildung<br />

<strong>und</strong> Forschung (BMBF)<br />

B<strong>und</strong>esministerium für Ernährung,<br />

Landwirtschaft <strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />

(BMELV)

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