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2012
<strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong> Kollektionseinführung 5<br />
In Verbundenheit mit der Natur 6<br />
Gebäude als lebendige Formen 10<br />
Selbstversorgung in der Stadt 12<br />
Hat die Biophilie einen Platz in der Geschäftswelt? 14<br />
Was kann der Müll von der Nahrungskette lernen? 16<br />
So schön kann Abfall sein! 18<br />
Der Wald in uns: <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong> 20<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong> One<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong> Two<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong> Three<br />
Planet Biophilie: Das braucht die Welt 50<br />
Singapur: Die Stadt der Löwen 52<br />
Sydney: Eine blühende Stadt 54<br />
Global: Das Stadtgespräch 56
4<br />
Willkommen zu einem<br />
wundervollen Jahr mit <strong>Interface</strong> ®<br />
– ein Jahr, das uns allen Wachstum<br />
und Veränderungen bringt. Dies<br />
ist ein Wendepunkt für <strong>unser</strong><br />
Unternehmen.<br />
Traditionell werden Produkte bei <strong>Interface</strong> ® eher<br />
lokal entwickelt, produziert und auch vertrieben. Mit<br />
der <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong> TM Kollektion wurden nun erstmals<br />
Produkte global entwickelt, die in gleicher Qualität<br />
und Farbe in jedem Land erhältlich sind. Und trotzdem<br />
werden diese noch immer lokal produziert. Das<br />
schweißt uns als globales Unternehmen und Marke<br />
noch enger zusammen und ist ein Weg, den uns<br />
<strong>unser</strong> kürzlich verstorbener Unternehmensgründer<br />
Ray Anderson aufgezeigt hat.<br />
Zur Eröffnung der Design Week in Mailand kehrten<br />
wir zu dem Namen zurück, den uns Ray Anderson<br />
einst gegeben hatte. Mit dem Namen ‚<strong>Interface</strong>‘<br />
(und nicht mehr ‚<strong>Interface</strong>FLOR‘) möchten wir Ray<br />
und sein Lebenswerk ehren. Ray Andersons Vision<br />
weist uns im wahrsten Sinne des Wortes täglich den<br />
Weg.<br />
In diesem <strong>Magazin</strong> finden <strong>Sie</strong> Interviews mit<br />
zwei Mitgliedern des <strong>Interface</strong> Eco Dream Teams:<br />
Janine Benyus, Gründerfigur der global praktizierten<br />
Bionik und Bill Browning, einer der führenden<br />
Denker und Strategen im Bereich ökologischer<br />
Infrastrukturen. Und wie immer ermöglicht uns<br />
<strong>Interface</strong>-Produktdesigner David Oakey einen Blick<br />
hinter die Kulissen – in diesem Fall, in den Wald<br />
– und spricht über seine Inspiration für die <strong>Urban</strong><br />
<strong>Retreat</strong>-Kollektion.<br />
5
In Verbundenheit mit der Natur<br />
Wie <strong>Sie</strong> in diesem <strong>Magazin</strong> sehen werden,<br />
wurde die <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong>-Kollektion von der<br />
instinktiven Naturliebe des Menschen, auch<br />
‚Biophilie‘ genannt, inspiriert. Dieses Phänomen<br />
gewinnt stetig an Bedeutung und beeinflusst<br />
inzwischen viele Aspekte des modernen Lebens.<br />
6<br />
7
Das Bedürfnis, uns mit der<br />
psychisches und seelisches Wohlbefinden<br />
Wissenschaftler und Designer<br />
Die meisten Menschen wissen dies<br />
Fortschritt <strong>unser</strong>er natürlichen<br />
Aber erst seit den 1980er Jahren ist die<br />
1984 beschrieb Edward O. Wilson, ein<br />
über Jahrhunderte fortschreitende, allmähliche<br />
unerlässlich gemacht hat, die Verbindung mit<br />
Ob das nun bedeutet,<br />
nur um Pflanzen und Tiere zu kümmern oder<br />
Heutzutage ist man in der Lage, den<br />
Kontakt mit der Natur<br />
Dieses zunehmende<br />
ins Zentrum <strong>unser</strong>es Denkens und Verhaltens<br />
heimische als auch das weltweite<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong><br />
Natur für <strong>unser</strong> körperliches,<br />
verbunden zu fühlen, haben Künstler,<br />
bereits vor langer Zeit erkannt.<br />
intuitiv, seitdem uns der industrielle<br />
Umgebung entfremdet hat.<br />
Biophilie als Konzept fachlich anerkannt.<br />
amerikanischer Biologe, dass die<br />
Entfremdung von der Natur es<br />
dem Leben um uns herum wieder aufzunehmen.<br />
einen Spaziergang durch die Natur zu machen, sich<br />
die schöne Aussicht in der Natur zu genießen.<br />
körperlichen und geistigen Nutzen aus dem<br />
immer besser zu verstehen.<br />
Bewusstsein hat die Biophilie<br />
gerückt. Heutzutage wird sowohl das<br />
kommerzielle Umfeld davon beeinflusst.<br />
ist Teil einer wichtigen Entwicklung.<br />
8<br />
9
Gebäude als<br />
lebendige Formen<br />
Um Gebäude zu erschaffen, die die Natur imitieren, haben<br />
sich Architekten und Statiker mit Ökologie, Biologie und den<br />
Fortschritten bei Materialien und erneuerbaren Energiesystemen<br />
beschäftigt. Neue Fassadensysteme und ‚Smart Skins‘ ermöglichen<br />
die Integration der Energieerzeugung in die Substanz eines<br />
Gebäudes. Dachgärten und ‚lebende Wände‘ bieten Pflanzen und<br />
Tieren neuen Lebensraum.<br />
01<br />
01 Btek Interpretation Centre of Technology von ACXT<br />
02 COR<br />
03 <strong>Urban</strong> Forest von MAD<br />
04 Chair Farm von Werner Aisslinger<br />
05 Hyphae Lamps von Nervous System<br />
06 Logements Anglet von OFF Architecture<br />
10<br />
Im Design District von Miami generiert<br />
eine neue 25-stöckige, gemischt genutzte<br />
Wohnanlage – bekannt als COR – Energie<br />
aus der Umgebung. Hierzu werden die<br />
neuesten Entwicklungen aus den Bereichen<br />
Windturbinen, photovoltaische Solarmodule und<br />
Heißwasserbereitung durch Sonnenenergie<br />
genutzt. Am eindrucksvollsten ist, dass das<br />
Gemeinschaftsprojekt von Chad Oppenheim<br />
Architecture, dem Ingenieurbüro Happold<br />
und dem Statiker Ysreal Seinuk grüne<br />
Technologie in die Architektur integriert,<br />
denn das Außenskelett vereint thermisch<br />
wirksame Masse für die Isolation, Schatten<br />
für die natürliche Kühlung und Armaturen für<br />
die Turbinen.<br />
Auch beim Auftrag für das Btek Interpretation<br />
Centre of Technology in Derio, Biskaya, Spanien<br />
spielte die Energieeffizienz eine zentrale Rolle.<br />
Entworfen von ACXT Architects und unterstützt<br />
02<br />
vom Erschließungsunternehmen Parque<br />
Tecnológico SA, umfasst das Gebäude zwei<br />
scheinbar durchgehende pyramidenförmige<br />
Strukturen, die unterirdisch miteinander<br />
verbunden sind. Dieses Design verbessert<br />
die Umweltverträglichkeit des Gebäudes,<br />
das dadurch einen geringeren Energiebedarf<br />
hat. Zudem werden erneuerbare Ressourcen<br />
genutzt – etwa Erdwärme und photovoltaische<br />
Solarkollektoren.<br />
03<br />
04<br />
05<br />
<strong>Urban</strong> Forest, ein neuer Entwurf der<br />
Pekinger Architekten MAD, ist ein 385<br />
Meter hohes Hochhaus. Jede Etage<br />
besteht aus einer organisch geformten<br />
Scheibe, die horizontal gedreht wurde, um<br />
Platz für Gärten und Veranden zu schaffen.<br />
Das für die chinesische Stadt Chongqing<br />
konzipierte Gebäude bringt die Vorteile<br />
der Natur zurück in den dicht bebauten<br />
städtischen Raum.<br />
Das in Paris ansässige Büro OFF<br />
Architecture verfolgte ein ähnliches Ziel,<br />
als es gemeinsam mit Duncan Lewis<br />
SCAPE Architecture Logements Anglet<br />
eine <strong>Sie</strong>dlung mit Sozialwohnungen<br />
entwickelte. Bei diesem Projekt umgibt<br />
üppige Vegetation die Gebäude. Diese<br />
verdeckt Beton und Mauern und erweckt<br />
den Eindruck, als bestünden die Gebäude<br />
ausschließlich aus pflanzlichen Materialien.<br />
06<br />
Heutzutage sind Gebäude auf dem<br />
Weg, nachhaltig zu werden und sich<br />
selbst mit Energie zu versorgen –<br />
eines Tages werden sie sogar autark<br />
sein.<br />
Ein kleineres, aber nicht weniger<br />
wichtiges Projekt ist Chair Farm von<br />
Werner Aisslinger, bei dem ein Stuhl im<br />
Gewächshaus ‚wächst‘. Das Konzept<br />
sieht vor, dass Möbel ‚aus eigener Kraft<br />
gedeihen‘ und nicht im herkömmlichen<br />
Sinn hergestellt werden. So müssen sie<br />
nicht mehr in die ganze Welt exportiert,<br />
sondern können lokal ‚angebaut‘ werden.<br />
Der Stuhl besteht aus einer Pflanze, die in<br />
einer Metallform heranwächst. Wenn sie<br />
ausgewachsen ist, wird sie aus der Form<br />
befreit.<br />
Die Hyphae Lampen des amerikanischen<br />
Design Studios Nervous System imitieren<br />
verschlungene Blattadern. Jede Lampe<br />
der Serie ist einzigartig und basiert auf<br />
einem algorithmisch generierten Design,<br />
das den natürlichen Vorgang der Bildung<br />
von Blattadern simuliert.<br />
11
12<br />
01 Babylonstoren<br />
aus lokalem Anbau oder bauen sogar ihre eigenen Lebensmittel an. In<br />
Stadtvierteln und Wohnungen wird Selbstversorgung immer populärer –<br />
städtische Subsistenzwirtschaft, Schrebergärten, der Tausch von Waren, und<br />
Bienenstöcke auf Dächern sind Teil dieser Entwicklung.<br />
Hektische Städte werden ruhiger, da die Bewohner auf der Suche nach einem<br />
nachhaltigeren Lebensstil sind. Verbraucher kaufen bevorzugt Nahrungsmittel<br />
Selbstversorgung in der Stadt<br />
02 Mushroom farm von CityLab7<br />
Fotograf Kevin Scott<br />
03 Vogelstad (Vogelstadt) von Eveline Visser<br />
04 Green Wheel von Design Libero<br />
05 Plantabe Table von JAILmake<br />
06 Seated Garden von Caroline Prisse<br />
01<br />
02 03<br />
Babylonstoren in Südafrika war einst<br />
ein Weingut und eine Farm und ist heute<br />
ein Luxushotel, in dem die Gäste selbst<br />
ernten können. Die Gäste gehen auf die<br />
Felder, um frische Produkte zu ernten, die<br />
sie dann selbst zubereiten können.<br />
In Seattle hat CityLab7, ein Kollektiv,<br />
das auf Nahrungsmittel- und Ökosystem-<br />
Design in urbanen Räumen spezialisiert ist,<br />
das Projekt ‚Mushroom Farm‘ ins Leben<br />
gerufen. In diesem Bildungszentrum<br />
werden im Kaffeesatz von lokalen Cafés<br />
Pilze gezogen. Diese werden dann<br />
Nachbarschaftsinitiativen gespendet, die<br />
damit örtliche Familien unterstützen.<br />
Inspiriert von der Artenvielfalt der in<br />
den Städten lebenden Vögel entwarf<br />
die niederländische Designerin Eveline<br />
Visser ‚Vogelstad‘, zu Deutsch ‚Vogelstadt‘,<br />
einen Rahmen mit Vogelhäuschen,<br />
der an Gebäudefassaden angebracht<br />
werden kann. Die als ‚Stadt für<br />
eine gemischte Vogelgemeinschaft‘<br />
bezeichnete “Vogelstad” bietet Rahmen mit<br />
unterschiedlich großen und verschieden<br />
geformten Häuschen für unterschiedliche<br />
Vogelarten.<br />
Natur im städtischen Heim<br />
Selbst auf engem Wohnraum, der in modernen<br />
Städten vorherrscht, streben Menschen nach<br />
einem autarken Lebensstil, der ländliche<br />
Strukturen widerspiegelt. <strong>Sie</strong> ziehen ihre eigenen<br />
Früchte und Gemüse in Blumenkästen und<br />
machen das Beste aus kleinen Gärten. Designer<br />
helfen dabei und tragen die Natur nach innen,<br />
indem sie diese in die Ästhetik und Materialien<br />
von Möbeln und Haushaltsgeräten einarbeiten.<br />
04<br />
06<br />
Designer helfen dabei und tragen die<br />
Natur nach innen, indem sie diese in die<br />
Ästhetik und Materialien von Möbeln<br />
und Geräten einarbeiten.<br />
05<br />
,Green Wheel‘, von dem in Mailand<br />
ansässigen Büro DesignLibero, ist ein<br />
rotierender Garten für den Innenbereich.<br />
Er ist so klein, dass er in ein Regal passt.<br />
Basierend auf einer von der NASA<br />
entwickelten Technologie ermöglicht die<br />
Drehscheibe die Aufzucht von Kräutern<br />
und Pflanzen ohne Erde. Zudem lassen<br />
sich Temperatur und Lichtverhältnisse<br />
über das Smartphone kontrollieren.<br />
Mit dem ‚Plantable Glass Table‘<br />
– einem bepflanzbaren Glastisch –<br />
erkundet das in London ansässige<br />
Designbüro JAILmake, wie die Natur<br />
einen von Menschenhand gefertigten<br />
Haushaltsgegenstand zurückerobern<br />
kann. Pflanzen, wie etwa Kräuter und<br />
Tomaten, wachsen in den vier Beinen des<br />
Tisches und führen damit die Vorgänge<br />
des Anbaus, der Ernte und des Verzehrs<br />
von Nahrungsmitteln stärker zusammen.<br />
Das gleiche Konzept, bei dem der<br />
Anbau von Pflanzen mit Möbeln<br />
kombiniert wird, hat auch das Projekt<br />
‚Seated Garden‘ der niederländischen<br />
Designerin Caroline Prisse inspiriert. Die<br />
Holzstruktur des Stuhls enthält ‚Taschen‘,<br />
in denen sich Plastikgefäße für die<br />
Aufzucht von Pflanzen befinden.<br />
13
Hat die Biophilie einen Platz<br />
in der Geschäftswelt?<br />
Es liegt auf der Hand, dass die Anziehungskraft<br />
der Natur einen positiven Einfluss auf das Design<br />
von Gebäuden und Wohnräumen hat und <strong>unser</strong><br />
tagtägliches Leben verbessert. Aber wie verhält<br />
es sich mit der nüchternen Geschäftswelt, in der<br />
man beständig Innovation erwartet und Gewinne<br />
erwirtschaftet werden müssen<br />
Möglicherweise ist dies überraschend,<br />
aber die Biophilie hat nicht nur einen<br />
Platz in der heutigen Geschäftswelt –<br />
manche würden sogar sagen, dass sie<br />
in diesem Bereich unerlässlich ist. In<br />
dem Strategiepapier ‚The Economics<br />
of Biophilia‘ zeigen die Umweltberater<br />
Terrapin Bright Green (siehe Seite 51 für<br />
den Beitrag: ‘Washington & New York:<br />
The Mentalists’), dass Biophilie-Design<br />
einen echten ökonomischen Mehrwert<br />
hat. Es handelt sich hierbei nicht nur<br />
um einen Luxus für Arbeitgeber, die<br />
ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
verwöhnen oder ihre Glaubwürdigkeit<br />
in Sachen Umwelt unter Beweis stellen<br />
wollen. Ganz im Gegenteil: Die Biophilie<br />
kann den Gewinn eines Unternehmens<br />
tatsächlich positiv beeinflussen.<br />
Wissenschaftliche Studien aus den<br />
letzten 20 Jahren haben überzeugende<br />
Nachweise dafür geliefert dass die<br />
Integration von Natur am Arbeitsplatz<br />
positive Auswirkungen auf die<br />
Produktivität hat. Die Erschaffung<br />
eines Innenraums, der die äußere Welt<br />
nachahmt, zum Beispiel durch Muster<br />
und Texturen, die auf organischen Formen<br />
beruhen, hilft dabei, die lebenswichtige<br />
Verbindung zwischen Mensch und<br />
Natur wieder herzustellen. Und sogar<br />
einfache Maßnahmen, wie das Aufstellen<br />
von Pflanzen, mehr Tageslicht oder<br />
der Ausblick auf eine naturbelassene<br />
Umgebung, können entscheidende<br />
körperliche, seelische und soziale Vorteile<br />
mit sich bringen, die beim Stressabbau<br />
sowie der Verbesserung des Energie- und<br />
Konzentrationsniveaus helfen.<br />
Investitionen für eine maximale Wirkung<br />
Bis vor kurzem konnten die finanziellen<br />
Auswirkungen dieser Vorteile nur schwer<br />
beziffert werden und waren auch nicht<br />
immer sofort erkennbar. Zudem hat die<br />
bisherige wirtschaftliche Zielstellung,<br />
Effizienz zu maximieren und Kosten zu<br />
reduzieren, den Aspekt der Produktivität<br />
unterbewertet. Deswegen zogen es viele<br />
Unternehmen vor, in Technologie oder<br />
andere Produktionsmittel, bei denen<br />
sie einen direkten Gewinn beobachten<br />
können, zu investieren und nicht in die<br />
Verbesserung der Arbeitsumgebung ihrer<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.<br />
Das Strategiepapier von Terrapin Bright<br />
Green macht jedoch darauf aufmerksam,<br />
dass Unternehmen in zahlreichen<br />
Branchen durchschnittlich 112 Mal<br />
mehr für Gehälter als für Heizung und<br />
Licht an den Arbeitsplätzen ausgeben.<br />
Und die Personalkosten sind auch<br />
bedeutend höher als die Mieten oder<br />
Hypothekenzahlungen. Deswegen ist die<br />
Investition in die Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter der klügste Schachzug, denn<br />
selbst kleine Verbesserungen bei der<br />
Produktivität können die Gewinne stärker<br />
beeinflussen als irgendeine Ersparnis bei<br />
den Liegenschaftskosten.<br />
Zuschauen und Lernen<br />
Die Beobachtung, Analyse und<br />
Inspiration aus Aussehen, Verhalten und<br />
Organisation der Natur ist der zentrale<br />
Weg hin zu einem Design, das <strong>unser</strong><br />
Bedürfnis nach Natur erfüllt. Dieser<br />
Ansatz ist bekannt als Bionik, und genau<br />
so funktioniert <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong>. Auf den<br />
folgenden Seiten sprechen wir mit Janine<br />
Benyus, einer der weltweit führenden<br />
Verfechterinnen der Bionik, und erfahren<br />
mehr darüber, was die Verbindung mit der<br />
Natur wirklich bedeutet.<br />
Den Einfluss der Natur beziffern<br />
Das Argument für den Einsatz der<br />
Biophilie in der Wirtschaft wird durch<br />
die verbesserten Möglichkeiten bei der<br />
Produktivitätsmessung weiter gestärkt.<br />
Neben den direkten Maßeinheiten –<br />
etwa die Anzahl der bedienten Kunden,<br />
erledigten Anrufe und verkauften<br />
Produkte – können indirekte Indikatoren<br />
bei genauer Betrachtung dabei helfen,<br />
ein klares Bild der Mitarbeiterproduktivität<br />
zu erhalten. Dazu gehören Krankheit,<br />
Fehlzeiten, Pünktlichkeit und die<br />
Einhaltung der Sicherheitsvorschriften.<br />
Wenn solche Maßnahmen zu den<br />
Auswirkungen in Bezug gesetzt<br />
werden, die die Natur unterstützend<br />
auf den Kontakt von Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern hat, werden deutliche<br />
Gewinne erkennbar.<br />
Die von Terrapin Bright Green<br />
analysierte Studie lässt als einzige<br />
Schlussfolgerung zu, dass <strong>unser</strong> Kontakt<br />
zur Natur für <strong>unser</strong>e Funktions- und<br />
Entwicklungsfähigkeit sowie <strong>unser</strong>en<br />
Erfolg eine zentrale Rolle spielt. Biophilie<br />
am Arbeitsplatz ist mehr ein ‚Muss‘ als<br />
ein ‚Es wäre nett‘ und kann langfristige<br />
ökonomische Vorteile mit sich bringen.<br />
Das ist die Grundüberlegung<br />
hinter <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong>. Durch die<br />
Spiegelung der uns umgebenden<br />
lebendigen Welt im Design, den<br />
Materialien und der Art der<br />
Herstellung hilft die Kollektion<br />
dabei, <strong>unser</strong> fundamentales<br />
Verlangen nach der Verbindung<br />
mit der Natur zu stillen – und spielt<br />
so eine entscheidende Rolle bei der<br />
Steigerung der Produktivität von<br />
Unternehmen weltweit.<br />
14<br />
15
Janine Benyus ist eine Naturgewalt. Seit der Publikation ihres ersten Buches über Bionik vor 15 Jahren hat<br />
sie dem Thema zur globalen Wirksamkeit verholfen. <strong>Sie</strong> hat einige der weltweit innovativsten Unternehmen,<br />
an erster Stelle <strong>Interface</strong>, dazu inspiriert, nach ‚Biologen in der Designwerkstatt‘ zu verlangen, um so alle<br />
Bereiche, von der Organisationsstruktur bis zur Produktentwicklung, neu zu entdecken. Im Mai 2012 hat<br />
Janine Benyus den ‚Design Mind Award‘ des Smithsonian Cooper-Hewitt National Design Museum in New<br />
York gewonnen.<br />
Was kann der Müll von<br />
der Nahrungskette lernen?<br />
<strong>Interface</strong> (IF): Lassen <strong>Sie</strong> uns über<br />
die Schnittstelle von Bionik und<br />
Biophilie, die in der <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong>-<br />
Kollektion angesiedelt ist, sprechen.<br />
Weil die Produkte in ihrer Ästhetik<br />
überzeugen, fällt es manchen<br />
Menschen schwer zu glauben,<br />
dass sie zum Teil aus gebrauchten<br />
Fischernetzen sowie Teppichen und<br />
anderem Abfall hergestellt sind.<br />
Janine Benyus (JB) Das stimmt.<br />
IF Es gibt Leute, die Bionik als etwas<br />
sehen, was die Natur imitiert. Wie steht es<br />
da mit Abfall?<br />
JB Das Leben recycelt alles. Alles kann<br />
für eine bestimmte Spezies Nahrung sein.<br />
Aber das Leben nutzt dabei Upcycling.<br />
Denken <strong>Sie</strong> an einen Baumstamm. Die<br />
Materialien aus diesem Baumstamm<br />
werden zuerst von einem Pilz genutzt.<br />
Dann knabbert eine Maus an dem Pilz.<br />
Zuletzt schnappt sich ein Falke die Maus.<br />
Das Leben entwickelt ständig neue<br />
Produkte auf seinem Montageband.<br />
IF David Oakey sagte, das größte<br />
Thema in der heutigen Bionik wäre<br />
der Abfallkreislauf. Ich kann es nicht<br />
wortwörtlich wiedergeben, aber das<br />
Beispiel lautete in etwa so: Es ist ein<br />
Irrtum, dass man ein nachhaltiges Hotel<br />
unbedingt aus Bambus bauen muss.<br />
Wir sollten versuchen, synthetische<br />
Materialien, die bereits im Einsatz sind, zu<br />
recyceln.<br />
JB Wir sind nicht die ersten [auf<br />
diesem Planeten], die etwas bauen.<br />
Die meisten Organismen müssen mit<br />
dem zurechtkommen, was sie vorfinden.<br />
Unser Problem ist dieser unnatürliche<br />
Abfallkreislauf, den wir aufgebaut haben.<br />
Wir gewinnen Stoffe, wie etwa Öl aus<br />
der Erde, stellen etwas daraus her und<br />
werfen es dann einfach weg. Das ist kein<br />
Kreislauf.<br />
IF Nehmen – Herstellen – Wegwerfen.<br />
JB Die Bionik untersucht allgegenwärtige<br />
Muster. Immer wenn sie das bemerken,<br />
sollten <strong>Sie</strong> aufmerksam werden. Es ist<br />
eines der Prinzipien des Lebens, dieser<br />
allgemeingültigen Muster, die bei allen<br />
Lebensformen gefunden werden, die auf<br />
der Erde überleben und gedeihen, dass<br />
in der Natur alles recycelt wird. Nehmen<br />
<strong>Sie</strong> das Ökosystem eines Waldes. Die<br />
Bäume stehen dort vielleicht schon seit<br />
hunderten von Jahren. Im Wald gibt es<br />
eine unbeschränkte Menge an Energie.<br />
Es steht auch sehr viel Kohlenstoff in<br />
Form von CO 2 zur Verfügung. Auch<br />
andere Stoffe sind da. Stickstoff und<br />
Mineralien gelangen in die Erde. Aber<br />
es gibt nur eine begrenzte Menge an<br />
Stickstoff und Mineralien in der Erde.<br />
Daher müssen diese Stoffe immer<br />
wieder recycelt werden.<br />
IF Es gibt keinen Versandhandel, der sie<br />
vorbeibringt.<br />
JB Genau, die Natur hat gelernt, diese<br />
Ressourcen genau dort einzusetzen,<br />
wo sie auch zu finden sind. Das ist<br />
interessant. Auch weil wir bei dem<br />
Gedanken an Recycling dazu neigen,<br />
an Limonadeflaschen zu denken, die<br />
wieder zu Limonadeflaschen werden.<br />
Aber im Fall der Natur reden wir über<br />
etwas anderes. Die Natur betreibt<br />
Upcycling. Wenn also der Zulieferer<br />
von <strong>Interface</strong> „aus Fischernetzen neue<br />
Teppiche herstellt“, betreibt <strong>Interface</strong><br />
Upcycling und folgt damit einem der<br />
Prinzipien des Lebens.<br />
IF Erdöl, Autos, Plastik, Chemikalien,<br />
Möbel. Es ist eine Tragödie, dass es<br />
keine Verfahren für das Upcycling<br />
von Kunststoffen gibt. Dennoch hat<br />
<strong>Interface</strong> mit der Reduzierung der<br />
Abhängigkeit von Öl viel geleistet, was<br />
eine entscheidende Hilfe ist.<br />
JB Ja, das hilft. Aber wenn wir einen<br />
Augenblick zu <strong>unser</strong>em Beispiel mit<br />
dem Wald zurückkehren: Wie kommt es,<br />
dass alle diese Dinge zu 100 Prozent<br />
recyclebar sind? Alles ist essbar.<br />
Alles ist lebensfreundlich. Das Leben<br />
baut von unten auf mit einer kleinen<br />
Liste von gemeinsamen, zuverlässig<br />
verfügbaren Elementen. Die Natur<br />
nutzt diese Elemente, um etwa fünf<br />
verschiedene Polymere (etwa Chitin,<br />
Kollagen und Keratin) herauszubilden.<br />
Warum so wenige? Weil die Natur<br />
entdeckt hat, wie sie den bekannten<br />
Polymeren neue Design-Funktionalitäten<br />
hinzufügen kann. Im Gegensatz dazu gibt<br />
es heutzutage etwa 350 verschiedene<br />
synthetische Polymere auf dem Markt.<br />
Jedes Mal, wenn wir eine neue Funktion<br />
benötigen, entwickeln <strong>unser</strong>e Chemiker<br />
ein neues, nicht recycelbares Material.<br />
IF Es gibt aber noch einen anderen<br />
Aspekt beim Abfall, oder nicht? Überfluss<br />
ignorieren?<br />
JB Ja. In der menschlichen Ökonomie<br />
sind die wertvollsten Dinge SELTEN.<br />
Denken <strong>Sie</strong> an Gold oder Platin. In der<br />
Natur wird am meisten geschätzt, was im<br />
ÜBERFLUSS an EINEM ORT verfügbar<br />
ist, da so am wenigsten Energie<br />
darauf verwendet werden muss, es zu<br />
beschaffen. In dem Augenblick, in dem ein<br />
Blatt vom Baum fällt, weiß jeder Bescheid<br />
und zieht los, um es zu holen. Wenn es<br />
direkt neben mir herunterfällt, ist es der<br />
kostbarste Gegenstand des ganzen<br />
Universums. Die Natur sagt: „Eines Tages<br />
werde ich daraus den Körper einer Maus<br />
machen.“ Alles kann am Ende für eine<br />
bestimmte Spezies zu Nahrung werden.<br />
IF Während für die meisten Menschen<br />
ein Blatt etwas ist, das verbrannt,<br />
weggeblasen oder zusammengeharkt<br />
werden muss.<br />
JB Ja. Weil es ‚Abfall‘ im Überfluss gibt,<br />
hat er keinen Wert.<br />
IF Ein letzter Gedanke. Ray Anderson.<br />
JB (Pause) Ray war ein wahrer Pionier.<br />
<strong>Interface</strong> war das erste Unternehmen, mit<br />
dem wir gearbeitet haben. Heute arbeiten<br />
wir mit mehr als 200 Unternehmen. Nicht<br />
nur bei den Innovationen, sondern auch<br />
bei der ganzen Konzeption von Standards,<br />
denen wir uns verpflichtet fühlen. Als sich<br />
Ray Anderson stark machte, war er damit<br />
alleine unter den Wirtschaftslenkern.<br />
Jetzt sind wir nicht mehr allein.<br />
16<br />
17<br />
Das Leben baut von unten auf mit<br />
einer kleinen Liste von gemeinsamen,<br />
zuverlässig verfügbaren Elementen.
So schön kann Abfall sein<br />
Die Mitarbeiter bei <strong>Interface</strong> fühlen<br />
sich persönlich dazu verpflichtet, den<br />
Anteil von recycelten Materialien in den<br />
Produkten zu erhöhen. David Oakey hat<br />
es so ausgedrückt:<br />
„Mein Job ist es, Kunststoffe – Abfall –<br />
zu etwas Schönem zu machen.“ <strong>Urban</strong><br />
<strong>Retreat</strong> ist ein Beispiel dafür, wie aus<br />
‚Abfall‘ etwas Schönes wird.<br />
Die Geschichte einer <strong>unser</strong>er<br />
Lieferanten zeigt den Ansatz von<br />
Biophilie: Das Unternehmen ist<br />
stolz darauf, Fischernetze aus der<br />
kommerziellen Fischerei in ganz<br />
Europa, Amerika und Asien sowie<br />
rückgewonnene Teppichfasern und<br />
anderen Abfall zu wiederzuverwerten.<br />
Das so zurückgewonnene Nylon ist<br />
wiederum der Rohstoff für ein 100%<br />
recyceltes Teppichgarn. Das Sammeln<br />
dieser riesigen Netze schützt die<br />
Meerestiere in den Tiefen des Ozeans<br />
und an den Stränden, wo die Netze häufig<br />
angeschwemmt werden.<br />
In diesem Fall hat Gutes tun positive<br />
Auswirkungen auf alle. Auf Menschen,<br />
Tiere, den Planeten und die Wirtschaft.<br />
Das ist womöglich kein Lebensprinzip<br />
der Natur, aber sicher eins für <strong>unser</strong>en<br />
Gründer Ray Anderson. Denken <strong>Sie</strong><br />
daran, wenn <strong>Sie</strong> über <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong><br />
laufen und das Produkt unter Ihren<br />
Füßen spüren - <strong>Sie</strong> laufen auf recyceltem<br />
Material und Abfall, der eine gehaltvolle<br />
Geschichte zu erzählen hat.<br />
Ein Begriff, der zu Missverständnissen<br />
führen kann: Polymer. Der Begriff<br />
Polymer wird manchmal synonym mit<br />
dem Begriff Plastik benutzt, aber das ist<br />
falsch. Polymere können natürlich oder<br />
synthetisch sein. Hier ist eine kurze Liste:<br />
Naturbernstein<br />
Zellstoff<br />
Chitin<br />
Naturkautschuk<br />
Schellack<br />
Synthetische Polymere<br />
Bakelit<br />
Neopren<br />
Nylon<br />
Polyacrylnitril<br />
Polyäthylen<br />
Polypropylen<br />
Polystyren<br />
PVB<br />
PVC<br />
Silikon<br />
Hüpfender Kitt<br />
Kunstkautschuk<br />
und viele mehr...<br />
Biomimicry 3.8 ist eines der weltweit führenden<br />
Unternehmen in den Bereichen Bionik Innovation<br />
Consulting, Weiterbildung für Fachleute und<br />
Lehrplanentwicklung für Pädagogen. Biomimicry 3.8:<br />
www.biomimicry.net<br />
18<br />
19
Der Wald<br />
in uns:<br />
Eine sagenumwobene Kollektion<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong> verfügt über einen<br />
beeindruckenden Stammbaum, der<br />
Jahrzehnte in David Oakeys Karriere<br />
zurückreicht. Die Kollektion ist von<br />
Oakeys Engagement für Nachhaltigkeit<br />
geprägt, eine Leidenschaft, die er mit<br />
Ray Anderson teilte. <strong>Sie</strong> trägt außerdem<br />
den Stempel der Bionik. 1997, als Oakey<br />
Janine Benyus kennenlernte, war die<br />
Bionik noch ein in der Entwicklung<br />
befindlicher Bereich; heute hingegen ist<br />
sie eine globale Disziplin. Die wahre Magie<br />
von <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong> liegt jedoch in der<br />
Zusammenführung von Nachhaltigkeit,<br />
Bionik und einem weiteren Element:<br />
Oakeys Liebe zu einem verstaubten<br />
Buch aus dem Jahr 1984 mit dem Titel<br />
‚Biophilia‘. In diesem Buch erklärte<br />
der Harvard-Professor Edward Wilson<br />
nicht nur, warum Menschen positiv auf<br />
Natur reagieren, sondern auch, wie<br />
das Schicksal <strong>unser</strong>er Gattung mit<br />
anderen Gattungen auf dieser Erde in<br />
Verbindung steht. Seit dem Erscheinen<br />
von ‚Biophilia‘ vor 28 Jahren ist es<br />
zum Konsens geworden (siehe Seite<br />
14), dass eine natürliche Umgebung<br />
für <strong>unser</strong> Wohlbefinden sorgt. Und je<br />
mehr wir davon in <strong>unser</strong>er städtischen<br />
Umgebung haben, desto besser geht es<br />
uns. David Oakey konnte dies auf der<br />
ganzen Welt hautnah miterleben. In der<br />
Architektur, beim Design von Produkten,<br />
Landschaften und Kunst. Und so wurde<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong> geboren. Als elegante<br />
Lösung, um die Natur an jeden Ort<br />
zu bringen, an dem eine Verbindung<br />
zwischen Innen und Außen geschaffen<br />
werden soll.<br />
<strong>Urban</strong><strong>Retreat</strong> TM<br />
Die Wissenschaft der Sinne<br />
„Dem biophilen Design liegen tief<br />
verwurzelte physiologische Reaktionen<br />
zugrunde“, sagt Bill Browning. „Wenn<br />
<strong>Sie</strong> eine Naturlandschaft betrachten und<br />
sagen ‚Das gefällt mir‘, dann laufen in<br />
Ihrem Gehirn biochemische Reaktionen<br />
ab, bei denen Endorphine freigesetzt<br />
werden, die sagen ‚Gefällt mir, gefällt mir,<br />
gefällt mir‘. Browning ist einer der Gründer<br />
und Partner bei Terrapin Bright Green,<br />
einem Beratungsbüro für Umweltfragen<br />
in Unternehmen, staatlichen Stellen<br />
und Immobilienentwicklungsprojekten.<br />
Angesicht der großen Zahl von Menschen,<br />
die weltweit in den letzten Jahren in<br />
Städte gezogen sind, könnte der Anblick<br />
von Natur aufgrund der hoch aufragenden<br />
Wohn- oder Gewerbegebäude in den<br />
Innenstadtbezirken immer schwerer zu<br />
finden sein. Wie geht man also mit dem<br />
Fehlen von Natur um, die die Menschen<br />
in den Städten ja dennoch benötigen? „In<br />
Singapur gibt es überall neue Gebäude,<br />
Hotels und Immobilienprojekte“, sagt<br />
David Oakey. „Und es gibt kein einziges<br />
neues Gebäude, das nicht ein Element<br />
aus der Biophilie enthält.<br />
Der Rest der Geschichte<br />
Oakey entwirft sowohl für den Geist als<br />
auch für die Sinne. Das ist eine größere<br />
Herausforderung, als einfach nur ein<br />
hübsches Blumenmuster zu entwerfen<br />
und davon auszugehen, dass der Job<br />
erledigt ist. Oakey sagt, dass er sich<br />
einer höheren Instanz verpflichtet fühlt:<br />
David Oakeys Terminplan ist voll in diesen Tagen. Er ist gerade<br />
seinen eigenen Standards. „Betrachten<br />
von der Zusammenarbeit mit Robin Hales, VP/Marketing &<br />
<strong>Sie</strong> die Azalee dort draußen“, sagt er<br />
Product of Asia bei <strong>Interface</strong> Singapur zurückgekehrt. Oakeys<br />
und deutet auf eine früh blühende,<br />
neueste Kollektion, <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong>, wird weltweit eingeführt.<br />
wilde Unterart, die bestimmt 1,80 Meter<br />
Wie alle Arbeiten von Oakey ist <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong> von ästhetischer<br />
hoch ist. Mitte April fängt sie schon an<br />
Schönheit gezeichnet. Die Kollektion strahlt zudem Ruhe und<br />
zu verwelken. „Die Natur ändert sich<br />
Gelassenheit aus.<br />
ständig, vom Morgen bis zum Abend, von<br />
Jahreszeit zu Jahreszeit. <strong>Sie</strong> entwickelt<br />
Unter Nutzung von natürlichen und neutralen Materialien werden<br />
sich ständig. <strong>Sie</strong> ändert ständig die Farbe<br />
Assoziationen von Steinmauern und Wäldern, die an Savannen<br />
und das Design. Menschen mögen es,<br />
erinnern, hervorgerufen. Denken <strong>Sie</strong> an die Materialien in einem<br />
wenn sich Dinge verändern – auf einer<br />
alten Wald. Baumrinden sind an sich schon eine Textur-Studie.<br />
zuverlässigen Basis. Das ist <strong>Urban</strong><br />
Geflecht, Moos und Salbei bieten uns verschiedene Grüntöne. Da<br />
<strong>Retreat</strong><br />
ist auch Flachs, dessen blasses Gelb an Savannengras erinnert.<br />
Und wenn die Farben kombiniert werden, erscheinen Kanten<br />
in einem weicheren Licht. Flechten auf einer Steinwand. Moos<br />
in der Krümmung eines Zweiges. Das ist <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong>. Aber<br />
das ist noch nicht alles. Die Geschichte dieser Kollektion reicht<br />
Jahrzehnte zurück.<br />
20<br />
21<br />
TM . Der Wind draußen wird stärker<br />
und auf dem Teich zeigen sich Wellen,<br />
die auf das Ufer zulaufen. „Außerdem“,<br />
sagt Oakey, „steckt <strong>unser</strong>e Botschaft in<br />
<strong>unser</strong>en Designs. <strong>Sie</strong> sind wie die Seiten<br />
eines Buches. Die Geschichte, die wir<br />
in diese Teppichfliesen hineinschreiben,<br />
wird fortbestehen.“
22<br />
One<br />
UR 101 Straw / Grass UR 102 Ash<br />
UR 101 Ash / Ivy UR 101 Bark / Moss<br />
Wir sehen die Stadt als Mischung aus Schärfe und Unschärfe, klassisch und zukunftsgerichtet,<br />
eklektisch und streng. Gerade jetzt sind wir am meisten an dem Ort interessiert, an dem eine Idee<br />
die andere trifft und Schwingungen entstehen. <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong> One erkundet diesen Raum an den<br />
Rändern und dazwischen. Eine progressive Farbpalette bietet Elemente an, die zusammengefügt<br />
werden können, um Ideen von Farben, Formen und die Übergange dazwischen zu erkunden.<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong> bietet drei verschiedene Designs. Es gibt acht Farbvarianten in einem komplexen<br />
Grundmuster und acht kühn gemischte Farben in einem Übergangsmuster. Hinzu kommen vier<br />
akzentuierte Teppichfliesen, die jedes Muster nach Wunsch verbinden bzw. trennen. Zögern <strong>Sie</strong><br />
nicht, kombinieren <strong>Sie</strong>.<br />
UR 101 Granite / Lichen<br />
UR 102 Granite UR 102 Sage<br />
UR 103 Ivy UR 103 Lichen<br />
UR 101 Charcoal / Lichen UR 101 Flax / Grass<br />
UR 101 Sage / Moss UR 101 Stone / Ivy<br />
UR 102 Bark UR 102 Charcoal<br />
UR 102 Flax<br />
UR 102 Stone UR 102 Straw<br />
UR 103 Grass<br />
UR 103 Moss<br />
23
24<br />
UR 201 Granite<br />
UR 201 Ash UR 201 Bark<br />
UR 201 Sage<br />
UR 201 Stone<br />
UR 202 Charcoal<br />
UR 201 Straw<br />
UR 202 Stone UR 202 Straw<br />
UR 203 Ash<br />
UR 203 Granite<br />
Two<br />
Weil wir trendbewusst und schlau sind, bewundern wir Architektur aus Beton, Glas und<br />
Stahl. Weil wir neugierig sind, sehnen wir die unerwarteten Verschiebungen der Natur,<br />
von Mustern und Farben. Und weil wir in diesem Zeitalter leben, haben wir uns dazu<br />
entschieden, dass wir alles brauchen. <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong> Two sammelt das Geordnete und<br />
das Organische in einer exquisit zurückhaltenden Farbpalette. Ein einfaches grafisches<br />
Netz und Understatement teilen sich den Platz mit einer exzentrischen Textur wie die<br />
Rinde eines alten Baumes. Das Mischen dieser Muster akzentuiert die Unterschiede in<br />
Umfang, Volumen und Bewegung und zeigt genau das, was besonders ist. <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong><br />
Two präsentiert drei Muster. Eine gemeinsame neutrale Palette von acht Farben - das<br />
Vertraute, das jedoch dazu ermutigt Textur und Farbnuancen zu entdecken.<br />
UR 201 Charcoal UR 201Flax<br />
UR 202 Flax UR 202 Granite<br />
UR 202 Sage<br />
UR 203 Bark UR 203 Charcoal<br />
UR 203 Flax<br />
UR 202 Ash UR 202 Bark<br />
UR 203 Sage UR 203 Stone<br />
UR 203 Straw<br />
25
26<br />
UR 301 Flax<br />
Three<br />
UR 301 Ash<br />
UR 301 Bark<br />
UR 301 Granite<br />
UR 302 Ash UR 302 Bark<br />
UR 301 Sage<br />
UR 302 Sage UR 302 Stone<br />
UR 302 Straw<br />
UR 303 Flax UR 303 Granite<br />
Ruhige und selbstbewusste Eleganz. Auf den ersten Blick wirkt das Muster bescheiden und zurückhaltend. Bei<br />
näherer Betrachtung betören jedoch die Einzelheiten des Entwurfs, der sich langsam und wohl durchdacht im Raum<br />
entfaltet. Willkommen bei <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong> Three, einer Verschwörung von raffinierten Texturen, die dazu bestimmt<br />
sind, zu verführen. Das ungewöhnlichste der drei Designs bedeckt den Boden in sich verändernden Tönen, etwa wie<br />
französischer Kalkstein, der seine ganz eigene Geschmeidigkeit hat. An schimmerndes Leinen erinnerndes Material<br />
verleiht dem Design eine anmutige Note. Und es ist der schlichte Abschluss dieses dritten Entwurfs, der die Essenz<br />
von <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong> Three enthält. Die drei Muster von <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong> Three haben die gleichen acht Farbtöne wie <strong>Urban</strong><br />
<strong>Retreat</strong> Two. Und beide lassen sich elegant mit <strong>Urban</strong> <strong>Retreat</strong> One kombinieren.<br />
UR 301 Charcoal<br />
UR 301 Stone UR 301 Straw<br />
UR 302 Charcoal UR 302 Flax UR 302 Granite<br />
UR 303 Ash UR 303 Bark<br />
UR 303 Charcoal<br />
UR 303 Sage UR 303 Stone<br />
UR 303 Straw<br />
27
28<br />
UR103 Lichen<br />
29
30<br />
UR101 Flax / Grass<br />
UR102 Flax<br />
UR103 Grass<br />
31
32<br />
UR101 Bark / Moss<br />
UR102 Bark<br />
UR103 Moss<br />
33
34<br />
UR101 Ash / Ivy<br />
UR102 Ash<br />
35
36<br />
UR201 Straw<br />
37
38<br />
UR202 Charcoal<br />
UR203 Charcoal<br />
39
40<br />
UR202 Sage<br />
41
42<br />
UR201 Stone<br />
43
44<br />
UR301 Stone<br />
UR303 Stone<br />
UR302 Sage<br />
45
46<br />
UR301 Flax<br />
47
48<br />
UR301 Stone<br />
49
50<br />
Das braucht<br />
die Welt jetzt.<br />
Was haben 7 Milliarden Menschen auf dieser<br />
Erde gemeinsam? Es verbindet uns mehr, als uns<br />
trennt. In diesem <strong>Magazin</strong> können wir kaum an<br />
der Oberfläche der Wissenschaft von der Biophilie<br />
und den dazugehörigen Disziplinen kratzen. Aber<br />
eins ist sicher. Die Instinkte, die wir hinsichtlich<br />
Mutter Natur teilen, wurden vor Abertausenden<br />
von Jahren geformt – egal, auf welchem Kontinent<br />
wir damals gelebt haben. Erstaunlicherweise sind<br />
diese Instinkte auch heute noch intakt. Unter<br />
,Planet Biophilie’ präsentieren wir vier Beispiele<br />
dafür, wie verschiedene Menschen und Länder<br />
ihre ‚Biogefühle‘ auf der ganzen Welt nutzen. Jede<br />
dieser Initiativen repräsentiert einen kraftvollen<br />
Multiplikator: Einen Weg, um Tausende von anderen<br />
Menschen mit der Botschaft zu erreichen, dass<br />
biophile Elemente einen wirklichen Wert in einer<br />
urban bebauten Umwelt haben. Je besser wir dies<br />
verstehen, umso wahrscheinlicher werden wir dazu<br />
in der Lage sein, die naturbelassenen Räume zu<br />
schützen, die noch vorhanden sind.<br />
Washington &<br />
New York:<br />
The Mentalists<br />
Terrapin Bright Green ist ein<br />
Beratungsbüro für Umweltfragen mit<br />
Büros in New York und Washington, D.C:<br />
und man könnte sogar sagen ein ziemlich<br />
extremes. Die Gründer und Partner<br />
sind intellektuelle Schwergewichte<br />
und gehören zu den führenden Köpfen<br />
in den Bereichen Green Building und<br />
Immobilien. Außerdem findet man dort<br />
preisgekrönte Architekten, Verfechter der<br />
Bionik und nachhaltigem Design sowie<br />
Denkmalschützer.<br />
Mehr als alles andere sind Terrapin<br />
Bright Green jedoch denkende<br />
Strategen, eine mutige neue Gattung<br />
von Experten im Bereich der<br />
ökologischen Infrastruktur, mit einem<br />
direkten Draht zu Wissenschaftlern und<br />
Entscheidungsträgern. Das Unternehmen<br />
hat neue Maßstäbe für ‚Think-Do - ‘Tanks’<br />
mit globalen Projekten von strategischer<br />
Wichtigkeit gesetzt. Die Mitglieder des<br />
Büros haben u.a. das Weiße Haus, das<br />
neue World Trade Centre, den Grand<br />
Canyon National Park, Algae Biofuels,<br />
Xihu Tiandi (Shanghai), Caicique (Costa<br />
Rica) und den Serengeti Nationalpark<br />
(Afrika) beraten.<br />
Bill Browning, einer der Gründer<br />
und Partner bei Terrapin Bright Green,<br />
hat sich die Krallen daran geschärft,<br />
außerhalb der grünen Schublade zu<br />
denken. Zu Beginn seiner Laufbahn<br />
half er beim Bau von Buckminster<br />
Fullers letztem experimentellen Gebäude.<br />
Browning ist außerdem Teil des <strong>Interface</strong><br />
Eco Dream Team (gemeinsam mit Janine<br />
Benyus von Biomimicry 3.8).<br />
„Wir sind ein kleines Beratungsbüro,<br />
das ziemlich viel mit Biophilie und Bionik<br />
zu tun hat“, sagt Browning. „Das sind zwei<br />
Bereiche, die <strong>unser</strong>e Weltsicht auf wirklich<br />
verblüffende Weise beeinflussen. Beide<br />
stehen im Zentrum <strong>unser</strong>er praktischen<br />
Arbeit.“<br />
Eines der Projekte, an dem Terrapin<br />
Bright Green derzeit in Zusammenarbeit<br />
mit Janine Benyus und The Biomimicry<br />
Guild arbeitet, ist, Unternehmen in New<br />
York technische Unterstützung zu bieten.<br />
Die New York State Energy Research<br />
and Development Authority unterstützt<br />
Workshops, die jedem Unternehmen<br />
offenstehen, das über die Möglichkeit<br />
von Bionik-Lösungen nachdenkt.<br />
„Die Idee der Biophilie ist erst vor<br />
Kurzem in den Mainstream vorgedrungen“,<br />
sagt Browning. „Obwohl die Menschen dies<br />
intuitiv schon immer gewusst haben.“<br />
Das Gesundheitswesen<br />
könnte $ 96 Millionen<br />
pro Jahr einsparen,<br />
wenn Patienten in<br />
ihren Krankenzimmer<br />
einen Ausblick in die<br />
Natur hätten.<br />
Um es einfach auszudrücken: Wir<br />
zahlen mehr für eine Wohnung, die in einer<br />
parkähnlichen Umgebung liegt. Wir kaufen<br />
(und zahlen) mehr in einem Geschäft mit<br />
Pflanzen, Bäumen und Oberlicht.<br />
Terrapin Bright Green hat gerade ein<br />
umfangreiches Strategiepapier mit dem<br />
Titel ‚The Economics of Biophilia: Why<br />
Designing with Nature Makes Good<br />
Financial Sense‘ herausgegeben. Hier<br />
ein Auszug: Die Gesundheitsindustrie<br />
könnte jährlich 93 Millionen Dollar<br />
einsparen, wenn Patienten Ausblick auf<br />
eine natürliche Umgebung hätten.<br />
Die Studie untersucht den positiven<br />
Wirtschaftseinfluss – üblicherweise<br />
finanziell – von Natur in Bereichen wie<br />
Arbeitsplätzen, Klassenzimmern und<br />
Gerichtssälen. Für diejenigen, die sich<br />
nicht so einfach davon überzeugen lassen,<br />
dass die japanische Praxis des Shinrinyoku*<br />
den Blutzuckerspiegel senken kann,<br />
sind wissenschaftliche Berechnungen und<br />
solide Referenzen aufgeführt.<br />
Browning macht sich jedoch hinsichtlich<br />
des Wahljahres in den USA Sorgen und<br />
um die politische Aufladung des Themas<br />
Umwelt.<br />
„Das ganze grüne Thema wird als ein<br />
republikanisches bzw. demokratisches<br />
Problem definiert. Das kann man in anderen<br />
Ländern nicht in dieser Art beobachten.“<br />
Es war unmöglich, mit den Mitgliedern<br />
des <strong>Interface</strong> Eco Dream Teams nicht<br />
über Ray Andersons Erbe zu sprechen.<br />
Bill Browning drückte es so aus:<br />
„Heutzutage kann und wird es andere<br />
Ray Andersons geben. Aber er war der<br />
Erste. Wissen <strong>Sie</strong>, es war passend, dass<br />
das erste große Industrieunternehmen,<br />
das sich auf diesen Weg machte, ein<br />
Hersteller von Teppichböden war, weil<br />
die erste industrielle Revolution auch mit<br />
Textilerzeugnissen begann.”<br />
51
Singapur:<br />
Die Stadt der Löwen<br />
Singapur ist ein kleines tropisches Inselreich mit einem<br />
großen Ruf. Es ist als wichtigster Finanzumschlagsplatz<br />
in Asien und eines der weltweit führenden Finanzzentren<br />
bekannt. Singapur wird auch die Stadt der Löwen genannt<br />
(aufgrund des malayischen Namens), aber ist auch bekannt<br />
als die “Gartenstadt”. Gartenstadt wegen der 358 Parks und 4<br />
Naturreservate. Nur fürs Protokoll: Hier haben niemals Löwen<br />
gelebt.<br />
Die finanzielle Attraktivität der Stadt<br />
zieht einige der weltweit bekanntesten<br />
Architekten an – besonders diejenigen,<br />
die einen ökologischen Ansatz verfolgen.<br />
Singapur ist eine in hohem Maße<br />
urbanisierte Nation mit einer Bevölkerung<br />
von annähernd fünf Millionen Menschen,<br />
die auf einer Fläche von etwa 704<br />
Quadratkilometern lebt.<br />
Singapur ist eine in hohem Maße<br />
urbanisierte Nation mit einer Bevölkerung<br />
von annähernd fünf Millionen Menschen,<br />
die auf einer Fläche von etwa 704<br />
Quadratkilometern lebt. Das Land<br />
wurde in harter Arbeit durch ständige<br />
Landgewinnungsprojekte erschlossen.<br />
Weil das Land nur unter hohen Kosten<br />
gewonnen werden kann, leben und<br />
arbeiten die meisten Menschen in<br />
Hochhäusern. Die finanzielle Attraktivität<br />
der Stadt zieht einige der weltweit<br />
bekanntesten Architekten an – besonders<br />
diejenigen, die einen ökologsichen Ansatz<br />
verfolgen.<br />
Das Solaris-Projekt ist ein gutes<br />
Beispiel. Konzipiert und entworfen vom<br />
Architekten Dr. Ken Yeang (seine Firma<br />
gehörte 2011 laut Fast Company zu den<br />
Top 8 der ‚Most Innovative in the World‘<br />
– also der innovativsten Firmen der Welt)<br />
ist Solaris ein Wunder des globalen Öko-<br />
Gedankens.<br />
‚Vertical Green <strong>Urban</strong>ism‘ ist das<br />
Markenzeichen von Ken Yeangs Arbeit.<br />
Dr. Yeang, der einen Doktortitel in<br />
ökologischem Design und Planung der<br />
University of Cambridge hat, ist der Autor<br />
des 1997 erschienenen Buches ‚The<br />
Skyscraper, Bioclimatically Considered‘.<br />
52<br />
53
Die dichte Bebauung der<br />
innerstädtischen Wohnviertel bringt<br />
viele Einwohner von Sydney dazu, sich<br />
der Natur und ihrer Nachbarschaft<br />
zuzuwenden. Als Folge davon hat das<br />
Konzept der Gemeinschaftsgärten schnell<br />
an Popularität gewonnen. In den letzten<br />
Jahren sind 16 solcher Gärten entstanden<br />
und es sind noch mehr in Planung. Diese<br />
malerischen und geselligen Enklaven<br />
werden durchgehend von den Bewohnern<br />
organisiert, die sie nutzen. Hier werden<br />
Kräuter, Blumen, Gemüse und Früchte<br />
angebaut, seltene Pflanzen gepflegt und<br />
die Samen kultiviert. Gleichzeitig wird die<br />
Idee der dörflichen Gemeinschaft wieder<br />
zum Leben erweckt.<br />
Die Gemeinschaftsgärten von Sydney,<br />
von denen viele in den dicht besiedelten<br />
Vierteln Alexandria, Waterloo und<br />
Surry Hills liegen, bieten die perfekte<br />
Gelegenheit, um verlassene öffentliche<br />
Flächen kreativ zu nutzen. Hier können<br />
die Bewohner Materialien sinnvoll<br />
wiederverwerten. Außerdem herrscht hier<br />
eine konstruktive Atmosphäre, um das<br />
Gärtnern zu lernen und eigene, frische,<br />
organische Lebensmittel anzubauen.<br />
Und während aller dieser Aktivitäten wird<br />
das unverkennbare innere Verlangen der<br />
Menschheit gestillt, wieder Verbindung<br />
zur natürlichen Essenz der Erde<br />
aufzunehmen.<br />
Sydney:<br />
Eine blühende Stadt<br />
Die Gemeinschaftsgärten von Sydney, von denen viele<br />
in den dicht besiedelten Vierteln Alexandria, Waterloo<br />
und Surry Hills liegen, bieten die perfekte Gelegenheit,<br />
um verlassene öffentliche Flächen kreativ zu nutzen.<br />
Weit unterhalb der hoch aufragenden, architektonisch<br />
spektakulären Gebäude, die die Skyline von Sydney dominieren,<br />
gedeiht die Essenz der Biophilie – die Bewohner fangen an,<br />
die grauen, gepflasterten Bürgersteige mit erdigen, grünen<br />
Lebenszeichen zu übersäen. Und die Bewohner von Sydney<br />
können scheinbar nicht genug davon bekommen.<br />
Jedes begrünte Dach, egal wie primitiv, ist ein<br />
lebendiger, atmender, thermodynamischer<br />
Betrieb. Etwas zu finden, dass so schön,<br />
authentisch und in der Geschichte eines Landes<br />
verwurzelt ist wie das Wohnhaus M Central,<br />
fällt jedoch in eine ganz andere Kategorie.<br />
Grün zu neuen<br />
Höhen führen<br />
Hoch oberhalb der Erde nimmt die<br />
Vorstellung der städtischen Begrünung<br />
eine andere Form an. Die Idee eines<br />
‚grünen Dachs‘ ist Tausende von Jahren<br />
alt. Die Wikinger, die frühen Europäer,<br />
die amerikanischen Ureinwohner und<br />
die ersten amerikanischen <strong>Sie</strong>dler hatten<br />
alle Grasdächer. Es ist eine brillante<br />
architektonische Lösung: Ein natürliches<br />
Heiz- und Kühlsystem, dass einfach zu<br />
reparieren ist und zudem noch das Vieh<br />
ernährt. Moderne Gründächer bieten<br />
diese Vorteile und noch mehr. Grüne<br />
Dächer sind ein Wunder an Biodiversität,<br />
lindern die Hitze, verbessern die<br />
Schallisolation und sind Regenwasser<br />
aufnehmende Schönheiten im urbanen<br />
Ökosystem. Seit 2002 werden in<br />
Australien in allen Stadtbereichen grüne<br />
Dächer eingeführt. Das City Council<br />
House 2-Gebäude in Melbourne ist<br />
für den Rest des Landes zum Maßstab<br />
geworden und wurde mit dem “Six Star<br />
Green Star Design-Zertifikat” des Green<br />
Building Council Australia ausgezeichnet.<br />
In Sydney wurden zwei zentral gelegene<br />
Lagerhäuser für Wolle aus dem späten<br />
19. Jahrhundert zu einem Wohnhaus<br />
mit Lofts und einem umwerfenden<br />
2.600 Quadratmeter großen Dachgarten<br />
umgebaut. M Central Residential<br />
ist ein massiges aber sorgfältig<br />
wiederhergestelltes, denkmalgeschütztes<br />
Lagerhaus, das in der Blütezeit des<br />
Wollhandels in Sydney erbaut wurde. In<br />
der Nähe der Docks gebaut, um leichten<br />
Zugang zu den Klippern (wie etwa<br />
der Cutty Sark) zu haben, wurden die<br />
Gebäude für die Lagerung gebaut; Ziegel<br />
außen und gutes Holz innen. Der Architekt<br />
Dale Jones-Evans versuchte, so viele<br />
originale Baumaterialien – Ziegelsteine<br />
und Holz – wie möglich zu retten, als<br />
er das Gebäude zu einem Wohnhaus<br />
mit sechs Ladengeschäften umbaute.<br />
Er konzipierte das Dach als ‚erhöhtes<br />
australisches Parkland‘ mit Savannengras,<br />
Sukkulenten und Holzstegen. Alles das<br />
ist natürlich nur einen Steinwurf von<br />
Sydneys Darling Harbour entfernt, wo<br />
die Klipper (und später die Dampfschiffe)<br />
einst anlegten und mit der Wolle, die<br />
im 19. Jahrhundert die wirtschaftliche<br />
Lebensader des Landes bildete, wieder<br />
ablegten. Jedes begrünte Dach, egal<br />
wie primitiv, ist ein lebendiger, atmender,<br />
thermodynamischer Betrieb. Eines zu<br />
finden, dass so schön, authentisch und in<br />
der Geschichte eines Landes verwurzelt<br />
ist wie das von M Central, fällt jedoch in<br />
eine ganz andere Kategorie.<br />
54<br />
55
56<br />
Global:<br />
Das Stadtgespräch<br />
Auf der ganzen Welt ist die Imkerei für<br />
Stadtbewohner zu einem zunehmend<br />
populärem Weg geworden, um mit<br />
der Natur in Kontakt zu kommen. Die<br />
Londoner haben sich dem Thema<br />
aus vielen Gründen angenommen:<br />
Honig, Stressabbau und der Kontakt<br />
mit der Natur. Immerhin ist die<br />
Imkerei ideal geeignet für diese<br />
Stadt mit ihren Parks und Gärten.<br />
Die bemerkenswerten 25 Prozent<br />
Grünfläche in London werden durch<br />
private Gärten aller Größen und<br />
Arten möglich gemacht. Dazu zählen<br />
elegante Gartenplätze, öffentlich<br />
zugängliche Parks und die berühmten<br />
Royal Parks wie etwa der Hyde Park,<br />
Kensington Gardens und St. James<br />
Park. Gemeinsam bieten sie den<br />
verschiedenartigsten Pflanzen eine<br />
Heimat.<br />
Der Geschmack von Honig<br />
Die verschiedenen Futterpflanzen, die<br />
hier verfügbar sind, resultieren in einem<br />
außergewöhnlich komplex schmeckenden<br />
und reichlichen Honigangebot. Es<br />
sind nicht nur urbane Bauern und<br />
Nachbarschaftsgärtner, die Imkerei<br />
betreiben, sondern Menschen aus allen<br />
Bereichen. <strong>Sie</strong> machen es, um der Umwelt<br />
zu helfen und – vielleicht am wichtigsten<br />
– um dem Stress des modernen Lebens<br />
zu entkommen. Kurz gesagt: <strong>Sie</strong> machen<br />
es, um ein wenig natürliche Wärme in ihr<br />
kaltes Stadtleben zurückzubringen.<br />
Wo leben die Bienen?<br />
Egal ob in Hinterhöfen oder im<br />
Buckingham Palace, in London findet<br />
man beinahe überall Bienenstöcke. Noch<br />
erstaunlicher ist, dass man inzwischen<br />
auch Bienenstöcke auf Londons Dächern<br />
finden kann, denn hier ist ein besonders<br />
vorsichtiger Umgang notwendig. Die St.<br />
Paul’s Cathedral und die Tate Modern<br />
haben Bienenstöcke auf dem Dach,<br />
die von Imkern betreut werden. Das<br />
geschichtsträchtige Kaufhaus Fortnum<br />
& Mason konnte einen großen Erfolg mit<br />
seinen Bienenstöcken im 6. Stock erzielen.<br />
Aus der Ausbeute wird der exklusive<br />
Fortnum’s Bees Honey hergestellt.<br />
Auch außerhalb von Großbritannien ist<br />
die Bienenhaltung in Städten sehr populär.<br />
In Hongkong hat das Unternehmen HK<br />
Honey (www.hkhoney.org) im gesamten<br />
Stadtbereich Bienenstöcke in örtlichen<br />
Unternehmen aufgestellt. Das Netzwerk<br />
der Bienenzüchter produziert nicht nur<br />
Honig, sondern auch Seife und Kerzen. In<br />
Melbourne, Australien, platziert Melbourne<br />
City Rooftop Honey (www.rooftophoney.<br />
com) Bienenstöcke auf leeren Dächern<br />
und in verlassenen Gärten und ermutigt<br />
Unternehmen dazu, die Bienenstöcke zu<br />
sponsern oder zu adoptieren. Und in der<br />
gleichen Stadt verkauft Bee Sustainable<br />
(www.beesustainable.com.au) Honig,<br />
der von den städtischen Bienenvölkern<br />
gesammelt wurde. Daneben organisiert<br />
Bee Sustainable Imkerei-Workshops.<br />
Keine Bienen. Keine Pflanzen. Keine<br />
Menschen.<br />
In ‚A World Without Bees‘ diskutieren<br />
die Experten für urbane Bienenhaltung<br />
Alison Benjamin und Brian McCallum,<br />
dass die Menschheit ohne Bienen nur<br />
vier Jahre überleben könnte. Ohne<br />
Bienen gibt es keine Bestäubung und<br />
ohne Bestäubung gibt es keine Pflanzen<br />
– und bald auch keine Tiere und dann<br />
auch keine Menschen mehr. Es ist<br />
ein ernüchternder Gedanke, dass die<br />
westliche Honigbiene 70 Prozent der<br />
Nahrungsmittel bestäubt, die wir essen.<br />
Und das ist auch ein sehr vernünftiger<br />
Grund, um Imker oder Imkerin zu werden.<br />
Der Freund des Imkers<br />
Aber wenn am Ende das Ziel steht, die<br />
Bienen zu retten (und damit auch uns<br />
selbst), ist es wichtig, dies auch richtig<br />
zu tun. Tausende von Bienen glücklich,<br />
gesund und produktiv zu halten, ist eine<br />
komplexe Aufgabe. Jeder, der einen<br />
Blick in einen Bienenstock wirft, ist<br />
verzaubert von diesem hypnotisierenden<br />
Wunder an Organisation. Und es gibt viel<br />
Unterstützung für diejenigen, die etwas<br />
lernen möchten. Zum Beispiel bietet<br />
The London Beekeepers Association<br />
(LBKA) (www.lbka.org.uk) detaillierte<br />
Lehrgänge und ein Mentoring-<br />
Programm, das Neulinge unterstützt<br />
und für die Weitergabe von wertvollem<br />
Erfahrungswissen sorgt.<br />
Bienenfreundliche Gärten<br />
Stadtbewohner, die keine Bienen züchten,<br />
können dennoch dabei helfen, <strong>unser</strong>e Umwelt<br />
und <strong>unser</strong>e Nahrungskette zu schützen.<br />
„<strong>Sie</strong> müssen keine Bienen halten, um<br />
sie zu retten“, sagt die LBKA. „Es gibt<br />
viele nützliche Maßnahmen, die wir<br />
alle durchführen können. Wir können<br />
insektenfreundliche Blumen, Bäume und<br />
Pflanzen pflanzen. Wir können außerdem<br />
auf den Einsatz von Pestiziden in <strong>unser</strong>en<br />
Gärten verzichten. Und wir können <strong>unser</strong>e<br />
örtlichen Imker unterstützen, indem wir<br />
ihren Honig kaufen.“<br />
In London sind 2.500 Bienenstöcke registriert.<br />
In jedem Bienenstock leben 50.000 Bienen.<br />
Aus jedem Bienenstock werden pro Saison rund<br />
32 Kilo Honig gewonnen.<br />
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