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Clostridien - Freund oder Feind im Gärprodukt - Biogas-Infoboard

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<strong>Clostridien</strong> - <strong>Freund</strong> <strong>oder</strong> <strong>Feind</strong> <strong>im</strong> <strong>Gärprodukt</strong><br />

- Kurzfassung -<br />

<strong>Clostridien</strong> gehören zu den anaeroben Sporenbildnern. Die Gram-positiven<br />

Bakterien bilden gestreckte zylinderförmige Stäbchen. Sie benötigen zum<br />

Wachstum keinen Sauerstoff. Die meisten Arten sind strikt anaerob, einige jedoch<br />

mikroaerophil. <strong>Clostridien</strong> enthalten in der Regel keine Cytochrome <strong>oder</strong><br />

Katalasen, d.h., sie sind extrem Sauerstoff empfindlich. Sie enthalten jedoch eine<br />

Reihe von Flavinenzymen. Diese bilden in Gegenwart von Luftsauerstoff<br />

Wasserstoffperoxid, das auf Zellen toxisch wirkt.<br />

<strong>Clostridien</strong> verfügen über die Eigenschaften, die unterschiedlichsten Substrate wie<br />

Polysaccharide, Proteine, Aminosäuren und Purine vergären zu können und sind<br />

daher <strong>im</strong> Pansen und in der Umwelt überall zu finden und notwendig für die<br />

Verdauung und Zersetzung von Materialien. Aufgrund der Verwertbarkeit der<br />

Substrate kann z. B. zwischen<br />

saccharolytischen <strong>Clostridien</strong><br />

Clostridium cellulosaedissolvens<br />

C. thermocellum<br />

C. butyricum<br />

C. acetobutylicum<br />

C. acetogenum<br />

C. thermoaceticum<br />

Pepto-<strong>Clostridien</strong><br />

C. histolyticum<br />

C. sporogenes<br />

C. tetani<br />

C. perfringens<br />

C. botulinum<br />

Harnsäure –zersetzende <strong>Clostridien</strong><br />

C. acidi-urici<br />

und den freilebenden Stickstoff – bindenden <strong>Clostridien</strong><br />

C. pasteurianum<br />

unterschieden werden. Die Gruppe der <strong>Clostridien</strong> gehören <strong>im</strong> Boden zu den<br />

wichtigsten Cellulosezersetzern.<br />

Neben den <strong>Clostridien</strong> sind <strong>im</strong> Bioreaktor noch eine Vielzahl anderer Organismen<br />

an der Hydrolyse, Säure- und Essigsäurebildung beteiligt. So konnten <strong>im</strong> Pansen<br />

der Kuh neben den <strong>Clostridien</strong> auch eine Vielzahl anderer Cellulosezersetzer wie<br />

zum Beispiel Bacteroides - und Ruminococcus- Arten nachgewiesen werden.<br />

Die in einem Bioreaktor ablaufenden Prozesse sind kurz in einem Schaubild<br />

zusammengefasst:<br />

Dr. Annette Sander PlanET <strong>Biogas</strong>technik GmbH, Up de Hacke 26, 48691 Vreden<br />

Manuela Beyer EWE <strong>Biogas</strong> GmbH & Co. KG, Isums 45a, 26409 Wittmund


Es soll in diesem Zusammenhang betont werden, dass mit Ausnahme der<br />

Methanbildung <strong>Clostridien</strong> an all diesen Prozessen beteiligt sind; jedoch stellen sie<br />

nicht die Mehrzahl der Bakterien dar.<br />

Dr. Annette Sander PlanET <strong>Biogas</strong>technik GmbH, Up de Hacke 26, 48691 Vreden<br />

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Biomasse:<br />

•Proteine<br />

•Kohlenhydrate<br />

•Fette<br />

1<br />

Aminosäuren<br />

Zucker<br />

Glycerin<br />

Fettsäuren<br />

2<br />

Bioreaktor - Methanbildung<br />

2<br />

Buttersäure<br />

Propionsäure<br />

Alkohole u.a.<br />

Wasserstoff<br />

Kohlendioxid<br />

Essigsäure<br />

Wasserstoff<br />

Kohlendioxid<br />

Essigsäure<br />

Dr. Annette Sander PlanET <strong>Biogas</strong>technik GmbH, Up de Hacke 26, 48691 Vreden<br />

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<strong>Biogas</strong>:<br />

•Methan<br />

•Kohlendioxid<br />

Hydrolyse (1) Säurebildung (2) Methanbildung (3)<br />

2<br />

3<br />

3<br />

•Schwefelwasserstoff<br />

•Ammoniak<br />

3<br />

Gärreste<br />

„Edelgülle“


Neben der Methanbildung fällt ein nicht unerheblicher Teil an Reststoffen an, der<br />

als „Dünger“ wieder auf die Felder ausgebracht wird. In diesem Zusammenhang<br />

drängen sich Fragen nach der hygienischen Unbedenklichkeit dieser Gärreste auf.<br />

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Gülle, Silagen, Rest- und Abfallstoffe<br />

aus Landwirtschaft und Kommune je nach Beschaffenheit, Gewinnung,<br />

Behandlung, Lagerung und Transport qualitativ und quantitativ unterschiedlich<br />

stark mit obligat <strong>oder</strong> fakultativ pathogenen Mikroorganismen belastet sind.<br />

So konnten W. Philipp und R. Böhme (Hygienisches Risiko bei anaerober<br />

Verwertung von Reststoffen; KTBL-Schrift 444, 2006) zeigen, dass sich die<br />

Zellzahl an Clostridium perfringens in einer Kofermentationsanlage durch die<br />

thermophile Behandlung weder vermehren noch reduzieren ließ. Zu ähnlichen<br />

Ergebnissen kamen auch die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft und die<br />

TU München bei der Auswertung von Gärdaten. Sie konnten eine Vermehrung<br />

von Clostridium perfringens während der Gärversuche weder unter mesophilen<br />

noch unter thermophilen Bedingungen beobachten. Bei Untersuchungen in<br />

Österreich (J. Humer; Qualität von Abfällen aus <strong>Biogas</strong>anlagen,<br />

Umweltbundesamt, M-160, 2002) zeigte sich, dass in Gärrückständen ähnlich<br />

hohe Ke<strong>im</strong>belastungen wie <strong>im</strong> Wirtschaftsdünger zu finden sind. Auch die in 2005<br />

durchgeführte bundesweite Nachfrage bei Veterinären durch Herrn Prof. Wittmeier<br />

(Institut für Kreislaufwirtschaft, Bremen), ob Botulismus in einem Tierbestand auf<br />

die Ausbringung von Gärsubstrat aus <strong>Biogas</strong>anlagen auf Grünflächen<br />

zurückzuführen sei, ergab nach ca. 50% Rückmeldung bislang keinen einzigen<br />

bekannten Fall (persönliche Mitteilung).<br />

Hingegen vertreten Frau Prof. Monika Krüger (Uni Leipzig) und Herr Prof. Helge<br />

Böhnel (Uni Göttingen) in verschiedenen Artikeln die Ansicht, dass von Gärresten<br />

aus <strong>Biogas</strong>anlagen ein erhebliches Gefährdungspotential ausgeht. Hervorgerufen<br />

durch die Toxinbildung von C. perfringens und C. botulinum könnte es zu<br />

Vergiftungen von Tier und Mensch kommen. Insbesondere C. botulinum ist für die<br />

Bildung von toxischem Gift unter gewissen Umständen bekannt (Botulismus).<br />

Beide Wissenschaftler empfehlen daher die permanente Kontrolle der Gärreste<br />

auf die Anwesenheit dieser pathogenen Organismen, zumal sie auch von einer<br />

Vermehrung der Bakterien während der Fermentation und der Lagerung der<br />

Gärreste ausgehen.<br />

Zur Abklärung des Gefährdungspotentials werden <strong>im</strong> Auftrag des<br />

Niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums an der Bundesforschungsanstalt<br />

für Landwirtschaft unter der Führung von Prof. Weiland entsprechende<br />

Untersuchungen durchgeführt. Die zurzeit vorliegende Datenlage deutet ebenfalls<br />

nicht auf eine Erhöhung der pathogenen Ke<strong>im</strong>belastung in Gärresten hin<br />

(persönliche Mitteilung).<br />

Eine abschließende Beurteilung, ob durch die Ausbringung der Gärreste<br />

grundsätzlich eine Gefahr für Tier und Mensch besteht, ist nach Sichtung der<br />

derzeitigen Datenlage noch nicht möglich.<br />

Dr. Annette Sander PlanET <strong>Biogas</strong>technik GmbH, Up de Hacke 26, 48691 Vreden<br />

Manuela Beyer EWE <strong>Biogas</strong> GmbH & Co. KG, Isums 45a, 26409 Wittmund


Die EWE <strong>Biogas</strong> GmbH & Co. KG betreibt selbst und für die EWE AG drei<br />

<strong>Biogas</strong>anlagen in Werlte, Surwold und Wittmund. Es sind alles<br />

Kofermantationsanlagen mit einem Durchsatz von ca. 70% Gülle und 30% Abfall.<br />

In Werlte und Wittmund werden jeweils ca. 100-120.000 to/a durchgefahren, in<br />

Surwold ca. 40.000 to/a.<br />

Alle Anlagen sind Güte gesichert und sind in der Zulassung <strong>oder</strong> schon seit<br />

langem Entsorgungsfachbetrieb.<br />

Gülle und Abfälle werden komplett durch die 70°C Hygienisierung gefahren und<br />

enthalten keine E. coli, Salmonellen <strong>oder</strong> ke<strong>im</strong>fähige Samen.<br />

In den drei Anlagen wurden bereits mehrfach <strong>Clostridien</strong> durch die LUFA<br />

best<strong>im</strong>mt. Nachgewiesen wurden <strong>im</strong> Gärrest:<br />

- C. perfringens in allen Anlagen<br />

- C. bifermentans<br />

- C. sordellii<br />

- C. sporellii<br />

- C. difficile<br />

Bislang wurde C. botulinum nicht nachgewiesen. Parallel dazu wurde Gülle<br />

untersucht, die ebenfalls so auf Flächen ausgebracht wird.<br />

Auch hier fand man in Schweine- und Rindergülle :<br />

- C. perfringens in allen Proben<br />

- C. sordellii<br />

- C. bifermentans<br />

- C. beijerinkii<br />

- C. butyricum<br />

Quantitativ wurde nicht jede Probe best<strong>im</strong>mt. Gefunden wurden Größenordnungen<br />

an <strong>Clostridien</strong> gesamt von 2-5 X 10^2 KBE/l nach der Vergärung.<br />

Dr. Annette Sander PlanET <strong>Biogas</strong>technik GmbH, Up de Hacke 26, 48691 Vreden<br />

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