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Handlungsleitfaden zur Erarbeitung einer „Beteiligungs ... - BIT e.V.

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<strong>Handlungsleitfaden</strong><br />

<strong>zur</strong> <strong>Erarbeitung</strong> <strong>einer</strong><br />

<strong>„Beteiligungs</strong>-Strategie-Karte“<br />

Roland Abel<br />

unter Mitarbeit von Ralf Bellmann<br />

Bochum, Dezember 2003<br />

<strong>BIT</strong> Berufsforschungs- und Beratungsinstitut<br />

für interdisziplinäre Technikgestaltung e.V.<br />

Unterstrasse 51 44892 Bochum<br />

Tel.: 0234/92231-10 Fax: 0234/92231-27<br />

info@bit-bochum.de www.bit-bochum.de<br />

1


Inhaltsübersicht<br />

1.) Zielsetzungen<br />

• ... des <strong>Handlungsleitfaden</strong>s S. 3<br />

• Warum ein strategisch arbeitender Personalrat? S. 4<br />

• O-Töne<br />

2.) Gebrauchswert der Beteiligungs-Strategie-Karte (BSK)<br />

S. 4<br />

• Nutzen der BSK S. 6<br />

• BSK - Wie sieht sie aus? S. 6<br />

• Strategische Reichweite und Aufwand S. 8<br />

• BSK-Verständnis<br />

3.) Die Einführung der BSK<br />

Was sollte der Personalrat/ Betriebsrat tun, in welcher<br />

Reihenfolge und warum?<br />

S. 11<br />

3.1. Erster Schritt – Kommunikation der BSK<br />

• Interne Verständigung auf die BSK-Methode S. 13<br />

• Interne Informations- und Planungsphase S. 14<br />

• BSK-Informationen im Rathaus S. 16<br />

3.2. Der BSK Konturen geben<br />

• Entwicklung <strong>einer</strong> geeigneten Vision S. 17<br />

• Finden passender Strategien S. 18<br />

• Wie kommen wir zu Teilzielen? S. 21<br />

• Zuordnung der Kennzahlen S. 23<br />

• Festlegung der BSK S. 32<br />

4.) Wie fängt man an zu arbeiten?<br />

• Maßnahmenpaket schnüren S. 36<br />

• Stetigkeit sicherstellen S. 38<br />

5.) Wo bekomme ich Hilfestellung? S. 39<br />

6.) Literaturtipps S. 40<br />

2


1) Zielsetzungen:<br />

... des <strong>Handlungsleitfaden</strong>s<br />

Dieser <strong>Handlungsleitfaden</strong> soll dazu dienen, Personal- und auch Be-<br />

triebsräten, die mit <strong>einer</strong> Beteiligungs-Strategie-Karte (BSK) arbeiten<br />

wollen, eine einführende Orientierung zu geben. Dazu werden sowohl<br />

grundlegende Überlegungen zum Nutzen und <strong>zur</strong> Tragweite der BSK<br />

angestellt als auch die Methodik skizziert, in welchen Schritten eine<br />

funktionsfähige und praxistaugliche BSK sinnvoll entwickelt werden<br />

kann.<br />

Die Inhalte des <strong>Handlungsleitfaden</strong>s gründen vornehmlich auf Erfahrun-<br />

gen aus dem Projekt der Hans-Böckler-Stiftung „BSK für eine Personal-<br />

ratsarbeit der Zukunft“. In diesem Projekt wurde in Kooperation mit der<br />

Arbeitsgemeinschaft „Personalratsarbeit der Zukunft“ (ca. 20 Mitglieder<br />

verschiedener Personalratsgremien aus Groß-, Mittel- und Kleinstädten<br />

sowie Landkreisen) ein geeignetes BSK-Konzept entwickelt. Die teil-<br />

nehmenden Personalräte erproben in ihren Gremien mit Hilfe dieses<br />

<strong>Handlungsleitfaden</strong>s nun in <strong>einer</strong> Pilotphase die Einführung und das Ar-<br />

beiten mit der BSK. Der <strong>Handlungsleitfaden</strong> soll ihnen dazu Hilfestellung<br />

und anderen Interessenvertretern abhängig Beschäftigter Informati-<br />

onspool und Impuls sein. 1<br />

Im Rahmen dieses Leitfadens besteht kein Anspruch auf eine hinrei-<br />

chende Aufarbeitung der verschiedenen inhaltlichen Fragestellungen, mit<br />

denen Personalräte tagtäglich konfrontiert werden. Vielmehr geht es<br />

darum, anhand der Beschreibung der BSK, ihrer Wirkungsweise<br />

und Einführungsschritte, Personalräte in die Lage zu versetzen, mit<br />

dem Instrument ihre jeweilige spezifische Ausgangslage selbst zu<br />

handhaben. Auch wenn das Instrument nach Lektüre dieses Hand-<br />

1 Im folgenden wird daher nur von Personalräten gesprochen. Die Einführungsmethodik eignet sich<br />

gleichwohl auch für Betriebsräte innerhalb ihrer jeweiligen betrieblichen Handlungskontexte.<br />

3


lungsleitfadens zunächst noch sehr komplex erscheint, kann der Perso-<br />

nalrat bei der Entwicklung der BSK Schritt für Schritt vorgehen und so<br />

eine gutes Instrument entwickeln.<br />

Warum ein strategisch arbeitender Personalrat?<br />

Grundbedingung für Anwender-Gremien ist es, sich aktiv am Verwal-<br />

tungsgeschehen zu beteiligen. Mit der BSK-Einführung forciert der Per-<br />

sonalrat sein eigenes strategisches Handeln und strukturiert seine Ar-<br />

beit daraufhin. Mit der BSK ist also automatisch eine Blickfeld- und<br />

Handlungserweiterung verbunden, die den Personalrat zum aktiven Ak-<br />

teur im Rahmen von Verwaltungsmodernisierung macht. Die Beschäf-<br />

tigteninteressen werden somit von vornherein als elementarer Be-<br />

standteil einbezogen.<br />

Die BSK kann dem Personalrat helfen, je nach Ausgangssituation seine<br />

Rolle zwischen Rationalisierungsschutz für Beschäftigte, Interessenaus-<br />

gleich und offensiver Kooperation bei Reformprozessen im Rathaus zu<br />

finden (vgl. Kißler 2003). Damit stellt die BSK-Anwendung auch eine<br />

Entlastungsstrategie für die Personalratsarbeit dar, zumal dadurch die<br />

eigenen Ressourcen zielgerichtet eingesetzt werden.<br />

Diese aktive Arbeitsausrichtung hat den Vorteil, dass der Personalrat<br />

frühzeitig bestimmte Entwicklungen innerhalb seines Arbeitsbereiches<br />

antizipieren und seine Vorgehensweise danach ausrichten kann. Er wird<br />

damit stärker zum Souverän seines Handelns und passt sich nicht mehr<br />

weitgehend ad hoc veränderten Rahmenbedingungen an.<br />

O-Töne<br />

„Durch die BSK läuft die Vorbereitung auf Sitzungen viel besser.<br />

Außerdem kann man endlich mal wieder aktiv sein, auch stille Kollegen<br />

werden eingebunden. Vor allem aber sieht man Erfolge, da sind<br />

alle mehr motiviert!“ (PR Norden)<br />

4


„Noch arbeiten wir mit einem anderen Zielsystem. Da muss aber nach<br />

Gefühl geurteilt werden. Uns fehlt noch ein Überprüfungsraster wie<br />

bei der BSK.“ (PR Bremen)<br />

„Mit der BSK-Anwendung muss man nicht wieder bei Null anfangen.“<br />

(PR Hannover)<br />

„Mit der BSK wird die Zielfindung handhabbar gemacht, aber auch<br />

die Vorbereitung auf die nächste PR-Wahl wird professioneller.“<br />

(PR Detmold)<br />

„Zwar sind das mal wieder neue Begrifflichkeiten bei der BSK, aber<br />

sie ist dennoch gut im Gremium vermittelbar.“ (PR Duderstadt)<br />

„Die BSK hat klare Konturen, wodurch die Zielüberprüfung leichter<br />

wird.“ (PR Düsseldorf)<br />

„Ich bin nun hochmotiviert, mit der BSK unser altes Zielsystem zu reaktivieren.“<br />

(PR Goslar)<br />

„Macht Theorie in der Praxis nutzbar.“ (PR LK Elbe-Elster)<br />

„Ziele werden erstmals überprüft. Aber man muss auch mit dem System<br />

flexibel sein. Bei neuen Anforderungen muss die BSK angepasst<br />

werden.“ (PR Pinneberg)<br />

„Wir haben eigentlich zu wenig Arbeitskapazität, aber versuchen die<br />

BSK trotzdem einzuführen.“ (PR Salzgitter)<br />

„Man kommt aus der reaktiven in die strategische Arbeit.“ (PR Dresden)<br />

„Ich bin optimistisch, dass unsere PR-Arbeit dadurch qualitativ weiterkommt.“<br />

(PR Göttingen)<br />

„Wir wären gerne schon weiter, aber nach unserer PR-Wahl wird die<br />

BSK unsere Arbeit sicherlich bereichern.“ (PR Wolfsburg)<br />

„Die BSK ermöglicht es uns prozessorientierter, zielorientierter und<br />

nachvollziehbarer zu arbeiten.“ (PR Waldshut-Tiengen)<br />

„Ich hoffe, dass wir unser Instrument als best practice in die Organisation<br />

speisen können.“ (ver.di-Sekr. der Bundesverwaltung)<br />

5


2) Gebrauchswert der Beteiligungs-Strategie-Karte (BSK)<br />

Nutzen der BSK<br />

Hauptnutzen der BSK ist, dass infolge ihrer Entwicklung und Anwendung<br />

im Personalrat eine wirklich strategisch orientierte Personalratsarbeit<br />

möglich wird. Dadurch wird die Wirksamkeit der Personalratsarbeit er-<br />

höht und die Qualität der Interessenvertretung langfristig gewährlei-<br />

stet.<br />

Die Personalräte aus o.g. Projekt waren einhellig der Meinung,<br />

dass die BSK ...<br />

eine ausgewogene Selbstbewertung des PR ermöglicht,<br />

Erfolge der Personalratsarbeit visualisiert,<br />

Personalratsarbeit strukturiert<br />

Transparenz in die Personalratsarbeit bringt,<br />

Projekte integrieren hilft,<br />

Licht in den Verwaltungsdschungel bringt,<br />

die Diskussion zwischen allen Personalratsmitgliedern über<br />

Ziele und Strategien intensiviert,<br />

unabhängiger vom „Hamsterrad Tagesgeschäft“ macht,<br />

das Informationsgefälle im PR glättet,<br />

den Personalrat unabhängiger von einzelnen strategischen<br />

„Köpfen“ macht,<br />

eine bessere Außenvertretung der Personalratsarbeit ermöglicht,<br />

die Argumentationslage des Personalrats verbessert und letztlich<br />

<strong>zur</strong> strategischen Arbeit befähigt.<br />

BSK – wie sieht sie aus?<br />

Die BSK stellt ein Arbeitsinstrument dar, mit dem der Personalrat s<strong>einer</strong><br />

Arbeit einen erkennbaren „roten Faden“ verleihen kann. In ihrer Wir-<br />

kungsweise ist die BSK angelehnt an die sog. Balanced Scorecard, ei-<br />

6


nem neuartigen Managementinstrument <strong>zur</strong> strategischen Unterneh-<br />

menssteuerung (vgl. Kaplan/ Norton 1997). 2<br />

Mit der BSK-Einführung wird zunächst eine Vision für die Personalrats-<br />

arbeit entwickelt. Daran anknüpfend werden geeignete Strategien erar-<br />

beitet, mit denen auf diese Vision hingearbeitet wird. Im Rahmen mehre-<br />

rer verschiedener Perspektiven, die die wichtigsten strategischen Ar-<br />

beitsbereiche des Personalrats abbilden sollen, werden daraufhin auf-<br />

einander abgestimmte Teilziele entwickelt, die regelmäßig mit geeigne-<br />

ten Kennzahlen und Messmethoden überprüft werden. Je nach Zieler-<br />

reichungsgrad gilt es schließlich, passende Maßnahmenpakete zu<br />

schnüren, mit denen versucht wird, die formulierten Ziele zu erreichen.<br />

Bei den Perspektiven unterscheidet man zwischen solchen für Frühindi-<br />

katoren bzw. “Stellschrauben“ und Spätindikatoren. Anhand der Justie-<br />

rung der „Stellschrauben“ lassen sich grundsätzlich positive oder negati-<br />

ve Veränderungen innerhalb der Perspektiven für Spätindikatoren er-<br />

warten. Mit der BSK ist also die Annahme verknüpft, dass zwischen den<br />

verschiedenen Teilzielen Wirkungsbeziehungen bestehen.<br />

Im Unterschied <strong>zur</strong> Balanced Scorecard bezieht sich die BSK nicht auf<br />

eine gesamte Organisation, also etwa ein Unternehmen oder die ge-<br />

samte Kommunalverwaltung, sondern lediglich auf den Einflussbereich<br />

des Personalrats selber – also vor allem auf seine eigene Arbeit und<br />

auf die Belange der Beschäftigten.<br />

Gleichwohl entwickelt der Personalrat im Zuge der BSK-Anwendung eine<br />

eigene Vision, eigene strategische Ansätze und eigene Ziele.<br />

Prinzipiell sind der Bestimmung der Vision, der Strategien, der Auswahl<br />

von Perspektiven und der Identifikation der wichtigsten Personalrats-<br />

2 Für den Fall, dass eine Verwaltung bereits mit der Balanced Scorecard arbeitet, ist zu überlegen, ob<br />

die BSK für den Personalrat dann noch geeignet ist oder ob es sinnvoller ist, als Personalrat mit der<br />

Verwaltungs-BSC zu arbeiten. Praktische Erfahrungen bei der Arbeit von Betriebsräten mit der Balanced<br />

Scorcard gibt es bereits, in:<br />

Abel, R. / Wannöffel, M. (2002): Die Balanced Scorecard als Bestandteil der Betriebsratsarbeit,<br />

Arbeitspapier 62 der Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf; zu bestellen unter lavista@setzkasten.de<br />

7


Ziele keine Grenzen gesetzt. Im Rahmen des o.g. Projektes haben sich<br />

die teilnehmenden Personalräte jedoch grundsätzlich auf einen gemein-<br />

samen Rahmen verständigt, der vor allem durch die gleichen Perspekti-<br />

ven gekennzeichnet ist (Abb. 1):<br />

Abb.1: Perspektiven der BSK<br />

PR-Arbeit<br />

PR- Kompetenzen und -<br />

Ressourcen<br />

Strategische Reichweite und Aufwand<br />

Wertschätzung<br />

Beschäftigte<br />

Diese Auswahl der Perspektiven soll die wichtigsten strategischen Ar-<br />

beitsbereiche des Personalrats abdecken, die er selbst beeinflussen<br />

kann. Auch wenn andere Aspekte des Verwaltungsgeschehens dadurch<br />

zunächst ausgeblendet bleiben, kann damit in einem ersten Schritt die<br />

eigene Strategiefähigkeit verbessert werden. Diese eher selbstreflexive<br />

BSK-Variante wurde von den beteiligten Personalräten auch deshalb fa-<br />

vorisiert, weil es der Personalrat i.d.R. indirekt mit wechselnden Mehr-<br />

heiten in den Kommunalparlamenten zu tun hat und auch die Mitbe-<br />

stimmung in den Landespersonalvertretungsgesetzen i.d.R. nicht so weit<br />

geht wie etwa die von Betriebsräten nach Betriebsverfassungsgesetz.<br />

Eine BSK, die darüber hinausginge, wäre stets dadurch bedroht, dass<br />

eigene Ziele aufgrund anderer Akteure nicht realisiert werden könnten.<br />

Erreichbare Ziele sind aber das A und O <strong>einer</strong> funktionsfähigen BSK und<br />

strategischer Personalratsarbeit.<br />

Aufgrund dieser begrenzten strategischen Reichweite wird der Personal-<br />

rat nicht automatisch zum strategischen Co-Manager (vgl. Kißler 2003),<br />

denn der eigene Einflussbereich wächst dadurch noch nicht per se. Für<br />

8


ein echtes „Co-Management“ müssten von der Verwaltungsspitze näm-<br />

lich entsprechende Management-Tätigkeiten, die nicht im originären<br />

Aufgabenspektrum des Personalrats liegen, zugelassen werden. Also<br />

wird auch die Mitbestimmung zunächst weder rechtlich noch de facto<br />

ausgebaut. Die ersten Erfahrungen aus unserem Projekt zeigen jedoch,<br />

dass der Personalrat infolge der BSK-Anwendung spezielle Verwal-<br />

tungskenntnisse erwirbt, die ihn als „Co-Manager“ und / oder Mitgestalter<br />

für die Verwaltungsspitze interessant machen, wodurch die Wahrschein-<br />

lichkeit <strong>einer</strong> „Co-Operation“ beider Akteure steigt. Die Ausgangssi-<br />

tuationen sind jedoch in jedem Personalrat und jeder Verwaltung unter-<br />

schiedlich. Exemplarisch soll deshalb hier eine BSK skizziert werden,<br />

mit der ein Personalrat X versucht, auf seine besondere Problemlage im<br />

Zuge von Privatisierung von Verwaltungsleistungen und Organisations-<br />

einheiten der Kommunalverwaltung zu reagieren (Abb. 2). Trotz jeweils<br />

unterschiedlicher verwaltungsspezifischer Belange dürften mit diesem<br />

Thema derzeit nicht wenige Personalräte konfrontiert sein. Die jeweilige<br />

Privatisierungsentwicklung wird jedoch in jedem Personalratsgremium<br />

einen anderen BSK-Zuschnitt erfordern.<br />

9


Beschäftigte Wertschätzung<br />

Teilziel Kennzahl Messweise Teilziel Kennzahl Messweise<br />

keine Privatisierung von<br />

bzw. Ausgründung v. Ar-<br />

beitsprozessen<br />

Anzahl der Arbeitsprozesse<br />

in der kommunalen Dienst-<br />

stelle<br />

niedrigerer Krankenstand Krankenstand<br />

(inkl. Langzeitkranke)<br />

zufriedenere Beschäftigte Mitarbeiterzufriedenheit<br />

Sozialverträglichkeit im<br />

Falle von Privatisierungen<br />

Vorhandensein sozialverträglicher<br />

PR-Konzepte<br />

Anzahl je Halbjahresende<br />

(ohne interne Reorganisa-<br />

tion)<br />

Krankentage gesamt /<br />

Arbeitstage gesamt (gleitender<br />

Durchschnitt der<br />

jeweils letzten 6 Monate),<br />

Messung monatlich<br />

Index der Zufriedenheitswahrnehmung<br />

aus Arbeits-<br />

und Belastungssi-<br />

tuation<br />

Vorhandensein sozialverträglicher<br />

PR-Konzepte<br />

PR soll im Rahmen von<br />

Privatisierung als engagiert<br />

wahrgenommen werden<br />

hoher Organisationsgrad<br />

bei ver.di<br />

hohe Zufriedenheit mit PR-<br />

Privatisierungskompetenz<br />

hoher Rückhalt in der Belegschaft<br />

Anzahl Info-<br />

Veranstaltungen zu Privatisierung<br />

im öffentl. Dienst<br />

Deckungsquote in allen<br />

Abteilungen<br />

Organisationsgrad Anzahl gewerkschaftlich<br />

organisierter Angestellter u.<br />

Arbeiter / ihre Gesamtzahl<br />

Zufriedenheit der Beschäftigten<br />

mit PR-Kompetenzen<br />

Index aus Befragungsergebnissen<br />

in den Abteilungen,<br />

Schulnote<br />

Rückhalt in der Belegschaft Anteil wiedergewählter PR-<br />

Mitglieder<br />

PR-Arbeit PR-Kompetenzen<br />

Teilziel Kennzahl Messweise Teilziel Kennzahl Messweise<br />

hoher Erfahrungsaustausch<br />

mit Privatisierungsexperten<br />

aus Theorie und Praxis<br />

Teilnahme an externen<br />

Privatisierungs-Veranstaltungen<br />

/ Konferenzen<br />

Anzahl Tage pro Halbjahr<br />

hohe Privatisierungs-<br />

Kompetenz der PR-Mitglieder<br />

(Privatisierungs-) Kompetenz<br />

der PR-Mitglieder<br />

Qualifikationsmatritzen für<br />

PR-Kenntnisse zu Privatisierung,<br />

Erstellung Qualifikationsprofil<br />

über Selbsteinschätzung,<br />

Index<br />

PR wird zum Garant für<br />

Belastungsabbau<br />

Teilnahme an AuG-<br />

Veranstaltungen im Hause<br />

Teilnahme an AuG-<br />

Veranstaltungen / Gesamtzahl<br />

AuG-<br />

Veranstaltungen<br />

hohe AuG-Kompetenz der<br />

PR-Mitglieder<br />

(AuG-) Kompetenz der PR-<br />

Mitglieder<br />

Qualifikationsmatritzen für<br />

PR-Kenntnisse zu AuG-<br />

Schutz, Erstellung Qualifikationsprofil<br />

über Selbsteinschätzung,<br />

Index<br />

geringe Durchsetzungsfähigkeit<br />

von Privatisierungen<br />

Anteil erfolgreicher Ablehnungen<br />

Anzahl erfolgreicher Ablehnungen<br />

/ Anzahl Ersuche<br />

hohes Schulungsbudget Höhe Schulungsbudget<br />

Höhe Schulungsbudget im<br />

Jahr<br />

hohe Einbindung aller PR-<br />

Mitglieder in Anti-<br />

Privatisierungsaktivitäten<br />

Anzahl der PR, die in Projekten<br />

zu Privatisierung(sverhinderung)teilnehmen<br />

siehe Kennzahl (gleitender<br />

Durchschnitt der letzten<br />

drei Monate)<br />

PR soll aktuell informiert<br />

sein über strategische PR-<br />

Arbeit<br />

Verfügbarkeit von Zeitschriften<br />

<strong>zur</strong> PR-Arbeit<br />

Anzahl abonnierter Zeitschriften<br />

pro Halbjahr<br />

Abb.2: mögliches Beispiel <strong>einer</strong> BSK mit besonderem Bezug zu Privatisierung und daraus resultierender Belastung<br />

10


Auf den ersten Blick sieht die BSK recht einfach aus, weil ihr Gerüst im<br />

Prinzip auf nur einem Blatt Papier abgebildet werden kann. Hinter der<br />

jeweiligen Ausprägung der BSK stecken jedoch lange Diskussionen der<br />

Personalräte hinsichtlich der Erreichbarkeit von Zielen, ihrer Wichtigkeit,<br />

ihrer Mess- und auch Verwertbarkeit sowie geeigneter Kennzahlen, Indi-<br />

katoren und Messverfahren, um die Zielerreichung überprüfen zu kön-<br />

nen. Die BSK wird damit in vielen Personalräten zum Anlass, zum er-<br />

sten Mal gemeinsam über Strategien zu diskutieren, die schließlich vom<br />

ganzen Gremium demokratisch verabschiedet und somit legitimiert<br />

werden.<br />

Hinter jedem Ziel und der entsprechenden Kennzahl steht noch eine<br />

ganze Analyse-Kette von Zielerreichungsgraden, Maßnahmen und Ver-<br />

antwortlichkeiten. Durch die relative Übersichtlichkeit der BSK wird es<br />

möglich, das komplexe und vielfältige Aufgabenspektrum des Personal-<br />

rats zu strukturieren, wobei die eigentlichen Personalratsaktivitäten<br />

durch die Priorisierung von aufeinander abgestimmten Zielen und Maß-<br />

nahmen auf eine einheitliche Linie gebracht werden.<br />

BSK-Verständnis<br />

Entscheidend für die Anwendung der BSK ist, dass nicht die mechanisti-<br />

sche Auffassung herrscht, durch die Justierung der einen „Stellschraube“<br />

bzw. Kennzahl lasse sich automatisch eine Veränderung an anderer<br />

Stelle um X Prozent erwarten. Gerade weil es hier um soziale Prozesse<br />

geht, ist die der typischen Balanced Scorecard zugrunde gelegte penible<br />

Ursache-Wirkungs-Analyse bei der BSK wenig hilfreich. Natürlich muss<br />

sich der Personalrat bei der Auswahl von Teilzielen überlegen, ob sich<br />

diese widersprechen, ob sie mit seinen Strategien übereinstimmen etc.<br />

Es lässt sich jedoch in der Praxis kaum nachweisen (Aufwand), welche<br />

Kennzahl-Entwicklung worauf <strong>zur</strong>ückzuführen ist. Auch zeitliche Wir-<br />

11


kungsprognosen führen oftmals in die Irre. Der Personalrat sollte die<br />

BSK daher eher als „Navigationsinstrument“ begreifen und nicht als<br />

präzises „Steuerruder auf rauher See“. Gleichwohl werden bei der Stra-<br />

tegieentwicklung im Rahmen der BSK (vgl. S. 18ff) wichtige "Strömun-<br />

gen" identifiziert, die sich auf die Arbeit / „Navigation“ des Personalrats<br />

auswirken. Nur unter Berücksichtigung solcher Umstände ist eine BSK<br />

realistisch anwendbar, funktionsfähig und praxistauglich.<br />

3) Die Einführung der BSK<br />

Was sollte der Personalrat tun, in welcher Reihenfolge und warum?<br />

BSK - Kommunikation<br />

intern extern<br />

Entwicklung der Vision<br />

Finden passender Strategien<br />

<strong>Erarbeitung</strong> der Teilziele<br />

Zuordnung passender Kennzahlen<br />

Festlegung der BSK<br />

Arbeiten mit der BSK<br />

Regelmäßige BSK-Überprüfung und<br />

-anpassung<br />

Abb.3: Vorgehen <strong>zur</strong> Einführung der BSK<br />

12


3.1) Erster Schritt - Kommunikation der BSK<br />

Interne Verständigung auf die BSK-Methode<br />

Zunächst muss geklärt werden, ob die BSK für das jeweilige Personal-<br />

ratsgremium überhaupt ein passendes Instrument darstellt. Die Perso-<br />

nalratsmitglieder müssen deshalb zunächst darüber informiert werden,<br />

worum es bei der BSK grob geht. Auf Basis dieser ersten Eindrücke<br />

müssen im Gremium zu Beginn intern einige Fragen beantwortet wer-<br />

den:<br />

Haben wir Defizite bzgl. <strong>einer</strong> gemeinsamen strategischen Ausrich-<br />

tung unserer Arbeit?<br />

Wollen wir als Personalrat überhaupt zum strategischen Akteur in<br />

unserer Verwaltung werden?<br />

Haben wir bereits Visionen, Strategien und / oder Ziele formuliert, so<br />

dass wir „das Rad nicht neu erfinden“ müssen?<br />

Halten wir die BSK für ein praxistaugliches Instrument?<br />

Sind wir dazu bereit, mit der BSK-Einführung anfangs Zusatzarbeit<br />

auf uns zu nehmen, damit die BSK uns später die Arbeit erleichtert?<br />

Ergeben die Antworten, dass eine BSK für die Personalratsarbeit nütz-<br />

lich sein kann, sollte sich der Personalrat zu <strong>einer</strong> ca. 2-tägigen Klau-<br />

surtagung <strong>zur</strong>ückziehen. Dieser Aufwand erscheint gerechtfertigt, wird<br />

dadurch doch oftmals eine grundlegende Strukturierung der Personal-<br />

ratsarbeit ermöglicht. Wichtig ist, dass das gesamte Personalratsgremi-<br />

um hinter dieser Entscheidung steht, damit das Instrument nicht von ein-<br />

zelnen Mitgliedern „torpediert“ oder unterlaufen wird. Sich hier genügend<br />

Zeit für Diskussionen zu nehmen, damit jeder die Gelegenheit bekommt,<br />

eigene Vorschläge einzubringen und seine Bedenken zu äußern – kurz:<br />

13


sich zu beteiligen - wird sich später lohnen. Das zeigen auch unsere bis-<br />

herigen Erfahrungen.<br />

Interne Informations- und Planungsphase<br />

Eine solche Klausurtagung des Personalrats hat drei Ziele:<br />

1) Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der BSK<br />

Dies vor allem mit den o.g. Aspekten. Es empfiehlt sich, hierzu einen<br />

externen Referenten und / oder Moderator einzuladen, z.B. einen Per-<br />

sonalrat aus dem Projekt „Personalratsarbeit der Zukunft“ (eine Liste<br />

der Ansprechpartner findet sich am Ende des Handlungsleifadens).<br />

Authentische Erfahrungsberichte von anderen als „Blick über den ei-<br />

genen Tellerrand“ können für die eigene Arbeit immer sinnstiftend<br />

sein, z.B. durch das Aufzeigen etwaiger Fettnäpfchen o.ä.<br />

Zuvor ist ferner zu überlegen, ob der zuständige Gewerkschaftsse-<br />

kretär eingeladen wird, der auf viele Dinge einen anderen Blickwinkel<br />

hat und der den Personalrat über die Gewerkschaftsstrukturen eben-<br />

falls unterstützen kann.<br />

2) Die Festlegung der BSK-Perspektiven<br />

Es ist empfehlenswert, das erste Gerüst, auf dem die weitere BSK-<br />

Entwicklung aufbaut, zunächst im gesamten Gremium gemeinsam<br />

festzulegen. Damit definiert der Personalrat die wichtigsten strategi-<br />

schen Handlungsfelder. Mit der Festlegung von Perspektiven klam-<br />

mert der Personalrat immer auch arbeitsrelevante Dinge aus. Gleich-<br />

wohl verständigt er sich auf die Bereiche / Oberbegriffe, denen am<br />

sinnvollsten mögliche Teilziele zugeordnet werden können. Die Aus-<br />

wahl der Perspektiven bedeutet also nicht, dass damit automatisch<br />

bestimmte Dinge keine Beachtung mehr finden. Manches lässt sich<br />

durch die Zuordnung von Teilzielen kompensieren. Wichtig ist hier<br />

wiederum, nicht zu mechanistisch an die Festlegung der Perspektiven<br />

14


heranzugehen, sondern lediglich eine erste Priorisierung der strategi-<br />

schen Handlungsfelder vorzunehmen.<br />

Die Anzahl der Perspektiven sollte nicht zu groß sein. Um Schwer-<br />

punkte erkennen zu können, sollten 4 oder 5 ausreichen. Davon soll-<br />

ten aber 2 bis 3 eher Stellschraubencharakter besitzen, die anderen<br />

eher Ergebnischarakter. Die Perspektivenauswahl im Projekt „Per-<br />

sonalratsarbeit der Zukunft“ hat sich bereits als recht praxistauglich<br />

erwiesen (vgl. Abb. 1).<br />

Folgende Leitfragen standen in o.g. Projekt bei der Verankerung der<br />

Perspektiven im Vordergrund (Abb. 5):<br />

Für die<br />

Frühindikatoren:<br />

Für die<br />

Spätindikatoren:<br />

Was sind die wichtigsten Handlungsfelder,<br />

die unsere Strategiefähigkeiten zeigen?<br />

Anhand welcher Perspektiven lässt sich<br />

unser Arbeitserfolg am besten abbilden?<br />

Abb.5: Leitfragen bei der Verankerung der BSK-Perspektiven<br />

Praktisch ist es hierbei, zunächst Begriffe auf einzelnen Karten festzu-<br />

halten und sie später sinngemäß und anhand der vermutlich größten<br />

inhaltlichen Schnittmenge zu einzelnen Clustern zu ordnen. Diesen<br />

können dann Oberbegriffe verliehen werden, welche schließlich die<br />

einzelnen Perspektiven darstellen.<br />

3) Die Festlegung erster Arbeitsstrukturen<br />

Um im Anschluss an die Klausurtagung arbeitsfähig zu werden, macht<br />

es in größeren Personalratsgremien Sinn, die ersten Arbeitsschritte<br />

(Entwicklung <strong>einer</strong> Vision, passender Strategien und die Suche nach<br />

geeigneten Teilzielen inkl. Kennzahlen) <strong>einer</strong> Arbeitsgruppe zu<br />

überlassen und evtl. einen Projektkoordinator zu benennen. Kl<strong>einer</strong>e<br />

Personalratsgremien entwickeln die BSK zumeist gemeinsam.<br />

15


Erfahrungsgemäß sind 3-5 Personalratsmitglieder für die BSK-<br />

<strong>Erarbeitung</strong> eine gute und arbeitsfähige Gruppengröße.<br />

Wichtig ist vor allem aber die verbindliche Vereinbarung von Spielre-<br />

geln. Diese müssen im Voraus geklärt und protokollarisch festgehal-<br />

ten werden:<br />

Was sind die Arbeitsaufgaben der Arbeitsgruppe?<br />

(Entwicklung von Vorschlägen <strong>zur</strong> Vision, zu Strategien, Teilzielen,<br />

Kennzahlen und zu Messweisen, Bewertung von Ist- und Sollwerten<br />

und <strong>Erarbeitung</strong> von Maßnahmevorschlägen)<br />

Was darf die Arbeitsgruppe alleine entscheiden, was wird (wann) an<br />

das Gesamtgremium <strong>zur</strong>ückgespielt?<br />

Wie vertraulich werden die (ersten) Arbeitsergebnisse verwendet?<br />

...<br />

BSK-Informationen im Rathaus<br />

Der Personalrat sollte sich zudem überlegen, ob er der Dienststellenlei-<br />

tung oder dem erweiterten Führungskräftezirkel der Verwaltung seine<br />

BSK-Absichten mitteilt, bevor er mit der Detailarbeit beginnt. Je nach<br />

Ausprägung der Kooperationskultur zwischen den Interessenvertretern<br />

kann daraus auch eine Diskussion über strategische Leitlinien der Ver-<br />

waltung insgesamt erwachsen, wie es in einigen Verwaltungen der in<br />

unserem Projekt engagierten Personalräte der Fall ist.<br />

Ebenso sollte der Personalrat abwägen, ob er der Belegschaft seine Ab-<br />

sichten mit der BSK erörtert, bzw. zu welchem Zeitpunkt er dies macht.<br />

Beispielsweise kann dies im Intranet dokumentiert, in Rundbriefen publi-<br />

ziert werden o.ä. Im Rahmen des Projektes wurde ausdrücklich betont,<br />

dass der Personalrat mit der BSK auch den Beschäftigten ein nachvoll-<br />

ziehbares Bild der eigenen Anstrengungen liefern kann.<br />

16


3.2) Der BSK Konturen geben<br />

Nachdem die Spielregeln klar, die Arbeitsstrukturen vereinbart sind und<br />

diese protokollarisch dokumentiert wurden, kann es losgehen.<br />

Entwicklung <strong>einer</strong> geeigneten Vision<br />

Eine Vision stellt gewissermaßen ein Oberziel dar. Sie gibt Antwort auf<br />

die Frage „Was will der Personalrat?“ und sie ist oberster Orientie-<br />

rungsrahmen, auf den hin sich das Gremium ausrichten soll. Eine Visi-<br />

on gibt Impulse, sie zeigt die Richtung an und zeichnet das wünschens-<br />

werte Bild, wie der Personalrat zukünftig beschaffen sein soll.<br />

Eine Vision sollte so formuliert sein, dass sie ...<br />

keine Utopie, sondern prinzipiell erreichbar ist - wenn auch schwer,<br />

eine Herausforderung darstellt und<br />

keine festgefahrenen Positionen konserviert, sondern neue Per-<br />

spektiven auftut. Andernfalls bleibt alles beim alten, weil kein wirkli-<br />

cher Anspruch an ein eigenes pragmatisches Verhalten und somit<br />

keine Selbstverpflichtung besteht.<br />

Es wurde bereits angesprochen, dass die BSK sich auf den Personalrat<br />

selbst und auf die Belange der Beschäftigten bezieht. Andere Perspekti-<br />

ven, die etwa bei <strong>einer</strong> Balanced Scorecard für eine Verwaltung gelten<br />

würden, wie interne Verwaltungsprozesse, Bürgerzufriedenheit, Finanz-<br />

situation o.ä., werden im Rahmen der BSK nicht betrachtet.<br />

Dies hat Auswirkungen auf den „roten Faden“, an dessen Anfang eine<br />

Vision steht. Im Prinzip kann für die BSK nur eine solche Vision formu-<br />

liert werden, die über die Maßnahmen innerhalb der vier BSK-<br />

Perspektiven erreichbar ist. Andernfalls genügt sie nicht den o.g. Krite-<br />

rien. Konkret könnte eine BSK-Vision für den Personalrat z.B. heißen:<br />

17


„Der PR ist kompetenter strategischer Akteur im Rahmen der Verwal-<br />

tungsmodernisierung.“<br />

Der Hauptzweck der BSK-Einführung und -Anwendung ist es schließlich,<br />

den Personalrat strategiefähig zu machen. Die Wahl dieses Oberziels ist<br />

ja Ausdruck eines bestimmten Mangels. Andere denkbare Visionen, z.B.<br />

„Arbeitsplatzerhalt der Belegschaft“ mögen zwar verwaltungspolitisch<br />

nachvollziehbar sein, dürften jedoch über das Maßnahmenpaket aus den<br />

BSK-Perspektiven nur sehr indirekt und wegen des evtl. geringen Ein-<br />

flusses entsprechender Maßnahmen schwer zu erreichen sein.<br />

Das Problem ist, dass sich ein so umfassendes Oberziel i.d.R. nicht hin-<br />

reichend anhand <strong>einer</strong> Kennzahl überprüfen oder ähnlich beurteilen<br />

lässt. Deshalb muss dies anhand von Hilfsmitteln getan werden, nämlich<br />

anhand von Strategien und Teilzielen.<br />

Finden passender Strategien<br />

Die Strategien beantworten die Frage: „Wie erreichen wir die Vision?“<br />

Sie stellen den Plan, um die Vision zu erreichen. Sie geben vor, auf wel-<br />

chem prinzipiellen Wege die Vision erreicht werden soll und sind daher<br />

auf die Zukunft ausgerichtet. M.a.W.: Sie stellen „Schneisen durch den<br />

Dschungel“ unendlich vieler Handlungsrichtungen dar, an denen sich<br />

die Personalräte orientieren können. Sie bilden die Hauptpfade, auf de-<br />

nen sich Personalräte bei ihren konkreten Maßnahmen bewegen. An-<br />

hand der Strategien lässt sich stets überprüfen, ob die Auswahl der Teil-<br />

ziele und Maßnahmen in die richtige Richtung geht. Umgekehrt verdeut-<br />

licht der Erreichungsgrad der Teilziele, ob die eingesetzten Strategien<br />

realistisch waren. Deshalb ist es entscheidend für den Erfolg der BSK,<br />

dass den Personalratsmitgliedern nicht nur die Vision, Strategien und<br />

Teilziele bekannt sind, sondern dass sie diesen auch zustimmen. Da-<br />

18


durch gewährleistet die Arbeitsgruppe, dass alle für Maßnahmen ver-<br />

antwortlichen Personalratsmitglieder wissen, warum sie diese Maßnah-<br />

men durchführen, und warum sie nicht ihren eigenen Weg durch den<br />

„Dschungel“ suchen müssen.<br />

Um geeignete Strategien zu finden, sprich, um die „Schneise zu schla-<br />

gen“, muss der Personalrat wissen, wo er ansetzt. Um zu wissen, wie er<br />

zum Ziel kommt, muss er also zunächst erarbeiten, wo er steht. In der<br />

Regel geschieht dies durch eine sog. Ist-Analyse. Dazu werden<br />

die eigenen Stärken und Schwächen analysiert (Potenziale),<br />

externe Risiken und fördernde Faktoren für eigene Handlungs-<br />

schritte erarbeitet und<br />

aktuelle und anstehende Veränderungen identifiziert, oder auch<br />

ungewisse Entwicklungen benannt.<br />

Aufbauend auf dieser Ist-Analyse kann der Personalrat geeignete Stra-<br />

tegien festlegen, wie seine Vision verwirklicht werden soll. Er bestimmt<br />

dadurch, welche "Schneise durch den Dschungel" relativ leicht zu<br />

"schlagen" ist, welche Handlungsgrundsätze so wichtig sind, dass es<br />

sich dafür lohnt, auch in wiedrigem "Gelände" Spuren zu hinterlassen<br />

und schließlich, welche Wege für die eigene Arbeit anstrengend, aber<br />

gangbar sind. Der Personalrat nimmt damit eine Priorisierung s<strong>einer</strong><br />

wichtigsten Handlungsgrundsätze vor und bestimmt deren Dringlich-<br />

keit.<br />

Erst mit <strong>einer</strong> solchen Ist-Analyse werden Strategien nachvollziehbar.<br />

Ihre Dokumentation (ggf. auch für andere Personalratsmitglieder) ist<br />

daher absolut erforderlich. Ganz praktisch kann dies anhand eines Vier-<br />

felder-Schemas über eine Moderation, z.B. mit Karten, durchgeführt<br />

werden (Abb. 6).<br />

19


Abb.6: Beispiel für eine Ist-Analyse anhand eines Vierfelderschemas<br />

Stärken<br />

Schwächen<br />

Positive, förderliche<br />

Entwicklungen<br />

PR ist im Projekt<br />

„BSK“ vertreten<br />

Personalratsausstattung<br />

Desinteresse<br />

einiger PR-Mitglieder<br />

Zu wenig Zeit für<br />

BSK-Aufbau<br />

PR wurde fast<br />

komplett wiedergewählt<br />

Negative, risikoreiche<br />

Entwicklungen<br />

Wachsende Anzahl<br />

der Beschwerden<br />

beim PR<br />

Können inhaltlich<br />

fast alle Beschwerden<br />

bearbeiten<br />

Hohes Alter<br />

PR-Mitglieder<br />

Reinigungsdienste<br />

werden ausgelagert<br />

Erfahrung im PR,<br />

aber Nachwuchsmangel<br />

PR-verliert dabei<br />

an Einfluss<br />

Mitarbeiterbelastung<br />

wächst<br />

PR kann DL nicht<br />

zu Maßnahmen<br />

bewegen<br />

Es versteht sich dabei von selbst, dass daraufhin vor allem solche Stra-<br />

tegien ausgewählt werden, die merklich <strong>zur</strong> Erreichung der Vision beitra-<br />

gen. Ansonsten „franst der rote Faden aus“. Letztlich bringt die Strategie<br />

natürlich nie alleine den Erfolg, sondern nur die Kombination der Stra-<br />

tegie mit einem realistisch eingeschätzten Kontext. Genau deshalb<br />

ist es wichtig, die Rahmenbedingungen, Veränderungen in der Verwal-<br />

tung usw. zu beschreiben. Auch die beste Strategie kann fehlschlagen,<br />

wenn sich die Rahmenbedingungen unvorhergesehen ändern. Außer-<br />

dem bleiben manche Strategien als Herangehensweise für bestimmte<br />

Probleme nur begrenzt umsetzbar, z.B. wenn viele vom Personalrat an-<br />

geregte Maßnahmen von anderen Akteuren in der Verwaltung blockiert<br />

werden. Deshalb sollte die BSK jedoch nicht als disfunktional abgetan<br />

werden, sondern es sollte eine Angleichung / Neuformulierung der Stra-<br />

tegie erfolgen. Insofern ist es wichtig, regelmäßig zu überprüfen, ob die<br />

20


Strategie aus der jeweiligen Personalratssicht immer noch als kontext-<br />

konform formuliert gilt.<br />

Wenn – wie o.g. – die Visionsbestimmung im Rahmen der BSK inhaltlich<br />

relativ begrenzt bleibt, dann gilt dies i.d.R. auch für adäquate Strategien.<br />

Denkbare Strategien könnten z.B. lauten:<br />

• Der PR beteiligt sich aktiv und vorbeugend an der Gestaltung<br />

der Verwaltung von heute und morgen.<br />

• Der PR entwickelt nach Möglichkeit eigene Konzepte.<br />

• Der PR sorgt für eine qualitativ gute Beteiligung der Beschäftigten<br />

am Verwaltungsgeschehen.<br />

Diese Beispiele für Strategien illustrieren Handlungsgrundsätze <strong>zur</strong> Er-<br />

reichung der Vision eines „strategiefähigen Personalrats“. Sie stellen den<br />

direkten Bezug zu den BSK-Perspektiven her, beziehen sich auf den<br />

weitgehend eigenen Einflussbereich des Personalrats und geben kon-<br />

krete Anhaltspunkte für die Formulierung spezifischer Teilziele.<br />

Wie kommen wir zu den Teilzielen?<br />

Um den „roten Faden“ beizubehalten, müssen den Perspektiven nun<br />

konkrete Teilziele zugeordnet werden, die den Strategien entsprechen.<br />

Ziele müssen konkret beschrieben sein, denn nicht der Weg ist das<br />

Ziel, sondern ein angestrebter Zustand! Nur wenn dies der Fall ist, kön-<br />

nen auch zielgerichtete Handlungen erfolgen. Deshalb ist es unabding-<br />

bar, konkrete Ziele zu formulieren. Zum Beispiel ist das Ziel „Öffnungs-<br />

zeiten des Personalratsbüros“ viel zu vage formuliert, da niemand weiß,<br />

ob die Öffnungszeiten länger werden sollen, oder ob viele Arbeiten vor<br />

Ort oder online erledigt werden sollen, so dass sogar kürzere Öffnungs-<br />

zeiten gewünscht sind. Es ist also wichtig, die Ziele im Wortlaut zu präzi-<br />

sieren, z.B. „längere Öffnungszeiten des Personalratsbüros“. Wie weiter<br />

unten noch aufgezeigt wird, werden den Teilzielen deshalb auch kon-<br />

21


krete Soll-Werte zugeordnet, anhand derer man den beabsichtigten Zu-<br />

stand festlegt, z.B. Personalratsbüro 30 Std. pro Woche geöffnet, anstatt<br />

zuvor z.B. 20 Std.<br />

Bei der Auswahl der Teilziele in allen vier Perspektiven sollte auch dar-<br />

auf geachtet werden, dass sich diese untereinander nicht widersprechen<br />

(mögliches Negativbeispiel: hohe Fortbildungsintensität im Personalrat<br />

vs. hohe Anwesenheitsquote bei Personalratssitzungen) 3 .<br />

Merkpunkte bei der Formulierung der Teilziele sind folgende:<br />

Teilziele müssen vom gesamten Personalrat legitimiert sein<br />

Teilziele müssen eine Herausforderung darstellen, aber erreichbar<br />

sein<br />

Teilziele müssen klar und verständlich beschrieben sein<br />

Teilziele müssen begründet sein (sich an der Strategie orientieren)<br />

Teilziele müssen als Ergebnis beschrieben und positiv sein<br />

Wie findet man passende Teilziele?<br />

Bei der Zielfindung sollte der Personalrat Schritt für Schritt vorgehen.<br />

Empfehlenswert ist es, nicht mit der Mitarbeiter-Perspektive, sondern zu<br />

Beginn mit <strong>einer</strong> anderen zu beginnen, da hier die Einübung der Zielfin-<br />

dung leichter fallen dürfte.<br />

Neben dem unten aufgeführten Strauß von Teilzielen und passenden<br />

Kennzahlen (s. S. 28ff) favorisiert der Personalrat vielleicht noch andere<br />

Teilziele. Dazu sollte er zunächst mögliche Varianten sammeln, die in<br />

Frage kommen. Jede(r) Beteiligte an der Zielfindung muss dabei be-<br />

gründen, warum sein Ziel Sinn machen könnte, z.B. warum<br />

- es helfen könnte, Schwachstellen der Personalratsarbeit zu über-<br />

winden,<br />

- es nebulöse Zonen ins Blickfeld rückt,<br />

3<br />

Die Erreichung des einen Ziels bedingt ggf. die Verfehlung des anderen. Dies muss aber nicht so<br />

sein.<br />

22


- es der Strategie entspricht,<br />

- es die Personalratsarbeit fördern kann,<br />

- es hilft, Hindernisse offensiv anzugehen o.ä.<br />

Durch dieses Vorgehen wird eine sinnvolle Vorauswahl getroffen, über<br />

die allerdings erst in einem späteren Schritt entschieden wird (s. S. 32ff).<br />

Vorneweg sei bereits hier gesagt, dass am Ende nicht mehr als 4-5 Teil-<br />

ziele pro Perspektive festgelegt werden sollten, um ein übersichtliches<br />

Instrument zu schaffen und um vor allem die dringlichsten Teilziele des<br />

Personalrats zu identifizieren.<br />

Rein praktisch eignet sich für die Formulierung eine klassische Ziele-<br />

Sammlung mit Moderationskarten (vgl. Abb. 11, S. 33).<br />

Zuordnung der Kennzahlen<br />

Nachdem mögliche Teilziele identifiziert wurden, geht es im nächsten<br />

Schritt darum, diesen geeignete Kennzahlen zuzuordnen.<br />

Warum Kennzahlen?<br />

Kennzahlen sind Abbilder von bestimmten Zuständen bzw. Sachverhal-<br />

ten. Sie dienen also der Überprüfung der Teilziele, die ja nichts anderes<br />

darstellen als beabsichtigte Zustände in der Zukunft. Kennzahlen liefern<br />

dementsprechend Aufschluss über den Erreichungsgrad der Teilzie-<br />

le.<br />

Mit Hilfe von Kennzahlen ist diese Überprüfung wesentlich „objektiver“,<br />

als wenn man sich nur auf sein „Gefühl“ verlässt. Sie geben somit Orien-<br />

tierung und sind gleichzeitig Erfolgsmaßstab.<br />

Ferner sind sie immer auch Anlass <strong>zur</strong> Diskussion darüber, wie ein Ziel<br />

gemessen werden soll. Mit der Auswahl entsprechender Kennzahlen<br />

wird es erforderlich, sich über die Informationsdichte, die Aussagekraft<br />

und die Veränderbarkeit von Kennzahl-Ausprägungen zu verständigen.<br />

23


Sie zeigen somit immer auch, inwieweit Ziele überhaupt realistisch und<br />

überprüfbar sind. Hierin lag oftmals ein struktureller Mangel typischer<br />

Zielpyramiden etc.: hehre Ziele wurden aufgestellt, der eigene Einfluss<br />

darauf blieb indessen oft beschränkt.<br />

Blenden Kennzahlen? Zeigen sie einen Scheinzustand?<br />

Kennzahlen sind quantitative Daten in verdichteter Form. Und hierin<br />

liegen gleich zwei Dilemmata:<br />

a) Dadurch, dass Kennzahlen komplexe Zustände in <strong>einer</strong> Zahl abbilden,<br />

wird der mögliche Informationsgehalt über einen Zustand von vornher-<br />

ein reduziert, d.h., mit Kennzahlen ist nur ein beschränkter Blick auf<br />

einen Sachverhalt möglich. Da meistens mehrere <strong>zur</strong> Überprüfung ei-<br />

nes Teilziels in Frage kommen, liegt die Beurteilung der Zielerreichung<br />

somit quasi im Auge des Betrachters, der die Kennzahl ausgewählt<br />

hat.<br />

b) Vor allem qualitative Teilziele sind streng genommen nicht quantitativ<br />

überprüfbar. Ein Beispiel: Als Wert der Mitarbeiterzufriedenheit ergibt<br />

sich 3,5! Diese Aussage verdeutlicht das Problem. Welchen Wert qua-<br />

litative Ziele annehmen, hängt immer mit der willkürlichen Maßstabs-<br />

Auswahl durch den Kennzahl-Entwickler zusammen: Wo beginnt und<br />

wo endet die Skala, wie kommt die Zahl zustande (wer bewertet, nach<br />

welchen Kriterien / Indikatoren wird beurteilt, wie werden die Indikato-<br />

ren gewichtet, u.v.m.)? Jemand, der keine Kenntnis über diese Festle-<br />

gungen hat, kann mit dem Wert der Kennzahl wenig anfangen.<br />

Dennoch kann die Arbeit mit Kennzahlen sehr sinnvoll sein. Im Rahmen<br />

der BSK sind dazu strukturell vorteilhafte Rahmenbedingungen vorhan-<br />

den: zum einen werden in jeder BSK-Perspektive stets mehrere Kenn-<br />

zahlen analog zu den (4-5) Teilzielen erhoben. Dies garantiert einen<br />

nicht allzu einseitigen Blick auf die strategische Aufstellung des Perso-<br />

24


nalrats. Zwar kann auch damit nicht die gesamte Personalrats-<br />

Wirklichkeit erfasst werden, trotzdem geht man mit der spezifischen<br />

Kennzahl-Auswahl davon aus, einen möglichst großen Ausschnitt über<br />

die wichtigsten strategischen Handlungsfelder abzudecken. Auch die<br />

Erfassung lediglich beurteilbarer qualitativer Ziele anhand von quantitati-<br />

ven Kennzahlen entspricht diesem Ansatz. Das Risiko eines Informati-<br />

onsverlustes wird angesichts der Tatsache, dass zumindest näherungs-<br />

weise ein hinreichend gutes Abbild der Personalrats-Wirklichkeit geliefert<br />

wird, als Konvention in Kauf genommen. Durch die o.g. Notwendigkeit<br />

<strong>zur</strong> Ziel- und Kennzahl-Verständigung im PR-Gremium kann die Auswahl<br />

der jeweiligen Kennzahlen außerdem legitimiert werden.<br />

Da die meisten Kennzahlen allerdings Momentaufnahmen sind und im-<br />

mer auch in einem gewissen Bewertungszusammenhang stehen, kön-<br />

nen sie nur angemessen eingeschätzt werden, wenn Vergleichswerte<br />

vorliegen: gegenüber früheren Zuständen, gegenüber anderen Akteuren<br />

(Konkurrenten, Abteilungen o.a.) etc. Darin liegt auch das größte Er-<br />

kenntnisinteresse bei der Entwicklung von Kennzahlen. Nicht der einzel-<br />

ne Zahlenwert ist in der Regel entscheidend, sondern vielmehr die Ver-<br />

laufsentwicklung dieser Werte. Nur hierüber können positive oder ne-<br />

gative Tendenzen sichtbar gemacht werden.<br />

Mit der Auswahl geeigneter Kennzahlen sind jedoch noch weitere Bedin-<br />

gungen verbunden:<br />

Das Zustandekommen vor allem von Kennzahlen, die aus Beurteilungen<br />

in Form eines Indexes generiert werden, sollte auf eine möglichst saube-<br />

re Weise passieren. Kennzahlen werden dann unbrauchbar, wenn sie<br />

nicht gewissen „Gütekriterien“ entsprechen, vor allem:<br />

a) Validität – die Kennzahl muss eine gültige Auskunft über den Zieler-<br />

reichungsgrad geben. Eine Messung des Betriebsklimas über den<br />

Krankenstand wäre beispielsweise nicht valide.<br />

25


) Reliabilität (d.h. Verlässlichkeit) – die Kennzahl muss auf verlässliche<br />

Weise zustande kommen. Eine Befragung von Mitarbeitern über ihre<br />

Arbeitszufriedenheit direkt nach <strong>einer</strong> emotionsgeladenen Betriebs-<br />

versammlung liefert beispielsweise nur ein verzerrtes Bild, nicht aber<br />

eine verlässliche Auskunft.<br />

c) Objektivität – die Kennzahlerhebung muß möglichst unabhängig von<br />

der Erhebungsperson sein, sonst stimmt nachher die „wirkliche“ Be-<br />

urteilung aufgrund persönlicher Befangenheiten nicht.<br />

Eine absolute Güte der Kennzahlen lässt sich niemals herstellen. Wichtig<br />

ist jedoch, sich bei ihrer Erhebung diesem Zustand möglichst anzunä-<br />

hern und alles dafür zu tun, damit „gute“ Kennzahlen erzeugt werden. 4<br />

„Gute“ Kennzahlen sind überdies immer nur solche, von denen man<br />

weiß, wie man sie erheben will. Deshalb empfiehlt es sich, bei der<br />

Sammlung geeigneter Kennzahlen für Teilziele immer auch geeignete<br />

Messweisen zu benennen. Erfahrungsgemäß werden bei quantitativen<br />

Teilzielen oft Kennzahlen ausgewählt, bei deren Erhebung Unklarheit<br />

darüber herrscht, wie sie erhoben werden. Beispiel: Das Teilziel „niedri-<br />

ge“ Fluktuation soll über die Kennzahl „Fluktuationsquote“ gemessen<br />

werden. Dies kann aber über verschiedenen Messweisen erreicht wer-<br />

den. Deshalb sollte sofort abgestimmt werden, auf welche Weise dies<br />

passieren soll (bezogen auf welchen Personenkreis, Zeitraum u.a.). Bei<br />

qualitativen Teilzielen ist dies noch viel entscheidender, da hier oft<br />

Kennzahlen benannt werden, die in einem umfangreichen Verfahren<br />

(Fragebogenaktion o.ä.) generiert werden. Oftmals ist es deshalb not-<br />

wendig, zunächst grob zu benennen, welchen Umfang die Erhebung ha-<br />

4 Daneben gibt es noch einige andere relevante Aspekte für „gute“ Kennzahlen, z.B. bei Stichprobenerhebungen<br />

das Kriterium der „Repräsentativität“, was vor allem besagt, dass alle Merkmalsträger<br />

der Grundgesamtheit die gleiche Chance haben müssen, in die Stichprobe zu gelangen. Da hiermit<br />

jedoch tiefergehende Fragestellungen, Herangehensweisen u.a. einher gehen, wird an dieser Stelle<br />

darauf verzichtet.<br />

26


en soll und welche Einzelaspekte eine Rolle spielen werden. 5 Beispiel:<br />

Kennzahl „Index für Mitarbeiterzufriedenheit“. Die entsprechende Mess-<br />

weise muss also (zunächst grob) beschreiben, aus welchen Indikatoren<br />

der Index gebildet werden soll (z.B. Zufriedenheit mit Arbeitsbedingun-<br />

gen, Zufriedenheit mit Führungskräften u.ä.). Zudem muss vorab geklärt<br />

werden, welcher Maßstab angelegt werden soll, wer diese Einschätzun-<br />

gen treffen soll etc. In der Regel kennt man aber nicht immer jeden Ar-<br />

beitsschritt, jeden relevanten Indikator o.ä. schon vorher. Deshalb ge-<br />

nügt zunächst eine grobe Abschätzung. Auf dieser Grundlage erfolgt<br />

dann die Auswahl der Teilziele, Kennzahlen und Messweisen. Eine ge-<br />

nauere <strong>Erarbeitung</strong> der Messweise sollte erst dann vorgenommen wer-<br />

den, wenn die Erhebung des entsprechenden Teilziels auch wirklich ab-<br />

gestimmt worden ist. So kann man sich ggf. eine Menge unnötige Arbeit<br />

sparen.<br />

Auswahl-Strauß<br />

Um Personalräten die Suche nach in Frage kommenden Teilzielen,<br />

Kennzahlen und Messweisen zu erleichtern, wird an dieser Stelle ein<br />

Strauß von Kombinationen zusammengestellt, der die eigenen Ideen<br />

der jeweiligen Personalratsgremien ergänzt (Abb. 7-10). Dieses Set stellt<br />

eine Sammlung möglicher Varianten dar, die im Rahmen des Projektes<br />

„Personalratsarbeit der Zukunft“ erarbeitet wurden. Die Teilziele, Kenn-<br />

zahlen und Messweisen müssen jedoch nicht obligatorisch in den jewei-<br />

ligen Perspektiven aus dem Auswahl-Strauß plaziert werden, sondern<br />

sie können, wenn es inhaltlich zu begründen ist, ebenfalls anderen Per-<br />

spektiven zugeordnet werden.<br />

5 Einen guten und praxisbezogenen Einblick liefern Killian / Schneider (2003) in ihrem Projektbericht<br />

<strong>zur</strong> Methodik von Beschäftigtenbefragungen durch den Personalrat am Beispiel der Kommunalverwaltung<br />

Düsseldorf.<br />

27


Abb.7: mögliche Inhalte der Perspektive „Beschäftigte“<br />

Perspektive Beschäftigte<br />

Teilziele Kennzahl Messweise<br />

keine betriebsbedingten<br />

Kündigungen<br />

Entlassene Mitarbeiter Anzahl entlassener Mitarbeiter / MA-Zahl am 1.1. des<br />

Jahres<br />

mehr Ausbildungsplätze Ausbildungstätigkeit Anzahl Azubis / Anzahl MA gesamt<br />

Entfristung Anteil befristeter Arbeitsverträge Anzahl befristeter Arbeitsverträge / Anzahl Arbeitsverträge<br />

gesamt<br />

Verringerung der Arbeitsunfälle<br />

Anzahl der ArbeitsunfälleAnzahl<br />

der Krankmeldungen<br />

Anzahl Arbeitsunfälle oder durchschnittliche Anzahl<br />

Arbeitsunfälle / Jahr<br />

gesunde Arbeitswelt Krankenstand absolute Zahl der Krankmeldungen / Monat<br />

gesunde Arbeitswelt Krankenstand Krankentage gesamt je ZE / Arbeitstage gesamt je ZE<br />

Verringerung der Arbeitsunfälle<br />

Sicherung, Verbesserung<br />

des Einkommens<br />

Sicherung, Verbesserung<br />

des Einkommens<br />

gesunde Arbeitswelt<br />

optimale, gesunde Fluktuationsquote<br />

zufriedene Mitarbeiter<br />

Mitarbeitergefährdung und -<br />

belastung<br />

Veränderungen bei Gehalt u./o.<br />

Lohn<br />

Höhergruppierung u./o. Beförderungen<br />

Fehlzeitenquote<br />

Fluktuationsquote<br />

Erfassen eines „MA-Zufriedenheitsindexes“<br />

Anzahl der Weiterbildungsveranstaltungen<br />

u./o. Fort- u.<br />

Weiterbildungsangebot<br />

Qualifikationsstand der MA<br />

Gefährdungs- und Belastungsanalyse (physisch und<br />

psychisch)<br />

Durchschnittsgehalt (-lohn) nach Arbeitssystem / Jahr<br />

durchschnittlicher Entgeltzuwachs / Jahr<br />

Anzahl pro Vergütungsgruppe<br />

Anzahl Fehltage gesamt / Anzahl Arbeitstage gesamt /<br />

Monat<br />

Personalabgänge * 100 / durchschnittl. Personalstand<br />

im Jahr<br />

Fragebogen zu Zufriedenheit, Schulnote<br />

Anzahl Schulungstage / Anzahl Gesamtarbeitstage pro<br />

MA und Monat (Quartal o.ä.)<br />

Anzahl der Fortbildungsangebote<br />

Anzahl Teilnehmer an Fortbildungsangeboten je Beschäftigtengruppe<br />

Fortbildungsmittel im Etat<br />

Anzahl Teilnehmer an Aufstiegslehrgängen<br />

Qualifikationsmatritzen<br />

Arbeitszeit Dauer durchschnittliche Arbeitszeit / Arbeitsplatz<br />

Anzahl der Überstunden / Arbeitsplatz<br />

Gleichbehandlung Fragebogen, Schulnoten zu einzelnen Aspekten, z.B.<br />

zu gender mainstreaming<br />

Beteiligung u./o. Einfluß Anzahl Mitarbeiter in Projektgruppen<br />

28


Abb.8: mögliche Inhalte der Perspektive „Wertschätzung“<br />

Perspektive Wertschätzung<br />

Teilziele Kennzahl Messweise<br />

Steigerung der Wahlbeteiligung<br />

Kontinuität im PR<br />

Hohe Teilnahme an themengebundenen<br />

Veranstaltungen<br />

Hohe Teilnahme an Personalversammlungen<br />

hoher Rückhalt in der Belegschaft<br />

Wahlbeteiligung / Wiederwahl Wahlbeteiligung in %<br />

Teilnehmer-Zahl pro Veranstaltung<br />

Teilnahme an Belegschaftsversammlungen<br />

Anteil wiedergewählter PR-Mitglieder am Gesamtgremium<br />

Anteil Teilnehmer je Zielgruppe<br />

Anzahl Teilnehmer, ggf. Aufteilung nach Themen<br />

Zufriedenheit mit dem PR Anteil wiedergewählter PR-Mitglieder im Gesamtgremium<br />

Fragebogen <strong>zur</strong> MA-Zufriedenheit mit dem PR<br />

Aufnahme von PR-Infos per Intranet und Rückmeldung<br />

hoher Organisationsgrad Organisationsgrad Anzahl gewerkschaftlich organisierter MA / Gesamt-<br />

MA-Zahl<br />

hohe Zufriedenheit der MA mit<br />

dem PR<br />

Zufriedenheit MA mit PR Fragebogen ( Index bilden)<br />

hohe Akzeptanz des PR bei DL Akzeptanz des PR bei DL Selbsteinschätzung des PR<br />

aktive Rolle des PR Einbringungsgrad des PR Anzahl Initiativanträge<br />

hohe Beratungskompetenz des<br />

PR<br />

Beschäftigtenkontakt des PR Anzahl der Kontakte für das PR-Gremium<br />

gute Erreichbarkeit Öffnungszeiten des PR-Büros Öffnungsdauer<br />

Öffnungsdauer / Kernarbeitszeit<br />

29


Abb.9: mögliche Inhalte der Perspektive PR-Arbeit<br />

Perspektive PR-Arbeit<br />

Teilziele Kennzahl Messweise<br />

hohe Wirksamkeit der PR-Arbeit Dienstvereinbarungen<br />

keine Überlastungen<br />

Anzahl der PR, die in Veränderungsprojekten<br />

teilnehmen<br />

keine Überlastungen Belastung der PR-Gremien<br />

Transparenz<br />

Veröffentlichungen in Form von<br />

Artikeln, Rundschreiben, Zeitungsartikel<br />

u.ä.<br />

Teilnahme an externen Veranstaltungen<br />

/ Konferenzen<br />

Anzahl geschlossener DV in den letzten x Zeiteinheiten<br />

Anzahl gültiger DV im jeweiligen Monat<br />

siehe Kennzahl<br />

Anzahl PR-Sitzungen pro Monat<br />

Anwesenheitsquoten bei PR-Sitzungen<br />

Anzahl der Veröffentlichungen (nach Art) pro Jahr<br />

Anzahl Tage<br />

hohe Effektivität AZ- und Projektmanagement Zeitaufwand PR-Tätigkeit / Gesamtarbeitszeit<br />

Transparenz Intranetauftritt des PR Anzahl der Zugriffe<br />

viele Informationen für die PR-<br />

Arbeit<br />

viele Informationen für die PR-<br />

Arbeit<br />

Anteil abgelehnter Vorlagen Anzahl Ablehnungen / Gesamtvorlagen je Jahr<br />

Anteil erfolgreicher Ablehnungen Anzahl erfolgreicher Ablehnungen / Anzahl Ersuche<br />

Strategieumsetzungsgrad<br />

Anteil abgestimmter Vorlagen<br />

Beschäftigtenkontakte<br />

Kooperation mit Teams und<br />

Gruppensprechern<br />

Anzahl abgestimmter Vorlagen / Gesamtanzahl Vorlagen<br />

Anzahl Teilnahme PR an Teamsitzungen<br />

30


Abb.10: mögliche Inhalte der Perspektive „PR-Kompetenzen und PR-<br />

Ressourcen“<br />

Perspektive<br />

PR-Kompetenzen &<br />

PR-Ressourcen<br />

Teilziele Kennzahl Messweise<br />

arbeitsadäquate Ausstattung<br />

alle PR-Mitglieder sind grundgeschult<br />

breites Spektrum an Spezialwissen<br />

(z.B. Tarif) im PR vorhanden<br />

hohe Repräsentativität des PR in<br />

allen Bereichen der Verwaltung<br />

hohe Kompetenz durch Fortbildung<br />

arbeitsadäquate Personalkapazitäten<br />

PR-Büro und technische Ausstattung<br />

Anteil Teilnehmer mit PR-<br />

Grundschulung<br />

(Beteiligungs-) Kompetenz der<br />

PR-Mitglieder<br />

Erfahrungsbreite im PR über die<br />

Gesamtverwaltung<br />

Ausstattungsliste Ausstattungsgrad, z.B.<br />

Anzahl Räume, Anzahl PC’s im Verhältnis zu Beschäftigten<br />

& Freigestellten des PR; und Zugang dazu von<br />

Nichtfreigestellten<br />

PR-Mitglieder mit Grundschulung / Gesamtzahl Mitglieder<br />

des PR<br />

Qualifikationsmatritzen für PR-Aufgaben mit Grundund<br />

Spezialqualifikationen, Erstellung Qualifikationsprofil<br />

über Selbsteinschätzung<br />

Anteil PR-Mitglieder pro Verwaltungseinheit<br />

Fortbildungsintensität im PR Fortbildungstage je Kopf im Zeitraum XY<br />

Arbeitskapazität im PR<br />

motivierte und engagierte MA Motivation der PR-Mitglieder<br />

arbeitsadäquate finanzielle Ausstattung<br />

arbeitsadäquate Informationsquellen<br />

sind verfügbar<br />

Informationsfluss an ver.di ist<br />

sichergestellt<br />

effiziente, ergebnisorientierte<br />

faire PR-Sitzungen<br />

PR-Haushalt / finanzielle Ausstattung<br />

Verfügbarkeit von Informationsquellen<br />

Anbindungsgrad an ver.di<br />

Diskussionsqualität in PR-<br />

Sitzungen<br />

Volumen der gesamten, <strong>zur</strong> PR-Arbeit <strong>zur</strong> Verfügung<br />

stehenden Arbeitszeit / Gesamtarbeitszeit der PR-<br />

Mitglieder<br />

Anzahl Freistellungen / Teilfreistellungen<br />

Arbeitsstunden der Bürobeschäftigten<br />

interne + externe Beratung in Stunden<br />

Fragebogen <strong>zur</strong> eigenen Motivation, Selbsteinschätzung<br />

absolut in €<br />

relativ zum Gesamthaushaltsvolumen<br />

Anzahl abonnierter (und gelesener) Fachzeitschriften<br />

Anzahl Newsletter<br />

Umläufe über die Verwaltung<br />

Anzahl Internetzugänge<br />

Auflistung weiterer Quellen (ver.di, Büchereien ...)<br />

Anzahl Gespräche mit Politikern<br />

Fragebogen nach jeder Sitzung<br />

31


Festlegung der BSK<br />

Wie wird nun eine für den jeweiligen Personalrat passende BSK kontu-<br />

riert?<br />

Nachdem zunächst „auf der grünen Wiese“ mögliche Teilziele sowie ad-<br />

äquate Kennzahlen und Messweisen gesammelt wurden, geht es nun<br />

darum, die wichtigsten davon auszuwählen; und zwar diejenigen, die in<br />

ihrer Kombination den vermeintlich größten Ausschnitt der strategi-<br />

schen Fähigkeiten des Personalrats bilden und die gleichzeitig der ge-<br />

meinsam entwickelten Vision sowie den formulierten Personalratsstrate-<br />

gien entsprechen.<br />

Beispielsweise macht es wenig Sinn, ein Teilziel „Abwicklung vieler An-<br />

fragen über das Intranet“ auszuwählen, wenn die Strategie lautet: „Der<br />

Personalrat erhöht seine Präsenz vor Ort“.<br />

Für die Auswahl der Teilziele (inkl. Kennzahlen und Messweisen) emp-<br />

fiehlt sich ein Verfahren, das gleichermaßen einfach wie demokratisch<br />

ist, denn genau dies - Praktikabilität und demokratische Legitimation<br />

- sind die beiden wichtigsten Garantien für eine hohe Umsetzungswahr-<br />

scheinlichkeit solcher Instrumente.<br />

Hinter das Set von Teilzielen, Kennzahlen und Messweisen werden in<br />

jeder Perspektive drei Spalten mit den Überschriften „Wichtigkeit“ (W),<br />

„Messbarkeit“ (M) und „Verwertbarkeit“ (V) aufgemalt: 6<br />

6 Es ist ebenso denkbar, eine zusätzliche vierte Spalte „Erreichbarkeit des Teilzieles“ mit aufzunehmen. Angesichts<br />

der Tatsache, dass eine unkomplizierte Bearbeitung ermöglicht werden soll, und der Tatsache, dass bei der<br />

Teilzielsammlung vermutlich keine völlig unrealistischen Ziele ausgewählt werden (denn u.a. diesbezüglich wird<br />

der Personalrat in den Auftaktveranstaltungen ja unterwiesen), ist diese Spalte aber nicht unbedingt erforderlich.<br />

32


Teilziel Kennzahl Messweise W M V<br />

Abb.11: <strong>Erarbeitung</strong> von Teilzielen, Kennzahlen und Messweisen<br />

Pro Perspektive wird eine bestimmte Zeit festgelegt, innerhalb derer dis-<br />

kutiert wird, für wie wichtig, für wie leicht messbar und wie verwertbar die<br />

Erreichung eines bestimmten Teilziels bzw. die Auswertung der dazuge-<br />

hörigen Kennzahl erachtet wird. Die Zeitbegrenzung dient dazu, sich<br />

nicht in Endlosdiskussionen zu verlieren, sondern zu einem bestimmten<br />

Zeitpunkt eine Entscheidung herbeizuführen. Diese Entscheidung wird<br />

getroffen, indem jedes Personalratsmitglied für jede der drei Spalten ge-<br />

nauso viele (Klebe-)Punkte erhält wie Teilziele ausgewählt werden sol-<br />

len. 4-5 sollten aber ausreichen, denn sonst „beseitigt man eher alle<br />

Klarheiten“ als umgekehrt.<br />

Am Ende der Diskussion sollte dann pro Spalte jeder seine 4-5 Punkte in<br />

unterschiedliche Felder kleben. In allen drei Spalten gibt es dann die<br />

gleiche Anzahl von Punkten, wobei die Teilziele höchstwahrscheinlich<br />

sehr unterschiedlich gewichtet werden. So wird es Teilziele geben, die<br />

für sehr wichtig, aber schwer zu messen erachtet werden, wenngleich<br />

sie für außerordentlich verwertbar / anwendungsfähig gehalten werden.<br />

Ein mögliches Bild könnte folgendermaßen aussehen:<br />

33


Nr.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

Teilziel Kennzahl Messweise Wichtigkeit<br />

Schließlich werden die 4-5 Teilziele und entsprechenden Kennzahlen<br />

sowie Messweisen pro Perspektive festgelegt, die in allen drei Spalten<br />

zusammen die meisten Punkte erreichen. Auf diese Weise hat jedes<br />

Personalratsmitglied mit gleichem Gewicht <strong>zur</strong> Zielfindung beigetragen,<br />

was eine demokratische Legitimierung der BSK und damit die Wahr-<br />

scheinlichkeit <strong>einer</strong> aktiven oder zumindest ideellen Unterstützung der<br />

Personalratsmitglieder erhöht.<br />

Warum wird so verfahren?<br />

Messbarkeit<br />

Verwertbarkeit<br />

7 ... ... ...<br />

8<br />

... ... ...<br />

Abb.12: Bepunktung von Teilzielen, Kennzahlen und Messweisen<br />

Mit der Einteilung in drei Spalten generiert der Personalrat ein Set von<br />

Teilzielen und Kennzahlen für seine BSK, die in einem praxistauglichen<br />

„Aufwand-Ertrag"-Verhältnis stehen. So werden vermutlich keine Ziele<br />

ausgewählt, die als wichtig gelten, aber weder mit vertretbarem Aufwand<br />

messbar noch verwertbar sind. Der Personalrat vermeidet damit u.a. die<br />

Auswahl kaum erreichbarer Ziele. Andererseits werden ebenso keine<br />

Teilziele ausgewählt, die zwar leicht zu messen sind, aber wenig Er-<br />

kenntnisgewinn bringen. Beispiel: Wenn das Teilziel „geringer Kran-<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

34


kenstand“ mit der Kennzahl „Krankenstand“ und der Messweise „Anzahl<br />

krankheitsbedingter Fehltage x 100 / Anzahl Arbeitstage gesamt“ als<br />

wichtig und leicht messbar erachtet wird, dann erhält diese Kombination<br />

vermutlich wenig Punkte bei „Verwertbarkeit“, weil damit kaum Ursachen<br />

für Krankheiten, Krankheitsverteilungen in der Verwaltung u.a. abgebil-<br />

det werden können. Insofern ist das Teilziel wenig anschlussfähig für<br />

zielgerichtete Maßnahmen.<br />

Der Grund für die Bepunktung<br />

... in verschiedenen Spalten ist also, dass eine ausgewogene Auswahl<br />

zustande kommt, die<br />

- hohe, aber erreichbare Ziele beinhaltet,<br />

- mit vertretbarem Aufwand messbar ist und<br />

- anschlussfähig für Maßnahmen ist.<br />

Strategiefähigkeit heißt<br />

... in diesem Sinne sowohl Strategie- und Zielorientierung im Arbeitshan-<br />

deln, als auch Umsetzungsorientierung, so dass auch Erfolge sichtbar<br />

werden.<br />

Andere Instrumente, wie Zielpyramiden o.ä., kranken oftmals genau dar-<br />

an, dass zwar anspruchsvolle Ziele formuliert werden, diese aber nur<br />

schwer messbar / überprüfbar sind. Die Anwender können dementspre-<br />

chend selbst nicht dafür Sorge tragen, dass sie Erfolge bei der Umset-<br />

zung und Erreichung der Ziele verzeichnen.<br />

Es ist sinnvoll, die o.g. Auswahl auf Wandzeitungen zu treffen, auf denen<br />

mit Karten unterschiedliche Kombinationen von Teilzielen, Kennzahlen<br />

und Messweisen zusammengestellt werden können. Nachdem die Aus-<br />

wahl getroffen wurde, ist jedoch empfehlenswert, <strong>zur</strong> Visualisierung der<br />

BSK auf Wandzeitungen weiter zu arbeiten, jedoch auch <strong>zur</strong> Dokumen-<br />

35


tation auf Programme wie MS Excel umzusteigen, weil die BSK dadurch<br />

leichter kommunizierbar wird. Die Bedeutung <strong>einer</strong> für alle Personal-<br />

ratsmitglieder übersichtlichen und dadurch transparenten BSK sollte<br />

nicht unterschätzt werden. Es lohnt sich deshalb, in die grafische Ent-<br />

wicklung <strong>einer</strong> gut strukturierten, selbsterklärenden Darstellung etwas<br />

Arbeit zu investieren.<br />

4) Wie fängt man an zu arbeiten?<br />

Maßnahmenpaket schnüren<br />

Sinnvolle Maßnahmen sind entscheidend für das Erreichen der Ziele. Als<br />

Hilfestellung für die Arbeitsweise mit der BSK kann das folgende Merk-<br />

blatt (Abb. 13) dienen.<br />

Teilziel<br />

Hohe PR-Motivation<br />

Normale Arbeitszeitauslastung<br />

der Belegschaft<br />

Kennzahl<br />

(z.B.)<br />

PR-Motivation<br />

Arbeitszeit der MA<br />

Quelle Verantwortlich<br />

für die<br />

Erhebung<br />

Fragebogenerstellen<br />

Durchs<br />

chn.<br />

Anzahl<br />

der<br />

Überstunden<br />

pro<br />

Arbeitsplatz<br />

Selbst<br />

erstellen<br />

Hilfestellung<br />

bei xy<br />

suchen<br />

Personalbüro<br />

Mess<br />

weise<br />

Klaus Schulnote<br />

2<br />

Sollwert Istwert<br />

Markus 20 50<br />

Schulnote<br />

3,3<br />

Ursachen<br />

für Differenz<br />

PR-<br />

Mitglieder<br />

haben wenigmiteinander<br />

zu tun<br />

Doppelarbeiten,keine<br />

Infos im<br />

PR usw.<br />

Extremwerte<br />

in<br />

einzelnen<br />

Abteilungen<br />

...<br />

...<br />

Maßnahmen<br />

Gemeinsamen<br />

Ausflug<br />

organisieren<br />

Konzept <strong>zur</strong><br />

Verbesserung<br />

des<br />

Infoflusses<br />

im PR entwickeln<br />

Überstd.-<br />

Volumina<br />

nach Abt.<br />

aufdröseln<br />

und Einzelgespräche<br />

mit Abt.-<br />

Leitern über<br />

Reduktionsmöglichkeitenführen<br />

...<br />

...<br />

Wer? Bis<br />

wann?<br />

Peter<br />

und<br />

Ralf<br />

Anette<br />

und<br />

Markus<br />

tt.mm.jjjj<br />

tt.mm.jjjj<br />

Erika tt.mm.jjjj<br />

... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ...<br />

tt.mm.jjjj<br />

Abb.13: Beispiel für ein Merkblatt <strong>zur</strong> Erhebung von Kennzahlen und <strong>zur</strong> Arbeit mit der BSK<br />

Hinter die bestehenden Spalten werden noch weitere angefügt:<br />

36


• Quelle (Woher bekommt der Personalrat die Kennzahl?)<br />

• Verantwortlichkeit für die Erhebung (hierüber wird Verbindlichkeit her-<br />

gestellt)<br />

• Soll-Wert des Teilziels (ohne präzise Zielformulierung kann die Maß-<br />

nahmenwirkung nicht sinnvoll interpretiert werden)<br />

• Ist-Wert des Teilziels (zeigt den aktuellen Grad der Zielerreichung)<br />

• Ursache für evtl. Differenz (ohne Beschreibung der Ursache können<br />

keine sinnvollen Maßnahmen verabredet werden)<br />

• Maßnahme(n)<br />

• Verantwortlichkeit für Maßnahmen<br />

• Termin / bis wann? (so wird eine hohe Verbindlichkeit bei der Maß-<br />

nahmenumsetzung gewährleistet)<br />

Der erste Arbeitsschritt wird darin bestehen, die Teilziele zu überprüfen,<br />

d.h., erst einmal Kennzahlen zu bekommen. Bei quantitativen Zielen ist<br />

dies oftmals nur mit einem Gang ins „Personalbüro“ verbunden. Bei qua-<br />

litativen Zielen ist jetzt eine detailliertere <strong>Erarbeitung</strong> der Messweise und<br />

die Organisation der Erhebung erforderlich. Spätestens hier wird deut-<br />

lich, dass die BSK mehr ist als nur ein Raster auf einem Blatt Papier.<br />

Meistens wird es auch notwendig, für solche Erhebungsprojekte mit ex-<br />

tra Arbeitsgruppen zu planen.<br />

Maßnahmen sind aber vor allem Reaktionen auf Differen<strong>zur</strong>sachen zwi-<br />

schen Soll- und Ist-Wert der Teilziele. Sie verkörpern insofern Ideen, wie<br />

der Personalrat auf Missstände reagiert, um sich seinen jeweiligen Zie-<br />

len zu nähern. Natürlich können ebenso von Anfang an Maßnahmen<br />

formuliert werden, auch wenn noch keine Ist-Werte vorliegen.<br />

Oft kommt es auch vor, dass mit ein- und derselben Maßnahme auf<br />

mehrere Entwicklungen innerhalb der Perspektiven reagiert werden<br />

kann. Beispielsweise schlägt der Personalrat „zwei Fliegen mit <strong>einer</strong><br />

37


Klappe“, wenn er im Rahmen <strong>einer</strong> Mitarbeiterbefragung einen Index <strong>zur</strong><br />

„Zufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen“ (Mitarbeiterperspektive) und<br />

gleichzeitig einen Index <strong>zur</strong> „Zufriedenheit mit der Interessenvertretung<br />

durch den Personalrat“ (Perspektive "Wertschätzung") bildet. In welchen<br />

Fällen solche Synergien erzeugt werden können, sollte im Einzelfall ge-<br />

prüft werden.<br />

Manchmal, vor allem in kleinen Personalratsgremien, ist es schwierig,<br />

alle formulierten Maßnahmen direkt anzugehen. In diesem Fall sollte der<br />

Personalrat die verabredeten Maßnahmen priorisieren, z.B. nach dem<br />

Verfahren der Ziel- und Kennzahlauswahl.<br />

Stetigkeit sicherstellen<br />

Insbesondere am Anfang ist es wichtig, dass sich der Personalrat regel-<br />

mäßig trifft und über die nächsten Schritte berät. Deshalb sollte bei je-<br />

dem BSK-Treffen direkt der nächste Projekttermin festgelegt werden.<br />

Aber auch langfristig sind BSK-Termine in regelmäßigen Abständen,<br />

z.B. ein Mal pro Halbjahr, unabdingbar. Auf diesen Treffen steht die<br />

Überprüfung der Vision, der Strategien und der Teilziele an. Möglicher-<br />

weise hat sich die Ausgangslage in der Verwaltung innerhalb dieser Zeit<br />

so verändert, dass eine Anpassung der eigenen Vorgehensweise not-<br />

wendig wird. Oder aber die Auswahl der Teilziele war doch nicht so sinn-<br />

voll, wie es anfangs mehrheitlich angenommen wurde. In diesem Fall<br />

muss eine neue Auswahl-Runde initiiert werden.<br />

Spätestens zu diesen Zeitpunkten können außerdem die Personalrats-<br />

mitglieder, die ggf. mit anderen Aufgaben betraut sind, über den Ent-<br />

wicklungsstand der Personalrats-Strategiefähigkeit informiert werden.<br />

38


5) Wo bekomme ich Hilfestellung?<br />

... über:<br />

wenn ich mich für die BSK interessiere,<br />

wenn ich mit der BSK arbeiten möchte,<br />

wenn ich eine Auftaktveranstaltung organisieren möchte,<br />

wenn ich mich erst einmal einlesen möchte,<br />

wenn ich Kontakt zu beteiligten Personalräten aufnehmen möchte.<br />

Hans-Böckler-Stiftung / Forschungsförderung<br />

Volker Grünewald<br />

Hans-Böckler-Str. 39<br />

40476 Düsseldorf<br />

0211/7778-113<br />

volker-gruenewald@boeckler.de www.boeckler.de<br />

... oder über:<br />

ver.di Bundesverwaltung / Fachbereich Gemeinden<br />

Thomas Herbing<br />

Potsdamer Platz 10<br />

10785 Berlin<br />

030/6956-2231<br />

thomas.herbing@verdi.de www.verdi.de<br />

... oder über:<br />

<strong>BIT</strong> e.V.<br />

Roland Abel<br />

Unterstr. 51<br />

44892 Bochum<br />

0234/92231-20 www.bit-bochum.de<br />

abel@bit-bochum.de<br />

... oder über die Homepage der AG<br />

„Personalratsarbeit der Zukunft“:<br />

www.verdi.de/personalratsarbeit_der_zukunft<br />

Bundesverwaltung<br />

Fachbereich Gemeinden<br />

Referat Verwaltungsreform/<br />

Netzwerke<br />

39


6) Literaturtipps<br />

♦ Abel, R. (2001): Die Balanced Scorecard im Arbeitsfeld von Betriebs-<br />

räten – eine Präsentation von Umfrageergebnissen, Düsseldorf<br />

♦ Abel, R. / Wannöffel, M. (2002): Die Balanced Scorecard als Be-<br />

standteil der Betriebsratsarbeit, Arbeitspapier 62 der Hans-Böckler-<br />

Stiftung, Düsseldorf<br />

♦ Abel, R. / Bellmann, R. / Müller, S.-G. / Wannöffel, M. (2003): Endlich<br />

faire Zahlen; in: Die Mitbestimmung 11/2003, S. 66-69<br />

♦ Havighorst, F. / Müller, S.-G. (2000): Mehr als Kennzahlen – Balanced<br />

Scorecard als Beteiligungschance nutzen, Arbeitspapier 29 der Hans-<br />

Böckler-Stiftung, Düsseldorf<br />

♦ Kaplan, R. / Norton, D. (1997): Balanced Scorecard. Strategien erfolg-<br />

reich umsetzen, Stuttgart<br />

♦ Killian, W. / Schneider, K. (2003): Die Personalvertretung auf dem<br />

Prüfstand, edition der Hans-Böckler-Stiftung 100, Düsseldorf<br />

♦ Kißler. L. (2003): Zwischen Public Management und Local Go-<br />

vernance – Zur Standortsuche des Personalrats in der lokalen Demo-<br />

kratie; in: WSI-Mitteilungen 11/2003, S. 673-678<br />

♦ Scherer, A.G. / Alt, J.M. (Hg.) (2002): Balanced Scorecard in Verwal-<br />

tung und Non-Profit-Organisationen, Stuttgart<br />

♦ TBS NRW / Prospektiv GmbH (2002): Betriebsräte als Beteiligungs-<br />

strategen? Projektcontrolling nach BSC, TBS-Reihe Arbeit, Gesund-<br />

heit, Umwelt, Technik, Heft 55, Oberhausen<br />

40

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