Luftwaffen-Revue - Netteverlag
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GESCHICHTE<br />
brauchs der Achsenmächte. Um auch<br />
diese Möglichkeit der Treibstoffversorgung<br />
zu unterbinden, wurde die „Halpro“<br />
Einheit unter dem Kommando<br />
von Oberst Halverson beauftragt, die<br />
Erdölraffinerien in Ploesti/Rumänien<br />
zu zerstören.<br />
Diese Bombereinheit, mit ihren 22 B-<br />
24D Liberator Bombern, war im Juni<br />
1942 auf dem RAF Stützpunkt Fayid in<br />
Ägypten stationiert. Gemäß dem Angriffsplan<br />
sollten die Bomber bewusst<br />
den Luftraum der neutralen Türkei<br />
verletzen, da sonst die Reichweite der<br />
schwer beladenen Bomber nicht ausreichte,<br />
um Rumänien zu erreichen.<br />
Sie sollten somit, nachdem sie das Mittelmeer<br />
überflogen hatten, über das<br />
türkische Taurus Gebirge in Richtung<br />
Çanakkale- Istanbul fliegen, um die<br />
Schwarzmeerküste Rumäniens zu erreichen.<br />
Nach dem Angriff sollten sie die-<br />
selbe Route zurückfliegen und im Irak<br />
landen. Als die letzten Vorbereitungen<br />
abgeschlossen wurden, starteten in der<br />
Nacht vom 11./12. Juni 1942 13 Liberator<br />
von ihrem Stützpunkt Fayid/Ägypten.<br />
Aber eine Maschine musste aus<br />
technischen Gründen gleich nach dem<br />
Start den Flug abbrechen. Da auch die<br />
anderen Flugzeuge technische Schwierigkeiten<br />
meldeten, versuchten die 12<br />
B-24D, anstatt wie vorgesehen im Verband,<br />
sich nunmehr vereinzelt zum<br />
Ziel durchzuschlagen. In den Morgenstunden<br />
über Ploesti angekommen,<br />
verhinderten die Wetterverhältnisse einen<br />
gezielten Bombenangriff. Einzeln<br />
flogen sie hoch das Ziel an und warfen<br />
ihre Bombenlast praktisch blind<br />
ab. Ohne viel Schaden anzurichten,<br />
traten die 12 Bomber wieder einzeln<br />
den Heimflug an. Nur fünf der Bomber<br />
konnten aber wie vorgesehen im Irak<br />
landen. Drei mussten aus Spritmangel<br />
in Syrien zwischenlanden.<br />
Die „Town Hall“ wurde auf dem Rückflug<br />
von einer Me 109 attackiert und<br />
dabei schwer beschädigt. Sie schaffte<br />
es dennoch, sich in den türkischen<br />
Luftraum zu retten und auf dem Flugplatz<br />
bei Adapazari, der sich gerade<br />
im Bau befand, notzulanden. Auch<br />
drei weitere B-24D Bomber, die „Little<br />
Eva“, „Blue Goose“ und die „Brooklyn<br />
Rambler“ zogen es vor, in Ankara/Türkei<br />
notzulanden. Wegen der türkischen<br />
Neutralität wurden die Besatzungen<br />
und Flugzeuge interniert. Die verletzten<br />
Besatzungsmitglieder wurden ärztlich<br />
versorgt und in einem Hotel in Ankara<br />
untergebracht. Sie konnten sich<br />
in der Stadt, wenn auch nur unter Be-<br />
22<br />
wachung, relativ frei bewegen. Um<br />
keine diplomatischen Verwicklungen<br />
zu provozieren, erklärte die US Regierung,<br />
dass die B-24D Bomber der Türkei<br />
gehörten und die Besatzungen die<br />
Maschinen nur in die Türkei überführt<br />
hätten. Allerdings bestand die US Regierung<br />
darauf, die als streng geheim<br />
eingestuften Norden-Bombenzielgeräte<br />
aus allen notgelandeten Maschinen<br />
auszubauen und zurückzuverlangen.<br />
Im August 1942 wurde dann auch<br />
endgültig beschlossen, dass die neuen<br />
Bomber in die türkische Luftwaffe<br />
einverleibt und bei der „1. Tayyare<br />
Alayi“ in Eskisehir ihren Dienst antreten<br />
sollten. Einige der internierten<br />
US-Besatzungen wurden ausgesucht,<br />
um als Ausbilder für die türkischen Besatzungen<br />
zu dienen. Die drei flugfähigen<br />
B-24D wurden dann von amerikanischen<br />
Besatzungen unter türkischer<br />
Aufsicht nach Eskisehir überflogen.<br />
Einige der internierten US-Besatzungen<br />
schafften es, eine Maschine für<br />
eine Flucht vorzubereiten. Unter dem<br />
Vorwand, regelmäßig die Triebwerke<br />
zu testen, konnten sie nach einiger Zeit<br />
bei jedem Probelauf bei der „Brooklyn<br />
Rambler“ soviel Treibstoff bunkern,<br />
dass sie einen Fluchtversuch wagen<br />
konnten. Sie hatten vor, von Eskisehir<br />
aus auf eine RAF Basis auf Zypern zu<br />
fliehen. Am 15.12.1942 war es dann<br />
soweit. Um die Mittagszeit, als sich die<br />
Mehrheit der auf der Basis stationierten<br />
türkischen Soldaten in der Kantine<br />
befand, bestiegen die Fluchtwilligen<br />
nach und nach die Maschine. Einem<br />
türkischen Mechaniker kam die ganze<br />
Sache allerdings ein wenig komisch<br />
vor. Doch bevor er überhaupt reagieren<br />
konnte, wurden die Türen fest verschlossen<br />
und die Triebwerke gestartet.<br />
Hastig wurde der Start durchgeführt.<br />
In dem ganzen Durcheinander konnte<br />
erst nach ca. einer halben Stunde eine<br />
türkische Martin M.139WT gestartet<br />
werden, die die Verfolgung aufnehmen<br />
sollte. Doch die von Hauptmann Ibrahim<br />
Metel geflogene Martin M.139WT<br />
war zu langsam, als dass sie die Liberator<br />
einholen konnte. Die „Brooklyn<br />
Rambler“ konnte somit ungehindert<br />
das Taurus-Gebirge überfliegen und<br />
befand sich auch kurz danach über<br />
dem Mittelmeer. Kurz vor Erreichen<br />
Zyperns wurde sie von einer Spitfire<br />
der RAF abgefangen. Eine Liberator<br />
mit türkischen Hoheitszeichen im Anflug<br />
auf die RAF Basis auf Zypern, das<br />
musste dem englischen Jagdpiloten<br />
verdächtig vorkommen. Um nicht zu<br />
provozieren, fuhr die Besatzung des<br />
Bombers das Fahrwerk aus. Die Spitfire<br />
eskortierte die Liberator bis zum<br />
Flugplatz in Nicosia, wo der Bomber<br />
sicher landen konnte. Die Geflüchteten<br />
wurden dann von den Engländern<br />
nach Tel-Aviv und anschließend<br />
nach Ägypten gebracht, wo sie wieder<br />
zu ihrer „Halpro“ Einheit trafen. Die<br />
„gestohlene“ Maschine wurde gründlich<br />
überholt, bevor sie wieder am<br />
27.03.1943 der türkischen Luftwaffe<br />
zurückgegeben wurde. Auch einigen<br />
anderen internierten Besatzungsmitgliedern<br />
gelang die Flucht aus der Türkei.<br />
Mit Hilfe gefälschter Dokumente<br />
schafften sie es, mit der Eisenbahn bis<br />
nach Syrien zu entkommen und sich<br />
den Alliierten wieder anzuschließen.<br />
Da der erste Angriff auf Ploesti nicht<br />
erfolgreich war, plante die USAAF<br />
(United Staates Army Air Force) einen<br />
erneuten Angriff auf die Anlagen. Unter<br />
dem Code-Namen „Tidal Wave“<br />
versuchten am 01.08.1943 insgesamt<br />
178 B-24D Bomber von Benghazi/<br />
Libyen aus, diesesmal im Tiefflug,<br />
Ploesti zu bombardieren. Doch nach<br />
dem erfolglosen Angriff im Juni 1942<br />
waren die Verteidigungsanlagen um<br />
Ploesti erheblich verstärkt worden.<br />
Dementsprechend waren die Verluste<br />
der B-24 Einheiten so groß, dass dieser<br />
Sonntag als „Black Sunday“ in die<br />
Geschichte der USAAF einging. Nach<br />
dem Angriff mussten diesesmal sieben<br />
angeschlagene B-24 Bomber in der<br />
Türkei notlanden, eines musste sogar<br />
vor Manavgat in der See notwassern.<br />
Die in Çardak, Çorlu, Gaziemir und<br />
Torbali gelandeten Bomber meldeten<br />
später, dass sie von FW-190 Jagdflugzeugen<br />
angegriffen worden seien.<br />
Leider ist nicht dokumentiert, ob es<br />
sich dabei um deutsche oder türkische<br />
FW-190 gehandelt hat. Auch ist eine<br />
Zuordnung der Maschinen, welche<br />
auf welchem Platz gelandet ist, nicht<br />
möglich. Erwähnenswert ist noch die<br />
Tatsache, dass einige Maschinen, die<br />
nicht auf einem gesicherten Flugplatz<br />
landen konnten, von der türkischen<br />
Landbevölkerung beschädigt wurden.<br />
Um aus den Maschinen Fallschirmseide,<br />
Decken, Taschenlampen, Radios<br />
und ähnliche nützliche Utensilien zu<br />
entnehmen, hat man sich mit Äxten<br />
und Spitzhacken Zugang zu den Maschinen<br />
verschafft. Dementsprechend<br />
waren auch die Aufwendungen groß,<br />
um anschließend den Vandalismusschaden<br />
wieder zu reparieren. Später<br />
in 1944 landeten vereinzelt weitere<br />
fünf B-24 Bomber in der Türkei.<br />
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