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Kompendium der Flugmedizin - Luftwaffe

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Das „Flicker Light Vertigo“<br />

Das Flicker Light Vertigo kann beim Fliegen mit Hubschraubern o<strong>der</strong> auch einmotorigen<br />

Propellerflugzeugen entstehen, wenn das Sonnenlicht- o<strong>der</strong> das Licht einer künstlichen<br />

Lichtquelle in <strong>der</strong> Frequenz <strong>der</strong> Rotor- bzw. Propellerdrehzahl unterbrochen wird und damit<br />

im Cockpit und auf dem Instrumentenbrett Hell-Dunkel-Reflexe in <strong>der</strong> gleichen Frequenz<br />

erzeugt werden. Diese können bei Besatzungsmitglie<strong>der</strong>n Reaktionen wie Nervosität, Übelkeit<br />

und Brechreiz, Kopfschmerzen und Benommenheit auslösen. Im weiteren Verlauf folgen<br />

Schwindel und räumliche Desorientierung. In beson<strong>der</strong>s schweren Fällen kann es bei längerer<br />

Exposition zu Reaktionen ähnlich denen von epileptischen Anfällen o<strong>der</strong> zum Bewusstseinsverlust<br />

kommen. Müdigkeit und Frustration scheinen nach bisherigen Erkenntnissen die<br />

individuelle Symptomatik ebenso zu begünstigen wie Hypoxie, Hypoglykämie und Hyperventilation.<br />

Folgende Maßnahmen können die Reaktion verringern bzw. ausschalten:<br />

• vorübergehende Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Flugrichtung aus <strong>der</strong> Lichtquelle heraus,<br />

• Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Rotor- o<strong>der</strong> MotordrehzahI,<br />

• Tragen von nicht polarisierenden Sonnenbrillen,<br />

• Schalten <strong>der</strong> Positionslichter auf Dauerbetrieb („Steady“),<br />

• Ausschalten <strong>der</strong> Scheibenwischer.<br />

Psychologische Faktoren<br />

Aus Abb. 9.17 geht hervor, wie sich aus psychologischer Sicht ein <strong>der</strong>artiger „Überraschungseffekt“<br />

auf die Wahrnehmungs- und Handlungsfähigkeit auswirken kann.<br />

Er löst zunächst einen Anstieg des Erregungsniveaus aus. Das Ausmaß des Anstiegs kann<br />

durch zusätzliche Stressoren sowohl vor Antritt des Fluges als auch während des Fluges<br />

beeinflusst werden. Als Beispiele seien genannt: Belastungen durch an<strong>der</strong>e Aufgaben, Alarmierung<br />

(SAR/QRA) o<strong>der</strong> auch durch psychisch-emotionale Belastungen aus dem sozialen<br />

Umfeld. Während des Fluges können Faktoren wie Informationsmangel o<strong>der</strong> Informationsüberladung,<br />

Konflikte innerhalb <strong>der</strong> Crew sowie spezifische Umweltfaktoren wie Lärm, Vibration,<br />

Turbulenzen und G-Kräfte den Anstieg des Erregungsniveaus begünstigen. Dieses<br />

kann zu Abweichungen von üblichen Wahrnehmungs- und Handlungsweisen führen. Wi<strong>der</strong>sprüchliche<br />

Informationen durch unterschiedliche Informationsquellen (Gefühl - Umgebung -<br />

Instrument) führen zu einem weiteren Anstieg des Erregungsniveaus mit anschließenden<br />

Einbußen <strong>der</strong> Wahrnehmungsfähigkeit bis hin zum „Kanalisieren“, d.h. extremer Einengung<br />

<strong>der</strong>selben.<br />

Entschließt sich <strong>der</strong> Flugzeugführer nun zu einer Steuerkorrektur, so wird diese oft nicht situationsgerecht<br />

dimensioniert, da auch <strong>der</strong> feinmotorische Bewegungsapparat durch den<br />

Grad <strong>der</strong> Erregung beeinflusst wird. Häufig handelt es sich dann um eine Fehlsteuerung in<br />

Form einer Überreaktion:<br />

„Herumreißen des Steuerhorns“, „Durchziehen des Steuerknüppels“, abrupte Bewegung am<br />

Blattverstellhebel, können in extremen Fällen zum Verlust <strong>der</strong> Kontrolle über das Flugzeug<br />

führen. Schließlich kann es sogar zu einer Handlungsblockade kommen („vor Schreck gelähmt“),<br />

d.h., dass - bei vollen Erkennen <strong>der</strong> Notwendigkeit - eine Korrekturbewegung mit<br />

den Steuerorganen überhaupt nicht mehr durchgeführt wird.<br />

<strong>Kompendium</strong> <strong>der</strong> <strong>Flugmedizin</strong> Kap. 9 - Räumliche Orientierung und Desorientierung 9-151

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