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Ausgabe 1/2013 - Evangelische Pfarrgemeinde Schladming

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4<br />

eInfAcH zUm nAcHDenken<br />

DAS kreUz mIt Dem kreUz<br />

Der Karfreitag bringt die Lösung des größten Problems der Menschheit: Die Lösung der Schuldfrage. Aber es gibt ein<br />

Kreuz mit dem Kreuz: Das Problem der Schuld wird weithin nicht mehr verstanden, und darum können immer mehr<br />

Menschen auch mit der Lösung des Problems nichts mehr anfangen. Da heißt es dann: Ich brauche das Kreuz von<br />

Jesus nicht. Ich will es auch nicht. Ich verstehe es nicht. Schon der Apostel Paulus sah das kommen als er an die Korinther<br />

schrieb: „Das Wort vom Kreuz erscheint als eine Torheit.“ (Vgl. 1. Kor. 1, 18).<br />

Die Passion von Jesus ist<br />

ein Skandal<br />

Die Deutung des Kreuzestodes von<br />

Jesus als Existenzstellvertretung und<br />

Sühnopfer ist mittlerweile höchst umstritten.<br />

Der moderne Mensch meint,<br />

selbst für alles geradestehen zu können<br />

und fragt sich: Wieso soll der Tod von<br />

Jesus bedeutsamer gewesen sein als andere<br />

gewaltsame Tode? Und wieso soll<br />

er uns heute positiv angerechnet werden<br />

können? Man will nicht wegen eines<br />

Gekreuzigten in den Himmel kommen.<br />

Diese Ablehnung führt in der Kirche zu<br />

einer Verlagerung vom Karfreitags- zum<br />

Weihnachtschristentum und zu einer<br />

Verschiebung von der Lehre über Jesus<br />

zur Lehre von Jesus. Dass Gott ein<br />

Opfer empfangen soll, wird immer mehr<br />

als abstoßend empfunden. Muss Gott<br />

denn wirklich Blut sehen? Das verstört<br />

den autonomen Menschen, angeblich ein<br />

Opfer nötig zu haben. Soll für ihn wirklich<br />

jemand sein Leben gegeben haben<br />

müssen? Dahinter steckt doch ein negatives<br />

Menschenbild und die Vorstellung<br />

von einem emotional übererregten<br />

Gott, der in seiner Wut über das Böse<br />

besänftigt werden muss und nur durch<br />

ein Blutopfer zu befriedigen ist, weil<br />

seine Ehre durch die menschliche Sünde<br />

gekränkt worden ist. Und dieser beleidigte<br />

Gott akzeptiert dann die Lebenshingabe<br />

von Jesus als Genugtuung für<br />

seine verletzte Ehre. Aber kann Gott<br />

nicht auch ohne ein Blutopfer vergeben?<br />

Die Passion von Jesus ist die<br />

Aktion Gottes<br />

Bei der Beantwortung dieser kritischen<br />

Fragen, ist genau auf den biblischen<br />

Wortlaut zu achten. Die biblischen Texte<br />

machen deutlich: Jesus musste nicht<br />

sterben, damit Gott uns liebt, sondern<br />

umgekehrt: Weil Jesus gestorben ist, erkennen<br />

wir, dass und wie sehr Gott uns<br />

liebt. In seiner Liebe geht er bis zum Äußersten.<br />

Aber Jesus musste nicht sterben.<br />

Er wollte sterben. Und nicht Gott<br />

empfängt das Opfer von Jesus, sondern<br />

Gott handelt selbst als Hauptakteur bei<br />

der Kreuzigung: „Denn Gott war in<br />

Christus und versöhnte die Welt mit<br />

sich selbst ...“ (2. Kor. 5, 19). Die Passion<br />

von Jesus ist die Aktion Gottes. Schon<br />

im AT sagt Gott: „Mir hast du Arbeit gemacht<br />

mit deinen Sünden und hast mir<br />

Mühe gemacht mit deinen Missetaten.“<br />

(Jes. 43, 24). Wenn Jesus nicht für uns am<br />

Kreuz gestorben ist, dann bleibt ein<br />

Gott übrig, der seine rebellischen Geschöpfe<br />

zwar gern bei sich hätte, das<br />

aber wegen seiner Heiligkeit, die die<br />

Sünder ausschließt, nicht schafft. Nur<br />

das Kreuz hält Gottes Treue zu den<br />

Sündern und seine Heiligkeit zusammen<br />

und verhindert damit einen Gott, dessen<br />

Liebe nur eine leere Worthülse und<br />

eine Absichtserklärung bleibt.<br />

Die Passion von Jesus zeigt<br />

die Leidenschaft Gottes<br />

Entscheidend ist darum auch nicht, dass<br />

Foto: Okapia<br />

da am Kreuz jemand leidet, sondern es<br />

kommt darauf an, wer da stirbt. Wer<br />

kann Gott und Mensch miteinander versöhnen?<br />

Das muss doch, damit es nicht<br />

nur behauptet wird, Gott selber sein. Inhalt<br />

des Evangeliums ist darum: Ja, Gott<br />

kann leiden. Gott kann leiden. Das<br />

Kreuz zeigt: Der rebellische, sündige<br />

Mensch ist und bleibt Gottes große Leidenschaft.<br />

Und darum leidet Jesus unter<br />

uns, durch uns, für uns: An unserer<br />

Stelle, uns zugut.<br />

Wer sich beim Rasieren in der Früh geschnitten<br />

hat, nimmt einen Wattetupfer<br />

und wischt damit das Blut ab. Die weiße<br />

Watte macht den Geschnittenen zwar<br />

sauber, aber jetzt klebt der Fleck, der<br />

erst an ihm war, an ihr. Und diese Watte<br />

trifft dann das Schicksal, das sie nicht<br />

verdient hat. Weil sie durch den Geschnittenen<br />

blutig geworden ist, fliegt sie<br />

in den Mistkübel.<br />

Jesus ist für unser Leben dasselbe wie<br />

die weiße Watte, für den, der sich geschnitten<br />

hat. Durch die Sünde ist unser<br />

Verhältnis zu Gott durchgeschnitten.<br />

Aber weil der sündlose Jesus uns den<br />

Schmutz der Sünde abwischt, darum<br />

klebt unsere Sünde an ihm. Jetzt ist er<br />

der Blutbeschmierte. Jetzt steht auf einmal<br />

er nicht mehr sauber da, sondern<br />

wir. Jetzt trifft es ihn. Während wir gut<br />

dastehen, hängt er auf der Müllkippe von<br />

Jerusalem am Kreuz.<br />

Nur Gedankenlose lehnen das Kreuz ab.<br />

Denn ob ich es brauche hängt doch<br />

nicht davon ab, ob ich denke, dass ich es<br />

brauche. Ich kann mich täuschen, wenn<br />

ich denke, etwas nicht zu brauchen. Der<br />

gekreuzigte Jesus ist die Rettung für eine<br />

von Gott abgeschnittene Welt. Ob wir<br />

uns das in der Passionszeit von dem<br />

Wort vom Kreuz sagen lassen, fragt sich<br />

Andreas Gripentrog

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