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Hausarbeit Hagemeister gekuerzt_Text - Lebensnaher ...

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Studienseminar für Lehrämter an Schulen, Bonn<br />

Lehramt für Gymnasien und Gesamtschulen<br />

Schriftliche <strong>Hausarbeit</strong><br />

Erprobung und Bewertung des Einsatzes der<br />

ChemZ-Mikrotechnik zur handlungsorientierten<br />

und selbständigen Erschließung des Themas<br />

„Faktoren, die das chemische Gleichgewicht<br />

beeinflussen“ von Schülerinnen und Schülern des<br />

CH-GK11<br />

vorgelegt von<br />

Studienreferendar Timo <strong>Hagemeister</strong><br />

Erster Gutachter: Michael Weier, StD


INHALTSVERZEICHNIS<br />

1. INHALT DER ARBEIT 1<br />

1.1 Grundintention 1<br />

1.2 Umfang 1<br />

1.3 Lehrerfunktionen 1<br />

1.3.1 Lehrerfunktion Unterrichten , 1<br />

1.3.2 Lehrerfunktion „Evaluieren und Innovieren“ 2<br />

2. ERLÄUTERUNGEN ZUM GEGENSTAND DER ARBEIT 2<br />

2.1 Was ist handlungsorientierter Unterricht? 2<br />

2.2 Warum handlungsorientierter Unterricht? 4<br />

2.2.1 Bildungstheoretische Argumentation 4<br />

2.2.2 Entwicklungstheoretische Argumentation 5<br />

2.2.3 Lerntheoretische Argumentation 5<br />

2.2.4 Sozialisationstheoretische Argumentation 6<br />

2.3 Das Experiment im naturwissenschaftlichen Unterricht 6<br />

2.3.1 Das Experimentieren mit medizintechnischem Zubehör 7<br />

3. ERPROBUNG DES EINSATZES DER CHEMZ-MATERIALIEN IM<br />

UNTERRICHT 8<br />

3.1 Lerngruppenanalyse 8<br />

3.2 Planung der Kernreihe 9<br />

3.2.1 ChemZ in der Reihe „Faktoren, die das chemische Gleichgewicht<br />

beeinflussen“ 9<br />

3.2.2 Konzeption der Reihe und der Unterrichtsmaterialien und didaktische<br />

Strukturierung 11<br />

3.2.3 Merkmale handlungorientierten Unterrichts in der vorliegenden Reihe 13<br />

3.3 Planung der Anschlussreihe 13<br />

4. EVALUATION DES EINSATZES DER CHEMZ- MATERIALIEN 13<br />

4.1 Evaluationskriterien, -indikatoren, und –instrumente 14<br />

4.2 Durchführung der Reihe und Auswertung der Evaluationsdaten 16<br />

4.2.1 Beobachtungen im Unterricht (Phasen 1 bis 4 der Reihe) 16<br />

4.2.2 Laborjournale und Forschungsberichte (Phasen 4 und 5 der Reihe) 18<br />

4.2.3 Arbeitsblatt zu Le Chatelier (Phase 6 der Reihe) 20<br />

4.2.4 Bewertungsbogen für Schülerinnen und Schüler und Lernzielkontrolle (Phase<br />

7 der Reihe) 21<br />

4.3 Interpretation der Evaluationsdaten 23<br />

4.3.1 Offene produktorientierte Prozesssteuerung und Selbständigkeit 23<br />

4.3.2 Schüleraktivität 26<br />

4.3.3 Abstraktion der Erkenntnisse auf Basis des mit ChemZ erschlossenen<br />

konkreten Beispiels 26<br />

4.3.4 Verständnistiefe und Transferierbarkeit des Wissens 27<br />

4.3.5 Handhabbarkeit der Materialien 27<br />

4.3.6 Schülermotivation 28<br />

5. ZUSAMMENFASSENDE BEWERTUNG DES EINSATZES DER CHEMZ-<br />

MATERIALIEN IM HANDLUNGSORIENTIERTEN UNTERRICHT 29<br />

6. AUSBLICK 30<br />

7. ANHANG FEHLER! TEXTMARKE NICHT DEFINIERT.<br />

7.1 Abbildungen Fehler! <strong>Text</strong>marke nicht definiert.<br />

7.2 Arbeitsmaterialien Fehler! <strong>Text</strong>marke nicht definiert.<br />

7.3 Literatur 31


1. Inhalt der Arbeit<br />

1.1 Grundintention<br />

In der Arbeit soll untersucht werden, inwieweit medizintechnisches Zubehör als experi-<br />

mentelle Geräteausstattung ein handlungsorientiertes und selbstständiges Lernen im<br />

Chemieunterricht unterstützt und fördert. Zu diesem Zweck wurden die Materialien im<br />

Rahmen eines forschend/entdeckenden Unterrichtskonzepts zur Reihe „Faktoren, die das<br />

chemische Gleichgewicht beeinflussen“ im Chemie-Kurs der 11ten Jahrgangsstufe an der<br />

Gesamtschule Hennef erprobt, ihr Einsatz einer detaillierten Evaluation unterzogen und<br />

abschließend bewertet.<br />

1.2 Umfang<br />

Die Reihe „Faktoren, die das chemische Gleichgewicht beeinflussen“ bietet im Rahmen<br />

mehrerer aufeinander folgender Unterrichtsinhalte die Möglichkeit eines handlungsorien-<br />

tierten Einsatzes medizintechnischen Zubehörs im Unterricht. Zur Erprobung und Bewer-<br />

tung umfasst die Arbeit schwerpunktmäßig die detaillierte Analyse und Reflexion der<br />

unterrichtlichen Umsetzung der Kernreihe „Erarbeitung des Prinzips von Le Chatelier an-<br />

hand des Kohlensäuregleichgewichts“, für die dementsprechend ein handlungsorientiertes<br />

Unterrichtskonzept inklusive Materialien ausgearbeitet und evaluiert wurde. Darüber hin-<br />

aus wurden Arbeitsmaterialien auch zur Anschlussreihe „Der natürliche und technische<br />

Kalkkreislauf als Anwendung und Vertiefung des Prinzips von Le Chatelier“ erstellt, die<br />

der Arbeit anhängen, aber aus Gründen des Umfangs nicht diskutiert werden können.<br />

1.3 Lehrerfunktionen<br />

Die Lehrerfunktionen „Unterrichten“ und „Evaluieren und Innovieren“, wurden bei der<br />

Anfertigung dieser Arbeit verstärkt angesprochen.<br />

1.3.1 Lehrerfunktion Unterrichten 1,2<br />

Der Kern der Arbeit basiert auf der Gestaltung und Optimierung eines Unterrichtsansat-<br />

zes, um grundlegende Kenntnisse zum Thema „Chemisches Gleichgewicht“ handlungsori-<br />

entiert zu vermitteln und dabei sowohl Versuchsplanungsfähigkeiten sowie Fertigkeiten<br />

im zielorientierten Umgang mit der ChemZ Mikrotechnik zu schulen. Es sollte untersucht<br />

werden, inwieweit die ChemZ-Materialien ein schüler- und problemorientiertes, selbst-<br />

ständiges, entdeckendes Lernen fördern und unterstützen, welches nach Bruner, Roth<br />

und Meyer die Grundlage für den effektiven und nachhaltigen Aufbau von Basiswissen<br />

bildet. Ein didaktisch-methodisch differenzierter Aufbau der gesamten Unterrichtssequenz<br />

basierend auf einer fundierten Lerngruppenanalyse wurde als essentielle Vorarbeit für<br />

den gewinnbringenden Einsatz der ChemZ-Materialien geleistet, da nur auf dieser Basis<br />

die Voraussetzungen für selbstständige und erfolgreiche experimentelle Erarbeitung ver-<br />

1


unden mit einem effektiven und motivierenden Erkenntnisprozess für die SuS gewähr-<br />

leistet ist.<br />

1.3.2 Lehrerfunktion „Evaluieren und Innovieren“ 1<br />

In dieser Arbeit wurde ein Unterrichtskonzept mit ChemZ bzw. Unterrichtsmaterialien<br />

entwickelt, die es ermöglichen, Unterrichtsinhalte, die auf herkömmliche Weise anhand<br />

schülerfremder einzelner Laborreaktionen erarbeitet werden, in einem handlungsorien-<br />

tierten Rahmen zu vermitteln. Um die Effektivität des Einsatzes der ChemZ-Mikrotechnik<br />

im handlungsorientierten Unterricht beurteilen zu können, wurde dieser einer eingehen-<br />

den Evaluation unter Anwendung verschiedener Evaluationsinstrumente unterzogen. Die<br />

Evaluationsdaten wurden interpretiert und Faktoren, auf die beim Einsatz der Materialien<br />

im handlungsorientierten Unterricht geachtet werden müssen, herausgearbeitet. Hand-<br />

lungsoptionen zur Optimierung des Einsatzes wurden aufgezeigt. Besondere<br />

Berücksichtung bei der Gestaltung des Unterrichtsverfahrens fand der Einsatz neuer Me-<br />

dien zur zielgerichteten Ergebnispräsentation. 3<br />

2. Erläuterungen zum Gegenstand der Arbeit<br />

Da der Einsatz der Materialien im handlungsorientierten und selbständigen Unterricht<br />

untersucht werden soll, wird im Folgenden theoriegeleitet ausgeführt, warum es über-<br />

haupt erstrebenswert ist, einen handlungsorientierten Unterricht durchzuführen. Darüber<br />

hinaus werden die Merkmale handlungsorientierten Unterrichts dargelegt, auf deren<br />

Grundlage sowohl die didaktische Struktur der für die Erprobung der Materialien ausge-<br />

arbeiteten Reihe gerechtfertigt, als auch die Eignung der ChemZ Materialien für eine<br />

dementsprechende Unterrichtsform evaluationsbasiert beurteilt werden kann. Die Bewer-<br />

tungsargumente können somit konsequent auf die jeweiligen Theorieäquivalente zurück-<br />

geführt werden.<br />

2.1 Was ist handlungsorientierter Unterricht?<br />

Handlungsorientierter Unterricht (HU) ist ein ursprünglich auf die Reformpädagogik zu-<br />

rückgehender Begriff, der heute zum Beispiel in didaktisch-methodischen Konzepten nach<br />

Gudjons 4 oder Meyer 5 praxisorientierte Umsetzungen findet. Übergeordnetes Ziel des HU<br />

ist es, durch aktive Auseinandersetzung der Lernenden mit dem Unterrichtsgegenstand<br />

auf materieller oder sozialer Ebene die Trennung zwischen Schule und Leben ein Stück<br />

weit aufzuheben. 6 Das Konzept basiert auf dem Modell der konstruktivistischen Didaktik.<br />

Im Gegensatz zum deduktiven Instruktionslernen, lernen die Schülerinnen und Schüler<br />

(SuS) im HU in der Regel zuerst anhand eines konkreten Beispiels und erschließen sich in<br />

einem zweiten Schritt ein dem zugrunde liegendes allgemeines Prinzip auf induktive Wei-<br />

se 7 , vollziehen den Abstraktionsschritt also idealerweise durch eigene Konstruktion der<br />

Zusammenhänge.<br />

2


Im HU stehen Kopf- und Handarbeit in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander 8 , bei<br />

dem Denkarbeit und handelndes Erkunden in einem ständigen konstruktiven Wechsel-<br />

spiel ablaufen. HU rückt den Schüler in den Mittelpunkt des Geschehens. Er macht die<br />

Schülerinteressen zum Ausgangspunkt und zeichnet sich generell durch eine äußerst ho-<br />

he Schüleraktivität aus. Er gibt den SuS von Anfang an die Möglichkeit, viel selbst zu<br />

erkunden, zu erproben, zu entdecken, zu erörtern, zu planen und zu verwerfen. Diese<br />

Vorgabe kann nur durch eine möglichst selbstständige Arbeitsweise, in der der Lehrer<br />

möglichst wenig vorgibt, verwirklicht werden. Die Auswahl der Unterrichtsinhalte erfolgt<br />

nicht nach Kriterien der Fachsystematik, sondern schülernah und kontextorientiert mit<br />

hohem Lebensweltbezug für die SuS. Ziel des HU ist die Erschaffung eines zwischen Leh-<br />

rer und SuS vereinbarten Produkts, welches am Ende der Unterrichtseinheit von den SuS<br />

präsentiert und evaluiert wird.<br />

Nach Meyer führen die Merkmale des HU’s zu folgender didaktischer Strukturierung: 9<br />

1) Die Aufgabenstellung ist interessenorientiert und entwicklungsbezogen.<br />

2) Die Handlungsplanung erfolgt produktbezogen.<br />

3) Die soziale Architektur ist kooperativ.<br />

4) Die Themenstellung erfolgt situations- und problemorientiert.<br />

5) Die Prozesssteuerung (Verlaufsplanung) ist offen und produktorientiert.<br />

Geeignete Unterrichtsformen, um diese didaktischen Merkmale umzusetzen, sind zum<br />

Beispiel Projektarbeit, Freiarbeit, Stationenlernen, Egg Races oder Lernen durch Lehren.<br />

Konkret für den naturwissenschaftlichen Bereich sind das forschend-entdeckende Unter-<br />

richtsverfahren nach Kerchensteiner (1912) und dessen zahlreiche praxisorientierte<br />

Weitentwicklungen von Mothes (1967), Fries-Rosenberger (1973) und Schmidkunz-<br />

Lindemann (1981) bestens geeignet, um Unterricht nach einem handlungsorientierten<br />

Muster zu planen. 10 Ein typischer Unterrichtsaufbau gliedert sich hier in folgende Phasen:<br />

1) Entwicklung der Problemstellung<br />

2) Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten<br />

3) Prüfung der Hypothesen durch Planung, Durchführung und Auswertung von Expe-<br />

rimenten<br />

Wird in Schritt 1 ein exemplarisches Problem mit hohem Lebensweltbezug für die SuS<br />

gewählt und der experimentelle Kern in den Schritten 2 und 3 in einem möglichst selb-<br />

ständigen Arbeitsmodus durchgeführt, ist den oben genannten Qualitätskriterien des HU’s<br />

in idealer Weise genüge getan. Arbeitsprodukt ist die Beantwortung der Problemfrage<br />

bzw. Überprüfung der Hypothese mit schriftlicher Fixierung, basierend auf einer von den<br />

SuS eigens entworfenen experimentellen Strategie.<br />

3


Die in dieser Arbeit entworfene Reihe wurde nach diesem Muster geplant, damit der<br />

unterrichtliche Rahmen, innerhalb dessen das medizintechnische Zubehör erprobt wird,<br />

optimale Voraussetzungen für dessen handlungsorientierten Einsatz bietet.<br />

2.2 Warum handlungsorientierter Unterricht?<br />

Ein Gramm Erfahrung ist besser als eine Tonne Theorie, einfach deswegen, weil jede Theorie nur in der<br />

Erfahrung lebendige und der Nachprüfung zugängliche Bedeutung hat. 11<br />

Das didaktisch-methodische Konzept des HU basiert auf entwicklungs- und lernpsycholo-<br />

gischen sowie sozialisations- und bildungstheoretischen Erkenntnissen, die im Folgenden<br />

kurz dargelegt werden sollen.<br />

Wird eine Unterrichtsreihe konsequent nach einem handlungsorientierten Muster durch-<br />

geführt, so deckt die Reihe alle in den Richtlinien/Kernlehrplänen für Chemie in NRW<br />

ausgewiesenen Kernkompetenzen „Fachwissen“ „Fachmethoden“, „Kommunikation“ und<br />

„Reflexion“ (für Chemie Sek. II 12 ) bzw. „Erkenntnisgewinnung“, „Kommunikation“ und<br />

„Bewertung“ (für Chemie Sek. I 13 ) ab.<br />

2.2.1 Bildungstheoretische Argumentation<br />

Bildungstheoretische Grundlage des HU ist Wolfgang Klafki’s kritisch-konstruktives didak-<br />

tisches Modell als Weiterentwicklung seines ursprünglich bildungstheoretischen Ansatzes.<br />

Nach Klafki wird Allgemeinbildung als Fähigkeit zu Selbstbestimmung, Mitbestimmung<br />

und Solidarität verstanden, die von den Lernenden in einem eigenverantwortlichen Pro-<br />

zess selbständig erarbeitet wird. Dies ist nur möglich, wenn die Lernenden selbst in den<br />

Vordergrund gerückt und aktiv tätig werden (schülerorientierter Unterricht). Als didakti-<br />

sche Konsequenz seines bildungstheoretischen Ansatzes plädiert schon Klafki für den<br />

Einsatz „entdecken-lassender“ Verfahren und das Erzeugen originaler Begegnungen im<br />

Unterricht. 14<br />

Jank/Meyer: „Bildung als Befähigung zu vernünftiger Selbstbestimmung kann jemand nur erwerben,<br />

wenn er selbst in der Lernspirale von Erfahrung und Handeln tätig wird und die Verantwortung für sein<br />

Handeln im Rahmen des Geflechts gesellschaftlicher Interessen Schritt für Schritt selbst übernimmt.“ 15<br />

Nach Dewey et al. darf jedoch Handeln nicht zum Selbstzweck verkommen, wenn es als<br />

„bildende Erfahrung“ genutzt werden soll. So dürfen Schülerexperimente im Unterricht<br />

nicht in blinden Aktionismus ausarten oder gar den Charakter einer Beschäftigungsthera-<br />

pie besitzen. 16 Die weiter oben beschriebene didaktische Strukturierung des HU bietet die<br />

Voraussetzung dafür, in Zusammenhängen zu denken, so dass dies nicht passieren kann.<br />

Übergeordnete Bedeutung kommt in Klafki’s Bildungsverständnis dem exemplarischen<br />

Charakter des Unterrichtsgegenstands für den größeren Sinnzusammenhang zu. Hand-<br />

lungsorientierung verzichtet auf inhaltliche Vollständigkeit. Der Physik-Didaktiker Martin<br />

Wagenschein beschreibt die Lösung eines Problems als exemplarisch, wenn „ der Schüler<br />

dabei mehr versteht als nur die Lösung eines einzelnen Problems. Es wird dann zu einem<br />

4


Initationsthema…“. 17 Dies ist mit dem Kohlensäuregleichgewicht als exemplarischem<br />

Thema zur Erschließung des übergeordneten Prinzips von Le Chatelier erfüllt.<br />

2.2.2 Entwicklungstheoretische Argumentation<br />

Der HU ist eine direkte didaktische Konsequenz aus den Stufen der kognitiven Entwick-<br />

lung nach Piaget/Aebli. 18 Da sich aus Handlungsprozessen Denkstrukturen entwickeln, ist<br />

das haptische Begreifen und Tun essentielle Voraussetzung für das Verstehen und der<br />

Lernprozess ein Resultat aus dem Wechselspiel beider. Hierbei laufen Handeln und Den-<br />

ken alternierend ab, indem die handelnde Auseinandersetzung zu Erfahrungen führt, die<br />

kognitiv verarbeitet werden und über weiterführende Denkprozesse wiederum zu weite-<br />

ren handelnden Schritten veranlassen. Nach Piaget können Lernangebote zur Einübung<br />

und Anwendung (Assimilation) oder zur Ausbildung neuer Denkstrukturen (Akkomodation)<br />

genutzt werden. Letzteres ist nur durch handlungsorientierte Auseinandersetzung mög-<br />

lich.<br />

Die Ergebnisse von PISA zeigen, dass an deutschen Schulen zu sehr die Abstraktion ge-<br />

fördert wird und daher mehr praktisches Lernen angewendet werden muss. Allerdings gilt<br />

es zu beachten, dass auch die Loslösung von der Anschaulichkeit ein wichtiger Prozess ist,<br />

der nach Piaget im Jugendalter vollzogen werden muss.<br />

2.2.3 Lerntheoretische Argumentation<br />

Nach der konstruktivistischen Didaktik ist Lernen ein aktiver, konstruktiver Prozess in<br />

individuellem Lerntempo, der vom Lehrer nur begrenzt beeinflusst werden kann.<br />

Konstruktivistische Lernprozesse lassen sich also nur durch selbstständiges, induktives<br />

Erschließen von Unterrichtsinhalten vollziehen. Auf lernpsychologischer Ebene resultiert<br />

daraus Deweys „experimentelles Problemlösen“, und, etwas erweitert, Heinrich Roth’s<br />

lernpsychologisches Stufenkonzept der Erkenntnisgewinnung. 19 Psychologische Grundla-<br />

ge für den Erfolg der Lernprozesse ist hierin unter anderem ein hoher Grad an intrinsi-<br />

scher Motivation, erzeugt durch die Wahl eines schülernahen Kontextes, der im Idealfall<br />

dazu führt, dass der Lernprozess annähernd unbewusst abläuft. Die bei der Problemlö-<br />

sung auftretenden Schwierigkeiten/Widersprüche stellen, ebenso wie der Erkenntnispro-<br />

zess als Schlüsselelement der Akkomodation, zentrale und notwendige Elemente des<br />

Konzepts dar, durch die produktives Lernen erst ermöglicht und angeeignetes Wissen<br />

nachhaltig verankert wird. Das Ziel ist es, durch das Wechselspiel von eigenverantwortli-<br />

cher Planung und Umsetzung von Ideen beim experimentellen Erarbeiten mit dem beloh-<br />

nenden Erkenntnisprozess einen hohen Grad emotionaler Betroffenheit zu erzeugen, der<br />

die Ausbildung neuer kognitiver Denkstrukturen erleichtert. In der vorliegenden Arbeit<br />

bildet der Mineralwasserkontext die persönliche Erfahrungsgrundlage für die SuS, die als<br />

eine Art Spielfeld für die durch handelndes Auseinandersetzen gesteuerte individuelle<br />

Konstruktion neuer kognitiver Verknüpfungen bis hin zur Erkenntnis fungiert. Darüber<br />

5


hinaus soll die Unterrichtsreihe in Form eines Forschungsprojekts durchgeführt werden,<br />

wodurch Unterrichtsgegenstand noch mehr zu einem persönlichen Ereignis für die SuS<br />

wird.<br />

Roth: „Alle methodische Kunst liegt darin beschlossen, tote Sachverhalte in lebendige Handlungen zu-<br />

rückzuverwandeln, aus denen sie entsprungen sind: Gegenstände in Erfindungen und Entdeckungen,<br />

Werke in Schöpfungen, Pläne in Sorgen, Verträge in Beschlüsse, Lösungen in Aufgaben, Phänomene in<br />

Urphänomene…“.<br />

Für eine Handlungsorientierung sind das Nachschaffen und Neu-Erkennen von bestehen-<br />

den Gegebenheiten von wesentlicher Bedeutung. Als Voraussetzung für den Erfolg dieser<br />

Verfahren müssen Chemielehrer das naturwissenschaftliche Experiment als eine Erkennt-<br />

nismethode der Chemie offen legen und die SuS den damit einhergehenden Erkenntnis-<br />

prozess in individuellem Lerntempo (idealerweise leistungsdifferenziert) nachvollziehen<br />

lassen, so wie es auch in der vorliegenden Reihe umgesetzt worden ist.<br />

2.2.4 Sozialisationstheoretische Argumentation<br />

Nach Gudjons ist die heutige Zeit gekennzeichnet durch eine zunehmende Vereinzelung<br />

der SuS, Verlust der Bedeutung klassischer Orientierungssysteme wie Klasse, Kirche oder<br />

Kulturkreis sowie die Verlagerung der kulturellen Aneignung auf unreflektierte, ikonisch<br />

vermittelte Sekundärerfahrungen, die Denkprozesse meist unangeregt lassen („Konsum-<br />

orientierung“) 20 . Letzteres macht den Aufbau einer eigenen Identität schwieriger, denn<br />

die Entwicklung von Selbstsicherheit, Kompetenz und Urteilsvermögen wird nur durch<br />

Primärerfahrungen in der eigenen handelnden und denkenden Auseinandersetzung mit<br />

den Dingen gefördert. Der HU macht die „Planung und Ausführung von Vorhaben, Erfah-<br />

ren der Folgen des eigenen Tuns, Interpretation und Reflexion der Auswirkungen vor dem<br />

Hintergrund vorgängiger Erfahrungen“ zum zentralen Element und fördert somit Eigen-<br />

ständigkeit und Identitätsbildung der SuS. Er wirkt der Verkopfung des Unterrichts ent-<br />

gegen und reduziert somit potentielle störende Nebentätigkeiten der SuS 21 . Die vorrangi-<br />

gen kooperativen Lernformen fördern die soziale Interaktion, wirken somit einer Verein-<br />

zelung entgegen und geben durch die Teamzugehörigkeit Orientierung und Halt.<br />

2.3 Das Experiment im naturwissenschaftlichen Unterricht<br />

Dem Experiment als zentralem Erkenntnismittel kommt im naturwissenschaftlichen Un-<br />

terricht und besonders im HU eine zentrale Rolle zu, mit - abhängig von seiner Stellung<br />

im didaktischen Kontext der Unterrichtsstunde - völlig unterschiedlicher Bedeutung. So<br />

kann ein Experiment der Veranschaulichung chemischer Zusammenhänge dienen, mit<br />

chemischen Phänomenen vertraut machen, Fakten vermitteln, Schülerhypothesen über-<br />

prüfen oder zur Schülermotivation oder zur Anwendung, Festigung und Wiederholung von<br />

Lernergebnissen dienen. 22<br />

Eine optimale Umsetzung der didaktischen Kriterien eines handlungsorientierten Unter-<br />

richtskonzepts wird erzielt, wenn der experimentelle Kern einer naturwissenschaftlichen<br />

6


Unterrichteinheit derart gestaltet ist, dass die SuS möglichst viele Elemente der experi-<br />

mentellen Untersuchung eines Phänomens von vorneherein selbst übernehmen. Nach<br />

Kerchensteiner wird nicht nur durch kleinschrittige Unterrichtsgespräche, sondern auch<br />

durch minutiös gestaltete schriftliche Anleitungen zum Experimentieren den Lernenden<br />

das Denken abgenommen. 23 Unvorhersehbare Ereignisse werden somit verhindert und<br />

der lern- und verstehensförderliche Erkenntnisprozess signifikant reduziert. Durch klein-<br />

gestückelte Versuchsanleitungen wird das Experiment seiner hauptsächlichen didakti-<br />

schen Qualitäten beraubt, da es auf den relevanten Ergebnisbereich reduziert 24 wird. Je<br />

offener der experimentelle Kern des Unterrichts im handlungsorientierten Rahmen gestal-<br />

tet wird, desto mehr wird zudem die naturwissenschaftliche Denkweise und die Kreativi-<br />

tät der SuS gefördert und geschult.<br />

Schließlich kann das Experiment eine Brücke zwischen Schule und Lebenswelt der SuS<br />

schlagen, wenn es die Möglichkeit bietet, naturwissenschaftliche Phänomene aus dem<br />

Alltag mit ebenfalls alltagsnahen Mitteln zu untersuchen.<br />

2.3.1 Das Experimentieren mit medizintechnischem Zubehör<br />

Medizintechnisches Zubehör umfasst verschiedene, vielseitig miteinander kombinierbare<br />

Kunststoff-Spritzen, -Verbinder und –Schläuche in unterschiedlichen Größen. Eine kom-<br />

merziell speziell auf die Anwendung im schulischen Bereich ausgerichtete Zusammenstel-<br />

lung sind die Experimentierkoffer der Firma ChemZ 25 , die zusammen mit einer Sammlung<br />

an Ideen für den Einsatz des Materials im Unterricht geliefert werden. Die in der Unter-<br />

richtsreihe zu dieser Arbeit eingesetzten Stationenkoffer für SuS zeigt Fehler! Verweis-<br />

quelle konnte nicht gefunden werden.. Diese können im Klassensatz bestellt werden<br />

und enthalten die vorsortierten Materialien für verschiedene bereits ausgearbeitete und<br />

erprobte Versuche. Der Klassensatz enthält dann zusätzlich einen Lehrerkoffer und ein<br />

kleines Paket mit Ersatzteilen.<br />

Der bereits verschiedentlich beschriebene Einsatz medizintechnischen Zubehörs im Che-<br />

mieunterricht 26 zeichnet sich durch einige Vorteile gegenüber der herkömmlichen Labor-<br />

ausstattung aus:<br />

1. Die Materialien sind deutlich preiswerter (vgl. 60ml Luer-Lock-Kunststoff-Spritze mit<br />

3-Wege-Hahn 1,70€ vs. 100ml Glaskolbenprober mit 3-Wege-Hahn 57,28€).<br />

2. Die Verletzungsgefahr der SuS beim Umgang mit den Materialien ist sehr viel geringer<br />

bei gleichzeitig geringeren Einschränkungen bei der Umsetzbarkeit von Schülerideen.<br />

Beispiel: Das Durchbohren eines Glasrohrs durch ein Reagenzglasstopfen mit Loch<br />

birgt ein so hohes Verletzungsrisiko, dass es nicht in Schülerhand gegeben werden<br />

kann. Im Gegensatz dazu sind die Materialien der ChemZ-Technik leicht gasdicht zu<br />

kombinieren, Schläuche können mit einfachen Schraubverbindungen an gasdichte<br />

Spritzen angebracht werden, so dass ein Gas- oder Flüssigkeitstransfer aus oder in die<br />

Spritzen gefahrlos möglich ist.<br />

3. Die Spritzen, Schläuche und Verbinder zeichnen sich durch eine vielfältige<br />

Kombinierbarkeit aus und lassen meist mehrere verschiedene Lösungen für eine bestimmte<br />

Fragestellung zu.<br />

7


Die Kombination aller oben erwähnten Punkte führt zu der Tatsache, dass die Materialien<br />

für einen Einsatz im HU prädestiniert sind, da eine komplett selbstständige Lösung eines<br />

Problems durch eigenständige Planung und experimentelle Untersuchung durch die SuS<br />

angestrebt werden kann.<br />

Über die in dieser Arbeit beschriebene Unterrichtsreihe hinaus ist die Anwendung der<br />

Materialien auch zur Erarbeitung anderer Unterrichtsinhalte, insbesondere auch für die<br />

Mittelstufe, beschrieben worden. 27 Beispiele zum selbständigen Arbeiten mit ChemZ in<br />

handlungsorientierten Unterrichtsformen sind die Freiarbeitsexperimente zum Thema „Ein<br />

Gemisch aus Gasen – die Luft in Alltag und Technik“ 28 , sowie diverse Egg Races zu ver-<br />

schiedenen Themen, wie „Bau eines Feuerlöschers“ 29 oder „Wieviel Gas kommt aus einer<br />

Brausetablette?“.<br />

3. Erprobung des Einsatzes der ChemZ-Materialien im Unterricht<br />

Die Durchführung des experimentellen Teils in Form eines selbständigen Arbeitsmoduls<br />

stellt hohe Anforderungen an die Unterrichtsplanung: Eine eingehende Lerngruppenana-<br />

lyse hinsichtlich Wissensstand, vorhandener Methodenkompetenzen und entwicklungs-<br />

psychologischen Stands ist erforderlich, damit vorab im Unterricht die Voraussetzungen<br />

geschaffen werden können, die die SuS benötigen, um alle notwenigen kognitiven Schrit-<br />

te möglichst selbständig zu absolvieren. Darüber hinaus muss die Heterogenität der<br />

Lerngruppe reflektiert werden, um den Lernhilfenpool zu planen oder Anschlussaufgaben<br />

auszuarbeiten, die die schnelleren Gruppen bearbeiten können.<br />

3.1 Lerngruppenanalyse<br />

[…]<br />

Die SuS<br />

• kennen den Begriff eines dynamischen Gleichgewichts und können diesen erklären,<br />

• kennen den Begriff der Gleichgewichtsverschiebung und können diesen erklären,<br />

• kennen die Entstehung von Kohlensäure bei der Reaktion von Carbonsäuren mit<br />

Kalk und deren Zerfall in Wasser und Kohlenstoffdioxid (CO2),<br />

• kennen den Nachweis von CO2 durch die Kalkwasserprobe,<br />

• wissen, dass bei Ablauf exothermer Reaktionen Energie in Form von Wärme an die<br />

Umgebung abgegeben wird, während bei Ablauf endothermer Reaktionen Energie<br />

in Form von Wärme aus der Umgebung aufgenommen wird,<br />

• kennen den Zusammenhang zwischen H + -Ionenkonzentration einer Lösung, deren<br />

pH-Wert, und der Indikatorfärbung.<br />

Die letzten drei Punkte sind Inhalt der Mittelstufe und wurden im Unterricht des laufen-<br />

den Schuljahres nur kurz wiederholt, um einen einheitlichen Wissensstand für alle SuS<br />

herzustellen.<br />

8


Einige Lücken weist das physikalische Grundwissen der SuS auf, weshalb vor allem die<br />

physikalischen Hintergründe der Einflussgröße „Druck“ sowie die Begriffe Druckerhöhung<br />

und Druckverringerung in einem kurzen vorangestellten Unterrichtsgespräch geklärt wer-<br />

den.<br />

Die SuS haben zuvor weder mit den ChemZ-Koffern gearbeitet, noch ein Forschungspro-<br />

jekt durchgeführt (siehe Kapitel 3.2.2). Aus entwicklungspsychologischer Sicht sollten die<br />

SuS zur lernhilfenfreien, erfolgreichen und selbständigen Bearbeitung des Forschungspro-<br />

jekts in der Lage sein, es könnten sich jedoch Schwierigkeiten aufgrund etwaiger noch<br />

unausgebildeter Methodenkompetenzen in einzelnen Aspekten dieser Unterrichtsform,<br />

wie Laborjournal-Führung, Erstellung des Forschungsberichts, anhaltende Produktorien-<br />

tierung ect. ergeben.<br />

3.2 Planung der Kernreihe<br />

3.2.1 ChemZ in der Reihe „Faktoren, die das chemische Gleichgewicht beeinflussen“<br />

Das Prinzip von Le Chatelier a wird analog eines Vorschlags von Paschmann et al. 30 an-<br />

hand des Kohlensäuregleichgewichts eingeführt, das den SuS in Form des sprudelnden<br />

Mineralwassers aus ihrem Alltag bekannt ist. Sie sollen mit den zur Verfügung stehenden<br />

ChemZ-Koffern in einem freien experimentellen Ansatz untersuchen, wie die Einflussgrö-<br />

ßen Temperatur, Druck, und Säurekonzentration die Löslichkeit von CO2 in Wasser beein-<br />

flussen. Der Einsatz der ChemZ-Materialien zu diesem Zweck wurde bereits von von<br />

Borstel et al. 2006 in der Zeitschrift Naturwissenschaft im Unterricht Chemie vorgeschla-<br />

gen und Versuchsvarianten mit der Spritzentechnik beschrieben. 31 Der Artikel diente als<br />

Grundlage für die Ausarbeitung des handlungsorientierten Unterrichtsentwurfs in dieser<br />

Arbeit. Mögliche Lösungswege sind im Folgenden beispielhaft zusammengefasst:<br />

Für die Löslichkeitsbestimmung können eine oder mehrere gasdicht verschließbare Luer-<br />

Lock-Spritzen verwendet werden, in die ein definiertes Volumen abgekochten Wassers<br />

bzw. CO2-Gas gefüllt wird. CO2 wird in einer Druckgasflasche zur Verfügung gestellt, aus<br />

der sich die SuS mittels gasdichter Verbindung zu den verwendeten Kunststoffspritzen<br />

das Gas selbst abfüllen können. Wasser und CO2 werden nun solange gründlich miteinan-<br />

der vermischt, bis sich das Volumen an überstehendem CO2 nicht mehr verändert.<br />

Zur Untersuchung des Temperatureinflusses kann z.B. warmes bzw. eisgekühltes abge-<br />

kochtes Wasser verwendet werden. Die jeweiligen Volumina nicht gelösten Kohlenstoffdi-<br />

oxids werden dann miteinander verglichen.<br />

Zur Untersuchung der Einflussgröße Druck wird z.B. abgekochtes Wasser mit Indikator<br />

versetzt, mit den Spritzen wie gehabt eine gesättigte CO2-Lösung hergestellt und dann<br />

mit der Spitze eine Druckänderung verursacht. Unterdruck lässt sich hierbei über längere<br />

a Le Chatelier 1888: „Wird auf ein Gleichgewicht ein Zwang in Form einer Änderung der äußeren Bedingungen<br />

ausgeübt, so reagiert das System mit einer Gleichgewichtsverschiebung, die diesem Zwang entgegenwirkt.“<br />

9


Zeit durch Fixierung des Spritzenstempels mit einem Nagel ausüben (Im Kasten gibt es<br />

eine Spritze, in deren Stempel sich bereits ein Loch befindet, durch das man einen eben-<br />

falls beiliegenden Nagel schieben kann). Ein Farbumschlag wird deutlich erkennbar, wenn<br />

man den Mischindikator „Tashiro“ verwendet (pH-Bereich 4,4-6,2), der im Sauren eine<br />

violette Färbung, im Umschlagspunkt bei pH 5,2 eine graue und im Basischen eine grüne<br />

Färbung aufweist. b,32 Auch für die Deutung der Indikatorfarbe sollen die SuS in dieser<br />

Arbeit selbständig eine Strategie zur Zuordnung auf Basis geeigneter Vergleichssysteme<br />

entwickeln. Daher wurde hier bewusst darauf verzichtet, den SuS eine Farbtabelle zur<br />

Interpretation der Indikatorfärbungen zur Verfügung zu stellen.<br />

Bei Untersuchung des Einflusses der Säurekonzentration kann die H + -Ionenkonzentration<br />

durch Verwendung 1-molarer Salzsäure bzw. Natronlauge anstelle des neutralen abge-<br />

kochten Wassers variiert werden. Den SuS wird in dieser Reihe konzentrierte Salzsäure<br />

bzw. Natronlauge zur Verfügung gestellt, c die sie aus Gründen der Handlungsorientierung<br />

selbst 1:10 verdünnen müssen, wenn sie diese in einem Experiment verwenden wollen.<br />

Dieser zusätzliche Grad an Flexibilität eröffnet ihnen mehr experimentelle Möglichkeiten.<br />

Sie können dann zum Beispiel die Untersuchung auch mit Mineralwasser durchführen<br />

oder eine bereits gesättigte „neutrale“ CO2-Lösung mit konzentrierter Säure versetzen<br />

und beobachten, ob sich dann das Volumen des überstehenden CO2-Gasraumes verän-<br />

dert.<br />

Der hauptsächliche Vorteil das Prinzip von Le Chatelier anhand des Kohlensäurekontexts<br />

zu erarbeiten, liegt darin begründet, dass alle Einflussgrößen anhand einer einheitlichen<br />

Reaktion untersucht werden können. In herkömmlichen Lehrbüchern wird das Prinzip<br />

anhand einer Reihe von Einzelreaktionen eingeführt, die jede für sich den Einfluss einer<br />

der drei behandelten physikalischen Größen demonstriert. Wird wie in der Vergangenheit<br />

üblich ein entsprechender unterrichtlicher Ansatz gewählt, ist zu beachten, dass es sich<br />

im Gegensatz zum Kohlensäuregleichgewicht bei diesen um schülerfremde „Laborreakti-<br />

onen“ handelt, die teilweise, aufgrund der Giftigkeit der beteiligten Substanzen, noch<br />

nicht einmal von den SuS selbst durchgeführt werden dürfen. d Hinzu kommt, dass die<br />

notwendige, relativ eng geführte Anleitung der Experimente das motivierende Erlebnis<br />

des Erkenntnisprozesses signifikant einschränkt. Ich habe die Reihe im letzten Schuljahr<br />

nach der herkömmlichen Methode durchgeführt. Die SuS mussten hier völlig verschiede-<br />

ne chemische Reaktionen zusammenführen, deren Gemeinsamkeit für sie nicht unbedingt<br />

auf der Hand lag. So konnten sich einige SuS bei Ableitung des allgemeinen Prinzips nicht<br />

b<br />

Der Indikator kann durch Auflösen von 125mg Methylrot und 85mg Methylenblau in 100ml Ethanol selbst<br />

hergestellt werden<br />

c<br />

Ein deutlicher Hinweis auf die einzuhaltenden Sicherheitsvorkehrungen bei Verwendung dieser Chemikalien ist<br />

auf dem Arbeitsblatt zur Versuchsdurchführung (Arbeitsmaterial 2) enthalten.<br />

d<br />

Experimente zum Druckeinfluss werden auf herkömmliche Weise anhand der Gleichgewichtsreaktion zwischen<br />

NO2 und N2O4 verdeutlicht. Die Substanzen sind jedoch toxisch (T+) und daher nur im Lehrerdemoversuch<br />

erlaubt.<br />

10


mehr an die Details von Versuch 1 erinnern und brauchten einige Zeit, um das Wissen zu<br />

reaktivieren. Um diesen Vorteil des Kohlensäuregleichgewichts zu nutzen, wurde bei der<br />

Planung der Reihe bewusst darauf verzichtet, VOR der Ableitung des zugrunde liegenden<br />

allgemeinen Prinzips aus den Ergebnissen des Kohlensäuregleichgewichts zur Vertiefung<br />

weitere konkrete Beispiele schülerfremder Reaktionen theoretisch zu behandeln.<br />

3.2.2 Konzeption der Reihe und der Unterrichtsmaterialien und didaktische Strukturierung<br />

Die Synopse der Reihenplanung inklusive didaktischer Strukturierung und innerer Diffe-<br />

renzierung zeigt Tabelle 1. Die Reihe umfasst inklusive Einführungssequenz insgesamt 15<br />

Unterrichtsstunden (US).<br />

Vor der Durchführung der Reihe werden die SuS darüber informiert, dass die experimen-<br />

tellen Untersuchungen in Form eines Forschungsprojektes ablaufen sollen, das in Anleh-<br />

nung an in der Industrie übliche Verfahren konzipiert worden ist. Die SuS sollen ein La-<br />

borjournal führen, das detailliert Aufschluss über Versuchsplanung, Arbeitsschritte,<br />

Schlussfolgerungen aus Beobachtungen und Neuplanungen geben soll und am Ende ihre<br />

Ergebnisse in Form einer wissenschaftlichen Berichterstattung mittels PowerPoint-<br />

Präsentation (Forschungsbericht) vorstellen. Diese Vorgehensweise hat mehrere Vorteile:<br />

Erstens liefert sie die für diese Arbeit notwendigen Daten zur Evaluation des Einsatzes<br />

von ChemZ. Zweitens ermöglicht sie die Verknüpfung der Lernumgebung Schule mit ei-<br />

ner lebenswelt-authentischen wissenschaftlichen Vorgehensweise. Drittens weist sie im<br />

Sinne der Berufsvorbereitung der SuS dieser Klassenstufe eine hohe Zukunftsbedeutung<br />

Phase US Inhalte Methoden/Medien<br />

Sozialformen<br />

Intentionen/ Didaktischer Kommentar<br />

1: Einfüh- 2 Kennenlernen der Materialien • Power-Point-Präsentation Die Nomenklatur der Materialien dient zur Bezeichnung der verwendeten Bauteile<br />

rung<br />

mit Fotos und Filmen zur<br />

Handhabung (LV)<br />

• parallel handelndes Nachvollziehen<br />

der Präsentationsschritte<br />

mit den<br />

ChemZ-Kästen (Partnerarbeit)<br />

• AB Materialienübersicht<br />

(Fehler! Verweisquelle<br />

konnte nicht gefunden<br />

werden.)<br />

mit Namen in der Protokollführung zu den kommenden Phasen.<br />

Überprüfung der Werbeaussage von<br />

Active O2: 34 • Freie experimentelle<br />

• In diesem Zusammenhang wird die Notwendigkeit der Verwendung abgekoch-<br />

Bestimmung der Löslichkeit Arbeitsphase in Partnerarten Wassers für Löslichkeitsbestimmungen diskutiert Grundlage für die<br />

von Sauerstoff in Wasser<br />

beit (eigene Planung und Experimente zum Kohlensäuregleichgewicht<br />

Durchführung ohne Lernhil- • Dadurch, dass Planungsideen zu einem Kontext bei SuS oft an direkt zuvor<br />

fen)<br />

behandelten Themen anknüpfen, wird auf diese Weise ein Anknüpfungspunkt<br />

• Zusammentragen möglicher für die folgende Entwicklung experimenteller Strategien zur Bestimmung der<br />

Lösungsvarianten im UG Löslichkeit von CO2 in Wasser geschaffen.<br />

2:<br />

2 Beim Öffnen zischende Mineralwasser- • Plenum: Hypothesenbildung<br />

Mineralflasche<br />

und übersprudelndes Mineral- über die ablaufenden Vorwasser:wassergänge<br />

Vom<br />

• Problematisierung: Überprü-<br />

Kontext<br />

fung der aufgestellten Hy-<br />

zum<br />

pothesenExperi-<br />

Experimentelle Überprüfung der<br />

• Freie experimentelle<br />

Mit dieser Aufgabe werden alle wichtigen Arbeitsweisen mit ChemZ noch einmal<br />

ment<br />

Hypothesen. Arbeitsaufträge:<br />

Arbeitsphase in Partnerar- geübt und die theoretischen Grundlagen gelegt, um die betrachtete Reaktion als<br />

1. Überprüfung, ob es sich bei dem beit (eigene Planung und Gleichgewichtsreaktion zu begreifen.<br />

beim Sprudeln von Mineralwasser Durchführung ohne Lernhil-<br />

frei werdenden Gas um CO2 handelt. fen)<br />

Ansätze zur Überprüfung der Hypothesen:<br />

2. Überprüfung, ob sich auch umge-<br />

1. Kalkwasserprobe<br />

kehrt CO2 in Wasser löst (umkehrba-<br />

2. Verwendung eines der in Phase 1 erarbeiteten ChemZ-Versuchsaufbauten<br />

re Reaktion)<br />

3. Überprüfung, ob beim Lösen von<br />

CO2 in Wasser eine Säure entsteht<br />

3. Beobachten des Farbumschlags indikatorversetzten Wassers<br />

Auf Basis des Vorwissens der SuS aus Plenum 1. Abstraktionsebene: Beim Sprudeln entweicht CO2 - es ist dann weniger CO2<br />

der Einführungsphase wird im An-<br />

im Wasser gelöst - die Löslichkeit von CO2 sinkt also. Das Erreichen dieser<br />

schluss schrittweise erarbeitet:<br />

Abstraktionsebene ist Voraussetzung dafür, dass der Mineralwasserkontext auch<br />

• Die eben hergestellte CO2-Lösung<br />

im Schülerexperiment für die SuS lebensnah bleibt. Der Begriff der Löslichkeit als<br />

mit überstehendem Gasvolumen ist<br />

Zwischenstufe zum weniger anschaulichen Begriff des Gleichgewichts dient als<br />

eine gesättigte CO2-Lösung.<br />

eine Art Lernhilfe, um in der eigenständigen Planung leichter experimentelle<br />

• Mineralwasser gibt CO2 frei, daher<br />

Ansätze zur Untersuchung einer Gleichgewichtsverschiebung, z. B. durch Ermitt-<br />

kann es als „übersättigte“ CO2-<br />

lung von Volumenunterschieden der CO2-Gasphase in der Spritze, entwickeln zu<br />

Lösung bezeichnet werden.<br />

können. Der spätere Arbeitsauftrag für den selbständigen Experimentalteil lautet<br />

• Beim Sprudeln sinkt die Löslichkeit<br />

daher: „Untersuche den Einfluss der drei Größen auf die Löslichkeit von CO2“. Der<br />

von CO2 in Wasser.<br />

Bezug zum Gleichgewicht soll erst in der nächsten Abstraktionsebene hergestellt<br />

11


12<br />

3: Die<br />

Einflussgrößen<br />

4: Forschungsprojekt<br />

5: Forschungsbericht<br />

6:<br />

Abstraktion<br />

7: Evaluation<br />

2 • Auftrag: „Notiert Situationen aus<br />

dem Alltag, in denen Mineralwasser<br />

mehr oder weniger sprudelt und<br />

ordnet diesen physikalische Größen<br />

zu, deren Einfluss eurer Meinung<br />

nach die Ursache dafür ist.“<br />

• Herausarbeitung der hauptsächlichen<br />

Einflussgrößen Temperatur,<br />

Säurekonzentration und Druck.<br />

4 Arbeitsauftrag: Experimentelle Untersuchung,<br />

in welcher Weise die drei<br />

physikalischen Größen die Löslichkeit<br />

von CO2 in Wasser beeinflussen.<br />

• Experimentelle Durchführung im<br />

Form eines Forschungsprojektes<br />

• Dokumentation der Versuchsplanung,<br />

Durchführung, Beobachtungen<br />

und deren Deutung<br />

2 Präsentation der Versuchsergebnisse<br />

und deren Interpretationen in Form<br />

eines Forschungsberichts<br />

2 Herleitung des allgemeinen Prinzips<br />

von Le Chatelier<br />

1 • Bewertungsbogen, ausgefüllt durch<br />

die SuS (anonym)<br />

• Schriftliche Lernerfolgskontrolle<br />

Brainstorming in Form einer<br />

Kartenabfrage (rote/grüne<br />

leere DIN A4-Zettel, Magneten),<br />

Einzelarbeit/Plenum<br />

Strukturierung und Gruppierung<br />

der Ergebnisse<br />

Arbeitsblatt zur Versuchsdurchführung<br />

(Arbeitsmaterial<br />

2): gemeinsames Durchlesen<br />

und Beantworten etwaiger<br />

Fragen im Plenum<br />

• Selbstlernprogramm:<br />

Selbständiges Forschen<br />

• Detaillierte Mitschrift im<br />

Laborjournal (Fehler! Verweisquelle<br />

konnte nicht<br />

gefunden werden. - Fehler!<br />

Verweisquelle konnte<br />

nicht gefunden werden.),<br />

das Vordrucke in Form von<br />

Planungsbögen für jeden<br />

Parameter sowie Notizenbögen<br />

für die Durchführung<br />

der Experimente, inklusive<br />

Platz für Hypothese und<br />

Ergebnisse, enthält.<br />

• PowerPoint-Präsentation,<br />

Template beim L auf CD<br />

(Arbeitsmaterial 10 - Arbeitsmaterial<br />

13), Laptop.<br />

• Versuchaufbau wird per<br />

Handy-Foto, eingescannter<br />

Handskizze, oder mit im<br />

Template enthaltener<br />

Zeichnungselemente illustriert<br />

AB zu Le Chatelier (Fehler!<br />

Verweisquelle konnte nicht<br />

gefunden werden.), Einzelarbeit,<br />

ggf. Plenumsphasen<br />

Bewertungsbogen für SuS<br />

(Fehler! Verweisquelle<br />

konnte nicht gefunden<br />

werden.) und Lernerfolgskontrolle<br />

(Arbeitsmaterial 16) in<br />

Einzelarbeit<br />

werden.<br />

Das Brainstorming führt zum Arbeitsauftrag: „Untersucht experimentell, in<br />

welcher Weise diese drei Größen die Löslichkeit von CO2in Wasser beeinflussen.“<br />

Lernhilfe: Wichtige Voraussetzung für Phase 4: Diskussion des Zusammenhangs<br />

zwischen CO2-Löslichkeit und „Säuregehalt“ (H + -Ionenkonzentration/pH-Wert)<br />

des Wassers Theoretische Basis für den produktorientierten Ensatz des<br />

Indikators im Experiment.<br />

Lernhilfe: Liste der zur Verfügung stehenden Chemikalien auf dem AB.<br />

Die Liste der zur Verfügung stehenden Geräte wurde bewusst weniger eingeschränkt,<br />

um eine möglichst freie Versuchsplanung zuzulassen.<br />

• Im Sinne eines nachentdeckenden Vorgehens soll jeweils vor der Untersuchung<br />

eines Parameters eine Hypothese im Laborjournal fixiert werden.<br />

• Zur strikten Trennung von Planungs- und Durchführungsphase müssen die<br />

Versuchsplanungen jeweils vom L abgezeichnet werden, bevor die praktische<br />

Umsetzung beginnen kann. Bei der Freigabe wird der Inhalt der Planung nicht<br />

gewertet oder kommentiert!<br />

Innere Differenzierung nach Leistungsfähigkeit: Abgestufte Lernhilfen mit<br />

nichtlinearer Nutzungsstruktur durch nicht vorhersehbare kognitive Schrittfolge<br />

der SuS im HU:<br />

1. Leitfragenkatalog (Arbeitsmaterial 17), kann zur Inspiration bei Ideenmangel<br />

in der Planungsphase eingesetzt werden und dient als eine Art „Inhaltsverzeichnis“<br />

der Tipps, an dem die SuS ablesen können, auf welchen Aspekt des<br />

durchzuführenden Experiments sich der jeweilige Tipp bezieht (z. B. „Wie<br />

ändere ich die zu untersuchende Einflussgröße?“).<br />

2. Konkrete Lösungsansätze zur Versuchdurchführung (Fehler! Verweisquelle<br />

konnte nicht gefunden werden. - Fehler! Verweisquelle konnte nicht<br />

gefunden werden.), auf die der Leitfragenkatalog verweist, dienen zur Korrektur<br />

des Verfahrens und sollen nach einem oder mehreren Fehlversuchen<br />

zur Anwendung kommen.<br />

Das PPT-Template enthält jeweils ein Slide zur Ergebnispräsentation zu jeder<br />

Einflussgröße, 2 animierte Info-Slides sowie ein weiteres Slide, auf dem die<br />

Ergebnisse auf das Kohlensäuregleichgewicht bezogen werden sollen. Auf den<br />

Info-Slides werden die Teilgleichungen des Kohlensäuregleichgewichts vorgestellt<br />

und daraus die verkürzte Gesamtgleichung abgeleitet. Es ist gekennzeichnet, wo<br />

in dieser Gleichung das CO2-Gasvolumen sowie der pH-Wert des Wassers zu<br />

finden sind.<br />

2. Abstraktionsebene: Beim Schritt der Ergebnisinterpretation sollen die SuS<br />

die Erkenntnisse über die Veränderung der Löslichkeit von CO2 in Wasser<br />

abstrahieren, indem sie anhand der Gesamtgleichung ableiten, in welche Richtung<br />

sich das Kohlensäuregleichgewicht bei Änderung der Löslichkeit von CO2<br />

jeweils verschiebt.<br />

Innere Differenzierung nach Arbeitstempo: Laptops zur Erstellung der<br />

Präsentation im Unterricht stehen den schnelleren Gruppen zur Verfügung, der<br />

Rest erstellt den Bericht als Hausaufgabe.<br />

Nachdem die Untersuchung des Kohlensäuregleichgewichts in einem sehr<br />

selbständigen Arbeitsmodus stattfand, wird die Abstraktion mittels Arbeitsblatt<br />

wieder stärker geführt.<br />

3. Abstraktionsebene: Die Erkenntnis einer rückwirkenden Änderung der<br />

Einflussgröße aufgrund der Gleichgewichtsverschiebung erfordert ein hohes<br />

Abstraktionsvermögen. Die SuS werden deshalb in einem konkreten von ihnen<br />

experimentell durchgeführten Beispiel mithilfe steuernder Impulse durch den<br />

Denkprozess geführt.<br />

4. Abstraktionsebene: Die tabellarisch zusammengestellten Änderungen der<br />

Einflussgrößen durch die SuS und durch die daraus resultierenden Gleichgewichtsverschiebungen<br />

sollen daraufhin miteinander verglichen und die Erkenntnisse<br />

als allgemeines Prinzip von Le Chatelier schriftlich verbalisiert werden.<br />

Die Lernzielerfolgskontrolle wird bewusst ohne vorhergehende weitere vertiefende<br />

Beispiele durchgeführt, da der Lernerfolg, der allein durch die durchgeführte<br />

Unterrichtsreihe erzielt worden ist, beurteilt werden soll.<br />

Tabelle 1: Synopse der Reihenplanung


im Klafki’schen Sinne auf. e,33 Sollte der Experimentalteil des Projekts von geringem Erfolg<br />

gekrönt sein, hat der L mit diesem Verfahren darüber hinaus die Möglichkeit, die er-<br />

wünschten Lernziele im Kompetenzbereich Fachwissen im Rahmen der Forschungsberich-<br />

te durch einen wissenschaftlichen Disput der SuS erarbeiten zu lassen, der gleichzeitig<br />

Kompetenzen im Bereich Bewertung/Reflexion fördert. Sollten die SuS hier Hilfe brau-<br />

chen, kann der L die Laborjournale nutzen, um sich über potentielle Fehlerquellen beim<br />

Experimentieren zu informieren und im Sinne der Beibehaltung der HU konformen Vor-<br />

gehensweise als Impulsgeber fungieren, ohne leitend tätig zu werden. Da in dieser Arbeit<br />

der Einsatz der ChemZ-Materialien bewertet werden sollte, soll letztere Vorgehensweise<br />

nicht Gegenstand der Untersuchungen sein, sie bietet jedoch einen guten Anhaltspunkt<br />

für die zukünftige Planung handlungsorientierter Umgebungen zum Einsatz von ChemZ.<br />

3.2.3 Merkmale handlungorientierten Unterrichts in der vorliegenden Reihe<br />

In Tabelle 2 ist dargestellt, mit welchem Aspekt des vorgestellten Konzepts den verschie-<br />

denen Qualitätsstandards eines handlungsorientierten Unterrichtsverfahrens nach Meyer<br />

et al. genüge getan wird.<br />

Tabelle 2: Umsetzung der didaktischen Kriterien handlungsorientierten Unterrichts nach Meyer in der vorliegenden<br />

Reihe<br />

Didaktisches Kriterium<br />

nach Meyer Umsetzung im Unterrichtskonzept<br />

Die Aufgabenstellung ist Kontext Sprudelwasser als schülernahes Alltagsphänomen<br />

interessenorientiert und<br />

entwicklungsbezogen.<br />

Die Handlungsplanung Ziel der Experimente ist die Beantwortung einer prägnanten<br />

erfolgt produktbezogen. Aufgabenstellung sowie die Durchführung eines Forschungsprojekts<br />

mit abschließendem Forschungsbericht zur Frage<br />

„Wie wirkt sich die Änderung von Druck, Temperatur und<br />

Säurekonzentration auf die Löslichkeit von CO2 in Wasser<br />

aus?“<br />

Die soziale Architektur ist Sozialform Partnerarbeit für Durchführung der experimen-<br />

kooperativ.<br />

tellen Arbeiten inklusive Auswertung und Präsentation<br />

Die Themenstellung er- Einführung des Kontextes anhand einer übersprudelnden<br />

folgt situations- und Mineralwasserflasche auf dem Lehrerpult, Problematisierung<br />

problemorientiert. anhand einer Ideensammlung zur Verschiebung dieses<br />

Gleichgewichts im Alltag durch die SuS.<br />

Die Prozesssteuerung Alle drei Parameter können in frei wählbarer Reihenfolge mit<br />

(Verlaufsplanung) ist frei wählbaren experimentellen Ansätzen bearbeitet werden.<br />

offen und produktorien- Lernhilfen stehen zur Verfügung, damit die Fragestellung in<br />

tiert.<br />

jedem Fall durch adäquate experimentelle Ansätze bearbeitet<br />

werden kann.<br />

3.3 Planung der Anschlussreihe<br />

Aus Gründen des Umfangs dieser Arbeit kann auf die weitergehende Erprobung der<br />

ChemZ-Materialien in den Anschlussreihen zum natürlichen und technischen Kalkgleich-<br />

gewicht nicht näher eingegangen werden. Die im Rahmen dieser Arbeit erstellten Ar-<br />

e Die Zukunftsbedeutung ist eine der Leitfragen in Klafki’s Perspektivenschema zur Unterrichtsplanung nach<br />

kritisch-konstruktiver Didaktik.<br />

13


eitsmaterialien zur handlungsorientierten Erarbeitung der Zusammenhänge sind den-<br />

noch im Anhang abgebildet (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.-<br />

Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.). Die beiden Themen können<br />

in Anbetracht der deutlich unterschiedlichen Zeitrahmen der experimentellen Phasen<br />

nicht arbeitsteilig behandelt werden. In beiden Sequenzen werden erst die Arbeitsaufträ-<br />

ge und das Arbeitsblatt I ausgeteilt, woraufhin die SuS in die Planungsphase für die<br />

durchzuführenden Experimente gehen. Mögliche experimentelle Lösungen für alle Versu-<br />

che zeigen Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. und Fehler!<br />

Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.. Nach der experimentellen Erarbei-<br />

tung der Zusammenhänge wird das ausgefüllte Arbeitsblatt I zusammen mit den jeweili-<br />

gen experimentellen Ansätzen in einem Forschungsbericht präsentiert. Das Arbeitblatt II<br />

soll jeweils im Anschluss an die Präsentationen ausgefüllt und wiederum präsentiert wer-<br />

den. Dadurch, dass die SuS hier ihre Ergebnisse nochmals in einem zusammenhängen-<br />

den Kontext ordnen und gleichzeitig eine schematische Übersicht über die behandelten<br />

Kreisläufe erstellen, erfüllt es eine vertiefende Funktion.<br />

4. Evaluation des Einsatzes der ChemZ- Materialien<br />

4.1 Evaluationskriterien, -indikatoren, und –instrumente<br />

Die Evaluation der Arbeit wurde nach dem Ablaufschema des Evaluationskreislaufs nach<br />

Haun/Schrempf 34 geplant und durchgeführt (Fehler! Verweisquelle konnte nicht ge-<br />

funden werden.). Das Ziel der Evaluation ist die Bewertung des Einsatzes der ChemZ-<br />

Mikrotechnik im HU aus Lehrer- und Schülersicht sowie die Herausarbeitung von Vor- und<br />

Nachteilen.<br />

Das übergeordnete Evaluationskriterium ist die Frage danach, inwieweit die ChemZ-<br />

Materialien ein handlungsorientiertes Unterrichtskonzept, und damit die Erfüllung der in<br />

Kapitel 2.1 ausgeführten theoretischen Anforderungen an den HU ermöglichen. Die An-<br />

forderungen sind zusammen mit den jeweils zugeordneten Indikatoren und den einge-<br />

setzten Instrumenten zur Datenerhebung in Tabelle 3 zusammengestellt.<br />

Die Erfolgsquote der Experimente (siehe Kriterium 1) ist in dieser Arbeit von Bedeutung,<br />

da die besondere Eignung von ChemZ für den HU beurteilt werden soll. Es soll jedoch<br />

nicht unerwähnt bleiben, dass bei Durchführung des HU in Form eines Forschungspro-<br />

jekts das richtige Ergebnis vollkommen selbständig auch durch wissenschaftliche Diskus-<br />

sionen der SuS bei der Präsentation der Forschungsberichte erarbeitet werden kann und<br />

der Erfolg der Experimente in diesem Zusammenhang eine untergeordnete Rolle spielt.<br />

Allerdings verlagert sich auf diese Weise die Erschließung der Lernziele wiederum auf<br />

eine zwar immer noch schülerzentrierte und selbständige, aber dennoch eher kopflastige<br />

Aktivität.<br />

14


Der Aufbau der Lernzielkontrolle basiert auf den Abstraktionsstufen der didaktischen Ana-<br />

lyse der Unterrichtsphasen. In Tabelle 4 sind Aufgaben, Anforderungsbereiche der Aufga-<br />

ben und die damit diagnostizierten erreichten Abstraktionsebenen zusammengestellt.<br />

Tabelle 3: Evaluationskriterien, -indikatoren, und –instrumente dieser Arbeit<br />

Theoretische Anforderungen<br />

/ Kriterien<br />

1 • Offene, produktorientierte<br />

3 Lernumgebung<br />

mit hohem Grad an<br />

Selbständigkeit 4<br />

möglichst hohe Experiment-Erfolgsquote<br />

bei<br />

gleichzeitig hoher Anzahl<br />

an beschrittenen<br />

Lösungswegen<br />

Beobachtungsaspekte (Indikatoren)<br />

• Vielfalt der Lösungsansätze<br />

• Erfolg der schülereigenen<br />

Lösungsansätze /<br />

Planungsmodifikationen<br />

• Sind die gewählten Lösungswege<br />

produkt-<br />

bzw. zielorientiert?<br />

2 • Hohe Schüleraktivität 4 • Wieviele Schüler einer<br />

Gruppe sind gleichzeitig<br />

3 • „Von der Anschaulichkeit<br />

zum Abstrakten“ 8<br />

Abstraktion der Erkenntnisse<br />

anhand des<br />

mit ChemZ praktisch erschlossenenKohlensäurebeispiels<br />

4 • Hohe Verständnistiefe<br />

und Transferierbarkeit<br />

des Wissens<br />

5 • Gute Handhabbarkeit<br />

der Materialien.<br />

tätig?<br />

• Alltagsvorstellungen der<br />

SuS / Schülerhypothesen<br />

• Erreichen der Abstraktionsebene<br />

2<br />

• Erfolgreiche Herleitung<br />

des allgemeinen Prinzips<br />

von LeChatelier<br />

• Aufgaben zum Prinzip<br />

von Le Chatelier (Anwendung<br />

und Transfer)<br />

• Selbständige Lösung<br />

der Aufgaben in der<br />

Einführungsphase<br />

• Vielfalt der Lösungsansätze<br />

• Verschleißhöhe<br />

6 • Hohe Schülermotivation • Positive Schüleräußerungen<br />

• Mitarbeit / Initiative<br />

Tabelle 4: Strukturierung der durchgeführten schriftlichen Lernzielkontrolle<br />

Evaluationsinstrumente<br />

• Beobachtung durch die<br />

Lehrperson im Unterricht<br />

• Laborjournale<br />

• Forschungsberichte<br />

• Beobachtung durch die<br />

Lehrperson im Unterricht<br />

• Brainstorming über Alltagsphänomene<br />

• Laborjournale<br />

(Hypothesenfeld)<br />

• PPT-Forschungsberichte<br />

• Lernzielkontrolle<br />

• AB zu Le Chatelier<br />

• Lernzielkontrolle<br />

• Beobachtung durch die<br />

Lehrperson im Unterricht<br />

• Schüler-Fragebogen<br />

• Beobachtung durch die<br />

Lehrperson im Unterricht<br />

• Schüler-Fragebogen<br />

Aufgabe Gegenstand der Aufgabe AnforderungsAbstraktionsbereichebene 1 Kontext (Mineralwasser) 1 0<br />

2 Ergebnisse des Experiments 1 0<br />

3a Übertragung Mineralwasser Löslichkeit 2 1<br />

3b Übertragung Löslichkeit Gleichgewicht 2 2<br />

3c Anwendung des allgemeinen Prinzips 2 4<br />

4 Transfer des allgemeinen Prinzips 3 4<br />

15


Abstraktionsfähigkeiten können nur im Anforderungsbereich 2 und 3 zuverlässig detek-<br />

tiert werden, da hierdurch eine Reproduktion auswendig gelernten Wissens ausgeschlos-<br />

sen wird.<br />

Aufgrund der in Tabelle 3 erkennbaren mehrfachen Zuordnung einiger Evaluationsin-<br />

strumente zu verschiedenen Kriterien, werden in Kapitel 4.2 zunächst die Analyseergeb-<br />

nisse der Datenerhebungen nach Evaluationsinstrumenten geordnet vorgestellt. Auf de-<br />

ren Basis wird dann in Kapitel 4.3 eine kriteriengeordnete Interpretation zur Bewertung<br />

von ChemZ vorgenommen.<br />

4.2 Durchführung der Reihe und Auswertung der Evaluationsdaten<br />

4.2.1 Beobachtungen im Unterricht (Phasen 1 bis 4 der Reihe)<br />

Einführungsphase: Alle drei von von Borstel vorgeschlagenen Versuchsvarianten zur Be-<br />

stimmung der Löslichkeit von Gasen in Wasser wurden in der Arbeitsphase zur Untersu-<br />

chung der Löslichkeit von Sauerstoff in Wasser selbstständig und ohne Lernhilfen er-<br />

schlossen (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.). Die Ergebnisse<br />

für die Löslichkeit lagen im Bereich des Literaturwerts (40ml/l) zwischen 33 und 50 ml/l.<br />

Der Fehlerbereich von ±20% kommt dadurch zustande, dass die Schülergruppen im Ver-<br />

such verschiedene Wassermengen verwendeten und dadurch unterschiedlich genaue<br />

Messergebnisse erhielten. Darüber hinaus fällt bei einer solch geringen Löslichkeit der<br />

Bereich der möglichen Spritzenstempelstellungen für ein gegebenes Gasvolumen von<br />

leicht komprimiertem Gas (Überdruck) bis leicht expandiertem Gas (Unterdruck) ins Ge-<br />

wicht. Die Spritzen sind zwar leichtgängig, dennoch hat der Stempel einer 60ml Spritze z.<br />

B. bei einem Gasvolumen von 20ml einen Spielraum von ±0,5ml, was im Bereich der ge-<br />

ringen Löslichkeit von Sauerstoff leicht einen Fehler von ±50% verursachen kann.<br />

Phase 2: Mineralwasser - Vom Kontext zum Experiment: Den Begriff „Kohlensäure“ kann-<br />

te jeder Schüler aus dem Alltag, der beim „Sprudeln“ ablaufende Prozess sowie die Iden-<br />

tität des beim Sprudeln entweichenden Gases waren den SuS jedoch weitestgehend un-<br />

bekannt. Die angebotenen Lösungen waren jedoch recht kreativ und basierten auf der<br />

Anwendung fundierten chemischen Grundwissens. f Da den SuS jedoch der Zerfall von<br />

Kohlensäure in Wasser und CO2 von der zuvor behandelten Reaktion von Carbonsäuren<br />

mit Kalk bekannt war, gelang eine Schlussfolgerung der Identität des entweichenden Ga-<br />

ses. Weiterhin vermuteten die SuS, dass die Reaktion solange nach rechts ablaufe, bis<br />

keine Kohlensäure mehr im Wasser enthalten sei, „das Wasser schmecke dann fade“.<br />

Somit konnten drei Hypothesen über den beim Sprudeln ablaufenden Prozess an der Ta-<br />

fel zusammengefasst werden (umkreist).<br />

Kohlensäure Kohlenstoffdioxid<br />

f So wurden z. B. Vermutungen geäußert, dass beim Öffnen der Flasche Luftsauerstoff eindringen kann und mit<br />

diesem eine Reaktion stattfindet, worauf das entstehende Reaktionsprodukt aus dem Wasser ausperlt.<br />

16


Die anschließende experimentelle Überprüfung der Hypothesen wurde von den SuS<br />

selbstständig und ohne Anleitung oder Lernhilfen erfolgreich durchgeführt. Das Lösen von<br />

CO2 in Wasser mit ChemZ wurde bereits in der Einführungsphase zur Reihe geübt. Der<br />

Nachweis von Gasen wurde in der Einführungspräsentation nur theoretisch mit veran-<br />

schaulichendem Filmmaterial demonstriert. Trotzdem waren die SuS ohne weiteres in der<br />

Lage, den Kalkwasser-Nachweis durchzuführen. Verwendete Versuchsvarianten sind in<br />

Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. dargestellt.<br />

Beim Lösen von CO2 in Wasser konnten die SuS im Experiment zeigen, dass sich nur eine<br />

bestimmte Menge des Gases in Wasser löst (gesättigte Lösung), die Löslichkeit von CO2<br />

jedoch gegenüber der Löslichkeit von Sauerstoff in Wasser weitaus höher ist. In der Pro-<br />

blematisierungsphase zu Beginn der Stunde fragte ein Schüler danach, warum sich in<br />

einer Mineralwasserflasche ein Druck aufbaut. Anhand des Vergleichs mit der von den<br />

SuS hergestellten gesättigten CO2-Lösung konnte herausgearbeitet werden, dass es sich<br />

bei Mineralwasser um übersättigte CO2-Lösung handeln muss. In diesem Zusammenhang<br />

war für die SuS auch der wichtige Zusammenhang zwischen Sprudeln und Veränderung<br />

der Löslichkeit von CO2 in Wasser leicht ableitbar.<br />

Tabelle 5: Ergebnisse der Kartenabfrage zu Alltagsphänomenen, bei denen eine Änderung der<br />

Sprudelstärke von Mineralwasser beobachtet werden kann.<br />

Effekt (rote Zettel) Einflussgröße (grüne Zettel)<br />

Umfüllen (z.B. in ein Glas) Bewegung<br />

Apfelschorle sprudelt durch Schütteln oder<br />

Kategorie<br />

Laufen, wenn das Getränk im<br />

Schulranzen verstaut ist<br />

Brausepulver + Wasser ?*<br />

Wasser + Apfelsaft Verdünnung<br />

Sonstiges<br />

Einen anderen Stoff hinzugeben<br />

(z.B. Saft)<br />

Hinzugabe einer Säure<br />

Die Zitrone im Erfrischungsge- Durch die zusätzliche Säure wird<br />

tränk (Cola) die Konzentration erhöht<br />

Konzentration<br />

1 Vitamintablette / 2 Vitamintabletten<br />

Konzentration (?)<br />

Apfelsaft / -schorle Die Konzentration der Säure ist<br />

größer<br />

Wasser einfrieren weniger<br />

Sprudeln<br />

Stillstand der Atome / Moleküle<br />

Wasser sprudelt in einem heißen<br />

Autokofferraum sehr beim<br />

Grad C°<br />

Temperatur<br />

Öffnen im Sommer<br />

Sodaclub (Sprudelwasser) Konzentration an Kohlenstoffdioxid<br />

Druck<br />

*wurde im Unterrichtsgespräch ergänzt mit „chemische Reaktion“<br />

Phase 3 - Die Einflussgrößen: Beim Brainstorming zu den Alltagsphänomenen zeigte sich,<br />

dass die zu untersuchenden Einflussgrößen den SuS aus verschiedenen Situationen im<br />

Alltag alle bekannt waren, so dass auch die Problematisierung komplett durch die SuS<br />

vollzogen werden konnte. Tabelle 5 und Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefun-<br />

17


den werden. zeigen die Ideen, die die SuS bei der Kartenabfrage auf Zetteln zusam-<br />

mentrugen. Die Kategorisierung erfolgte danach durch die gesamte Lerngruppe.<br />

Die physikalische Einflussgröße bei Herstellen von Sprudelwasser in einem Soda-<br />

Streamer (letzter Punkt) wurde im Unterrichtsgespräch ausgeschärft. Die Urheberin der<br />

Idee erläuterte die Hintergründe ihrer Angabe und beschrieb, dass ein Soda-Streamer<br />

Sprudel-Wasser herstellt, indem er das Gas „in hoher Konzentration“ in das Wasser<br />

hineinsprudelt. Es wurde herausgestellt, dass man in der Gasphase nicht von erhöhter<br />

Konzentration sprechen kann, sondern von erhöhtem Druck. Dabei wurde herausgestellt:<br />

„Je mehr Kohlenstoffdioxid im Wasser gelöst wird, desto mehr Kohlensäure hat es“. So<br />

hatten die SuS die Voraussetzungen für die Interpretation der Indikatorfärbung auf Basis<br />

des konkreten Phänomens, ohne den Begriff der Gleichgewichtsverschiebung anwenden<br />

zu müssen. Diesen sollten sie ja erst aus den Versuchsergebnissen ableiten (Abstrakti-<br />

onsebene 2).<br />

Phase 4 - Forschungsprojekt: Im Planungsteil ließ sich bei keiner der Gruppen zu keinem<br />

Zeitpunkt Stagnation aufgrund fehlender Ideen beobachten. Während der Durchführung<br />

musste jedoch an verschiedenen Stellen durch Diskussion im Plenum lenkend eingegrif-<br />

fen werden, um das vermehrte Verfolgen von „Irrwegen“ aufgrund bestimmter Fehlan-<br />

nahmen der SuS zu vermeiden:<br />

• Der Indikator darf nur tropfenweise verwendet werden.<br />

• Der Einfluss des Parameters „Säurekonzentration“ auf die CO2-Löslichkeit wird über<br />

die CO2-Volumendifferenzen in der Spritze ermittelt, während der Einfluss des<br />

„Drucks“ mittels Indikator sichtbar gemacht wird. Diese Hinweise waren ursprünglich<br />

in den abgestuften Lernhilfen enthalten, wurden dann aber vorgezogen mit allen diskutiert<br />

(siehe auch Seite 24 zur „Lernhilfennutzung“).<br />

• Es wurde der Hinweis gegeben, bei der Untersuchung des Druckeinflusses am besten<br />

eine einzelne Spritze (die Spritze mit Loch im Stempel) zu verwenden. Dieser Hinweis<br />

wurde erteilt, da die SuS vermehrt Ansätze verfolgten, bei denen sie einen ursprünglich<br />

ausgeübten Unterdruck in einer Spritze durch „Verteilen“ auf mehrere Spritzen<br />

unbeabsichtigter Weise wieder ausglichen.<br />

Während der Durchführung der experimentellen Arbeit kam es vor, dass durch Unacht-<br />

samkeit beim Experimentieren oder durch Überdruck beim Gasab- bzw. -umfüllen Sprit-<br />

zen zu Boden befördert wurden. In zwei Fällen traten Undichtigkeiten am Stempel der<br />

Spritzen auf. Das transparente Verbindungsstück zur linearen Anordnung zweier Spritzen<br />

erwies sich als nicht robust genug, denn es riss in mehreren Fällen, in denen die Luer<br />

Lock-Verbindungen zu fest hineingedreht wurden.<br />

4.2.2 Laborjournale und Forschungsberichte (Phasen 4 und 5 der Reihe)<br />

Tabelle 6: Schülervorstellungen zum Einfluss verschiedener physikalischer Größen auf die Löslichkeit<br />

von CO2 in Wasser<br />

Einflussgröße Schülerhypothesen<br />

Temperatur 1 Gruppe: richtige Annahme<br />

18


1 Gruppe: unklare Formulierung<br />

4 Gruppen: falsche Annahmen<br />

Druck 3 Gruppen: richtige Annahme<br />

2 Gruppe: falsche Annahme<br />

1 Gruppe: konnte sich nicht entscheiden<br />

Säurekonzentration 1 Gruppe: richtige Annahme<br />

1 Gruppe: unklare Formulierung<br />

4 Gruppen: falsche Annahmen<br />

Schülerhypothesen: In Tabelle 6 sind die in den Laborjournalen festgehaltenen Schü-<br />

lerhypothesen zum Einfluss der physikalischen Größen auf die Löslichkeit von CO2 zu-<br />

sammengefasst.<br />

Experimentelle Vorgehensweisen und Ergebnisse:<br />

Untersuchung der Einflussgröße Temperatur<br />

Nutzung der abgestuften Lernhilfen: keine<br />

Diese Einflussgröße stellte sich als die am leichtesten zu Erschließende heraus. Die La-<br />

borjournale zeigen einheitliche experimentelle Ansätze und Ergebnisse (5 von 6 Gruppen,<br />

Beispiel in Abbildung 6 und Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.),<br />

eine Gruppe untersuchte den Zusammenhang mit der Hahnenbank in verschiedenen<br />

Spritzen parallel (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.). Die SuS<br />

arbeiteten mit recht unterschiedlicher experimenteller Genauigkeit, Abbildung 6 zeigt ein<br />

eher quantitatives Beispiel. Experimentelle Vielfalt trat bei diesem Parameter vor allem<br />

im Rahmen der unterschiedlichen Kombinierbarkeiten der 2 Spritzen auf. 2 Gruppen un-<br />

tersuchten den Effekt über Unterschiede in der Indikatorfärbung, eine davon notierte und<br />

deutete dann jedoch trotzdem die Volumina gelösten Gases. 5 von 6 Gruppen kamen<br />

zum richtigen Ergebnis.<br />

Untersuchung der Einflussgröße Druck<br />

Nutzung der abgestuften Lernhilfen: 4 Gruppen<br />

4 von 6 Schülergruppen planten zuerst eine Vorgehensweise, bei der sie<br />

naheliegenderweise analog zur Temperatur- oder H + -Ionen-Konzentrationsänderung die<br />

Einflussgröße vor und während des Lösungsprozesses ändern wollten (Laborjournal-<br />

Auszug in Abbildung 9). Durch lückenhaftes physikalisches Grundwissen übersahen die<br />

Gruppen jedoch dabei die Tatsache, dass gemäß ihrer Planung der ursprünglich erzeugte<br />

Unterdruck durch die Inhalte der anderen Spritzen wieder ausgeglichen wird und der Lö-<br />

sungsprozess selber daher unter Normalbedingungen ablaufen würde. Bei einer der 4<br />

Gruppen wurde zudem keine hinlängliche Vermischung von Wasser und CO2 gewährleis-<br />

tet. 2 der 4 Gruppen entschieden sich, die Lernhilfen 5 und 6 für den Parameter Druck zu<br />

nutzen und modifizierten daraufhin ihren ursprünglichen Planungsansatz im Laborjournal.<br />

Sie führten den Versuch mit dem zur Verfügung stehenden Indikator auf die in Kapitel<br />

3.2.1 beschriebene Weise durch und erhielten die richtigen Ergebnisse. 2 der 4 erfolgrei-<br />

19


chen Gruppen deuteten die Indikatorfärbung durch Vergleiche mit indikatorversetztem<br />

abgekochtem Wasser und Mineralwasser (Abbildung 15). Die übrigen 2 Gruppen interpre-<br />

tierten die unterschiedlichen Färbungen auf Basis ihres Erfahrungsschatzes mit Farbab-<br />

stufungen von Universalindikator oder pH-Papier. 2 Gruppen erkannten bei Ausübung des<br />

Unterdrucks die Blasenbildung und deuteten diese Beobachtung richtig. Eine Schüler-<br />

gruppe untersuchte den Einfluss des Überdrucks mit einer gesättigten CO2-Lösung ohne<br />

überstehendes Gasvolumen, korrigierte diese Fehlplanung jedoch während der Durchfüh-<br />

rung. Ein Beispiel eines Laborjournals und eines Forschungsberichts zu diesem Parameter<br />

zeigen Abbildung 7 und Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden..<br />

Untersuchung der Einflussgröße „H + -Ionenkonzentration“<br />

Nutzung der abgestuften Lernhilfen: keine<br />

Die Planungen zeigen, dass die SuS gerade in diesem Fall dazu tendieren, Indikator ein-<br />

zusetzen (3 von 6 Gruppen), um die Unterschiede in der Löslichkeit zu erforschen. Nach<br />

dem helfenden Hinweis für alle (siehe Kapitel 4.2.1) zogen 2 der 3 Gruppen ihre Schluss-<br />

folgerungen in den Beobachtungen erfolgreich aus den gelösten CO2-Volumina. Zwei<br />

Gruppen arbeiteten mit Hahnenbankkonstruktionen, mit denen sie die Unterschiede in<br />

verschiedenen Spritzen parallel untersuchten (Fehler! Verweisquelle konnte nicht<br />

gefunden werden. und Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.). 2<br />

Gruppen erkannten den sehr deutlichen Effekt der besseren Löslichkeit von CO2 im basi-<br />

schen Milieu und brachen den Versuch nach wiederholtem vollständigem Lösen einer<br />

Spritze voll CO2 aus Zeitmangel ab. Die Beobachtungen wurden in den meisten Fällen auf<br />

qualitativer Basis notiert. In allen Fällen wurde der Versuch mit verdünnter Säure/Lauge<br />

durchgeführt, die vor dem Einfüllen in die Spritze mit abgekochtem Wasser angefertigt<br />

wurde. 5 von 6 Gruppen kamen zum richtigen Ergebnis (Beispiel in Abbildung 8 und Feh-<br />

ler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.).<br />

Interpretation der Versuchsergebnisse: Der Schritt in die 2. Abstraktionsebene (Lös-<br />

lichkeit Gleichgewichtsverschiebung) erwies sich als nicht ganz einfach. Nur 2 Gruppen<br />

gelang es, die komplett richtige Lösung zu erarbeiten (Erwartungshorizont in Fehler!<br />

Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.). Den meisten anderen Gruppen<br />

unterliefen Fehler bei der Ergebnisinterpretation mindestens einer der 3 Einflussgrößen.<br />

Nur einer Gruppe gelang es überhaupt nicht, die Ergebnisse im Sinne einer Gleichge-<br />

wichtsverschiebung zu deuten. Einer Gruppe gelang die richtige Interpretation, sie wen-<br />

dete zur Beschreibung jedoch nicht den Fachbegriff der Gleichgewichtsverschiebung an.<br />

Sie schrieb zum Beispiel „Das Gleichgewicht wird … verändert (CO2-Aufnahme)“.<br />

4.2.3 Arbeitsblatt zu Le Chatelier (Phase 6 der Reihe)<br />

Nach der Ergebnisinterpretation sollten sie SuS in Einzelarbeit das konkrete Beispiel auf<br />

dem Arbeitsblatt zu Le Chatelier bearbeiten. Das Beispiel wurde dann jedoch gemeinsam<br />

20


im Unterrichtsgespräch erarbeitet, denn der kognitive Schritt, der notwendig ist, um nach<br />

der Verschiebung des Gleichgewichts durch Änderung einer Einflussgröße wieder die Ein-<br />

flussgröße selbst zu betrachten, erwies sich als zu abstrakt, um in Einzelarbeit bewältigt<br />

werden zu können (nur 2/12 SuS gelang dies). Nachdem dieser Rückbezug jedoch ge-<br />

meinsam vollzogen war, gelang es den SuS, wiederum in Einzelarbeit, die folgende Ta-<br />

belle auf dem Arbeitsblatt auszufüllen. Die für den Temperaturaspekt zur Verfügung ste-<br />

hende Lernhilfe wurde nicht genutzt, denn es zeigte sich, dass das notwendige Vorwissen<br />

der Energetik chemischer Reaktionen bei den SuS abrufbar war und somit die Auswir-<br />

kungen auf die Umgebungstemperatur problemlos geschlussfolgert werden konnte. Das<br />

Arbeitsblatt sollte daraufhin vervollständigt werden und das allgemeine Prinzip von Le<br />

Chatelier nach den vorgegebenen Schritten abgeleitet werden. Bei der Auswertung des<br />

eingesammelten Arbeitsblattes zeigte sich, dass alle SuS in der Lage waren, jeweils den<br />

entgegengesetzten Charakter der Richtungen ursprünglicher Änderung und aus der<br />

Gleichgewichtsverschiebung resultierender Änderung der Einflussgröße zu erkennen. Nur<br />

2/12 SuS waren jedoch in der Lage, den Satz zum allgemeinen Prinzip von Le Chatelier<br />

fachlich richtig zu formulieren (Beispiel in Abbildung 16).<br />

4.2.4 Bewertungsbogen für Schülerinnen und Schüler und Lernzielkontrolle (Phase 7 der<br />

Reihe)<br />

Erreichte Wertung<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

1 2 3 4<br />

Frage<br />

Grafik 1: Durchschnittliche Punktewertung der SuS laut Bewertungsbogen zur Verwendung der ChemZ-<br />

Materialien (maximal 10 erreichbare Punkte)<br />

Die Ergebnisse des Bewertungsbogens für Schülerinnen und Schüler zeigt Grafik 1. Die<br />

Schüleräußerungen zu den Fragen 5-7 sind darunter aufgelistet. Die Standardabweichung<br />

(Fehlerbalken) ist ein Maß für die Streuung und gibt einen Hinweis darauf, inwieweit die<br />

Meinungen der SuS in dem jeweiligen Punkt auseinander gingen.<br />

Frage 5: Hier traten beim Umgang mit den Materialien Probleme auf:<br />

Frage 1: Hat dir das Experimentieren<br />

mit ChemZ<br />

Spaß gemacht? (10 Punkte:<br />

sehr viel)<br />

Frage 2: Wie leicht fiel dir<br />

der Umgang mit den Materialien<br />

im Vergleich zu<br />

herkömmlichen Laborgeräten?<br />

(10 Punkte: sehr<br />

leicht)<br />

Frage 3: Bist du mit<br />

ChemZ leichter zu experimentellen<br />

Ergebnissen<br />

gekommen? (10 Punkte:<br />

viel leichter)<br />

Frage 4: Hat ChemZ deine<br />

Kreativität angeregt? (10<br />

Punkte: sehr stark)<br />

• Haltbarkeit: Verbindungsstück war nicht ganz dicht verfälschtes Ergebnis (5x)<br />

21


• Haltbarkeit: Undichte Spritzen (2x)<br />

• Ablesen der Ergebnisse<br />

• Gab es keine, da man die Geräte nicht kaputt machen konnte<br />

• Das Material war nicht robust genug<br />

Frage 6: Nenne deine Ideen zur Verbesserung des Materials bzw. zur Ergänzung der<br />

Koffer:<br />

• Keine (2x)<br />

• Einheitliche Öffnungsgröße der Spritzen, damit alle miteinander verbunden werden<br />

können<br />

• Robustere/stabilere Materialien<br />

• Ich sehe keine Möglichkeit, diesen zu verbessern, da alles vorhanden war<br />

• Der Koffer ist gut!<br />

Frage 7: Dieser Aspekt an der durchgeführten Unterrichtsreihe zu Le Chatelier hat mir<br />

besonders gefallen:<br />

• Dass wir selbständig Experimente planen und durchführen konnten (2x) und die<br />

PPT als Ergebnispräsentation<br />

• Tabelle zur Veränderung des Gleichgewichts und der Einflussgrößen<br />

• Man konnte viel selber machen (2x)<br />

• Einflussgröße „Temperatur“<br />

• Wir konnten frei experimentieren (2x)<br />

• Das Ende, wo ich genau wusste, worum es ging (Prinzip von Le Chatelier)<br />

• Alles<br />

• Die Kreativität mit dem Koffer während der Unterrichtsreihe<br />

• Wenig Theorie!<br />

Dieser Aspekt an der durchgeführten Unterrichtsreihe zu Le Chatelier hat mir eher weniger<br />

gefallen:<br />

• Das Ergebnis zu finden bzw. sich zu erschließen, war schwer<br />

• Einflussgröße Konzentration<br />

• Manchmal zu wenig Zeit (2x)<br />

• Die Größe „Druck“ war sehr schwierig umzusetzen<br />

• Zum Ende hin kam wieder Theorie auf die Tagesordnung<br />

Mithilfe der Lernzielkontrolle (Erwartungshorizont in Abbildung 17) sollte analysiert wer-<br />

den, ob die SuS die mit der jeweiligen Aufgabe verknüpfte Abstraktionsebene erreichen<br />

konnten. Deshalb wurde weniger die Vollständigkeit der Erläuterungen z.B. bezüglich der<br />

verwendeten Fachbegriffe oder der sprachlichen Exaktheit der Ausführungen beurteilt,<br />

sondern die aus der Antwort zu schlussfolgernde Verständnistiefe des generellen Zu-<br />

sammenhangs. Hierzu wurden die Antworten der SuS zu jeder Aufgabe in 3 verschiedene<br />

22


Kategorien eingeteilt (Abstraktionsebene erreicht / in Ansätzen erreicht / nicht erreicht).<br />

Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. bis Fehler! Verweisquelle<br />

konnte nicht gefunden werden. zeigen Beispiele der Lernzielkontrollen von Schülern<br />

mit hohem, mittlerem und geringem Lernerfolg. Grafik 2 zeigt die Anzahl der SuS, für die<br />

anhand ihrer Antworten das Erreichen bzw. nicht Nichterreichen der jeweils mit der Frage<br />

verbundenen Abstraktionsebene diagnostiziert werden konnte.<br />

4<br />

6<br />

5<br />

2 2<br />

8<br />

11<br />

5 5 5<br />

4<br />

Frage AE0 1 Frage AE0 2 Frage AE1 3a Frage AE2 3b Frage AE4 3c Frage AE4<br />

4<br />

Grafik 2: Anzahl der SuS, die die in der schriftlichen Lernzielkontrolle abgefragten Abstraktionsebenen<br />

(AE) erreichten (+), in Ansätzen erreichten (+/-), bzw. nicht erreichten (-) (von 12<br />

Teilnehmerinnen).<br />

4.3 Interpretation der Evaluationsdaten<br />

4.3.1 Offene produktorientierte Prozesssteuerung und Selbständigkeit<br />

Vielseitigkeit der Lösungsansätze: Diese kam vor allem in unterschiedlich kombinierten<br />

Spritzen zur Herstellung der CO2-Lösungen zum Ausdruck (linear, gewinkelt, Hahnen-<br />

bank). Vergleiche wurden sequentiell oder parallel (Hahnenbank) durchgeführt. Für jede<br />

der Einflussgrößen wurde sowohl ein Vergleiche von Indikatorfärbungen als auch der Än-<br />

derung des Gasvolumens geplant. Bunte Geräte wie die Hahnenbank laden zur Verwen-<br />

dung geradezu ein, regen die Kreativität an und geben mehr Planungsfreiheit. Dies resul-<br />

tierte in einigen Fällen in aufwendigen Konstruktionen und –abläufen, die über Umwege<br />

aber letztlich zum Ziel führten (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden wer-<br />

den.).<br />

Die Ergebnisse belegen, dass die ChemZ-Mikrotechnik verschiedene Möglichkeiten für<br />

jede Schülergruppe eröffnet, das Forschungsexperiment in einer individuellen Weise<br />

durchzuführen, sei es durch eine grundsätzlich unterschiedliche Herangehensweise (CO2-<br />

Volumen vs. Indikatorfärbung) oder nur durch einen Unterschied im experimentellen<br />

Aufbau (linear vs. gewinkelt kombinierte Spritzen). Die vielseitigen Varianten zu den ge-<br />

wünschten Ergebnissen zu kommen, machen es den SuS möglich, ihr Experiment auf<br />

individuelle Weise und somit als ihr eigenes Produkt zu erleben. Die Ergebnisse der Schü-<br />

1<br />

2<br />

6<br />

1<br />

5<br />

+<br />

+/-<br />

-<br />

23


lerumfrage (Grafik 1) zeigen zudem, dass auch die SuS selbst der Auffassung sind,<br />

ChemZ hätte sie auf besonders viele kreative Ideen gebracht (Frage 5, 7,0±2,3/10 Punk-<br />

te).<br />

Erfolgsquote: Die Auswertung von Laborjournalen und Forschungsberichten ergab, dass<br />

trotz vollkommen freier Planung der Experimente durch die SuS jeweils 5 von 6 Schüler-<br />

gruppen für die Parameter „Temperatur“ und „Säurekonzentration“ und 4 von 6 Schüler-<br />

gruppen für den Parameter „Druck“ das richtige Ergebnis mit ihrem Experiment erzielten.<br />

Erfolg bei eigengeplanten Experimenten wirkt besonders motivierend, da die SuS auf-<br />

grund der Identifikation mit dem Produkt ein besonderes Interesse daran haben, dass es<br />

funktioniert und ihr Ansatz in der Diskussion besteht.<br />

Nutzung der abgestuften Lernhilfen: Ideenmangel in der Planungsphase, der durch Nut-<br />

zung des Leitfragenkatalogs kompensiert werden sollte, trat durch die Vielfältigkeit der<br />

ChemZ-Materialien und der damit einhergehenden möglichen Lösungsansätze nicht auf.<br />

Aber auch die konkreten Lösungsansätze zur Versuchsdurchführung wurden lediglich zur<br />

Strategiekorrektur nach dem lenkenden Hinweis zum Parameter Druck genutzt. Zwei<br />

Schülergruppen griffen hier geleitet vom Leitfragenkatalog zu Tipp 6 und 7. Die verhalte-<br />

ne Nutzung der kann wie folgt erklärt werden: Im selbständigen Teil des HU bekommen<br />

die SuS keinerlei Feedback über Ideen, experimentelle Durchführung und Versuchsdeu-<br />

tung. Da es verschiedene Lösungen gibt, die zum Erfolg führen, lässt es sich hier nicht<br />

mit Lösungsblättern arbeiten. Dies hat zur Folge, dass durchgeführte Experimente oder<br />

erzielte Ergebnisse größtenteils unreflektiert bleiben. Da die SuS selbst die Fähigkeit zur<br />

kritischen Hinterfragung ihrer eigenen Versuchergebnisse nicht besitzen, werden die<br />

Lernhilfen auch als Überprüfungsmethode nicht genutzt.<br />

Eingriffe in die selbständige Arbeitsphase: In der durchgeführten Reihe waren leitende<br />

Eingriffe nur in Ausnahmefällen (z.B. bei der Einflussgröße „Druck“) notwendig. Obwohl<br />

im HU solche Maßnahmen auf ein Minimum reduziert bleiben sollten, ist es essentiell,<br />

während der selbständigen Arbeitsphase der SuS aufmerksame Beobachtungen durchzu-<br />

führen, um eventuelle Schwierigkeiten, die gehäuft auftreten und bei Lerngruppenanaly-<br />

se und Unterrichtsplanung nicht erkannt worden sind, zu detektieren. Mühlhausen 35 plä-<br />

diert im Sinne der „Offenheit in der konkreten Situation“ für eine situative Unterrichts-<br />

planung; alternative Vorgehensweisen und Improvisationsmöglichkeiten müssen in der<br />

Planung von vorneherein stärker mitbedacht werden. Im Allgemeinen ist zu beachten,<br />

dass eine vorhergehende Berücksichtigung aller denkbarer kognitiver Prozesse und Ein-<br />

zelschritte für einen solch komplexen Arbeitsauftrag unmöglich ist. 36,g Über die oben er-<br />

g Ein solcher Ansatz ist auch die Grundlage wichtiger „emprisch-analytischer“ didaktischer Modelle, wie z.B.<br />

dem Berliner Modell. Mit diesen kann Unterricht theoriegeleitet geplant werden, sie erheben aber nicht den<br />

Anspruch, Voraussagen für den singulären didaktischen Akt im Unterricht treffen zu können. Eine Optimierung<br />

von Unterricht kommt dadurch zustande, dass für bestimmte Unterrichtssituationen bei der Reflexion das erforderliche<br />

theoretische Äquivalent gebildet werden kann, das dann bei der Neuplanung berücksichtigt wird.<br />

24


wähnte detaillierte Lerngruppenanalyse hinaus sind für die Optimierung der didaktischen<br />

Strukturierung eines offenen Lernprozesses daher die Unterrichtsreflexion und die Um-<br />

setzung der Erkenntnisse bei der Neuplanung von besonderer Bedeutung.<br />

Produktorientierung: Fehlplanungen wurden in einigen der beobachteten Fälle durch un-<br />

zureichende „Produktorientierung“ verursacht, d.h. die zu beantwortende konkrete Fra-<br />

gestellung wurde aus den Augen verloren oder verwässert. So fiel es den SuS zum Bei-<br />

spiel schwer, ihre Versuchsbeobachtungen bei Formulierung des Versuchsergebnisses auf<br />

die Ausgangsfragestellung zu beziehen. h<br />

Die bevorzugte Verwendung des Indikators bei Untersuchung des Einflusses der H + -<br />

Ionenkonzentration zeigt, wie assoziationsgesteuert die Handlungsentscheidungen der<br />

SuS sind. Durch den Einsatz von Säure und Lauge lag für sie die Verwendung eines Indi-<br />

kators nahe, auch wenn dieser gerade durch die Verwendung von Säure und Lauge in<br />

diesem Fall nicht zur Indikation einer Löslichkeitsänderung von CO2 in Wasser geeignet<br />

ist. Im Gegensatz dazu entschieden sich die SuS bei der Untersuchung der Einflussgröße<br />

„Druck“, die Löslichkeitsänderung des CO2 anhand einer Volumenänderung des überste-<br />

henden Gases zu ermitteln. Auch hier lässt sich eine assoziativ motivierte Planungsent-<br />

scheidung zwischen Art und Weise, wie die Änderung der Einflussgröße herbeigeführt<br />

wird und wie die geänderte Löslichkeit abgelesen werden soll (beides Änderung der Sprit-<br />

zenstempelposition), vermuten. Diese Tatsache sollte idealerweise bei der Unterrichts-<br />

planung berücksichtigt werden und kann mit entsprechenden Impulsen auf Arbeitsblatt<br />

und Laborjournal gesteuert werden. Bei der Durchführung der vorliegenden Reihe führte<br />

sie zu einem lenkenden Eingriff in das Unterrichtsgeschehen (Kapitel 4.2.1).<br />

Es ist zu erwarten, dass aus der sukzessiven Optimierung der Methodenkompetenz der<br />

SuS, die die wiederholte Durchführung handlungsorientierter Verfahren mit sich bringt,<br />

sowohl eine Verringerung der Anzahl notwendiger Eingriffe durch den L im HU als auch<br />

eine konsequentere Produktorientierung der SuS resultieren.<br />

An verschiedenen Stellen war ein eigeninitiiertes produktorientiertes Vorgehen im Sinne<br />

der Stufen des entdeckenden Unterrichtsverfahrens nach Kerchensteiner (Seite 3) zu<br />

beobachten. 3 Gruppen nahmen, ohne dass es eine entsprechende Arbeitsanweisung gab,<br />

in Laborjournal und Forschungsbericht Bezug auf ihre anfänglichen Hypothesen (Beispiel<br />

h Beispiel: Zur Untersuchung des Einflusses der H + -Ionenkonzentration gelang es allen Schülern, wahrscheinlich<br />

unterstützt durch die Liste der zur Verfügung stehenden Materialien, zu erkennen, dass dem abgekochten Wasser<br />

Salzsäure bzw. Natronlauge zugesetzt werden muss, um den Parameter zu variieren. Keiner der Schüler<br />

bezog jedoch selbständig das Versuchsergebnis auf die „H + -Ionenkonzentration“. Die von den SuS formulierten<br />

Ergebnisse lauteten zum Beispiel: „In einer Base löst sich mehr Kohlenstoffdioxid als in einer Säure.“ (siehe z.B.<br />

Forschungsbericht in Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.).<br />

Als Lösungsoption bieten sich hier zusätzliche Hinweise im Arbeitsblatt zur Versuchsdurchführung oder vorgegebene<br />

Impulse in den Ergebnisfeldern von Laborjournal und Forschungsbericht zur effektiven Unterstützung<br />

der Produktorientierung an. Konkret könnte dies zum Beispiel durch vorgegebene leitende Teilsätze wie „Eine<br />

Erhöhung der H + -Ionenkonzentration bewirkt…„ und „Eine Verringerung der H + -Ionenkonzentration bewirkt…„<br />

erzielt werden.<br />

25


in Abbildung 6 im Abschnitt „Ergebnis“), und schlossen damit den Kreis der Einzelschritte<br />

eines typischen naturwissenschaftlichen forschenden Vorgehens. Dies trat vor allem in<br />

den Fällen auf, in denen anfängliche Vorstellungen und erzielte Ergebnisse nicht überein-<br />

stimmten. Dies zeigt, dass die SuS den Forschungsauftrag, die ChemZ vermittelte, offene<br />

Lernumgebung sowie kognitive Dissonanzen als so motivierend erleben, dass sie dann ihr<br />

Forschungsvorhaben eigenverantwortlich verfolgen.<br />

4.3.2 Schüleraktivität<br />

Die beobachtete Schüleraktivität und der Anteil echter Lernzeit waren während der ge-<br />

samten Durchführung der selbständigen Forschungsaufgabe im Bereich des Maximums.<br />

Für die Planung und Durchführung der Versuche erwies sich Partnerarbeit als ideal. Soll<br />

gleichzeitig ein ausführlicher Bericht angefertigt werden, so kann die Gruppe auch auf 3<br />

SuS vergrößert werden. Auch hier wird durch die Vielseitigkeit der zur Verfügung stehen-<br />

den Materialien und der für die Durchführung eines Versuchs notwendigen Tätigkeiten<br />

(Wasser holen, Gas abfüllen, Spritzen schütteln, passende Geräte aus dem Kasten zu-<br />

sammensuchen und neue Kombinationen ausprobieren) die Schüleraktivität nicht weit<br />

unter die hier beobachtete sinken, während die Anzahl der benötigte US wird verringert<br />

wird.<br />

4.3.3 Abstraktion der Erkenntnisse auf Basis des mit ChemZ erschlossenen konkreten<br />

Beispiels<br />

Schülerkonzepte zum Einfluss von Temperatur, Druck und Säurekonzentration<br />

auf das Kohlensäuregleichgewicht: Die Schülerhypothesen (Tabelle 6) zeigen, dass<br />

trotz des Einsatzes von Materialien, die einen hohen Lebensweltbezug für die SuS bieten,<br />

diese ihre Kenntnisse aus dem Alltag nicht in den Laborversuch „mitnehmen“. War noch<br />

in der Brainstormingphase für alle Schüler klar, was im sonnen-beschienenen Autokoffer-<br />

raum mit darin lagerndem Mineralwasser passiert, so vermutete ein Großteil der SuS im<br />

Kontext der wissenschaftlichen Untersuchung bei der Hypothesenbildung genau das Ge-<br />

genteil. Dies liegt zum einen daran, dass einige SuS den ersten Abstraktionsschritt nicht<br />

vollzogen haben (s.u.), sicherlich aber auch an der wissenschaftlichen Konfiguration des<br />

Umfelds im Experiment, mit allen zugehörigen Elementen wie Experimentplanung, Proto-<br />

kollführung, und Ergebnisinterpretation. In dieser befinden sich die SuS in einer für sie<br />

„artifiziellen“ Umgebung, in der die Problematik unter Umständen von einer neuen Per-<br />

spektive aus neu durchdacht wird. i Dadurch, dass die Experimente im „didaktisch ge-<br />

i Die Fehlannahmen der SuS sind jedoch, wie das folgende Beispiel zeigt, durchaus vorwissenbasiert und von<br />

nachvollziehbarer Logik:<br />

Die Annahme der sinkenden Löslichkeit von CO2 in Wasser bei steigender Säurekonzentration beruhte auf einer<br />

Vorstellung aus den Struktur-Eigenschaftsbeziehungen der organischen Chemie, wie aus einer erläuterten Hypothese<br />

in einem der Forschungsberichte hervorgeht: „…Wir denken, dass sich mehr CO2 lösen lässt, wenn man<br />

eine Säure hinzu gibt, da bei Zugabe von CO2 sich eine säurehaltige Lösung bildet und sich bekanntlich Gleiches<br />

in Gleichem besser löst als was Anderes.“<br />

26


schützten Raum“ Schule stattfinden, lässt sich dieses Problem durch das Erschaffen mög-<br />

lichst lebensnaher Experimentiersituationen nur vermindern und wahrscheinlich nie ganz<br />

vermeiden. Eine nahezu nahtlose Anknüpfung wissenschaftlicher Experimente an Schü-<br />

lervorstellungen kann somit nur durch Freihandversuche, die möglichst situativ in der<br />

häuslichen Umgebung durchgeführt werden, erzielt werden. Auf der anderen Seite führen<br />

die Fehlannahmen aber auch zu kognitiven Dissonanzen, die nach Roth, das aktive Den-<br />

ken fördern und somit ein effektiveres Lernen ermöglichen (siehe auch Kapitel 4.3.1,<br />

letzter Absatz). 37 Dies konnte durch den hohen Lernerfolg der in dieser Arbeit durchge-<br />

führten Unterrichtsreihe bestätigt werden.<br />

Abstraktionsebene 1: Dieser Schritt wurde im Rahmen der Diskussion der Brainstor-<br />

ming-Ergebnisse im Unterrichtsgespräch vollzogen. In der abschließenden Lernzielkon-<br />

trolle (Aufgabe 3a) zeigte sich, dass den Zusammenhang zwischen frei werdendem CO2<br />

und sich ändernder Löslichkeit 8 von 12 SuS begriffen hatten.<br />

Abstraktionsebene 2: Trotz der Schwierigkeiten, die aus den Forschungsberichten her-<br />

vorgehen, zeigte sich in der Lernzielkontrolle, dass dieser Abstraktionsschritt durch die<br />

Diskussion mit den präsentierenden Gruppen im Rahmen der Forschungsberichte von<br />

einem Großteil der Lerngruppe erfolgreich absolviert wurde, denn die entsprechende Auf-<br />

gabe (3b) wurde von 10/12 SuS richtig gelöst.<br />

Abstraktionsebenen 3 und 4: Laut Grafik 2 waren nach der Erschließung des Prinzips<br />

mit dem Arbeitsblatt trotz fehlender Verbalisierungskompetenz nur 2/12 SuS gar nicht in<br />

der Lage das Prinzip anzuwenden und ein Phänomen aus demselben Kontext mit dessen<br />

Hilfe zu erklären (Aufgabe 3c).<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass eine Abstraktion der mittels ChemZ am konkreten Beispiel<br />

erarbeiteten Erkenntnisse durch ein Großteil der SuS vollzogen werden konnte.<br />

4.3.4 Verständnistiefe und Transferierbarkeit des Wissens<br />

Die Verständnistiefe und Transferierbarkeit des Wissens wurde zur Evaluation in dieser<br />

Arbeit aus den Ergebnissen der Lernzielkontrolle abgeleitet. Es wird sich jedoch auch in<br />

der nachfolgenden Reihe zum natürlichen und technischen Kalkkreislauf zeigen, wie ab-<br />

rufbar das Erlernte ist und wie gut dementsprechend die selbständige Erarbeitung der<br />

Zusammenhänge gelingt.<br />

Grafik 2 ist zu entnehmen, dass nur 5/12 SuS nicht in der Lage waren, das Prinzip von Le<br />

Chatelier auf einen anderen Kontext zu transferieren (Aufgabe 4). Eine eingehendere<br />

Analyse der Ergebnisse der einzelnen SuS (Ergebnisse nicht abgebildet) zeigte, dass nur<br />

1/12 SuS weder zur Anwendung noch zum Transfer des Gelernten in der Lage war. Unter<br />

Berücksichtigung der Tatsache, dass die Lernzielkontrolle ohne vorhergehende weitere<br />

Übungs-/Vertiefungsaufgaben durchgeführt wurde, zeugt dies von einem beachtlichen<br />

Lernerfolg.<br />

27


4.3.5 Handhabbarkeit der Materialien<br />

Die Experimente in Phase 1 und 2 zeigen, dass die Handhabung der Materialien äußerst<br />

intuitiv zu erschließen ist und die wenigen Handgriffe, die notwendig sind, um die Sprit-<br />

zen zu kombinieren und zu füllen, für die SuS sehr schnell in Routine übergehen. Die Er-<br />

gänzungsidee eines Schülers zum ChemZ-Koffer, die „Spritzen mit einheitlichen Öffnun-<br />

gen zu versehen, damit alle Spritzen miteinander verbunden werden können“, zeigt je-<br />

doch auch, dass sich zumindest einigen SuS das volle Potential der Materialien im Rah-<br />

men der ersten wenigen Anwendungen noch nicht erschlossen hat.<br />

Der beobachtete Verschleiß war der den Schülerfragebögen zu entnehmende hauptsäch-<br />

liche Beanstandungspunkt der SuS bei Bewertung der ChemZ-Koffer. Sowohl der Lehrer-<br />

koffer, als auch das mitgelieferte Ersatzteilset bieten Ersatzspritzen, so dass es möglich<br />

ist, undichte Spritzen sofort zu ersetzen. Die Ersatzteilsets bieten in ausreichender<br />

Stückzahl jedoch in nur 3-Wege-Verbinder, die sich als robuster als die linearen Varian-<br />

ten erwiesen und in der durchgeführten Sequenz keinen Schaden nahmen. Ein Ansatz zur<br />

Optimierung der Sets bestünde demnach in der Erhöhung der Stückzahl transparenter<br />

Linearverbinder im Ersatzteilkoffer. Alternativ ließe sich der transparente Verbinder aber<br />

auch vollständig durch den 3-Wege-Hahn austauschen.<br />

Hinsichtlich der Verluste ist zu beachten, dass die Materialien besonders im Vergleich zu<br />

den herkömmlich verwendeten Kolbenprobern preiswert zu ersetzen sind. So wären die<br />

beobachteten Fälle, in denen SuS Spritzen fallen ließen, bei Verwendung von Glasprobern<br />

mit erheblichen Kosten verbunden gewesen. Allerdings lädt die offensichtliche Robustheit<br />

der Materialien geradezu dazu ein, mit ihnen „rauer“ umzugehen als mit Glasgeräten. Der<br />

Verschleiß lässt sich durch Optimierung der Methodenkompetenz im Umgang mit den<br />

Materialien durch wiederholten Einsatz sicher minimieren.<br />

Dem Schülerfragebogen ist darüber hinaus zu entnehmen, dass die SuS den Umgang mit<br />

den ChemZ-Materialien im Vergleich zu herkömmlichen Laborgeräten als leichter empfin-<br />

den (Frage 2; 7,1±1,2/10 Punkten) und meinen, trotz der Anwendung im Rahmen der<br />

recht komplexen Thematik des Kohlensäuregleichgewichts, damit auch ein wenig leichter<br />

zu experimentellen Ergebnissen zu kommen (Frage 3; 6,0±1,1/10 Punkten).<br />

4.3.6 Schülermotivation<br />

Die Motivation der SuS erwies sich als durchgehend äußert hoch, denn unabhängig der<br />

Leistungsstärke der SuS konnte ein überdurchschnittliches Engagement und ein beson-<br />

ders bei den Diskussionen mit dem Partner in der Planungsphase erkennbarer anhalten-<br />

der Enthusiasmus beobachtet werden. Die SuS selbst bewerteten die Arbeit mit den Ma-<br />

terialien laut Fragebogen ebenfalls positiv (Frage 1; 7,7±1,1/10 Punkte).<br />

Der handlungsorientierte Rahmen der Reihe war ein essentieller motivierender Faktor,<br />

wie sich den Schüleräußerungen zu Frage 11 des Bewertungsbogens für SuS entnehmen<br />

28


lässt. Die SuS erleben die Reihe durch den hohen Anteil selbständigen eigenen Tuns als<br />

Unterricht mit „wenig Theorie“ (Schüleräußerung zu Frage 7), obwohl viel Theorie vermit-<br />

telt wird.<br />

Das Laborjournal war zwar mit sehr hohem Schreibaufwand verbunden, was für die SuS<br />

in sofern demotivierenden Charakter hätte haben können, da diese Tätigkeit etwas den<br />

„Forscherdrang“ hemmen kann, es zeigte sich jedoch, dass insgesamt eher das Gegenteil<br />

der Fall war. Die Durchführung des experimentellen Teils in Form eines berufsweltkon-<br />

formen Forschungsprojekts wirkte durch den hohen Grad an Authentizität motivierend<br />

auf die SuS. Auch der Medieneinsatz „PowerPoint-Präsentation“ zur Ergebnispräsentation<br />

erwies sich als äußerst motivierender Faktor, den die SuS extensiv nutzten und vor allem<br />

beim Einbau der Versuchsskizzen viel Geschick an den Tag legten (Fehler! Verweis-<br />

quelle konnte nicht gefunden werden. - Fehler! Verweisquelle konnte nicht ge-<br />

funden werden.). Dadurch, dass der eigenentwickelte Versuchsaufbau mittels Foto in<br />

die Ergebnispräsentation eingebracht werden konnte, wird die Identifikation mit dem<br />

Produkt bis zum Forschungsbericht auf hohem Niveau beibehalten. Dies belegen auch die<br />

positiven Rückmeldungen im Schülerfragebogen zur PPT-Präsentation der Ergebnisse.<br />

5. Zusammenfassende Bewertung des Einsatzes der ChemZ-Materialien im<br />

handlungsorientierten Unterricht<br />

Die Erprobung und Evaluation des Einsatzes von ChemZ im Rahmen der für diese Arbeit<br />

ausgearbeiteten Reihe wurde nach den didaktischen Qualitätskriterien des handlungsori-<br />

entierten Unterrichts nach Meyer et al. 9 durchgeführt. Es konnte gezeigt werden, dass die<br />

ChemZ-Mikrotechnik zum Einsatz in handlungsorientierten Unterrichtsverfahren sehr gut<br />

geeignet ist und deren Anwendung unterstützt bzw. ermöglicht. Da aufgrund der erst<br />

kürzlichen Lieferung der ChemZ-Koffer in meiner Ausbildungsschule bisher noch keine<br />

Erfahrungen mit der unterrichtlichen Anwendung der Materialien gesammelt werden<br />

konnten, bieten die Ergebnisse dieser Arbeit für meine Schule nutzbare Anhaltspunkte,<br />

um ChemZ in Zukunft gewinnbringend einsetzen zu können.<br />

Die Ergebnisse der Evaluation sollen im Folgenden kurz zusammengefasst werden:<br />

• Die ChemZ-Koffer regten durch die Vielseitigkeit und die vielfältige Kombinierbarkeit<br />

der darin enthaltenden Materialien die Kreativität an.<br />

• Durch die Verwendung der Materialien entwickelten die SuS zahlreiche individuelle<br />

Lösungswege und Ideen für experimentelle Umsetzungsvarianten.<br />

• Die eigengeplanten Experimente führten sehr häufig zum Erfolg und zu richtigen Ergebnissen.<br />

• Der Einsatz von ChemZ führte zu maximaler Schüleraktivität und einem sehr hohen<br />

Anteil echter Lernzeit im selbständigen Arbeitsteil.<br />

29


• Der Umgang mit den Materialien lässt sich für „Neulinge“ intuitiv und ohne Lernhilfen<br />

erschließen. Aus Schülersicht wird er verglichen mit herkömmlichen Laborgeräten als<br />

einfacher empfunden.<br />

• Einige Spritzen und transparente Linearverbinder wurden während der experimentellen<br />

Arbeit undicht. Dies stellt in Anbetracht der geringen Ersatzteilkosten jedoch kein<br />

Problem dar.<br />

• Die Abstraktion der Erkenntnisse gelang einem Großteil der SuS auf Basis eines einzigen<br />

konkreten Beispiels (Kohlensäuregleichgewicht), anhand dessen der Einfluss aller<br />

drei physikalischen Parameter erarbeitet wurde.<br />

• Nach Durchführung der Reihe war nur 1 von 12 SuS weder in der Lage, das Prinzip<br />

von Le Chatelier auf eine neue Aufgabenstellung im Rahmen des Kohlensäurekontexts<br />

anzuwenden noch auf einen neuen Kontext zu transferieren. Dies zeigt den beachtlichen<br />

Lernerfolg, der mit der Unterrichtsreihe erzielt wurde.<br />

• Die SuS widmeten sich ihrer Aufgabe mit überdurchschnittlichem Engagement und<br />

erlebten die Arbeit auch aus ihrer Sicht motivierend und als „wenig theoretisch“, obwohl<br />

viel Theorie vermittelt wurde („unbewusstes Lernen“).<br />

• Zur selbstständigen Durchführung einer handlungsorientierten Unterrichtssequenz<br />

benötigen die SuS Methodenkompetenzen auf unterschiedlichsten Gebieten, die durch<br />

wiederholte Durchführung derartiger Unterrichtsformen trainiert werden müssen.<br />

• Der Schwierigkeitsgrad der Aufgabe ist zwar durch verschiedene Maßnahmen (z. B.<br />

Materialliste, Planung des Lernhilfenpools ect.) lerngruppengerecht anpassbar, eine<br />

Durchführung eines solchen Forschungsprojekts als „Selbstlerneinheit“ lässt sich aber<br />

gerade durch die Vielseitigkeit der Lösungsmöglichkeiten nur annähernd realisieren.<br />

6. Ausblick<br />

Die Arbeit zeigt, dass die ChemZ-Materialien besonders für den Einsatz im HU prädesti-<br />

niert sind. Durch sie wird es möglich, die SuS auch Experimente selbständig durchführen<br />

zu lassen, die bisher nur als Lehrerdemoversuch oder unter enger Anleitung als Schüler-<br />

versuch möglich waren. Aus diesen Gründen ist ein vermehrter Einsatz der ChemZ-<br />

Mikrotechnik im Chemieunterricht der Sek. I und Sek. II erstrebenswert. Die Materialien<br />

bieten so zahlreiche Möglichkeiten zur Arbeit mit Gasen, dass es sich anbietet, möglichst<br />

viele der gängigen Experimente in einem handlungsorientierten Rahmen in den Unter-<br />

richt einzubauen.<br />

So können zum Beispiel direkt im Anschluss an die im Rahmen dieser Arbeit vorgestellten<br />

Konzepte zu Le Chatelier und den Kalkkreisläufen 2 Beispiele wichtiger industrieller Syn-<br />

theseverfahren, die auf der Anwendung des Prinzips von Le Chatelier basieren, mit<br />

ChemZ simuliert werden.<br />

Vorschläge zur Simulation der Soda-Herstellung und der Ammoniak-Synthese nach dem<br />

Haber-Bosch-Verfahren im Minimaßstab sind in Fehler! Verweisquelle konnte nicht<br />

gefunden werden. und Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.<br />

dargestellt. Grundlage hierfür bildeten der im Lehrbuch Chemie 2000+, Band 1 38 be-<br />

schriebene Versuch zur Herstellung von Natriumhydrogencarbonat und ein im Experi-<br />

30


mentalvortrag der Philipps-Universität Marburg vorgeschlagener Versuchsaufbau zur<br />

Ammoniaksynthese. 39 Die Versuche wurden im Rahmen dieser Arbeit erprobt aber noch<br />

nicht optimiert.<br />

31


Literatur<br />

1<br />

Rahmenvorgaben des Landesprüfungsamts NRW aus www.studienseminarwuppertal1.nrw.de/studsemwtalinhalt/ausbildung/informationen/infosem/Info%20Pruefungsamt.pdf,<br />

Seiten 26<br />

und 32.<br />

2<br />

Standards für die Kernfunktion Unterrichten aus www.studienseminare-gegym.nrw.de/RE/Hauptseminare/HSFunke/info.ppt,<br />

Seite 6 und 7.<br />

3<br />

Aus: Wiki der Studienseminare NRW,<br />

http://wiki.studienseminare.nrw.de/index.php/2.4_Standards,_Lehrerfunktionen_und_Neue_Medien.<br />

4<br />

Gudjons „Handlungsorientiert Lehren und Lernen“, Klinhardt Bad Heilbrunn (1986).<br />

5<br />

Meyer „Unterrichtsmethoden II: Praxisband“, Cornelsen Scriptor, 13. Auflage (2006), 396ff.<br />

6<br />

Gudjons „Pädagogisches Grundwissen“, Klinkhardt Verlag, 10. Auflage 2008, Seite 254.<br />

7<br />

„Handlungorientierter Unterricht“ aus http://de.wikipedia.org/wiki/Handlungsorientierter_Unterricht.<br />

8<br />

Stangl-Arbeitsblätter zum handlungsorientierten Unterricht aus http://arbeitsblaetter.stangltaller.at/WISSENSCHAFTPAEDAGOGIK/ModellHandlungsorientiert.shtml.<br />

9<br />

Jank, Meyer „Didaktische Modelle“, 5. Auflage 2002, Seite 326ff<br />

10<br />

Bleichroth, Dahncke, Jung, Merzyn, Weltner, „Fachdidaktik Physik“, 2. Auflage 1999, Aulis Deubner, Seite<br />

300.<br />

11<br />

Dewey, „Demokratie und Erziehung“ 3. Auflage 1964, Westermann.<br />

12<br />

„Richtlinien und Lehrpläne für die Sekundärstufe II – Gymnasium/Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen –<br />

Chemie“, Ritterbach 1999.<br />

13<br />

„Kernlehrplan Chemie Sekundarstufe I (G8) - Gymnasium/Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen“, Ritterbach<br />

2008.<br />

14<br />

Bovet, Huwendieck „Leitfaden Schulpraxis“ 4. Auflage 2008, Cornelsen Scriptor, Seite 43.<br />

15<br />

Jank, Meyer „Didaktische Modelle“, 5. Auflage 2002, Seite 326.<br />

16<br />

Bovet, Huwendieck „Leitfaden Schulpraxis“ 4. Auflage 2008, Cornelsen Scriptor, Seite 125.<br />

17<br />

Wagenschein „Anmerkungen zum exemplarisch-genetischen Prinzip“ in Twellmann (Hrsg.) Handbuch Schule<br />

und Unterricht, Bd. 4.1 Schwann 1981, 178ff.<br />

18 Entwicklungspsychologische Grundlagen in: „Piaget, J (1936), Stuttgart: Klett“, Umsetzung in didaktische<br />

Leitfäden durch: „Aebli, H (1968), 3. Aufl., Stuttgart Klett“.<br />

19 Roth „Pädagogische Psychologie des Lehrens und Lernens”, Schroedel 1963.<br />

20 Becker „Neue Lehr- und Lernformen“ aus http://paedagogik.homepage.t-online.de/n_lernfo.htm#8.<br />

21 Bovet, Huwendieck „Leitfaden Schulpraxis“ 4. Auflage 2008, Cornelsen Scriptor, Seite 48.<br />

22 Bleichroth „Fachdidaktik Physik“, 2. Auflage 1999, Aulis Deubner, Seite 248.<br />

23 Rossa „Chemie Didaktik“, 1. Auflage 2005, Seite 21.<br />

24 „Physikdidaktik“ aus http://de.wikipedia.org/wiki/Physikdidaktik.<br />

25 ChemZ: Chemische Experimente mit medizintechnischem Zubehör, http://www.chemz.de und<br />

http://www.lncu.de.<br />

26 Brand-Chemie (http://www.hirsemedia.de/brandchemie/low-cost.html), Peter Schwarz<br />

(http://www.micrecol.de“), Victor Obendrauf (http://www.die-bayerischechemie.de/pdf/Katalog/GasExperimente.pdf),<br />

AK Kappenberg<br />

(http://www.kappenberg.com/pages/experimente/liste.htm?SORT=lc“), Georg Häusler<br />

(http://www.halbmikrotechnik.de/web/index.htm)<br />

27 von Borstel „Unterrichtsmaterialien“ aus www.lncu.de.<br />

28 von Borstel in „Freiarbeit Luft – Gase, die wir atmen“, 2007, http://www.lehrer-online.de/freiarbeit-luft.php.<br />

29 von Borstel in „Bau eines Feuerlöschers“, 2007, http://www.lehrer-online.de/feuerloescher.php<br />

30 Paschmann, De Vries, Lüchtenborg, Arshadi, Parchmann, „Die Bedeutung der Ozeane im Kohlenstoffkreislauf.<br />

Eine Hinführung zum Begriff des Chemischen Gleichgewichts im Rahmen der Konzeption Chemie im Kontext –<br />

Teil 1“ Zeitschrift des Vereins zur Förderung des mathem.-naturw. Unterrichts 3. 2000. S. 170-175.<br />

31 von Borstel, Böhm, Naturwissenschaft im Unterricht Chemie (2006), 96, 34-37.<br />

32 E-mail von Gregor von Borstel an Timo <strong>Hagemeister</strong> vom 1. April 2009 und<br />

http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Tashiro&action=edit&section=1<br />

33 Klafki, W „Zur Unterrichtsplanung im Sinne kritisch-konstruktiver Didaktik“ in König, E (Hrsg.) Diskussion<br />

Unterrichtsvorbereitung, Wilhelm Fink 1980.<br />

34 Bovet, Huwendieck Leitfaden Schulpraxis 4. Auflage 2008, Cornelsen Scriptor, Seite 570.<br />

35 Mühlhausen Überraschungen im Unterricht. Situative Unterrichtsplanung, Beltz, 1994.<br />

36 Paul Heimann: „Didaktik als Theorie und Lehre“, Die Deutsche Schule. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft<br />

und Gestaltung der Schulwirklichkeit, 54. Jg. 1962, S. 407-427.<br />

37 Skowronek zitiert nach:<br />

http://bebis.cidsnet.de/weiterbildung/sps/allgemein/bausteine/gestaltung/problemorient.htm<br />

38 Tausch, von Wachtendonk, Chemie 2000+, Band 1, C.C.Buchner 2001.<br />

39 Purkl, S, „Gase im Mikromaßstab“, Protokoll zum Experimentalvortrag, Philipps-Universität Marburg, Wintersemester<br />

1996/97, http://www.chids.de/dachs/expvortr/558Gase_Purkl_Scan.pdf.<br />

32

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