WinDrive - Voith Turbo
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WinDrive - Voith Turbo
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<strong>WinDrive</strong><br />
Sonderdruck aus Artikel „Es geht auch ohne“,<br />
erschienen in Sonne, Wind & Wärme 09 / 2008<br />
Autor: Detlef Koenemann
Panorama<br />
MARKT ANTRIEBSTECHNIK<br />
Es geht auch ohne<br />
Der Prototyp der Dewind D8.2 in Cuxhaven läuft<br />
schon seit über einem Jahr. Die eigentliche Innovation<br />
ist das von <strong>Voith</strong> entwickelte Windrive-System, das<br />
den Umrichter überflüssig macht.<br />
20 Sonne Wind & Wärme 9/2008<br />
Alle paar Wochen meldet sich ein neuer Hersteller zu<br />
Wort. Vor allem in Fernost steigen viele Maschinenbaufirmen<br />
in die Windenergietechnik ein, um am<br />
wachsenden Markt teilzunehmen. Wer sich als Newcomer<br />
nicht mit Kampfpreisen, sondern mit Technologie durchsetzen<br />
will, muss etwas anbieten, das sich deutlich vom Mainstream<br />
abhebt und dem Kunden klar erkennbare Vorteile<br />
bietet.<br />
Der schwäbische Maschinenbaukonzern <strong>Voith</strong> hat sich<br />
diese schwierige und langwierige Aufgabe gestellt. Gemessen<br />
an dem, was bisher auf dem Markt vorherrscht, wirkt<br />
der Anspruch verwegen: Wie kann eine Windturbine die von<br />
den Energieversorgern gewünschte Stromqualität liefern,<br />
ohne einen Umrichter einsetzen zu müssen?<br />
Bevor <strong>Voith</strong> auf den Plan trat, hatte niemand ernsthaft<br />
diese Frage gestellt. Es galt als ungeschriebenes Gesetz,<br />
dass moderne Windenergieanlagen auf den Umrichter einfach<br />
nicht verzichten können. Denn seitdem sich der drehzahlvariable<br />
Betrieb der Windturbinen weltweit durchgesetzt<br />
hat, muss es zwischen Rotor und Netz einen Baustein<br />
in der Energiewandlungskette geben, der dafür sorgt, dass<br />
der Strom mit der erforderlichen Qualität eingespeist wird.<br />
Und das war bisher ohne Ausnahme die Aufgabe des Umrichters.<br />
Doch die Monopolstellung der Elektronik wird an dieser<br />
Stelle nun angegriffen. Mit dem Windrive-System will <strong>Voith</strong><br />
beweisen, dass die elektronische Frequenzwandlung durch<br />
eine mechatronische ersetzt werden kann.<br />
Zurück zu den Wurzeln<br />
Die erste Dewind<br />
D8.2 wurde Ende<br />
2006 auf dem<br />
Testfeld des DEWI-<br />
OCC in Cuxhaven<br />
errichtet und ist<br />
seit Januar 2007<br />
am Netz.<br />
Foto: Jan Oelker<br />
Das Windrive-System definiert sich aber natürlich nicht<br />
durch den Verzicht auf den Umrichter, sondern durch eine<br />
Reihe von Funktionen, die letzten Endes das eigentliche Problem<br />
der Windenergietechnik lösen müssen: Die Anpassung<br />
der vom Wind gelieferten stark schwankenden Leistung an<br />
die Anforderungen des elektrischen Netzes. Es ist die Kunst,<br />
etwas zusammenzubringen, was nicht zusammen passt.<br />
Also zurück zu den physikalischen Wurzeln der Windenergietechnik:<br />
Da wir es hier mit rotierenden Massen zu<br />
tun haben (Rotor, Getriebe, Generator), ist die mechanische<br />
Leistung nichts anderes das Produkt aus Drehzahl und Drehmoment.<br />
Sowohl die Drehzahl des Rotors als auch sein<br />
Drehmoment ändern sich ständig. Wenn aber auf der anderen<br />
Seite der Generator ohne zusätzlichen Filter (Umrichter)<br />
direkt mit dem »frequenzstarren« Netz gekoppelt werden<br />
soll, muss der Generator mit konstanter Drehzahl laufen.<br />
Um diese Bedingung zu erfüllen, baut <strong>Voith</strong> zwischen<br />
Getriebe und Generator den Windrive als Drehmomentwandler<br />
ein, der die vom Getriebe kommende, ständig<br />
schwankende Drehzahl aufnimmt und »glättet«<br />
Johannes Eitdorf, für den Vertrieb des Windrive zuständig,<br />
beschreibt es anschaulich so: »Der Windrive hat es mit<br />
zwei übermächtigen Kontrahenten zu tun. Vor sich hat es<br />
den Wind mit dem riesigen Rotor und hinter sich den Generator<br />
mit dem Netz.« Das heißt, »der Windrive hat vor und<br />
hinter sich Drehzahlen, die er gar nicht ändern kann, und<br />
wirkt somit als Momentenwaage«.
Im Detail kompliziert<br />
Der mechatronische Aufbau des Windrive ist relativ aufwendig.<br />
Er basiert auf einem Drehmomentwandler in Kombination<br />
mit einem als Überlagerungsgetriebe ausgelegten Planetengetriebe,<br />
besteht also aus zwei zusammenwirkenden<br />
Elementen (siehe Grafik):<br />
• Das Überlagerungsgetriebe (rot) addiert zwei variable<br />
Drehzahlen. Es handelt sich um die Drehzahl des Rotors<br />
und die im Windrive existierende Korrekturdrehzahl, die gemeinsam<br />
eine konstante Ausgangsdrehzahl ergeben.<br />
• Der Drehmomentwandler liefert die variable Korrekturdrehzahl.<br />
Dieser Wandler wird von Hydrauliköl durchflutet<br />
(gelb) und besteht aus einem Pumpenrad (dunkelblau),<br />
das von der Hauptwelle angetrieben wird, aus einem Turbinenrad,<br />
das die Korrekturdrehzahl ans Überlagerungsgetriebe<br />
liefert, und aus verstellbaren Leitschaufeln (grün), die<br />
das Übertragungsverhalten des Wandlers verändern. Das<br />
Standgetriebe (hellblau) überträgt die Korrekturdrehzahl<br />
auf das Überlagerungsgetriebe.<br />
Das klingt kompliziert und hat viel mit Strömungsmechanik<br />
zu tun, die nur wenigen geläufig ist. Denjenigen, die<br />
sich nicht unbedingt in die Materie vertiefen wollen, bietet<br />
<strong>Voith</strong> eine griffige Erklärung an: »Der Drehmomentwandler<br />
besitzt als Strömungsmaschine eine vergleichbare Leistungscharakteristik<br />
wie der Windrotor und lässt sich deshalb<br />
ideal mit diesem koppeln.«<br />
Verstellung der Leitschaufeln genügt<br />
Um zu verhindern, dass Schwankungen der Windgeschwindigkeit,<br />
insbesondere Böen, auf den mit konstanter Drehzahl<br />
laufenden Generator durchschlagen, genügt es, die<br />
Industrie | Marine | Schiene | Straße<br />
Längsschnitt des Windrive: Gut erkennbar sind das Überlagerungsgetriebe (rot), das<br />
Standgetriebe (hellblau) und die Hydraulik (gelb). Die verstellbaren Leitschaufeln sind grün<br />
dargestellt. Grafik: <strong>Voith</strong><br />
Leitschaufeln zu verstellen. Diese Regelung muss allerdings<br />
ziemlich schnell geschehen: »Es erforderte viel Entwicklungsaufwand,<br />
um die Reaktionszeit auf 20 ms zu drücken«,<br />
betont Andreas Basteck, der als Geschäftsführer der <strong>Voith</strong><br />
<strong>Turbo</strong> Wind GmbH für den Windrive verantwortlich ist.<br />
Der Windrive muss aber nicht auf jede Leistungsschwankung<br />
mit einer Verstellung der Leitschaufeln reagieren, denn<br />
weil die Leistungscharakteristik des Rotors in etwa der des<br />
Wandlers entspricht, »folgt der Wandler quasi selbstständig<br />
dem Rotor, das heißt verzugsfrei und weich. Dadurch wird<br />
der gesamte Antriebsstrang der Windturbine geschont«, er-<br />
<strong>WinDrive</strong> – hochdynamisches Antriebssystem für<br />
Windturbinen im Megawattbereich<br />
■ Ausgezeichnete Netzqualität durch bewährte<br />
Synchrongeneratoren<br />
■ Hervorragende Verfügbarkeit und reduzierter<br />
Wartungsaufwand durch Wegfall der Frequenzumrichtertechnologie<br />
■ Hohe Effi zienz aufgrund hydrodynamisch regelbarer<br />
Technologie<br />
■ Moderate Anfangsinvestition durch maßgebliche<br />
Gewichteinsparungen<br />
<strong>Voith</strong> <strong>Turbo</strong> Wind GmbH & Co. KG<br />
<strong>Voith</strong>str. 1<br />
74564 Crailsheim, Germany<br />
Tel. +49 7951 32-1867<br />
Fax +49 7321 37-138149<br />
www.voithturbo.com / windtechnologie
Panorama<br />
22<br />
MARKT ANTRIEBSTECHNIK<br />
Technische Daten der Dewind 8.2<br />
Nennleistung 2.000 kW<br />
Rotordurchmesser 80 m<br />
Rotorkreisfläche 5.027 m²<br />
Drehzahl des Rotors 11,1 bis 20,7 min-1 Getriebe-Übersetzung 1:25<br />
Windrive-Übersetzung 1:3 bis 1:5,5<br />
Drehzahl des<br />
1.500 min<br />
Generators<br />
-1 bei 50 Hz<br />
1.800 min-1 bei 60 Hz<br />
Ausgangsspannung 4,16 bis 13,8 kV<br />
Dr. Andreas Basteck,<br />
Geschäftsführer der <strong>Voith</strong><br />
<strong>Turbo</strong> Wind GmbH, in<br />
der Gondel der Dewind<br />
D8.2 in Cuxhaven. Anfang<br />
Mai begleitete er im<br />
Rahmen einer Pressereise<br />
18 Journalisten bei<br />
ihrem Aufstieg in 80 m<br />
Nabenhöhe.<br />
Foto: Detlef Koenemann<br />
Sonne Wind & Wärme 9/2008<br />
Der<br />
Synchrongenerator<br />
liefert eine<br />
Ausgangsspannung im<br />
kV-Bereich und spart dadurch den<br />
Transformator ein. Das Niveau der<br />
Ausgangsspannung wird den jeweiligen<br />
Netzanforderungen angepasst.<br />
Quelle: www.compositetechcorp.com<br />
gänzt Johannes Eitdorf. »Weil es sich im Grunde um ein<br />
selbstregelndes System handelt, müssen nur die Leistungsspitzen<br />
durch Verstellung der Leitschaufeln ausgeglichen<br />
werden.«<br />
Blindleistung ist kein Problem<br />
Das Windrive-System erscheint etwa so komplex wie der<br />
Umrichter, den es ja ersetzen soll. Um zu zeigen, dass sich<br />
der erhebliche konstruktive Aufwand trotzdem lohnt, hebt<br />
Andreas Basteck die Vorteile hervor, die das neue System<br />
verspricht:<br />
• Windrive ermöglicht den Einsatz eines Synchrongenerators,<br />
dessen hohes Spannungsniveau (siehe Tabelle) den<br />
Einsatz eines Transformators überflüssig macht.<br />
• Der direkt mit dem Netz gekoppelte Synchrongenerator<br />
kann sowohl Blindstrom aufnehmen als auch abgeben<br />
und dadurch das Netz stützen. Die jeweils benötigte Blind-<br />
Antriebsstrang der Dewind 8.2: Zwischen<br />
Synchrongenerator (links) und Getriebe<br />
wirkt der Windrive relativ klein. Er hat einen<br />
Durchmesser von 1,30 m und ist 1,70 m<br />
lang.<br />
Foto: <strong>Voith</strong><br />
leistung wird einfach über den Erregerstrom eingestellt.<br />
• Windrive spart unter dem Strich Masse ein. Zwar wiegt<br />
das Windrive-System, das zurzeit in der Dewind 8.2 erprobt<br />
wird, rund 5,6 t, doch dafür fällt im Hauptgetriebe eine Stufe<br />
weg (das zweistufige Getriebe der D8.2 wiegt 18 Tonnen).<br />
Die eigentliche Masseneinsparung wird durch den Wegfall<br />
von Umrichter und Trafo bewirkt. Bei Anlagen, die deutlich<br />
größer sind als 2 MW, werde sich das noch deutlicher auswirken,<br />
prophezeit Basteck. Dann werde sich auch ein deutlicher<br />
Kostenvorteil zeigen.<br />
• Das Wandlerprinzip, das dem Windrive zugrunde liegt,<br />
ist seit Jahrzehnten erprobt und hat sich als äußerst robust<br />
erwiesen, zum Beispiel beim Betrieb großer Pumpen auf Öl-<br />
und Gasplattformen. »Die MTBF (Mean Time Between Failure)<br />
liegt bei über 39 Jahren«, betont Johannes Eitdorf.<br />
Ob das Konzept auch hält, was es verspricht, wird zurzeit<br />
an drei Standorten getestet. Der in Cuxhaven errichtete<br />
Prototyp ist bereits seit 16 Monaten in Betrieb – ohne besondere<br />
Vorkommnisse, wie Dewind und <strong>Voith</strong> versichern.<br />
Die Qualität des eingespeisten Stroms sei wie erwartet gut.<br />
Im Dezember 2007 erfolgte die Errichtung der zweiten D8.2<br />
in Argentinien in<br />
4.200 m Höhe. Wegen<br />
der dünnen Luft wird<br />
die Nennleistung erst<br />
bei hohen Windgeschwindigkeitenerreicht.<br />
In Texas läuft seit<br />
kurzem die 60-Hz-Version.<br />
Sie soll den US-<br />
Markt für das Windrive-<br />
System öffnen. Um die<br />
erhoffte Nachfrage zu<br />
decken, hat <strong>Voith</strong> bereits<br />
in Crailsheim eine<br />
Montagelinie errichtet,<br />
die demnächst 400 Windrive-Einheiten<br />
pro Jahr<br />
produzieren kann.<br />
Detlef Koenemann
Projektreport <strong>WinDrive</strong><br />
März 2003 Die Idee des <strong>WinDrive</strong> wird geboren<br />
Juli 2003 Start der „Konzeptstudie <strong>WinDrive</strong>“ für<br />
Windenergieanlagen zu bestehenden<br />
Technologien und über zukünftige<br />
Marktchancen für <strong>WinDrive</strong><br />
Dezember 2003 Der <strong>WinDrive</strong> hält konzeptionell<br />
sämtliche Anforderungen von<br />
Windenergieanlagen ein<br />
März 2004 Das Projekt <strong>WinDrive</strong> wird<br />
offi ziell gestartet<br />
August 2005 Mit DeWind wird ein bekanntes<br />
Unternehmen der Windenergiebranche<br />
als Partner für die<br />
Entwicklung einer 2000 kW Turbine<br />
gewonnen<br />
November 2006 Erste Testfeldergebnisse<br />
Dezember 2006 Erster Prototyp auf dem DEWI<br />
OCC Testfeld, Cuxhaven<br />
Januar 2007 Erste Kilowattstunde ins Netz<br />
gespeist<br />
Gründung der <strong>Voith</strong> <strong>Turbo</strong> Wind<br />
GmbH & Co. KG<br />
Februar 2007 Erfolgreiche Inbetriebnahme des<br />
Prototyps in Cuxhaven<br />
März 2007 Versuch Dauerhaltbarkeit<br />
Leitschaufelverstellung <strong>WinDrive</strong><br />
Die DeWind Turbine D8.2 - 2000 kW<br />
(50 Hz) mit <strong>WinDrive</strong> ist zertifi ziert<br />
August 2007 Produktionsfreigabe für die ersten<br />
18 Einheiten Felderprobung<br />
September 2007 Erster Liefervertrag und zwei<br />
weitere Prototypen für Nordund<br />
Südamerika<br />
Oktober 2007 Einweihung einer neuen<br />
Montagehalle<br />
November 2007 NREL testet Windturbine mit<br />
<strong>WinDrive</strong> (weltweit erstmaliger<br />
Test von dynamischen Lasten<br />
einer Windenergieanlage auf<br />
einem Versuchsfeld)<br />
Januar 2008 Finalist beim Innovationspreis der<br />
deutschen Wirtschaft<br />
<strong>WinDrive</strong> wird in der höchstgelegenen<br />
Windturbine der Welt<br />
installiert (Veladero, Argentinien –<br />
4200m ü.N.N.)<br />
Februar 2008 Dauerlauf bestanden (Abbildung<br />
von 175.000 Stunden Lebensdauer)<br />
März 2008 Erste 2000 kW (60 Hz) Windturbine<br />
mit <strong>WinDrive</strong> in den USA am Netz<br />
April 2008 DeWind Turbine D 8.2 – 2000 kW<br />
(60 Hz) mit <strong>WinDrive</strong> ist zertifi ziert<br />
Mai 2008 Erfolgreicher Test „Graufl eckigkeit“ im<br />
erweiterten Betriebsbereich<br />
Juli 2008 <strong>WinDrive</strong> Kältetest (Einsatztemperatur<br />
bis zu - 40°C)
<strong>Voith</strong> <strong>Turbo</strong> Wind GmbH & Co. KG<br />
<strong>Voith</strong>straße 1<br />
74564 Crailsheim, Germany<br />
Tel. +49 7951 32-1867<br />
Fax +49 7321 37-138149<br />
www.voithturbo.com/windtechnologie<br />
cr606 de, aik / BVA-Tiemann, 12.2008, 500. Änderungen, die sich durch technische Weiterentwicklung ergeben, vorbehalten.