Wagnis- und Beteiligungs finanzierung in Ostdeutschland
Wagnis- und Beteiligungs finanzierung in Ostdeutschland
Wagnis- und Beteiligungs finanzierung in Ostdeutschland
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Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung
in Ostdeutschland
Dokumentation der Veranstaltungsreihe Berlin, Jena und Leipzig
2
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
Inhaltsverzeichnis
1 Hintergrund und zentrale Fragestellungen der Veranstaltungsreihe
„Wagnis undBeteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland“ 3
2 Der ostdeutsche Wagniskapitalmarkt 5
2.1 Was versteht man unter Beteiligungs- und Wagniskapital, Venture Capital und
Private Equity? 5
2.2 Bestandsaufnahme: Wagniskapital und Finanzierungsgeschehen in Ostdeutschland 6
2.3 Aktuelle Trends in der Beteiligungsbranche 9
3 Beteiligungsanbieter im Profil 10
3.1 Wann steigt der High-Tech-Gründerfonds (HTGF) ein? 10
3.2 Welche weiteren staatlichen Beteiligungsanbieter gibt es? 11
3.3 Was zeichnet private Beteiligungskapitalanbieter aus? 14
3.4 Was leisten Business Angel und Business Angel Netzwerke? 15
4 Empfehlung für kapitalsuchende Unternehmen und Gründer 20
4.1 Für wen eignet sich Wagniskapital? 20
4.2 Warum haben Beteiligungsgesellschaften so hohe Renditeforderungen? 22
4.3 Wie läuft eine Beteiligungsfinanzierung typischerweise ab? 23
4.4 Do‘s and Dont’s im Finanzierungsprozess 24
5 Erfahrungsberichte mit Beteiligungskapital aus Sicht von Kapitalnehmern und -gebern 26
5.1 Dyomics GmbH 26
5.2 GILUPI GmbH 27
5.3 Cuculus GmbH 28
5.4 SIOS Messtechnik 29
5.5 Heliatek GmbH 30
5.6 Trovotech GmbH 31
5.7 Hannover Finanz 32
5.8 bm-t beteiligungsmanagement thüringen gmbh 33
5.9 Nanostart AG 34
6 Innovative Bankenfinanzierung zur Komplementierung des ostdeutschen
Beteiligungsmarktes 35
6.1 Zusammenspiel von Bankenfinanzierung und Wagniskapital im optimalen
Finanzierungsmix 35
6.2 Innovative Produkte von Banken 36
7 Zusammenfassung, Ausblick und Ansätze für eine verbesserte
Wagniskapitalfinanzierung in Ostdeutschland 40
Dokumentation der Veranstaltungsreihe
1 Hintergrund und zentrale Fragestellungen der
Veranstaltungsreihe „Wagnis- und Beteiligungs
finanzierung in Ostdeutschland“
Wagnis- und Beteiligungskapital stellt eine Voraussetzung
für die Finanzierung von technologischen
Innovationen und Unternehmens grün dungen
dar und begünstigt das Unter nehmens wachstum.
Eine ausreichende Verfüg bar keit von Wagnis- und
Beteili gungskapital ist daher essentiell für die Standort
entwicklung Ostdeutschlands. Der Markt für
(privates) Wagnis- und Beteiligungs kapital ist allerdings
in Ost deutschland im Ver gleich zum westdeutschen
und europäischen Durch schnitt schwächer
entwickelt.
Angesichts des enormen Potenzials, den dieses
Finanzierungsinstrument für Gründer, Unternehmen
und die regionale Wirtschaftsentwicklung
hat, fand auf Initiative des Beauftragten der
Bundes regierung für die neuen Bundesländer,
ab 01.12.2009 Bundesinnenminister Dr. Thomas
de Maizière, im Oktober und November 2009 die
Veranstaltungsreihe „Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung
in Ostdeutschland“ statt. Ziel der
Veranstaltungen war es, aus den unterschied lichen
Perspektiven der wirtschaftlichen Akteure die
Möglichkeiten, Chancen und Herausforde rungen
des Finanzierungsinstruments für Ost deutschland
zu beleuchten.
Die vorliegende Dokumentation fasst die Ergebnisse
der drei Veranstaltungen zusammen, stellt
Erfahrungsberichte ostdeutscher Finanzierungs fälle
sowie Profile von Wagniskapitalanbietern und ihrer
Finanzierungsangebote dar und gibt praktische
Hinweise für Kapital suchende Unter nehmen. Sie
richtet sich damit nicht nur an die Teilnehmer der
Veranstaltungen, sondern darüber hinaus auch an
alle Unternehmen, Kapital geber und Intermediäre,
für die das Thema Wag nis kapitalfinanzierung von
Interesse ist.
Auf drei vorangegangenen Zukunftskonfe renzen
zu ausgewählten technologischen Zukunftsfeldern
(Energie- und Umwelttechnologien, Nanotechnologie
sowie Biotechnologie) kristallisierten sich
immer wieder einige zentrale Handlungsfelder
heraus, die für die wirtschaftliche Entwicklung in
den neuen Ländern eine entscheidende Rolle spielen.
Neben der Fachkräftesicherung und Fragen des
Techno logietransfers ist es vor allem die Finan zierung
junger Unternehmen. Die Finanzierung von
Innovationen, Unternehmensgründungen und
-wachs tum mit Eigenkapital stand bei zahlreichen
Analysen zu den Herausforderungen für die ostdeutsche
Wirtschaft an prominenter Stelle. Wieder holt
genannt wurden dabei Finanzierungs schwie rigkeiten
junger technologieorientierter Gründer bzw.
innovativer kleiner und mittlerer Unternehmen
(KMU). Aus diesem Grund wurde Veranstaltungsreihe
„Wagnis- und Beteiligungs finanzierung in
Ostdeutschland“ konzipiert, mit deren inhaltlicher
und organisatorischer Vorbe reitung und Durchführung
die Prognos AG beauftragt war.
Ausgangsbefund: Das Potenzial der Wagnis-
und Beteiligungsfinanzierung wird in Ostdeutschland
noch nicht hinreichend genutzt
Die Prognos AG hat im Auftrag des Beauftragten
der Bundesregierung für die neuen Bundesländer
im Jahr 2009 die „Bedeutung von Wagnis- und
Beteili gungskapital für die Standortentwicklung
in Ost deutschland“ untersucht. Zentrale Ergebnisse
der Studie waren, dass neben öffentlichen Förderzuschüssen
privates Wagnis- und Beteiligungskapital
zu den wichtigsten Instrumenten der
Finan zierung von Unternehmensgründungen und
Unter nehmens wachstum gehört. Junge innovative
Unter nehmen sind wichtige Impulsgeber für
Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Voraussetzung
hierfür ist jedoch ein einfacher Zugang der
Unternehmen zum benötigten Kapital. Belegt ist
durch die Prognos-Studie indes, dass Ostdeutschland
bei der Finanzierung von jungen, innovativen
Unternehmen Nachholbedarf hat.
3
4
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
Zwar hat sich eine nicht unbeträchtliche Zahl deut
scher und ausländischer Wagnis- und Beteili gungs
geber an ostdeutschen Unternehmen beteiligt.
Hierzu zählt auch eine wachsende Zahl von Privat
personen (Business Angel), die Teile ihres Vermögens
investiert haben, was die Gründung etlicher inno
vativer Unternehmen ermöglicht hat. Dies hat dazu
beigetragen, dass wichtige Innova tions projekte
und Produktentwicklungen realisiert und an den
Markt gebracht werden konnten. Dennoch wird das
Potenzial der Wagnis- und Beteiligungs finanzie rung
in Ostdeutschland noch nicht hinreichend genutzt.
Deutschland ist die größte Volks wirtschaft Europas,
zählt aber gemessen an den Private Equity-Investi
tionen im Verhältnis zum BIP zu den Schluss lichtern
Europas. Im innerdeutschen Ver gleich ist zudem der
ostdeutsche Markt für (privates) Wagnis- und Beteili
gungskapital unterdurchschnittlich entwickelt.
Sowohl das Angebot als auch die Akzeptanz und
Nachfrage nach diesem Finan zie rungsins tru ment
bleiben hinter ihren Möglich keiten zurück.
Daher fordern auch Beteiligungsfirmen und Banken
verbände, dass gerade in Zeiten schwieriger Finan
zierungsbedingungen „alternative Finanzie rungs
instrumente“ zur Optimierung des Finan zierungs
mixes vom Mittelstand – unter Überwindung von
Vorbehalten gegen Beteiligungskapital – als stra
tegisches Thema aufgegriffen werden müssen. Dies
gilt für mittelständische Unternehmen in Ost deutsch
land in besonderem Maße. Politik, Ver bänden sowie
Finanzierungsanbietern kommt die Aufgabe zu, das
Thema „ins rechte Licht zu rücken“ und das Markt
umfeld zu verbessern.
Die Veranstaltungsreihe „Wagnis- und Beteiligungskapitalfinanzierung“
in Ost deutschland
bestand aus einer Konferenz in Berlin sowie
zwei Regionalworkshops in Jena und Leipzig
An dieser Erkenntnis hat die Veranstaltungsreihe
angesetzt, die die Zukunftskonferenz „Wagnis- und
Beteiligungskapital in Ostdeutschland“ am 27.10.2009
in Berlin sowie nachfolgend zwei regionale Work
shops in Jena (24.11.2009) und Leipzig (26.10.2009)
umfasste. Mit der Veranstaltungsreihe konnten aus
den unterschiedlichen Perspektiven der wirtschaft-
Abbildung 1: Konferenz in Berlin bei der KfW (27.10.2009)
lichen Akteure die Möglichkeiten, Chancen und
Herausforderungen dieses Finanzierungsinstru
ments beleuchtet werden.
Im Rahmen der Konferenzreihe haben Experten aus
Wirtschaft, Wissenschaft und Politik Handlungs
optionen diskutiert, wie das Finanzierungs instru ment
„Wagnis- und Beteiligungskapital“ in den neuen
Län dern bekannter gemacht und bestehende Hemm
nisse in der Nutzung, Akquisition und Verfügbar
keit von Wagnis- und Beteiligungskapital abgebaut
werden können. Hauptproblemfelder wurden
identifiziert und Handlungs- bzw. Lösungskorridore
aufgezeigt.
Im Vordergrund stand aber auch die Information
über Details einer Wagniskapitalfinanzierung,
Ein satz möglichkeiten und dem Nutzen von Beteili
gungs kapital für Unternehmen. Dazu wurden prak
tische Hinweise für kapitalsuchende Unternehmen
aus „erster Hand“ gegeben. Weitere innovative
Ins tru mente zur Finanzierung von Unternehmens
wachstum wurden thematisiert, die sowohl eine
VC-Finanzierung als auch eine klassische Kredit
finan zie rung ergänzen können, wie z.B. die Mezza
ninfinan zie rung. Die Veranstaltungen boten nicht
zu letzt für Unternehmen und Finanzgeber die
Ge legenheit, sich zu informieren, Kontakte zu knüp
fen und im unmittelbaren Gespräch die Möglich
keiten der Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung zu
konkretisieren.
Dokumentation der Veranstaltungsreihe
Bei allen drei Veranstaltungen lag der Schwer punkt
auf der Finanzierung von Unternehmen in techno
logischen Zukunftsfeldern Ostdeutschlands, wie
z.B. Nanotechnologie, Biotechnologie, Medizin
technik, Cleantech, Optik und Informations- und
Kommunikationstechnologien. Der Mix aus Fach
vorträgen, Diskussionsrunden und Impulsreferaten
sowie Fallbeispielen hatte einen breiten Adressaten
kreis und zog Unternehmer, Gründer, Kapitalgeber,
Business Angels sowie Banken und Sparkassen an,
daneben auch Vertreter aus Politik, Branchen- und
Technologienetzwerken sowie IHKs und Fach ver
bänden.
2 Der ostdeutsche Wagniskapitalmarkt
2.1 Was versteht man unter Beteiligungs- und Wagniskapital, Venture Capital
und Private Equity?
Als Oberbegriff für Beteiligungskapital im weitesten
Sinne wird der Begriff „Private Equity“ (PE) verwendet.
Private Equity steht allgemein für das von privaten
und institutionellen Anlegern beschaffte Beteili gungs
kapital an in der Regel nicht börsennotierten Unter
nehmen und deckt alle Eigen kapital-Anlage formen
und alle Betei ligungs phasen
– von Venture Capital und Wachs
tumsfinan zierung über Buy
outs bis hin zu Mezzanine – ab.
Unter Wagnis- oder Beteili
gungskapital finanzie rungen
versteht man die Zufuhr von
Betei ligungs kapital (Eigen
kapital oder eigenkapitalähn
lichen Mitteln) von außen in
ein Unter nehmen. Diese Art
der Finan zierung zeichnet sich
dadurch aus, dass zum Einen
die Eigen kapital decke des
Unterneh mens verbessert wird.
Außerdem geht mit dem
finanziellen Engage ment einer
Betei ligungs gesell schaft häufig
eine Unterstützung in Fragen der Unter neh mens
füh rung einher. Durch Wagnis kapital wird ins
gesamt eine Stärkung der Verhandlungs posi tion des
Unter nehmens gegenüber der Bank erreicht und
die Be schaffung von zusätzlichem Fremdkapital
erleichtert.
Abbildung 2: Terminologie Private Equity
Quelle: Prognos AG 2009
5
2.2 Bestandsaufnahme: Wagniskapital und Finanzierungsgeschehen
in Ostdeutschland
6
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
Die Vorstellung der Prognos-Studie spannte den
Rahmen aller drei Veranstaltung für das Beteili-
gungs geschehen und den Wagniskapital markt in
Ostdeutschland. Die Studie inklusive einer Kurz-
fassung steht zum Download bereit in der Publika-
tionsdatenbank der Prognos AG unter http://www.
prognos.com
Der Wagniskapitalmarkt in Deutschland ist
vergleichsweise wenig entwickelt; besonderer
Nachholbedarf besteht in Ostdeutschland,
damit die wirtschaftlichen Entwicklungspotentiale
des Standorts optimal genutzt
werden können
Dr. Philip Steden, Markt-
feldleiter der Prognos AG,
stellte eine aktuelle Studie
zum ostdeutschen Wag-
nis kapitalmarkt vor und
verdeutlichte anhand
zahlreicher Statistiken,
dass der ostdeutsche
Beteili gungs markt gegen-
über den alten Ländern,
vor allem aber gegenüber Europa deutlich im Rück-
stand ist. Der Anteil der Private Equity-Investitionen
am BIP ist im europäischen Schnitt deutlich höher
als in Deutschland. Als Vorreiter können Länder wie
Großbritannien, Schweden, die Niederlande und
Frankreich bezeichnet werden. In Ostdeutschland
hingegen ist der Anteil mit 0,09% besonders gering.
Der Rückstand gegenüber den alten Bundesländern
resultiert in erster Linie aus dem wenig ausge-
prägten Buy-out Segment. Der vergleichsweise nied-
rige Entwick lungsstand gegenüber Europa betrifft
dagegen alle Finanzierungsphasen. So liegt das
Volumen der Earlystage-Investitionen in Ost deutsch-
land mit 140 € je 1 Mio. € BIP erheblich niedriger als
in der EU-27 mit rund 400 €.
In den letzten Jahren hat sich in Ostdeutschland die
Zahl der Beteiligungsfälle p.a. bei gut 200 eingepen-
delt, wobei jährlich über 300 Mio. € investiert wur-
den. Das hohe Niveau zu den Boom-Zeiten der New
Economy (1999-2001) wurde allerdings nicht wieder
erreicht, auch nicht in den vergleichsweise starken
„Beteiligungsjahren“ 2007/2008.
Abbildung 3: Beteiligungsinvestitionen im Verhältnis zum
BIP nach Finanzierungsphasen (Ø 2004-2008)
Quelle: Prognos AG 2009 nach BVK-Branchenstatistik,
domestic investments, EVCA, PEREP Analytics.
Die Angebotsdichte an Beteiligungsfinanzierern ist
in Ostdeutschland erheblich niedriger als in West-
deutschland. Zwar gibt es in Ostdeutschland ca.
50 Beteiligungsgesellschaften, gerade die privaten
Gesellschaften zentrieren sich jedoch in und um
Berlin. Darüber hinaus gibt es über 140 Beteili gungs-
firmen in Westdeutschland und im Ausland, die
be reits in Ostdeutschland investiert haben. Die
Dichte der Beteiligungsfirmen bezogen auf die
Erwerbs tätigenzahl beträgt nur 77% des Westniveaus.
Auch bei Business Angels liegt im Osten die Dichte
mit 60 Business Angel pro 1 Mio. Erwerbstätigen bei
nur 56% des Westniveaus: In Ostdeutschland gibt es
damit geschätzte 350 bis 500 Business Angel, davon
125 bis 200 in Netzwerken organisiert, während es in
Westdeutschland etwa 3.500 Business Angel sind.
Das Angebot an Wagniskapital für Gründer
und junge Unternehmen in Ostdeutschland
ist in einigen Bereichen lückenhaft
Die Empirie zeigt Lücken in der Versorgung mit
Wagnis- und Beteiligungskapital auf. Diese liegen in
der Risikoscheu privater Investoren vor Früh phasen
investments, in Informationsasymmetrien sowie
Transaktionskostennachteilen bei kleinvolumigen
Beteiligungsfällen begründet. Das führt dazu, dass
es für Gründer und Unternehmer bei bestimmten
Finanzierungsanlässen besonders schwierig ist, Wag
nis kapital zu erhalten.
■ Im Einzelnen zeigen sich Lücken vor allem in der
Seed-Phase, da die meisten privaten Investoren
risikoscheu sind und sich eher auf die späteren
Phasen der Wagniskapitalfinanzierung konzen-
trieren.
■ Dies gilt insbesondere auch für kleinvolumigen
Kapitalbedarf bis 300.000 €. Bei geringem Kapital-
bedarf (< 100.000 €) ist ein Gründer für die meisten
Private Equity Firmen noch uninteressant, und
es kommen fast ausschließlich Business Angel
als Financiers in Betracht.
■ Schwierigkeiten, den Kapitalbedarf zu decken,
bestehen auch oberhalb des maximalen Investi-
tionsvolumens des High-Tech Gründerfonds (HTFG)
und im Anschluss an die vom HTGF finanzierten
Entwicklungsphasen.
■ Unternehmen des eher traditionellen Mittelstands
wird die Finanzierung jenseits der Investitions-
grenzen der MBGen (max. 1 Mio. €) häufig erschwert.
Traditionellen Mittelständler im Mid-Tech-Segment
ist Beteiligungskapital häufig nur schwer zugäng-
lich, da sie das geforderte Rendite-Risiko-Profil
von Private Equity-Firmen nicht erbringen können.
■ In bestimmten Technologiefeldern (z.B. Renewable
Energies, BioTech oder auch Medizintech) ent-
steht nach der erfolgreichen Gründung in der
zweiten und dritten Finanzierungsrunde ein
erheb licher Kapitalbedarf. Diesen von Unter
nehmen nachgefragten Volumina steht vielfach
kein ausreichendes Angebot gegenüber, da die
maximalen Investitionsgrenzen pro Fall der öffent-
lichen Beteiligungsgesellschaften überschritten
werden.
Dokumentation der Veranstaltungsreihe
Die Einschätzung der Unternehmen zum
Wagniskapitalangebot ist verhalten positiv
Die Referenten der Veranstaltungsreihe konnten die
Befunde der Prognos Studie grundsätzlich bestäti
gen. Allgemein wurden die Fördermittel verfüg bar
keit und die Standortbedingungen in Ostdeutsch land
gelobt. Die geäußerten Erfahrungen der Unter
nehmen beim Einwerben von Wagnis kapital zeigen
aber, dass es „einfachere Standorte“ als Ost deutsch
land gibt, die sich durch mehr Busi ness Angels, mehr
Netzwerke, mehr Beteiligungs fonds, erfahrenere
Banken und damit einer höheren Verfügbarkeit von
Beteiligungskapital auszeichnen. Dennoch sind die
meisten Unternehmen überzeugt, dass Ostdeutsch
land aufgrund der hohen Universitätsdichte sowie
des Innovations willens der vielen kleinen und mittel
großen technologieorientierten Unternehmen ein
lohnender und zukunftsfähiger Standort ist.
Die im Rahmen der Prognos-Studie befragten Unter
nehmen zeigen Offenheit und große Akzeptanz
gegenüber Beteiligungskapital. 43% der Unter neh
men ohne Beteiligungserfahrung wären bereit, mit
einem Beteiligungsgeber zusammenzuarbeiten.
Die beteiligungserfahrenen Unternehmen würden
so gar zu 95% wieder mit einem Beteiligungs geber
zu sammenarbeiten.
Von den Unternehmen auf den Veranstaltungen
wurden Business Plan Wettbewerbe und Business
Angelnetzwerke als hilfreich bei Unternehmens
gründung und Gründungsfinanzierung genannt.
Dabei wurden nicht nur die Investments der Busi ness
Angel (Netzwerke), sondern gerade auch die inhalt
liche und fachliche Unterstützung gelobt, die mit
einer Beteiligung einhergeht.
Beteiligungskapitalgesellschaften erkennen
Chancen in Ostdeutschland aufgrund der
vitalen Gründerszene, sehen jedoch Schwierigkeiten
beim Fundraising
Der ostdeutsche Beteiligungskapitalmarkt weist in
einer Einschätzung von Herrn Dr. Peter Terhart, Vor
standsvorsitzender des Bundesverbandes Deutscher
Kapitalgesellschaften (BVK) sowie Alleinvorstand
der S-Refit AG, einige Besonderheiten auf.
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Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
Obwohl der ostdeutsche Beteiligungsmarkt noch
jung ist, liegt seine Stärke in den erfahrenen Teams
bei VC-Gesellschaften und Mittelstands finanzierern.
„Die Szene ist zwar klein aber sehr etabliert“, so Dr.
Terhart. Positiv zu beurteilen ist die Wettbewerbs
fähigkeit des ostdeutschen Mittelstandes. Es besteht
eine vitale Gründerszene und eine gute industrielle
Basis mit einem innovativen Mittelstand. In Feldern
wie IKT, Biotechnologie, Optik oder auch der Nano
technologie besteht eine hohe Wettbewerbs fähig
keit und häufig auch Technologieführerschaft.
Aufgrund von Nachfolgeproblematik, industriellem
Wandel und Spin-offs ist in den letzten Jahren eine
zunehmende Nachfrage nach anlassgetriebenen
Beteiligungskapital zu beobachten. Die starke Unter
stützung durch die öffentliche Hand, durch die
KfW Bankengruppe, des Bundes und der Fonds der
Bundesländer wirkt risikominimierend für private
Beteiligungsgeber und daher förderlich für Ost
deutschland als Standort.
Abbildung 4: Dr. Peter Terhart auf der Berliner Konferenz
Nahezu genau wie die Unternehmer schätzt der
BVK die Schwächen im Beteiligungsgeschehen in
Ostdeutschland ein. Problematisch ist, dass poten
zielle Gründer ostdeutscher Herkunft in der Regel
nur auf ein geringes Vermögen zurückgreifen kön
nen. Auch die drei FFF (founder, family & friends),
die in Westdeutschland mit ihrem Kapital eine
Unternehmensgründung ermöglichen können, sind
in Ostdeutschland häufig kapitalschwach. Hinzu
kommt, dass trotz des hohen Engagements der
öffentlichen Hand die Gründerberatung und
-netzwerke in der Fläche nicht ausreichend präsent
und noch zu wenig qualifiziert ist.
Ostdeutschland leidet wie Westdeutschland derzeit
unter den Schwierigkeiten von Private Equity Gesell
schaften beim Fundraising, das dazu dient neue
Private Equity-Fonds auflegen zu können. Zudem
gibt es in Ostdeutschland nur wenig institutionelle
Investoren. Generell merkte der BVK an, dass in
Deutschland die rechtlichen Rahmen bedin gun gen
weiter verbessert werden müssen, um wettbewerbs
fähig gegenüber anderer europäischer Länder zu
sein, wie Großbritannien, Frankreich oder Schweden.
Nachteilig sei insbesondere, dass kein einheitlicher
Private Equity-Kapitalmarktrahmen für die Regu
lierung und Besteuerung von deutschen Private
Equity-Fonds besteht.
2.3 Aktuelle Trends in der Beteiligungsbranche
Zu den aktuellen Trends in der Beteiligungsbranche
referierte auf jeder Veranstaltung zu Beginn ein
Vertreter des Branchenverbands BVK: Auf der Kon-
ferenz in Berlin Herr Dr. Peter Terhart, Vorstands-
vorsitzender des BVK, auf dem Regionalworkshop
in Leipzig Herr Dr. von der Osten (GoodVent Beteili-
gungsmanagement GmbH & Co). Wichtig war hier
die Feststellung, dass es Ende 2009 erste Anzeichen
einer Erholung auf dem Beteiligungskapitalmarkt
gibt, der Staat auch künftig eine wichtige Rolle auf
dem Beteiligungsmarkt in Ostdeutschland ein-
nimmt und die aktuelle Krise und Marktbereini gung
auch große Chancen mit sich bringt.
Abbildung 5: Entwicklung des Private Equity-Marktes in der Krise
Quelle: BVK 2009.
Im deutschen Private Equity-Markt zeigen sich Ende
2009 nach drei von der Finanz- und Wirt schafts krise
dominierten Quartalen erste Erholungs anzeichen:
In Folge der Wirtschaftskrise kam es 2009 zu deut-
lichen Marktkorrekturen auf dem deutschen Betei-
ligungs kapitalmarkt. Kennzeichen sind Schwie rig-
keiten beim Fundraising, erhöhter Kapitalbedarf
der finanzierten Unternehmen sowie mangelnde
Exitmöglich keiten (IPOs). Die Private Equity-Firmen
versuchen daher primär, ihre Portfoliounter nehmen
in der Krise zu stabilisieren, während Neu-Invest-
Dokumentation der Veranstaltungsreihe
ments im Hinter grund stehen. Lagen die Höhe der
Investi tionen im dritten Quartal 2008 deutschland-
weit bei 4.024 Mio. €, so gingen sie bis zum zweiten
Quartal 2009 auf 301 Mio. € zurück. Das Investitions-
volumen erreichte im dritten Quartal 837 Mio. € und
liegt damit deutlich höher als in den beiden Vor-
quar talen zusammen. Zum jüngsten Investitions-
anstieg haben insbesondere größere Finanzie rungen
bei etablierten Unternehmen sowie Buy-out-Trans-
aktionen beigetragen. Unbeein flusst bleibt der für
Ostdeutsch land wichtige Seed und Start-up Bereich.
Insgesamt scheint der deutsche Private Equity-Markt
aber die Talsohle durchschritten zu haben.
Staatliches Beteiligungskapital bleibt weiter wichtig:
Aus Sicht von Herrn Dr. von der Osten zeigen sich
aktuell Schwierigkeiten beim Fundraising für tech-
nologieorientierte Investitionen sowie beim Fund-
closing im Frühphasenbereich. Trotz erfolgreichem
Track-Records kann in vielen Fällen nur mit Hilfe von
öffentlichen Beteiligungskapitalgebern ein Closing
vollzogen werden. Die Renditen im Seed-Segment
sind häufig in Deutschland nicht attraktiv genug,
zudem kommen Technologie-, Marktein tritts- und
Managementrisiken erschwerend hinzu.
9
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
Dr. von der Osten prognostiziert, dass die Bedeutung
der Business-Angel im Start-up- und Seed-Bereich in
den nächsten zehn Jahren aufgrund eines fokussier
teren Einsatzes staatlicher Mittel zunehmen wird.
Geographisch liegt der Investitionsschwerpunkt vor
allem auf kleinen und mittleren Unternehmen in
industriellen Kernen. Regional differenziert konnten
nach BVK-Angaben im Jahr 2009 bis zum September
die neuen Länder nur wenige Unter nehmens finan
zierungen mit Private-Equity realisieren. Berlin und
Sachsen liegen im bundesweiten Länderver gleich
im vorderen Mittelfeld, jedoch belegen die anderen
ostdeutschen Bundesländer die letzten Plätze vor
Bremen und dem Saarland.
Aus Sicht der Beteiligungskapitalgeber liegt in der
aktuellen Krise und der Marktbereinigung eine große
Chance. Die verbliebenen liquiden Fonds sowie
erfolgreichen Beteiligungskapitalgeber sehen sich
einem geringeren Wettbewerbsdruck und besseren
Einstiegsbedingungen gegenüber. Ihre Wettbe
werbs position sowie ihr Standing gegenüber dem
3 Beteiligungsanbieter im Profil
Beteili gungskapitalnehmer haben sich verbessert.
Momentan sei es für die Geber relativ einfach, sich
an vielversprechenden Firmen zu guten Kondit
io nen zu beteiligen. Herr Dr. von der Osten hob
insbesondere die guten Bedingungen in Sachsen
und Ost deutschland hervor. Er lobte die guten
Förder möglichkeiten, die gute Infrastruktur und eine
hoch motivierte flexible „Workforce“, die Ost deutsch
land in der aktuellen Situation interessant macht.
Die Referenten geben jedoch den Unternehmern
zu bedenken, dass sie genau hinschauen sollen, mit
welchem Beteiligungs geber sie eine Partnerschaft
auf Zeit eingehen.
Wichtig für eine positive Entwicklung des ostdeut
schen Beteiligungsmarktes ist, dass informierte und
in der Region verwurzelte Beteiligungskapitalgeber
etabliert werden. Auf Seiten der Unternehmen
be steht die Chance, sich zuerst in der Region um
Kapi tal zu bemühen und diese Erfahrungen zu nut
zen, um sich in weiteren Schritten den europäischen
Beteili gungsmarkt zu erschließen.
Auf den Veranstaltungen stellten verschiedene Anbieter von Wagnis- und Beteiligungs kapital gesellschaften
ihre Ansätze, Finanzierungsangebote und Investitionsziele vor. Im Folgenden werden die Er kenntnisse der
Vorträge aufgegriffen und separat für einige wichtige Akteure, wie dem High-Tech Gründerfonds, weitere
staatliche Beteiligungs an bie ter, private Beteiligungsanbieter und Business Angel aufbereitet.
3.1 Wann steigt der High-Tech-Gründerfonds (HTGF) ein?
10
Der High-Tech Gründerfonds, eine Public Private
Partnership (PPP) des BMWi, der KfW sowie nam
hafter deutscher Industrieadressen, investiert seit
2005 Wagniskapital in junge, chancenreiche Techno
logie unternehmen. Er stellt für technologieorien
tierte Unternehmensgründungen das nötige
Start kapital zur Verfügung und sorgt für die erfor
derliche Betreu ung und Unterstützung des Manage-
ments. Mit dem HTGF sollte bewusst eine Lücke in
der Früh phasen finanzierung von technologieorien
tierten Unter nehmen geschlossen werden, weshalb
der Adres satenkreis Unternehmen sind, die ihre
Ge schäftstätig keit vor weniger als einem Jahr auf
genommen hat. Der HTGF richtet sich an kleine
Unter nehmen nach EU Definition (weniger als 50 Mit
arbeiter, Jahres bilanzsumme max. 10 Mio. EUR) mit
einem Firmen sitz in Deutsch land.
Ein wichtiges Auswahlkriterium für den HTGF ist ein
funktionierendes Managementteam, welches von
seiner Technologie und seinen Produkten über zeugt
ist. Die jungen Teams müssen noch nicht zwingend
über fundiertes betriebswirtschaftliches Know-how
verfügen, da der HTGF mit Per so nal beratungen
zusammenarbeitet, die bei der Suche nach einem
entsprechenden Wissensträger helfen.
Abbildung 6: Dr. Brandkamp, Geschäftsführer des HTGF, auf
der Konferenz in Berlin.
Zudem sollten ein strategischer Wettbewerbs vorteil
und ein gewisser Innovationsgrad erkennbar sein.
Ebenfalls sollte die Geschäftsidee einen nachvollzieh
baren Kundenutzen aufweisen. Aus strategischen
Gründen ist es sinnvoll, wenn die Antrags steller von
Anfang an erkennen lassen, dass sie die potentielle
Nachfrage im Blick haben. Ein Bewerber sollte zu dem
langfristig und realitätsnah planen, d.h. die Umsatz-
und Ergebnisschätzung plausibel vornehmen sowie
dabei der Exit möglich keit des Gebers bedenken.
Herr Dr. Brandkamp, Geschäftsführer des HTGF,
räumt Bewerbern die eher konservativ schätzen,
eine größere Chance auf eine Beteiligung ein.
Dokumentation der Veranstaltungsreihe
Wenn es zu einer Beteiligung durch den HTGF
kommt, so steht dem Kapitalnehmer ein großes
Netz werk mit Partnern aus der Wirtschaft, wie
BASF, Deutsche Telekom, Siemens, Daimler, Robert
Bosch oder Carl Zeiss zur Verfügung. Darüber hinaus
ko operiert der HTGF mit weiteren Wagnis kapital
gebern und Business Angeln. Die Mitarbeiter des
HTGF versuchen dabei, jedem Unternehmen den
passenden Support über erfahrene und akkredi tierte
Coaches zuteil werden zu lassen. Das Coaching
beginnt in der Regel bereits in der Phase der Ent
wicklung der Ge schäftsidee und endet mit dem
Er reichen der An schlussfinanzierung oder mit der
dauer haft gesicherten Eigenfinanzierung des Unter
nehmens aus dem Cash Flow.
Aufgrund des wenig entwickelten Business Angel-
Marktes in den neuen Ländern sieht Herr Dr. Brand
kamp über den HTGF hinaus zusätzlichen Bedarf an
Wagniskapital für die Frühphase. Gerade in schwie
rigen Zeiten investieren Wagniskapital geber sehr
risikoavers und versuchen, ihre bestehenden Betei
li gungen bestmöglich durch die Krise zu begleiten.
Das bedeutet, dass der Markt volumenmäßig kleiner
geworden und staatliches Wagnis kapital notwen
dig ist, um den Angebotseinbruch zu überbrücken.
Auch Herr Dr. Stefanovic, Geschäftsführer der MBG
Berlin-Brandenburg, sieht zudem eine Lücke bei den
An schlussfinanzierungen des HTGF: „Von den Banken
und den VC-Gebern will derzeit kaum jemand in dieser
Phase investieren. Der Staat sollte daher ein Teil des
Risikos bei der Anschluss finanzierung übernehmen.“
3.2 Welche weiteren staatlichen Beteiligungsanbieter gibt es?
Neben dem Bund sind auch die Bundesländer und die
Sparkassen als staatliche oder staatsnahe Akteure auf
dem ostdeutschen Beteiligungsmarkt aktiv. Durch
die Verzahnung von staatlichem Beteili gungs kapital
und öffentlicher Förderung steht jungen technolo
gieorientierten Unternehmen ein breites Spektrum
an Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Da staatliches Beteiligungskapital in der Regel an
private Kofinanzierung gebunden ist, werden somit
auch private Investitionen ausgelöst.
Akteure auf Seiten des Bundes
Auf Ebene des Bundes sind dabei in erster Linie als
Beteiligungsgeber die KfW Bankengruppe sowie der
HTGF zu nennen. Die KfW ist einer der wichtigsten
Player im öffentlichen Beteiligungsgeschehen für
deutsche KMU. An nahezu allen öffentlichen Fonds,
die auf Bund und Länderebene existieren, ist die
KfW beteiligt. Des Weiteren engagiert sich die KfW
mit mehreren Beteiligungsprogrammen sowohl
11
12
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
Abbildung 7: Durch Sven Afhüppe (Handelsblatt) moderierte Podiumsdiskussion in Berlin
im Early- als auch im Later-Stage Bereich im Beteili- stützung wird durch den ERP-Startfonds nicht gelei
gungsgeschehen. Die Finanzierungsprodukte der stet. Für die einzelnen Invest ments existiert kein
KfW Mittelstandsbank bewegen sich in den drei Mindest-, aber ein Maxi mal investitions volumen von
Be reichen Eigen kapital,
Mez zaninkapital und
Fremdkapital.
Auf der Konferenz in
Berlin stellte Herr Stein
metzer von der KfW den
ERP-Startfonds vor, der
insbesondere im Early
Stage Bereich Beteili
gungen vergibt.
Der ERP-Startfonds
richtet sich an junge
Unter nehmen, die zwi
schen einem und fünf
Jahre alt sind. Dabei ist
zwingend erforderlich,
dass ein privater Lead-
bzw. Co in vestor an dem
Invest ment beteiligt ist.
Abbildung 8: ERP-Startfond der KfW
Quelle: BVK 2009.
Der Fonds richtet sich an innovative, nach EU Defi
nition kleine Unter neh men, die eine starke Techno
logie orien tie rung auf weisen. Management unter
3 Mio. € pro Unter nehmen und 1,5 Mio. € pro Finan-
zie rungsrunde. Die folgende Abbildung verdeutlicht
die Struktur des Fonds.
Goal:
Leverage of private
investment capital
Principle:
Provision of matching
funds to a Lead-Investor
Volume:
250 million €
Kapitalbeteiligungsgesellschaften der
Bundesländer
Eine wichtige Rolle bei der Vergabe von Beteili
gungskapital übernehmen die Kapitalbeteili gungs
gesellschaften der Bundesländer, die in der Regel
über Landes- und EU-Mittel finanziert werden.
Große regionale Bedeutung haben zudem Beteili
gungs gesellschaften und -fonds der Sparkassen.
Die Be teili gungsgesellschaften der Länder arbeiten
als Manage ment- und Holdinggesellschaften und
betreuen verschiedene Beteiligungsfonds, die nach
bestimmten Kriterien, wie beispielsweise Branchen,
Unter nehmensgrößen oder Finanzierungsphasen
ausgerichtet sind.
Foto: CFH Beteiligungsgesellschaft
Herr Thomas Tettenborn,
Investment Director, stell
te die Angebote der CFH
Betei ligungsgesellschaft
mbH auf dem Workshop in
Leip zig vor. Gesellschafter
der in Leipzig ansässigen
CFH ist, seit der Übernahme
der Sachsen Bank, die
Landes bank Baden-
Württemberg. Insgesamt
stehen sieben Fonds mit unterschiedlichen Investi
tionss chwer punkten zur Unterstützung der regio
nalen Wirtschaft zur Verfügung.
Die CFH hat einen staken regionalen Investitions
fokus in und um Leipzig mit einem „3h-Radius“.
Investiert wird sowohl in der Früh- als auch in der
Spätphase in technologieorientierte Unternehmen
und in den etablierten Mittelstand. Darüber hinaus
legt die CFH mit dem „Fund of Funds“ Kapital in
andere Private-Equity-Fonds ein. Es werden sowohl
Mehr heits- wie auch Minderheitsbeteiligungen
vergeben. Bei der Unternehmensfinanzierung wird
direktes Eigenkapital, Mezzanine-Formen oder eine
Kombi nation aus direktem und wirtschaftlichem
Eigen kapital von der CFH eingesetzt.
Die bm-t beteiligungsmanagement thüringen gmbh
der Thüringer Aufbaubank ist eine weitere auf den
Veranstaltungen vertretene Kapitalbeteili gungs
gesellschaft eines Bundeslandes, die ihr An gebot auf
Dokumentation der Veranstaltungsreihe
dem Regionalworkshop in Jena vorgestellt hat. Eine
Übersicht über die Angebote der bm-t finden Sie in
Kapitel 4.1.
Sparkassenfonds leisten einen wichtigen Beitrag
für die regionale Wirtschaftsförderung
Sparkassen verfolgen bei der Beteiligung an jungen
Unternehmen neben der Erwirtschaftung einer
Rendite auch das Ziel der regionalen Wirtschafts
entwicklung. Ein Beispiel für eine Beteiligungs
gesellschaft der ostdeutschen Sparkassen ist die
S-Beteiligungen der Sparkasse Leipzig, die Geschäfts
führer Herr Reik Hesselbarth auf dem Workshop in
Leipzig vorstellte. Die S-Beteiligungen managet drei
Fonds mit einem Investitionsvolumen von 107 Mio. €
im Großraum Leipzig (150 km Radius um Leipzig).
Aufgrund der geringen Industrialisierung von
Leipzig hat die S-Beteiligungen eine überdurch
schnittlich große Offenheit gegenüber Investi tio nen
im Bereich der Dienstleistungen. Investiert wird
grundsätzlich in vielversprechende Projekte von der
Seed- bis zur Wachstumsphase. Der Anlage horizont
unterscheidet sich je nach Risiko. Bei hohem Risiko
(Seed /Start-up) wird ein kurzfristiger Anlage
horizont mit hartem Equity präferiert. Etablierte
Unter nehmen in der Wachstumsphase mit posi
tiven Cash Flows können aufgrund des niedrigeren
Risikos mit einer Finanzierungs mischung aus
direkter und stiller Beteiligung und einem längerem
Anlagehorizont rechnen.
Aussicht auf eine Beteiligung haben Unternehmen,
die sich durch ein qualifiziertes Management, ein
tragfähiges Unternehmenskonzept und gute Renta
bilitätsaussichten auszeichnen. Unter tragfähigem
Konzept versteht die S-Beteiligungen eine „klare,
nachvollziehbare Dokumentation der Situation,
Ziele und Wege“. Das Geschäfts- und Erlösmodell
sollte transparent dargestellt werden, die Skalier
barkeit, das Renditepotential und Wettbewerbs
vorteile aufgezeigt werden. Herr Hesselbarth wies
explizit darauf hin, dass ein offener Umgang mit
möglichen Risiken gewünscht wird. Nur so könne
der Kapital nehmer auch von den Erfahrungen des
Investors bei der Risikominimierung profitieren.
13
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
3.3 Was zeichnet private Beteiligungs kapital anbieter aus?
14
Noch vor dem breit aufgestellten staatlichen Betei
ligungsangebot, sind es vor allem private Akteure,
die Beteiligungen in Ostdeutschland eingehen. Ihr
Anteil am ostdeutschen Investitions volumen lag
im Schnitt der Jahre 2004 bis 2007 bei ca. 78% (An
gabe ohne Business Angel). Die Beteiligungsgesell
schaften refinanzieren sich in der Regel bei privaten
und institutionellen Investoren, legen Fonds
auf und investieren renditeorientiert. Neben der
Rendite orientierung werden Beteiligungen auch
vor dem Hinter grund von FuE-Kooperationen und
des Wissens zugangs (Corporate Venture Capital)
eingegangen. So legen auch technologieorientierte
Unter nehmen VC-Fonds auf oder gründen Beteili
gungs gesellschaften, um strategische Beteiligungen
einzugehen. Daher finden sich die Investitionen in
erster Linie in Unternehmen mit sehr hohen Wachs
tums chancen in erwarteten Zukunftsbranchen
wieder.
Unter den privaten Beteiligungsfirmen engagieren
sich in Ostdeutschland vor allem Gesellschaften aus
Westdeutschland. Von 192 identifizierten Beteili
gungs gesellschaften, die auf dem ostdeutschen
Markt tätig sind, sitzen ca. 51% in Westdeutschland,
24% im Ausland und 25% in Ostdeutschland.
Private Beteiligungsgesellschaften wie z.B. Early bird
oder die Hannover Finanz, die ihr Unter nehmen
auf den Veranstaltungen präsentierten, haben im
Gegensatz zu den staatlichen Gesell schaften einen
geringen regionalen Fokus und sind überregional
tätig. Das Angebot nach Investiti ons phasen und die
Branchenausrichtung können sowohl sehr spezifisch,
mit einer hohen Branchen expertise, als auch auf
ein breites Investitions spektrum ausgelegt sein.
Unternehmen, die Beteili gungskapital suchen,
müssen daher prüfen, ob der Fokus der Beteiligungs
gelellschaft zum Unter nehmen passt.
Earlybird Venture Capital GmbH & Co. KG mit Sitz
in Hamburg wurde 1997 gegründet und ist einer
der führenden Frühphasenfinanzierer in Europa.
Earlybird sucht Unternehmen mit herausragenden
Managementteams, die schnell wachsende
Technologieunternehmen mit hohem Potential
in internationalen Märkten aufbauen. Der derzei
tige Investmentfokus liegt bei Software, Halb
leiter technologien, Kommu nikationstechno
lo gien, Inter net basierende Dienstleistungen,
Cleantech und Medizintechnik. Frau Dr. Jung
betonte die Bedeutung der Management unter
stützung: „Early bird unter stützt die Entwicklung
seiner Unter nehmen nachhaltig bei der Bildung
der Managementteams, mit Rat in strategischen
und Produktfragen, durch die Schaffung inter
nationaler Investorenkonsortien, den Zugang zu
Großunternehmen und die enge Einbindung beim
Aufbau passender Exit-Möglichkeiten.“
Seit der Gründung hat Earlybird 58 Start-up-
Investitionen getätigt und dabei mitgewirkt,
dass 47 innovative Technologien und Geschäfts
konzepte erfolgreich eingeführt wurden. Es
konnten über 3200 Nettojobs generiert werden.
Private Gesellschaften bieten Unternehmen zudem
in unterschiedlichen Maß Management unter
stützung an. Auch die Art der Beteiligung variiert
nach Art und Phase. Es kann sich um eine Mehr
heits-, Minderheits-, oder strategische Beteili gung
und um Mischformen in den verschiedenen Phasen
handeln. Herr Dr. von der Osten (GoodVent Betei
li gungsmanagement GmbH & Co. KG) empfahl vor
dem Hintergrund niedrigerer Reisekosten und der
regionalen Verbundenheit von lokal ansässigen
Beteiligungsgebern möglichst im räumlichen Um-
kreis mit der Ansprache über Kontakte zu beginnen.
Erfahrungen, die auch bei negativem Bescheid
ge sammelt werden, helfen bei der Kontaktauf
nahme bei überregional tätigen Gesellschaften
(Näheres zu Empfehlungen worauf bei Ansprache
von Kapital gebern zu achten ist, siehe: „Do’s and
Don’ts“).
Bei den Veranstaltungen in Berlin, Leipzig und Jena
haben neben der Earlybird als privater Anbieter auch
die Hannover Finanz GmbH, die DEWB und die Nano
start AG ihre Investitionsschwerpunkte vorgestellt.
Das Profil der Hannover Finanz GmbH und der Nano
start AG finden sich im Kapitel Erfolgs geschichten
und Erfahrungsberichte aus den neuen Bundesländern.
Die Deutsche Effecten- und
Wechsel-Beteiligungsgesell
schaft AG (DEWB) mit Sitz
in Jena ist eine auf junge
tech no logieorientiert und
etablierte mittelständische
Unter nehmen spezialisierte
Be tei li gungsgesellschaft.
In ihrem Investitionsfokus
liegen wachs tumsstarke
Unter nehmen aus den
Bereichen der Photonik und
der Sensorik, die mit Eigenkapital, Expertise in der
Unter neh mens entwicklung und einem großen
Branchen-Netzwerk unterstützt werden.
Der Investitionsfokus liegt in den deutschspra
chigen Ländern. Seit 1997 hat die DEWB über 350
Mio. € in mehr als 55 Unternehmen investiert.
Bisher konnten 36 Beteiligungen wieder verkauft
und dabei Rückflüsse von 420 Mio. € realisiert
werden. Derzeit hat die DEWB ein Portfolio von
elf Unternehmen mit einem Beteiligungs volu men
von 36 Mio. €.
3.4 Was leisten Business Angel und Business Angel Netzwerke?
Was sind Business Angel?
Als Business Angels bezeichnet man Privat inves to ren,
die sich regelmäßig an einem nicht börsen notierten
Unternehmen beteiligen und über den reinen
Finanzbeitrag hinaus einen Mehrwert für das
je weilige Unternehmen in Form von inhaltlicher
Unterstützung erbringen. In der Regel handelt es
sich bei Business Angels um (ehemalige) Manager
oder Unternehmer. Im Bundesdurchschnitt sind
Business Angel um die 50 Jahre alt, verfügen über
rund 5 Mio. € Vermögen und investieren 100.000
€ pro Beteili gungs fall. Meist investieren Business
Angel in der Nähe ihres Wohnortes, da dies einen
intensiven Kontakt und ein effizientes Management
ermöglicht. Auf diese Weise leisten Business Angel
leisten einen wertvollen Beitrag zu der wirtschaft-
lichen Entwicklung ihrer Region. Darüber hinaus
investieren Business Angel überwiegend in Branchen,
in denen sie sich auskennen.
In Ostdeutschland sind bisher nur relativ wenige
Business Angel aktiv, die in der Regel geringere
Kapitalbeträge investieren können als westdeutsche
Investoren. Laut Angaben von Herrn Hoffmann von
TowerVenture kann in Ostdeutschland von üblichen
Beteiligungssummen zwischen 25.000 und 50.000 €
ausgegangen werden. In Einzelfällen und in be
stimmten Branchen gibt es jedoch auch deutlich
höhere Investments von Business Angeln.
Was leisten Business Angel?
Neben dem Motiv, Rendite zu erzielen, gibt es wei
tere wichtige Motive, die Business Angel antreiben.
15
16
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
Dazu können die Förderung junger Unternehmer,
die Freude am Unternehmertum, die Verbunden-
heit mit der Region oder die Affinität zu einer
Branche, in der sie selbst tätig waren, gehören.
Für Herrn Hoffmann ist folgendes Motiv führend:
„Business Angel brennen für ihre Heimat“.
Wertvoll für junge Unternehmen ist, neben dem
notwendigen frischen Kapital, dass Business Angel
ihre Erfahrungen, ihr Netzwerk und ihr Wissen
weitergeben. Denn nach einer Untersuchung
der Deutsche Ausgleichsbank scheitern Existenz
gründer zu 69% aufgrund von Finanzierungs mängel
und zu 48% an Know-how Defiziten. Ein Business-
Angel kann somit als „Türöffner“ zu interessanten
Partnern oder Abnehmern fungieren und bei der
Vermarktungs strategie helfen.
Bedeutung von Business Angel Netzwerken
Business Angel organisieren sich häufig in Netz
werken, um für kapitalsuchende Gründer besser
sichtbar nach außen zu sein und das Matching von
Kapitalgebern und -nehmern voranzutreiben.
Für kapitalsuchende Gründer haben Business Angel
Netzwerke eine enorme Bedeutung. Mit ihrer
häufig hohen Verbundenheit zum regionalen
Umfeld sind sie ebenfalls wertvoll für wirtschaft
liche Entwicklung von Regionen, das Gründungs
geschehen und regionalen Wirtschaftskreisläufen.
Dieser Tatsache ist es geschuldet, dass Herr Florian
Schweitzer, Mitbe gründer eines schweizerischen
Investorennetzwerks, die Key-Note-Rede auf der
Konferenz in Berlin gehalten hat.
Das Netzwerk BrainsToVenture AG (b-to-v) hat sich
seit dem Jahr 2000 durch intensive Zusammen
arbeit mit Investoren und Unternehmen zu einem
der führenden Investorennetzwerke Europas ent
wickelt.
B-to-v sucht erstklassige Unternehmen aus allen
Bereichen mit dem Ziel, in den finanzierten Unter
nehmen Werte zu schaffen und erstklassige Ren
diten für ihre Kunden zu erwirtschaften. Laut Herrn
Schweitzer nutzen
Investoren das Know
how von b-to-v und
werden von typisch
administrativen Auf
gaben entlastet. Im
Einzelnen hilft b-to-v
In vestoren gruppen,
die kritische Masse an
Beteili gungsmöglich
keiten zu ge ne rieren
und aktiv Mit glieder für die In vestorengruppe zu
ge winnen.
Zu Beginn seines Vortrages betonte Herr Schweitzer,
dass es zu erst ausreichend Gründer mit guten Ideen
bedarf, um Wagniskapital in einer Region wie Ost
deutschland zu stimulieren. Diese gibt es am ehesten
in einer innovativen offenen Gesell schaft, in der die
Akteure in erfolgreichen Clustern vernetzt sind. Das
Kapi tal ist prinzipiell räumlich ungebunden und
folgt guten Gründern. Privates Kapital kann durch
staatliche Mitteln sinnvoll ergänzt werden.
Herr Schweitzer ar bei tete in seinen Vortrag an
schließend her aus, was erfolgreiche Gründer aus
macht. Diese sind in der Lage, erstklassige Talente
für Ihre Idee einzubeziehen. Außerdem haben Sie
ihr Geschäftsmodel gut durchdacht, ein klares
Allein stellungsmerkmal (USP) herausgearbeitet u
nd die prinzipielle Durchführbarkeit ihres Vor
habens (proof-of-concept) belegt. Der Kunde sollte
dabei von Anfang an in die Entwicklung mit einbe
zogen werden.
Dokumentation der Veranstaltungsreihe
Netzwerk BrainsToVenture
Vorstand Florian Schweitzer
Sitz St. Gallen
Team 8
Partner Altium, Hoschke & Consorten,
PriceWaterhouseCoopers,
Investitionsschwerpunkte:
Wenger & Vieli, SIX Swiss Exchange
Die Investoren von b-to-v besitzen vertieftes
Wissen in den Bereichen: Internet & Mobile,
CleanTech, Wasser und Life Science
Tätigkeitsbeschreibung:
BrainsToVentures AG (b-to-v) dient unternehme
rischen Privatinvestoren, die ihr Kapital, Netz werk
und Expertise in schnell wachsende Unter nehmen
investieren. Durch diese gezielte Ver netzung des
Wissens der Investoren wurde ein neuer Weg in
der Beteiligungsbranche beschritten.
Beispielinvestitionen:
First1.de, Qype, Tokiva, Nanda Tech, Spinelab,
Quanta, Greenhanger
Erfolgreiche Business Angel sind laut Herrn
Schweitzer solche, die in die Märkte investieren,
in denen sie sich auskennen. Erfahrung und Know
how in Umsetzung, Strategie und Vertrieb schaffen
den Mehrwert, den sie jungen Unternehmen bieten
können. Neben dem Branchen-Know-how spielt das
persönliche Netzwerk eine entscheidende Rolle.
Die richtigen Kooperationspartner können den
Wert der Beteiligung schnell steigern.
17
18
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
Zwei ostdeutsche Business Angel Netzwerke im Profil
Die Business Angel Kultur hat begonnen, sich in Ostdeutschland zu etablieren und einige wenige Netzwerke
befinden sich gerade erst im Aufbau. Zwei weitere Netzwerke haben ihre Aktivitäten auf den Veranstaltungen
ausführlich vorgestellt.
Auf dem Regionalworkshop in Jena stellte Herr
Hoffmann, Mitglied des Vorstandes, die Idee der
TowerVenture eG, ein genossenschaftlicher Zusam
men schlusses von in Jena ansässigen Kapitalgebern,
vor. Zweck ist es, durch gemeinsame Investitionen
in zukunftsträchtige Geschäftsmodelle und einem
deutlich höheren Deal Flow für die Mitglieder, das
Risiko gegenüber Einzelinvestments zu senken. Die
TowerVenture besteht aus Fachleuten, die kaufmän
nische, juristische, technische und Entwicklungs
kompetenzen besitzen und über langjährige
Erfahrung in Finanzierung und Unternehmens
führung verfügen.
Herr Hoffmann betonte, dass Unternehmen bei
einer Beteiligung in den verschiedenen Entwick
lungsphasen immer auch mit „Intelligentem Be tei
ligungskapital“ unterstützt werden. Darunter
versteht er, ein möglichst breites Spektrum an kom
petenter Unterstützung. „Wir stellen den jungen
Unternehmen der Region Wissen und Kontakte
zur Verfügung.“ Als etablierter regionaler Investor
ist eine Investition der TowerVenture ein Signal an
andere Investoren und Partner, dass es sich um eine
vielversprechende Unternehmung handelt.
Netzwerk TowerVenture eG
Vorstand Reinhard Hoffmann
Firmensitz Jena
Genossen 12
Investitionsschwerpunkte:
Vorwiegend Informationstechnologie.
Grundsätzlich verschließt sich TowerVenture
jedoch keinem Technologiebereich.
Tätigkeitsbeschreibung:
Die TowerVenture eG befasst sich mit der
Finanzierung und Unterstützung von technolo
gieorientierten Unternehmen. Die Mitglieder der
Genossenschaft stellen den Beteiligungs unter
nehmen ihre unternehmerischen Erfah rungen,
ihre Kontakte und ihr Kapital zur Verfügung.
Beispielinvestitionen:
AdiCash, Tulex, Preisbock, Igniti, Tribax, Jena
Software GmbH, Scienova, Match2Blue
Herr Hoffmann schätzt an der Genossenschaft die
kurzen Entscheidungswege. „Das Team besteht aus
gleichberechtigten Mitgliedern, die alle an einem
Strang ziehen. Getroffen wird sich zum Mittag mit
dem Antragssteller und am Nachmittag wird der
Vertrag zur Beteiligung unterzeichnet.“
Der Business Angels Sachsen e.V. versteht sich als
eine Organisation mit der Aufgabe zur Förderung
und Weiterentwicklung innovativer Unternehmen.
Zur Erreichung dieser Ziele vermittelt der Verein
zwischen kapitalsuchenden Unternehmen, seinen
Mitgliedern, den rund 50 Business Angels, und ande
ren Partnern. Der Rahmen einer Beteiligung sieht
vor, dass Existenzgründern das benötigte Kapital,
Know-how und ein nützliches Netzwerk zur Ver
fügung gestellt wird. „Wir sind ein Netzwerk von
kom petenten und innovativen Unternehmern,
die über langjährige Erfahrung im Management
und über Kontakte zu privaten Personen (“Business
Angels“) und anderer Finanziers innovativer Unter
nehmen verfügen. Ferner helfen wir Unternehmen
in wirtschaftlichen Notlagen mit Kooperationen,
Kontakten und Erfah rungen.“ Als Gegen leistung
zu dieser Unter stützung partizipieren die Geber an
dem unternehmerischen Erfolg.
Frau Dr. Horezky
stellte auf dem Work
shop in Leipzig die
Melkus Sportwagen
GmbH als ein gelun
genes Beispiel vor:
Die Melkus Sport
wagen GmbH sprach
den Business Angels
Sachsen e.V. nach
erfolglosen Finan
zie rungsbemühungen in einer für sie schwierigen
Situation an. Nach den ersten Gesprächen zwischen
Melkus und dem Verein wurde den Mitgliedern des
Netzwerkes die Geschäftsidee präsentiert. Über das
Netzwerk des Vereins wurde ein passender Business
Angel gefunden (Hans-Jürgen Kagerer), der selbst
in der Auto mobilbranche als Unternehmer aktiv ist.
Heute, nach der Vorstellung des Prototyps eines
neuen Sportwagens auf der IAA, sieht sich die Melkus
Sportwagen GmbH mit gut gefüllten Auftrags
büchern auf Erfolgs kurs.
Dokumentation der Veranstaltungsreihe
Netzwerk Business Angels Sachsen e.V.
Vorstand Dr. Jutta Horezky
Sitz Dresden
Angel 50
Investitionsschwerpunkte:
Grundsätzlich in junge innovative Unternehmen
in allen Branchen Sachsens.
Tätigkeitsbeschreibung:
Stellen den Kontakt zwischen innovativen Unter
nehmern und Business Angels her, die ihre Netz
werke, ihr Wissen und Erfahrungen, sowie Fähig
keiten einbringen und investitionsbereit sind.
Potentiell erhalten Gründer und Unternehmer
Zugang zu ca. 50 Business Angel.
Beispielinvestitionen:
Melkus Sportwagen GmbH
19
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
4 Empfehlung für kapitalsuchende Unternehmen
und Gründer
4.1 Für wen eignet sich Wagniskapital?
20
Wagniskapital eignet sich grundsätzlich zur Stär kung
der Eigenkapitalbasis von Unternehmen aus einer
Vielzahl von Branchen und Technologie feldern. Die
Anlässe für eine Wagnis- und Beteiligungs kapital
finanzierung können sehr verschieden sein. Generell
kann dabei zwischen Early-Stage-Finan zierungen,
Later-Stage-Finanzierungen und Unter neh mens
übernahmen unterschieden werden (vgl. auch
Abbildung 4). Erstere bezeichnet die Bereitstellung
von Risikokapital zur Finanzierung von jungen
Unter nehmen oder Unternehmens gründungen. Die
Finan zierung mit VC dient vielfach der Ausreifung
und Umsetzung einer Idee in verwertbare Resultate
bis hin zu den Prototypen. Im Anschluss wird Kapital
benötigt, um die Prototypen serienreif zu machen
und auf den Markt zu bringen.
In der Later-Stage-Phase wird Wagniskapital typi
scherweise zur Finanzierung des Unternehmens
wachstums, d.h. zur Erweiterung der Produktion und
des Vertriebssystems, zur Produktdiversifikation
oder zur Stärkung der Marktdurchdringung, in An-
spruch genommen. Weitere typische Finanzie rungs
anlässe können die Übernahme eines Unter nehmens
(Buy-outs), Spin-offs und Unternehmens nachfolge
sowie die Vorbereitung eines Börsengangs sein.
Auswahlkriterien bei Beteiligungsanfragen
Die Kriterien zur Beurteilung von Beteiligungs an
fragen werden von allen Investoren auf den Ver
anstaltungen ähnlich eingeschätzt. Herr Köhler
von der DEWB betonte in diesem Zusammenhang:
„Ein Kapitalgeber sollte den Gründern nicht nur
das notwendige Kapital, sondern auch sein
Know-how zur Verfügung stellen. Es lohnt sich daher,
sich genau über das Portfolio und das
Team potenzieller Kapital geber zu informieren.“
Dr. Marion Jung, Earlybird Venture Capital GmbH
„Entscheidend ist ein kompetentes, überzeugend
auftretendes Managementteam mit komplemen
tären Fähigkeiten. Neben einer zielorientierten
ausdauernden Arbeitsweise ist die fachliche und
soziale Kompetenz sehr wichtig.“ Hinsichtlich der
Techno logie oder der Idee spielen mehrere Kriterien
eine Rolle. Laut Frau Dr. Jung von Early Bird sollte
es eine erste Evidenz für beginnendes Momentum
am Markt geben. Die Produkte sollten in der Regel
einen hohen Innovationsgrad und ein ausgeprägtes
Allein stellungsmerkmal (USP) besitzen. Darüber
Abbildung 9: Beteiligungskapitalgeber auf der Konferenz in Berlin
hinaus ist es wünschenswert, wenn bereits ein funk
tionsfähiger Prototyp vorliegt (proof of technology).
Die Kapitalgeber stellen sich zudem von Beginn an
die Frage nach dem Steigerungspotential des Unter
nehmenswerts und der Ertragskraft. Die In vestoren
wollen einen attraktiven und dem Investi tionsrisiko
angemessenen Beteiligungsertrag (Return on Invest
ment) durch die Veräußerung der Beteili gung am
Ende des Finanzierungszeitraums erzielen.
Die Glaubwürdigkeit, es mit der Unternehmung
ernst zu meinen, erhöht sich zudem durch eine an
gemessene eigene finanzielle Beteiligung beim
Unter nehmer und dessen Umfeld. Dr. Rückemann,
CEO der Heliatek, betonte
darüber hinaus die Bedeu
tung von Partnerschaften zu
Finanz gebern und andere
Akteu ren entlang der Wert
schöpfungskette, z. B. zu For
schungs institutionen und in
die Industrie.
Unter Berücksichtigung
der geeigneten Investi
tions kriterien eignet sich
Wagniskapital insbeson
dere für technologieori
entierte Unternehmen in
Zu kunftsbranchen, die sich
in der Start-up oder Wachs
tumsphase befinden. Hier
haben die Pro dukte ein
hohes Entwick lungs poten
tial und Fremd finan zier ung
über Banken ist aufgrund
des geringen Cash-Flows
oft nicht realisierbar. Aber auch für Mittel ständler
aus klassischen Wachs tumsbranchen wie dem
Maschinen- und Fahrzeugbau kann Be teiligungs
kapital beispielsweise bei einer Markt erweiterung
oder Produkt inno vation von Interesse sein.
Beteiligungskapital eignet sich insbesondere Unter
nehmen, die verwertbare Patente und Aussicht
auf marktfähige Produkte haben, denen aber das
Kapital zur Umsetzung fehlt. Herr Lücke, Geschäfts
führer der GILUPI GmbH, rät jungen Unternehmern,
möglichst viele Patente anzumelden. Somit steigt
die Chance, dass ein Beteiligungskapitalgeber ein
Pro dukt auch für vermarktungsfähig hält. Zum
anderen erhält der Unternehmer einen guten
Überblick, ob be reits Patente für ähnliche Produkte
existieren und was die Konkurrenz angemeldet hat.
Grundsätzlich stehen je nach Bedürfnissen der
Unternehmen verschiedene Beteiligungsgeber
oder Fonds zur Verfügung. Beispielhaft sei hier
die bm-t Beteiligungsmanagement thüringen
GmbH genannt, die vier verschiedene Fonds für
unterschiedliche Ziel gruppen aufgelegt hat.
Während der Thüringer Inno vationsfonds eher
auf junge innovative Unter neh men abzielt, ist
Abbildung 10: bm-t Fondsübersicht nach Finanzierungsphasen
Quelle: bmt Thüringen 2009, Vortrag auf dem Workshop in Jena am 24.11.2009.
der Thüringer Industrie beteili gungs fonds auf
Industrieunternehmen mit über durchschnittlichem
Wachstumspotential ausge-richtet.
Deutliche Unterschiede in den ostdeutschen
Zukunftsfeldern
Laut Herrn Flach von der Nanostart AG ist es je nach
Branche unterschiedlich aussichtsreich, Wag nis
kapital zu generieren. Dies hängt mit dem unter
schiedlichen Entwicklungsaufwand und der unter
schiedlichen Marktein füh rungsdauer zusammen.
So wird bei Unter neh men aus dem Bereich Nano
tech no logie in der Seedphase üblicherweise Beteili
gungs kapital in Höhe von 500.000 € bis 2 Mio. €
benötigt, während es bei Start-ups im IT-Bereich
ca. 200.000 € sind. Auch die Entwicklungs dauer
unterscheidet sich in den beiden Zukunfts feldern
deutlich. Unter neh men aus dem Bereich der Nano
technologie befinden sich in der Regel nach 5-8
Jahren in der Markt einführung. Start-ups aus dem
IT-Bereich sind hin-gegen schon nach zwei Jahren
profitabel.
21
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
4.2 Warum haben Beteiligungsgesellschaften so hohe Renditeforderungen?
22
Sowohl staatliche als auch private Beteiligungsgeber
betonten auf den Konferenzen, dass ihr Geschäfts
modell nur funktioniert, wenn sie in Unternehmen
mit sehr großen Potenzialen investieren, bei gleich
zeitiger Begrenzung der Risiken. Ziel ist die Parti zi
pation an einer erfolgreichen Unternehmens ent
wicklung durch die Wertsteigerung des Invest ments
in einem Zeithorizont von etwa drei bis acht Jahren.
Die Erfahrungen aus den letzten Jahren haben
gezeigt, dass etwa 30-50% der Beteiligungen
scheitern, was einem Totalverlust des investierten
Kapitals entspricht. Etwa der gleiche Teil an Unter
nehmen ist mäßig erfolgreich und bringt im Schnitt
das eingesetzte Kapital zurück. Solche Investitionen
werden als „Living Deads“ bezeichnet. Nur etwa
20% der Investments werden sog. „High Flyer“ und
bringen einen hohen Nettorückfluss. „Die High Flyer
müssen den Fonds verdienen“, so Frau Dr. Jung,
Principal von Earlybird, d. h. sie müssen die ver
lustreichen Invest ments überkompensieren.
Investoren sind nur bereit, Risikokapital bereitzu
stellen, wenn sie eine hohe Rendite erwarten dürfen.
Damit ein Fonds eine entsprechende Rendite auf
den Kapitaleinsatz über das Gesamtportfolio wäh
rend der Fondslaufzeit erbringen kann, so wurde an
einem Beispiel klar, müssen die 20% High Flyer Invest
ments eine erhebliche Wertsteigerung bringen, um
Ausfälle kompensieren zu können. Bei einem für
VC-Geber interessanten Unternehmen muss daher
vorstellbar sein, dass der Firmenwert von 6 Mio. €
zum Investitionszeitpunkt durch das Unter neh mens
wachstum auf 100 Mio. € ansteigt. Dies entspricht
jährlichen Renditen von 25% bis 30% p.a.
Gleichzeitig müssen die Risiken systematisch mini
miert werden, um die Erfolgsrate von 20% High Flyer
zu erzielen. Schon bei nur 12% statt 20% High Flyer
wird der Return der Investoren mehr als halbiert.
Was bedeutet dies für die Investitionskriterien eines
Beteiligungsgebers? In dem Vortrag von Frau Dr. Jung
wurde deutlich, dass ausschließlich in Unter nehmen
investiert wird, die erhebliche Wachs tums potentiale
vorweisen, weil sie Produkte mit Allein stellung
smerkmal haben und einen hohen Kunden nutzen in
einer Branche erbringen. Weiter ist ein skal ierendes
Geschäftsmodell mit profitablen reprodu zierbaren
Transaktionen in großen Märkten von Nöten.
Abbildung 11: 20% der Portfoliounternehmen erbringen die Rendite eines Beteiligungsfonds
Quelle: Earlybird 2009, Vortrag auf der Konferenz in Berlin am 27.10.2009.
4.3 Wie läuft eine Beteiligungsfinanzierung typischerweise ab?
Eine Beteiligungsfinanzierung
lässt sich typischerweise in
fünf Phasen einteilen. In der
Vorbe rei tungs phase findet
eine Vor prüfung der Anfrage
und eine Analyse des Business
Plans durch den Beteiligungs
kapital geber statt. Ist der Eigen
kapi talgeber von den Erfolgs
aus sichten des zu finanzie
renden Vorhabens überzeugt,
werden in einem sogenannten
Letter of Intent die wechsel
seitigen Ab sichten des Beteili
gungsengage ments festge
halten. Üblicherweise enthält
der Letter of Intent Aussagen
über die grundsätz lichen
Beteiligungs bedin gun gen des Eigenkapital gebers
sowie über Laufzeit und Umfang der Finanzierung.
Der Unternehmer wird im Gegen zug eine Erklärung
abgeben, keine Parallelverhand lungen mit dritten
potentiellen Kapitalgebern aufzunehmen. Je nach dem
Stand der Verhand lungen kann auch ein rechtlich
verbind-licher Vorvertrag das Ende dieser Phase bilden.
Anschließend wird der Eigen kapitalgeber im Rah men
einer Due Diligence das Unterneh men auf Herz und
Nieren prüfen und dabei besonders alle rechtlichen
Verhältnisse (Legal Due Diligence), Rechnungs
wesen, Bilanzen und Finanzdaten (Financial Due
Dili gence) sowie die gesamten wirtschaftlichen Aus
sichten des En gage ments unter Einbezug des Inno
va tionsgehalts des Unternehmens und des Wachs-
tumspotenzials (Business Due Diligence) kritisch
abklopfen. Bei Technologie-Unternehmen schließt
sich häufig eine gesonderte Patent- und Lizenz
recherche an. Auf der Basis der Due Diligence wird
der Eigenkapitalgeber eine Unternehmens bewer
tung vornehmen und ein Angebot über die Höhe
seiner Beteiligung abgeben.
Die Rechte und Pflichten der Beteiligten werden
sodann in einem ausführlichen Beteiligungsvertrag
festgehalten. Die Kapitalauszahlung ist dabei eng
mit den im Vertrag festgelegten Meilensteinen ver
Dokumentation der Veranstaltungsreihe
Abbildung 12: Wie läuft eine Beteiligungsfinanzierung typischerweise ab?
Quelle: bm-t Thüringen 2009, Vortrag auf dem Workshop in Jena am 24.11.2009.
knüpft. Beispiel: „Die dritte Auszahlung in Höhe von …
erfolgt, wenn mit dem Vertrieb der ersten Produkte
begonnen wurde.“ Der Eigenkapitalgeber wird sich
in jedem Fall vertraglich Mitsprache- und Kontroll
rechte sichern. Der Unternehmer sollte im Beteili
gungs vertrag auch die vom Eigenkapitalgeber zu
erbringenden Managementunterstützungs- und
Be ra tungsleistungen festhalten. Darüber hinaus
sollten auch Vereinbarungen getroffen werden
über die Geheimhaltung, ein Abwerbungsverbot
von Mit arbei tern des Unternehmers und gegebe
nenfalls Regelungen über die Möglichkeit, weitere
Investoren zu beteiligen.
In der Betreuungsphase, die je nach Unternehmen
und Branche zwischen 2 bis 10 Jahren liegt, wird das
Unternehmen stetig betreut und beraten. Zur Ver
meidung von Zielkonflikten empfiehlt es sich, auch
zu Beginn der Phase schon Aussagen über den Aus
stieg des Eigenkapitalgebers am Ende des En gage
ments (Exit-Strategie) gegebenenfalls unter Berück
sichtigung von Alternativ-Szenarien zu treffen.
Am Laufzeitende der Beteiligungsfinanzierung
steht der Ausstieg des Eigenkapitalgebers aus dem
Beteiligungsengagement, der sogenannte Exit.
Die häufig als „Königsweg“ angestrebte Variante
ist ein Exit durch Börsengang (IPO). Ist dieser
23
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
Weg versperrt, veräußert der Eigenkapitalgeber
seine Anteile an ein anderes Unternehmen bezie
hungsweise einen anderen Investor (Trade Sale).
Häufig gibt dann auch der Unternehmer Anteile ab
und realisiert einen Ver äuße r ungsgewinn. Unter
Secondary Purchase versteht man den Verkauf von
4.4 Do‘s and Dont’s im Finanzierungsprozess
24
Die Erfahrungen der Business Angel und Beteili
gungs finanzierer haben gezeigt, dass bei der Akquise
von Beteiligungskapital viele Fallstricke lauern. Ist
der Business Plan einmal fertig gestellt, so neigen
junge Unternehmer dazu, diesen als „Postwurf
sendung“ nach dem Gießkannenprinzip an mehrere
Beteiligungsgeber zu verteilen. Das ist aus Sicht
aller Beteiligungsgeber der falsche Weg der Erstan
sprache. Laut der DEWB werden überhaupt nur drei
Prozent der Business Pläne, die einfach per Email
eingehen, überprüft. Ein wesentlich erfolgsverspre
chender Weg zu Beginn der Unternehmung ist
eine ausführliche Recherche mögliche Beteiligungs
kapitalgeber. „Versuchen Sie, passende Investoren
zu ihrem Unter nehmen zu finden“, so Frau Dr. Jung.
Dabei hilft ein Blick auf das bestehende Portfolio
und den track-record des Beteiligungsgebers, da die
ser die Investi tionsschwerpunkte reflektiert.
Abbildung 13: .Teilnehmer des Workshops in Jena folgen
aufmerksam den Do‘s and Dont’s im Finanzierungsprozess
Sinnvoll ist es, sich über das Netzwerk des Beteili
gungsgebers zu erkundigen. „Fragen sie bei anderen
Anteilen einer Beteili gungs gesellschaft an andere
Beteiligungs gesell schaften.
Als weitere Variante kommt in Betracht, dass der
Unternehmer die Anteile des Eigenkapitalgebers aus
dem während der Beteiligungszeit erwirtschafteten
Cash Flow zurückkauft (Buy Back).
Portfoliounternehmen nach ihren Erfahrungen
mit dem jeweiligen Beteiligungsgeber“. Dies hilft
laut Herrn Flach von der Nanostart AG, seriöse
Beteiligungs gesellschaften von weniger seriösen zu
unterscheiden.
Auf allen drei Veranstaltungen wurde zudem davor
gewarnt, die Investorenansprache zu früh oder
unter Zeitdruck zu starten. Bevor man als junges
Start-up auf einen Investor zugeht, sollte man einen
aussagekräftigen und validen Business Plan ent
wickelt haben. Herr Köhler von der DEWB merkte
in diesem Kontext an: „Machen Sie keine unrealis
tischen Plan ungen und versprechen Sie nur das, was
Sie auch halten können.“
Wichtig ist zudem eine klare Vorstellung, wie mit
der Unternehmensidee Geld verdient werden kann.
Ein rein technologieorientiertes Denken ist eher
hinderlich. Florian Schweitzer von brains to ven
ture merkte hierzu an: „Sie sollten einem Investor
in fünf Minuten erklären können, wie sie mit Ihrer
Geschäfts idee Geld verdienen wollen. Sind Sie dazu
noch nicht in der Lage, so fokussieren Sie ihren
Geschäftsidee besser noch einmal, bevor sie weitere
Investoren ansprechen“. Als beteiligungserfahrener
Unternehmer betonte auch Klaus Lücke (GILUPI
GmbH), dass die Zielsetzung des Business Plans und
die Vermark tungs strategie entscheidend sind. „Man
sollte sich nicht verzetteln und versuchen, nur einen
Markt zu erobern“, so Herr Lücke.
Nach der Erstansprache sollten alle Leistungs träger
die Geschäftsidee in einem persönlichen Meeting
vorstellen. Die Management-Präsentation ist eine
entscheidende Hürde, da der häufigste Grund für
den Ausfall eines Engagements im Management
liegt. Mehrere Redner betonten den Faktor „Mensch“
Abbildung 14: Do‘s and Dont‘s im Finanzierungsprozess
Quelle: Earlybird 2009, Vortrag auf der Konferenz in Berlin am 27.10.2009.
bei der Auswahl der Portfoliounternehmen. So auch
Herr Hesselbarth von den S-Beteiligungen in Leipzig
„Wir würden lieber ein erstklassiges Management
mit einem zweitklassigen Business Plan finanzieren,
als umgedreht!“. Herr Tettenborn von der CFH hier
zu weiter: “Für uns sind hinsichtlich der Prüfung des
Managements die fachliche und betriebswirtschaft
liche Kompetenz, das unternehmerische Denken,
ein breiter Erfahrungshintergrund sowie die Belast
barkeit und Kooperationsbereitschaft von entschei
dender Bedeutung. Außerdem sollten in den ersten
Verhandlungsrunden auch negative Aspekte offen
und ehrlich kommuniziert werden. Das schafft Ver
trauen auf beiden Seiten.“
Zu einer realistischen Planung gehört außerdem,
nicht nur an die erste Finanzierungsrunde zu denken.
Dokumentation der Veranstaltungsreihe
„Die Erfahrungswerte zeigen, dass oft mehrere
Finanzierungsrunden notwendig werden. Außer
dem sollte bei der Prüfung durch den Beteili
gungs geber Zeit eingeplant werden. Diese kann
durchaus einige Monate in Anspruch nehmen.“ so
Bertram Köhler, Vorstandvorsitzender der DEWB in
Thüringen.
Neben Beteiligungskapital sollten unbedingt alter
native Finanzierungsquellen genutzt werden wie
Förderprogramme des Bundes oder Länder. Dies
reduziert den Bedarf an Beteiligungskapital und stei
gert die Seriosität des Unternehmens. Insbesondere
Herr Lücke und Herr Böringer hoben diesen Aspekt
in Ihren Vorträgen hervor. Die folgende Übersicht
von Earlybird fasst wesentliche Do‘s und Dont‘s im
Finan zierungsprozess übersichtlich zusammen.
25
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
5 Erfahrungsberichte mit Beteiligungskapital
aus Sicht von Kapitalnehmern und -gebern
5.1 Dyomics GmbH
26
Erfahrungen mit Beteiligungskapital –
ein Instru ment für jedes Unternehmen?
Vortrag von Dr. Peter Czerney
Die Dyomics GmbH ist ein Spin-off der Universität
Jena und wurde 1999 von Dr. habil. Peter Czerney
gegründet. Die Nähe und der Kontakt zur Universi
tät und den angrenzenden außeruniversitären FuE-
Instituten unterstützten die gute Entwicklung des
Unternehmens.
Die schwierigen Anfangsjahre
konnten zudem dank finan
zieller Beihilfen des Landes
Thüringen, des Bundes und
der Europäischen Union er-
folg reich gemeistert werden.
Neben diesen Finanzier ungs
instrumenten spielte vor
allem Beteiligungskapital eine Rolle. Die lokale
Risiko kapitalgesellschaft DEWB ermöglichte die
Gründung und das Wachstum der ersten Jahre.
Dr. Czerney betonte in diesem Zusammenhang die
regionale Komponente: „Die Präsenz von regio
nalen Beteili gungs gebern in Ostdeutschland schafft
Vertrauen und ist wichtig für die Wirtschaftsent
wicklung in Thüringen.“
Herr Dr. Czerney hat im Rahmen von Verhand lungen
mit Beteiligungsgebern aber auch durchaus ge
mischte Erfahrungen gemacht: „Mit fremdem Geld
steigt auch der Einfluss von außen. Beteili gungs
geber üben Druck aus, vorwärts zu gehen und neh
men im Zweifel auch Einfluss auf die Personalpolitik.
Die Anforderungen an das Unternehmensergebnis
nehmen zu. Entscheidend ist das gute Verhältnis
zum zuständigen Beteiligungsmanager.“
Unternehmen Dyomics GmbH
Gründung 1999
Firmensitz Jena
Mitarbeiter 11
Zukunftsfeld Biotechnologie
Tätigkeitsbeschreibung:
Die Dyomics GmbH fertigt neue, maßgeschnei
derte Produkte im Bereich der Bioanalytik.
Das Produktportfolio umfasst mehr als 50
verschiedene Farbstoffe für alle Life-Science-
Bereiche, angefangen bei Laser-Farbstoffen,
über Indikatorfarbstoffe bis hin zu Farbsoffen mit
extrem großen »Stokes–shift« (Abstand zwischen
Absorption und Emission). Die Produktpalette
umfasst dabei den kompletten Bereich des sicht
baren Lichts bis hin zum nahen Infra rotbereich.
Investor:
Deutsche Effecten- und Wechsel-Beteiligungs
gesellschaft AG (DEWB)
In den vergangen Jahren ist es der Dyomics GmbH
gelungen, eine breite Basis an Kunden zu gewinnen,
die sich von namhaften Universitäten bis hin zu
den größten Pharma-Unternehmen erstreckt. Das
Unter nehmen schreibt seit 2005 schwarze Zahlen
und generiert seit 2007 mehr als 70 % seiner Umsätze
außer halb von Deutschland.
5.2 GILUPI GmbH
Wagniskapital ermöglichte die Gründung der
GILUPI GmbH
Vortrag vom Geschäftsführer Klaus Lücke
Die GILUPI GmbH ist in den ersten drei Jahren nach
der Gründung stark gewachsen. Die Aufnahme von
Wagniskapital war ein wesentlicher Erfolgsfaktor
für diese Entwicklung. Eine erste Beteiligungsrunde
gab es im Juni 2007, als sich der HTGF mit 0,5 Mio. €
beteiligte. Herr Lücke bezeichnete die Zusammen
arbeit mit dem HTGF als unbüro
kratisch und schnell. In der
zweiten Finanzierungsrunde
investierten die Brandenburg
Capital GmbH, Aurelia Private
Equity GmbH und eine Spar
kassenbeteiligungsgesellschaft
3,5 Mio. €. Zu der Zusammen
arbeit mit den verschiedenen
Kapitalgebern merkte Herr
Lücke an: „Wichtig bei der Finanzierung mit Wag
niskapital ist, dass man seine Meilensteine einhält
und diese zuvor realistisch geplant hat.“
Für die erfolgreiche Entwicklung der GILUPI GmbH
waren neben Beteiligungskapital weitere Aspekte
von hoher Bedeutung. Dazu gehört die Nutzung
von FuE-Förderprogrammen wie bspw. das „Zentrale
Innovationsprogramm Mittelstand“ vom BMWi.
Herr Lücke betonte in diesem Zusammenhang: „Wag
niskapital war für unsere Entwicklung ebenso ent
scheidend wie die Nutzung von Förderprogrammen“.
Eine hohe Bedeutung hatten zudem Kooperationen
mit FuE-Einrichtungen. Durch die Verlagerung des
Standortes nach Potsdam-Golm gab es Kooperationen
mit dem Frauenhofer Institut für Biomedizinische
Technik (IBMT) und dem Fraunhofer Institut für
Angewandte Polymerforschung, ebenfalls beide
ansässig in Potsdam-Golm. Weitere Kooperationen
Dokumentation der Veranstaltungsreihe
Unternehmen GILUPI GmbH
Gründung 2006
Firmensitz Potsdam-Golm
Mitarbeiter 17
Umsatz 24 Mio. € (für 2010)
Zukunftsfeld Medizintechnik /
Tätigkeitsbeschreibung:
Nanotechnologie
Die GILUPI GmbH entwickelt auf Basis einer paten
tierten Technologie einen nanostrukturierten
Detektor, der durch Anbindung spezifischer
Antikörper in der Lage ist, sowohl auf dem Gebiet
der Pränatal- als auch Krebsdiagnostik zirkulieren-
de fetale bzw. tumorartige Zellen in vivo aus dem
Blut selektiv zu isolieren. Werdende Mütter und
Krebspatienten erhalten dadurch entscheidende
Informationen in Bezug auf die Gesundheit ihres
Kindes bzw. den Krebstherapieerfolg.
Investoren:
High-Tech Gründerfonds (HTGF)
BC Brandenburg Capital
Aurelia (Frankfurt)
bestehen zu Universitäten in Halle, München und
Polen sowie mit Unternehmen.
Die internationale Erfahrung von Herrn Lücke im
Bereich der Medizintechnik und die Zusammen
stellung eines Teams mit erfahrenen Mitarbeitern
waren weitere wichtige Erfolgsfaktoren.
27
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
5.3 Cuculus GmbH
28
Ausgründung aus der TU Ilmenau mit Hilfe
von Business Angel und dem High-Tech
Gründerfonds
Vortrag vom Geschäftsführer René Böringer
Die Cuculus GmbH ist ein Spin-off der TU Ilmenau.
Die Gründer Gunnar Scharfe und René Böringer
haben an der TU ihre ersten wissenschaftlichen und
unternehmerischen Erfahrungen gesammelt und
sich Ende 2006 entschlossen, die Cuculus GmbH
zu gründen. In der Startphase des Unternehmens
spielte Beteiligungskapital eine wichtige Rolle. Die
Grün dung im Januar 2007 erfolgte mit Hilfe eines
regionalen Business Angel. Der HTGF hat sich eini
ge Monate später mit einem Investitionsvolumen
von 0,5 Mio. € beteiligt. Eine genaue Planung und
Eintaktung der Finanzierungsrunden bezeichne
te Herr Böringer als wichtigstes Kriterium in der
Zusammenarbeit mit den Beteiligungsgebern.
Neben Beteiligungskapital hat die Cuculus GmbH
mehrere Förderprogramme (Innovationsassistent,
Einzelbetriebliche Technologieförderung und Zen
trales Innovationsprogramm Mittelstand) genutzt
und von der Unterstützung des Technologie- und
Gründerzentrums in Ilmenau profitiert.
Beratungsleistungen bildeten für die Cuculus GmbH
einen weiteren entscheidenden Baustein im Grün
dungs prozess. Wenn möglich
sollte die Beratungsleistung
laut Herrn Böringer von der
In vestition getrennt sein.
Die Klärung von Nutzungs
rechten an Patenten spielte im
Gründungsprozess der Cuculus
GmbH eine bedeutende Rolle.
Herr Böringer rät daher ande
ren Unterneh mern, frühzeitig
die Nutzungsrechte mit der
Unternehmen Cuculus GmbH
Gründung 2007
Firmensitz Ilmenau (Thüringen)
Mitarbeiter 10
Zukunftsfeld Smart Metering,
Heimautoma tisierung
(Smart Home)
Tätigkeitsbeschreibung:
Cuculus unterstützt Versorgungsunternehmen
bei der Bereitstellung von sog. Smart Meters,
in dem intelligente Zähler für Elektrizität, Gas und
Wasser mit einer stabilen IT-Plattform verbunden
werden, die mit den bestehenden Backend-
Systemen der jeweiligen Gesellschaften integriert
werden können. Zudem hat das Unternehmen
die erforderliche Infrastruktur entwickelt, um
das Management von Haushaltsgeräten („Home
Control“) für Ver sorgungsunternehmen und
Internet Service Pro vider (ISPs) zu unterstützen.
Investoren:
Business Angel
High-Tech-Gründerfonds (HTGF)
Yellow&Blue Investment Management B.V. und
ERP-Startfonds (KfW)
Universität zu klären. Zudem betonte er auch
die Wichtigkeit weicher Faktoren, wie die Unter
stützung aus dem privaten Umfeld oder Gehalts
verzicht in den ersten Jahren der Unternehmung.
5.4 SIOS Messtechnik
Erfahrungen mit Beteiligungskapital – ein
Instrument für jedes Unternehmen?
Vortrag vom Geschäftsführer Dr. Walter Schott
Die Firma SIOS Messtechnik ist Anfang der 90er
Jahre als Spin-off aus der TU Ilmenau hervorgegan
gen und seit knapp 18 Jahren am Markt. Es gibt fünf
Gesellschafter, allesamt Mitarbeiter oder ehemalige
Mitarbeiter der TU Ilmenau.
Die Finanzierung des Unternehmens basiert auf
einer inhabergeführten Struktur. Das Stammkapital
wurde gerade kürzlich von 30.000 € auf 300.000 €
erhöht, womit das Unter nehmen der guten Ent
wicklung der letzten Jahre Rechnung trägt. Des
Weiteren wurden Bank darlehen, Gesellschafter
darlehen und öffentliche Fördermittel genutzt.
Die SIOS Messtechnik
ist mehrmals mit
Beteili gungs gebern in
Verhand lungen ein
gestiegen, konnten
diese aber nie zu einem
Abschluss führen. Für
den Geschäftsführer
Dr. Schott hatte dies
mehrere Gründe: Neben dem sehr aufwändigen
Reporting sind die hohen Renditeforderungen der
Beteiligungs kapital geber von 15-30% in der Ver
gangen heit ein Argument gegen eine Aufnahme
von Beteiligungskapital gewesen. Zudem sprach
Herr Schott die hohen einzuräumenden Mitsprache
rechte an und äußerte die Befürchtung, dass die
Beteili gungskapitalgeber auf einen schnellen Exit
über einen Verkauf der profitablen Teile drängen,
„wenn es mal nicht so gut läuft“.
Dokumentation der Veranstaltungsreihe
Unternehmen SIOS Messtechnik
Gründung 1991
Firmensitz Ilmenau
Mitarbeiter 35
Umsatz 3 Mio. € (2008)
Zukunftsfeld Nanotechnologie
Tätigkeitsbeschreibung:
Die SIOS Messtechnik GmbH stellt laserinterfero
metrische und andere Präzisionsmessgeräte zur
Messung von Längen, Winkeln, Schwingungen
und abgeleiteten Größen wie Masse, Kraft und
Druck mit einer Auflösung von 0,1 nm her. Diese
Messgeräte finden Anwendung in Bereichen
Forschung und Entwicklung, Eich- und Kalibrier
wesen, Optikindustrie, Mikrobiologie, Halbleiter
industrie und Vermessung von Mikroteilen (MEMS,
Uhrenindustrie).
Erfahrungen mit Investoren:
Verhandlungen mit einigen öffentlichen und
privaten Beteiligungskapitalgebern
Trotz der persönlichen Erfahrungen sieht Herr
Schott in Beteiligungskapital eine interessante
Finanzie rungs alternative, die im Einzelfall geprüft
werden sollte. Gerade für junge technologieorien
tierte Unter nehmen ist Beteiligungskapital ein inte
ressantes Finanzierungsinstrument.
29
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
5.5 Heliatek GmbH
30
Wachstum eines CleanTech Unternehmens
zunächst mit Hilfe des High-Tech Gründerfonds,
dann mit privaten Investoren
Vortrag vom Geschäftsführer Dr. Andreas Rückemann
Die 2006 als Spin-off der Universitäten Dresden und
Ulm gegründete Heliatek GmbH hat in einer ersten
Finanzierungsrunde im Juni 2007 Beteiligungs kapi
tal von BASF und Bosch erhalten. Neben diesen zwei
strategische Investoren engagierte sich auch die
pan-europäische Venture Capital-Firma Wellington
Partners, bei der Gründung der HTGF und ein Busi
ness Angel.
Im November 2009 erhielt Heliatek in einer zweiten
Finan zierungsrunde unter Führung von Wellington
Partners eine Kapitalzufuhr von 18 Millionen Euro.
Weitere Investoren sind die RWE Innogy Ventures,
eCAPITAL entrepreneurial Partners AG, der Techno
lo gie gründerfonds Sachsen und GP Bullhound Side
car. Heliatek wird die neuen Mittel primär für den
Aufbau einer ersten Produktionsanlage in Dresden
nutzen.
Laut dem Geschäftsführer,
Herrn Dr. Rückemann, sollten
Beteiligungskapital und För der
mittel bis zur Produkt ein füh
rung und den ersten Um sätzen
genutzt werden. Da nach sollte
man den Punkt erreicht haben,
für Banken attraktiv genug
zu sein. Herr Dr. Rückemann
betont zudem die Bedeutung einer langfristigen
Produkt planung. „Eine klare Zielsetzung für die
nächsten Jahre erleichtert es schon vor der Produkt
ein füh rung, die richtigen Investoren für das Wachs
tum zu finden. Der Treiber sollte dabei der Markt
sein, nicht die Technologie.“
Zwei weitere Schlüsselfaktoren sind für Herrn Dr.
Rückemann die Bildung eines hoch qualifizierten
Unternehmen Heliatek GmbH
Gründung 2006
Firmensitz Dresden
Mitarbeiter 36
Umsatz wird ab Anfang 2012 erwartet
Zukunftsfeld Clean-Tech
Tätigkeitsbeschreibung:
Die Heliatek GmbH entwickelt organische Solar
zellen aus so genannten „kleinen Molekülen“,
organischen Farbstoffen, die chemisch aus
Kohlen wasserstoffen synthetisiert werden. Diese
Solar zellen zeichnen sich durch äußerst geringe
Kosten, kurze Energie-Rücklaufzeit und unbe
grenzt verfügbare Rohstoffe aus.
Investoren:
Wellington Partners
Corporate VC (Bosch, BASF Venture Capital und
RWE Innogy Ventures)
HTGF, Technologiegründerfonds Sachsen,
eCAPITAL entrepreneurial Partners AG,
GPBullhound
Teams, auch und gerade hinsichtlich der Ver mark
tung der Produkte, sowie ein geeignetes Forschungs-
und Entwicklungsumfeld. Das sogenannte Silicon
Saxony bietet hier exzellente Voraussetzungen für
die wirtschaftliche Entwicklung der Heliatek.
5.6 Trovotech GmbH
Erfahrungen mit Beteiligungskapital – ein
Instrument für jedes Unternehmen?
Vortrag vom Geschäftsführer Hans-Jürgen Voß
Die Trovotech GmbH hat sich 2000 auf Basis eines
Patentes gegründet. Die Produktidee basiert nicht auf
einer bestehenden Technologie, sondern auf einem
neuen technologischen Verfahren. Dabei werden
Glasschäume in einem kontinuierlichen Extru sions
verfahren hergestellt. Mit dem TROVO ® powder
und dem TROVO ® guard konnten in mehrstufigen
Verfahren bisher zwei Produkte hergestellt werden,
die in unterschiedlichsten Branchen wie dem Auto
mobilsektor zur Anwendung kommen.
Bis zur Entwicklung
des ersten Produktes
TROVO ® powder im
Jahr 2006 war es laut
dem Gründer Hans-
Jürgen Voss ein harter
Weg, der ohne die
Unter stützung öffent
licher und privater
Investoren nicht möglich gewesen wäre. Insgesamt
fünf Finanzierungsrunden ist Trovotech mit der IBG
Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt (heute
Goodvent Beteiligungsmanagement GmbH) einge
gangen. Daneben hat sie Mezzanindarlehen und
Genussrechtskapital von öffentlicher Seite nutzen
können.
Privates Venture Capital steht in den frühen
Entwicklungsphasen laut Herrn Voss nur unzurei
chend zur Verfügung. Umso wichtiger war es für die
Trovotech, etwa zehn private Investoren (Business
Angel) gewinnen zu können. Der Anteil privater
Finanzierung liegt heute bei knapp einem Drittel.
Dokumentation der Veranstaltungsreihe
Unternehmen Trovotech GmbH
Gründung 2000
Firmensitz Bitterfeld-Wolfen
Mitarbeiter 14
Zukunftsfeld neue funktionelle Füllstoffe
Die Trovotech GmbH hat zudem versucht, über
Corporate Venture die Entwicklung der Firma vor
anzutreiben, hier aber sehr gemischte Erfahrungen
gemacht.
und Biozide
Tätigkeitsbeschreibung:
Die Trovotech GmbH produziert funktio
nelle, amorphe, poröse Glaspartikel, mit einer
Größe von 1 bis 100 μm, aus extrudiertem
Glasschaum. Die Glaspartikel werden, auf
Grund ihrer Reaktivität, als Reaktionsinitiatoren,
Katalysatoren und Trägermaterial für anorga
nische Biozide in Kunststoffsystemen eingesetzt.
Investoren:
Goodvent Beteiligungs GmbH
Business Angel
Mezzanin- und Genussrechtskapital
Kritisch äußerte sich Herr Voss zudem zum Finan
zierungsinstrument Beteiligungskapital hinsichtlich
der Dauer der Finanzierungsrunden und der zum Teil
kurzfristige Sichtweise bei den In vestoren.
31
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
5.7 Hannover Finanz
32
Wachstumsfinanzierung der Aleo Solar AG
Vortrag vom Investment Manager der Hannover Finanz
GmbH, Jörg Bätjer
Die Hannover Finanz ist eine der ältesten Wagnis
kapitalgesellschaften in Deutschland, Seit über 30
Jahren ist sie Eigenkapitalpartner für den Mittelstand
gleich welcher Branche. Namhafte Unternehmen
wie Fielmann, Rossmann oder die technotrans AG
haben ihr Wachstum mit Beteiligungskapital der
HANNOVER Finanz Gruppe realisiert.
Ein positives ostdeutsches Bei
spiel ist die aleo solar AG, deren
Fertigung im brandenbur
gischen Prenzlau beheimatet
ist. Die Firma entwickelt und
produziert Solarmodule für den
deutschen und internationalen
Markt. Nach der Gründung im
Jahr 2001 erreichte die Firma
schon 2003 die Gewinnzone. In dieser Zeit führte
die Steuerpflicht auf Anlegerebene allerdings zu
Konflikten bei den Gesellschaftern, die sich im Laufe
weiter verstärkten und die weitere Entwicklung des
Unternehmens bedrohten.
Mit dem Einstieg von Hannover Finanz im Jahr
2005 wurde die Gesellschafterstruktur vereinfacht.
Ein innovatives Transaktions modell berücksichtigte
die Inte ressen aller Parteien und legte damit die
Grundlage für ein nachhaltiges Wachstum. Die
end gültige Lösung der Entschei dungsblockade im
Gesell schafter kreis bereitete den Börsengang im
Jahr 2006 vor.
Mit dem Börsengang 2006 flossen dem Unter
nehmen 38,5 Mio. € Eigenkapital zu. Die Entwick
lung in den Folgejahren war überdurchschnittlich.
Unternehmen HANNOVER Finanz
Gründung 1991
Firmensitz Hannover
Mitarbeiter 35
Portfolio Branchenübergreifend
Erfolgsbeispiel aleo solar AG, Clean-Tech
Tätigkeitsbeschreibung:
Die Hannover Finanzgruppe setzt sich aus der
Hannover Finanz GmbH und der HF Austria
zusammen. Insgesamt verwaltet die Gruppe zehn
verschiedene Fonds, die derzeit in 52 mittelstän
dische Unternehmen mit einem Beteiligungs
volumen von 425 Mio. € investiert sind.
Geschäftsbereiche:
Buy-Out / Buy-In: Leveraged Buy-out / Buy-ins
(insbesondere MBOs und Spin-offs / Carve
outs), Nachfolgeregelungen und Secondary
Transaktionen
Expansionsfinanzierung:
Klassische Expansionsfinanzierungen, Buy-and-
Build-Transaktionen und Pre-IPO Transkationen
Die Umsatz- und Mitarbeiterzahl hat sich nahezu
verdreifacht. Im Jahr 2008 haben 798 Mitarbeiter
einen Umsatz von 360,5 Mio. € erwirtschaftet. Im
Oktober 2009 folgte der Exit der Hannover Finanz
im Rahmen der Übernahme durch Robert Bosch.
5.8 bm-t beteiligungsmanagement
thüringen gmbh
Beteiligungsfinanzierung mit der bm-t
Vortrag vom Geschäftsführer der bm-t,
Dr. Guido Bohnenkamp
Als regionale Beteiligungsgesellschaft hat die
bm-t einen besonderen Fokus auf Investments in
Thüringen. Die Schilderung der Beispieltransaktion
der bm-t erfolgt anonym aufgrund der vereinbarten
Vertraulichkeit im laufenden Verkaufsprozess.
Das Unternehmen aus dem Bereich IKT wurde im
Jahr 2006 mit Hilfe von Business Angels und institutio
nellen Investoren gegründet. Im selben Jahr finan
zierte die bm-t die Forschung und Entwicklung des
Start-up-Unter-nehmens über eine stille Beteiligung
mit 0,5 Mio. € aus dem Thüringer Innovationsfonds.
Aufgrund der großen Potentiale des Unternehmens
ging die bm-t 2008 mit einem weiteren Fonds eine
offene Beteiligung ein, das Unternehmen erhielt
darüber 1,0 Mio. € zur Finanzierung des weiteren
Wachstums.
Im Fortgang traten Schwie rig
keiten in der Geschäftsentwick
lung auf, die zunächst zur Ab
erkennung eines Auszahlungs
meilensteins und letztlich zu
einem Wechsel in der Geschäfts
führung führten. Laut Dr. Bohnen
kamp ist ein solcher Schritt sel
ten und kommt nur bei ca. 10% der Portfoliounter
nehmen vor. In diesem Fall konnte der Wechsel aus
dem Unternehmen heraus dargestellt werden, in
dem einer der Gründer erfolgreich die Geschäfts
führung übernahm und die operative und strate
gische Entwicklung wieder auf Kurs brachte.
Inzwischen ist das Unternehmen international u. a.
mit Projekten in Asien und Nordamerika erfolgreich.
Derzeit wird ein Joint Venture mit einem strate-
Dokumentation der Veranstaltungsreihe
Unternehmen beteiligungsmanagement
Gründung 2003
Firmensitz Erfurt
Mitarbeiter 14
thüringen gmbh
Portfolio branchenübergreifend
Erfolgsbeispiel „Anonym GmbH“, IKT
Tätigkeitsbeschreibung:
Die bm-t ist eine Universalbeteiligungs gesell
schaft mit regionalem Schwerpunkt in Thüringen.
Die Investmentmanager der bm-t verfügen in den
Bereichen Elektronik / Mikroelektronik / Opto
elektronik, Life Science, IT / Media, Maschinenbau
/ Automatisierungstechnik und Werkstofftechnik
über besondere Erfahrung.
Geschäftsbereiche:
Die bm-t begleitet Unternehmen in den Phasen
Start-up bis Expansion mit stillen oder direkten
Minderheitsbeteiligungen. Die Beteiligungen
sind zeitlich begrenzt und renditeorientiert.
gischen Partner angebahnt, der auch die Anteile der
bm-t übernehmen wird. Die bm-t hatte zuvor über
eine weitere kleine Finanzierungsrunde den Weg
für die Verhandlungen bereitet. Der neue Investor
verfügt sowohl über die Branchenerfahrung und
das Netz werk, als auch über den notwendigen finan
ziellen Hintergrund, um das Unternehmen bei der
Inter nationalisierung entscheidend voranzubringen.
33
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
5.9 Nanostart AG
34
Finanzierung der MagForce
Nanotechnologies AG
Vortrag von Michael Flach,
Investment Associate der Nanostart AG
Die Finanzierung der MagForce Nanotechnologies
AG, dem weltweit führenden Unternehmen auf dem
Gebiet der nanotechnologischen Krebsbekämpfung,
ist ein Erfolgsbeispiel für eine Blockbuster-Techno
logie, die mit Venture Capital zur Marktreife ge bracht
wurde.
In mehr als 20 Jahren Forschungs-
und Entwicklungsarbeit hat das ost
deutsche Unternehmen eine Thera-
pie entwickelt, um Krebs wirksam
und gleichzeitig sehr schonend zu
bekämpfen. Seit sechs Jahren be
steht eine enge Partnerschaft mit
der Nanostart AG. Nach dem Rückzug des ersten VC-
Gebers beteiligte sich die Nanostart AG im Rahmen
einer ersten Finanzierungsrunde 2004 mehrheitlich
an dem Unternehmen, einem Spin-off der Berliner
Charité. Gerade zu Beginn hat die Nanostart vor
allem beim Aufbau professioneller Strukturen für die
Zulassungsprozesse mitgewirkt. In den Folgejahren
gab es weitere Finanzierungsrunden, in denen Kapi
tal bereitgestellt wurde. Neben der finanziellen Unter
stützung hat die Nanostart AG das Unter nehmen
beim Börsengang im Jahr 2005 begleitet und bei der
Besetzung des Vorstandes unterstützt. 2009 wurde
die klinische Studie der MagForce AG zur Behand
lung des Glioblastoms, dem bei Erwachsenen häu
figsten Hirntumor, erfolgreich abgeschlossen und
die EU-Zulassung eingereicht. Mit der Erteilung der
Zulassung wird für das erste Halbjahr 2010 gerechnet.
Die Nanotechnologie ist eine junge Querschnitts
technologie mit Rückwirkungen in die naturwissen
schaftliche Grundlagenforschung. Die Herausforde
rungen an ein Investment im Bereich der Nano techno
logie sind laut Michael Flach vergleichsweise hoch
für alle Beteiligten. Der Kapitalgeber muss das jewei-
Unternehmen Nanostart AG
Gründung 2003
Firmensitz Frankfurt, Zweigstelle in Berlin,
Mitarbeiter 13
100%-Tochter in Singapur:
Nanostart Asia Pte Ltd
Portfolio Nanotechnologie
Erfolgsbeispiel MagForce AG
Tätigkeitsbeschreibung:
Die Nanostart AG wurde 2003 gegründet. Das
Unter nehmen ist die führende Nanotechnologie-
Beteiligungsgesellschaft. Insgesamt hält das Unter
neh men zehn Beteiligungen, inklusive einiger
der weltweit vielversprechendsten Nanotech-
Unternehmen.
Geschäftsbereiche:
Die Nanostart identifiziert junge, aussichtsreiche
Unternehmen, die ein herausragendes nanotech
nologisches Produkt oder Verfahren kommerziali
sieren möchten. Als global agierender Wachs
tumsfinanzierer investiert die Nanostart AG in
Phasen, in denen das Wachstum und die Wert
steigerung der Unternehmen am schnellsten und
damit am profitabelsten sind.
lige nanotechnologische Produkt oder Verfahren
verstehen und bewerten. Dem jungen zumeist
wissenschaftlich orientierten Management fehlt
dagegen oft das Marktverständnis und das Vermark
tungs-Know-how. Neben dem hohen Investitions
bedarf liegt eine weitere Herausforderung in den
Forschungs- und Entwicklungsphasen deren Länge
oft nur schwer abzuschätzen ist.
Dokumentation der VVeranstaltungsreihe
eranstaltungsreihe
6 Innovative Bankenfinanzierung zur Komplementierung
des ostdeutschen Beteiligungsmarktes
6.1 Zusammenspiel von Bankenfinanzierung und Wagniskapital im optimalen
Finanzierungsmix
Die Finanzierung von innovativen unternehme
rischen Aktivitäten beruht üblicherweise auf einem
Mix von Eigen- und Fremdkapital. In Deutschland
ist dieses System traditionell stark von einer Banken-
bzw. Fremdkapitalorientierung und dem Haus
bankensystem geprägt, auch wenn der Trend seit
einiger Zeit in Richtung einer stärker kapitalmarkt-
und eigenkapitalorientierten Finanzierung geht.
Gleichwohl kann noch nicht davon gesprochen
werden, dass das deutsche (kontinentaleuropäische)
Finanzie rungssystem mit dem angelsächsischen
konvergiert. Nach wie vor ist die Fremdfinanzierung
über Banken und Sparkassen für Investitionen in
Betriebsmittel, Firmenerweiterungen und innova
tive Tätigkeiten für deutsche Unternehmen notwen
dig. Für die Kreditfähigkeit eines Unternehmens
ist jedoch ein ausreichendes „Eigenkapitalpolster“
Voraussetzung, und nicht jedes
Unternehmen ist kreditfähig, denn
in der Forschungs- und Entwicklungs
phase eines jungen Unternehmens,
in der noch keine Umsätze erzielt
werden, kann wegen mangelnder
Cash-Flows auch kein Zinsdienst
ge leistet werden.
Hier besteht die Brücke zwischen
Wagniskapital- und Bankenfinan
zierung bzw. zwischen Eigen- und
Fremdkapital. Denn eine Finanzie
rung mit Wagniskapital bedeutet
eine Stärkung der Eigenkapital
quote eines Unternehmens und
ermöglicht damit in vielen Fällen
erst überhaupt, dass Unternehmen
einen Kredit aufnehmen können.
Venture Capital bzw. Wagnis- und
Betei li gungs kapital leistet einen
wichtigen Beitrag, dass junge und
innovative Unternehmen kredit
fähig werden. Denn Kredite kommen erst in späte
ren Unternehmensphasen in Betracht, wenn nennens
werte Umsätze erwirtschaftet werden und auch nur
dann, wenn als Risikopuffer ausreichendes Eigen
kapital vorhanden ist.
Alternative Finanzierungsformen wie Wagnis
kapital gewinnen in Ostdeutschland nur langsam
an Bedeutung. Anders als gemeinhin vermutet,
so belegte Klaus Wagner-Wieduwilt, geschäfts
führendes Vorstandsmitglied des Ostdeutschen
Bankenverbands, auf der Berliner Konferenz, ist die
Kreditvergabe an Unternehmen und Selbständige
in Ostdeutschland in der Finanzkrise nicht oder nur
geringfügig zurück gegangen.
Dazu beigetragen hat zweifelsohne auch die ver
-besserte Eigenkapitalausstattung ostdeutscher
Unternehmen, die die zentrale Schlüsselgröße beim
Abbildung 15: Entwicklung der Kredite an ostdeutsche Unternehmen
Mrd. €
60
50
40
30
20
10
0
41,00 42,28 41,78
11,26
2,73
7,89
19,12
9,82
3,03
8,03
3,23
Ostdeutschland (ohne Berlin)
42,80
8,44
3,33
7,87 8,35 8,46
21,57 22,17 22,58
März 2006 März 2008 Sep. 2008 März 2009
Private Banken Sparkassen Genossenschaften Sonstige
Quelle: Ostdeutscher Bankenverband e.V. (Bestände am Quartalsende, Quelle: Deutsche Bundesbank)
35
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
quanti tativen Rating für kreditsuchende Unter
nehmen ist. Neben qualitativen Ratingkriterien wie
Manage ment, Personal oder Marktposition sowie
einem Branchenrating sind Angaben zum Jahres
abschluss und zur Liquidität unerlässliche Größen
im Bewertungsprozess durch Fremdkapitalgeber.
Ost deutsche Unternehmen sind, das belegen die
Zahlen der Prognos-Studie zum Wagnis- und Beteili
gungs kapitalmarkt in Ostdeutschland, in quantita
tiver Hinsicht keinesfalls schlechter aufgestellt als
ihre westdeutschen Pendants.
Für einen verbesserten Finanzierungsmix und die
Stärkung der Eigenkapitalquoten bedarf es indes
wichtiger Voraussetzungen. Aus Sicht des Ost
deutschen Bankenverbandes ist das zum einen
die Ab schaffung der steuerlich unattraktiven
Behand lung von Eigenkapitalbildung gegenüber
Fremd kapital bildung. Zum anderen ist ein offener
Aus tausch zwischen Kapitalnehmern und Kapital
gebern über Stärken und Schwächen des kredit
suchenden Unter nehmens unerlässlich. Erst aus
6.2 Innovative Produkte von Banken
36
Neben der Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung
sind die traditionelle Kredit- und Bankenfinan zie
rung sowie innovative Finanzierungsformen (Nach
rangdarlehen, stille Beteiligungen, Genuss rechte,
Wandelanleihen etc.) wichtige Bausteine im Rahmen
des optimalen Finanzierungsmixes, die stark inein
an der greifen. Einfluss darauf, welches das passende
Finanzierungsinstrument für ein Unter nehmen ist,
hat neben der Finanzierungsphase insbesondere
auch der Verschuldungsgrad eines Unter nehmens.
Betont wurde von allen Referenten, dass für die
Optimierung der Gesamtfinanzierung die Nutzung
von ergänzenden Finanzierungsbausteinen (z.B.
Bürgschaftsbank, Beteiligungsgesellschaft, Förder
banken, innovative Finanzierungsangebote der
Banken, Factoring, Leasing) unverzichtbar ist.
Michael Steinmetzer, Leiter des Projektes „Netzwerk
Innovationsfinanzierung“ in der KfW Bankengruppe,
betonte in diesem Zusammenhang auch die Bedeu
tung der KfW-Kredite: Nach dem Durchleitungs
prinzip der KfW müssen Unternehmen einen Kredit-
dieser Offenheit resultieren Optionen zur Integra
tion innovativer Finan zie rungsinstrumente.
Zweifelsohne ist und bleibt ein tragfähiges Geschäfts
konzept, unterlegt durch entsprechende Ist-Zahlen,
eine notwendige Voraussetzung. Hin reichend wirk
sam werden externe Fremd- und Eigen kapitalangebote
im Zusammenspiel mit innovativen Finanzierungs
formen für ein Unternehmen aber erst dann, wenn
sowohl Unternehmen als auch Hausbank einen regel
mäßigen und vorbehaltlosen Informa tions austausch
pflegen. Dazu gehört auch die Überwindung von
Vorbehalten gegen Beteili gungskapital als strate
gisches Instrument der Unternehmens finanzierung.
Hier sind beide Seiten gefordert. Mithin ist Know-how
bei der Unter nehmens finan zierung sowie Finanz
kommu nikation ein Gebot der Stunde, sollen Finanzie
rungs instrumente wie Wagnis- und Beteiligungs
kapital oder Mezzanin kapital verstärkt in unterneh
merische Gesamtfinan zierungskonzepte Eingang
finden.
antrag bei ihrer Hausbank stellen, die den Antrag
an die KfW weiterleitet und den Kreditvertrag
abschließt. Auf diese Weise wurden seit der Wende
Unternehmerkredite in Höhe von 2,8 Mrd. € an ost
deutsche Mittelständler vergeben.
Finanzierungsgrundlage für Unternehmens
gründer und junge Unternehmen müssen in erster
Linie Eigenkapital sowie Förderzuschüsse sein.
Aufgrund fehlender Umsätze und Erträge bei Jung-
unternehmen in der Forschungs- und Entwick lungs
phase existieren keine Free Cash Flows, die für Zins-
und Tilgungszahlungen verwendet werden können.
Eine Kreditfähigkeit ist daher (noch) nicht gegeben
und Bankkredite kommen daher vorerst nicht in
Betracht.
Bei Unternehmen in der Wachstumsphase und
etablierten Mittelständlern kommen zusätzlich
zu Eigenkapital stärkenden Finanzierungs instru
menten weitere innovative Finanzierungsformen
in Betracht, deren Eignung jedoch vom Verschul
dungspotenzial eines Unternehmens abhängt.
Die Höhe und zeitliche Struktur der Free Cash
Flows bestimmt das tolerierbare Ver schuldungs
potenzial und die in Frage kommenden
Finan zierungsinstrumente
Martin Heinel, Leiter des
Financial Engineering Center
Ost der Commerz bank,
machte auf dem Workshop
in Leipzig an hand der Höhe
des Free Cash Flows deutlich,
wie groß nach Kapitalmarktansatz
das tolerierbare
Verschuldungs poten zial
eines Unternehmens ist. Maßgeblich für Banken ist
hier der abgezinste Wert der nachhaltigen betrieblichen
Free Cash Flows (FCF), denn dieser steht für
den Schuldendienst (Zins und Tilgung) über die
nächsten Jahre zur Verfügung. Aus den FCF muss
ein Unternehmen seine betrieblichen Schulden in
Dokumentation der Veranstaltungsreihe
einem Null-Wachstum-Szenario über eine Frist von
fünf bis sieben Jahren verzinsen und theoretisch
vollständig zurückzahlen können. Kreditzusagen
sind selbstverständlich auch mit längerer Laufzeit
möglich, jedoch sollten die FCF kalkulatorisch zu
jeder Zeit die Kredite je nach Branche binnen fünf
bis sieben Jahren tilgen können.
Eine weitergehende Kreditvergabe setzt die fundierte
Kenntnis des Geschäftsmodells des Unternehmens
voraus und erfolgt in Anerkennung sicher
erwarteter Ertragssteigerungen und/oder werthaltiger
Sicherheiten.
Das Verschuldungspotenzial eines Unternehmens
lässt sich, wie Christoph Breuch, Leiter Structured
Finance der Deutschen Bank, ausführte, auch nach
dem Verhältnis von Senior Debt zu EBITDA (Ergebnis
vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen) beurteilen.
Liegt das Verhältnis niedriger als 2,3 (Rating BBB)
und damit im Bereich des „Investment Grades“,
dann stehen die Aussichten gut bei einem Kredit-
Abbildung 16: Tolerierbares Verschuldungspotenzial in Abhängigkeit von der Summe der abgezinsten Free Cash Flows
Quelle: Workshop-Vortrag der Commerzbank AG. Die blaue Kurve stellt den Gegenwartswert der künftigen FCF über verschiedene Zeiträume
dar. Die Summe aller abgezinster FCF entspricht dem Firmenwert. Der Gegenwartswert der FCF über 5-7 Jahre ist ein Indikator für das maximale
Verschuldungspotenzial.
37
38
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
antrag. Das Rating ist auch maßgeblich für die Kredit
konditionen, die eine Geschäftsbank einem Unter
nehmen gewährt.
Wichtige Erkenntnis: Sind bereits betriebliche
Kredite in Höhe des maximalen Verschuldungsgrads
(Gegenwartswertes der künftigen FCF) aufgenom
men, so besteht kein weiterer Kreditspielraum.
Zu sätzlicher Kapitalbedarf kann dann nur auf zwei
andere Arten gedeckt werden:
■ Zum einen können zusätzliche Finanzierungs
mittel durch Zufuhr von weiterem Eigenkapital
ge wonnen werden. Zusätzliches Eigenkapital führt
auch über einen geringeren Verschuldungs grad
zu erleichterten und zusätzlichen Kreditauf nahme
möglichkeiten
■ Zum anderen kommen innovativen Finanzie rungs
formen (z.B. die Aufnahme von Mezzaninkapital
wie Nachrangdarlehen) in Frage.
Prinzipiell, so führte Frau Dr. Tanja Zschach, Leiterin
Firmenkundengeschäft Deutsche Bank in Thüringen,
auf dem Workshop in Jena aus, lassen sich die Finan
zie rungsoptionen eines Unternehmens in Eigen
kapitalinstrumente, Fremdkapitel und Mischformen
(Mezzaninkapital) unterteilen. Mezzaninkapital ist
ein Sammelbegriff für hybride Finanzierungs instru
mente (z. B. Genussrechte, Nachrangkapital, stille
Be tei ligungen), die ihrem Wesen nach zwischen
Eigen kapital und Fremdkapital anzusiedeln sind.
Sie zeichnen sich durch eine deutlich höhere, teils
erfolgs abhängige Verzinsung aus, besonders aber
durch die vereinbarte Nachrangigkeit gegenüber
anderen Gläubigern im Insolvenzfall. Die Eigen
kapital posi tion wird durch Mezzaninkapital gestärkt
und damit auch das Kreditaufnahmepotenzial, ohne
an den bestehen den Eigentümerverhältnissen etwas
zu ändern.
Abbildung 17: Grundsätzliche Finanzierungsoptionen – Passivseite der Unternehmensbilanz
Quelle: Vortrag der Deutschen Bank auf dem Workshop in Jena (24.11.2009)
Das geeignete Finanzierungsinstrument wird in
erster Linie von dem Zeitpunkt der Cash Flows und
damit von der Art des Unternehmenswachstums
bestimmt. Hierbei kann nach Frau Dr. Zschach
zwischen drei Fällen unterschieden werden. Dabei
bestimmt die Art der Cash Flows (Cash Flow Struktur)
die in Frage kommende Finanzierungsart.
1. Wachstum aus FuE-Vorhaben: Die geeignete
Finan zierung besteht vorrangig aus Eigen mitteln/
Beteiligungskapital (Venture Capital, öffentliche
Beteiligung), ggf. Mezzaninkapital. Bankfinan
zierung ist deutlich eingeschränkt. In Abhängig
keit von Unternehmensphase ggf. Einsatz von
Cash Flow schonenden endfälligen Finanzie
rungs bausteinen wie Schuldschein darlehen.
2. Organisches Wachstum (Investitionen in neue
Geschäftsbereiche; Produktionserweiterung):
Die Finanzierung sollte eine Kombination aus
Eigen kapital inkl. Private Equity, Fördermitteln
und Fremdkapital (Bankkredit, Leasing, Mietkauf)
sein, da beim organischen Wachstum Cash Flows
schnell zu erwarten sind. Es empfiehlt sich die
Einbindung von zinsgünstigen Förderdarlehen.
3. Anorganisches Wachstum (Akquisition anderer
Unternehmen oder Unternehmensteile): Finan
zie rung möglich aus a) freier Liquidität und eige
nen Anteile als Akquisitionswährung; b) Beteili
gungskapital und ggf. Kapitalaufnahmen am
Kapitalmarkt oder c) Kreditaufnahme durch das
erwerbende Unternehmen (Kreditfinanzierung,
Mezzaninkapital). Der Fremdfinanzierungsanteil
orientiert sich dabei am Verschuldungspotenzial
des erwerbenden Unternehmens und des Ziel
unternehmens (Cash Flow basiert).
Aktuelle Entwicklung gekennzeichnet durch
Wegfall standardisierter Mezzanine-Programme
aber attraktive neue Finanzier ungsinstrumente
der Banken
Kurz umrissen wurden aktuelle Entwicklungen in der
Unternehmensfinanzierung. Eine krisen-bedingte
Auswirkung sind die gesunkenen EBITDA (earnings
before interest, taxes, depreciation and amortization),
die zu einem geringeren Verschuldungs potential
der Unternehmen führen. Auch auf Seiten der
Dokumentation der Veranstaltungsreihe
Banken haben sich Verschiebungen bei den Finan
zierungs angeboten ergeben. Zu beobachten war
der Wegfall standardisierter Mezzanine-Programme
für den großen Mittelstand wegen Engpässe bei
Verbriefungen von Einzelforderungen. Durch den
Wegfall kapitalmarktbasierter Mezzanine- und
Schuldschein dar lehens-Programme hat sich der
Kapitalmarktzugang deutlich erschwert, und die
Mezzanine-Margen sind von 8-10% auf 10-15% p.a.
angestiegen.
Neben diesen Angebotsverknappungen sind aber
auch positive Signale am Markt erkennbar. Der Markt
für einzelrefinanzierte Schuldscheine hat sich geöff
net, aber das Mindestvolumen liegt bei ca. 10 Mio.
EUR. Für die Unternehmen ist der erweiterte Bürg
schaftsrahmen der Landbürgschaftsbanken günstig.
Abbildung 18: Teilnehmer des Workshops erkundigen sich nach
innovativen Finanzangeboten der Banken
Trotz der Schwierigkeiten auf der Kapital marktseite
halten die anwesenden Banken attraktive neue
Finanzierungsinstrumente für Mittelständler bereit.
Durch sinnvolle Kombination innovativer Finanzie
rungsquellen wird die Gesamtfinanzierung opti
miert und weiterer Finanzierungsspielraum eröff
net. Einige interessante innovative Ansätze stellte
Martin Heinel von der Commerzbank exemplarisch
auf dem Workshop in Leipzig vor:
■ Individual-Mezzanine: Auch nach Wegfall der
standardisierten Mezzanine-Programme stellen ein
zelne Geschäftsbanken wie die Commerzbank wei
terhin Individual-Mezzanine („Eigenkapital auf
Zeit“) beispielsweise in einer Expansionsphase, zur
generellen Stärkung der bilanziellen Verhältnisse
oder auch im Rahmen von Nachfolgelösungen zur
Verfügung.
39
Zukunftskonferenz Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung in Ostdeutschland
■ ReFactoring (Commerzbank) zur Betriebsmittel
finanzierung: Programm, bei dem die Bank Mittel
ständlern warenkeditversicherte Handels forde
rungen abkauft. Möglichkeit des Unter nehmens,
innerhalb eines Rahmenvertrags über Zeitpunkt
und Umfang des Forderungsverkaufs zu ent
scheiden. Der Vorteil für das Unternehmen liegt
neben dieser Flexibilität in der Entlastung beim
Debi torenmanagement, einer Bilanzverkürzung
mit möglicher Ratingverbesserungen auch im
deutlich geringeren Implementierungsaufwand
gegen über bisherigen Factoringmodellen mit
Andienungs pflicht aller Forderungen.
■ Borrowing-Base (die „atmende“ Kreditlinie):
Sonderform der Betriebsmittelfinanzierung mit
flexibler Inanspruchnahme analog der Entwick
lung von Warenbeständen und Forderungen
bis zu dem vereinbarten Kreditrahmen. Die
Borrowing Base (max. Kreditlinie) schwankt dabei in
Abhängigkeit vom Wert des Warenlagers/Forde
rungen. Die Gesamtfinanzierung (max. 10 Mio. €
Kreditvolumen) wird durch Zusagen von bis zu
drei Jahren stabilisiert und saisonale Mehrbedarfe
sowie prognostiziertes Wachstum bedarfsgerecht
begleitet.
7 Zusammenfassung, Ausblick und Ansätze für
eine verbesserte Wagniskapitalfinanzierung in
Ostdeutschland
40
Ziel der Veranstaltungsreihe „Wagnis- und Beteili
gungsfinanzierung in Ostdeutschland“ war es,
das Finanzierungsinstrument Beteiligungs
finanzierung bei ostdeutschen Gründern und
KMUs bekannter zu machen und seine Potenziale
aufzuzeigen. Aktuell gilt mehr denn je: nur
durch die Ausnutzung des gesamten Spektrums
an Finanzierungs instru menten können KMUs
ihre unternehmerischen Möglich keiten optimal
nutzen. Eine Stärkung des Wagnis kapital- und
Beteiligungsgeschehens in Ostdeutsch land dient
der Förderung des Gründungs ge schehens und des
Unternehmenswachstums und leistet damit einen
Beitrag zur Stärkung des Stand ortes.
Durch die Veranstaltungen konnten zahlreiche
Fallbeispiele zum Finanzierungsgeschehen in Ost
deutschland präsentiert werden. Die Unterneh
mens beispiele haben aufgezeigt, wie es mit Hilfe
von Wagniskapital und weiteren innovativen
Finanzierungsformen gelang, Gründungsideen
und technologische Innovationen erfolg
reich am Markt umzusetzen und eine positive
Unternehmens entwicklung einzuleiten. Die
Wagniskapital gesell schaften betonten die inte
ressante Hochschul- und Forschungslandschaft
in Ostdeutschland und erkennen das Potenzial
für innovative Gründungen, auch angesichts der
hervorragenden Infrastruktur und der guten
Förderlandschaft.
Jenseits dieser unzweifelhaft ermutigenden Vor
bilder, wurde anhand vieler Zahlen deutlich, dass
der ostdeutsche Wagniskapitalmarkt gegenüber
den alten Bundesländern und vor allem gegenüber
Europa insgesamt noch unterentwickelt ist. Die
Private Equity- Investitionssumme pro BIP sowie die
Dichte von Beteiligungsgesellschaften und Business
Angels sind unterdurchschnittlich. Es ist vor die
sem Hintergrund umso stärker positiv zu gewich
ten, dass der Wagnis- und Beteiligungsmarkt
in Ostdeutschland dennoch als Finanzierungs
instrument bereits signifikante Beiträge zu Grün
dungen und Unternehmenswachstum sowie zum
Innovationsgeschehen und der Wirtschaftsent
wicklung geleistet hat.
Wichtig wird auch zukünftig das Zusammenspiel
von privaten, öffentlichen und halb-öffentlichen
Institutionen sein. Die KfW Bankengruppe und
der High-Tech Gründerfonds helfen, eine wich
tige Finanzierungslücke im Frühphasensegment
abzudecken. Die Beteiligungsgesellschaften der
Bundes länder lenken durch ihre Investments und
im Rahmen von Co-Investments weiteres privates
Beteiligungskapital nach Ostdeutschland (Kataly
satorfunktion). Und Unternehmen mit Beteiligungs
kapital, so empirische Untersuchungen, wachsen
schneller als andere Unternehmen. Gleichzeitig
stärkt Beteiligungskapital die vielfach zu niedrige
Eigenkapitalbasis ostdeutscher KMUs und macht
junge Unternehmen vielfach überhaupt erst kredit
fähig.
Der hohe Anteil von staatlichen Investitions
mitteln in Ostdeutschland, insbesondere im Früh
phasenbereich, hat hohe Bedeutung und zeigt
posi tive Wirkung. Dies bestätigten technologieorien
tierte Unternehmen und Gründer, aber auch private
Be teiligungsfirmen. Im Zeitverlauf wirkt der wenig
schwankende staatliche Investitionsanteil stabili
sierend auf den Markt und privates Kapital konnte
vielfach erst durch staatliches Handeln aktiviert
werden.
Banken und Sparkassen ergänzen mit innovativen
Finanzierungsinstrumenten die Entwicklung junger
und technologieorientierter Unternehmen. Nicht
nur durch ihr Kreditangebot, sondern gerade auch
durch neue Formen der Mezzaninfinanzierung und
des Factorings sowie durch flexible Kreditlinien
und fachlichen Rat sind sie aufgrund ihrer Markt
kenntnis ein wichtiger Baustein im gesamten
Finanzierungs mix. Mezzaninkapital durch Banken,
Bürgschaften der Bürgschaftsbanken sowie
Factoring und Leasing angebote schließen die Brücke
zwischen Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung.
Innerhalb der Konferenzreihe wurden zahlreiche
Anregungen gegeben, wie der Wagnis- und Beteili
gungsmarkt Ostdeutschland gestärkt werden kann.
Als wichtigste Handlungsbereiche kristallisierte sich
dabei für die Zukunft heraus:
■ Weiterhin Sicherstellung der staatlichen Kapital
bereitstellung zur Abdeckung von Finanzierungs
lücken in der Frühphase und zum erleichterten
Zugang zu Wagniskapital in den neuen Ländern.
Hierzu zählt auch die Sicherstellung der Investi
tionsfähigkeit des High-Tech Gründerfonds für die
nächsten Jahre und die Optimierung der Finanzie
rungsinstrumente auf Seiten der Bundesländer.
Dokumentation der Veranstaltungsreihe
■ Verbesserung der Rahmenbedingungen für
Wag nis- und Beteiligungskapital; Schaffung
eines verlässlichen Kapitalmarktrahmens durch
ein einheitliches Private Equity-Gesetz sowie
Verbesserung der rechtlichen und steuerlichen
Rahmen bedin gungen.
■ Unterstützung von Business Angels und insbeson
dere der Business Angel Netzwerke.
■ Verstärkte Mobilisierung privaten Kapitals und
Stärkung des Marktes für Beteiligungs unter
nehmen durch innovative Veranstaltungsformen,
Business-Plan-Wettbewerbe, Informationstransfer
und Vernetzung von Investoren, potenziellen
Gründern und Unternehmen.
■ Intensiveres Coaching von (potenziellen) Grün
dern und jungen Unternehmern im Bereich inno
vativer Finanzierungsformen in Verbindung mit
Unter stützung bei der Erstellung eines Business
Plans.
Es kann festgehalten werden, dass die Veranstal
tungsreihe „Wagnis- und Beteiligungsfinanzierung
in Ost deutschland“ das Finanzierungsinstrument
Beteili gungsfinanzierung bei ostdeutschen Gründern
und KMUs bekannter gemacht und seine Potenziale
aufgezeigt hat. Es verbleibt bei relevanten Akteuren
aus Kapitalmarkt, produzierender Wirtschaft und
Politik die Aufgabe, die aufgezeigten Chancen zu er
greifen und zum Nutzen für eine wirtschaftlich er
folgreiche Zukunft in den neuen Ländern umzusetzen.
41
Dokumentation der Veranstaltungsreihe Berlin, Jena und Leipzig
Impressum
Herausgeber
Der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer
Alt-Moabit 101 D
10559 Berlin
Redaktion, Konzeption und Gestaltung
Prognos AG, Berlin
www.prognos.com
Bildnachweis
Tom Crowning - Fotolia (Titel / Wendeltreppe), Elke A. Jung-Wolff (Rückseite),
Prognos AG, Elke A. Jung-Wolff (Konferenzbilder), Prognos AG (Workshopbilder),
weitere siehe Quellenangabe.
Autoren
Dr. Philip Steden, Jan Berewinkel, Fabian Sakowski
Berlin, März 2010
Diese Broschüre ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung;
sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt.