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11. Sitzung Phonetik und Phonologie - UK-Online - Universität zu Köln

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<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Köln</strong> – Institut für deutsche Sprache <strong>und</strong> Literatur SS 12<br />

Tutorium „Sprachwissenschaft des Deutschen“ <strong>11.</strong>/12. <strong>Sit<strong>zu</strong>ng</strong><br />

Do. 16-17.30h in 230<br />

knops.julian@uni-koeln.de<br />

<strong>Phonetik</strong>/<strong>Phonologie</strong><br />

Die Lehre von den Lauten der Sprache<br />

Die <strong>Phonetik</strong> befasst sich mit den materiellen Eigenschaften einer Sprache, aufgeteilt in:<br />

– artikulatorische <strong>Phonetik</strong>: Lautproduktion, Segmentierung<br />

– akustische <strong>Phonetik</strong>: physikalische Mittel (Frequenz, Intensität), Lautübertragung<br />

– auditive <strong>Phonetik</strong>: Sprachperzeption, anatomische <strong>und</strong> neurophysiologische Vorgänge<br />

Die <strong>Phonologie</strong> untersucht die Lauteinheiten innerhalb eines Sprachsystems.<br />

Phonetische Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Passive Artikulatoren: Lippe (labial), Zähne (dental), Zahndamm (alveolar), harter<br />

Artikulationsort! Gaumen (palatal), weicher Gaumen (velar), Zäpfchen (uvular),<br />

Rachen (pharyngal), Kehlkopf (laryngal), Stimmritze (glottal)<br />

Aktive Artikulatoren: Zungenspitze (apikal), Zungenblatt (koronal),<br />

hinterer Zungenrücken (dorsal)<br />

Laute werden nach verschiedenen Kriterien (z.B. Weg das Luftstroms, Position der<br />

Stimmbänder etc.) in verschiedenen Lautklassen eingeteilt. Dadurch entstehen <strong>zu</strong>nächst<br />

zwei primäre Lautklassen:<br />

1. Konsonanten: +konsonantisch (Behinderung des Luftstroms oberhalb der Glottis<br />

±stimmhaft (Mitschwingen der Stimmlippen)<br />

Merkmal des Artikulationsorts<br />

Merkmal der Artikulationsart:<br />

– Plosiv: der Luftstrom völlig blockiert (Verschlusslaut), die Luft staut sich <strong>und</strong> wird<br />

explosionsartig durch plötzliches Öffnen entlassen<br />

– Frikativ: Der Luftstrom wird durch die Zunge stark eingeschränkt wodurch Turbulenzen<br />

entstehen, welche als Reibegeräusche wahr-genommen werden<br />

– Nasal: Das Velum senkt sich <strong>und</strong> verschließt den M<strong>und</strong>raum, gibt aber den Weg durch die<br />

Nasenhöhle frei.<br />

– Lateral: Der M<strong>und</strong>raum wird nur in der Mitte verschlossen, so dass die Luft nur an den<br />

Seiten entweichen kann.<br />

– Vibrant: Vibration eines aktiven Artikulator.<br />

Einmalig bei Flaps, Mehrmalig bei Trills<br />

2. Vokale: ohne Behinderung des Luftstroms<br />

stets stimmhaft


Phonologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Ein phonologisches Merkmal ist die kleinste, d.h. Nicht weiter zerlegbare,<br />

bedeutungsunterscheidende (distinktive) lautliche Einheit eines Sprachsystems<br />

Ein Phonem bildet das kleinste bedeutungsdifferenzierende Segment einer Sprache. Ein Phonem ist<br />

ein Bündel von phonologischen Merkmalen<br />

– Minimalpaarbildung: Ein Minimalpaar entsteht durch das Austauschen durch genau einem<br />

phonologischen Merkmal. Durch das Austauschen ergibt sich eine neue Bedeutung.<br />

Bsp. [valt] → [halt] → [hant]<br />

– Allophone: Phone, welche nicht-distinktive Realisierungsvarianten eines Phonems sind<br />

Unterschieden werden hierbei freie Allophone (Bsp. R-Laut im Deutschen) <strong>und</strong> kombinatorische<br />

Allophone (Ich/Ach-Laut)<br />

– Phonologische Merkmale umfassen eine kleine Liste von universaler Merkmale <strong>zu</strong>r<br />

distinktiven Funktion<br />

- kons: Behinderung der Glottis oberhalb der Glottis<br />

- sonor: Sonoranten sind eine Klasse von Lauten, die spontan stimmhaft sind, d.h.<br />

sie haben keine stimmlose Alternation. Alle Nasale <strong>und</strong> Liquide sind im Deutschen<br />

Sonoranten<br />

- koronal: Anhebung des Zungenkranzes bei der Artikulation, z.B. [l]<br />

- hoch: Anhebung des Zungenrückens bei der Artikulation<br />

- hinten: Anhebung des Zungenrückens nach hinten<br />

- nasal: Nasale Artikulation<br />

- stimmhaft: Mitschwingen der Stimmlippen<br />

- dauernd: Lautbildung mit Behinderung, aber ohne Blockierung des Luftstroms<br />

M<strong>und</strong>raum (Nasale sind - dauernd)<br />

Phonologische Prozesse <strong>und</strong> Regeln<br />

Phonologische Prozesse:<br />

– Neutralisierung: Ein Laut verliert seine distinktiven Eigenschaften ohne Einfluss auf andere<br />

Segmente<br />

Auslautverhärtung<br />

– Assimilation: Ein Segment wird seiner Umgebung ähnlicher<br />

progressive Nasalassimilation<br />

– Dissimlation: Ein Segment wird seiner Umgebung unähnlicher<br />

– Tilgung: Ein <strong>zu</strong>gr<strong>und</strong>eliegendes Element wird nicht realisiert<br />

G-Tilgung/ Schwa-Tilgung<br />

– Epenthese: Ein nicht <strong>zu</strong>gr<strong>und</strong>eliegender Laut wird eingefügt<br />

Glottal-Stop-Epenthese<br />

– Umstellung zweier Phoneme (meist diachron)


Regelschema der linearen <strong>Phonologie</strong>: A → B / X_Y<br />

Phonologische Regeln<br />

Beispiel Auslautverhärtung<br />

+sth. → - sth. / _σ<br />

1. Feeding Order<br />

Input A → Regel A → Output A=Input B → Regel B → Output B<br />

Schwa-Tilgung → Nasalassimilation<br />

2. Bleeding Order<br />

Input A → Regel A → Output A= Input B → Regel B<br />

G-Tilgung → Auslautverhärtung<br />

Suprasegmentale/Prosodische <strong>Phonologie</strong><br />

1. Laute werden größeren Konstituenten <strong>zu</strong>geordnet, vor allem der Silbe.<br />

2. Die Silbe wird noch weiter zerlegt, <strong>und</strong> zwar in Onset, Nukleus <strong>und</strong> Koda. Nukleus <strong>und</strong><br />

Koda bilden <strong>zu</strong>sammen den Reim. Sie sind Silbenkonstituenten.<br />

3. Innerhalb der Silbe gilt ein strikter Sonoritätsverlauf (Ausnahme sind extrasilbische<br />

Elemente) vom Sonoritätsminimum über das Maximum beim Silbengipfel (Nukleus) wieder <strong>zu</strong>m<br />

Minimum.<br />

Sonoritätsskala: Plosive < Frikative < Liquide < Vibranten < Vokale<br />

4. Zwischen den Lautsegmenten <strong>und</strong> den Silbenkonstituenten wird noch eine dritte Ebene<br />

eingeführt, die Skelettschicht, oder CV-Ebene. Der Silbengipfel wird hierbei als V, alle anderen<br />

Positionen als C, extrasilbische Elemente als X notiert. Vollsilben haben einen verzweigenden<br />

Nukleus (VC). Gespannte („lange“) Vokale werden zwei Positionen <strong>zu</strong>geordnet, Affrikaten nur mit<br />

einer, ebenso wie alle anderen Laute.<br />

5. Bei offenen Silben mit ungespannten Vokalen kommt es regelmäßig <strong>zu</strong>r Ambisilbizität<br />

eines nachfolgenden Konsonanten um die zweite Nukleusposition <strong>zu</strong> besetzen<br />

6. In Reduktionssilben kann der Silbengipfel auch durch einen silbischen Sonoranten besetzt<br />

werden (z.B. bei fehlendem Schwa), der Nukleus verzweigt nicht.<br />

7. Die maximale deutsche (Voll-)Silbe besteht aus XCCVCCX.<br />

8. Die minimale Vollsilve besteht aus (C)VC, die minimale Reduktionssilbe aus (C)V.<br />

Wortinitiale Silben haben im Deutschen immer einen Onset (Glottal-Stop-Epenthese). Hier gilt das<br />

Prinzip der Onset-Maximierung.


Übungen<br />

1. Transkribiere!<br />

a) Assimilation<br />

b) Minimalpaarbildung<br />

c) Reduktionsvokale<br />

2. Transkribiere <strong>und</strong> analysiere die Silbenstruktur.<br />

a) fallen<br />

b) Sonne<br />

c) einfach<br />

d) Strumpf<br />

e) Apfel<br />

f) Leben<br />

3. Welchem Phonem entsprechen diese Merkmalsbündel?<br />

+ konsonantisch<br />

+ plosiv<br />

+ velar<br />

+ stimmhaft<br />

- konsonantisch<br />

+ hoch<br />

+ vorn<br />

- ger<strong>und</strong>et<br />

- lang<br />

4. Definiere die Begriffe Phon, Phonem <strong>und</strong> Allophon.

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