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flow360° Spring/Summer 2013 - Architekturmagazin

Architektur / Design / Lifestyle - flow360° das Magazin von flow.studio

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<strong>flow360°</strong><br />

Tama-Mono & O-Karikomi<br />

Azaleen im Japangarten<br />

Was wäre ein Maler ohne die Farben Rot oder Blau? Genau so könnte<br />

ich die Frage stellen, ob ein Japangarten ohne Azaleen auskäme...<br />

Halbkugelig flache, kleinblättrige japanische Azaleen sind die ideale<br />

Ausgangspflanze für Tama-mono. Dies sind Formgehölze, die die japanischen<br />

Gärten stark prägen. Sie werden oft als Ergänzung, manchmal<br />

sogar als Ersatz für Steinsetzungen verwendet.<br />

Tama-mono sind einzelne Pflanzen, die in Form von flachen aufsitzenden<br />

Halbkugeln geschnitten werden. Dabei wird eine möglichst<br />

breite Basis im Verhältnis zur Höhe angestrebt.<br />

Unter O-Karikomi versteht man geschnittene Wellen, die aus mehreren<br />

zusammengewachsenen Tama-mono entstehen. Sie sollen<br />

in ihrer Form an sanfte, bewaldete Hügel erinnern oder als „lebende<br />

Steine“ fungieren.<br />

In Japan werden für solche Arrangements meistens Azaleen einer<br />

Sorte verwendet. Folgend gebe ich Empfehlungen für die zu verwendenden<br />

Sorten, die nach Habitus, Schneidbarkeit und der für uns<br />

besonders wichtigen Winterhärte über lange Jahre bewiesen haben,<br />

dass sie für unsere klimatischen Bedingungen geeignet sind.Dabei<br />

steht die Blüte nicht im Vordergrund, wichtiger ist der Formschnitt.<br />

Dort, wo unser Klima dem Einsatz von Azaleen tatsächlich Grenzen<br />

setzt oder wo Budgetgründe dem großzügigen Einsatz von Azaleen<br />

entgegen stehen, kann man auf Ilex crenata oder flachkugelige Eiben<br />

ausweichen, Buxus empfehle ich derzeit wegen des Buxbaum-Pilzes<br />

Cylindrocladium buxicola nicht.<br />

Um eine perfekte O-Karikomi – Landschaft zu gestalten ist der Schnitt<br />

der Azaleen wichtig. In Japan werden die Pflanzen vor der Blüte geschnitten,<br />

da die Pflanzen sehr viel Kraft durch ihre überreichliche<br />

Blüte verlieren und der Habitus der Pflanzen in Japan das Wichtigste<br />

ist. Unser europäischer Geschmack will vor allem die komplette, ein-<br />

14 15<br />

mal jährliche Blüte. Ich schneide daher die Azaleen nach der Blüte,<br />

wenn sie neu durchtreiben und sich von der Blüte ein wenig erholt<br />

haben.<br />

Azaleen in Blüte | Japangarten Villa Zwenkauer See<br />

by flow.studio & Jürgen Kirchner<br />

Nach der Blüte hilft man den Pflanzen mit einer Düngung, die aber<br />

sehr vorsichtig dosiert sein sollte. Meist verwende ich die normalen<br />

Volldünger im Verhältnis von 12-10-18 d.h. in der Reihenfolge 12<br />

für N=Stickstoff; 10 für P=Phosphat und 18 für K=Kalium. Man kann<br />

auch spezielle Rhodo-Düngemittel kaufen, die zusätzlich Magnesium<br />

enthalten, oder auch Spurenelemente, wie Bor, Mangan oder Zink. Es<br />

gibt spezielle, für Azaleen perfekt passende Dünger mit Magnesium<br />

wie ‚Nitrophoska perfekt‘ im Verhältnis 15-5-20+2 oder Nitrophoska<br />

stabil als 12-6-18+3. +3, der +2 oder +3 –Anteil kennzeichnet den<br />

Magnesiumanteil. Diese Dünger gibt es selbstverständlich auch von<br />

‚Osmocote‘ oder anderen Marken, wie Ferticote‘ oder ‚Plantacote‘.<br />

Sie haben eine Wirkungsdauer von 3, 6 oder 9 Monaten. Sie verfügen<br />

über eine Kunststoffschicht um die eigentlichen Düngemittel, die<br />

dafür sorgt, dass sie über einen längeren Zeitraum als Depotdünger<br />

wirken können. Kalium ist gut für die Abhärtung und kann auch noch<br />

nach Juni gegeben werden.<br />

Die Ballen der Azaleen dürfen nicht austrocknen, sie wollen aber auch<br />

nicht zu nass stehen. Eine richtige Dosierung der Bewässerung ist<br />

daher wichtig. Regenwasser ist ideal, da hier der PH-Wert in der Regel<br />

bei 6.2 bis 6,5 liegt und der Kalkanteil niedrig ist. Tropfbewässerung<br />

mit Wasser aus Regenwasserzisternen stellen den Idealfall dar.<br />

Wichtiger als die Düngung ist die richtige Vorbereitung des Pflanzenstandortes.<br />

Je näher die Azaleen am Wasser stehen, desto sonniger<br />

darf es sein, da die Luftfeuchtigkeit hier immer etwas höher sein wird<br />

als an sonnigen trockenen Standorten. Diese sind zu meiden. Es ist<br />

durch die Gerüstpflanzung rundum für eine zumindest zeitweise Beschattung<br />

zu sorgen. Der Boden sollte dort, wo kalkhaltige Böden<br />

auftreten, mit einer Schicht-Dicke von mindestens 40 – 50 cm unter<br />

dem Wurzelballen der Pflanzen, mit Azaleen – oder Moorbeet-Erde<br />

versorgt werden. Andernfalls werden sie nicht lange Freude an ihren<br />

Azaleen haben.<br />

Um die für einen Japangarten perfekte Form der einzelnen Pflanze<br />

und der O-Karikomi-Wellen zu erhalten, ist der richtige Schnitt essentiell.<br />

Die Azaleen sollten mehrmals im Jahr mit perfekt scharfen<br />

Scheren, die die kleinen Blättchen nicht zerrupfen sondern glatte<br />

Schnitte erzeugen, geschnitten werden. Der „massivste“ Schnitt erfolgt<br />

ca. 10 – 14 Tage nach dem Blühen der Pflanzen, wenn erkennbar<br />

ist, dass die Pflanzen kräftig durchtreiben. Alle weiteren Schnitte<br />

sollten Korrekturen ohne jegliche Reduktion der Grundmasse der<br />

Azalee sein. Es gibt keine exakten Zeitpunkte und Anzahlen für diese<br />

Korrekturschnitte, dies sollte je nach Witterung und damit verbundenem<br />

Wachstum der Pflanzen erfolgen.<br />

Die exakte Ausführung dieser Schnitttechnik führt zu einem hervorragenden<br />

und sauberen Erscheinungsbild des japanischen Gartens.<br />

Folgende kleinblättrige Sorten haben sich in unseren japanischen<br />

Gärten bewährt : Erste Wahl wäre für mich immer Azalea jap. „Purple<br />

Splendour“ (siehe oberes Bild der blühenden Azaleen), da sie sehr gut<br />

schnittverträglich, hervorragend winterhart und immer „frischgrün“<br />

sind. Gut geeignet sind auch Azalea jap. „Amoena“ oder Azalea jap.<br />

„Hatsugiri“, letztere Sorte neigt aber ein wenig zum frühzeitigen Vergreisen.<br />

Besonders „Amoena“ besticht aber durch eine tief purpurpink-farbene<br />

Blüte - ebenso Azalea jap. „Hino Crimson“<br />

Autor: Jürgen Kirchner, Inhaber von Jürgen Kirchner Wasser + Garten<br />

www.wasser-garten-kirchner.de<br />

Herr Kirchner ist Experte für japanische Gärten und Gartenarchitekt<br />

für flow.studio. Bei gemeinsamen Projekten in Wiesbaden und am<br />

Zwenkauer See wurde eine einzigartige Symbiose aus Architektur<br />

und Gartenbau geschaffen.<br />

F360° | Gartenarchitektur<br />

Beispiel für perfekte Tama-Mono:<br />

Garten des Adachi-Museums in Japan

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