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LK Physik 12 Klassische Elektrodynamik - am Werdenfels-Gymnasium

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<strong>LK</strong> <strong>Physik</strong> <strong>12</strong><br />

<strong>Klassische</strong> <strong>Elektrodyn<strong>am</strong>ik</strong><br />

Richard Reindl<br />

1995-1999


Kapitel 1<br />

Grundlagen<br />

1.1 Grundgrößen<br />

1. Basisgröße: Die Zeit (t)<br />

Die Einheiten der Basisgrößen der <strong>Physik</strong> müssen durch präzise Messverfahren festgelegt werden.<br />

1960 wurde von der 11. Generalkonferenz für Maß und Gewicht das Internationale Einhei-<br />

tensystem (SI) eingeführt. Seit 1967 gilt für dir Einheit der Zeit:<br />

Eine Sekunde (1 s) ist das 9 192 631 770 fache der Periodendauer der beim<br />

Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzu-<br />

standes von Atomen des Nuklids 133 Cs entstehenden Strahlung.<br />

(1.1.1)<br />

Die frühere Definition der Sekunde als der 86400ste Teil der Dauer einer Erdrotation ist nicht<br />

brauchbar, da die Erdrotation nicht konstant ist (z.B. wegen der Gezeitenreibung).<br />

Die Umsetzung der Sekundendefinition geschieht mit Atomuhren:<br />

Die Frequenz f der vom Sender ausge-<br />

strahlten Welle ist im Idealfall gleich der<br />

Eigenfrequenz f0 = 9192631770 Hz der<br />

Cs-Atome. In diesem Fall wird die Strah-<br />

lung von den Cs-Atomen völlig absor-<br />

biert. Weicht f von f0 ab, dann erreicht<br />

ein Teil der Strahlung den Empfänger.<br />

In Abhängigkeit von der empfangenen In-<br />

tensität wird über einen elektronischen<br />

Mechanismus f solange reguliert, bis <strong>am</strong><br />

Empfänger wieder nichts mehr ankommt,<br />

d.h. bis f wieder exakt gleich f0 ist.<br />

Zähler<br />

. . . . . . . . . .<br />

. . . . . . . . .<br />

. . . . . . . . . .<br />

. . . . . . . . .<br />

. . . . . . . . . .<br />

. . . . . . . . .<br />

. . . . . . . . . .<br />

. . . . . . . . . . <br />

. . . . . . . . . .<br />

. ....<br />

Sender Empfänger<br />

Cs-Atome<br />

......<br />

.... ..<br />

.<br />

...<br />

.<br />

.<br />

Abb.1.1.1 Atomuhr<br />

. . . . . . . . .<br />

. . . . . . . . . .<br />

. . . . . . . . .<br />

. . . . . . . . . .<br />

. . . . . . . . .<br />

. . . . . . . . . .<br />

Regel-Elektronik<br />

Ein Teil der Welle wird vor den Cs-Atomen von einer Antenne aufgenommen und zu einem<br />

schnellen elektronischen Zähler geleitet. Die kleinste messbare Zeit beträgt ungefähr eine Periodenlänge<br />

1 ≈ 0,1 ns. Bei der Messung von längeren Zeiten wird eine Genauigkeit von<br />

f0<br />

∆t<br />

t ≈ 10−14 erreicht, was einer Gangungenauigkeit von 1 s in circa 3 · 106 Jahren entspricht!<br />

( Siehe <strong>Physik</strong> in unserer Zeit, 6/77 (8,5 · 10−14 ) und Die SI-Basiseinheiten, <strong>Physik</strong>alisch Tech-<br />

1<br />

.............


KAPITEL 1. GRUNDLAGEN 2<br />

nische Bundesanstalt, 1990 (1,5 · 10 −14 ))<br />

Neben der Sekunde werden noch folgende Zeiteinheiten verwendet:<br />

1 min = 60 s, 1 h = 3600 s, 1 d = 24 h, 1 a ≈ 365,25 d<br />

1 ms = 10 −3 s (Milli), 1 µs = 10 −6 s (Mikro), 1 ns = 10 −9 s (Nano), 1 ps = 10 −<strong>12</strong> s (Pico).<br />

2. Basisgröße: Die Länge (x, s)<br />

Seit 1983 gilt für die Einheit der Länge:<br />

Ein Meter (1 m) ist die Länge der Strecke, die Licht im Vakuum in der<br />

Zeit ∆t =<br />

1<br />

299792458 s zurücklegt.<br />

Aus (1.1.2) folgt für die Lichtgeschwindigkeit der exakte Wert<br />

c = 299792458 m<br />

s<br />

(1.1.2)<br />

(1.1.3)<br />

Die frühere Definition des Meters als der 40 000 000ste Teil des Erdumfangs ist zu ungenau und<br />

messtechnisch schwer umsetzbar.<br />

Für große Entfernungen wird die Längeneinheit<br />

1 Lichtjahr = 1 LJ = c · 1 a ≈ 299792458 m<br />

s · 3600 · 24 · 365,25 s = 9,4607 · 1015 m (1.1.4)<br />

verwendet.<br />

3. Basisgröße: Die Masse (m)<br />

Für die Einheit der Masse gilt seit 1901:<br />

Ein Kilogr<strong>am</strong>m (1 kg) ist die Masse des Internationalen Kilogr<strong>am</strong>mprototyps. (1.1.5)<br />

Wägungen durch Vergleich mit dem Kilogr<strong>am</strong>mprototyp sind mit einer relativen Genauigkeit<br />

von ca. 10 −9 möglich. Die Kilogr<strong>am</strong>mdefinition als bestimmtes Vielfaches einer Atommasse (z.B.<br />

<strong>12</strong> C) ist zur Zeit noch um zwei Größenordnungen ungenauer als die mit dem Prototyp.<br />

1.2 Messfehler<br />

Da die Messung einer physikalischen Größe B immer mit Fehlern behaftet ist, wird zur ge-<br />

nauen Bestimmung von B eine Messreihe durchgeführt. B1, B2, ..... , Bn seien die n Werte einer<br />

Messreihe.<br />

Als genauesten Wert von B nimmt man den Mittelwert [B] der einzelnen Messwerte:<br />

[B] = B1 + B2 + .... + Bn<br />

n<br />

Die Abweichungen der einzelnen Messwerte vom Mittelwert sind<br />

(1.2.1)<br />

∆B1 = B1 − [B], ∆B2 = B2 − [B], ..... , ∆Bn = Bn − [B] (1.2.2)


KAPITEL 1. GRUNDLAGEN 3<br />

Der Betrag der größten Abweichung vom Mittelwert (absoluter Fehler) ist<br />

Der relative oder prozentuale Fehler der Messung ist<br />

∆B = max(|∆B1|, |∆B2|, ..... , |∆Bn|) (1.2.3)<br />

δrel = ∆B<br />

[B]<br />

= ∆B<br />

[B]<br />

Eine ungenaue Größe (z.B. einen Messwert) schreibt man in der Form<br />

· 100% (1.2.4)<br />

B = [B] ± ∆B (1.2.5)<br />

Wir betrachten zwei ungenaue Größen A = [A] ± ∆A und B = [B] ± ∆B. Für die Summe<br />

S = A + B gilt<br />

D<strong>am</strong>it gilt<br />

Smin = Amin + Bmin = [A] − ∆A + [B] − ∆B = [A] + [B] − (∆A + ∆B) (1.2.6)<br />

Smax = Amax + Bmax = [A] + ∆A + [B] + ∆B = [A] + [B] + (∆A + ∆B) (1.2.7)<br />

S = [S] ± ∆S mit [S] = [A] + [B] und ∆S = ∆A + ∆B (1.2.8)<br />

Analog zeigt man für D = A − B:<br />

D = [D] ± ∆D mit [D] = [A] − [B] und ∆D = ∆A + ∆B (1.2.9)<br />

Der absolute Fehler von Summen und Differenzen ungenauer Größen<br />

ist die Summe der absoluten Fehler der Summanden.<br />

Es lässt sich zeigen (siehe Aufgaben)<br />

Der relative Fehler von Produkten und Quotienten ungenauer Größen<br />

ist ungefähr gleich der Summe der relativen Fehler der Faktoren.<br />

(1.2.10)<br />

(1.2.11)<br />

In der Praxis wird nicht der maximale absolute Fehler (siehe 1.2.3), sondern der mittlere Fehler<br />

<br />

<br />

<br />

∆Bm = 1<br />

n<br />

(∆Bν)<br />

n<br />

2 (1.2.<strong>12</strong>)<br />

verwendet. Die Größe G = f(B1, ...., , Bn) sei eine Funktion der gemessenen Größen B1, ..... , Bn<br />

mit den mittleren Fehlern ∆Bm,1, ..... , ∆Bm,n. Nach Gauß gilt für den mittleren Fehler von G<br />

ν=1<br />

<br />

<br />

<br />

∆Gm = n <br />

<br />

∂G<br />

∂Bν<br />

ν=1<br />

· ∆Bm,ν<br />

2<br />

(1.2.13)<br />

Dabei bedeutet ∂G<br />

∂Bν die Ableitung von G nach Bν unter Konstanthaltung der anderen B ′ s<br />

(partielle Ableitung). Ein Verständnis der beiden letzten Formeln setzt Kenntnisse der Wahr-<br />

scheinlichkeitsrechnung und Statistik voraus (siehe z.B. Strubecker IV, S.508).<br />

Die Formeln 1.2.<strong>12</strong> und 1.2.13 sind für experimentelle Facharbeiten von Interesse, müssen aber<br />

nicht für Klausuren gelernt werden!


KAPITEL 1. GRUNDLAGEN 4<br />

1.3 Messung linearer Zus<strong>am</strong>menhänge<br />

Es ist bekannt, dass die Größe y linear von<br />

der Größe x abhängt, d.h.<br />

y = g(x) = a x + b (1.3.1)<br />

Zur Bestimmung von a und b werden die<br />

n Wertepaare (x1|y1), ..... , (xn|yn) gemes-<br />

sen. Wegen der Messfehler weichen die yk<br />

um dk von den wahren Werten g(xk) ab:<br />

dk = yk − g(xk) (1.3.2)<br />

Mit S bezeichnen wir die Summe der Qua-<br />

drate aller Abweichungen dk.<br />

PSfrag replacements<br />

y<br />

y1<br />

b<br />

x1<br />

d1<br />

g(x1)<br />

x2<br />

Abb.1.3.1 Ausgleichsgerade<br />

Nach Gauß ist die beste Gerade durch die n Messpunkte diejenige, für die<br />

n<br />

S =<br />

k=1<br />

minimal ist. Mit (1.3.1) und (1.3.2) folgt aus (1.3.3)<br />

n<br />

S = S(a, b) = (yk − a xk − b) 2<br />

k=1<br />

d 2 k<br />

xn<br />

g<br />

dn<br />

yn<br />

x<br />

(1.3.3)<br />

(1.3.4)<br />

S kann nur dann extremal sein, wenn die partiellen Ableitungen von S nach a und nach b Null<br />

sind:<br />

∂S<br />

= 0<br />

∂a<br />

und<br />

∂S<br />

= 0<br />

∂b<br />

(1.3.5)<br />

Setzt man (1.3.4) in die beiden Gleichungen (1.3.5) ein, dann erhält man zwei Gleichungen,<br />

aus denen die beiden Unbekannten a und b der Ausgleichsgeraden g(x) berechnet wer-<br />

den können. Die etwas länglichen Rechnungen lassen wir vom Computeralgebrasystem (CAS)<br />

MAPLE ausführen und erhalten als Ergebnis:<br />

n<br />

n<br />

a =<br />

b =<br />

k=1<br />

n<br />

k=1<br />

n<br />

xk yk −<br />

n<br />

k=1<br />

xk ·<br />

n<br />

x 2 k −<br />

<br />

n<br />

k=1<br />

yk ·<br />

n<br />

n<br />

x 2 k −<br />

k=1<br />

k=1<br />

n<br />

k=1<br />

xk<br />

n<br />

k=1<br />

2 xk ·<br />

n<br />

x 2 k −<br />

<br />

n<br />

k=1<br />

k=1<br />

xk<br />

yk<br />

n<br />

k=1<br />

2 xk yk<br />

(1.3.6)<br />

(1.3.7)<br />

Weise (eventuell mit MAPLE) nach, dass für die Ausgleichsgerade<br />

n<br />

dk = 0 (1.3.8)<br />

gilt!<br />

k=1


KAPITEL 1. GRUNDLAGEN 5<br />

1.4 Wiederholung Elektrizität<br />

1.4.1 Der Teilchenbaukasten<br />

Jeder chemische Stoff besteht aus kleinsten Teilchen mit der gleichen chemischen Eigenschaft,<br />

den Molekülen. Die Moleküle wiederum bestehen aus Atomen, von denen 92 verschiedene in<br />

der Natur vorkommen. Der N<strong>am</strong>e Atom kommt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie<br />

” unteilbares Teilchen“. Es hat sich aber herausgestellt, dass die Atome noch nicht die kleinsten<br />

Bausteine der Materie sind, sondern aus einem Atomkern und einer Hülle aus Elektronen<br />

(e − ) bestehen. Die meiste Masse des Atoms (ca. 99,95 %) steckt im Kern, der aber nur einen<br />

winzigen Bruchteil des Atomvolumens einnimmt. Der Atomkern ist aus Protonen (p + ) und<br />

Neutronen (n) aufgebaut. Die Protonen und Neutronen bestehen letztendlich aus den nach<br />

heutiger Sicht elementaren Quarks.<br />

Zwei Protonen, die nicht zu nahe beieinander sind, stoßen sich gegenseitig ab, genauso zwei<br />

Elektronen, ein Proton und ein Elektron dagegen ziehen sich an. Um diese Kräfte zwischen den<br />

Teilchen zu beschreiben, hat man den Begriff der elektrischen Ladung eingeführt.<br />

Es gibt positiv und negativ geladene Teilchen. Gleichn<strong>am</strong>ige<br />

Ladungen (gleiches Vorzeichen) stoßen sich ab, ungleichn<strong>am</strong>ige<br />

Ladungen (verschiedene Vorzeichen) ziehen sich an.<br />

Die Ladung eines Protons wird Ele-<br />

mentarladung genannt und mit<br />

e bezeichnet. Die Kräfte zwischen<br />

zwei Elektronen sind genauso groß<br />

wie die Kräfte zwischen zwei Proto-<br />

nen in der gleichen Entfernung, d.h.<br />

der Betrag der Elektronenladung ist<br />

gleich dem Betrag der Protonenla-<br />

Elementare Teilchen<br />

(1.4.1)<br />

Teilchen u-Quark d-Quark Elektron Photon<br />

Zeichen u d e − γ<br />

Ladung + 2<br />

1<br />

3 e − 3 e −e 0<br />

Tab.1.4.1 Elementare Teilchen<br />

dung. Da sich ein Elektron und ein Proton aber anziehen, müssen ihre Ladungen umgekehrte<br />

Vorzeichen tragen, d.h. die Ladung des Elektrons ist −e. Das Photon ist das Lichtteilchen,<br />

dessen Farbe von der Energie des Teilchens abhängt.<br />

Neben dem u- und d-Quark (Up und Down) gibt<br />

es noch vier weiter Quarks (Charme (c), Top<br />

(t), Strange (s) und Bottom (b)). Das Elektron<br />

gehört zur F<strong>am</strong>ilie der Leptonen, der noch das<br />

Myon (µ) und das Tauon (τ) sowie drei Neutri-<br />

nos angehören. Zu jedem der sechs Quarks und<br />

sechs Leptonen gibt es noch das entsprechen-<br />

de Antiteilchen mit entgegengesetzter Ladung<br />

aber gleicher Masse. Trifft ein Teilchen mit sei-<br />

nem Antiteilchen zus<strong>am</strong>men, verwandeln sich<br />

Zus<strong>am</strong>mengesetzte Teilchen<br />

Teilchen Proton Neutron<br />

Zeichen p + n<br />

Ladung +e 0<br />

Zus<strong>am</strong>mensetzung uud udd<br />

Tab.1.4.2 Zus<strong>am</strong>mengesetzte Teilchen<br />

die beiden Teilchen in Photonen (Zerstrahlung). Für das Verständnis der Elektrizitätslehre und


frag replacements<br />

KAPITEL 1. GRUNDLAGEN 6<br />

der Chemie genügt die Kenntnis der in Tab.1.4.1 und Tab.1.4.2 aufgeführten Teilchen.<br />

Aufbau der Nukleonen<br />

(Kernbausteine) aus Quarks<br />

u u d d<br />

d<br />

Proton Neutron<br />

Abb.1.4.1 Aufbau der Materie<br />

u<br />

Aufbau der Kerne aus Nukleonen<br />

n<br />

p<br />

p<br />

n<br />

p<br />

n<br />

p<br />

n<br />

n<br />

p<br />

n<br />

p<br />

n<br />

Sauerstoffkern<br />

n<br />

p<br />

p<br />

Aufbau der Atome aus Kern<br />

und Elektronenhülle<br />

-<br />

- +<br />

-<br />

-<br />

-<br />

- -<br />

--<br />

Aufbau eines Moleküls<br />

aus Atomen<br />

Atome enthalten im Normalzustand (neutrale Atome) genausoviele Elektronen wie Protonen,<br />

d.h. die Ges<strong>am</strong>tladung eines neutralen Atoms ist Null.<br />

Die Radien der Atome liegen im Bereich von ungefähr 10 −10 m bis 10 −9 m, die der Kerne von<br />

10 −15 m bis 10 −14 m.<br />

Die Massen der wichtigsten Teilchen<br />

Teilchen p + n e −<br />

H<br />

O<br />

H2O<br />

Masse 1,67265 · 10 −27 kg 1,67495 · 10 −27 kg 9,1095 · 10 −31 kg<br />

Tab.1.4.3 Massen der Elementarteilchen<br />

Der Aufbau einiger Atome<br />

N<strong>am</strong>e Wasserstoff Sauerstoff Eisen Uran<br />

Symbol H O Fe U<br />

Zahl der Protonen 1 8 26 92<br />

Zahl der Neutronen 0 8 30 146<br />

Tab.1.4.4 Aufbau einiger Atome<br />

H


KAPITEL 1. GRUNDLAGEN 7<br />

1.4.2 Ladung und Strom<br />

Als sinnvollste Definition der Ladungseinheit drängt sich zunächst die Elementarladung e auf.<br />

Um sich aber in das System der schon bestehenden Grundgrößen mit den Einheiten s, m und kg<br />

logisch einzufügen, ist folgende Definition der Ladungseinheit sinnvoll, deren Zustandekommen<br />

wir aber an dieser Stelle noch nicht verstehen:<br />

D<strong>am</strong>it hat die Elementarladung den Wert<br />

e =<br />

1 C = 1 Coulomb = 6,24150636 · 10 18 e (1.4.2)<br />

1 C<br />

6,24150636 · 10 18 = 1,60217733 · 10−19 C (1.4.3)<br />

Ist ∆Q die Ladung, die in der Zeit ∆t durch die Querschnittsfläche eines Leiters fließt, dann<br />

nennt man<br />

die Stromstärke im Leiter. Die Einheit der Stromstärke ist<br />

Aus (1.4.4) folgt<br />

∆Q dQ<br />

I = lim =<br />

∆t→0 ∆t dt = ˙ Q (1.4.4)<br />

1 A = 1 Ampère = 1 C<br />

s<br />

∆Q =<br />

t2<br />

t1<br />

=⇒ 1 C = 1 As (1.4.5)<br />

I(t) dt (1.4.6)<br />

Zur Veranschaulichung der Stromstärke die Definition des ” Verkehrsstroms“: Ein Beobachter auf<br />

einer Brücke über eine Autobahn zählt in der Zeit ∆t die Zahl ∆N von unter ihm durchfahrenden<br />

Autos:<br />

Verkehrsstrom = ∆N<br />

∆t<br />

(1.4.7)<br />

Wir betrachten eine Kreuzung mehrerer Straßen. Wenn sich auf der Kreuzung weder ein Auto-<br />

friedhof noch eine Autofabrik befinden, dann muss die Zahl der pro Zeiteinheit in die Kreuzung<br />

hineinfahrenden Autos gleich der Zahl der pro Zeiteinheit aus der Kreuzung herausfahrenden<br />

Autos sein. Da sich der Kreuzungspunkt mehrerer Leiter (Knoten) in einer elektrischen Schal-<br />

tung erfahrungsgemäß nicht auflädt (Abstoßung gleichn<strong>am</strong>iger Ladungen!), gilt das Gleiche für<br />

den elektrischen Strom (siehe Aufgaben):<br />

Die Summe der in einen Knoten P hineinfließenden Ströme<br />

ist gleich der Summe der von P abfließenden Ströme!<br />

(1. Kirchhoff’sche Regel)<br />

PSfrag replacements<br />

Ein Strommessgerät (Drehspulmessgerät, basierend auf der<br />

magnetischen Wirkung des Stromes) muss vom gleichen<br />

Strom durchflossen werden wie der Verbraucher, dessen<br />

Stromstärke man messen will:<br />

Strommessgerät und Verbraucher liegen hinter-<br />

einander (in Reihe) im Stromkreis!!<br />

Verbraucher<br />

I<br />

+<br />

−<br />

A<br />

I<br />

(1.4.8)<br />

Abb.1.4.2 Strommessung


KAPITEL 1. GRUNDLAGEN 8<br />

1.4.3 Die Spannung<br />

Durch ein Leiterstück der Länge s fließt der<br />

Strom I. Die Elektronen stoßen auf die Leiter-<br />

atome und übertragen dabei Energie (Wärme)<br />

auf den Leiter. Diese Energie erhalten die Elek-<br />

tronen von der Stromquelle. v ist die Driftge-<br />

schwindigkeit der Elektronen und t = s<br />

v die Zeit,<br />

in der die ges<strong>am</strong>te frei bewegliche Ladung Q des<br />

Leiterstücks durch die Querschnittsfläche F tritt<br />

d.h. die Strecke s zurücklegt.<br />

W = Energie, um Q um die Strecke s zu bewegen<br />

.<br />

. . .<br />

.<br />

.<br />

I<br />

e<br />

v<br />

−<br />

.<br />

− . . . . . A .<br />

.. B<br />

F<br />

+ <br />

. . ..............<br />

Abb.1.4.3 Leiterstück<br />

= von der Stromquelle in der Zeit t gelieferte Energie<br />

Die Leistung der Stromquelle ist<br />

Die Größe<br />

P = W<br />

t<br />

= Q<br />

t<br />

· W<br />

Q<br />

U = W<br />

Q<br />

= I · W<br />

Q<br />

heißt Spannung zwischen A und B bzw. Spannung der Stromquelle.<br />

Aus (1.4.9) und (1.4.10) folgt<br />

P = U · I bzw. U = P<br />

I<br />

Für die Einheit der Spannung folgt aus (1.4.10)<br />

und d<strong>am</strong>it<br />

Gleichung (1.4.10) besagt in Worten:<br />

1 V = 1 Volt = 1 J<br />

C<br />

s<br />

.<br />

.<br />

. ............. ...... .<br />

(1.4.9)<br />

(1.4.10)<br />

(1.4.11)<br />

(1.4.<strong>12</strong>)<br />

1 VA = 1 V · 1 A = 1 J JA J<br />

· 1 A = 1 = 1 = 1 W<br />

C As s<br />

(1.4.13)<br />

1 VA = 1 W = 1 Watt (1.4.14)<br />

Bewegt sich eine Ladung Q vom Punkt A zum Punkt B und<br />

herrscht zwischen A und B die Spannung U, dann wird an Q<br />

die Arbeit W = Q · U verrichtet.<br />

Die Interpretation von Gleichung (1.4.11) lautet:<br />

Liegt an einem Leiter die Spannung U und fließt durch den Leiter<br />

der Strom I, dann wird im Leiter die Leistung P = U ·I umgesetzt.<br />

(1.4.15)<br />

(1.4.16)<br />

Der Verbrauch von elektrischer Energie im Haushalt wird in der Einheit kWh (Kilowattstunde)<br />

gemessen. 1 kWh ist die Energie, die bei der Leistung 1 kW in einer Stunde geliefert wird:<br />

1 kWh = 1 kW · 1 h = 1000 J<br />

s · 3600 s = 3,6 · 106 J = 3,6 MJ (1.4.17)


KAPITEL 1. GRUNDLAGEN 9<br />

1.4.4 Das Ohm’sche Gesetz<br />

Bisher haben wir folgendes einfache Modell eines stromdurchflossenen Leiters betrachtet:<br />

Die Elektronen bewegen sich alle mit der gleichen Driftge-<br />

schwindigkeit v parallel zur Stromrichtung.<br />

Die Wirklichkeit ist etwas komplizierter:<br />

Die Elektronen bewegen sich im Leiter wie ein Gas in alle Richtungen<br />

und mit den unterschiedlichsten Geschwindigkeiten. Das ganze Elektro-<br />

nengas bewegt sich mit der Driftgeschwindigkeit v parallel zur Strom-<br />

richtung durch das Gitter der Leiteratome.<br />

(1.4.18)<br />

(1.4.19)<br />

Vergleicht man das Elektronengas mit einem uns sehr vertrauten Gas, nämlich mit Luft, und die<br />

Leiteratome mit den Bäumen eines Waldes, dann entspricht der Driftgeschwindigkeit der Elek-<br />

tronen die Geschwindigkeit, mit der die Luft durch die Bäume pfeift, und das ist nichts anderes<br />

als die Windgeschwindigkeit. Für kleine Windgeschwindigkeiten erfährt die Luft an den Bäumen<br />

eine Reibungskraft, die proportional zur Windgeschwindigkeit ist. Da die Driftgeschwindigkeit<br />

der Elektronen auch sehr klein ist (siehe Aufgaben), gilt für die Reibungskraft F , die auf ein<br />

Elektron wirkt:<br />

A = Querschnittsfläche des Leiters<br />

M = Masse eines Leiteratoms<br />

ϱ = Dichte des Leitermaterials<br />

n = Zahl der freien Elektr. pro Leiteratom<br />

N = Zahl der freien Elektr. pro Länge s<br />

Q = N · e = bewegliche Ladung pro Länge s<br />

t = Zeit, in der Q durch A tritt<br />

Die Masse des Leiterstücks der Länge s ist<br />

Die Zahl der Leiteratome in dem Stück der Länge s ist dann<br />

F = µ · v (1.4.20)<br />

.<br />

. . .<br />

.<br />

.<br />

I<br />

e −<br />

<br />

<br />

. <br />

<br />

.<br />

. <br />

..<br />

. <br />

.. . . <br />

. ...<br />

B C<br />

− . . . . .<br />

. +<br />

.<br />

A<br />

. . ..............<br />

Abb.1.4.4 Leiterstück<br />

m = ϱ · V = ϱ · A · s (1.4.21)<br />

NAtom = m<br />

M<br />

= ϱ · A · s<br />

M<br />

Daraus folgt für die Zahl der freien Elektronen in unserem Leiterstück<br />

Für die Stromstärke erhält man<br />

oder<br />

I = Q<br />

t<br />

N = n · NAtom =<br />

= N e<br />

t<br />

= n ϱ A e<br />

M<br />

n ϱ A s<br />

M<br />

· s<br />

t<br />

= n ϱ A e<br />

M<br />

s<br />

.<br />

.<br />

. ............. ...... .<br />

(1.4.22)<br />

(1.4.23)<br />

· v (1.4.24)<br />

v = M<br />

· I (1.4.25)<br />

n ϱ A e


KAPITEL 1. GRUNDLAGEN 10<br />

In der Zeit t verrichten alle Elektronen zus<strong>am</strong>men die Reibungsarbeit<br />

und somit gilt für die Stromleistung<br />

W = N · F · s = N · µ · v · s (1.4.26)<br />

P = W<br />

t<br />

= N µ v s<br />

t<br />

Einsetzen von (1.4.23) und (1.4.25) in (1.4.27) ergibt<br />

Die Größe<br />

P =<br />

n ϱ A s<br />

M<br />

· µ ·<br />

= N µ v2<br />

2 M<br />

· I =<br />

n ϱ A e µ M<br />

R =<br />

µ M s<br />

·<br />

ϱ n e2 A<br />

s<br />

· · I2<br />

ϱ n e2 A<br />

(1.4.27)<br />

(1.4.28)<br />

(1.4.29)<br />

heißt Widerstand des Leiterstücks. Der Widerstand setzt sich aus einem materialabhängigen<br />

Faktor<br />

σ =<br />

und dem Geometriefaktor s<br />

A zus<strong>am</strong>men:<br />

Aus (1.4.28) und (1.4.29) folgt<br />

µ M<br />

ϱ n e 2 (spezifischer Widerstand) (1.4.30)<br />

R = σ · s<br />

A<br />

P = R · I 2<br />

Mit der Spannung U zwischen den Enden B und C des Leiters gilt<br />

und nach Kürzen durch I<br />

Die Einheit des Widerstandes ist nach (1.4.34)<br />

P = U · I = R · I 2<br />

U = R · I bzw. R = U<br />

I<br />

1 Ohm = 1 Ω = 1 V<br />

A<br />

(1.4.31)<br />

(1.4.32)<br />

(1.4.33)<br />

(1.4.34)<br />

(1.4.35)<br />

In der Definitionsgleichung (1.4.29) des Widerstandes R sind die Größen M, ϱ, e, s und A,<br />

bis auf kleine Schwankungen wegen der Wärmeausdehnung, konstant. Die Reibungszahl µ für<br />

die Bewegung des Elektronengases durch den Leiter und die Zahl n der freien Elektronen pro<br />

Leiteratom sind dagegen empfindlich von der Temperatur T des Leiters abhängig, d.h. sie sind<br />

Funktionen von T : µ = µ(T ) und n = n(T ).<br />

Mit steigender Temperatur schwingen die Leiteratome stärker hin und her und bilden daher für<br />

die Elektronen eine größere Angriffsfläche: die Reibungszahl µ wird größer!<br />

Andererseits können bei einer größeren Temperatur die noch an Atome gebundenen Elektronen


KAPITEL 1. GRUNDLAGEN 11<br />

leichter ihren angest<strong>am</strong>mten Platz verlassen und zu freien Elektronen werden: n wird größer.<br />

In normalen metallischen Leitern (z.B. Eisen, Kupfer, Aluminium, Gold, Silber) ist n(T ) nahezu<br />

konstant, µ(T ) aber monoton steigend. D<strong>am</strong>it ist R(T ) eine monoton steigende Funktion, d.h.<br />

der Widerstand eines metallischen Leiters wird mit wachsender Temperatur größer!<br />

Bei den sogenannten Halbleitern (z.B. Silizium, Germanium), den Grundstoffen der modernen<br />

Elektronik, steigt n(T ) viel stärker an als µ(T ); da n(T ) im Nenner und µ(T ) im Zähler von R<br />

vorkommt, ist R(T ) eine fallende Funktion, d.h. bei den Halbleitern sinkt der Widerstand mit<br />

wachsender Temperatur.<br />

Bei bestimmten Legierungen (Mischungen verschiedener Metalle), wie z.B. Konstantan, halten<br />

sich die temperaturabhängigen Veränderungen von µ und n so die Waage, dass R(T ) in einem<br />

gewissen Temperaturintervall konstant bleibt. Für alle Materialien gilt:<br />

oder<br />

Bei konstanter Temperatur ist der Widerstand eines Leiters konstant. (1.4.36)<br />

R = U<br />

I<br />

= konst. für T = konst. (1.4.37)<br />

(Ohm’sches Gesetz)<br />

Spannungen misst man mit einem Strommessgerät<br />

PSfrag replacements<br />

und einem<br />

vorgeschalteten Präzisionswiderstand R0. Nach dem<br />

Ohm’schen Gesetz berechnet sich dann die Spannung zwi-<br />

schen den Messpunkten A und B aus U = R0 · I. In der<br />

Praxis sind die Skalen der Spannungsmesser natürlich in V<br />

geeicht.<br />

Abb.1.4.6 zeigt die Schaltung zur Messung der SpannungPSfrag an einem replacements<br />

Widerstand und des Stromes durch den Widerstand. Das Schalt-<br />

symbol des Spannungsmessers (erkenntlich an dem Buchstaben<br />

V) beinhaltet den für die Spannungsmessung notwendigen Wider-<br />

stand R0.<br />

R0<br />

A B<br />

Abb.1.4.5 Spannungsmesser<br />

I<br />

R A<br />

V<br />

Abb.1.4.6


KAPITEL 1. GRUNDLAGEN <strong>12</strong><br />

Die folgenden Abbildungen zeigen die Funktionen R(T ) und U(I) (U-I-Kennlinie) für verschie-<br />

dene Leiter:<br />

Konstantan:<br />

R = konst. =⇒<br />

Der Graf von U(I) = R · I ist eine<br />

Gerade durch den Ursprung. Dieser<br />

lineare Zus<strong>am</strong>menhang zwischen U<br />

und I gilt immer dann, wenn das<br />

Ohm’sche Gesetz erfüllt ist, insbe-<br />

sondere für alle Leiter bei konstan-<br />

ter Temperatur.<br />

Metallischer Leiter:<br />

Wenn I größer wird, dann wird der<br />

Leiter wärmer und somit auch R<br />

größer!<br />

Halbleiter:<br />

Wenn I größer wird, dann wird der<br />

Leiter wärmer und somit R kleiner!<br />

R<br />

O<br />

.<br />

T<br />

Abb.1.4.7 Konstantan<br />

R<br />

O<br />

Abb.1.4.9 Metall<br />

R<br />

O<br />

Abb.1.4.11 Halbleiter<br />

.<br />

.<br />

T<br />

T<br />

U<br />

O<br />

Abb.1.4.8 Konstantan<br />

U<br />

O<br />

Abb.1.4.10 Metall<br />

U<br />

O<br />

.... .. .<br />

Abb.1.4.<strong>12</strong> Halbleiter<br />

.<br />

.<br />

I<br />

I<br />

I


Kapitel 2<br />

Elektrostatik<br />

2.1 Das elektrische Feld<br />

Experimente zeigen, dass die Kräfte zwischen<br />

zwei Ladungen zur Verbindungsgerade der<br />

beiden Ladungen parallel sind. Weiter zeigen<br />

Versuche, dass sich Kräfte zwischen Ladungen<br />

vektoriell addieren.<br />

PSfrag replacements<br />

1. experimentelles Fund<strong>am</strong>entalgesetz:<br />

Die Ladung Qν <strong>am</strong> Ort rν bewirkt auf q <strong>am</strong><br />

Ort r die Kraft<br />

Fν = ±| Fν| ·<br />

r − rν<br />

|r − rν|<br />

, (2.1.1)<br />

wenn außer Qν keine andere Ladung vorhanden<br />

ist. Befinden sich alle Ladungen Qν mit ν ∈<br />

{1, ... , n} gleichzeitig an den Orten rν, dann<br />

ist die Ges<strong>am</strong>tkraft auf q gegeben durch<br />

F =<br />

n<br />

Fν<br />

ν=1<br />

(Superpositionsprinzip)<br />

(2.1.2)<br />

Q<br />

Q1 > 0<br />

Q2 < 0<br />

rν<br />

F2<br />

r − rν<br />

O<br />

q > 0<br />

Abb.2.1.1 Superposition<br />

F<br />

r<br />

q<br />

F1<br />

Fνr − rν<br />

Sind die Abmessungen von zwei Ladungsverteilungen Q1 und Q2 sehr klein zu ihrem gegenseiti-<br />

gen Abstand, dann dürfen Q1 und Q2 als ” Punktladungen“ angesehen werden. Q1 bestehe aus<br />

n Elektronen und Q2 aus m Protonen. Die Kräfte eines Elektrons aus Q1 auf ein Proton aus Q2<br />

sind dann praktisch alle parallel und gleich groß.<br />

13<br />


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 14<br />

Kraft von einem e − aus Q1 auf ein p + aus Q2 : F0<br />

Kraft von allen e − aus Q1 auf ein p + aus Q2 : n · F0<br />

Kraft von allen e − aus Q1 auf alle p + aus Q2 : n · m · F0<br />

|Q1| = n · e und |Q2| = m · e =⇒ n · m = |Q1||Q2|<br />

e 2<br />

D<strong>am</strong>it gilt für den Betrag der Ges<strong>am</strong>tkraft zwischen den beiden Ladungen Q1 und Q2<br />

(2.1.3)<br />

F = n · m · F0 = F0<br />

e 2 · |Q1| · |Q2| = C · |Q1| · |Q2| (2.1.4)<br />

mit einer nur von der Lage der beiden Ladungen abhängigen Größe C. Aus (2.1.1) und (2.1.4)<br />

folgt dann für die Kraft einer Punktladung Qν auf eine andere Punktladung q in vektorieller<br />

Schreibweise<br />

Fν = Cν · Qν · q ·<br />

r − rν<br />

|r − rν|<br />

, (2.1.5)<br />

wobei jedes Cν eine Funktion der Entfernung dν = |r − rν| ist. Weise durch Ausprobieren aller<br />

vier Möglichkeiten für die Ladungsvorzeichen nach, dass die Cν positiv sind! Mit<br />

Cν = Cν(dν) ·<br />

r − rν<br />

|r − rν|<br />

(2.1.6)<br />

folgt aus (2.1.2) für die Ges<strong>am</strong>tkraft F der Ladungen Q1, ... , Qn auf unsere Testladung q<br />

n<br />

<br />

n<br />

<br />

F = Cν · Qν · q = Cν · Qν · q (2.1.7)<br />

ν=1<br />

F ist also proportional zu q. Die Größe<br />

E = E(r) :=<br />

n<br />

Cν · Qν =<br />

ν=1<br />

ν=1<br />

ν=1<br />

n r − rν<br />

Cν(dν) · · Qν<br />

(2.1.8)<br />

|r − rν|<br />

nennt man elektrische Feldstärke <strong>am</strong> Ort r der Probeladung q.<br />

E ist durch die Ladungsverteilung (Qν <strong>am</strong> Ort rν) eindeutig bestimmt, sofern man die Entfer-<br />

nungsabhängigkeit C(d) der Kraft zwischen Punktladungen kennt. Die Funktion C(d) werden<br />

wir im nächsten Kapitel bestimmen. Wegen (2.1.7) gilt<br />

oder<br />

F = q · E (2.1.9)<br />

E = F<br />

q<br />

Die von den Ladungen Qν erzeugte elektrische Feldstärke E <strong>am</strong> Ort r<br />

ist gleich der Kraft F auf eine Probeladung q <strong>am</strong> Ort r geteilt durch q.<br />

E(r) hängt nur von den Qν und rν, nicht aber von q ab! E ist als Funktion des Ortes<br />

r =<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

x<br />

y<br />

z<br />

⎞<br />

(2.1.10)<br />

(2.1.11)<br />

⎟<br />

⎠ (2.1.<strong>12</strong>)


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 15<br />

eine Eigenschaft des die Ladungen Qν umgebenden Raumes.<br />

Die Einheit der elektrischen Feldstärke ist<br />

[E] = 1 N N N m W V<br />

= 1 = 1 = 1 = 1<br />

C A s A s m A m m<br />

Anschauliche Deutung des Feldstärkevektors E(r):<br />

Die Richtung der Kraft F auf eine positive (negative) Probeladung q<br />

<strong>am</strong> Ort r ist gleich der (entgegengesetzt zur) Richtung von E(r).<br />

Der Betrag von F ist F = | F | = |q| · | E| = |q| · E.<br />

Abb.2.1.2 Vektorfeld<br />

Abb.2.1.3 Feldlinien<br />

E<br />

(2.1.13)<br />

(2.1.14)<br />

Abbildung 2.1.2 zeigt das Vektorfeld der elektrischen Feldstärke zweier Punktladungen (links<br />

positiv, rechts negativ). Elektrische Feldlinien sind Kurven, deren Tangente an einem beliebigen<br />

Ort r parallel zu E(r) ist (siehe Abb. 2.1.3).<br />

Elektrische Feldlinien zeigen von Plus nach Minus! (2.1.15)<br />

PSfrag replacements<br />

Stehen Feldlinien nicht senkrecht auf Leiteroberflächen,<br />

dann wirkt auf die Leitungselektronen an der Oberfläche ei-<br />

ne Kraftkomponente parallel zur Oberfläche und es fließt ein<br />

Strom. Genauso erzeugen Felder im Leiter einen Stromfluss.<br />

Dieser Strom bricht aber nach kurzer Zeit zus<strong>am</strong>men und es<br />

stellt sich ein Ladungsgleichgewicht ein; in diesem Gleichge-<br />

wichtszustand, der in der Elektrostatik untersucht wird,<br />

stehen die Feldlinien senkrecht auf den Leiteroberflächen,<br />

die Ladungen sind in Ruhe und die Feldstärke im Leiter ist<br />

Elektron<br />

Null.<br />

Wenn sich zwei Feldlinien schneiden würden, dann gäbe es im Schnittpunkt zwei unterschiedliche<br />

F<br />

F <br />

Leiter<br />

Feldlinie<br />

Abb.2.1.4 e − an der Leiteroberfläche<br />

Kraftrichtungen auf eine Probeladung. Da die Kraft auf die Ladung aber eindeutig ist (die<br />

Ladung kann sich nicht in zwei verschiedene Richtungen gleichzeitig bewegen), kann es keine


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 16<br />

Schnittpunkte von Feldlinien geben.<br />

Zus<strong>am</strong>menfassung:<br />

1. Feldlinien geben in jedem Raumpunkt die Richtung<br />

des Feldes an.<br />

2. Feldlinien beginnen bei positiven und enden bei nega-<br />

tiven Ladungen.<br />

3. Feldlinien schneiden sich nicht.<br />

PSfrag replacements<br />

4. Feldlinien beginnen oder enden senkrecht auf Leitero-<br />

berflächen.<br />

5. Im Inneren von Leitern gilt E = 0 und j = 0.<br />

Gilt E(r) = konst. in einem Raumgebiet V , dann heißt E in<br />

V homogen. Ein in V homogenes Feld hat in jedem Punkt<br />

von V die gleiche Richtung und den gleichen Betrag.<br />

Das Feld im Innenraum eines Plattenkondensators ist<br />

annähernd homogen.<br />

2.2 Das Coulombsche Gesetz<br />

Zwei leitend verbundene Alukugeln, deren eine direkt auf<br />

einem Elektroskop sitzt, dienen als Nachweisgerät für elek-<br />

trische Felder (siehe Abb.2.2.1). Mit diesem Gerät weisen<br />

wir das elektrische Feld in der Umgebung einer geladenen<br />

Metallkugel nach. Wird das Gerät von einem Drahtkäfig<br />

PSfrag replacements<br />

umgeben (Faraday-Käfig), dann kann trotz der geladenen<br />

Metallkugel kein Feld mehr nachgewiesen werden. Exaktere<br />

Versuche (z.B. von Willi<strong>am</strong>s, Faller und Hill, 1971) ergeben:<br />

2. experimentelles Fund<strong>am</strong>entalgesetz:<br />

-<br />

+ + + + + +<br />

E = 0 im Leiter<br />

-<br />

-<br />

- -<br />

Abb.2.1.5 Leiter im Feld<br />

+<br />

Abb.2.1.6 Plattenkondensator<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

Enthält ein Raumgebiet, das von einer geschlossenen Leiterfläche be-<br />

grenzt wird, keine Ladungen, dann ist in diesem Raumgebiet E = 0.<br />

-<br />

-<br />

+<br />

+<br />

- +<br />

E<br />

Elektroskop<br />

Abb.2.2.1 Feldnachweisgerät<br />

(2.2.1)


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 17<br />

Die Erklärung für das Verschwinden von<br />

E liegt in der Ausbildung von Influenz-<br />

ladungen auf der Leiteroberfläche. Diese<br />

Influenzladungen verteilen sich genau so,<br />

dass sich im ladungsfreien Raumgebiet das<br />

ursprüngliche Feld Eu und das Feld Ei<br />

PSfrag replacements<br />

der Influenzladungen kompensieren (siehe<br />

Abb.2.2.2):<br />

E = Eu + Ei = 0 (2.2.2)<br />

+<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

Leiter<br />

E = 0<br />

+ + +<br />

+<br />

Abb.2.2.2 Abschirmung durch geschlossene Leiterflächen<br />

Für den Betrag der Kraft zwischen zwei Ladungen Q1 und Q2 an den Orten r1 und r2 haben<br />

wir die Beziehung (siehe (2.1.4))<br />

mit einer nur von der Entfernung<br />

F = C · |Q1| · |Q2| = f(r) · |Q1| · |Q2| (2.2.3)<br />

r = |r1 − r2| (2.2.4)<br />

abhängigen Größe C = f(r) gefunden. C hängt z.B. nicht von der Zeit, der Temperatur, der<br />

Masse oder der Richtung von r1 −r2 ab. Genauso hat C an jedem beliebigen Ort des Universums<br />

denselben Wert.<br />

Die Ortsfunktion f(r) der elektrostatischen Kraft kann im Prinzip durch Messung von F , Q1,<br />

Q2 und r ermittelt werden. Da F und auch die Ladungen sehr klein sind, steht die Genauigkeit<br />

dieses Verfahrens in einem schlechten Verhältnis zum experimentellen Aufwand.<br />

Man kann aber f(r) aus der experimentell sehr genau abgesicherten Aus-<br />

sage (2.2.1) theoretisch herleiten!<br />

Dazu betrachten wir eine geladene Leiterkugel mit Ra-<br />

dius R, die sehr weit von anderen Leitern und Ladun-<br />

gen entfernt ist, d<strong>am</strong>it keine Influenzladungen auftre-<br />

ten. Aus der Symmetrie der Kugel folgt, PSfrag dass replacements<br />

sich die<br />

Ladung Q der Kugel gleichmäßig über die ganze Ober-<br />

fläche A verteilt, d.h. für die Flächenladungsdichte σ<br />

gilt<br />

σ = dQ Q Q<br />

= = = konst. (2.2.5)<br />

dA A 4 π R2 Wir betrachten eine kleine Probeladung q an einem<br />

beliebigen Punkt P im Inneren der Kugel.<br />

dA1<br />

r1<br />

+<br />

+<br />

P<br />

q<br />

r2<br />

-<br />

dA2<br />

Abb.2.2.3 Herleitung des Coulombschen<br />

Gesetzes


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 18<br />

Wir denken und einen sehr schmalen Doppelkegel mit der Spitze in P. Dieser Doppelkegel schnei-<br />

det aus der Kugeloberfläche die Flächen dA1 und dA2 aus. Die Ladungen auf diesen Flächen<br />

sind<br />

dQ1 = σ · dA1 und dQ2 = σ · dA2<br />

Diese beiden Ladungen üben auf q Kräfte mit den Beträgen dF1 und dF2 aus.<br />

Annahme: Die beiden Kräfte dF1 und dF2 heben sich für<br />

alle möglichen Doppelkegel gegenseitig auf.<br />

(2.2.6)<br />

(2.2.7)<br />

Aus der Annahme (2.2.7) folgt, dass die Ges<strong>am</strong>tkraft aller Ladungen der Kugeloberfläche auf q<br />

gleich Null ist, d.h. (2.2.1) ist erfüllt. Da sich die Flächen dA1 und dA2 wie die Quadrate der<br />

Entfernungen r1 und r2 verhalten, folgt für die Abstandsfunktion f(r) aus (2.2.3) und (2.2.6):<br />

(2.2.10) besagt<br />

oder<br />

dF1 = f(r1) · dQ1 · q = f(r2) · dQ2 · q = dF2<br />

f(r1) · σ · dA1 = f(r2) · σ · dA2<br />

f(r1) · r 2 1 = f(r2) · r 2 2<br />

(2.2.8)<br />

(2.2.9)<br />

(2.2.10)<br />

f(r) · r 2 = k = konst. (2.2.11)<br />

f(r) = k<br />

r2 mit k = konst. (2.2.<strong>12</strong>)<br />

(2.2.<strong>12</strong>) ist mit erheblich mehr mathematischem Aufwand auch ohne die Annahme (2.2.7) be-<br />

weisbar. Aus (2.2.3) folgt für den Betrag der Kraft zwischen zwei Punktladungen Q1 und Q2 in<br />

der gegenseitigen Entfernung r das Coulomb’sche Gesetz<br />

F = k · |Q1| · |Q2|<br />

r 2<br />

Die Konstante k schreibt man aus erst später ersichtlichen Gründen in der Form<br />

k = 1<br />

4 π ε0<br />

(2.2.13)<br />

(2.2.14)<br />

ε0 heißt elektrische Feldkonstante oder absolute Dielektrizitätskonstante. Im Kapitel<br />

über die elektromagnetischen Schwingungen lernen wir folgenden Zus<strong>am</strong>menhang zwischen ε0,<br />

der magnetischen Feldkonstanten<br />

und der Lichtgeschwindigkeit c kennen:<br />

−7 V s<br />

µ0 = 4 π · 10<br />

A m<br />

c =<br />

1<br />

√ ε0 µ0<br />

Da µ0 und c exakt bekannt sind, ist auch ε0 exakt:<br />

ε0 = 1<br />

=<br />

µ0 c2 1<br />

4 π · 10 −7 V s<br />

A m · 2997924582 m 2<br />

s 2<br />

−<strong>12</strong> A s<br />

= 8,85418781762.... · 10<br />

V m<br />

(2.2.15)<br />

(2.2.16)<br />

(2.2.17)


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 19<br />

Somit lautet das Coulombsche Gesetz in endgültiger Form<br />

oder<br />

mit<br />

F = 1<br />

·<br />

4 π ε0<br />

|Q1| · |Q2|<br />

r2 −<strong>12</strong> A s<br />

mit ε0 ≈ 8,854189 · 10<br />

V m<br />

k = 1<br />

4 π ε0<br />

F = k · |Q1| · |Q2|<br />

r 2<br />

9 V m<br />

≈ 8,98755 · 10<br />

A s<br />

≈ 9,0 · 109 V m<br />

A s<br />

Bezeichnet F<strong>12</strong> die Kraft, die von Q1 auf Q2 ausgeübt wird und ist<br />

r<strong>12</strong> = r2 − r1<br />

(2.2.18)<br />

(2.2.19)<br />

(2.2.20)<br />

(2.2.21)<br />

der Vektor, der von Q1 nach Q2 zeigt, dann lautet das Coulombsche Gesetz in vektorieller Form<br />

F<strong>12</strong> = F · r<strong>12</strong><br />

|r<strong>12</strong>| = k · Q1 · Q2<br />

|r<strong>12</strong>| 3 · r<strong>12</strong> (2.2.22)<br />

Das 3. experimentelle Fund<strong>am</strong>entalgesetz ist so genau nachgewiesen, dass die Abweichung vom<br />

Exponenten 2 kleiner als 3 · 10 −16 ist, d.h.<br />

f(r) = k<br />

mit |ε| < 3 · 10−16<br />

r2+ε 2.3 Das Feld von Punktladungen<br />

(2.2.23)<br />

Die Kraft F , die von einer Ladung Qν <strong>am</strong> Ort rν auf eine Probeladung q <strong>am</strong> Ort r ausgeübt<br />

wird, ist nach Coulomb<br />

Die Ladung Qν erzeugt also <strong>am</strong> Ort r die elektrische Feldstärke<br />

mit dem Betrag<br />

F = k · Qν q<br />

|r − rν| 3 · (r − rν) (2.3.1)<br />

E = F<br />

q<br />

= k ·<br />

Qν<br />

E = | E| = k ·<br />

Mit dem Superpositionsprinzip folgt aus (2.3.2):<br />

|r − rν| 3 · (r − rν) (2.3.2)<br />

Qν<br />

|r − rν| 2<br />

Die Punktladungen Q1, ... , Qn an den Orten r1, ... , rn erzeugen<br />

<strong>am</strong> Ort r das Feld<br />

mit<br />

E = E(r) =<br />

n<br />

ν=1<br />

k Qν<br />

· (r − rν)<br />

|r − rν| 3<br />

k = 1<br />

4 πε0<br />

(2.3.3)<br />

(2.3.4)<br />

(2.3.4) ist die Zus<strong>am</strong>menfassung von Coulombschem Gesetz, Superpositionsprinzip und Feldde-<br />

finition.


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 20<br />

In (2.3.4) und der Felddefinition F = q E steckt die ges<strong>am</strong>te Elektrostatik, da jede Ladungs-<br />

verteilung aus Punktladungen (Elektronen, Protonen usw.) besteht!<br />

Die Grundaufgaben der Elektrostatik sind:<br />

1. Berechnung von E bei gegebener Ladungsverteilung (mit (2.3.4) oder für große Ladungen<br />

mit einer etwas abgewandelten Methode; siehe weiter unten!)<br />

2. Berechnung der Ladungsverteilung bei gegebenen Leiteranordnungen; hier kommen für<br />

uns nur einfachste Fälle in Betracht, da die Lösung dieser Aufgabe mathematisch sehr<br />

anspruchsvoll ist.<br />

3. Untersuchung der Bewegung von Ladungen in vorgegebenen elektrischen Feldern.<br />

Ist n in (2.3.4) sehr groß, dann ist die Feldberechnung mit (2.3.4) praktisch nicht mehr durchführ-<br />

bar. So besteht z.B. die Ladung Q = 1 C aus n = 6,25 · 10 18 Elementarladungen. Ein Computer,<br />

der in einer Sekunde eine Million Terme in (2.3.4) berechnen könnte, würde für die Auswertung<br />

der ganzen Summe immer noch t = 6,25 · 10 <strong>12</strong> s ≈ 2 · 10 5 a brauchen. Für sehr großes n wird<br />

die Ladungsverteilung angenähert durch die Ladungsdichte ρ( ξ) = dQ<br />

dV<br />

dann in ein Integral über:<br />

2.4 Der Gauß’sche Satz<br />

E(r) = 1<br />

4 π ε0<br />

<br />

V<br />

beschrieben. (2.3.4) geht<br />

r − ξ<br />

|r − ξ| 3 · ρ( ξ) dV (2.3.5)<br />

Wir betrachten eine ebene Fläche mit dem Inhalt dA, die so klein ist, dass die elektrische<br />

Feldstärke E auf jedem Punkt der Fläche praktisch den gleichen Wert hat. Der Vektor da, der<br />

senkrecht auf der Fläche steht und dessen Betrag gleich dA ist, heißt Flächenvektor. Die Kom-<br />

ponente von E, die senkrecht auf der Fläche steht und somit parallel zu da ist, nennen wir E⊥:<br />

Die Größe<br />

| E⊥| = | E| · | cos ϕ| PSfrag replacements (2.4.1)<br />

dΦ = | E| · |da| · cos ϕ = | E| · dA · cos ϕ = E da (2.4.2)<br />

heißt Fluss des Feldes durch dA.<br />

|dΦ| = dA · | E| · | cos ϕ| = dA · | E⊥| (2.4.3)<br />

dA<br />

E cos ϕ<br />

da<br />

ϕ<br />

Abb.2.4.1 Flächenvektor<br />

E


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 21<br />

Wir berechnen den Fluss Φ des Feldes einer Punktladung Q<br />

durch eine Kugelfläche mit Radius r um Q; dabei wählen wir<br />

die Orientierung von da so, dass da immer nach außen (vom<br />

Kugelmittelpunkt weg) zeigt. Für jede kleine Teilfläche dA<br />

ist der Winkel ϕ zwischen E und da gleich 0◦ PSfrag replacements<br />

, d.h. der Fluss<br />

durch dA ist<br />

dΦ = E da = | E| · dA · cos 0 ◦ = E dA (2.4.4)<br />

Addiert man alle dΦ’s, dann erhält man wegen E = konst.<br />

<br />

Φ =<br />

Radius r ist für alle Radien gleich!<br />

A<br />

<br />

E da =<br />

A<br />

E dA = E · A = E · 4 π r 2<br />

r<br />

Abb.2.4.2<br />

da<br />

E<br />

da<br />

Q E<br />

(2.4.5)<br />

oder mit<br />

k Q Q<br />

E = =<br />

r2 4 π ε0 r2 (2.4.6)<br />

Q<br />

Φ =<br />

4 π ε0r2 · 4 π r2 = Q<br />

g replacements<br />

ε0<br />

(2.4.7)<br />

Der Fluss des Feldes einer Punktladung durch eine zur Ladung konzentrische Kugelfläche mit<br />

A0<br />

Q<br />

r0<br />

Abb.2.4.3 Q innerhalb von A<br />

r<br />

da<br />

dA0<br />

dA<br />

r<br />

E(r0) <br />

A<br />

Q<br />

E<br />

r0<br />

dA0<br />

ϕ<br />

dA∗ A sei jetzt eine beliebige geschlossene Fläche, die eine Punktladung Q einschließt und A0 eine<br />

zu Q konzentrische Kugelfläche mit Radius r0. Für den Fluss durch eine kleine Teilfläche dA<br />

erhält man (siehe Abb.2.4.3)<br />

dΦ = E · dA · cos ϕ = E · dA ∗ =<br />

k Q<br />

r 2 · dA0 r 2<br />

r 2 0<br />

= k Q<br />

r 2 0<br />

· dA0<br />

dA<br />

E(r)<br />

ϕ<br />

da<br />

(2.4.8)<br />

Der Fluss durch dA ist also genauso groß wie der Fluss durch die Teilfläche dA0 von A0. Daher<br />

muss auch der ges<strong>am</strong>te Fluss ΦA durch A genauso groß sein wie der ges<strong>am</strong>te Fluss ΦA0 durch<br />

A0. Letzterer ist aber nach (2.4.7) gleich Q<br />

. Somit haben wir bewiesen:<br />

ε0<br />

Der Fluss ΦA des elektrischen Feldes einer Punktladung Q durch eine<br />

beliebige geschlossene Fläche A, die Q einschließt, ist<br />

ΦA = Q<br />

ε0<br />

(2.4.9)


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 22<br />

Da sich die Felder von mehreren Punktladungen addieren, addieren sich auch die Flüsse dieser<br />

Felder zu einem Ges<strong>am</strong>tfluss durch eine Fläche. (2.4.9) gilt also nicht nur für eine Punktladung,<br />

sondern für eine beliebige Ladung Q innerhalb der geschlossenen Fläche A.<br />

Wir wollen jetzt den Fluss<br />

des Feldes einer PSfrag Punktladung replacements<br />

Q durch eine geschlossene<br />

Fläche A berechnen, die Q<br />

nicht umschließt. Zu jeder<br />

Teilfläche dA1 gibt es nach<br />

Abb.2.4.4 eine entsprechende<br />

Teilfläche dA2 auf der ” ande-<br />

ren“ Seite von A. A0 sei wie-<br />

der eine zu Q konzentrische<br />

Kugelfläche. Für die Winkel<br />

ϕ1 und ϕ2 zwischen den Flä-<br />

Q<br />

dA0<br />

da2<br />

Abb.2.4.4 Q außerhalb von A<br />

chenvektoren da1 bzw. da2 und den Feldvektoren E1 bzw. E2 gilt<br />

0 ≤ ϕ1 ≤ 90 ◦ bzw. 90 ◦ ≤ ϕ2 ≤ 180 ◦<br />

A<br />

E2<br />

da1<br />

ϕ1<br />

E1<br />

(2.4.10)<br />

Wie wir weiter oben gezeigt haben (Gleichung (2.4.8)), sind die Flüsse dΦ1 und dΦ2 durch dA1<br />

und dA2 betragsmäßig gleich dem Fluss dΦ0 durch dA0. Wegen (2.4.10) und den Eigenschaften<br />

des Kosinus haben dΦ1 und dΦ2 aber verschiedene Vorzeichen, so dass<br />

dΦ1 + dΦ2 = 0 (2.4.11)<br />

gilt. Aufsummieren aller Teilflüsse ergibt, dass der Ges<strong>am</strong>tfluss ΦA gleich Null ist. Wie oben kann<br />

man auch hier von einer Punktladung auf eine beliebige Ladung verallgemeinern und erhält:<br />

Der Fluss einer beliebigen Ladungsverteilung Q durch eine ge-<br />

schlossene Fläche A ist Null, wenn Q außerhalb von A liegt.<br />

Die Zus<strong>am</strong>menfassung der bisherigen Ergebnisse liefert den Gauß’schen Satz:<br />

Der Fluss ΦA durch eine beliebige geschlossene Fläche A ist<br />

ΦA = Q<br />

wobei Q die ges<strong>am</strong>te von A eingeschlossene Ladung ist.<br />

ε0<br />

,<br />

(2.4.<strong>12</strong>)<br />

Für eine radialsymmetrisch verteilte Ladung ist auch das von ihr erzeugte Feld radialsymmetrisch<br />

(Zentralfeld), d.h. E(r) zeigt an jedem Ort r zum Zentrum Z der Ladungsverteilung und der<br />

Betrag E von E ist nur von r = |r|, nicht aber von der Richtung abhängig. Für eine Kugelfläche<br />

mit dem Mittelpunkt Z und dem Radius r haben wir somit die gleichen Verhältnisse wie in<br />

Abb.2.4.2 und genauso wie Gleichung (2.4.5) folgt<br />

ΦA = E(r) · 4 π r 2<br />

(2.4.14)


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 23<br />

Kombiniert mit dem Gauß’schen Satz folgt, wenn Q(r) die ges<strong>am</strong>te Ladung innerhalb der Kugel<br />

vom Radius r bezeichnet<br />

und d<strong>am</strong>it<br />

Aus (2.4.16) folgt:<br />

Q(r)<br />

= E(r) · 4 π r 2<br />

ε0<br />

E(r) =<br />

k Q(r) Q(r)<br />

=<br />

r2 4 π ε0 r2 (Feldstärke im radialsymmetrischen Feld)<br />

Befindet man sich außerhalb einer radialsymmetrischen Ladungsverteilung,<br />

dann herrscht dort das gleiche Feld, das von einer Punktladung gleicher Größe<br />

im Zentrum der Ladungsverteilung erzeugt würde!<br />

(2.4.15)<br />

(2.4.16)<br />

(2.4.17)<br />

Bei einer radialsymmetrischen Ladungsverteilung ist die Ladungsdichte ρ(r) auf einer Kugel-<br />

fläche um das Zentrum Z konstant. D<strong>am</strong>it ist die Ladung, die sich in einer dünnen Kugelschale<br />

mit Radius r und der Dicke dr befindet durch<br />

dQ = ρ(r) · dV = ρ(r) · 4 π r 2 dr (2.4.18)<br />

gegeben. Die Ges<strong>am</strong>tladung Q(r) innerhalb der Kugel mit Radius r ist demnach<br />

Q(r) = 4 π<br />

r<br />

0<br />

ρ(x) · x 2 dx (2.4.19)<br />

Die Integrationsvariable wird hier mit x bezeichnet, da r die obere Grenze des Integrals ist.<br />

Als Beispiel betrachten wir die radialsymmetrische Ladungsverteilung<br />

<br />

α · r<br />

ρ(r) =<br />

2<br />

0<br />

für<br />

für<br />

0 ≤ r ≤ R<br />

r > R<br />

Mit (2.4.19) erhalten wir für die Ladung innerhalb einer Kugel mit Radius r<br />

⎧<br />

⎪⎨<br />

r<br />

4πα · x<br />

Q(r) =<br />

0<br />

4 dx = 4πα<br />

· r5<br />

5<br />

für 0 ≤ r ≤ R<br />

Mit (2.4.16) folgt für den Betrag der Feldstärke<br />

⎪⎩<br />

Q(R) = 4πα<br />

5 · R5 = konst. für r > R<br />

⎧<br />

⎪⎨<br />

α<br />

5 ε0<br />

· r<br />

E(r) =<br />

⎪⎩<br />

3<br />

für 0 ≤ r ≤ R<br />

α<br />

5 ε0<br />

· R5<br />

r2 für r > R<br />

(2.4.20)<br />

(2.4.21)<br />

(2.4.22)


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 24<br />

Zum Zeichnen von E(r) führt man zweckmäßigerweise die neue Variable x mit r = x · R ein.<br />

D<strong>am</strong>it schreibt sich (2.4.22):<br />

E(r) = E ∗ ⎧<br />

⎪⎨<br />

A · x<br />

(x) =<br />

⎪⎩<br />

3<br />

für 0 ≤ x ≤ 1<br />

A<br />

x2 für x > 1<br />

Zeichne jetzt E(r) = E ∗ (x) mit x = 1 = 2 cm und E = A = 4 cm!<br />

Als weitere Anwendung des Gauß’schen Satzes berech-<br />

nen wir das Feld an der Oberfläche eines Leiters. Als<br />

geschlossene Gauß’sche Fläche wählenPSfrag wir einen replacements kleinen,<br />

flachen Quader, dessen Deckfläche parallel zur<br />

Leiteroberfläche liegt. Da E senkrecht auf der Lei-<br />

teroberfläche steht, ist E parallel zu den Seitenflächen<br />

des Quaders; der Fluss durch die Seitenflächen ist also<br />

Null. Da im Leiter E = 0 gilt, ist der Fluss durch die<br />

Bodenfläche des Quaders ebenfalls Null. Der Quader<br />

mit A =<br />

+ + +<br />

Leiter<br />

α R3<br />

5 ε0<br />

da<br />

E<br />

+ + + + +<br />

E = 0<br />

Abb.2.4.5 Feld an Leiteroberfläche<br />

(2.4.23)<br />

wird so klein gewählt, dass E im ganzen Bereich des Quaders praktisch konstant ist, d.h. der<br />

Fluss durch die Deckfläche und d<strong>am</strong>it der ges<strong>am</strong>te Fluss durch die Quaderoberfläche ist<br />

Φ = E · dA (2.4.24)<br />

Die Ladung innerhalb des Quaders ist dQ = σ · dA, wobei σ die Flächenladungsdichte <strong>am</strong> Ort<br />

des Quaders ist. Nach dem Gauß’schen Satz gilt<br />

Φ = E · dA = dQ<br />

= σ dA<br />

ε0<br />

ε0<br />

(2.4.25)<br />

D<strong>am</strong>it haben wir den Zus<strong>am</strong>menhang zwischen dem Betrag der Feldstärke und der Flächenla-<br />

dungsdichte an einer Leiteroberfläche gefunden:<br />

E = σ<br />

2.5 Arbeit im elektrischen Feld<br />

Eine Ladung q wird in einem elektrischen Feld PSfrag E langs<strong>am</strong> replacements<br />

und ohne Beschleunigung ( quasistatisch“) auf der Kurve K<br />

”<br />

von A nach B befördert. Die vom Feld auf q wirkende Kraft<br />

F = q· E muss dabei von einer äußeren Kraft F ∗ = − F kom-<br />

pensiert werden. Von F ∗ wird dabei die Überführungsar-<br />

beit<br />

<br />

WAB =<br />

K<br />

F ∗ <br />

ds = −<br />

K<br />

<br />

F ds = −q ·<br />

K<br />

ε0<br />

E ds (2.5.1)<br />

verrichtet. WAB ist die potentielle Energie von q in B<br />

bezüglich A.<br />

E<br />

F<br />

K<br />

A<br />

q<br />

B<br />

(2.4.26)<br />

F ∗<br />

Abb.2.5.1 Ladungstransport


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 25<br />

Q<br />

Im radialsymmetrischen Feld E(r) = einer Punkt-<br />

4 πε0 r2 ladung Q gilt (siehe Abb.2.5.3) PSfrag replacements<br />

Eds = E dr und d<strong>am</strong>it<br />

r2<br />

r2<br />

q Q dr<br />

WAB = −q · E(r) dr = − · =<br />

4 πε0 r2 r1<br />

r1<br />

<br />

q Q<br />

= − · −<br />

4 πε0<br />

1<br />

r2 =<br />

r r1<br />

q Q<br />

<br />

1<br />

· −<br />

4 πε0 r2<br />

1<br />

A<br />

r2<br />

r1<br />

Q<br />

<br />

(2.5.2)<br />

r1<br />

Abb.2.5.2 Punktladung Q<br />

q Q<br />

WAB =<br />

4 πε0<br />

<br />

1<br />

·<br />

r2<br />

− 1<br />

PSfrag replacements<br />

<br />

r1<br />

(2.5.3)<br />

E<br />

(Überführungsarbeit im Feld der Punktladung Q)<br />

Die Überführungsarbeit im Feld einer Punktladung ist we-<br />

gunabhängig, d.h. sie ist nur vom Anfangsradius r1 und<br />

vom Endradius r2, nicht aber von der Wahl der Kurve K<br />

abhängig. Wird die Ladung q auf einer geschlossenen Kurve<br />

K von A nach A gebracht, dann gilt (der Kreis im Integral-<br />

zeichen symbolisiert, dass K eine geschlossene Kurve ist)<br />

<br />

WAA = −q · E ds = 0 (2.5.4)<br />

K<br />

und es folgt für eine beliebige geschlossene Kurve PSfrag K im replacements Feld<br />

einer Punktladung <br />

E ds = 0 (2.5.5)<br />

K<br />

O<br />

r<br />

K<br />

dr<br />

P<br />

q<br />

ϕ<br />

S<br />

ds<br />

Abb.2.5.3 Zentralkraft<br />

K<br />

A<br />

q<br />

Q<br />

Abb.2.5.4 Geschlossene Kurve<br />

Da jedes beliebige elektrische Feld E der Elektrostatik von Punktladungen Q1, . . . , Qn erzeugt<br />

wird, folgt aus dem Superpositionsprinzip und (2.5.5)<br />

<br />

E ds =<br />

<br />

n<br />

<br />

Eν ds =<br />

K<br />

K<br />

ν=1<br />

Für jedes beliebige elektrostatische Feld gilt also<br />

<br />

K<br />

n<br />

<br />

ν=1<br />

K<br />

Eν ds = 0 (2.5.6)<br />

<br />

0<br />

E ds = 0 (2.5.7)<br />

(Energiesatz der Elektrostatik)<br />

B


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 26<br />

(2.5.7) besagt unter anderem, dass mit Hilfe eines elektrischen Feldes kein Perpetuum Mobile<br />

PSfrag replacements<br />

gebaut werden kann.<br />

Wir betrachten den Spezialfall eines homogenen Feldes E<br />

etwas genauer: Die Überführungsarbeit ist jetzt<br />

WAB = F ∗ · ∆s = −q · E ∆s (2.5.8)<br />

Mit E = | E|, ∆s = |∆s| und dem Winkel ϕ zwischen E und<br />

∆s gilt<br />

WAB = −q E ∆s cos ϕ (2.5.9)<br />

Wenn möglich, wählen wir im Fall eines homogenen Fel-<br />

PSfrag replacements<br />

des das Koordinatensystem so, dass das Feld parallel zu<br />

einer Koordinatenachse ist, z.B. zur y-Achse. Abb.2.5.6 ent-<br />

nimmt man<br />

und d<strong>am</strong>it mit (2.5.9)<br />

∆s cos ϕ = ∆y (2.5.10)<br />

WAB = −q E ∆y (2.5.11)<br />

Das Vorzeichen von ∆y ist gleich dem Vorzeichen von cos ϕ:<br />

⎧<br />

⎪⎨<br />

+1 für 0 ≦ ϕ ≦ 90<br />

sgn(∆y) =<br />

⎪⎩<br />

◦<br />

0 für ϕ = 90◦ −1 für 90◦ < ϕ ≦ 180◦ E<br />

A<br />

ϕ<br />

α<br />

F ∗ = −q · E<br />

∆s<br />

Abb.2.5.5 Homogenes Feld<br />

y<br />

∆y<br />

E<br />

A<br />

ϕ<br />

q<br />

∆s<br />

Abb.2.5.6 Homogenes Feld<br />

B<br />

B<br />

x<br />

(2.5.<strong>12</strong>)<br />

Eine positive Überführungsarbeit bedeutet, dass Arbeit von außen in das System Feld-Ladung<br />

hineingesteckt wird, die potentielle Energie des Systems wird erhöht. Ist WAB dagegen negativ,<br />

dann wird die Arbeit vom Feld verrichtet, es wird Energie frei, die potentielle Energie des<br />

Systems wird kleiner (z.B. in kinetische Energie verwandelt).


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 27<br />

2.6 Das Potential des elektrischen Feldes<br />

Ist WP0P die Überführungsarbeit für eine Punktladung q im<br />

elektrischen Feld E, dann nennt man<br />

ϕ(P) = ϕ(r) = WP0P<br />

q<br />

das Potential in P bezüglich P0. Aus (2.5.1) folgt<br />

<br />

ϕ(r) = −<br />

K<br />

<br />

E ds = −<br />

P0<br />

P<br />

PSfrag replacements<br />

(2.6.1)<br />

E ds (2.6.2)<br />

q<br />

K<br />

P<br />

r0<br />

r0 = −→<br />

P0<br />

OP0<br />

r<br />

E<br />

O<br />

r = −→<br />

OP<br />

Abb.2.6.1 Definition von ϕ(r)<br />

Da die Überführungsarbeit wegunabhängig ist, ist ϕ(r) durch (2.6.2) eindeutig bestimmt.<br />

WP0P ist nichts anderes als die potentielle Energie der Ladung q in P bezüglich P0:<br />

Für die Einheit des Potentials gilt<br />

Wegen der Wegunabhängigkeit der Überführungsarbeit gilt<br />

und d<strong>am</strong>it<br />

oder<br />

W01 + W<strong>12</strong> = W02<br />

Wpot(P) = WP0P = q · ϕ(r) (2.6.3)<br />

[ϕ] = [E] · [s] = V<br />

· m = 1 V (2.6.4)<br />

m<br />

(2.6.5)<br />

W<strong>12</strong> = W02 − W01 = q · ϕ(P2) − q · ϕ(P1) (2.6.6)<br />

W<strong>12</strong> = q · [ϕ(P2) − ϕ(P1)] = −q ·<br />

P2<br />

P1<br />

PSfrag replacements<br />

E ds (2.6.7)<br />

P2<br />

P0<br />

Abb.2.6.2 Überführungsarbeit<br />

Da die Überführungsarbeit W<strong>12</strong> eindeutig bestimmt ist, ist die Potentialdifferenz<br />

<br />

∆ϕ = ϕ(P2) − ϕ(P1) = −<br />

P1<br />

P2<br />

E ds = W<strong>12</strong><br />

q<br />

unabhängig von der Wahl des Bezugspunktes P0 des Potentials.<br />

P1<br />

(2.6.8)


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 28<br />

Ein Vergleich von (1.4.10) mit (2.6.1) führt uns auf die exakte Definition der elektrischen Span-<br />

nung im Punkt P2 bezüglich des Punktes P1:<br />

Aus (2.6.9) folgt<br />

<br />

U<strong>12</strong> = ϕ(P2) − ϕ(P1) = −<br />

P1<br />

P2<br />

E ds = W<strong>12</strong><br />

q<br />

(Spannung = Potentialdifferenz)<br />

U21 = −U<strong>12</strong><br />

Im Spezialfall des homogenen Feldes folgt aus (2.5.8)<br />

U<strong>12</strong> = − E −−−→<br />

PSfrag replacements<br />

P1P2<br />

(2.6.11)<br />

Ist E parallel zur y-Achse (siehe Abb.2.6.3), dann gilt<br />

<br />

<br />

|U<strong>12</strong>| = E · |∆y| mit ∆y = −−−→<br />

<br />

<br />

· cos ϕ (2.6.<strong>12</strong>)<br />

P1P2<br />

y<br />

∆y<br />

E<br />

P1<br />

ϕ<br />

∆s<br />

Abb.2.6.3 Homogenes Feld<br />

(2.6.9)<br />

(2.6.10)<br />

Wir betrachten das Feld einer Punktladung Q im Ursprung. Wählt man als Bezugspunkt P0<br />

mit OP0 = r0, dann folgt für das Potential in einem Punkt P mit OP = r aus (2.5.3) und (2.6.1)<br />

ϕ(r) = Q<br />

<br />

1 1<br />

− (2.6.13)<br />

4 πε0 r r0<br />

Da r0 im Nenner eines Bruches steht, kann der Ursprung nicht als Bezugspunkt P0 gewählt<br />

werden. Die Formel für das Potential wird <strong>am</strong> einfachsten, wenn man einen unendlich fernen<br />

1<br />

Punkt (r0 → ∞) als Bezugspunkt wählt. Wegen lim = 0 gilt dann<br />

r0→∞<br />

Positive Ladungen ” rollen“<br />

im Potentialgebirge (rϕ-<br />

Diagr<strong>am</strong>m) abwärts, negative<br />

aufwärts!<br />

PSfrag replacements<br />

ϕ<br />

ϕ(r) = Q<br />

4 πε0 r<br />

r0<br />

r<br />

ϕ<br />

Q > 0 Q < 0<br />

P2<br />

x<br />

(2.6.14)<br />

Abb.2.6.4 Potential einer Punktladung Q für Q > 0 und Q < 0<br />

r


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 29<br />

Wir betrachten eine Fläche A mit folgender Eigenschaft:<br />

In jedem Punkt von A gilt E⊥A.<br />

P1 und P2 seien zwei Punkte der Fläche A und K ist ei-<br />

ne Kurve mit den Endpunkten P1 und P2, die ganz in A<br />

verläuft. Für jeden Vektor ds, der in der Fläche A liegt, gilt<br />

E⊥ds, d.h. E ds = 0. D<strong>am</strong>it gilt<br />

<br />

PSfrag replacements<br />

ϕ(P2) − ϕ(P1) = − E ds = 0 (2.6.15)<br />

d.h. ϕ(P1) = ϕ(P2). D<strong>am</strong>it haben wir gezeigt, dass überall<br />

auf A das gleiche Potential herrscht, A ist eine Äquipoten-<br />

tialfläche.<br />

K<br />

Flächen, die überall senkrecht auf den elektrischen Feldlinien<br />

stehen, sind Äquipotentialflächen!<br />

Da Feldlinien auf Leiteroberflächen senkrecht stehen, gilt<br />

Abb.2.6.3 zeigt die dreidimensiona-<br />

le Darstellung eines zweidimensio-<br />

nalen Potentials, genauer die Funk-<br />

tion ϕ(x, y) (die ” Höhe des Gebir-<br />

ges“ <strong>am</strong> Ort (x, y) ist der Wert von<br />

ϕ(x, y)).<br />

Dem Potentialgebirge aus Abb.2.6.6<br />

liegt folgende Ladungsverteilung zu<br />

Grunde:<br />

1 C im Punkt (1|1)<br />

1 C im Punkt (−1|1)<br />

1 C im Punkt (1| − 1)<br />

1 C im Punkt (−1| − 1)<br />

−2 C im Punkt (0|0)<br />

A<br />

ds<br />

Abb.2.6.5 Äquipotentialfläche<br />

E<br />

(2.6.16)<br />

Leiteroberflächen sind Äquipotentialflächen! (2.6.17)<br />

Abb.2.6.6 Potentialgebirge


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 30<br />

2.7 Gegenüberstellung von Elektrostatik und Gravitation<br />

Kraft zwischen den Punktladungen Q1 und Q2:<br />

k = 1<br />

4 π ε0<br />

F = k · Q1 · Q2<br />

r 2<br />

9 V m<br />

≈ 8,98755 · 10<br />

A s<br />

Ist F die Kraft auf eine Punktladung q <strong>am</strong> Ort<br />

r, dann herrscht in r das elektrische Feld<br />

E = F<br />

q<br />

Potential in P bezüglich P0:<br />

<br />

ϕ(P) = −<br />

P0<br />

P<br />

E ds<br />

Potentielle Energie von q in P bezüglich P0:<br />

Wpot(P) = q · ϕ(P)<br />

Überführungsarbeit der Ladung q:<br />

WAB = q · (ϕ(B) − ϕ(A)) = −q ·<br />

B<br />

A<br />

E ds<br />

Feld einer radialsymmetrischen Ladungs-<br />

verteilung (Q(r) ist die Ladung innerhalb einer<br />

Kugel mit Radius r):<br />

E(r) =<br />

k · Q(r)<br />

r 2<br />

Potential einer Punktladung Q im Ursprung:<br />

ϕ(r) = k · Q<br />

r<br />

Überführungsarbeit der Ladung q im homo-<br />

genen Feld, das in Richtung der negativen<br />

y-Achse zeigt:<br />

W = q · E · ∆y<br />

Kraft zwischen den Punktmassen m1 und m2:<br />

F = γ · m1 · m2<br />

r 2<br />

−11 m3<br />

γ ≈ 6,67259 · 10<br />

kg s2 Ist F die Kraft auf eine Punktmasse m dann<br />

herrscht in r das Gravitationsfeld<br />

g = F<br />

m<br />

Potential in P bezüglich P0:<br />

P<br />

ϕ(P) = − g ds<br />

P0<br />

Potentielle Energie in P bezüglich P0:<br />

Wpot(P) = m · ϕ(P)<br />

Überführungsarbeit der Masse m:<br />

WAB = m · (ϕ(B) − ϕ(A)) = −m ·<br />

B<br />

A<br />

g ds<br />

Feld einer radialsymmetrischen Massenver-<br />

teilung (M(r) ist die Masse innerhalb einer Ku-<br />

gel mit Radius r):<br />

g(r) =<br />

γ · M(r)<br />

r 2<br />

Potential einer Punktmasse M im Ursprung:<br />

ϕ(r) = γ · M<br />

r<br />

Überführungsarbeit der Masse m im homoge-<br />

nen Feld, das in Richtung der negativen y-<br />

Achse zeigt:<br />

W = m · g · ∆y


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 31<br />

2.8 Zus<strong>am</strong>menhänge zwischen E, ϕ und ϱ<br />

Zunächst betrachten wir ein elektrisches Feld,<br />

das nur in x-Richtung zeigt und das nur von x,<br />

nicht aber von y und z abhängt. Das Feld ist also<br />

auf einer Ebene senkrecht zur x-Achse konstant.<br />

⎛ ⎞<br />

E(x)<br />

E<br />

⎜ ⎟<br />

= ⎝ 0 ⎠ (2.8.1)<br />

Wir betrachten weiter einen sehr flachen Quader<br />

mit den Deckflächen A und der Dicke dx. dx ist<br />

so klein, dass die Ladungsdichte ϱ im Intervall<br />

0<br />

PSfrag replacements<br />

y<br />

z<br />

da<br />

dQ<br />

A<br />

E(x) E(x + dx)<br />

dx<br />

x<br />

x + dx<br />

Abb.2.8.1 Zur Herleitung<br />

zwischen x und x + dx praktisch als konstant angesehen werden kann. Die Ladung in unserem<br />

Quader ist dann<br />

Aus dem Gauß’schen Satz folgt dann<br />

oder<br />

Im Grenzübergang dx → 0 folgt dann<br />

Für die Änderung des Potentials gilt<br />

und d<strong>am</strong>it<br />

dQ = ϱ(x) dV = ϱ(x) A dx (2.8.2)<br />

E(x + dx) · A − E(x) · A = dQ<br />

= ϱ(x) A dx<br />

E(x + dx) − E(x)<br />

dx<br />

dE<br />

dx<br />

Die Kombination von (2.8.5) und (2.8.7) ergibt<br />

= ϱ(x)<br />

ε0<br />

ε0<br />

= ϱ(x)<br />

ε0<br />

ε0<br />

da<br />

x<br />

(2.8.3)<br />

(2.8.4)<br />

(2.8.5)<br />

dϕ = ϕ(x + dx) − ϕ(x) = −E dx (2.8.6)<br />

E(x) = − dϕ<br />

dx<br />

d2ϕ = −ϱ(x)<br />

dx2 ε0<br />

(2.8.7)<br />

(2.8.8)<br />

Im allgemeinen Fall ist E eine Funktion von allen drei Ortskoordinaten:<br />

E = ⎛ ⎞<br />

Ex(x, y, z)<br />

⎜ ⎟<br />

E(r) = ⎝Ey(x,<br />

y, z) ⎠ (2.8.9)<br />

Ez(x, y, z)<br />

Mit dem runden Differentiationssymbol ∂ wird die partielle Ableitung einer Funktion meherer<br />

Veränderlicher bezeichnet. ∂Ex<br />

∂x bedeutet z.B. die Ableitung von Ex(x, y, z) nach x, wobei


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 32<br />

y und z als konstant betrachtet werden. Wie im eindimensionalen Fall, nur mit dreifachem<br />

Schreibaufwand, leitet man die Verallgemeinerungen von (2.8.5), (2.8.7) und (2.8.8) her:<br />

Mit den Abkürzungen<br />

und<br />

folgt<br />

∂Ex<br />

∂x<br />

+ ∂Ey<br />

∂y<br />

E<br />

⎜<br />

= − ⎝<br />

∂ 2 ϕ<br />

∂x 2 + ∂2 ϕ<br />

div E = ∂Ex<br />

∂x<br />

+ ∂Ez<br />

∂z<br />

⎛<br />

∂ϕ<br />

∂x<br />

∂ϕ<br />

∂y<br />

∂ϕ<br />

∂z<br />

⎞<br />

= ϱ<br />

ε0<br />

∂y2 + ∂2ϕ ϱ<br />

= −<br />

∂z2 ⎜<br />

grad ϕ = ⎝<br />

(2.8.10)<br />

⎟<br />

⎠ (2.8.11)<br />

ε0<br />

∂Ey ∂Ez<br />

+ +<br />

∂y ∂z<br />

⎛ ⎞<br />

∂ϕ<br />

∂x<br />

∂ϕ<br />

∂y<br />

∂ϕ<br />

∂z<br />

∆ϕ = ∂2ϕ ∂x2 + ∂2ϕ ∂y2 + ∂2ϕ ∂z2 div E = ϱ<br />

ε0<br />

(2.8.<strong>12</strong>)<br />

(2.8.13)<br />

⎟<br />

⎠ (2.8.14)<br />

(2.8.15)<br />

(2.8.16)<br />

E = −grad ϕ (2.8.17)<br />

∆ϕ = − ϱ<br />

ε0<br />

(2.8.18)<br />

(2.8.<strong>12</strong>) bzw. (2.8.18) heißt Poisson-Gleichung. Im ladungsfreien Raum, z.B. zwischen geladenen<br />

Leitern, ist ϱ = 0 und aus der Poisson-Gleichung folgt die Laplace-Gleichung<br />

2.9 Kondensatoren<br />

Eine Anordnung von zwei isoliert zueinander aufgestellten<br />

Leitern heißt Kondensator. Ist das System, das aus den<br />

beiden Leitern und der Spannungsquelle besteht, vollkom-<br />

men von anderen Körpern isoliert und ist die Ges<strong>am</strong>tladung<br />

des Systems Null, dann gilt<br />

Q1 = −Q2<br />

∆ϕ = ∂2ϕ ∂x2 + ∂2ϕ ∂y2 + ∂2ϕ = 0 (2.8.19)<br />

∂z2 PSfrag replacements<br />

(2.9.1)<br />

Wählt man irgend eine Kurve K, die im Punkt R an der<br />

Oberfläche von Leiter <br />

1 beginnt und im Punkt S an der<br />

Oberfläche von Leiter <br />

2 endet, dann gilt<br />

A<br />

R<br />

Q1 = Q<br />

U<br />

+ −<br />

E<br />

S<br />

Q2 =<br />

−Q<br />

Abb.2.9.1 Beliebiger Kondensator


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 33<br />

<br />

U =<br />

K<br />

E ds (2.9.2)<br />

Wird die Feldstärke zwischen den Leiter mit n multipliziert (die Geometrie des Feldes bleibt<br />

also erhalten, E ′ = n · E), dann ist die Spannung zwischen den Leitern<br />

U ′ <br />

= E ′ <br />

ds = n · E ds = n · U (2.9.3)<br />

K<br />

Umgekehrt kann mit der sogenannten Laplacegleichung gezeigt werden, dass sich die Feldgeo-<br />

metrie tatsächlich nicht ändert, wenn man die Spannung ändert, d.h.<br />

K<br />

U ′ = n · U =⇒ E ′ = n · E (2.9.4)<br />

Aus dem Gauß’schen Satz folgt dann für die Ladung Q ′ auf Leiter 1 :<br />

Q ′ <br />

= ε0 · E ′ <br />

da = n · ε0 · E da = n · Q (2.9.5)<br />

Aus (2.9.3) und (2.9.5) folgt<br />

d.h. Q ist proportional zu U:<br />

A<br />

A<br />

Q ′ n · Q Q<br />

= =<br />

U ′ n · U U<br />

Der Proportionalitätsfaktor C heißt Kapazität des Kondensators.<br />

Ist der Abstand d zwischen den Platten eines Plattenkon-<br />

densators klein gegen die linearen Abmessungen der Plat-<br />

ten (d ≪ √ A, A = Fläche einer Platte), dann ist das<br />

Feld zwischen den Platten annähernd homogen. Aus dem<br />

Gauß’schen Satz folgt (siehe (2.4.26))<br />

E = σ<br />

ε0<br />

= Q<br />

ε0 A<br />

Q<br />

U<br />

(2.9.6)<br />

= C = konst. (2.9.7)<br />

PSfrag replacements<br />

(2.9.8)<br />

D<strong>am</strong>it folgt für die Spannung zwischen den Kondensatorplatten<br />

U = E · d =<br />

Q d<br />

ε0 A<br />

und endgültig für die Kapazität des Plattenkondensators (d ≪ √ A)<br />

Die Einheit der Kapazität ist<br />

C = Q<br />

U = ε0 A<br />

d<br />

[C] = 1 F = 1 Farad = 1 C A s<br />

= 1<br />

V V<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

A<br />

Q<br />

+ +<br />

− − − − − − − − −<br />

−Q<br />

Abb.2.9.2 Plattenkondensator<br />

E<br />

+<br />

+<br />

+<br />

d<br />

(2.9.9)<br />

(2.9.10)<br />

(2.9.11)


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 34<br />

Bei der Parallelschaltung von zwei Kondensatoren liegen beide Kon-<br />

densatoren an derselben Spannung U. Die Ges<strong>am</strong>tladung Q auf beiden<br />

Kondensatoren ist dann<br />

Q = Q1 + Q2 = C1 U + C2 U = (C1 + C2) U (2.9.<strong>12</strong>)<br />

D<strong>am</strong>it ist die Ges<strong>am</strong>tkapazität der Parallelschaltung<br />

PSfrag replacements<br />

C = Q<br />

U = C1 + C2<br />

(2.9.13)<br />

PSfrag replacements<br />

Bei der Reihenschaltung gilt wegen der Ladungserhaltung:<br />

−Q1 + Q2 = 0 =⇒ Q1 = Q2 =: Q (2.9.14)<br />

Q ist dabei die von der Stromquelle auf die ges<strong>am</strong>te Schal-<br />

tung transportierte Ladung. Für die Ges<strong>am</strong>tspannung U gilt<br />

dann mit der Ges<strong>am</strong>tkapazität C<br />

Q<br />

C = U = U1 + U2 = Q1<br />

+<br />

C1<br />

Q2<br />

C2<br />

= Q<br />

+<br />

C1<br />

Q<br />

C2<br />

(2.9.15)<br />

Nach Division durch Q erhält man für die Kapazität C der Reihenschaltung<br />

1<br />

C<br />

1<br />

= +<br />

C1<br />

1<br />

C2<br />

Die Verallgemeinerung auf mehrere Kondensatoren lautet:<br />

C = Q<br />

U = C1 + C2 + . . . + Cn<br />

1<br />

C<br />

(Parallelschaltung)<br />

1<br />

= +<br />

C1<br />

1<br />

+ . . . +<br />

C2<br />

1<br />

Cn<br />

(Reihenschaltung)<br />

U1<br />

Q1<br />

Q2<br />

C1<br />

C2<br />

U<br />

Abb.2.9.3 Parallelschaltung<br />

Q1 −Q1 Q2<br />

C1<br />

U<br />

U2<br />

C2<br />

Abb.2.9.4 Reihenschaltung<br />

(2.9.16)<br />

(2.9.17)<br />

(2.9.18)


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 35<br />

Als weiteres Beispiel betrachten wir den Kugel-<br />

kondensator, zwei konzentrische Kugelschalen,<br />

deren innere den Radius ri und deren äußere den<br />

Radius ra hat. Zwischen den Schalen, die die La-<br />

dungen Q bzw. −Q tragen, herrscht das Feld<br />

E =<br />

Q<br />

, (2.9.19)<br />

4 π ε0 r2 sonst ist E = 0. Die Spannung zwischen den<br />

Kugelschalen ist dann<br />

U = ϕi − ϕa = Q<br />

4 π ε0<br />

1<br />

ri<br />

− 1<br />

<br />

ra<br />

(2.9.20)<br />

Für die Kapazität des Kugelkondensators erhält<br />

man<br />

PSfrag replacements<br />

C = Q<br />

U<br />

Mit dem Grenzübergang ra → ∞ erhält man aus<br />

(2.9.21) die Kapazität einer freistehenden Kugel<br />

(ri = r):<br />

C = 4 π ε0 r (2.9.22)<br />

= 4 π ε0<br />

1<br />

ri<br />

− 1<br />

ra<br />

PSfrag replacements<br />

U<br />

+ −<br />

E =<br />

ϕi<br />

ri<br />

E = 0<br />

Q<br />

4πε0r 2<br />

ra<br />

ϕa<br />

E<br />

Q<br />

Abb.2.9.5 Kugelkondensator<br />

r<br />

Abb.2.9.6 Alleinstehende Kugel<br />

+<br />

U<br />

−<br />

−Q<br />

E = 0<br />

(2.9.21)


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 36<br />

2.10 Die Energie des elektrischen Feldes<br />

Wir wollen die Energie berechnen, um einen beliebigen Kon-<br />

densator der Kapazität C aufzuladen. Zu der Zeit, zu der der<br />

Kondensator die Ladung Q ∗ trägt, ist die Spannung zwi-<br />

schen den Kondensatorteilen<br />

U(Q ∗ ) = Q∗<br />

C<br />

(2.10.1)<br />

Wird jetzt die Ladung dQ ∗ vom einen zum anderen Kon-<br />

denstorteil transportiert, muss dazu die Arbeit<br />

PSfrag replacements<br />

dW = U(Q ∗ ) · dQ ∗ = 1<br />

Q ∗<br />

+<br />

dQ<br />

E<br />

−Q ∗<br />

−<br />

Abb.2.10.1 Beliebiger Kondensator<br />

C · Q∗ dQ ∗<br />

(2.10.2)<br />

verrichtet werden. Beginnt man mit einem ungeladenen Kondensator und transportiert man<br />

nach und nach kleine Ladungunsmengen von einer zur anderen Hälfte bis der Endzustand mit<br />

der Ladung Q erreicht ist, dann hat man die Arbeit<br />

W =<br />

Q<br />

0<br />

1<br />

C · Q∗ dQ ∗ = Q2<br />

2 C<br />

(2.10.3)<br />

verrichtet. Diese Arbeit ist jetzt im elektrischen Feld zwischen den Kondensatorhälften gespei-<br />

chert. Zus<strong>am</strong>menfassend halten wir fest:<br />

Trägt ein Kondensator der Kapazität C die Ladung Q, dann<br />

ist im Kondensatorfeld die Energie<br />

gespeichert.<br />

We = Q2<br />

2 C<br />

1 2<br />

= C U<br />

2<br />

Das homogene Feld eines Plattenkondensators enthält die Energie<br />

We = 1<br />

2 C U 2 = 1 ε0 A<br />

2 d (d E)2 = 1<br />

2 ε0 E 2 · A · d (2.10.5)<br />

Das vom Feld erfüllte Volumen ist V = A · d. D<strong>am</strong>it gilt für die Energiedichte des elektrischen<br />

Feldes<br />

we = We<br />

V<br />

Für beliebige (auch nichthomogene) Felder gilt:<br />

we = dWe<br />

dV<br />

= 1<br />

2 ε0 E 2<br />

= 1<br />

2 ε0 E 2<br />

Die elektrische Feldenergie in einem Raumgebiet V ist dann<br />

<br />

We =<br />

V<br />

we dV = 1<br />

2 ε0<br />

<br />

V<br />

(2.10.6)<br />

(2.10.7)<br />

E 2 dV (2.10.8)


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 37<br />

Als Anwendung von (2.10.6) berechnen wir PSfrag die replacements<br />

Kraft F ,<br />

mit der sich die beiden Platten eines geladenen Kondensa-<br />

tors anziehen. Vergrößert man den Plattenabstand um dx,<br />

dann vergrößert sich die Feldenergie um we dV . Diese Ener-<br />

gie st<strong>am</strong>mt von der Arbeit F dx, die beim Vergrößern des<br />

Plattenabstandes verrichtet wird:<br />

Aus (siehe (2.9.8))<br />

und (2.10.9) folgt<br />

F dx = we dV = 1<br />

2 ε0 E 2 · A dx (2.10.9)<br />

E = σ<br />

ε0<br />

= Q<br />

ε0 A<br />

(2.10.10)<br />

A<br />

dV<br />

dx<br />

Q −Q<br />

Abb.2.10.2 Kraft auf Kondensatorplatte<br />

F = 1<br />

2 ε0 E 2 · A = 1<br />

2 ε0 · Q<br />

1<br />

· A · E = Q · E (2.10.11)<br />

ε0 A 2<br />

Wir betrachten ein einfaches Modell des Elektrons: Die La-<br />

dung e ist gleichmäßig über die Oberfläche einer Kugel mit<br />

Radius R verteilt. Zur Berechnung der Energie des vom<br />

PSfrag replacements<br />

Elektron erzeugten elektrischen Feldes verwenden wir als Vo-<br />

lumenelement eine dünne Kugelschale mit dem Innenradius<br />

r und der Dicke dr:<br />

dV = 4 π r 2 dr (2.10.13)<br />

Da das Feld im Inneren der Kugel mit Radius R Null ist,<br />

berechnet sich die ges<strong>am</strong>te Feldenergie zu<br />

We =<br />

∞<br />

R<br />

∞<br />

<br />

=<br />

R<br />

we dV =<br />

∞<br />

R<br />

e2 e2<br />

dr = ·<br />

8 πε0 r2 8 πε0<br />

F = 1<br />

Q · E (2.10.<strong>12</strong>)<br />

2<br />

1<br />

2 ε0 E 2 · 4 π r 2 dr =<br />

∞<br />

R<br />

1<br />

2 ε0<br />

<br />

− 1<br />

∞ =<br />

r R<br />

e2<br />

8 πε0 R<br />

<br />

e<br />

r<br />

F<br />

Abb.2.10.3 Elektron<br />

e<br />

4 πε0 r 2<br />

2<br />

· 4 π r 2 dr =<br />

dV<br />

R dr<br />

(2.10.14)<br />

Nach Einsteins Relativitätstheorie entspricht jeder Energie W die Masse m = W<br />

c 2 . Wir berechnen<br />

den Radius R des Elektrons unter der Annahme, dass die ges<strong>am</strong>te Elektronenmasse von der<br />

Feldenergie st<strong>am</strong>mt:<br />

R =<br />

We = e2<br />

8 πε0 R = me c 2<br />

(2.10.15)<br />

e 2<br />

8 πε0 me c 2 = 1,4 · 10−15 m (klassischer Elektronenradius) (2.10.16)


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 38<br />

2.11 Bewegung geladener Teilchen im elektrischen Feld<br />

2.11.1 Berechnung der Geschwindigkeit in einem beliebigen Feld<br />

Ein Teilchen mit der Ladung q und der Masse m bewegt sich<br />

in einem beliebigen elektrischen Feld <br />

PSfrag replacements<br />

E( )r mit dem Potential<br />

ϕ(r). Das Teilchen startet mit dem Geschwindigkeitsbetrag<br />

v0 <strong>am</strong> Punkt P0 mit ϕ(P0) = ϕ0. Der Betrag der Geschwin-<br />

digkeit des Teilchens <strong>am</strong> Ort P mit ϕ(P) = ϕ sei v. Der<br />

Energiesatz<br />

Wkin(P0) + Wpot(P0) = Wkin(P) + Wpot(P) (2.11.1)<br />

lautet in unserem Fall<br />

Auflösen nach v:<br />

ϕ0<br />

P0<br />

q<br />

ϕ<br />

v0<br />

Abb.2.11.1 Beliebiges Feld<br />

m<br />

2 v2 0 + q · ϕ0 = m<br />

2 v2 + q · ϕ (2.11.2)<br />

v =<br />

<br />

v 2 0<br />

+ 2 q<br />

m (ϕ0 − ϕ) (2.11.3)<br />

Mit der Spannung U = ϕ0 − ϕ im Punkt P0 bezüglich P lautet (2.11.3):<br />

v =<br />

<br />

v 2 0<br />

+ 2 q U<br />

m<br />

P<br />

v<br />

(2.11.4)<br />

Die Energie, die ein Elektron beim Durchlaufen der Spannung 1 Volt gewinnt, nennt man ein<br />

Elektronenvolt (1 eV):<br />

1 eV = e · 1 V = 1,602 · 10 −19 J 1 J = 6,242 · 10 18 eV (2.11.5)<br />

Beispiel: Ein Elektron verlässt einen sehr heißen Glühdraht mit der Geschwindigkeit<br />

v0 = 1,50 · 105 m<br />

s und wird anschließend von der Spannung U = 1,00 V auf die<br />

Geschwindigkeit v beschleunigt:<br />

<br />

v = v2 2 e U<br />

0 +<br />

me<br />

<br />

<br />

m<br />

2 = 1,5 · 105 +<br />

s<br />

2 · 1,602 · 10−19As · 1V<br />

9,109 · 10−31 5 m<br />

= 6,<strong>12</strong> · 10<br />

kg<br />

s<br />

Beispiel: Zwei Protonen ruhen im Abstand r = 5,00 · 10 −15 m voneinander. Welche<br />

Geschwindigkeit v haben die Protonen, wenn sie weit voneinander entfernt<br />

sind?<br />

e 2<br />

4 π ε0 r<br />

v =<br />

<br />

= 2 · mp<br />

2 v2 + Wpot(∞)<br />

<br />

0<br />

e 2<br />

4 π ε0 mp r<br />

= 5,25 · 106 m<br />

s


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 39<br />

2.11.2 Bewegung im homogenen Feld (vollständige Lösung)<br />

Ein Teilchen mit der Ladung q und der Masse m bewegt sich in dem homogenen Feld<br />

⎛ ⎞<br />

E =<br />

⎜<br />

⎝<br />

Ex<br />

Ey<br />

Ez<br />

⎟<br />

⎠ = konst. (2.11.6)<br />

Der Anfangsort sei r0 = r(0) und die Anfangsgeschwindigkeit v0 = v(0). Das Teilchen erfährt<br />

die konstante Beschleunigung<br />

a = ˙ v = q<br />

m · E (2.11.7)<br />

Zweimalige Integration liefert unter Berücksichtigung der Anfangsbedingungen<br />

und<br />

v(t) = ˙ r(t) = v0 + q<br />

m · E · t (2.11.8)<br />

r(t) = r0 + v0 · t + q<br />

2 m · E · t 2<br />

(2.11.9)<br />

Wählt man das Koordinatensystem so, dass die z-Achse senkrecht auf v0 und senkrecht auf E<br />

steht, dann ist v0 parallel zur xy-Ebene PSfrag undreplacements es wirkt keine Beschleunigung in z-Richtung, d.h.<br />

die ganze Bewegung verläuft in der xy-Ebene. Dreht man das Koordinatensystem schließlich<br />

noch so, dass E parallel zur y-Achse ist, dann gilt<br />

E =<br />

<br />

0<br />

E<br />

<br />

und mit den Anfangsbedingungen<br />

<br />

r0 =<br />

x0<br />

y0<br />

= konst. (2.11.10)<br />

; v0 =<br />

folgt aus (2.11.8) und (2.11.9)<br />

und<br />

v(t) =<br />

<br />

vy0 +<br />

r(t) =<br />

vx0<br />

vy0<br />

<br />

vx0<br />

q E<br />

m t<br />

<br />

x(t)<br />

y(t)<br />

oder die Komponenten getrennt geschrieben<br />

Berechnet man t aus (2.11.14)<br />

<br />

<br />

=<br />

(2.11.11)<br />

d.h.<br />

<br />

q<br />

y<br />

y0<br />

vy0<br />

x0<br />

v0<br />

ϕ<br />

vx0<br />

Abb.2.11.2 E y − Achse<br />

vx(t) = vx0 = konst.<br />

vy(t) = vy0 +<br />

x0 + vx0 t<br />

y0 + vy0 t +<br />

q E<br />

2 m t2<br />

<br />

q E<br />

m t<br />

q > 0<br />

E<br />

x<br />

(2.11.<strong>12</strong>)<br />

(2.11.13)<br />

x(t) = x0 + vx0 t (2.11.14)<br />

y(t) = y0 + vy0 t +<br />

x − x0<br />

t =<br />

vx0<br />

q E<br />

2 m t2<br />

(2.11.15)<br />

(2.11.16)


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 40<br />

und setzt in (2.11.15) ein, dann erhält man die Bahngleichung<br />

q E<br />

y = · (x − x0) 2 + vy0<br />

PSfrag replacements<br />

· (x − x0) + y0<br />

2 m v 2 x0<br />

y ist eine quadratische Funktion von x, d.h. die Bahnkurve ist eine Parabel.<br />

vx0<br />

(2.11.17)<br />

Die Bewegung eines geladenen Teilchens im homogenen elektrischen Feld ist natürlich vollkom-<br />

men analog zur Bewegung einer Punktmasse im homogenen Gravitationsfeld. Ersetzt man in<br />

den Gleichungen (2.11.<strong>12</strong>) bis (2.11.17) q durch m und E durch g, dann hat man die entspre-<br />

chenden Formeln für die Bewegung im Gravitationsfeld (schiefer Wurf).<br />

Als Beispiel betrachten wir ein Elek-<br />

tron, das mit der Geschwindigkeit<br />

v0 unter dem Winkel ϕ gegen die<br />

x-Achse in das homogene Feld ei-<br />

nes Plattenkondensators (Spannung<br />

U, Plattenabstand d) eintritt. Ge-<br />

sucht sind die Koordinate y1 des<br />

Austrittspunktes aus dem Konden-<br />

satorfeld und die Austrittsgeschwin-<br />

digkeit v1 nebst Austrittswinkel ϕ1.<br />

Eintritt in das Kondensatorfeld zur<br />

Zeit Null, Austritt zur Zeit t1.<br />

y<br />

vy0<br />

−<br />

+<br />

ϕ<br />

v0<br />

−<br />

vx0<br />

+<br />

−<br />

+<br />

L<br />

Abb.2.11.3 Zum Beispiel<br />

E<br />

−<br />

+<br />

−<br />

+<br />

y1<br />

L<br />

U = 100 V<br />

d = 10 cm<br />

v0 = 5,0 · 106 m<br />

s<br />

ϕ = 30◦ L = 10 cm<br />

vx0 = v0 cos ϕ , vy0 = v0 sin ϕ , E = U<br />

d<br />

, x0 = y0 = 0 , q = −e (2.11.18)<br />

t1 = L L<br />

=<br />

v0 cos ϕ = 2,31 · 10−8 s (2.11.19)<br />

vx0<br />

(2.11.15) =⇒ y1 = y(t1) = L tan ϕ −<br />

e U L 2<br />

2 m d v 2 0 cos2 ϕ<br />

<br />

cos ϕ<br />

(2.11.<strong>12</strong>) =⇒ v1 = v0 ·<br />

e U L<br />

sin ϕ −<br />

m d v2 <br />

4,33 · 10<br />

=<br />

0 cos ϕ<br />

6<br />

−1,56 · 106 <br />

<br />

v1y <br />

tan ϕ1 = <br />

= 0,361 =⇒ ϕ1 = 19,8 ◦<br />

v1x<br />

y ist maximal, wenn vy(tmax) = 0 =⇒ tmax = 1,42 · 10 −8 s =⇒ ymax = 1,78 cm<br />

2.<strong>12</strong> Die Elementarladung<br />

ϕ1<br />

v1<br />

= 1,08 cm (2.11.20)<br />

m<br />

s<br />

x<br />

(2.11.21)<br />

(2.11.22)<br />

Mit der ” Röntgenstrukturanalyse“ (siehe K13) können atomare Abstände sehr genau gemes-<br />

sen werden, d.h. man kann das pro Atom bzw. Molekül beanspruchte Volumen V in einem<br />

bestimmten Material bestimmen. Aus der Dichte ϱ berechnet sich daraus die Atom- bzw. Mo-<br />

lekülmasse zu m = ϱ · V . Als Masseneinheit im atomaren Bereich verwendet man die atomare<br />

Masseneinheit<br />

u = 1<br />

<strong>12</strong> · Masse des <strong>12</strong> C-Atoms = 1,66054021 · 10 −27 kg (2.<strong>12</strong>.1)


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 41<br />

Die Einheit der Stoffmenge ist 1 kmol (1 Kilomol). 1 kmol eines Stoffes enthält genau so viele<br />

Atome bzw. Moleküle wie <strong>12</strong> kg des Kohlenstoffisotops <strong>12</strong> C.<br />

Definitionen:<br />

relative Molekül- bzw. Atommasse : Mr = m<br />

u<br />

Zahl der Atome in <strong>12</strong> kg <strong>12</strong> C : NA ′ =<br />

Avogadrokonstante : NA =<br />

1 kg<br />

u<br />

= 6,0221367 · 1026<br />

1 kg<br />

u kmol = 6,0221367 · 1026 1<br />

kmol<br />

Masse eines Kilomols (molare Masse) : Mm = NA · m = NA · u · Mr = Mr · 1 kg<br />

kmol<br />

Die Faraday’schen Gesetze der Elektrolyse lauten:<br />

1. Die Masse ma der bei der Elektrolyse abgeschiedenen Materie ist zur transportierten La-<br />

dung Q proportional:<br />

ma = Ä · Q<br />

Den Proportionalitätsfaktor Ä nennt man das elektrochemische Äquivalent.<br />

2. Bei der Abscheidung von n kmol eines z-wertigen Stoffes wird die Ladung Q = z · n · F<br />

transportiert. Die Konstante<br />

heißt Faradaykonstante.<br />

F = 96485309<br />

A s<br />

kmol<br />

Unter der Annahme, dass alle N Moleküle bei der Elektrolyse die gleiche Ladung q tragen, folgt<br />

aus den Faradaygesetzen:<br />

q = Q<br />

N<br />

= z · n · F<br />

n · NA<br />

= z · F<br />

NA<br />

Da ein z-wertiges Ion z Elementarladungen trägt, folgt<br />

= z · 1,60217733 · 10 −19 A s (2.<strong>12</strong>.2)<br />

e = 1,60217733 · 10 −19 A s (2.<strong>12</strong>.3)<br />

Die Existenz und der Wert der Elementarladung folgt aus den Faradaygesetzen nur unter der<br />

Annahme, dass alle Ionen die gleiche Ladung tragen. Diese Annahme hat Millikan 1916 an der<br />

University of Chicago experimentell nachgewiesen.


KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK 42<br />

Wir betrachten hier nur ein stark vereinfachtes Experiment<br />

(Schwebemethode): Feine Öltröpfchen werden von radio-<br />

PSfrag replacements<br />

aktiver Strahlung geladen und im elektrischen Feld eines<br />

kleinen Plattenkondensators zum Schweben gebracht. Die<br />

Teilchen werden von der Seite her beleuchtet und mit ei-<br />

nem Mikroskop beobachtet. Aus der Kondensatorspannung<br />

U, die im Schwebefall abgelesen wird, lässt sich bei bekann-<br />

ter Masse m eines beobachteten Tröpfchens über die Gleich-<br />

gewichtsbedingung Fe = G die Ladung q des Tröpfchens be-<br />

rechnen. In das Mikroskop ist eine Skala eingearbeitet, mit<br />

deren Hilfe man den Durchmesser eines Öltröpfchens und<br />

daraus mit der bekannten Dichte auch seine Masse bestim-<br />

men kann.<br />

Nachteile der Schwebemethode:<br />

−<br />

U<br />

+<br />

Fe<br />

G<br />

Abb.2.<strong>12</strong>.1 Schwebemethode<br />

• Beugungseffekte verhindern eine genaue Messung des Tröpfchenradiuses<br />

• Kleine Luftströmungen verfälschen die Messung<br />

• Zitterbewegung des Tröpfchens durch Molekülstöße (Brown)<br />

Die Nachteile der Schwebemethode umgeht man mit der Gleichfeldmethode: Man lässt das<br />

Tröpfchen steigen und nach Umpolung des Feldes sinken. Wegen des Luftwiderstandes stellt<br />

sich eine konstante Steig- und eine konstante Sinkgeschwindigkeit ein. Man erhält dann zwei<br />

Gleichungen mit den Unbekannten q (Tröpfchenladung) und R (Tröpfchenradius), d.h. R muss<br />

nicht mehr direkt gemessen werden.<br />

Ergebnis des Millikanversuchs:<br />

Alle gemessenen Tröpfchenladungen sind Vielfache der Elementarladung!<br />

Obwohl Quarks drittelzahlige Elementarladungen tragen, gibt es keine freien Teilchen mit nicht-<br />

ganzen Vielfachen der Elementarladung, da Quarks nicht als freie Teilchen, sondern nur als<br />

Bausteine von Elementarteilchen existieren.<br />

d


Kapitel 3<br />

<strong>Elektrodyn<strong>am</strong>ik</strong><br />

3.1 Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter<br />

3.1.1 Wiederholung Magnetismus<br />

Magnetpole treten nur paarweise auf, ungleichn<strong>am</strong>ige PSfrag replacements Pole<br />

ziehen sich an, gleichn<strong>am</strong>ige stoßen sich ab. Die Kräfte zwi-<br />

schen Magneten werden durch magnetische Feldlinien be-<br />

schrieben.<br />

• Magnetische Feldlinien zeigen vom magnetischen<br />

Nordpol zum magnetischen Südpol.<br />

• In einem Magnetfeld B wirkt auf einen Nordpol eine<br />

Kraft in Richtung der Feldlinien, auf einen Südpol in<br />

entgegengesetzter Richtung.<br />

Ströme erzeugen Magnetfelder, deren Richtung mit<br />

der ” Korkenzieherregel“ bestimmt wird:<br />

Die Spitze des Korkenziehers<br />

PSfrag<br />

zeigt<br />

replacements<br />

in<br />

PSfrag replacements<br />

Stromrichtung, die Drehrichtung gibt die<br />

Orientierung des Magnetfeldes B an.<br />

Auf einen stromdurchflossenen Leiter in einem Magnetfeld wirkt<br />

eine Kraft, deren Richtung man mit der UVW-Regel (Rechte-<br />

Hand-Regel) bestimmt (Ursache-Vermittlung-Wirkung):<br />

Ursache ist der Strom, Vermittlung das Magnetfeld und die Wir-<br />

kung ist die Kraft. I, B und F bilden in dieser Reihenfolge ein<br />

Rechtssystem. Es gilt<br />

F ⊥ I und F ⊥ B (3.1.1)<br />

43<br />

N<br />

N S<br />

S<br />

Abb.3.1.1 Magnetische Feldlinien<br />

B<br />

I<br />

Abb.3.1.2 Korkenzieherregel<br />

Zeigefinger<br />

B<br />

V<br />

ϕ<br />

B<br />

B<br />

I<br />

F<br />

I<br />

Daumen<br />

U<br />

Mittelfinger<br />

Abb.3.1.3 UVW-Regel<br />

W


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 44<br />

Misst man die Kraft F auf einen vom Strom I durchflossenen Leiter der Länge l für verschiedene<br />

Ströme und verschiedene Leiterlängen in immer dem gleichen Magnetfeld, dann stellt man fest,<br />

F<br />

dass<br />

I l sin ϕ konstant ist. Diese Konstante nennt man magnetische Flussdichte B. B ist ein<br />

Vektor mit dem Betrag B, der in Richtung der magnetischen Feldlinien zeigt.<br />

B =<br />

F<br />

I l sin ϕ<br />

ϕ ist dabei der Winkel zwischen B und I. Aus (3.1.2) folgt<br />

F = l I B sin ϕ = l I B⊥<br />

Zus<strong>am</strong>menfassend halten wir fest:<br />

PSfrag replacements<br />

(3.1.3)<br />

Auf einen vom Strom I durchflossenen Leiter der Länge l in<br />

einem Magnetfeld B wirkt die Kraft F mit<br />

F = | F | = l I B sin ϕ = l I B⊥<br />

(3.1.4)<br />

F ⊥ I und F ⊥ B (3.1.5)<br />

I, B und F bilden ein Rechtssystem. PSfrag replacements<br />

(3.1.6)<br />

Abkürzend schreibt man für die Gleichungen (3.1.4), (3.1.5)<br />

und (3.1.6)<br />

F = l · I × B (3.1.7)<br />

I<br />

Abb.3.1.4 B⊥<br />

B<br />

F = l · I × B<br />

ϕ<br />

Abb.3.1.5 Kraft auf Leiter<br />

I × B nennt man das Kreuzprodukt oder das Vektorprodukt von I und B.<br />

Aus (3.1.2) folgt für die Einheit der Kraftflussdichte<br />

[B] = 1 N<br />

A m<br />

3.2 Der magnetische Fluss<br />

Den magnetischen Fluss durch eine Fläche A definiert man<br />

genauso wie den elektrischen Fluss:<br />

<br />

Φ =<br />

A<br />

<br />

B da =<br />

A<br />

B cos ϕ<br />

<br />

B⊥<br />

ϕ<br />

I<br />

(3.1.2)<br />

V s<br />

= 1 = 1 T = 1 Tesla (3.1.8)<br />

m2 da (3.2.1)<br />

B⊥ ist die Komponente von B, die senkrecht auf der Fläche<br />

steht.<br />

PSfrag replacements<br />

da<br />

da<br />

B⊥<br />

Abb.3.2.1 Magnetischer Fluss<br />

ϕ<br />

B<br />

B


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 45<br />

Für eine ebene Fläche A und ein homogenes PSfrag Magnetfeld replacements<br />

( B = konst.) gilt<br />

Φ = B A = A B cos ϕ = A B sin α = A · B⊥<br />

α ist der Neigungswinkel des Vektors B zur Fläche A.<br />

Die Einheit des magnetischen Flusses ist<br />

(3.2.2)<br />

[Φ] = 1 T m 2 = 1 V s = 1 Weber (3.2.3)<br />

A<br />

A<br />

ϕ α<br />

Abb.3.2.2 Ebene Fläche<br />

Da Magnetpole nur paarweise auftreten, bestimmt man die Kräfte zwischen Magnetpolen über<br />

die Messung von Drehmomenten. Versuche ergeben, dass für die Kräfte zwischen Magnetpolen,<br />

wie für die Kräfte zwischen Ladungen, ein 1<br />

r 2 -Gesetz gilt:<br />

F ∼ 1<br />

r 2<br />

B<br />

B⊥<br />

(3.2.4)<br />

D<strong>am</strong>it gilt auch für Magnetfelder der Gauß’sche Satz<br />

<br />

B da = Konstante · magn. Ladung“ innerhalb von A (3.2.5)<br />

”<br />

Ageschlossen<br />

Da magnetische Pole nur paarweise auftreten, ist die magnetische Ges<strong>am</strong>tladung innerhalb von<br />

A stets Null, d.h.<br />

Φ =<br />

<br />

Ageschlossen<br />

B da = 0 (3.2.6)<br />

Der magnetische Fluss durch eine geschlossene Fläche ist Null!<br />

(3.2.6) bedeutet, dass es keine Quellen des magnetischen Feldes gibt (die Quellen des elektrischen<br />

Feldes sind die Ladungen), z.B. gibt es kein radialsymmetrisches Magnetfeld. Einige Theorien<br />

der Elementarteilchenphysik fordern die Existenz von magnetischen Monopolen, sie sind aber<br />

noch nicht experimentell nachgewiesen worden.<br />

3.3 Die Lorentzkraft<br />

PSfrag replacements<br />

Der Strom I, d.h. die bewegten Elektronen, sind<br />

die Ursache für die Kraft F auf einen strom-<br />

durchlossenen Leiter im Magnetfeld. Wir neh-<br />

men an, dass alle Elektronen die gleiche Ge-<br />

schwindigkeit v besitzen und somit auf jedes<br />

Elektron die gleiche Kraft F ∗ wirkt. n sei die<br />

Anzahl der frei beweglichen Elektronen im Vo-<br />

lumen V = A l und t die Zeit, in der die Elek-<br />

tronen die Strecke l zurücklegen. Mit der Dichte<br />

ϱ der frei beweglichen Ladungen gilt dann<br />

A<br />

l<br />

I<br />

v<br />

B<br />

α<br />

Abb.3.3.1 Herleitung der Lorentzkraft<br />

v<br />

ϕ<br />

v<br />

F<br />

F ∗


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 46<br />

oder vektoriell<br />

I = Q<br />

t<br />

Q = −n e = ϱ V = ϱ A l (3.3.1)<br />

= ϱ A l<br />

t<br />

= ϱ A v = −n e<br />

l<br />

· v (3.3.2)<br />

I<br />

n e<br />

= − · v (3.3.3)<br />

l<br />

Für die Ges<strong>am</strong>tkraft auf das Leiterstück der Länge l gilt dann<br />

und es folgt für die Kraft auf ein Elektron<br />

F = n · F ∗ = l · I × B = −n e · v × B (3.3.4)<br />

Die Verallgemeinerung von (3.3.5) auf beliebige Teilchen lie-<br />

fert:<br />

Auf ein Teilchen der Ladung q und mit der<br />

Geschwindigkeit v wirkt im Magnetfeld B<br />

die Lorentzkraft<br />

F = q · v × B<br />

Der Betrag der Lorentzkraft ist<br />

F = | F | = q · v · B · sin ϕ (3.3.7)<br />

Für die Extremwerte der Lorentzkraft gilt<br />

F ∗ = (−e) · v × B (3.3.5)<br />

PSfrag replacements<br />

F = 0 ⇐⇒ v B (3.3.8)<br />

F maximal ⇐⇒ v ⊥ B (3.3.9)<br />

3.4 Die Bewegungsinduktion<br />

3.4.1 Gerader Leiter, v ⊥ Leiter und B ⊥ Leiter<br />

Bewegt sich ein gerader Leiter der Länge l mit<br />

der Geschwindigkeit v durch ein Magnetfeld B<br />

und steht der Leiter senkrecht auf B und v, dann<br />

wirkt auf jedes freie Elektron im Leiter die Lorentzkraft<br />

F = −e · v × PSfrag replacements<br />

B (3.4.1)<br />

mit<br />

F = | F | = e v B sin ϕ (3.4.2)<br />

F<br />

q<br />

F<br />

(q > 0)<br />

(q < 0)<br />

ϕ<br />

Abb.3.3.2 Lorentzkraft<br />

Abb.3.4.1 Bewegter Leiter<br />

F<br />

l<br />

ϕ<br />

v<br />

B<br />

F<br />

B<br />

v


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 47<br />

Durch die Verschiebung der Elektronen auf-<br />

grund der Kraft F lädt sich ein Leiterende po-<br />

sitiv und das andere negativ auf, d.h. im Leiter<br />

entsteht ein elektrisches Feld E mit PSfrag demreplacements Betrag<br />

E. Achtung, wir sind nicht mehr in der Elek-<br />

trostatik, in der die elektrische Feldstärke in<br />

Leitern immer Null ist! Die Elektronen bewegen<br />

sich solange, bis sich Lorentzkraft und elektri-<br />

sche Kraft auf die Elektronen aufheben (Gleich-<br />

gewicht):<br />

Fe = F =⇒ e · E = e v B sin ϕ (3.4.3)<br />

+ +<br />

+<br />

Fe<br />

Abb.3.4.2 Kräftegleichgewicht<br />

Da v an jedem Ort des Leiters gleich ist, herrscht somit im Leiter das homogene Feld<br />

U<br />

F<br />

E<br />

−<br />

E = v B sin ϕ (3.4.4)<br />

Zwischen den Leiterenden liegt dann eine Spannung mit dem Betrag<br />

U = E · l = l v B sin ϕ (3.4.5)<br />

(Induktionsspannung)<br />

∆A sei die Fläche, die der Leiter in der Zeit ∆t überstreicht.<br />

Der magnetische Fluss durch ∆A ist dann<br />

oder<br />

PSfrag replacements<br />

∆Φ = B · ∆A · sin ϕ = B l v sin ϕ · ∆t (3.4.6)<br />

U = ∆Φ<br />

∆t<br />

3.4.2 Allgemeiner Fall<br />

für B homogen (3.4.7)<br />

Durch geeignete Grenzbetrachtungen lässt sich allgemein beweisen:<br />

Überstreicht ein beliebig geformter Leiter die Fläche A(t) in<br />

einem zeitlich konstanten aber sonst beliebigen PSfrag (alsoreplacements nicht<br />

notwendig homogenen) Magnetfeld B und ist Φ(t) der ma-<br />

gnetische Fluss durch A(t), dann gilt für den Betrag der<br />

Induktionsspannung zwischen den Leiterenden<br />

|U| = | ˙ <br />

<br />

Φ| = <br />

dΦ<br />

<br />

dt <br />

(3.4.8)<br />

l<br />

v · ∆t<br />

∆A = l · v · ∆t<br />

v · ∆t<br />

Abb.3.4.3 Fluss durch Fläche<br />

A(t)<br />

+<br />

Abb.3.4.4 Allgemeiner Fall<br />

Die Polung von U ermittelt man über die Richtung der Lorentzkraft auf die Leiterelektronen.<br />

B<br />

v<br />

−<br />

v


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 48<br />

3.4.3 Bewegung einer Leiterschleife<br />

Abb.3.4.5 zeigt eine rechteckige Leiterschleife zu<br />

zwei kurz aufeinanderfolgenden Zeiten. PSfrag replacements<br />

In den<br />

Leiterstücken parallel zu v wird keine Spannung<br />

induziert, da sie die Fläche Null überstreichen.<br />

UAB = dΦ1<br />

dt<br />

und UCD = dΦ2<br />

dt<br />

(3.4.9)<br />

Der Betrag der Spannung U zwischen den Lei-<br />

terenden ist dann<br />

|U| = |UAB + UDC| = |UAB − UCD| =<br />

<br />

<br />

dΦ1<br />

dΦ2 <br />

= <br />

− <br />

dt dt =<br />

<br />

dΦ1<br />

= <br />

− dΦ2 <br />

<br />

dt <br />

(3.4.10)<br />

dΦ1<br />

t1<br />

A<br />

B<br />

Φ ∗<br />

Abb.3.4.5 Leiterschleife<br />

Der Fluss durch die Ges<strong>am</strong>tfläche der Leiterschleife sei Φ. Es gilt dann<br />

und d<strong>am</strong>it<br />

Aus (3.4.10) und (3.4.<strong>12</strong>) folgt dann<br />

U<br />

D<br />

C<br />

dΦ2<br />

t2 = t1 + dt<br />

Φ(t1) = Φ ∗ + dΦ1 und Φ(t2) = Φ ∗ + dΦ2 (3.4.11)<br />

dΦ = Φ(t2) − Φ(t1) = dΦ2 − dΦ1<br />

Bewegt sich eine Leiterschleife in einem zeitlich konstanten Magnetfeld<br />

B und ist Φ(t) der magnetische Fluss durch die Leiterschleife, dann wird<br />

an den Enden der Schleife die Spannung U induziert mit<br />

<br />

<br />

|U| = <br />

dΦ<br />

<br />

dt = | ˙ Φ|<br />

v<br />

(3.4.<strong>12</strong>)<br />

Jetzt müssen wir uns noch um die Polung der Induktionsspannung kümmern. Die Leiterschleife<br />

wird als Stromquelle betrachtet, d.h. der Induktionsstrom fließt außerhalb der Leiterschleife<br />

von <br />

+ nach − .


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 49<br />

Als Beispiel betrachten wir ein scharf begrenztes Ma-<br />

gnetfeld wie in Abb.3.4.6. Die Leiterschleife wird ein-<br />

mal aus dem Feld gezogen und das andere Mal in das<br />

Feld geschoben. Die Richtung des Induktionsstroms<br />

ermittelt man über die Lorenzkraft auf die Leiterelek-<br />

tronen. Der Induktionsstrom I erzeugt selbst ein Magnetfeld,<br />

das wir mit Bi bezeichnen. Wird PSfrag die replacements<br />

Schleife<br />

aus dem Feld gezogen, dann wird der Fluss Φ durch<br />

die Schleife kleiner. Der Abbildung entnimmt man,<br />

dass Bi in diesem Fall innerhalb der Schleife in die<br />

Richtung von B zeigt, d.h. Bi wirkt der Schwächung<br />

von Φ entgegen. Wird die Schleife in das Feld gescho-<br />

ben, dann wird der Fluss Φ durch die Schleife größer.<br />

Bi zeigt in diesem Fall innerhalb der Schleife entge-<br />

gen der Richtung von B, d.h. Bi wirkt dem Größer-<br />

werden von Φ entgegen.<br />

Allgemein gilt:<br />

B<br />

v<br />

I<br />

I<br />

Bi<br />

Bi<br />

Abb.3.4.6 Lenz’sche Regel<br />

Das vom Induktionsstrom erzeugte Magnetfeld Bi ist innerhalb der<br />

Leiterschleife so gerichtet, dass es der Flussänderung durch die Schleife<br />

entgegen wirkt. (Lenz’sche Regel).<br />

v<br />

+<br />

−<br />

−<br />

+<br />

I<br />

(3.4.14)


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 50<br />

3.5 Das Induktionsgesetz<br />

Die bisher erarbeiteten Gesetze zur Induktion werden durch eine Versuchsreihe überprüft. Wir<br />

experimentieren mit dem ziemlich homogenen Magnetfeld zwischen den Polschuhen eines Elek-<br />

tromagneten.<br />

Versuch 1<br />

Mit der Stromwaage wird die Kraft F auf<br />

einen stromdurchflossenen Leiter PSfragder replacements Länge l<br />

gemessen. Dazu wird die Waage zunächst bei<br />

I = 0 ins Gleichgewicht gebracht. Nach Auf-<br />

legen eines 10 g-Stücks auf den Leiter wird<br />

der Strom I durch den Leiter solange erhöht,<br />

bis die Waage wieder im Gleichgewicht ist.<br />

Die auf den Leiter wirkende Kraft F ist dann<br />

gleich der Gewichtskraft des 10 g-Stücks. Mit<br />

dem Messwert I = 4,25 A erhält man<br />

B = F<br />

I l<br />

Versuch 2<br />

= 0,01 kg · 9,81 m<br />

s 2<br />

4,25 A · 0,1 m<br />

≈ 0,23 T (3.5.1)<br />

−<br />

300<br />

_<br />

+<br />

I0 = 3 A<br />

Eine Induktionsspule mit n = 3 Windungen und der Fläche<br />

A wird ganz aus dem Feld des Elektromagneten gezogen.<br />

Der dabei auftretende Spannungsstoß<br />

t2<br />

t1<br />

U(t) dt (3.5.2)<br />

wird mit einem ballistischen Galvanometer gemessen.<br />

10 g<br />

+<br />

I<br />

_<br />

B<br />

Waage<br />

l = 10 cm<br />

Abb.3.5.1 Feld über Kraft auf Leiter<br />

PSfrag replacements n = 3<br />

Der maximale Ausschlag a des Galvanometers (Stossausschlag)<br />

ist proportional zum Kraftstoß PSfrag replacements<br />

∆p =<br />

t2<br />

t1<br />

F (t) dt , (3.5.3)<br />

der auf das Zeigersystem des Galvanometers wirkt (Be-<br />

weis!!). Wegen der Proportionalität von F und I bzw. I und<br />

U ist a proportional zum Spannungsstoß. Wegen<br />

<br />

<br />

|U| = n · <br />

dΦ<br />

<br />

dt <br />

gilt<br />

<br />

<br />

n · |∆Φ| = <br />

<br />

t2<br />

t1<br />

A = 6,37 cm 2<br />

Abb.3.5.2 Spule<br />

U<br />

t1<br />

Abb.3.5.3 Spannung<br />

300<br />

t2<br />

t<br />

(3.5.4)<br />

<br />

<br />

U(t) dt<br />

= cut · a (3.5.5)


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 51<br />

mit der ballistischen Spannungsstosskonstanten cut. Da die Spule ganz aus dem Feld gezogen<br />

wird, ist Φnachher = 0 und d<strong>am</strong>it<br />

Aus (3.5.5) und (3.5.6) folgt<br />

|∆Φ| = |Φnachher − Φ| = |Φ| = B · A (3.5.6)<br />

B = cut<br />

· a (3.5.7)<br />

n · A<br />

Mit cut = 1,<strong>12</strong> · 10−4 V s<br />

Skt für unser Spiegelgalvanometer (Skt steht für Skalenteile“) und dem<br />

”<br />

Messwert a = 3,9 Skt erhält man<br />

B =<br />

V s<br />

1,<strong>12</strong> · 10−4<br />

Skt · 3,9 Skt<br />

3 · 6,37 · 10−4 m2 ≈ 0,23 T (3.5.8)<br />

Die Übereinstimmung der Messwerte von Versuch 1 und Versuch 2 zeigt, dass unser theoretisch<br />

abgeleitetes Gesetz U = −n · ˙ Φ und dessen Grundlage F = q · v × B experimentell abgesichert<br />

sind.<br />

Versuch 3<br />

In diesem Versuch wird die Induktionsspule nicht aus dem Feld gezogen, sondern das Feld<br />

des Elektromagneten wird abgeschaltet. Das Galvanometer zeigt den gleichen Ausschlag wie<br />

beim Versuch 2!! Da auch der Endzustand (Φnachher = 0) der gleiche ist, sind die Gleichungen<br />

(3.5.5) und (3.5.4) auch beim Ausschalten des Feldes gültig, obwohl keine Bewegung der<br />

Spule relativ zum Feld stattgefunden hat!! Die Gleichung U = −n ˙ Φ gilt also nicht nur für die<br />

Bewegungsinduktion, sondern bei jeder beliebigen Änderung des Flusses Φ durch die Spule.<br />

Versuch 4<br />

Zur Kontrolle wird das Magnetfeld zwischen den Polschu-<br />

hen des Elektromagneten mit einer Hallsonde gemessen.<br />

Dabei wird die Sonde im Feld in alle möglichen Richtungen<br />

PSfrag replacements<br />

gedreht und die verstärkte Hallspannung mit einem Com-<br />

puter aufgezeichnet. Die Werte Umax und Umin erhält man,<br />

wenn B senkrecht zur Sonde steht. Die effektive Hallspannung<br />

ist dann UH = 1<br />

2 (Umax − Umin). Mit dieser Methode<br />

werden auch Nullpunktsverschiebungen des Verstärkers<br />

ausgeglichen.<br />

Versuch 5<br />

Umax<br />

Umin<br />

UH<br />

Abb.3.5.4 Hallspannung<br />

Zur weiteren Kontrolle wird der Spannungsstoss in den Versuchen 2 und 3 nicht mit dem Spiegel-<br />

galvanometer gemessen, sondern U(t) mit einem Computer aufgezeichnet. Ist ∆t die Messdauer<br />

für einen Spannungswert und liegen n Messwerte U1 bis Un vor, dann kann der Spannungsstoss<br />

automatisch mit t2<br />

U(t) dt = ∆t · (U1 + ... + Un) (3.5.9)<br />

t1<br />

t


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 52<br />

berechnet werden. Die Zus<strong>am</strong>menfassung aller Versuchsergebnisse ist unser 5. experimentelles<br />

Grundgesetz, das Induktionsgesetz:<br />

Eine Spule mit n Windungen berandet die Fläche A und<br />

<br />

Φ = B da<br />

A<br />

ist der magnetische Fluss durch A. Die an den Spulenenden induzierte<br />

Spannung hat den Betrag<br />

|U| = n · | ˙ <br />

<br />

Φ| = n · <br />

dΦ<br />

<br />

dt <br />

Die Richtung des Induktionsstromes bzw. die Polung von U folgt aus<br />

der Lenz’schen Regel.<br />

PSfrag replacements<br />

Bilden da und die positive Stromrichtung ein Rechtssystem (Kor-<br />

kenzieher!), dann gilt<br />

U = −n · ˙ Φ (3.5.11)<br />

Die Richtung von da wird willkürlich festgelegt. Die Richtung ei-<br />

nes positiven Stromes folgt dann mit der Korkenzieherregel. U ist<br />

definitionsgemäß positiv, wenn I > 0 ist, d.h. wenn der Pol der Lei-<br />

I<br />

B<br />

da<br />

Abb.3.5.5 U = −n ˙ Φ<br />

terschleife, der vom positiven Richtungspfeil des Stromes getroffen wird, positiv ist.<br />

In Abb.3.5.5 ist U > 0 (P ist der positive Pol der ” Stromquelle“ Leiterschleife). Bei der angege-<br />

benen Richtung von B gilt Φ > 0 und ˙ Φ < 0 =⇒ | B| wird kleiner.<br />

In einem (räumlich) homogenen Magnetfeld B und bei einer ebenen Fläche A gilt<br />

und d<strong>am</strong>it wegen der Produktregel<br />

Also gilt<br />

Φ = B · A = BxAx + ByAy + BzAz<br />

˙Φ = ˙ BxAx + ˙ ByAy + ˙ BzAz + Bx ˙<br />

Ax + By ˙<br />

Ay + Bz ˙<br />

Az = ˙ B · A + B ·<br />

U = −n · ˙ Φ = −n · ( ˙ B · A + B ·<br />

B zeitlich konstant =⇒ U = −n · ˙ Φ = −n · B ·<br />

P<br />

Q<br />

(3.5.<strong>12</strong>)<br />

˙A (3.5.13)<br />

˙A) (3.5.14)<br />

˙A (3.5.15)<br />

A zeitlich konstant =⇒ U = −n · ˙ ˙B Φ = −n · · A (3.5.16)


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 53<br />

3.6 Wirbelfelder und Wirbelströme<br />

Bei der Bewegungsinduktion ist die Ursache für den Induktions-<br />

strom die Lorentzkraft auf die Leiterelektronen. Bei einer ruhen-<br />

den Leiterschleife und einem zeitlich veränderlichen Magnetfeld ist<br />

aber keine Lorentzkraft vorhanden. Die Kraft auf<br />

PSfrag<br />

die Elektronen<br />

replacements<br />

des Leiters rührt in diesem Fall von einem elektrischen Wirbel-<br />

feld E her, das sich in geschlossenen Feldlinien um jedes sich<br />

mit der Zeit ändernde Magnetfeld aufbaut. Das elektrische<br />

Wirbelfeld existiert ohne das Vorhandensein von Ladungen. In-<br />

duktion tritt sogar dann auf, wenn das veränderliche Magnetfeld<br />

die Leiterschleife an keiner Stelle berührt.<br />

L<br />

B<br />

da<br />

Abb.3.6.1 Leiterschleife<br />

Ein Leiter liege entlang der geschlossenen Kurve L. An einem Elektron, das die volle Leiterschleife<br />

L durchläuft, wird die Arbeit<br />

<br />

W =<br />

L<br />

<br />

F ds = −e · E ds = −e · U (3.6.1)<br />

L<br />

geleistet. Entlang von L wird also die Umlaufspannung<br />

<br />

U = E ds (3.6.2)<br />

induziert. Mit dem Induktionsgesetz folgt daraus<br />

<br />

U =<br />

Dabei gilt für den Umlaufsinn von L und da die Korkenzieherregel<br />

(U ist positiv, wenn E den gleichen Umlaufsinn wie L hat). Die<br />

Orientierung von E ist dieselbe wie die eines fiktiven Induktions-<br />

L<br />

L<br />

E ds = − ˙ Φ = − ∂<br />

<br />

B da (3.6.3)<br />

∂t A<br />

stroms in einem Leiter, den man sich entlang der Feldlinie denkt.<br />

In Abb.3.6.2 nimmt der Betrag von PSfrag replacements<br />

B ab.<br />

Wir betrachten den Spezialfall eines axialsymmetrischen (zy-<br />

lindersymmetrischen) Magnetfeldes:<br />

Aus Symmetriegründen sind die Beträge Et und Er der Tangen-<br />

tialkomponente und der Radialkomponente des Wirbelfeldes PSfrag replacements auf<br />

einem Zylindermantel mit Radius r konstant. Der Gauß’sche Satz,<br />

der für jedes elektrische Feld gilt, verlangt Er = 0, d.h. E(r) ⊥ r<br />

und E = Et =konst. D<strong>am</strong>it sind die Feldlinien von E konzentri-<br />

sche Kreise.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

E ds <br />

= 2 r π · |E| = | ˙Φ| =⇒ |E| = | ˙ Φ|<br />

2 r π<br />

(3.6.4)<br />

E<br />

B<br />

da<br />

Abb.3.6.2 Umlaufsinn<br />

Et<br />

Er<br />

B<br />

Abb.3.6.3 axialsymm.<br />

r<br />

E


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 54<br />

3.7 Bewegung geladener Teilchen im Magnetfeld<br />

Ein Teilchen der Masse m und der Ladung q hat im<br />

Feld B die Geschwindigkeit v. Auf das Teilchen wirkt<br />

die Lorentzkraft<br />

D<strong>am</strong>it gilt<br />

F = m · a = m · ˙ v = q · v × B (3.7.1)<br />

˙v = q<br />

m · v × B (3.7.2)<br />

B sei homogen, konstant und zeige in Richtung der<br />

z-Achse, d.h.<br />

v × B =<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

Aus (3.7.2) und (3.7.4) folgt<br />

oder<br />

vx<br />

vy<br />

vz<br />

PSfrag replacements<br />

v0<br />

x0<br />

y<br />

x<br />

r<br />

y<br />

ω t<br />

O<br />

Abb.3.7.1 positives Teilchen<br />

B<br />

q > 0<br />

⎛<br />

B<br />

⎜<br />

= ⎝<br />

0<br />

0<br />

B<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ (3.7.3)<br />

⎞ ⎛<br />

0<br />

⎟ ⎜<br />

⎠ × ⎝ 0<br />

B<br />

⎞ <br />

<br />

ex<br />

⎟ <br />

⎠ = vx<br />

<br />

0<br />

ey<br />

vy<br />

0<br />

ez<br />

vz<br />

B<br />

⎛<br />

<br />

vy B<br />

⎜<br />

= ⎝ −vx B<br />

<br />

0<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ (3.7.4)<br />

⎛<br />

˙v<br />

q B<br />

=<br />

m ·<br />

⎜<br />

⎝<br />

vy<br />

−vx<br />

0<br />

⎞<br />

⎛<br />

⎟ ⎜<br />

⎠ = ω · ⎝<br />

vy<br />

−vx<br />

0<br />

mit<br />

q B<br />

ω =<br />

m<br />

Zunächst suchen wir eine Lösung für die Anfangsbedingungen<br />

v(0) =<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

vx(0)<br />

vy(0)<br />

vz(0)<br />

⎞<br />

⎛<br />

⎟ ⎜<br />

⎠ = ⎝<br />

0<br />

v0<br />

0<br />

⎞<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ (3.7.5)<br />

˙vx = ω vy (3.7.6)<br />

˙vy = −ω vx (3.7.7)<br />

˙vz = 0 (3.7.8)<br />

⎛<br />

⎟<br />

⎜<br />

⎠ , r(0) = ⎝<br />

x(0)<br />

y(0)<br />

z(0)<br />

⎞<br />

⎛<br />

⎟ ⎜<br />

⎠ = ⎝<br />

x0<br />

0<br />

0<br />

⎞<br />

x<br />

(3.7.9)<br />

⎟<br />

⎠ (3.7.10)<br />

Aus (3.7.8) und vz(0) = 0 folgt vz(t) = 0 für alle t und d<strong>am</strong>it wegen ˙z = vz = 0 und z(0) = 0<br />

auch z(t) = 0 für alle t, d.h. die Bewegung des Teilchens erfolgt in der xy-Ebene.<br />

Differenzieren von (3.7.6) ergibt<br />

und d<strong>am</strong>it folgt aus (3.7.7)<br />

¨vx = ω · ˙vy<br />

¨vx = −ω 2 · vx<br />

(3.7.11)<br />

(3.7.<strong>12</strong>)


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 55<br />

Die allgemeine Lösung von (3.7.<strong>12</strong>), der sogenannten Schwingungsgleichung, ist<br />

Wegen vx(0) = C · sin(ϕ) = 0 folgt ϕ = 0 und somit<br />

Aus (3.7.6) und (3.7.14) folgt<br />

Aus vy(0) = C · cos 0 = C = v0 folgt endgültig<br />

und wegen sin 2 ωt + cos 2 ωt = 1<br />

Integration von (3.7.16) ergibt<br />

vx(t) = C · sin(ωt + ϕ) (3.7.13)<br />

vx(t) = C · sin ωt (3.7.14)<br />

vy(t) = 1<br />

ω · ˙vx = C<br />

· ω cos ωt = C · cos ωt (3.7.15)<br />

ω<br />

v(t) =<br />

r(t) =<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

vx(t)<br />

vy(t)<br />

vz(t)<br />

⎞<br />

⎛<br />

⎟ ⎜<br />

⎠ = v0 · ⎝<br />

sin ωt<br />

cos ωt<br />

0<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ (3.7.16)<br />

v(t) = |v(t)| = v0 = konst. (3.7.17)<br />

x(t)<br />

y(t)<br />

z(t)<br />

⎞<br />

⎛<br />

⎟ ⎜<br />

⎠ = ⎝<br />

− v0<br />

ω<br />

v0<br />

ω<br />

cos ωt + Cx<br />

sin ωt + Cy<br />

Cz<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ (3.7.18)<br />

Anpassung an die Anfangsbedingungen mit der speziellen Wahl x0 = − v0<br />

ω liefert<br />

mit<br />

r(t) =<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

x(t)<br />

y(t)<br />

z(t)<br />

r = v0<br />

ω<br />

⎞<br />

⎛<br />

⎟ ⎜<br />

⎠ = ⎝<br />

= v<br />

ω<br />

−r cos ωt<br />

= v m<br />

q B<br />

r sin ωt<br />

0<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ (3.7.19)<br />

(3.7.20)<br />

Wegen |r(t)| = r =konst. beschreibt das Teilchen also eine Kreisbahn mit Radius r. Nachdem<br />

man weiß, dass das Teilchen eine Kreisbahn beschreibt, rechnet man in der Praxis mit dem<br />

Ansatz<br />

oder<br />

FLorentz = Fzentripetal<br />

|q| · v · B = m · v2<br />

r<br />

=⇒ r =<br />

m v<br />

|q| B<br />

(3.7.21)<br />

(3.7.22)


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 56<br />

Zus<strong>am</strong>menfassung:<br />

Ein Teilchen mit der Ladung q und der Masse m beschreibt in einem<br />

homogenen und konstanten Magnetfeld B eine Kreisbahn, wenn v ⊥ B<br />

gilt. Den Radius r der Kreisbahn erhält man aus<br />

Steht die Geschwindigkeit des Teilchens nicht<br />

FLorentz = Fzentripetal<br />

senkrecht auf B, dann ist vz(0) = vz0 = 0<br />

und aus (3.7.8) folgt vz(t) = vz0 =konst. bzw.<br />

z(t) = vz0 · t. D<strong>am</strong>it ist<br />

r =<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

−r cos ωt<br />

r sin ωt<br />

vz0 · t<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ , (3.7.23)<br />

die Teilchenbahn ist eine Schraubenlinie. Die<br />

Entfernung von zwei Punkten r1 = r(t) und<br />

r2 = r(t + T ) mit der Umlaufdauer T =<br />

2 π<br />

ω<br />

0.1<br />

0.08<br />

0.06<br />

0.04<br />

0.02<br />

0<br />

-0.04 -0.02<br />

0 0.02 0.04<br />

Abb.3.7.2 vz = 0<br />

0.1<br />

0<br />

0.02<br />

0.04<br />

0.06<br />

0.08<br />

nennt man die Ganghöhe der Schraubenlinie. Die Ganghöhe ist also die Strecke, die das Teilchen<br />

während eines Umlaufs in z-Richtung zurücklegt.<br />

Messung der spezifischen Ladung<br />

des Elektrons:<br />

PSfrag replacements<br />

Die von der Glühkathode emittier-<br />

ten Elektronen werden von der An-<br />

odenspannung U beschleunigt. Das<br />

ziemlich homogene Magnetfeld des<br />

Helmholtz-Spulenpaares zwingt<br />

die Elektronen auf eine Kreisbahn<br />

mit Radius r. Das Rohr ist mit ei-<br />

nem verdünnten Gas gefüllt, das von<br />

den Elektronen zum Leuchten ange-<br />

regt wird.<br />

Helmholtz-Spulenpaar<br />

B<br />

Q<br />

a<br />

HS<br />

r<br />

M<br />

Abb.3.7.3 Fadenstrahlrohr<br />

m<br />

2 v2 = e U =⇒ v 2 2 e U<br />

=<br />

m<br />

e v B = m v2<br />

r =⇒ v2 =<br />

e B r<br />

m<br />

2<br />

⎫<br />

⎪⎬<br />

⎪⎭<br />

a<br />

+<br />

Q<br />

_<br />

U<br />

2 e U<br />

m = e2 B2 r2 m2 A<br />

K<br />

r<br />

B<br />

6,3 V (Heizspannung)<br />

(3.7.24)<br />

e 2 U<br />

=<br />

m B2 r2 (spez. Ladung) (3.7.25)


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 57<br />

Für das Magnetfeld B0 im Mittelpunkt M des Rohres gilt<br />

B0 =<br />

3<br />

4 2<br />

·<br />

5<br />

n µ0 I<br />

a<br />

(3.7.26)<br />

Dabei ist I der Strom durch die Spulen, n die Windungszahl pro Spule und µ0 = 4 π · 10−7 T m<br />

A .<br />

Die Feldstärke auf der Mittelebene zwischen den Spulen entnimmt man folgender Tabelle:<br />

r 0 0,1 a 0,2 a 0,3 a 0,4 a 0,5 a<br />

B<br />

B0<br />

1 0,999958 0,999301 0,99624 0,98731 0,96668<br />

Für unsere Anordnung gilt n = 130 und a = 0,15 m. Mit den Messwerten<br />

I = 1,70 A, U = 165 V und r = 3,25 cm (3.7.27)<br />

erhält man B durch lineare Interpolation der Tabellenwerte:<br />

Mit<br />

folgt<br />

B − 0,999301<br />

B0<br />

0,217 − 0,2<br />

r = 3,25 cm = 0,217 · a (3.7.28)<br />

= 0,99624 − 0,999301<br />

0,3 − 0,2<br />

B0 = 130 · 4 · π · 10−7 · 1,7<br />

0,15<br />

·<br />

=⇒ B = 0,9988 · B0 (3.7.29)<br />

3/2 4<br />

T = 1,325 · 10<br />

5<br />

−3 T (3.7.30)<br />

B = 0,9988 · 1,325 · 10 −3 T = 1,323 · 10 −3 T (3.7.31)<br />

Einsetzen in (3.7.25) liefert für die spezifische Ladung des Elektrons<br />

e<br />

m =<br />

Der heute (1996) beste Wert für e<br />

m<br />

Mit der Elementarladung<br />

folgt für die Masse des Elektrons<br />

2 · 165 V<br />

(1,323 · 10 −3 T) 2 · (0,0325 m)<br />

(gültig seit 1986) ist<br />

e<br />

A s<br />

= 1,75881962 · 1011<br />

m kg<br />

kg<br />

2 = 1,78 · 1011 C<br />

(3.7.32)<br />

(3.7.33)<br />

e = 1,60217733 · 10 −19 A s (3.7.34)<br />

me = 9,1093897 · 10 −31 kg (3.7.35)


PSfrag replacements<br />

KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 58<br />

3.8 Bewegung in kombinierten elektrischen und magnetischen<br />

Feldern<br />

3.8.1 Der Massenspektrograf nach Thomson (1907)<br />

Ein Strahl von Teilchen (La-<br />

dung q, Masse m) tritt mit der<br />

⎛ ⎞<br />

v0<br />

⎜ ⎟<br />

Geschwindigkeit v0 = ⎝ 0 ⎠<br />

0<br />

<strong>am</strong> Ort O(0|0|0) in ein Raum-<br />

gebiet ein, in dem die homogenen<br />

Felder ⎛ ⎞<br />

0<br />

⎜ ⎟<br />

E = ⎝ 0 ⎠ und<br />

E<br />

B =<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

0<br />

0<br />

−B<br />

⎞<br />

v0<br />

O<br />

Abb.3.8.1 Massenspektrograf nach Thomson<br />

B<br />

l<br />

E<br />

P<br />

v1<br />

a<br />

z<br />

Z<br />

X = l + a<br />

⎟<br />

⎠ herrschen. Am Ort P(x1|y1|z1) (x1 = l) verlassen die Teilchen den Feldraum<br />

mit der Geschwindigkeit v1 =<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

vx1<br />

vy1<br />

vz1<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ und fliegen geradlinig zu einer zur yz-Ebene parallelen<br />

Fotoplatte, die sie bei Q(X|Y |Z) treffen. Im Feldraum wirkt auf ein Teilchen die Kraft<br />

F = q · ( E + v × ⎛⎛<br />

⎜⎜<br />

B) = q · ⎝⎝<br />

0<br />

0<br />

⎞ ⎛<br />

vx<br />

⎟ ⎜<br />

⎠ + ⎝<br />

⎞ ⎛<br />

⎟ ⎜<br />

⎠ × ⎝<br />

⎞⎞<br />

⎛<br />

0<br />

−vy · B<br />

⎟⎟<br />

⎜<br />

0 ⎠⎠<br />

= q · ⎝ +vx · B<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ (3.8.1)<br />

und die Bewegungsgleichungen lauten<br />

mit den Anfangsbedingungen<br />

E<br />

x(0) =<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

vy<br />

vz<br />

¨x =<br />

q B<br />

−<br />

m<br />

¨y =<br />

q B<br />

¨z =<br />

0<br />

0<br />

0<br />

⎞<br />

m<br />

q E<br />

m<br />

−B<br />

˙y (3.8.2)<br />

˙x (3.8.3)<br />

⎛<br />

⎟<br />

⎜<br />

⎠ und v(0) = ⎝<br />

v0<br />

0<br />

0<br />

⎞<br />

E<br />

Y<br />

Q<br />

x<br />

y<br />

(3.8.4)<br />

⎟<br />

⎠ (3.8.5)<br />

Die Gleichung für die z-Koordinate ist von den anderen beiden Gleichungen entkoppelt (sie<br />

enthält weder x noch y), d.h. die Projektion der Bewegung in die xy-Ebene ist nur durch B und<br />

die Bewegung in z-Richtung nur durch E bestimmt. Ähnlich wie in Kapitel 3.7 folgt die Lösung<br />

x(t) = r sin ω t (3.8.6)<br />

y(t) = r − r cos ω t (3.8.7)<br />

z(t) =<br />

q E<br />

2 m t2<br />

(3.8.8)


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 59<br />

mit<br />

r =<br />

m v0<br />

q B<br />

und<br />

q B<br />

ω =<br />

m<br />

Das Teilchen verläßt den Feldraum zur Zeit t1 mit<br />

x(t1) = r sin ω t1 = l =⇒ t1 = 1<br />

ω<br />

q E<br />

m<br />

arcsin l<br />

r<br />

(3.8.9)<br />

(3.8.10)<br />

(3.8.11)<br />

Für 0 ≤ t ≤ t1 hat das Teilchen die Geschwindigkeit<br />

⎛<br />

⎞<br />

r ω cos ω t<br />

⎜<br />

⎟<br />

v = ⎝ r ω sin ω t ⎠ (3.8.<strong>12</strong>)<br />

· t<br />

Wählt man l klein und v0 und d<strong>am</strong>it r groß, dann gelten wegen l<br />

r<br />

arcsin l l<br />

≈<br />

r r ,<br />

<br />

1 − l2 l2<br />

≈ 1 −<br />

r2 2 r2 und<br />

1<br />

<br />

1 − l2<br />

r2 Die Koordinaten des Austrittspunktes P aus dem Feldraum sind<br />

≪ 1 die Näherungen<br />

≈ 1 + l2<br />

2 r 2<br />

(3.8.13)<br />

x1 = x(t1)<br />

y1 = y(t1)<br />

=<br />

=<br />

l<br />

<br />

r − r 1 −<br />

(3.8.14)<br />

l2 l2<br />

≈<br />

r2 2 r<br />

(3.8.15)<br />

z1 = z(t1) =<br />

q E l m E l<br />

arcsin2 = arcsin2 ≈<br />

2 m ω2 r 2 q B2 r<br />

m E l2<br />

2 q B2 r2 (3.8.16)<br />

und die Austrittsgeschwindigkeit v1 hat die Koordinaten<br />

vx1 = vx(t1) =<br />

<br />

r ω 1 − l2<br />

<br />

≈ r ω 1 −<br />

r2 l2<br />

2 r2 <br />

(3.8.17)<br />

vy1 = vy(t1) = l ω (3.8.18)<br />

vz1 = vz(t1) =<br />

q E<br />

m ω<br />

Die Zeit für den Flug von P zur Fotoplatte ist<br />

t2 = a<br />

vx1<br />

l E<br />

arcsin =<br />

r B<br />

≈ a<br />

r ω ·<br />

<br />

1 + l2<br />

2 r2 <br />

arcsin l<br />

r<br />

≈ E l<br />

B r<br />

(3.8.19)<br />

(3.8.20)<br />

D<strong>am</strong>it errechnen sich die Koordinaten des Auftreffpunktes Q unter Vernachlässigung der Terme<br />

mit l3<br />

zu<br />

r3 und es gilt<br />

Y = y1 + vy1 · t2 ≈ l2 a l<br />

+<br />

2 r r<br />

Z = z1 + vz1 · t2 =<br />

a l3 l2<br />

+ ≈<br />

2 r3 2 r<br />

m E l2<br />

2 q B2 E l a<br />

+<br />

r2 B r2 ω ·<br />

Z ≈<br />

a l l<br />

+ =<br />

r r<br />

<br />

1 + l2<br />

2 r2 <br />

≈<br />

E m<br />

q B2 l a + l<br />

· Y<br />

2<br />

2<br />

<br />

a + l<br />

<br />

2<br />

E l m<br />

q B2 ·<br />

r2 <br />

a + l<br />

<br />

2<br />

(3.8.21)<br />

(3.8.22)<br />

(3.8.23)


PSfrag replacements<br />

KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 60<br />

3.8.2 Das Wienfilter<br />

Eine Kombination aus einem<br />

homogenen elektrischen Feld<br />

E und einem darauf senkrecht<br />

stehenden homogenen Magnet-<br />

feld B mit einer Eintritts- und<br />

einer Austrittsblende nennt<br />

man ein Wienfilter. Die Fel-<br />

der müssen dabei so orientiert<br />

sein, dass die Lorentzkraft auf<br />

m<br />

q<br />

v0<br />

Abb.3.8.2 Wienfilter<br />

y<br />

v < E<br />

B<br />

FE<br />

O B<br />

v ><br />

x<br />

FB<br />

E<br />

B<br />

ein in Durchlassrichtung fliegendes Teilchen der elektrischen Kraft entgegen gerichtet ist. Für<br />

geladene Teilchen, die geradlinig durch das Wienfilter fliegen, gilt FB = FE, d.h.<br />

oder<br />

q · E = q · v · B (3.8.24)<br />

v = E<br />

B<br />

E<br />

(3.8.25)<br />

Wir analysieren die Bewegung eines Teilchens im Wienfilter genauer. Da keine Kraft in z-<br />

Richtung auf das Teilchen wirkt, verläuft die Bahn des Teilchens vollständig in der xy-Ebene.<br />

Mit<br />

E =<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

0<br />

E<br />

0<br />

⎞<br />

⎛<br />

⎟<br />

⎠ , B ⎜<br />

= ⎝<br />

folgt für die Ges<strong>am</strong>tkraft auf das Teilchen<br />

0<br />

0<br />

B<br />

⎞<br />

⎛<br />

⎟ ⎜<br />

⎠ , v0 = ⎝<br />

v0<br />

0<br />

0<br />

⎛<br />

⎞<br />

⎛<br />

⎟<br />

⎜<br />

⎠ und v = ⎝<br />

vy B<br />

F = q · E + q · v × ⎜<br />

B = q · ⎝ E − vx B<br />

0<br />

⎞<br />

vx<br />

vy<br />

0<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ (3.8.26)<br />

⎟<br />

⎠ (3.8.27)<br />

Aus der Bewegungsgleichung m ¨ r = F folgen dann die beiden Differentialgleichungen<br />

q B<br />

¨x = ˙y<br />

m<br />

(3.8.28)<br />

¨y = q q B<br />

E − ˙x<br />

m m<br />

(3.8.29)<br />

Die Lösung dieses Gleichungssystems mit den Anfangsbedingungen<br />

⎛<br />

v0<br />

⎜<br />

v(0) = ⎝ 0<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ und<br />

⎛ ⎞<br />

0<br />

⎜ ⎟<br />

r(0) = ⎝ 0 ⎠ (3.8.30)<br />

0<br />

0<br />

lautet (mit MAPLE berechnen oder direkter Beweis durch Einsetzen)<br />

x(t) = m<br />

q B2 (v0B<br />

<br />

q B<br />

− E) sin<br />

m t<br />

<br />

+ E<br />

t (3.8.31)<br />

B<br />

y(t) = m<br />

q B2 (v0B<br />

<br />

q B<br />

− E) cos<br />

m t<br />

<br />

− 1<br />

(3.8.32)


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 61<br />

Mit<br />

lautet die Lösung<br />

ω =<br />

q B<br />

m<br />

(3.8.33)<br />

x(t) = 1<br />

<br />

v0 −<br />

ω<br />

E<br />

<br />

sin ω t +<br />

B<br />

E<br />

t (3.8.34)<br />

B<br />

y(t) = 1<br />

<br />

v0 −<br />

ω<br />

E<br />

<br />

(cos ω t − 1) (3.8.35)<br />

B<br />

Durch Differenzieren erhält man die Geschwindigkeitskomponenten<br />

<br />

vx(t) = v0 − E<br />

<br />

cos ω t +<br />

B<br />

E<br />

(3.8.36)<br />

B<br />

<br />

vy(t) = − v0 − E<br />

<br />

sin ω t (3.8.37)<br />

B<br />

Die Bahnkurve ist periodisch mit der Periodendauer<br />

T =<br />

Die Länge einer Periode auf der x-Achse ist<br />

und es gilt<br />

2 π<br />

ω<br />

λ = x(T ) =<br />

= 2 π m<br />

q B<br />

2 π m E<br />

q B 2<br />

(3.8.38)<br />

(3.8.39)<br />

y(T ) = 0 (3.8.40)<br />

λ ist unabhängig von v0, d.h. die Bahn eines jeden Teilchens (beliebiges v0) geht durch die<br />

Punkte Pn( nλ | 0 ). Die Geschwindigkeit in den Punkten Pn ist<br />

⎛<br />

v0<br />

⎜<br />

v(T ) = ⎝ 0<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ (3.8.41)<br />

Ist die Länge des Kondensators zufällig gleich einem Vielfachen von λ, dann gehen Teilchen mit<br />

beliebiger Geschwindigkeit durch das Wienfilter. In allen anderen Fällen lässt das Wienfilter nur<br />

Teilchen mit<br />

durch.<br />

Abb.3.8.3 zeigt Bahnkurven eines<br />

Elektrons für E = 10000 V<br />

m<br />

und B = 0,001 T. Geradliniger<br />

Durchgang für v0 = 1 · 107 m<br />

s .<br />

v01 = 0 m<br />

PSfrag replacements<br />

s<br />

v02 = 5 · 106 m<br />

s<br />

v03 = 1,5 · 107 m<br />

s<br />

v04 = 2 · 107 m<br />

v05 = 3 · 10<br />

s<br />

7 m<br />

s<br />

0.1<br />

0.05<br />

0<br />

-0.05<br />

-0.1<br />

-0.15<br />

-0.2<br />

v0 = E<br />

B<br />

0<br />

v01<br />

v02<br />

0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7<br />

v03<br />

λ<br />

v04<br />

v05<br />

Abb.3.8.3 Bahnen im Wienfilter für verschiedene v0<br />

(3.8.42)


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 62<br />

3.8.3 Das Zyklotron<br />

Abb.3.8.4 zeigt den schematischen<br />

PSfrag<br />

Aufbau<br />

replacements<br />

eines<br />

Zyklotrons. Ein Strahl von Teilchen mit der La-<br />

dung q (Elektronen, Protonen, Ionen,...) wird im<br />

elektrischen Feld zwischen den beiden Duan-<br />

den (Leiter in der Form einer flachen, auseinan-<br />

dergeschnittenen Konservendose) beschleunigt.<br />

In den Duanden herrscht kein elektrisches Feld<br />

(Faraday-Käfig). Die ganze Anordnung befindet<br />

sich im Vakuum und ist von einem Magnetfeld<br />

B durchsetzt. In einem Duanden wirkt nur die<br />

Lorentzkraft auf die Teilchen:<br />

m v 2<br />

r<br />

= q v B =⇒ r<br />

v<br />

= m<br />

q B<br />

Die Zeit für einen halben Umlauf ist dann<br />

T<br />

2<br />

= r π<br />

v<br />

= m π<br />

q B<br />

(3.8.43)<br />

(3.8.44)<br />

d.h. sie ist unabhängig vom momentanen Bahnradius<br />

r. Wenn ein positives Teilchen PSfrag zur replacements Zeit<br />

Null die Teilchenquelle verlässt, dann muss zu<br />

diesem Zeitpunkt der untere Duand positiv und<br />

der obere negativ sein. Zur Zeit T<br />

2 ,wenn das Teil-<br />

PSfrag replacements<br />

chen in der linken Hälfte das Beschleu-<br />

nigungsfeld durchquert, muss die Span-<br />

nung an den Duanden gerade umgepolt<br />

sein. Die Frequenz f der Wechselspannung<br />

U(t) = U0 cos ωt an den Duanden muss al-<br />

so gleich der Umlauffrequenz<br />

f = 1<br />

T<br />

U<br />

U0<br />

Duand<br />

Beschleunigungsfeld<br />

Abb.3.8.4 Zyklotron<br />

Abb.3.8.5 Duand<br />

Duand<br />

B<br />

Vakuum<br />

Teilchenquelle<br />

r0<br />

Beschleunigungsphasen<br />

Abb.3.8.6 Beschleunigungsphasen<br />

= q B<br />

2 π m<br />

∼ U<br />

t<br />

(3.8.45)<br />

der Teilchen sein. f nennt man die Zyklotronfrequenz. Abb.3.8.6 entnimmt man, dass während<br />

der Beschleunigungsphasen |U(t)| ≈ U0 gilt. Pro Umlauf wird die kinetische Energie eines Teil-<br />

chens also um 2 q U0 vergrößert. Die Endenergie Wmax der Teilchen ist durch den Radius r0 des<br />

Zyklotrons begrenzt. Aus (3.8.43) folgt<br />

und daraus<br />

vmax = r0 q B<br />

m<br />

Wkin,max = m<br />

2 v2 max = r2 0 q2 B2 2 m<br />

(3.8.46)<br />

(3.8.47)


PSfrag replacements<br />

KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 63<br />

3.9 Das Ampèrsche Durchflutungsgesetz<br />

Der magnetische Spannungsmesser (Rogowski-Spirale) ist eine flexible, zweilagig gewickelte In-<br />

duktionsspule, deren Anschlüsse dicht beieinander liegen.<br />

(a) (b)<br />

(c)<br />

A<br />

A<br />

K<br />

Abb.3.9.1 Magnetischer Spannungsmesser (Rogowski-Spirale)<br />

Mit dem magnetische Spannungsmesser misst man die Summe aller magnetischen Flussände-<br />

rungen ∆Φν durch die Flächen Aν der einzelnen Windungen und nicht die Flussänderung durch<br />

die von der ganzen Spirale umschlossene Fläche A ∗ (siehe Abb.3.9.1.b)). Mit der Länge l der<br />

Spirale und der Windungszahl n folgt für den Abstand zweier benachbarter Windungen<br />

(d)<br />

∆sν<br />

ν − 1<br />

∆sν = ∆s = l<br />

. (3.9.1)<br />

n<br />

Mit der konstanten Querschnittsfläche Aν = | Aν| = A folgt für den ν-ten Flächenvektor<br />

Aν = A<br />

· ∆sν<br />

(3.9.2)<br />

∆s<br />

Beim Ausschalten des Magnetfeldes wird in der ν-ten Windung der Spannungsstoß<br />

<br />

Uν dt = ∆Φν = Aν · Bν = A<br />

∆s · A · n<br />

Bν · ∆sν = ·<br />

l<br />

Bν · ∆sν<br />

induziert. Der in der ganzen Spirale induzierte Spannungsstoß ist demnach<br />

<br />

U dt =<br />

n<br />

<br />

ν=1<br />

Uν dt =<br />

<br />

K<br />

A · n<br />

l<br />

·<br />

n<br />

Bν · ∆sν ≈<br />

ν=1<br />

B ds = l<br />

A n<br />

<br />

A · n<br />

l<br />

<br />

·<br />

K<br />

A ∗<br />

ν<br />

Bν<br />

Aν<br />

(3.9.3)<br />

B ds (3.9.4)<br />

U dt (3.9.5)


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 64<br />

Den Spannungsstoß messen wir mit dem ballistischen Galvanometer:<br />

<br />

U dt = cut · a, (3.9.6)<br />

wobei a der Zeigerausschlag in Skalenteilen (Skt) ist. Mit dem ballistischen Galvanometer an<br />

der Rogowski-Spirale misst man also so etwas Ähnliches wie eine magnetische Spannung (siehe<br />

weiter unten):<br />

Die Daten unserer Versuchsanordnung sind<br />

woraus<br />

folgt.<br />

<br />

K<br />

B ds = C · a mit C =<br />

l cut<br />

n A<br />

l = 0,5 m, n = 2600, A = 2,5 cm 2 −4 V s<br />

und cut = 1,<strong>12</strong> · 10<br />

Skt ,<br />

C =<br />

l cut<br />

n A<br />

= 8,6 · 10−5 V s<br />

m Skt<br />

Durch eine Spule mit n Windungen, die vom Strom I<br />

durchflossen wird, wird eine Rogowski-Spirale gelegt<br />

(siehe Abb.3.9.2). Der Ges<strong>am</strong>tstrom durch die von der<br />

Spirale berandete Fläche A∗ PSfrag replacements<br />

ist<br />

a<br />

Iges<br />

Iges = n · I . (3.9.9)<br />

n 300 300 900 900<br />

I 1 A 3 A 1 A 0,5 A<br />

Iges 300 A 900 A 900 A 450 A<br />

a 4,25 Skt 13,0 Skt 13,0 Skt 6,2 Skt<br />

· A<br />

Skt<br />

0,014 0,014 0,014<br />

PSfrag<br />

0,014<br />

replacements<br />

Die Versuche ergeben, dass der gemessene Spannungs-<br />

stoß und somit auch die magnetische Spannung ent-<br />

lang der Kurve K proportional zu Iges ist. D<strong>am</strong>it haben<br />

wir das 6. experimentelle Grundgesetz gefunden:<br />

<br />

K<br />

B ds = µ0 · Iges<br />

(Ampèrsches Durchflutungsgesetz)<br />

Dabei ist Iges der Strom durch die von der geschlos-<br />

senen Kurve K berandete Fläche A ∗ (j ist die Strom-<br />

dichte):<br />

<br />

Iges = j da (3.9.11)<br />

A ∗<br />

A ∗<br />

Abb.3.9.3 Versuch 2<br />

(3.9.10)<br />

PSfrag replacements<br />

K<br />

Abb.3.9.2 Versuch 1<br />

K<br />

Iges = 0<br />

A ∗<br />

I<br />

(3.9.7)<br />

(3.9.8)<br />

Auch beim Ausschalten von I ist a = 0!!<br />

K<br />

I −I<br />

A ∗<br />

a<br />

a<br />

Iges = I + (−I) = 0<br />

Auch beim Ausschalten von I ist a = 0!!<br />

Abb.3.9.4 Versuch 3<br />

a


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 65<br />

Die magnetischen Feldlinien eines unendlich langen, geraden Lei-<br />

ters sind konzentrische Kreise. Für r = konst. ist aus Symmetrie-<br />

gründen sicher auch B = | B| = konst. und mit dem Durchflu-<br />

tungsgesetz folgt:<br />

<br />

B ds =<br />

Kreis<br />

<br />

Kreis<br />

PSfrag replacements<br />

B ds = 2 r π B = µ0 I (3.9.<strong>12</strong>)<br />

B = µo I<br />

2 r π<br />

(3.9.13)<br />

(Magnetfeld des unendlich langen, geraden Leiters)<br />

Ampèredefinition:<br />

Im unendlich langen Paralleldrahtsystem mit dem Ab-<br />

stand a = 1 m ist I = 1 A, wenn die Kraft F auf ein<br />

Leiterstück der Länge l = 1 m genau 2·10−7 N beträgt.<br />

PSfrag replacements<br />

Mit der Ampèredefinition ist die magnetische Feldkonstante<br />

µ0 festgelegt:<br />

µ0 =<br />

F = l · I · B = l · I · µ0 I<br />

2 r π = l µ0 I2 2 r π<br />

2 r π F<br />

l I 2<br />

= 2 m · π · 2 · 10−7 N<br />

1 m · 1 A2 −7 N<br />

= 4 π · 10<br />

A2 −7 N<br />

µ0 = 4 π · 10<br />

A<br />

(3.9.14)<br />

(3.9.15)<br />

A m<br />

2 = 4 π · 10−7 V s<br />

(magnetische Feldkonstante)<br />

Aus unseren Messwerten (siehe Tabelle) folgt für µ0:<br />

µ0 =<br />

l · cut<br />

n · A<br />

· a<br />

Iges<br />

= 0,5 m · 1,<strong>12</strong> · 10−4 A s<br />

Skt<br />

2600 · 2,5 · 10−4 Skt<br />

· 0,014<br />

m2 A<br />

Abb.3.9.5 unendlicher gerader<br />

Leiter<br />

I<br />

F<br />

I<br />

1 m<br />

Abb.3.9.6 Ampère-Definition<br />

= 1,24 · 10−6 V s<br />

A m<br />

in sehr guter Übereinstimmung mit dem exakten Wert µ0 = 1,256637.... · 10−6 V s<br />

A m .<br />

Der Vollständigkeit halber seien noch zwei Definitionen erwähnt:<br />

H = B<br />

µ0<br />

(magnetischeFeldstärke)<br />

Q<br />

P<br />

H ds = 1<br />

µ0<br />

Q<br />

P<br />

B ds<br />

(magnetische Spannung zwischen P und Q)<br />

D<strong>am</strong>it ist der N<strong>am</strong>e magnetischer Spannungsmesser für die Rogowski-Spirale geklärt.<br />

Wie für elektrische Felder gilt auch für stationäre (zeitlich konstante) Magnet-<br />

felder das Superpositionsprinzip (vektorielle Addition).<br />

(7. experimentelles Grundgesetz)<br />

r<br />

B<br />

B<br />

I<br />

(3.9.16)<br />

(3.9.17)<br />

(3.9.18)


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 66<br />

3.10 Berechnung von Magnetfeldern<br />

3.10.1 Die langgestreckte Spule (Solenoid)<br />

PSfrag replacements<br />

2 R<br />

l<br />

n Wdg.<br />

Abb.3.10.1 Versuche mit der Rogowski-Spirale<br />

a1<br />

a4<br />

Mit einem magnetischen Spannungsmesser wird das Feld einer Spule vermessen. Die folgende<br />

Tabelle zeigt die ballistischen Ausschläge beim Ausschalten<br />

PSfrag replacements<br />

des Spulenfeldes:<br />

a1 a2 a3 a4<br />

15 Skt 0,5 Skt 0,5 Skt 15,5 Skt<br />

Der Tabelle entnimmt man, dass sich der Hauptteil des Spulenfel-<br />

des im Spuleninneren befindet. Unter der Annahme eines homo-<br />

genen Feldes im Spuleninneren folgt aus dem Ampèrschen Durch-<br />

flutungsgesetz:<br />

µ0 n I =<br />

<br />

K1+K2<br />

<br />

B ds =<br />

K1<br />

3.10.2 Die Ringspule (Toroid)<br />

<br />

B ds +<br />

K2<br />

<br />

B ds ≈<br />

B ≈ µ0 n I<br />

l<br />

K1<br />

B ds ≈<br />

l<br />

(Feld im Spuleninneren für l ≫ R)<br />

Aus Symmetriegründen ist B = | B| auf Kreisen um<br />

die Mittelachse des Toroids konstant. Mit der Win-<br />

dungszahl n folgt aus dem Durchflutungsgesetz:<br />

<br />

B ds = 2 r π B = µ0 n I<br />

PSfrag replacements<br />

(3.10.3)<br />

K<br />

B = µ0 n I<br />

2 r π<br />

(im Inneren des Toroids)<br />

(3.10.4)<br />

0<br />

a3<br />

a2<br />

K2<br />

A C<br />

K1<br />

I<br />

Abb.3.10.2<br />

B ds = B · l (3.10.1)<br />

ri<br />

Abb.3.10.3 Toroid<br />

ds<br />

r<br />

K<br />

B<br />

ra<br />

(3.10.2)


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 67<br />

3.10.3 Das Magnetfeld einer beliebigen Stromverteilung<br />

Ein Leiter wird vom Strom I durchflossen. d B ist das<br />

vom Leiterelement ds <strong>am</strong> Ort P erzeugte PSfrag Magnetfeld, replacements<br />

x ist der Vektor vom Leiterelement nach P. Nach der<br />

Korkenzieherregel steht d B senkrecht auf ds und x,<br />

d.h.<br />

d B ds × x (3.10.5)<br />

Vermutung: dB ∼ ds und dB ∼ 1<br />

x 2 (3.10.6)<br />

Aus (3.10.5) und (3.10.6) folgt<br />

d ds × x<br />

B = k ·<br />

x3 (3.10.7)<br />

Um (3.10.7) zu bestätigen und den Wert der Proportionalitäts-<br />

konstanten k zu bestimmen, berechnen wir mit (3.10.7) das<br />

Feld eines unendlich langen geraden Leiters und PSfrag vergleichen replacements<br />

das Ergebnis mit (3.9.13):<br />

dB = |d B| = k ·<br />

B =<br />

|ds × x| = ds · x · sin ϕ = r ds (3.10.8)<br />

+∞<br />

−∞<br />

(3.10.7) stimmt also für<br />

d.h.<br />

x sin ϕ ds<br />

x 3<br />

dB = k r ·<br />

= k ·<br />

+∞<br />

−∞<br />

s<br />

= = 2 k r ·<br />

r2 √ r2 + s2 <br />

<br />

<br />

<br />

r ds<br />

(r 2 + s 2 ) 3<br />

2<br />

ds<br />

(r 2 + s 2 ) 3<br />

2<br />

+∞<br />

0<br />

= 2 k<br />

K<br />

(3.10.9)<br />

Beweis!<br />

= k r ·<br />

r<br />

k = µ0 I<br />

4 π<br />

d B = µ0 I<br />

4 π<br />

· lim<br />

s→∞<br />

· ds × x<br />

x 3<br />

I<br />

ds<br />

Q<br />

Abb.3.10.4 Beliebiger Strom<br />

I<br />

ds<br />

s<br />

s<br />

r2 √ r2 + s2 <br />

<br />

<br />

<br />

1<br />

<br />

1 + r2<br />

s 2<br />

(Gesetz von Biot-Savart)<br />

= 2 k<br />

ϕ<br />

x<br />

r<br />

x<br />

P<br />

d B<br />

Abb.3.10.5 Gerader Leiter<br />

r<br />

+∞<br />

−∞<br />

=<br />

(3.9.13)<br />

= µ0 I<br />

2 r π<br />

d B<br />

(3.10.10)<br />

(3.10.11)<br />

(3.10.<strong>12</strong>)<br />

Fließt der Strom I entlang der Kurve K, dann ist das von diesem Strom im Punkt P erzeugte<br />

Magnetfeld (x = −→<br />

QP, Q durchläuft die Kurve K, siehe Abb.3.10.4):<br />

B = µ0 I<br />

4 π ·<br />

<br />

K<br />

ds × x<br />

x 3<br />

(3.10.13)


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 68<br />

3.11 Induktivität und magnetische Feldenergie<br />

Durch eine Spule oder eine einzelne Leiterschleife fließt der Strom I. Nach dem Gesetz von<br />

Biot-Savart (3.10.13) ist das von der Spule erzeugte Magnetfeld überall proportional zu I. Da-<br />

mit ist der ges<strong>am</strong>te magnetische Fluss Φges durch die Spule ebenfalls proportional zu I. Die<br />

Proportionalitätskonstante L heißt Induktivität der Leiteranordnung:<br />

L := Φges<br />

I<br />

(3.11.1)<br />

Die Einheit der Induktivität wird nach dem US <strong>Physik</strong>er Joseph Henry (1797 - 1878) benannt:<br />

V s<br />

[L] = 1 = 1 H = 1 Henry (3.11.2)<br />

A<br />

Für eine langgestreckte Spule (Solenoid mit n Windungen, Länge l, Querschnittsfläche A) gilt:<br />

Φges = n · A · B (3.10.2)<br />

= n A · µ0 n I<br />

l = µ0 A n2 · I = L · I (3.11.3)<br />

l<br />

L = µ0 A n 2<br />

l<br />

(Induktivität eines Solenoids PSfrag replacements ohne Eisenkern)<br />

Wird der Strom durch die Spule größer, dann wird auch Φges<br />

größer und nach der Lenz’schen Regel wird eine Spannung Ui<br />

an den Spulenenden induziert, die der angelegten Spannung<br />

Ue entgegenwirkt:<br />

Ui = − ˙ Φges = −L · ˙<br />

I (3.11.5)<br />

Die Ges<strong>am</strong>tspannung an der Spule ist dann<br />

U = R · I = Ue + Ui = Ue − L · ˙<br />

I (3.11.6)<br />

(3.11.4)<br />

und für den Strom gilt die Differentialgleichung<br />

I ˙ + R Ue<br />

· I = (3.11.7)<br />

L L<br />

Die Lösung dieser Gleichung für eine konstante angelegte Spannung Ue lautet (Beweis!):<br />

I(t) = Ue<br />

R<br />

+ C · e− R<br />

L ·t<br />

Einschalten des Stromes zur Zeit Null liefert mit<br />

<br />

0<br />

Ue =<br />

U<br />

für<br />

für<br />

t < 0<br />

t ≥ 0<br />

PSfrag replacements<br />

(3.11.9)<br />

I(0) = U<br />

+ C = 0 =⇒ C = −U<br />

R R<br />

(3.11.10)<br />

UR<br />

Ue<br />

Ue<br />

Ui<br />

I n L R<br />

Abb.3.11.1<br />

U<br />

U<br />

R<br />

Ue<br />

I<br />

Abb.3.11.2 Einschalten<br />

A<br />

(3.11.8)<br />

t<br />

t


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 69<br />

Für den Einschaltstrom gilt also<br />

I(t) = U<br />

<br />

R<br />

−<br />

1 − e L<br />

R<br />

·t<br />

Ausschalten des Stromes zur Zeit Null liefert mit (3.11.8),<br />

PSfrag replacements<br />

<br />

Ue =<br />

U<br />

0<br />

für<br />

für<br />

t < 0<br />

t ≥ 0<br />

(3.11.<strong>12</strong>)<br />

und der Anfangsbedingung I(0) = I0:<br />

Der Ausschaltstrom ist also<br />

R<br />

−<br />

I(t) = C · e L ·t<br />

I(0) = C = I0<br />

R<br />

−<br />

I(t) = I0 · e L ·t<br />

(3.11.13)<br />

(3.11.14)<br />

(3.11.15)<br />

R1<br />

R = R1 + R2<br />

S<br />

I0<br />

R2<br />

L<br />

Abb.3.11.3 Ausschalten<br />

Der Induktionsstrom (3.11.15) nach dem Ausschalten wird von der Induktionsspannung<br />

Ui = −L · ˙<br />

I angetrieben. Die Leistung des Induktionsstromes ist somit<br />

P = Ui · I = −L ˙<br />

I I = −L I dI<br />

dt<br />

Die vom Induktionsstrom nach dem Ausschalten verrichtete Arbeit ist dann<br />

W =<br />

∞<br />

0<br />

<br />

P dt = −<br />

0<br />

∞<br />

L I dI<br />

dt<br />

<br />

dt = −L<br />

I0<br />

0<br />

<br />

I2 I dI = −L<br />

2<br />

0<br />

I0<br />

= L<br />

2 · I2 0<br />

(3.11.11)<br />

Ue<br />

I<br />

t<br />

(3.11.16)<br />

(3.11.17)<br />

W kann nur vom Magnetfeld st<strong>am</strong>men, das von I0 erzeugt wurde. Im Magnetfeld einer Leiter-<br />

anordnung der Induktivität L, die vom Strom I durchflossen wird, steckt also die Energie<br />

Wm = L<br />

2<br />

Die Energie des Magnetfeldes einer langen Spule ist wegen (3.11.4) und (3.10.2)<br />

· I2<br />

Wm = L<br />

2 · I2 = 1<br />

2 · µ0 n2 A<br />

·<br />

l<br />

l2 B2 n2 µ 2 0<br />

und d<strong>am</strong>it gilt für die Energiedichte des Magnetfeldes:<br />

wm =<br />

d Wm<br />

d V<br />

= B2<br />

2 µ0<br />

Die Energie eines Magnetfeldes im Volumen V ist<br />

Wm = 1<br />

<br />

2 µ0<br />

V<br />

B 2 dV = 1<br />

<br />

2<br />

V<br />

(3.11.18)<br />

= B2<br />

· V (3.11.19)<br />

2 µ0<br />

= 1<br />

H B (3.11.20)<br />

2<br />

H B dV (3.11.21)


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 70<br />

3.<strong>12</strong> Netzwerke<br />

Für jeden Zweig eines Netzwerkes wird ein Zählpfeil (Z.P.) festgelegt, der die positive Stromrich-<br />

tung definiert. Ströme in Richtung des Zählpfeils sind also positiv, Ströme in entgegengesetzter<br />

Richtung zum Zählpfeil negativ.<br />

3.<strong>12</strong>.1 Stromquellen<br />

Ue heißt Urspannung oder EMK (Elektro-Motorische-<br />

Kraft) der Stromquelle.<br />

Die Urspannung Ue ist positiv, wenn der von Ue außerhalb<br />

der Stromquelle erzeugte Strom positiv ist.<br />

Eine reale Stromquelle mit dem Innenwiderstand Ri denkt<br />

man sich als Hintereinanderschaltung einer idealen Strom-<br />

quelle mit dem Widerstand Ri.<br />

3.<strong>12</strong>.2 Ohmsche Widerstände<br />

PSfrag replacements<br />

Z.P.<br />

Ue<br />

+ −<br />

Ue<br />

+ −<br />

Ue > 0<br />

Ue < 0<br />

ideale Stromquellen<br />

Ue<br />

Ri<br />

reale Stromquelle<br />

Z.P.<br />

Abb.3.<strong>12</strong>.1 Stromquellen<br />

Der Spannungsabfall an einem ohmschen Widerstand R, der vom Strom I durchflossen wird, ist<br />

Das Vorzeichen von UR ist gleich dem Vorzeichen von I.<br />

Beispiel: Reale Stromquelle und Verbraucher PSfrag mitreplacements Wider-<br />

stand R:<br />

Ue ist gleich der Summe der Spannungsabfälle:<br />

3.<strong>12</strong>.3 Kapazitäten<br />

Ue = I · R + I · Ri<br />

UR = I · R = Ue · R<br />

R + Ri<br />

(Klemmspannung)<br />

Q ist die Ladung auf der vom Zählpfeil zuerst getroffenen<br />

Platte.<br />

Der Spannungsabfall <strong>am</strong> Kondensator ist<br />

UC = Q<br />

C mit I = ˙ Q (3.<strong>12</strong>.2)<br />

Das Vorzeichen von UC ist gleich dem Vorzeichen von Q.<br />

UR = R · I (3.<strong>12</strong>.1)<br />

+<br />

Ue<br />

I<br />

R<br />

Ri<br />

Z.P.<br />

PSfrag replacementsAbb.3.<strong>12</strong>.2<br />

derstände<br />

Ohmsche Wi-<br />

Ri<br />

Q > 0 Q < 0<br />

+<br />

Z.P.<br />

−<br />

UC > 0<br />

−<br />

Abb.3.<strong>12</strong>.3 Kapazitäten<br />

−<br />

Z.P.<br />

+<br />

UC < 0


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK PSfrag replacements<br />

71<br />

3.<strong>12</strong>.4 Induktivitäten<br />

UL ist der Teil der EMK, der an der Spule liegt (Spannungs-<br />

abfall an der Spule). Die Ges<strong>am</strong>tspannung an der Spule ist<br />

RL · I = UL + Uind = UL − L · ˙<br />

I<br />

PSfrag replacements<br />

UL = RL · I + L · ˙<br />

I (3.<strong>12</strong>.3)<br />

3.<strong>12</strong>.5 Maschenregel und Knotenregel<br />

I<br />

RL<br />

L<br />

Z.P.<br />

Abb.3.<strong>12</strong>.4 Induktivitäten<br />

Eine Masche ist eine geschlossene Leiterschleife in einem Netzwerk. Der Maschenpfeil legt einen<br />

Umlaufsinn der Masche fest.<br />

In einer Masche ist die Summe al-<br />

ler Spannungsabfälle gleich der Sum-<br />

me aller EMK’s. Dabei erhalten Span-<br />

nungen, deren Zählpfeil zum Maschen-<br />

pfeil entgegengesetzt ist, ein zusätz-<br />

liches Minuszeichen. (Kirchhoff’sche<br />

Maschenregel)<br />

Ein Knoten ist ein Verzweigungspunkt im<br />

Netzwerk.<br />

R1<br />

I1<br />

RL1<br />

Z.P.<br />

Ue1<br />

L1<br />

Abb.3.<strong>12</strong>.5 Beispiel<br />

Z.P.<br />

I4<br />

Z.P.<br />

I2<br />

Q1<br />

C1<br />

Ue3<br />

R2<br />

I5<br />

RL2<br />

R3<br />

Q2 C2<br />

L2<br />

Maschenpfeil<br />

Die Summe aller in einen Knoten hineinfließenden Ströme ist Null. Dabei werden<br />

Ströme, deren Zählpfeil vom Knoten wegzeigt, mit einem zusätzlichen Minuszeichen<br />

versehen. (Kirchhoff’sche Knotenregel)<br />

Maschengleichungen mit Kapazitäten werden durch Differenzieren in Gleichungen verwandelt,<br />

die als Unbekannte nur noch Ströme enthalten ( ˙ Q = I, die Urspannungen sind bekannte Funk-<br />

tionen der Zeit).<br />

Zum Beispiel gilt in Abb.3.<strong>12</strong>.5 (alle Maschenpfeile im Uhrzeigersinn):<br />

<br />

<br />

= Ue1 + Ue3 <br />

d<br />

dt<br />

R1 I1 + RL1 I1 + L1 ˙<br />

I1 + Q1<br />

C1<br />

R1 ˙<br />

I1 + RL1 ˙<br />

I1 + L1 Ï1 + I4<br />

C1<br />

R3 I3 + RL2 I5 + L2 ˙<br />

I5 − Q1<br />

C1<br />

Z.P.<br />

Z.P.<br />

Z.P.<br />

Z.P.<br />

I3<br />

Ue2<br />

(3.<strong>12</strong>.4)<br />

= ˙ Ue1 + ˙ Ue3 (3.<strong>12</strong>.5)<br />

<br />

<br />

= Ue2 − Ue3<br />

<br />

<br />

d<br />

dt<br />

(3.<strong>12</strong>.6)<br />

R3 ˙ I3 + RL2 ˙ I5 + L2 Ï5 − I4<br />

C1<br />

= ˙ Ue2 − ˙ Ue3 (3.<strong>12</strong>.7)<br />

I1 − I2 − I4 − I5 = 0 (3.<strong>12</strong>.8)<br />

I4 − I1 + I3 = 0 u.s.w. (3.<strong>12</strong>.9)<br />

Insges<strong>am</strong>t muss man genausoviele unabhängige Gleichungen finden wie unbekannte Ströme vor-<br />

handen sind. Die Lösung dieses Differentialgleichssystems kann ganz schön kompliziert sein.


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 72<br />

3.13 Die Maxwell’schen Gleichungen<br />

Die bisher gefundenen Grundgesetze der <strong>Elektrodyn<strong>am</strong>ik</strong> sind der Gauß’sche Satz für elektrische<br />

und magnetische Felder, das Induktionsgesetz und das Durchflutungsgesetz:<br />

<br />

A<br />

E da = Q<br />

ε0<br />

= 1<br />

<br />

<br />

ε0<br />

V<br />

ϱ dV (3.13.1)<br />

B da = 0 (3.13.2)<br />

Der Inhalt des Induktionsgesetzes PSfrag (3.13.3) replacements be-<br />

sagt, dass ein sich änderndes Magnetfeld von<br />

einem elektrischen Feld umgeben ist. Es fin-<br />

det sich aber nichts Gleichwertiges für ein sich<br />

änderndes elektrisches Feld in den bisherigen<br />

Gesetzen. J.C. Maxwell gefiel diese Asymmetrie<br />

nicht und er forderte die Existenz eines Feldes<br />

B ′ = B in einer Anordnung wie in Abb.3.13.1.<br />

Das Feld im Kondensator ist<br />

A<br />

<br />

K<br />

<br />

K<br />

E ds = − ˙ Φ = − ∂<br />

<br />

∂t<br />

A<br />

<br />

B da (3.13.3)<br />

B ds = µ0 I = µ0 j da (3.13.4)<br />

A<br />

B<br />

I<br />

Q<br />

B ′<br />

Abb.3.13.1 Maxwells Überlegung<br />

E<br />

A I<br />

E = Q<br />

ε0 A =⇒ Q = ε0 A E =⇒ I = ˙ Q = ε0 A ˙ E (3.13.5)<br />

<br />

B ds = µ0 I = ε0 µ0 A ˙ <br />

∂<br />

E = ε0 µ0<br />

E da (3.13.6)<br />

∂t<br />

K<br />

Ein elektrisches Feld E(t) ist also von einem Magnetfeld B umgeben, das (3.13.6) erfüllt.<br />

Zus<strong>am</strong>menfassend lauten die Grundgleichungen des elektromagnetischen Feldes:<br />

<br />

A<br />

<br />

A<br />

<br />

K<br />

<br />

K<br />

E da = Q<br />

ε0<br />

= 1<br />

<br />

ε0<br />

V<br />

A<br />

ϱ dV (3.13.7)<br />

B da = 0 (3.13.8)<br />

E ds = − ˙ Φ = − ∂<br />

<br />

∂t<br />

B da (3.13.9)<br />

B ds =<br />

A<br />

<br />

∂<br />

µ0 I = ε0 µ0<br />

∂t<br />

<br />

E da + µ0 j da (3.13.10)<br />

Maxwell’sche Gleichungen, 1873<br />

In den Maxwellgleichungen steckt die ges<strong>am</strong>te <strong>Elektrodyn<strong>am</strong>ik</strong> und d<strong>am</strong>it auch die Optik!!<br />

A<br />

A<br />

B


KAPITEL 3. ELEKTRODYNAMIK 73<br />

Die Maxwell’schen Gleichungen können auch in Differentialform geschrieben werden (ohne Be-<br />

weis):<br />

Dabei ist<br />

und<br />

rot<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

Ax<br />

Ay<br />

Az<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ :=<br />

div<br />

div E = ϱ<br />

ε0<br />

(3.13.11)<br />

div B = 0 (3.13.<strong>12</strong>)<br />

rot E = − ∂ B<br />

∂t<br />

rot B = ε0 µ0<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

Ax<br />

Ay<br />

Az<br />

∂<br />

∂x<br />

∂<br />

∂y<br />

∂<br />

∂z<br />

⎞<br />

⎞<br />

⎛<br />

⎟ ⎜<br />

⎠ × ⎝<br />

(3.13.13)<br />

∂ E<br />

∂t + µ0 j (3.13.14)<br />

Ax<br />

Ay<br />

Az<br />

⎞<br />

⎛<br />

⎟ ⎜<br />

⎠ = ⎝<br />

⎟<br />

⎠ := ∂Ax ∂Ay ∂Az<br />

+ +<br />

∂x ∂y ∂z<br />

Im Vakuum (ϱ = 0 und j = 0) lauten die Maxwellgleichungen:<br />

Aus (3.13.19) und (3.13.20) folgt<br />

rot rot E = −rot ∂ B<br />

∂t<br />

∂Az ∂Ay<br />

∂y − ∂z<br />

∂Ax ∂Az<br />

∂z − ∂x<br />

∂Ay ∂Ax<br />

∂x − ∂y<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ (3.13.15)<br />

(3.13.16)<br />

div E = 0 (3.13.17)<br />

div B = 0 (3.13.18)<br />

rot E = − ∂ B<br />

∂t<br />

rot B = ε0 µ0<br />

∂ E<br />

∂t<br />

∂<br />

= −<br />

∂t rot ∂<br />

B = −ε0 µ0<br />

2E ∂t2 Andererseits folgt aus den Definitionen von rot und div und aus (3.13.17)<br />

rot rot E =<br />

⎛<br />

⎜<br />

rot ⎝<br />

⎞ ⎛<br />

∂Ez ∂Ey<br />

∂y − ∂z<br />

∂Ex ∂Ez ⎟ ⎜<br />

∂z − ∂x ⎠ = ⎜<br />

⎝<br />

∂Ey ∂Ex<br />

∂x − ∂y<br />

∂2Ey ∂x∂y − ∂2Ex ∂y2 − ∂2Ex ∂z2 + ∂2Ez ∂x∂z<br />

∂2Ez ∂y∂z − ∂2Ey ∂z2 − ∂2Ey ∂x2 + ∂2Ex ∂y∂x<br />

∂2Ex ∂z∂x − ∂2Ez ∂x2 − ∂2Ez ∂y2 + ∂2 ⎛<br />

<br />

Ey<br />

∂z∂y<br />

⎞<br />

=<br />

⎜<br />

⎝<br />

<br />

∂ ∂Ey<br />

∂x ∂y<br />

<br />

∂ ∂Ex<br />

∂y ∂x<br />

∂ ∂Ex<br />

∂z ∂x<br />

+ ∂Ez<br />

∂z<br />

∂Ez + ∂z<br />

∂Ey<br />

+ ∂y<br />

− ∂2Ex ∂y2 − ∂2Ex ∂z2 ∂<br />

− 2Ey ∂x2 − ∂2Ey ∂z2 <br />

− ∂2Ez ∂x2 − ∂2Ez ∂y2 ⎟<br />

⎠ = −∂2 E<br />

∂x 2 − ∂2 E<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ =<br />

∂y2 − ∂2E ∂z<br />

Aus (3.13.21) und (3.13.22) folgt die sogenannte Wellengleichung im Vakuum:<br />

∂2E ∂x2 + ∂2E ∂y2 + ∂2E ∂z2 = ε0<br />

∂<br />

µ0<br />

2E ∂t2 (3.13.19)<br />

(3.13.20)<br />

(3.13.21)<br />

2 (3.13.22)<br />

(3.13.23)


Kapitel 4<br />

Elektromagnetische Schwingungen<br />

und Wellen<br />

4.1 Wechselströme<br />

Rotierende Spulen in einem homogenen Magnet-<br />

feld erzeugen eine sinusförmige Wechselspan-<br />

nung<br />

U(t) = U0 · sin ωt (4.1.1)<br />

mit der Scheitelspannung U0, der Schwin-<br />

gungsdauer T und der Frequenz f:<br />

PSfrag replacements<br />

T =<br />

2 π<br />

ω<br />

, f = 1<br />

T<br />

Die Frequenz unserer Netzspannung ist f = 50 Hz.<br />

U0<br />

−U0<br />

U<br />

T<br />

2<br />

Abb.4.1.1 U = U0 sin ωt<br />

= ω<br />

2 π<br />

T<br />

t<br />

(4.1.2)<br />

Liegt an einem Ohm’schen Widerstand R die Wechselspannung U = U0 ·sin ωt, dann fließt durch<br />

R der Wechselstrom<br />

I(t) = U<br />

R = I0 · sin ωt mit dem Scheitelstrom I0 = U0<br />

R<br />

Die Momentane Leistung eines Wechselstromes ist<br />

(4.1.3)<br />

P (t) = U(t) · I(t) = U0 I0 · sin 2 ωt = R I 2 0 · sin2 ωt = U 2 0<br />

R · sin2 ωt (4.1.4)<br />

Die mittlere Leistung ist gleich der Ges<strong>am</strong>tenergie in der Zeit T geteilt durch T :<br />

P = 1<br />

T ·<br />

T<br />

0<br />

= I0 U0<br />

T<br />

= I0 U0<br />

2<br />

P (t) dt = I0 U0<br />

T<br />

· 1<br />

<br />

t −<br />

2<br />

1<br />

sin 2ωt<br />

2 ω<br />

T<br />

· sin 2 PSfrag replacements<br />

ωt dt =<br />

0<br />

T 0<br />

=<br />

(4.1.5)<br />

74<br />

U0 I0<br />

P<br />

T<br />

2<br />

Abb.4.1.2 P = U0 I0 sin 2 ωt<br />

T t


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 75<br />

P = 1<br />

2 I0 U0 = 1<br />

2 R I2 1<br />

0 =<br />

2 · U 2 0<br />

R<br />

Eine Gleichspannung Ug an einem Widerstand R setzt in R die Leistung Pg = U 2 g<br />

(4.1.6)<br />

um. Eine<br />

R<br />

gedachte Gleichspannung Ueff, die in R die gleiche Leistung umsetzt wie eine Wechselspannung<br />

U = U0 · sin ωt, heißt effektive Spannung von U:<br />

U 2 eff<br />

R<br />

1<br />

= P =<br />

2 · U 2 0<br />

R<br />

=⇒ Ueff = U0<br />

√2<br />

(4.1.7)<br />

Ein Gleichstrom Ig durch einen Widerstand R setzt in R die Leistung Pg = R · I 2 g um. Ein<br />

gedachter Gleichstrom Ieff, der in R die gleiche Leistung umsetzt wie ein Wechselstrom I =<br />

I0 · sin ωt, heißt effektiver Strom von I:<br />

R · I 2 eff<br />

Aus (4.1.6), (4.1.7) und (4.1.8) folgt<br />

= P = 1<br />

2 · R I2 0 =⇒ Ieff = I0<br />

√2<br />

P = Ueff · Ieff<br />

Unsere Netzspannung mit Ueff = 230 V hat die Scheitelspannung U0 = 230 V · √ 2 ≈ 325 V.<br />

4.2 Kondensatoren und Spulen im Wechselstromkreis<br />

4.2.1 Ideale Kapazität (kein Ohm’scher Widerstand)<br />

An einen Kondensator mit der Kapazität C wird die Wech-<br />

selspannung Ue(t) = U0 ·sin ωt gelegt. Aus der Maschenregel<br />

PSfrag replacements<br />

folgt UC = Ue und d<strong>am</strong>it<br />

Differenzieren ergibt<br />

und d<strong>am</strong>it<br />

Mit cos x = sin x + π<br />

<br />

2 folgt dann<br />

Q<br />

C = U0 · sin ωt (4.2.1)<br />

˙Q<br />

C = U0 ω · cos ωt (4.2.2)<br />

I<br />

Q<br />

C<br />

~<br />

Ue<br />

Abb.4.2.1 Ue = U0 sin ωt<br />

(4.1.8)<br />

(4.1.9)<br />

I = ˙ Q = C U0 ω · cos ωt (4.2.3)<br />

UC = Ue = U0 <br />

· sin ωt<br />

I = I0 · sin ωt + π<br />

<br />

2<br />

mit I0 = ω C U0<br />

(4.2.4)<br />

Der Quotient ZC aus der Effektivspannung an C und dem Effektivstrom durch C heißt Wech-<br />

selstromwiderstand oder Impedanz des Kondensators:<br />

ZC = UC eff<br />

Ieff<br />

=<br />

U0<br />

√ 2<br />

I0<br />

√ 2<br />

= U0<br />

I0<br />

= 1<br />

ω C<br />

(4.2.5)


g replacements<br />

KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 76<br />

U<br />

I<br />

Abb.4.2.2 tU-, tI- und Zeigerdiagr<strong>am</strong>m<br />

I<br />

T<br />

UC = Ue<br />

Die Phasenverschiebung zwischen UC(t) und I(t) ist π , d.h. der Strom eilt der Spannung um<br />

π<br />

2<br />

voraus. Sehr schön sieht man die Phasenverschiebung im<br />

Zeigerdiagr<strong>am</strong>m: Einer sinusförmig von der Zeit abhängigen Größe A(t) = A0 · sin ωt wird<br />

t<br />

2<br />

ein Vektor (Zeiger) zugeordnet, dessen Betrag gleich dem Scheitelwert<br />

A0 der Größe ist. Dieser Vektor rotiert mit der Winkelgeschwindigkeit<br />

PSfrag replacements<br />

ω im Gegenuhrzeigersinn um den Ursprung eines xy-Systems. Die y-<br />

Koordinate dieses Vektors ist dann genau unsere Größe A(t).<br />

Den großen Vorteil von Zeigerdiagr<strong>am</strong>men sieht man im nächsten Abschnitt:<br />

4.2.2 Reale Kapazität (mit Ohm’schem Widerstand)<br />

Wir behandeln die Reihenschaltung<br />

von Ohm’schem Widerstand und Kon-<br />

densator unter der Annahme, dass ne-<br />

ben Ue auch UC und I sinusförmi-<br />

ge Größen sind. Diese Annahme ist<br />

durch Aufstellen und Lösen der Dif-<br />

ferentialgleichungen exakt beweisbar<br />

(MAPLE!). D<strong>am</strong>it sind die Größen Ue,<br />

UC und UR = R · I als Zeiger darstell-<br />

bar. Aus dem letzten Abschnitt wissen<br />

I<br />

R<br />

~<br />

Ue<br />

Q<br />

C<br />

Abb.4.2.3 RC-Kreis<br />

wir, dass I und d<strong>am</strong>it auch UR = R · I senkrecht auf UC steht. Aus (4.2.4) folgt mit UC0 statt<br />

U0<br />

Aus der Maschenregel folgt<br />

I0 = ω C UC0 oder UR0 = ω R C UC0 (4.2.6)<br />

Ue = UR + UC<br />

Da sich Vektoren komponentenweise addieren, ist (4.2.7) sicher erfüllt, wenn<br />

Ue = UR + UC<br />

gilt (siehe Abb.4.2.3). Mit dem Pythagoras ergibt sich dann<br />

ω 2 R 2 C 2 U 2 C0 + U 2 C0 = U 2 0<br />

I<br />

I<br />

R I<br />

y<br />

ωt<br />

ϕR<br />

UC<br />

ϕC<br />

Ue<br />

ω<br />

U0<br />

UC<br />

UC0<br />

UC<br />

x<br />

(4.2.7)<br />

(4.2.8)<br />

(4.2.9)


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 77<br />

Zus<strong>am</strong>menfassend erhält man<br />

sowie<br />

ZRC = Ue eff<br />

Ieff<br />

= U0<br />

I0<br />

UC0 =<br />

I0 =<br />

UC = UC0 · sin(ωt + ϕC) mit<br />

U0<br />

√ 1 + ω 2 R 2 C 2<br />

und tan ϕC = −ω R C<br />

I = I0 · sin(ωt + ϕR) mit<br />

ω C U0<br />

√ 1 + ω 2 R 2 C 2<br />

und tan ϕR = 1<br />

ω R C<br />

(4.2.10)<br />

(4.2.11)<br />

Die Impedanz der RC-Schaltung ist<br />

<br />

= R2 + 1<br />

ω2 <br />

1<br />

= R · 1 +<br />

C2 ω2 R2 1<br />

=<br />

C2 ω C · 1 + ω2 R2 C2 (4.2.<strong>12</strong>)<br />

und es gilt<br />

lim<br />

ω→0 ZRC = ∞ b.z.w. lim<br />

ω→∞ ZRC = R (4.2.13)<br />

4.2.3 Ideale Spule (kein Ohm’scher Widerstand)<br />

An eine Spule mit der Induktivität L wird die Wechselspan-<br />

nung Ue(t) = U0 · sin ωt gelegt. Aus der Maschenregel folgt<br />

PSfrag replacements<br />

UL = Ue und d<strong>am</strong>it<br />

Integrieren ergibt<br />

und d<strong>am</strong>it<br />

I = U0<br />

L<br />

<br />

UL = Ue = U0 · sin ωt<br />

<br />

I = I0 · sin ωt − π<br />

<br />

2<br />

L · ˙<br />

I = U0 · sin ωt (4.2.14)<br />

sin ωt dt = − U0<br />

· cos ωt (4.2.15)<br />

L ω<br />

Der Strom eilt der Spannung um π<br />

2 hinterher.<br />

Die Impedanz der idealen Spule ist<br />

ZL = UL eff<br />

Ieff<br />

mit I0 = U0<br />

PSfrag replacements<br />

L ω<br />

(4.2.16)<br />

= U0<br />

I0<br />

= L ω (4.2.17)<br />

I<br />

L<br />

∼<br />

Ue<br />

Abb.4.2.4 Ue = U0 sin ωt<br />

U<br />

I<br />

I<br />

I<br />

T<br />

UL = Ue<br />

UL = Ue<br />

ω<br />

Abb.4.2.5 ideale Spule<br />

t


PSfrag replacements<br />

KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 78<br />

4.2.4 Reale Spule (mit Ohm’schem Widerstand)<br />

Wir behandeln die Reihenschaltung<br />

von Ohm’schem Widerstand und Spule<br />

wieder unter der Annahme, dass neben<br />

Ue auch UL und I sinusförmige Größen<br />

sind. Diese Annahme ist durch Aufstel-<br />

len und Lösen der Differentialgleichun-<br />

gen exakt beweisbar (MAPLE!). D<strong>am</strong>it<br />

sind die Größen Ue, UL und UR = R · I<br />

als Zeiger darstellbar. Aus dem letzten<br />

Abschnitt wissen wir, dass I und d<strong>am</strong>it<br />

Q<br />

I<br />

R<br />

~<br />

Ue<br />

Abb.4.2.6 RL-Kreis<br />

auch UR = R · I senkrecht auf UL steht. Aus (4.2.16) folgt mit UL0 statt U0<br />

Aus der Maschenregel folgt<br />

I0 = UL0<br />

ω L oder UR0 = UL0 · R<br />

ω L<br />

Ue = UR + UL<br />

Mit dem Pythagoras ergibt sich dann (siehe Abb.4.2.6)<br />

Zus<strong>am</strong>menfassend erhält man<br />

sowie<br />

UL0 =<br />

I0 =<br />

Die Impedanz der RL-Schaltung ist<br />

L<br />

R I<br />

ϕR<br />

ϕL<br />

Ue<br />

UL<br />

UL0<br />

U0<br />

ω<br />

(4.2.18)<br />

(4.2.19)<br />

U 2 L0 R2<br />

ω 2 L 2 + U 2 L0 = U 2 0 (4.2.20)<br />

UL = UL0 · sin(ωt + ϕL) mit<br />

U0<br />

<br />

1 + R2<br />

ω 2 L 2<br />

und tan ϕL = R<br />

ω L<br />

I = I0 · sin(ωt + ϕR) mit<br />

U0<br />

√ R 2 + ω 2 L 2<br />

ZRL = Ue eff<br />

Ieff<br />

= U0<br />

I0<br />

ω L<br />

und tan ϕR = −<br />

R<br />

(4.2.21)<br />

(4.2.22)<br />

= R 2 + ω 2 L 2 (4.2.23)


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 79<br />

4.3 Der elektrische Schwingkreis<br />

4.3.1 Der ideale Schwingkreis (kein Ohm’scher Widerstand)<br />

Der ideale Schwingkreis besteht aus einem Kondensator mit<br />

der Kapazität C und einer Spule mit der Induktivität L,<br />

der Ohm’sche Widerstand der Schaltung ist Null. Aus der<br />

Maschenregel folgt UL + UC = 0 und d<strong>am</strong>it<br />

L ˙<br />

I + Q<br />

C<br />

Differenzieren und Division durch L ergibt<br />

oder<br />

PSfrag replacements<br />

= 0 (4.3.1)<br />

Ï + 1<br />

· I = 0 (4.3.2)<br />

L C<br />

Ï + ω 2 · I = 0 mit ω =<br />

1<br />

L C<br />

(4.3.3)<br />

Wir betrachten ein Beispiel aus der Mechanik:<br />

Eine Masse m bewegt sich reibungsfrei unter PSfrag dem Einfluss replacements<br />

einer Federkraft F = −D · x. Nach Newton2 gilt<br />

oder<br />

m · ¨x = −D · x (4.3.4)<br />

¨x + ω 2 · x = 0 mit ω =<br />

D<br />

m<br />

(4.3.5)<br />

(4.3.3) und (4.3.5) genügen derselben Differentialgleichung<br />

I<br />

L<br />

C<br />

Abb.4.3.1 Schwingkreis<br />

0<br />

0<br />

m<br />

Abb.4.3.2 Feder<br />

¨y + ω 2 · y = 0 , (4.3.6)<br />

(Schwingungsgleichung)<br />

wobei einmal I und einmal x den Platz von y einnimmt.<br />

Die allgemeine Lösung der Schwingungsgleichung ist<br />

mit der Amplitude A, der Kreisfrequenz ω und der Phase ϕ.<br />

Zum Beweis setzen wir (4.3.7) in (4.3.6) ein:<br />

y(t) = A · sin(ωt + ϕ) (4.3.7)<br />

¨y + ω 2 · y = A · d2<br />

dt 2 sin(ωt + ϕ) + ω2 · A sin(ωt + ϕ) =<br />

= A · d<br />

dt (ω cos(ωt + ϕ)) + ω2 · A sin(ωt + ϕ) =<br />

= Aω · (−ω sin(ωt + ϕ)) + ω 2 · A sin(ωt + ϕ) = 0 q.e.d.<br />

Der Schwingungsdauer T entspricht eine volle Periode der Schwingung, d.h. ω T = 2 π:<br />

T =<br />

2 π<br />

ω<br />

f = 1<br />

T<br />

= ω<br />

2 π<br />

(Frequenz) (4.3.8)<br />

x<br />

F<br />

m<br />

x<br />

x


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 80<br />

Die allgemeine Lösung (4.3.7)<br />

PSfrag<br />

der<br />

replacements<br />

Schwin-<br />

gungsgleichung schreibt man um, d<strong>am</strong>it man<br />

die Bedeutung der Phase ϕ erkennt:<br />

y(t) =<br />

<br />

A · sin ω t + ϕ<br />

=<br />

<br />

<br />

ω<br />

A · sin ω t + ϕ<br />

<br />

· T<br />

2π<br />

(4.3.9)<br />

A<br />

−A<br />

− ϕ<br />

ω<br />

Abb.4.3.3 y(t) = A · sin(ωt + ϕ)<br />

T<br />

ω T = 2 π<br />

Die Kreisfrequenz ω ist durch die Schwingungsgleichung eindeutig vorgegeben, die Amplitude A<br />

und die Phase ϕ sind erst durch zwei Anfangsbedingungen festgelegt. Als Anfangsbedingungen<br />

wählt man oft die Werte von y und ˙y zur Zeit Null:<br />

y(0) = A · sin ϕ = y0 und ˙y(0) = A ω · cos ϕ = b0 (4.3.10)<br />

Durch Addieren der Quadrate beider Gleichungen bzw. durch Division der Gleichungen erhält<br />

man<br />

A =<br />

<br />

y 2 0 + b2 0<br />

ω 2 bzw. tan ϕ =<br />

ω y0<br />

b0<br />

t<br />

(4.3.11)<br />

Kehren wir zu unserem Schwingkreis zurück. Wir suchen die Lösung von (4.3.3) mit I(0) = 0<br />

und UC(0) = U0:<br />

I(t) = I0 · sin(ωt + ϕ) (4.3.<strong>12</strong>)<br />

I(0) = I0 · sin ϕ = 0 =⇒ ϕ = 0 (einfachste Lösung) (4.3.13)<br />

Wegen UC + UL = 0 und d<strong>am</strong>it L ˙<br />

I = −UC liefert die zweite Anfangsbedingung<br />

und somit<br />

˙<br />

I(0) = I0 ω · cos 0 = I0 ω = − U0<br />

L<br />

I0 = − U0<br />

L ω = −U0 ω C = −U0 ·<br />

Die endgültige Lösung lautet also<br />

und<br />

C<br />

L<br />

(4.3.14)<br />

(4.3.15)<br />

I(t) = I0 · sin ωt (4.3.16)<br />

UC(t) = −L · ˙<br />

I = −L I0 ω cos ωt = U0 cos ωt (4.3.17)<br />

Für die Schwingungsdauer und die Frequenz des LC-Kreises erhält man aus (4.3.3) und (4.3.8)<br />

T = 2 π √ 1<br />

L C und f =<br />

2 π √ L C<br />

(4.3.18)<br />

Die Frequenz f nennt man aus später ersichtlichen Gründen auch Resonanzfrequenz oder<br />

Eigenfrequenz.<br />

Für die Ges<strong>am</strong>tenergie der Schwingung gilt wegen (4.3.15)<br />

Wges = WC + WL = C<br />

2 U 2 C + L<br />

2 I2 = C U 2 0<br />

2<br />

= C U 2 0<br />

2<br />

cos 2 ωt + L I2 0<br />

2<br />

sin 2 ωt<br />

· (cos 2 ωt + sin 2 ωt) = 1<br />

2 C U 2 0 = 1<br />

2 L I2 0 = konst. (4.3.19)


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 81<br />

4.3.2 Der reale Schwingkreis (R = 0)<br />

Der reale Schwingkreis besteht aus einem Kondensator mit<br />

der Kapazität C, einer Spule mit der Induktivität<br />

PSfrag replacements<br />

L und<br />

einem Ohm’schen Widerstand R. Aus der Maschenregel folgt<br />

UL + UR + UC = 0 und d<strong>am</strong>it<br />

L ˙ I + R I + Q<br />

= 0 (4.3.20)<br />

C<br />

Differenzieren und Division durch L ergibt<br />

oder<br />

Ï + R<br />

· I ˙ +<br />

L 1<br />

· I = 0 (4.3.21)<br />

L C<br />

I<br />

R L<br />

C<br />

Abb.4.3.4 LCR-Kreis<br />

Ï + 2 q · ˙ I + ω 2 R<br />

0 · I = 0 mit q =<br />

2 L und ω0<br />

<br />

1<br />

=<br />

L C<br />

Die allgemeine Lösung von (4.3.22) für<br />

R < 2<br />

mit<br />

L<br />

C<br />

(schwache Dämpfung) lautet<br />

I(t) = I0 · e −q t · sin(ωt + ϕ) (4.3.23)<br />

ω =<br />

(Beweis durch Einsetzen!)<br />

<br />

ω 2 0 − q2 (4.3.24)<br />

Wegen | sin(ωt + ϕ)| ≤ 1 gilt<br />

|I(t)| ≤ |I0 · e −q t | (4.3.25)<br />

Die beiden Funktionen E1(t) = I0 · e−q t<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

-2<br />

-3<br />

10 20 30 40 50<br />

t<br />

Abb.4.3.5 gedämpfte Schwingung<br />

und E2(t) = −I0 · e −q t nennt man die Einhüllenden von I(t).<br />

(4.3.22)<br />

Die Konstanten I0 und ϕ sind wieder durch zwei Anfangsbedingungen festgelegt. Wir betrachten<br />

als Beispiel die Lösung mit<br />

Aus der ersten Bedingung folgt ϕ = 0 und d<strong>am</strong>it<br />

und<br />

Aus<br />

folgt nach kurzer Rechnung (Aufgabe!)<br />

I(0) = 0 und UC(0) = UC0 (4.3.26)<br />

I(t) = I0 · e −q t · sin(ωt) (4.3.27)<br />

˙<br />

I(t) = I0 · e −q t · [−q sin(ωt) + ω cos ωt] (4.3.28)<br />

UC(0) + UL(0) + UR(0) = UC0 + L ˙<br />

I(0) + R I(0) = 0 (4.3.29)<br />

I(t) = −<br />

UC0<br />

<br />

1 R2<br />

L L C − 4 L2 R<br />

· e<br />

− 2 L t <br />

1<br />

· sin<br />

L C<br />

<br />

R2<br />

− · t<br />

4 L2 (4.3.30)


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 82<br />

4.4 Resonanz<br />

Wir betrachten ein gedämpftes schwingungsfähiges<br />

PSfrag replacements<br />

System<br />

unter dem Einfluss einer periodischen Anregung. Ein Bei-<br />

spiel dazu ist ein Schwingkreis, der in Reihe mit einer si-<br />

nusförmigen EMK Ue = U0 sin ωt liegt (Serienschwingkreis,<br />

siehe Abb.4.4.1). Mit der Maschenregel folgt<br />

oder nach dem Differenzieren<br />

L ˙<br />

I + R I + Q<br />

C = U0 sin ωt (4.4.1)<br />

Ï + R<br />

L ˙ I + 1<br />

L C I = U0 ω<br />

L<br />

I<br />

R L<br />

Ue<br />

C<br />

Abb.4.4.1 Schwingkreis<br />

cos ωt (4.4.2)<br />

Ein anderes Beispiel ist eine Masse m an einer Feder der Richtgröße D mit der Reibungskraft<br />

R = −α v und einer von außen auf m wirkenden Kraft Fa = F0 · cos ωt:<br />

m ¨x = −D x − α ˙x + F0 cos ωt (4.4.3)<br />

oder<br />

¨x + α D F0<br />

˙x + x = cos ωt<br />

m m m<br />

(4.4.4)<br />

Die Gleichungen (4.4.2) und (4.4.4) haben dieselbe Form<br />

mit<br />

p = R<br />

L<br />

für den Serienschwingkreis und<br />

für die schwingende Masse.<br />

p = α<br />

m<br />

¨y + p ˙y + q y = f0 cos ωt (4.4.5)<br />

1<br />

, q =<br />

L C und f0 = U0 ω<br />

L<br />

D<br />

, q =<br />

m und f0 = F0<br />

m<br />

(4.4.6)<br />

(4.4.7)<br />

Wir wählen den Zeitnullpunkt so, dass y(0) = 0 gilt. Die Lösung von (4.4.5) mit den Anfangs-<br />

bedingungen<br />

läßt sich in der Form (Genaueres siehe MAPLE-Blatt!):<br />

darstellen mit<br />

und<br />

Die Kreisfrequenzen sind<br />

y(0) = 0 ; ˙y(0) = b (4.4.8)<br />

y1(t) =<br />

y(t) = y1(t) + y2(t) (4.4.9)<br />

f0 cos(ωt + ϕ)<br />

(ω 2 − ω 2 0 ) 2 + p 2 ω 2<br />

p<br />

−<br />

y2(t) = B(ω, p, q, f0, b) · cos(ω1t + ψ) · e 2 t<br />

ω0 = √ q und ω1 =<br />

<br />

q − p2<br />

4 =<br />

<br />

ω 2 0<br />

(4.4.10)<br />

(4.4.11)<br />

p2<br />

− , (4.4.<strong>12</strong>)<br />

4


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 83<br />

die Phase in (4.4.10) genügt der Gleichung<br />

tan ϕ = −<br />

ω p<br />

ω2 0 − ω2<br />

(4.4.13)<br />

Nach einer Einschwingzeit, die genügend groß gegen 2<br />

p ist, ist der Einschwingterm y2 praktisch<br />

gleich Null und die Lösung lautet<br />

y(t) = A · cos(ωt + ϕ) (4.4.14)<br />

mit der von ω abhängigen Amplitude<br />

A(ω) =<br />

f0<br />

(ω 2 − ω 2 0 ) 2 + p 2 ω 2<br />

(4.4.15)<br />

Nach dem Einschwingvorgang schwingt das Sy-<br />

stem also mit der Erregerfrequenz ω. Die genaue<br />

Lage ω∗ PSfrag replacements<br />

des Maximums der Resonanzkurve<br />

A(ω) hängt davon ab, ob f0 noch ω enthält (wie<br />

beim Serienschwingkreis) oder nicht (wie bei der<br />

schwingenden Masse).<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

2000 4000 6000 8000 10000 <strong>12</strong>000 14000<br />

Abb.4.4.2 Resonanzkurve<br />

Nach kurzer Rechnung (Übung!) erhält man für die Resonanzfrequenz des Serienschwingkreises<br />

ω ∗ = 1<br />

√ L C = ω0<br />

ω<br />

(4.4.16)<br />

und für die schwingende Masse<br />

ω ∗ <br />

D α2<br />

= −<br />

m 2 m2 (4.4.17)<br />

Ist die Amplitude A(ω) der Schwingung groß, d.h. liegt ω nahe bei der Resonanzfrequenz ω ∗ ,<br />

dann sagt man, ” es tritt Resonanz auf“ oder ” das System befindet sich in Resonanz“.<br />

In komplexeren Systemen (z.B. mehrere durch Federn verbundene Massen, gekoppelte elektri-<br />

sche Schwingkreise, Festkörper wie Musikinstrumente oder Gebäude) gibt es mehrere Resonanz-<br />

frequenzen. Die Resonanzkurve A(ω) (siehe Abb.4.4.3) nennt man auch das Spektrum der<br />

Resonanz.<br />

Viele physikalische Geräte und Effekte beruhen<br />

auf der Resonanz, wie Empfänger PSfrag replacements von<br />

elektromagnetischen Wellen (Radio, Fernse-<br />

A<br />

hen), Emission und Absorption von Licht,<br />

Musikinstrumente und raffiniert konstruierte<br />

Messinstrumente (Mößbauereffekt, Kernspinto-<br />

mografie u.s.w.).<br />

Unerwünschte Resonanzeffekte sind z.B.<br />

Schwingungen von Hochhäusern und Brücken,<br />

die bis zum Einsturz führen können (Reso-<br />

nanzkatastrophe, Soldaten sollen nicht im<br />

Gleichschritt über eine Brücke marschieren).<br />

ω1 ω2 ω3 ω4<br />

Abb.4.4.3 Resonanzkurve<br />

ω


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 84<br />

Es wird auch von Motoradunfällen, bedingt durch Resonanz an äquidistanten Bodenwellen, be-<br />

richtet. Epileptische Anfälle können, resonanzbedingt, durch periodische optische oder akustische<br />

Reize ausgelöst werden.<br />

4.5 Die Dreipunktschaltung<br />

Ein Verstärker ist eine steuerbare Span-<br />

nungsquelle; die Ausgangsspannung Ue PSfrag replacements ist<br />

zur Eingangsspannung U1 proportional:<br />

Ue = A · U1<br />

(4.5.1)<br />

A heißt Verstärkungsfaktor oder kurz<br />

Verstärkung. Der Eingangswiderstand<br />

RE eines modernen Verstärkers ist sehr<br />

hoch (einige GΩ und höher), d.h. der<br />

PSfrag replacements<br />

Abb.4.5.1 Verstärker<br />

Strom durch RE ist fast Null und die Steu-<br />

erung des Verstärkers erfolgt praktisch leistungsfrei.<br />

Um eine ungedämpfte elektrische Schwingung zu er-<br />

zeugen, wird ein Teil der Spannung eines Schwingkrei-<br />

ses abgezapft, verstärkt und dem Schwingkreis wieder<br />

zugeführt (Rückkopplung). Als Beispiel betrachten<br />

wir die sogenannte Dreipunktschaltung (I1 ≈ 0,<br />

RC ≈ 0):<br />

<br />

U1 = k · UL = k · R IL + L ˙<br />

<br />

IL<br />

Ue = A · U1 = A k ·<br />

<br />

R IL + L ˙<br />

<br />

IL<br />

Aus der Maschenregel folgt einmal<br />

d.h.<br />

U1<br />

(4.5.2)<br />

(4.5.3)<br />

RE<br />

Ue<br />

Verstärker Energieversorgung<br />

Ue<br />

Ri · I + UL = Ri(IL + IC) + UL = Ue<br />

Ri<br />

I1<br />

U1<br />

I<br />

IL<br />

L<br />

R<br />

Ri<br />

Abb.4.5.2 Dreipunktschaltung<br />

<br />

<br />

Ri · (IL + IC) + L IL ˙ + R IL = A k · R IL + L IL ˙<br />

und zum anderen UL = UC = Q<br />

C und d<strong>am</strong>it ˙ UL = ˙ UC:<br />

IC<br />

RC<br />

C<br />

(4.5.4)<br />

(4.5.5)<br />

L ÏL + R ˙ IL = IC<br />

C<br />

(4.5.6)<br />

(4.5.5) wird nach IC aufgelöst und das Ergebnis in (4.5.6) eingesetzt:<br />

<br />

R A k − 1<br />

ÏL + − IL<br />

˙ +<br />

L C Ri<br />

R + Ri − A k R<br />

· IL = 0<br />

L C Ri<br />

(4.5.7)<br />

(4.5.7) ist die Gleichung einer freien Schwingung, wenn der Koeffizient von ˙ IL gleich Null ist,<br />

d.h. für<br />

A k = 1 + Ri R C<br />

L<br />

(4.5.8)


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 85<br />

In diesem Fall ist die Kreisfrequenz der Schwingung<br />

ω =<br />

R + Ri − A k R<br />

C Ri<br />

(4.5.8)<br />

=<br />

<br />

1<br />

√ · 1 −<br />

L C R2 C<br />

L<br />

(4.5.9)<br />

Das Problem des exakten Einstellens von A, der Fall einer realistischen Verstärkerkennlinie und<br />

ausführliche Beispiele werden mit MAPLE untersucht.<br />

4.6 Die Wellengleichung<br />

Ist u(x, t) die Auslenkung einer Saite aus<br />

die Masse der Saite pro<br />

PSfrag replacements<br />

Länge und S die Spannkraft, dann gilt die<br />

der Ruhelage, ρ<br />

l<br />

Gleichung<br />

∂2u ρ<br />

=<br />

∂x2 S · ∂2u ∂t2 (4.6.1)<br />

Allgemein heißt eine Gleichung der Form<br />

∂2u 1<br />

=<br />

∂x2 c2 · ∂2u u<br />

Abb.4.6.1 Schwingende Saite<br />

∂t2 oder u ′′ = 1<br />

c<br />

(eindimensionale) Wellengleichung. Die allgemeinste Lösung von (4.6.2) ist<br />

2 · ü (4.6.2)<br />

u(x, t) = f(x − c t) + g(x + c t) , (4.6.3)<br />

wobei f und g beliebige zweimal differenzierbare Funktionen sind (Beweis als Aufgabe!).<br />

f(x − c t) ist die um c t nach PSfrag rechts replacements ver-<br />

schobene Funktion f(x), d.h. f(x − c t)<br />

beschreibt einen Zustand, der sich mit<br />

der Geschwindigkeit c nach rechts be-<br />

wegt (Welle nach rechts!). Genauso be-<br />

schreibt g(x+c t) eine Welle nach links!<br />

Für die Wellengeschwindigkeit auf einer<br />

Saite bzw. auf einem Seil erhält man aus<br />

(4.6.1) und (4.6.2)<br />

c =<br />

u<br />

0<br />

t = 0<br />

c t<br />

Abb.4.6.2 Welle nach rechts<br />

<br />

S<br />

ρ<br />

S<br />

t<br />

x<br />

x<br />

(4.6.4)<br />

Die allgemeinste Lösung der Wellengleichung ist also durch die Überlagerung von zwei gegenläufi-<br />

gen Wellen gegeben. Um die konkrete Lösung von (4.6.2) für eine eindeutig festgelegte physikali-<br />

sche Gegebenheit zu finden, müssen noch zusätzliche Informationen, die sogenannten Anfangs-<br />

und Nebenbedingungen, gegeben sein. Uns interessieren zwei Spezialfälle, nämlich die von<br />

einem Sender ausgehende fortlaufende Welle und die stehende Welle.


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 86<br />

4.6.1 Die fortlaufende Welle<br />

Die Wirkung des Senders, der sich bei x = 0 befinden soll, beschreiben wir durch die Sender-<br />

funktion<br />

u(0, t) = s(t) (4.6.5)<br />

Für x > 0 läuft die vom Sender ausgehende Welle nach rechts, wenn sie auf kein Hindernis trifft<br />

und somit nicht reflektiert wird. Daher können wir in diesem Fall g(x + c t) = 0 setzen:<br />

u(x, t) = f(x − c t) (4.6.6)<br />

Da sich die Welle mit der Geschwindigkeit c ausbreitet, ist u <strong>am</strong> Ort x zur Zeit t genauso groß<br />

wie <strong>am</strong> Ort 0 zur Zeit t − x<br />

c , d.h.<br />

<br />

u(x, t) = s t − x<br />

<br />

c<br />

(4.6.7)<br />

Die Formfunktion f der vom Sender ausgehenden Welle erhält man wie folgt:<br />

<br />

f(x − c t) = u(x, t) = s t − x<br />

<br />

c t − x<br />

= s<br />

c c<br />

(4.6.8)<br />

Mit der Substitution ξ = x − c t folgt<br />

f(ξ) = s<br />

<br />

−ξ<br />

c<br />

In den meisten Anwendungsfällen schwingt der Sender harmonisch:<br />

Mit (4.6.7) folgt dann<br />

oder<br />

mit der Wellenzahl<br />

(4.6.9)<br />

s(t) = −A · sin ωt (4.6.10)<br />

<br />

u(x, t) = s t − x<br />

<br />

ω(c t − x)<br />

= −A · sin<br />

c<br />

c<br />

(4.6.11)<br />

u(x, t) = A · sin (k (x − c t)) = A · sin(k x − ωt) (4.6.<strong>12</strong>)<br />

k = ω<br />

c<br />

(4.6.13)<br />

(4.6.<strong>12</strong>) beschreibt diejenige Funktion, die zur Zeit t = 0 durch A sin ωt gegeben ist und sich<br />

mit der Geschwindigkeit c nach rechts bewegt.


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 87<br />

Die räumliche Periodenlänge λ von u(x, t) heißt<br />

Wellenlänge:<br />

λ =<br />

2 π<br />

k<br />

(4.6.14)<br />

An einem festen Ort x0 (d.h. x = x0 =konst.) be-<br />

schreibt (4.6.<strong>12</strong>) eine harmonische Schwingung mit der<br />

Frequenz<br />

f = ω<br />

PSfrag replacements<br />

(4.6.15)<br />

2 π<br />

und der Schwingungsdauer<br />

T = 1<br />

f<br />

= 2 π<br />

ω<br />

Aus (4.6.13), (4.6.14) und (4.6.15) folgt<br />

ω<br />

k<br />

(4.6.16)<br />

= c und λ · f = c (4.6.17)<br />

4.6.2 Stehende Wellen<br />

u<br />

u<br />

u<br />

u<br />

x0<br />

λ<br />

t =<br />

t = 0<br />

c<br />

3 T<br />

4<br />

t = T<br />

4<br />

Abb.4.6.3 Momentaufnahmen<br />

t = T<br />

2<br />

Genügt eine physikalische Größe u der Wellengleichung (4.6.2) und sind die Nebenbedingungen<br />

u(0, t) = 0 und u(a, t) = 0 ∀t (4.6.18)<br />

erfüllt (z.B. eine bei x = 0 und x = a eingespannte Saite), dann ist mit<br />

u(x, t) = A · sin k x · sin ωt (4.6.19)<br />

eine Lösung von (4.6.2) gegeben (Beweis als Aufgabe!), die sicher u(0, t) = 0 erfüllt.<br />

Aus u(a, t) = 0 ∀t folgt<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 88<br />

A · sin k a · sin ωt = 0 (4.6.20)<br />

PSfrag replacements<br />

Da diese Beziehung für alle t erfüllt sein soll, ergibt<br />

sich sin k a = 0 und somit wegen (4.6.14)<br />

k a =<br />

2 π<br />

λ<br />

· a = n π mitn ∈<br />

Es sind also nur die Wellenlängen<br />

λn =<br />

2 a<br />

n<br />

und wegen (4.6.17) die Frequenzen<br />

fn = c<br />

λn<br />

= n · c<br />

2 a<br />

(4.6.21)<br />

(4.6.22)<br />

(4.6.23)<br />

möglich (Eigenfrequenzen oder Resonanzfre-<br />

quenzen).<br />

u<br />

u<br />

n = 1<br />

a<br />

1. Hauptschwingung<br />

n = 2<br />

λ1 = 2 a<br />

λ2 = a<br />

2. Hauptschwingung, 1. Oberschwingung<br />

u<br />

n = 3<br />

λ3 = 2<br />

3 a<br />

3. Hauptschwingung, 2. Oberschwingung<br />

Abb.4.6.4 Stehende Wellen<br />

Als letztes Problem suchen wir noch die Lösung von (4.6.2) mit den Bedingungen<br />

u(0, t) = −A0 sin ωt, PSfrag u(a, replacements<br />

t) = 0 ∀t und ω = n ·<br />

(z.B. eine bei x = a eingespannte Saite, die bei x = 0<br />

zu einer harmonischen Schwingung angeregt wird, de-<br />

ren Frequenz keine Eigenfrequenz der Saite ist.) Wir<br />

suchen die Lösung mit dem Ansatz<br />

Mit<br />

folgt aus (4.6.2)<br />

u(x, t) = f(x) · sin ωt (4.6.25)<br />

A0<br />

−A0<br />

u<br />

A<br />

c π<br />

a<br />

Abb.4.6.5 Erzwungene Schwingung<br />

x<br />

x<br />

x<br />

(4.6.24)<br />

∂ 2 u<br />

∂x 2 = f ′′ (x) · sin ωt und ∂2 u<br />

∂t 2 = −ω2 f(x) sin ωt (4.6.26)<br />

f ′′ (x) · sin ωt = − 1<br />

c 2 ω2 f(x) sin ωt<br />

Die Lösung von (4.6.27) (Schwingungsgleichung!!) ist<br />

mit<br />

Aus (4.6.24) und (4.6.25) folgt<br />

und<br />

f ′′ (x) = − ω2<br />

c 2 f(x) = −k2 f(x) (4.6.27)<br />

f(x) = b sin(k x + ϕ) (4.6.28)<br />

k = ω<br />

c<br />

a<br />

x<br />

(4.6.29)<br />

f(a) = 0 (4.6.30)<br />

f(0) = −A0<br />

(4.6.31)


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 89<br />

woraus mit (4.6.28)<br />

und somit<br />

bzw.<br />

und somit<br />

sin(k a + ϕ) = 0 (4.6.32)<br />

ϕ = −k a (4.6.33)<br />

b sin ϕ = b sin(−k a) = −A0<br />

b = A0<br />

sin k a<br />

folgt. Die gesuchte Lösung von (4.6.2) mit den Nebenbedingungen (4.6.24) ist also<br />

Da wir in unserem idealisierten Fall kei-<br />

ne Reibung berücksichtigt haben, geht für<br />

k →<br />

n π<br />

a<br />

der Betrag der Amplitude<br />

<br />

A0 <br />

|A| = <br />

sin<br />

k a<br />

(4.6.37)<br />

gegen unendlich. Aus<br />

kn =<br />

n π<br />

a<br />

erhalten wir die Resonanzfrequenzen<br />

oder<br />

ωn = c · kn =<br />

wie in (4.6.23).<br />

n c π<br />

a<br />

(4.6.34)<br />

(4.6.35)<br />

u(x, t) = A0<br />

sin PSfrag<br />

· sin(k x − k a) · sin ωt (4.6.36)<br />

k a replacements<br />

(4.6.38)<br />

(4.6.39)<br />

fn = ωn<br />

2 π<br />

= n · c<br />

2 a<br />

|A|<br />

A0<br />

ideal<br />

f1 f2 f3 f4<br />

Abb.4.6.6 Resonanzkurve<br />

real<br />

(4.6.40)


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 90<br />

4.7 Wellen auf Leitern<br />

4.7.1 Die Oszillatorkette<br />

Ue<br />

I<br />

L L L<br />

L<br />

L<br />

I<br />

C<br />

C<br />

C<br />

C<br />

C<br />

′ Q0<br />

0<br />

I ′ I<br />

1<br />

′ n−1<br />

I ′ I<br />

n<br />

′ Q1 Qn−1 Qn Qn+1<br />

n+1<br />

I ∗ 0<br />

A<br />

B<br />

Abb.4.7.1 Oszillatorkette<br />

Aus der Knotenregel in A und in B folgt<br />

I1<br />

I ∗ 1<br />

Genauso folgt dann I2 = I ∗ 2<br />

In−1<br />

I ∗ n−1<br />

In<br />

I ∗ n<br />

In+1<br />

I ∗ n+1<br />

I = I1 + I ′ 0 = I ∗ 0 =⇒ I1 = I ∗ 1 (4.7.1)<br />

u.s.w., d.h.<br />

In = I ∗ n , I ′ n−1 = In−1 − In , I ′ n = In − In+1 (4.7.2)<br />

Differenzieren von Un = Qn<br />

C liefert mit ˙ Qn = I ′ n und (4.7.2)<br />

Aus der Maschenregel folgt<br />

und d<strong>am</strong>it<br />

˙Un = − In+1 − In<br />

C<br />

(4.7.3)<br />

L ˙<br />

In + Un − Un−1 = 0 (4.7.4)<br />

In<br />

˙ = − Un − Un−1<br />

PSfrag replacements<br />

L<br />

4.7.2 Das Paralleldrahtsystem (Lechersystem)<br />

Im Paralleldrahtsystem bezeichnen wir mit Γ die Ka-<br />

pazität pro Länge und mit Λ die Induktivität pro<br />

Länge. Sind C bzw. L die Kapazität bzw. die Induk-<br />

tivität eines Stücks der Länge dx, dann gilt<br />

C = Γ dx und L = Λ dx (4.7.6)<br />

Das Lechersystem kann als Oszillatorkette aufgefasst<br />

werden, wenn man folgende Bezeichnungen vornimmt<br />

Ue<br />

dx<br />

L<br />

Abb.4.7.2 Lechersystem<br />

C U(x)<br />

I(x)<br />

(4.7.5)<br />

L<br />

C<br />

x<br />

x − dx x + dx<br />

U(x) = Un , U(x − dx) = Un−1 , I(x) = In , I(x + dx) = In+1 (4.7.7)<br />

und dx gegen Null gehen lässt:<br />

˙U(x) = ˙ Un<br />

I(x) ˙ = ˙ In<br />

(4.7.3) I(x + dx) − I(x)<br />

= − = −<br />

Γ dx<br />

1 ∂I<br />

·<br />

Γ ∂x<br />

(4.7.5) U(x) − U(x − dx)<br />

= − = −<br />

Λ dx<br />

1 ∂U<br />

·<br />

Λ ∂x<br />

(4.7.8)<br />

(4.7.9)


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 91<br />

∂I ∂U<br />

= −Γ ·<br />

∂x ∂t<br />

∂U<br />

∂x<br />

Mit (4.7.10) und (4.7.11) finden wir<br />

= −Λ · ∂I<br />

∂t<br />

U ′′ = ∂2U ∂<br />

=<br />

∂x2 ∂x (U ′ ) (4.7.11)<br />

= −Λ · ∂<br />

∂x ˙ I = −Λ ∂2I ∂<br />

= −Λ ·<br />

∂x ∂t ∂t<br />

Genauso folgt (Aufgabe!):<br />

oder I ′ = −Γ ˙ U (4.7.10)<br />

oder U ′ = −Λ ˙<br />

I (4.7.11)<br />

∂2U ∂x2 = Λ Γ · ∂2U ∂t2 ∂2I ∂x2 = Λ Γ · ∂2I ∂t2 U und I erfüllen also die Wellengleichung (4.6.2) mit<br />

<br />

∂I (4.7.10)<br />

= −Λ ·<br />

∂x<br />

∂<br />

∂t (−Γ ˙ U)<br />

(4.7.<strong>12</strong>)<br />

(4.7.13)<br />

(4.7.14)<br />

1<br />

= Λ · Γ (4.7.15)<br />

c2 Auf einem Leitersystem mit Λ = konst. und Γ = konst. breiten sich Strom und Spannung also<br />

wellenförmig aus mit der Geschwindigkeit<br />

c =<br />

1<br />

√ Λ · Γ<br />

(4.7.16)<br />

In einem Paralleldrahtsystem mit dem Drahtradius r und dem Abstand a der Drahtachsen ist<br />

nach Gauß das elektrische Feld E(x) zwischen den Drähten (Q ist die Ladung auf einem Draht<br />

der Länge s, Vakuum zwischen den Leitern)<br />

E(x) = Q<br />

2 π ε0 s ·<br />

Für die Spannung zwischen den Drähten gilt dann<br />

U =<br />

a−r<br />

und somit für die Kapazität pro Länge<br />

<br />

r<br />

<br />

1 1<br />

+<br />

x a − x<br />

E(x) dx = Q a − r<br />

· ln<br />

π ε0 s r<br />

Γ = C<br />

s<br />

= Q<br />

U s<br />

= πε0<br />

ln a−r<br />

r<br />

In den Aufgaben haben wir die Induktivität pro Länge berechnet:<br />

D<strong>am</strong>it ist Λ · Γ = ε0 · µ0 und<br />

c =<br />

Λ = µ0<br />

π<br />

1<br />

√ ε0 µ0<br />

· ln a − r<br />

r<br />

= 299792458 m<br />

s<br />

(Lichtgeschwindigkeit)<br />

(4.7.17)<br />

(4.7.18)<br />

(4.7.19)<br />

(4.7.20)<br />

(4.7.21)<br />

Es sei daran erinnert, dass der Zahlenwert von c nach Definition exakt ist, genauso wie der Wert<br />

von µ0 = 4 π · 10−7 Vs<br />

Am . D<strong>am</strong>it ist auch ε0 exakt bestimmt:<br />

ε0 = 1<br />

As<br />

= 8,85418781762.... · 10−<strong>12</strong><br />

µ0 · c2 Vm<br />

(4.7.22)


Sfrag replacements<br />

g replacements<br />

KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 92<br />

4.7.3 Einseitig unendliches Lechersystem<br />

U<br />

I<br />

E<br />

I<br />

Momentanaufnahme der<br />

Welle<br />

B<br />

Die Strom- und Spannungskurven, die Feldstärke- und Stromvektoren sowie<br />

die Ladungsverteilung, alles bewegt sich mit der Geschwindigkeit c nach rechts<br />

(aber nicht die Elektronen selbst, die schwingen nur um ihre Ruhelage!)<br />

Abb.4.7.3 Sinuswelle auf dem einseitig unendlichen Lechersystem<br />

λ<br />

zur Zeit t = T<br />

4<br />

Als Beispiel betrachten wir eine Welle, die sich auf einem einseitig unendlichen Lechersystem<br />

ausbreitet. Die ” Senderfunktion“ bei x = 0 sei<br />

U(0, t) = Ue(t) = U0 · sin ωt (4.7.23)<br />

D<strong>am</strong>it lautet die Gleichung der Spannungswelle nach (4.6.7)<br />

<br />

U(x, t) = Ue t − x<br />

<br />

= −U0 · sin(kx − ωt) (4.7.24)<br />

c<br />

Für die Stromwelle folgt aus (4.7.10) und c = ω<br />

k<br />

I ′ = −Γ · ˙ <br />

I(x, t) = −Γ ω U0<br />

U = −Γ ω U0 cos(kx − ωt)<br />

Γ ω U0<br />

cos(kx − ωt) dx = − sin(kx − ωt) = Γ c · U(x, t)<br />

k<br />

(4.7.25)<br />

(4.7.26)<br />

Strom und Spannung sind also gleichphasig!<br />

Aus Q = C · U, Q = σ · dx und C = Γ · dx folgt für die Längenladungsdichte auf einem der Leiter<br />

4.7.4 Endliches Lechersystem<br />

σ(x, t) = Γ · U(x, t) (4.7.27)<br />

beidseitig geschlossen einseitig offen beidseitig offen<br />

Abb.4.7.4 Verschiedene Arten von Lechersystemen<br />

2 λ<br />

x


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 93<br />

Das Ende eines endlichen Lechersystems kann leitend überbrückt sein (geschlossenes Ende) oder<br />

nicht (offenes Ende). Die Ladungen können über das offene Ende nicht hinaus, d.h. <strong>am</strong> offenen<br />

Ende (z.B. bei x = a) ist der Strom Null:<br />

I(a, t) = 0 ∀t<br />

(4.7.11)<br />

=⇒<br />

∂U<br />

<br />

<br />

<br />

∂x<br />

= −Λ ·<br />

x=a<br />

∂I(a, t)<br />

∂t<br />

= 0 =⇒ |U(a, t)| maximal (4.7.28)<br />

Am geschlossenen Ende dagegen ist wegen der leitenden Verbindung die Spannung Null:<br />

U(a, t) = 0 ∀t<br />

(4.7.10)<br />

=⇒<br />

<br />

∂I <br />

<br />

∂x<br />

∂U(a, t)<br />

= −Γ · = 0<br />

∂t<br />

=⇒ |I(a, t)| maximal (4.7.29)<br />

x=a<br />

Zus<strong>am</strong>menfassend gelten also die Randbedingungen:<br />

offenes Ende: I = 0 ⇐⇒ U ′ = 0 ⇐⇒ |U| maximal<br />

geschlossenes Ende: U = 0 ⇐⇒ I ′ = 0 ⇐⇒ |I| maximal<br />

(4.7.30)<br />

Aus den Randbedingungen folgen die möglichen Wellenlängen λn und d<strong>am</strong>it wegen λn · fn = c<br />

die Resonanzfrequenzen fn der möglichen stehenden Wellen auf dem System (siehe Kap.4.6.2).<br />

Als Beispiel betrachten wir ein einseitig offenes Lechersystem der Länge a:<br />

Eine Lösung der Wellengleichung, die die Rand-<br />

bedingung bei x = 0 erfüllt, ist<br />

U(x, t) = U0 · sin kx sin ωt (4.7.31)<br />

PSfrag replacements<br />

(siehe (4.6.19)). Um die Randbedingung bei x =<br />

a zu erfüllen, muss folgendes gelten:<br />

a = λ1<br />

4 ; λ1 = 4 a ; f1 = c<br />

4 a<br />

a =<br />

a =<br />

3 λ2<br />

4 ; λ2 = 4<br />

3 a ; f2 =<br />

5 λ3<br />

4 ; λ3 = 4<br />

5 a ; f3 =<br />

7 λ4 a = 4 ; λ4 = 4<br />

7 a ; f4 =<br />

... ... ... ... ...<br />

Für die n-te Hauptschwingung gilt<br />

a =<br />

(2n − 1) λn<br />

4<br />

4.7.5 Das Koaxialkabel<br />

; λn =<br />

3 c<br />

4 a = 3 · f1<br />

5 c<br />

4 a = 5 · f1<br />

7 c<br />

4 a = 7 · f1<br />

4 a<br />

2n − 1<br />

; fn =<br />

U<br />

U<br />

U<br />

U<br />

n = 1<br />

n = 3<br />

n = 4<br />

n = 2<br />

Abb.4.7.5 einseitig offen<br />

(2n − 1) c<br />

4 a<br />

= (2n − 1) · f1<br />

a<br />

a<br />

a<br />

a<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

(4.7.32)<br />

In einem Koaxialkabel mit dem Innenradius a und dem Außenradius b ist nach Gauß das elektri-<br />

sche Feld E(r) zwischen den Leitern (Q ist die Ladung auf einem Teilstück des inneren Drahtes<br />

der Länge s, Vakuum zwischen den Leitern)<br />

E(r) = Q 1<br />

·<br />

2 π ε0 s r<br />

(4.7.33)


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 94<br />

Für die Spannung zwischen dem Innen- und Außenleiter gilt dann<br />

U =<br />

b<br />

und somit für die Kapazität pro Länge<br />

a<br />

E(r) dr = Q b<br />

· ln<br />

2 π ε0 s a<br />

Γ = C<br />

s<br />

= Q<br />

U s<br />

= 2 πε0<br />

ln b<br />

a<br />

In den Aufgaben haben wir die Induktivität pro Länge berechnet:<br />

Λ = µ0 b<br />

· ln<br />

2 π a<br />

(4.7.34)<br />

(4.7.35)<br />

(4.7.36)<br />

D<strong>am</strong>it ist Λ · Γ = ε0 · µ0 und die Wellengeschwindigkeit auf dem Koaxialkabel ist wieder die<br />

Lichtgeschwindigkeit<br />

c =<br />

1<br />

√ ε0 µ0<br />

Allgemein gilt: Auf idealen, homogenen Zweileitersystemen (kein Ohm’scher<br />

Widerstand, Γ und Λ konstant) im Vakuum breiten sich Strom-<br />

und Spannungswellen mit Lichtgeschwindigkeit aus!<br />

4.7.6 Wellen auf geraden Leitern - der Dipol<br />

(4.7.37)<br />

Läßt man im Koaxialkabel den Mantelradius b gegen Unendlich gehen, erhält man Γ und Λ eines<br />

unendlich langen, geraden Leiters im Vakuum:<br />

2 πε0<br />

lim Γ = lim<br />

b→∞ b→∞ ln b<br />

a<br />

= 0 + und lim<br />

b→∞ Λ = lim<br />

b→∞<br />

Für das Produkt aus Γ und Λ gilt aber<br />

<br />

lim (Γ · Λ) = lim<br />

b→∞ b→∞<br />

2 πε0<br />

ln b<br />

a<br />

· µ0<br />

<br />

b<br />

· ln<br />

2 π a<br />

= ε0 · µ0<br />

<br />

µ0 b<br />

· ln = +∞ (4.7.38)<br />

2 π a<br />

Strom- und Spannungswellen breiten sich auf einem geraden<br />

Leiter im Vakuum mit Lichtgeschwindigkeit aus!<br />

(4.7.39)<br />

Ist der Feldraum um die Leiter mit einem Nichtleiter (Dielektrikum) gefüllt, dann muss ε0 we-<br />

gen der Polarisation der Atome durch ε = εr ·ε0 mit der relativen Dielektrizitätskonstanten<br />

εr > 1 ersetzt werden. D<strong>am</strong>it gilt für die Wellengeschwindigkeit<br />

c =<br />

mit der Vakuumlichtgeschwindigkeit c0.<br />

1<br />

√ εr ε0 µ0<br />

= c0<br />

√εr<br />

< c0<br />

(4.7.40)


Sfrag replacements<br />

KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN<br />

PSfrag replacements<br />

95<br />

Einen geraden Leiter der endlichen Länge a<br />

nennt man einen Dipol. An den Enden des Lei-<br />

ters gelten die Randbedingungen<br />

I(0, t) = I(a, t) = 0 (4.7.41)<br />

I<br />

Abb.4.7.6 λ<br />

2 -Dipol<br />

Der schwingende Dipol verhält sich also wie eine bei x = 0 und x = a eingespannte Saite. Bei<br />

n = 1<br />

einer sinusförmigen Anregung bilden sich auf dem Dipol stehende Wellen aus mit<br />

und den Wellenlängen und Resonanzfrequenzen<br />

E<br />

E<br />

λn =<br />

2 a<br />

n<br />

= λ1<br />

n<br />

t = 0 t = T<br />

4<br />

Abb.4.7.7 Dipolschwingungen<br />

B<br />

I(x, t) = I0 · sin kx · sin ωt (4.7.42)<br />

B<br />

bzw. fn = c<br />

λn<br />

1. Hauptschwingung<br />

2. Hauptschwingung<br />

= n · c<br />

= n · f1<br />

(4.7.43)<br />

2 a<br />

t = T<br />

2<br />

t =<br />

3 T<br />

4<br />

a<br />

x<br />

Da der gerade Leiter in der Grundschwingung genau eine halbe Wellenlänge lang ist, nennt<br />

man ihn auch λ<br />

2 -Dipol. Der Dipol ist die einfachste Form eines elektrischen Schwingkreises. Im<br />

geschlossenen Schwingkreis, bestehend aus einer Spule und einem Plattenkondensator, sind die<br />

E- und B-Felder fast ausschließlich auf den Innenraum der Bauteile beschränkt. Beim Dipol<br />

dagegen erstrecken sich die Felder weit in den umgebenden Raum. Der Dipol wirkt als Antenne<br />

zur Abstrahlung elektromagnetischer Felder.<br />

Die Ankopplung eines Dipols an einen Hochfrequenzgenera-<br />

tor ( Sender“) geschieht meist induktiv wie in Abb.4.7.8.<br />

”<br />

PSfrag replacements<br />

Da ein Sender meistens nur eine feste Frequenz benützt,<br />

kann die Dipollänge optimal abgestimmt werden (eben eine<br />

halbe Wellenlänge). Die Dipollänge eines Empfängers, der<br />

Sender mit Frequenzen aus einem größeren Bereich empfan-<br />

gen soll (z.B. UKW), ist immer ein Kompromiss.<br />

λ<br />

2<br />

Generator<br />

I<br />

IGen<br />

Abb.4.7.8 Ind. Kopplung


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 96<br />

4.8 Elektromagnetische Wellen im Vakuum oder Dielektrikum<br />

4.8.1 Eigenschaften elektromagnetischer Wellen<br />

PSfrag replacements<br />

Im Volumen V , das den Koor-<br />

dinatenursprung enthält, be-<br />

finden sich beschleunigte La-<br />

dungen, außerhalb von V ist<br />

die Ladungsdichte Null. Wir<br />

betrachten die von den La-<br />

dungen in V erzeugten Felder<br />

z<br />

y<br />

V<br />

Abb.4.8.1 Welle in großer Entfernung zur Quelle<br />

A<br />

x x<br />

auf einer kleinen Fläche A, die senkrecht auf der x−Achse steht und deren x−Koordinate groß<br />

gegen die Abmessungen von V ist. Auf A sind die Felder dann näherungsweise konstant, d.h.<br />

∂ E<br />

∂y<br />

≈ 0 ,<br />

∂ E<br />

∂z<br />

≈ 0 ,<br />

∂2E ∂y2 ≈ 0 und ∂2E ≈ 0 (4.8.1)<br />

∂z2 Eine Welle, deren Größen in einer Fläche senkrecht zur Ausbreitungsrichtung konstant sind,<br />

heißt ebene Welle.<br />

Die im Kapitel über die Maxwellgleichungen für das Vakuum hergeleitete Wellengleichung<br />

∂2E ∂x2 + ∂2E ∂y2 + ∂2E ∂z2 = ε0 µ0 · ∂2E ∂t2 geht wegen (4.8.1) über in die eindimensionale Wellengleichung<br />

∂2E ∂x2 = ε0 µ0 · ∂2E ∂t2 d.h. im Vakuum breiten sich elektromagnetische Wellen mit der Lichtgeschwindigkeit<br />

c =<br />

1<br />

√ ε0 µ0<br />

aus. In einem Dielektrikum muss ε0 durch εr · ε0 ersetzt werden:<br />

c =<br />

1<br />

√ εr ε0 µ0<br />

= c0<br />

√εr<br />

(4.8.2)<br />

(4.8.3)<br />

(4.8.4)<br />

(4.8.5)<br />

Wegen εr,Luft = 1,00059 ≈ 1 ist die Lichtgeschwindigkeit in Luft fast gleich der Vakuumge-<br />

schwindigkeit.<br />

PSfrag replacements<br />

Eine genaue Analyse der Max-<br />

well’schen Gleichungen liefert für<br />

große Entfernungen zu den fel-<br />

derzeugenden Ladungen folgen-<br />

de Beziehungen, die zum Teil für<br />

einen Dipol im Ursprung sofort<br />

einsichtig sind:<br />

z<br />

y<br />

B<br />

Abb.4.8.2 Welle auf der x-Achse<br />

E⊥c , B⊥c , E⊥ B , B = c × E<br />

c 2<br />

E<br />

= √ εr · c0 × E<br />

c 2 0<br />

B<br />

E<br />

c<br />

x<br />

(4.8.6)


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 97<br />

Das B−Feld schwingt also gleichphasig mit dem E−Feld.<br />

Da c in alle Richtungen den gleichen<br />

Betrag hat, geht, im Großen gesehen,<br />

vom Sender eine Kugelwelle aus. Die Ku-<br />

gelschalen sind z.B. Punkte gleichzeitiger<br />

Maxima der Felder.<br />

Ein harmonisch schwingender Dipol<br />

strahlt sinusförmige Wellen PSfragab. replacements Die<br />

Wellenlänge ist<br />

λ = c<br />

f<br />

1<br />

= √ ·<br />

εr<br />

c0<br />

f<br />

1<br />

= √ · λVak<br />

εr<br />

(4.8.7)<br />

Der Abstand der Kugelschalen in<br />

Abb.4.8.3 ist gerade eine Wellenlänge.<br />

x<br />

y<br />

z<br />

c<br />

B<br />

E<br />

Abb.4.8.3 Kugelwelle im Großen<br />

V<br />

ebene Welle im<br />

Eine Welle heißt linear polarisiert, wenn die schwingende Größe ein Vektor ist, der immer in<br />

der gleichen Ebene liegt. Ein Dipol strahlt eine linear polarisierte Welle ab (siehe Abb.4.8.4)!<br />

g replacements x<br />

y<br />

y<br />

B<br />

B<br />

E<br />

PSfrag replacements<br />

Abb.4.8.4 Felder eines schwingenden Dipols<br />

E<br />

x<br />

x<br />

UC<br />

UR<br />

UC<br />

Diode<br />

UR<br />

Abb.4.8.5 Detektorempfänger<br />

R<br />

Lautsprecher<br />

UM<br />

Kleinen<br />

t<br />

t


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 98<br />

Der Dipol eines Empfängers wird durch das E−Feld der Welle angeregt:<br />

Maximaler Empfang, wenn Dipolachse E, kein Empfang, wenn Dipolachse ⊥ E<br />

Um Nachrichten mit elektromagnetischen Wellen zu übertragen, wird der hochfrequenten Träger-<br />

schwingung eine niederfrequente Modulationsspannung überlagert: U(t) = U0 · sin ωt · UM(t) .<br />

Die Lautsprechermembrane können der hochfrequenten Schwingung der Trägerfrequenz nicht fol-<br />

gen. Durch die Diode (Gleichrichter) liegt <strong>am</strong> Lautsprecher eine Gleichspannung und er schwingt<br />

mit der Frequenz der Modulationsspannung.<br />

4.8.2 Energietransport mit elektromagnetischen Wellen<br />

A sei eine Fläche, die senkrecht auf der Ausbreitungsrichtung einer Welle steht und T die Schwin-<br />

gungsdauer der (sinusförmigen) Welle. Die Intensität J der Welle <strong>am</strong> Ort der Fläche A ist<br />

definiert durch<br />

J =<br />

Energie, die in der Zeit T durch A tritt<br />

T · A<br />

Die Energiedichte eines elektrischen Feldes im Dielektrikum ist<br />

we = εr · ε0<br />

2<br />

· E 2<br />

D<strong>am</strong>it folgt für die Energiedichte einer elektromagnetischen Welle<br />

Mit<br />

folgt aus (4.8.6)<br />

w = we + wm = εr · ε0<br />

2<br />

· E 2 + 1<br />

· B<br />

2 µ0<br />

2<br />

(4.8.8)<br />

(4.8.9)<br />

(4.8.10)<br />

E = E(x, t) = E0 · sin(kx − ωt) (4.8.11)<br />

B = B(x, t) = B0 · sin(kx − ωt) mit B0 = E0<br />

c = √ εr · E0<br />

Eingesetzt in (4.8.10) erhält man<br />

<br />

εr · ε0<br />

w =<br />

2<br />

oder vereinfacht<br />

c0<br />

(4.8.<strong>12</strong>)<br />

· E 2 0 + 1<br />

·<br />

2 µ0<br />

εr<br />

c2 · E<br />

0<br />

2 <br />

0 · sin 2 (kx − ωt) (4.8.13)<br />

w = εr · ε0 · E 2 0 · sin 2 (kx − ωt) (4.8.14)<br />

Die Energie W , die in der Zeit T durch A fließt, erhalten wir durch<br />

Integration über eine Wellenlänge:<br />

PSfrag replacements<br />

W =<br />

<br />

V<br />

w dV =<br />

= εr ε0 A E 2 0 ·<br />

λ<br />

0<br />

w A dx = εr ε0 A E 2 <br />

0 ·<br />

<br />

x 1<br />

− · sin(kx − ωt)<br />

2 4 k<br />

λ<br />

0<br />

λ 0<br />

sin 2 (kx − ωt) dx =<br />

Wegen 2 k λ = 4 π ist sin(2 k λ − ωt) = sin(−ωt) und es gilt<br />

W = εr ε0 A E 2 0 · λ<br />

2<br />

(4.8.15)<br />

λ<br />

V<br />

Abb.4.8.6<br />

A<br />

x<br />

(4.8.16)


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 99<br />

Aus<br />

folgt dann<br />

T = 1<br />

f<br />

J = W<br />

A T<br />

Von einem Sender S geht eine Welle aus.<br />

Die Energie, die von der Welle in der<br />

PSfrag replacements<br />

Zeit T durch die Fläche A transportiert<br />

wird, muss gleich der Energie sein, die<br />

in der gleichen Zeit durch A ′ geht (siehe<br />

Abb.4.8.7):<br />

A · J = A ′ · J ′<br />

J ′<br />

J<br />

A r2<br />

= =<br />

A ′ r ′2<br />

Aus (4.8.18) und (4.8.21) folgt<br />

λ<br />

=<br />

c =<br />

√<br />

εr λ<br />

c0<br />

1√<br />

= εr · ε0 · c0 · E<br />

2<br />

2 0<br />

Intensität einer Sinuswelle<br />

(4.8.19)<br />

(4.8.20)<br />

J⊥(r) sei die Intensität der Strahlung ei-<br />

nes Dipols in der Entfernung r vom Di-<br />

J(r ′ )<br />

J(r)<br />

E0(r ′ )<br />

E0(r)<br />

polmittelpunkt, gemessen in einer Ebene<br />

durch den Mittelpunkt PSfrag des Dipols replacements und<br />

senkrecht zur Dipolachse. Ohne Herlei-<br />

tung sei folgende Formel für die Winkel-<br />

verteilung der Dipolstrahlung angegeben:<br />

J(r, ϕ) = J⊥(r) · sin 2 ϕ (4.8.23)<br />

S<br />

r<br />

Abb.4.8.7 Abnahme der Intensität<br />

= r2<br />

r ′2<br />

= r<br />

r ′<br />

Intensitätsverteilung<br />

A<br />

r ′<br />

Dipolachse<br />

Abb.4.8.8 Polardiagr<strong>am</strong>m<br />

ϕ<br />

J(r, ϕ)<br />

J(r, 90 ◦ ) = J⊥(r)<br />

(4.8.17)<br />

(4.8.18)<br />

A ′<br />

(4.8.21)<br />

(4.8.22)<br />

In der Ebene senkrecht zur Dipolachse ist die Winkelverteilung isotrop, d.h. J(ψ) = konstant<br />

(siehe Abb.4.8.9).


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 100<br />

Mit Hilfe von Abb.4.8.9 berechnen wir die Ges<strong>am</strong>tlei-<br />

stung P , die vom Dipol abgestrahlt wird. Zunächst ist<br />

die Leistung dP , die durch die Fläche da geht, gleich<br />

dP = J(r, ϕ) · da (4.8.23)<br />

= J⊥ sin 2 ϕ · r 2 sin ϕ dϕ dψ =<br />

= J⊥ r 2 sin 3 ϕ dϕ dψ (4.8.24)<br />

Integration über die ges<strong>am</strong>te Kugelfläche liefert:<br />

P = J⊥ r 2<br />

⎡<br />

2<br />

π π<br />

⎣ sin 3 ⎤<br />

ϕ dϕ⎦<br />

dψ = 2 π r 2 π<br />

J⊥ · sin 3 ϕ dϕ<br />

0<br />

0<br />

Mit der Integralformel (Beweis!!)<br />

P =<br />

π<br />

0<br />

8 π<br />

3 J⊥(r) · r 2<br />

4.9 Reflexion und Brechung<br />

PSfrag replacements<br />

0<br />

sin 3 ϕ dϕ =<br />

ϕ<br />

ψ<br />

r<br />

r sin ϕ<br />

dϕ<br />

dψ<br />

da<br />

Abb.4.8.9 Herleitung von P<br />

<br />

1<br />

3 cos3 π ϕ − cos ϕ =<br />

0<br />

4<br />

3<br />

und d<strong>am</strong>it J(r, ϕ) = 3<br />

8 π · P · sin2 ϕ<br />

r2 Die Menge aller zus<strong>am</strong>menhängenden Maxima einer Welle nennen<br />

wir eine Wellenfront. Die Wellenfronten einer ebenen Welle sind<br />

parallele Ebenen im Abstand je einer Wellenlänge, die Wellenfron-<br />

ten einer Kugelwelle sind Kugelschalen, deren Radien sich je um eine<br />

Wellenlänge unterscheiden. Trifft eine Welle auf eine sehr kleine Öff-<br />

nung in einer für die Welle undurchlässigen Wand, dann geht von der<br />

Öffnung eine kugelförmige ” Elementarwelle“ aus.<br />

Christian Huygens (1629 - 1695) hat diese Tatsache verallgemeinert:<br />

ebene<br />

Welle<br />

folgt<br />

Abb.4.9.1<br />

Von jedem Punkt eines beliebigen Wellenfeldes geht eine kugelförmige<br />

Elementarwelle aus. Die Einhüllende aller von einer Wellenfront ausge-<br />

henden Elementarwellen bildet eine neue Wellenfront.<br />

(Huygens’sches Prinzip)<br />

r dϕ<br />

r sin ϕ dψ<br />

(4.8.25)<br />

Wellenfront<br />

Die Ableitung des Huygens’schen Prinzips aus den Maxwellgleichungen gelang Gustav Kirchhoff<br />

(1824 - 1887).


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 101<br />

Abb.4.9.2 zeigt <strong>am</strong> Beispiel einer ebe-<br />

nen Welle und einer Kugelwelle die Ent-<br />

stehung neuer Wellenfronten nach dem<br />

Huygens’schen Prinzip. Seine volle Be-<br />

deutung erlangt das Huygens’sche Prinzip<br />

erst dann, wenn eine Welle auf Hindernisse<br />

trifft. Als Beispiel PSfrag replacements<br />

betrachten wir die<br />

Ableitung des Brechungsgesetzes:<br />

Eine ebene Welle breitet sich in einem Me-<br />

dium mit der Geschwindigkeit c1 aus und<br />

trifft auf die ebene Grenzfläche zu einem<br />

anderen Medium mit der Wel-<br />

lengeschwindigkeit c2. Die einfallende<br />

Wellenfront <br />

1 in<br />

Abb.4.9.3 trifft zur Zeit t = 0<br />

im Punkt A auf die Grenzfläche.<br />

Zur Zeit T = λ1<br />

c1<br />

trifft <br />

1 in<br />

B und 2 in A auf die Grenzfläche<br />

u.s.w. Überall dort, wo ei-<br />

ne Wellenfront auf die Grenz-<br />

fläche trifft, geht vom Auftreff-<br />

punkt eine Elementarwelle aus.<br />

Abb.4.9.3 zeigt die Elementar-<br />

wellen, die von den Wellenfronten<br />

1 , 2 und 3 zu den Zeiten<br />

0, T und 2 T erzeugt wurden.<br />

c2 < c1<br />

c1<br />

c2<br />

Elementarwellen<br />

Abb.4.9.2 Wellenfronten<br />

1<br />

Momentaufnahme zur Zeit 3T<br />

3<br />

2<br />

1<br />

1<br />

2<br />

neue Wellenfronten<br />

Einfallende Welle<br />

ϕ1 A B C<br />

λ2<br />

3λ2<br />

Abb.4.9.3 Zum Brechungsgesetz<br />

c2<br />

1<br />

c1<br />

3λ1<br />

n1<br />

n2<br />

D<br />

ϕ2<br />

3<br />

λ1<br />

2<br />

ϕ1 ϕ∗ 1<br />

1<br />

Einfallslot<br />

Ist c die Vakuumlichtgeschwindigkeit und sind εr1 und εr2 die relativen Dielektrizitätskonstanten<br />

der beiden Medien, dann gilt<br />

c1 = c<br />

√ εr1<br />

Mit der Definition des Brechungsindexes<br />

eines Stoffes folgt<br />

c1 = c<br />

n1<br />

und c2 = c<br />

√ εr2<br />

n = √ εr<br />

und c2 = c<br />

Abb.4.9.3 entnimmt man für den Einfallswinkel ϕ1 und den Ausfallswinkel ϕ2<br />

und d<strong>am</strong>it<br />

sin ϕ1 =<br />

n2<br />

3 λ1<br />

AD , sin ϕ2<br />

3 λ2<br />

=<br />

AD<br />

sin ϕ1<br />

sin ϕ2<br />

= c1<br />

c2<br />

= n2<br />

n1<br />

(Brechungsgesetz)<br />

ϕ2<br />

(4.9.1)<br />

(4.9.2)<br />

(4.9.3)<br />

(4.9.4)<br />

(4.9.5)


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 102<br />

Zeichnet man die Elementarwellen in Abb.4.9.3 auch nach oben ein, dann folgt (siehe Aufgaben)<br />

das Reflexionsgesetz:<br />

Aus dem Brechungsgesetz folgt<br />

und d<strong>am</strong>it<br />

n1<br />

n2<br />

ϕ1 = ϕ ∗ 1<br />

· sin ϕ1 = sin ϕ2 ≤ 1 (4.9.7)<br />

sin ϕ1 ≤ n2<br />

n1<br />

(4.9.8)<br />

(4.9.8) ist immer erfüllt, wenn n2 > n1, d.h. wenn<br />

das Medium 2 optisch dichter ist als das Medium<br />

<br />

PSfrag replacements<br />

1 . Beim Übergang vom optisch dichteren<br />

ins optisch dünnere Medium (z.B. von Wasser in<br />

Luft) tritt Brechung nur dann auf, wenn der Ein-<br />

fallswinkel ϕ1 kleiner ist als der Grenzwinkel ϕg<br />

mit<br />

sin ϕg = n2<br />

n1<br />

(4.9.9)<br />

3<br />

n1<br />

n2<br />

1 1<br />

2 2<br />

ϕg<br />

Abb.4.9.4 Totalreflexion<br />

2<br />

1<br />

(4.9.6)<br />

Für ϕ1 > ϕg gibt es keine gebrochene Welle, d.h. die ganze Energie der einfallenden Welle findet<br />

sich in der reflektierten Welle wieder (Totalreflexion).<br />

n1 < n2 ∧ 0 < ϕ1 < 90 ◦ =⇒ Reflexion und Brechung gleichzeitig<br />

n1 > n2 ∧ 0 < ϕ1 < ϕg =⇒ Reflexion und Brechung gleichzeitig<br />

n1 > n2 ∧ ϕ1 > ϕg =⇒ Totalreflexion<br />

Totalreflexion in Glasprismen wird z.B. verwendet, um Lichtstrahlen in optischen Geräten ver-<br />

lustfrei umzulenken.<br />

3


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 103<br />

4.10 Polarisation<br />

4.10.1 Polarisation mit Polfiltern<br />

Eine elektromagnetische Welle heißt li-<br />

near polarisiert, wenn der Feldstärke-<br />

vektor E seine Schwingungsrichtung nicht<br />

ändert. Die Strahlung eines Dipols ist z.B.<br />

linear polarisiert.<br />

Ein Polarisationsfilter (Polfilter) PSfrag replacements<br />

besteht<br />

aus einem Material, in dem die Elektronen<br />

nur in eine Richtung schwingen können,<br />

d.h. er besteht aus lauter kleinen Dipo-<br />

len. Liegt die Länge dieser Dipole in der<br />

Größenordnung der Wellenlänge der ein-<br />

fallenden Strahlung, dann werden die Di-<br />

pole von der zur Dipolachse parallelen<br />

Komponente E der einfallenden Welle<br />

zum Mitschwingen angeregt. E wird vom<br />

Polfilter also reflektiert (wie an einer Me-<br />

tallwand) und ist somit hinter dem Filter Abb.4.10.1 Polarisationsfilter<br />

nicht mehr vorhanden. Ein Polfilter lässt<br />

also nur den Teil E⊥ der Welle durch, der senkrecht auf den Dipolachsen steht. Die Welle nach<br />

dem Polfilter ist linear polarisiert.<br />

Ee<br />

D<br />

E⊥<br />

ϕ<br />

D<br />

Ee<br />

E <br />

Durchlassrichtung<br />

Elektron<br />

Pol-Filter<br />

Ein Polfilter für Mikrowellen (cm-Bereich) besteht aus einem Gitter von parallelen Drähten.<br />

Polfilter für Licht (400 nm bis 800 nm) werden aus Kunststoffen gefertigt, die aus langgestreckten<br />

Molekülen bestehen, die ein über das ganze Molekül frei bewegliches Elektron besitzen.<br />

Trifft eine linear polarisierte Welle Ee auf ein Polfilter und ist ϕ der Winkel zwischen Ee und der<br />

Durchlassrichtung D, dann gilt für den Betrag des Feldstärkevektors der durchgehenden Welle<br />

Ed = E⊥ = Ee · cos ϕ (4.10.1)<br />

Für die Intensität der durchgehenden Welle gilt dann wegen J ∼ E 2<br />

PSfrag replacements<br />

Natürliches Licht, das alle Polarisationsrichtungen<br />

enthält, wird durch ein Polfilter linear polarisiert. In<br />

Abb.4.10.2 trifft natürliches Licht auf ein Polfilter mit<br />

der Durchlassrichtung D. Danach ist es linear pola-<br />

risiert ( E1 D). Trifft dieses polarisierte Licht jetzt<br />

auf ein weiteres Polfilter, dessen Durchlassrichtung D ′<br />

senkrecht auf D steht, dann ist wegen cos 90 ◦ = 0 die<br />

Welle hinter dem zweiten Filter verschwunden.<br />

Jd = Je · cos 2 ϕ (4.10.2)<br />

ϕ<br />

Pol-Filter<br />

Durchlassrichtung<br />

Elektron<br />

natürliches<br />

Licht<br />

D<br />

E1<br />

Ed<br />

lin. pol.<br />

D⊥ D ′<br />

Abb.4.10.2 gekreuzte Filter<br />

E2 = 0<br />

D ′<br />

c


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN<br />

PSfrag replacements<br />

104<br />

4.10.2 Polarisation durch Reflexion<br />

Eine Welle fällt auf die Grenzfläche zwei-<br />

er Medien mit den Brechungsindizes n1<br />

bzw. n2. Die Elektronen im Medium mit<br />

n2 schwingen in Richtung des Feldstärke-<br />

vektors Ed des gebrochenen Strahls. Diese<br />

schwingenden Elektronen sind kleine Dipo-<br />

le und somit die Ursache für die reflektier-<br />

te Welle. Für einen bestimmten Einfallswin-<br />

kel ϕe = ϕB, den sogenannten Brewster-<br />

Winkel, sind die Achsen dieser Dipole par-<br />

allel zur Richtung der reflektierten Welle<br />

(cd ⊥cr). Da die Intensität der Dipolstrah-<br />

lung in Richtung der Dipolachse Null ist,<br />

gibt es in diesem Fall keine reflektierte Welle.<br />

n1<br />

n2<br />

ce<br />

Ee<br />

Im gezeichneten Fall ist<br />

cr⊥cd, d.h. ϕe = ϕB<br />

ϕe<br />

ϕr<br />

ϕd<br />

cd<br />

Abb.4.10.3 Zum Brewster-Winkel<br />

Aus dem Reflexionsgesetz ϕe = ϕr und Abb.4.10.3 folgt für den Brewster-Winkel<br />

oder<br />

ϕr + ϕd = ϕe + ϕd = ϕB + ϕd = 90 ◦ =⇒ ϕd = 90 ◦ − ϕB (4.10.3)<br />

Aus dem Brechungsgesetz und (4.10.4) folgt<br />

oder endgültig<br />

sin ϕd = sin(90 ◦ − ϕB) = cos ϕB<br />

sin ϕd = cos ϕB = n1<br />

n2<br />

tan ϕB = n2<br />

n1<br />

· sin ϕB<br />

L<br />

Er<br />

Ed<br />

cr<br />

(4.10.4)<br />

(4.10.5)<br />

(4.10.6)<br />

Die von ce und dem Einfallslot L gebildete Ebene nennen wir die Einfallsebene. Fällt jetzt<br />

unpolarisiertes Licht (alle Polarisationsrichtungen vorhanden) unter dem Brewster-Winkel auf<br />

die Grenzfläche (d.h. ϕe = ϕB), dann werden alle zur Einfallsebene parallelen Komponenten der<br />

elektrischen Feldvektoren nicht reflektiert. Der reflektierte Strahl enthält also nur E−Vektoren,<br />

die senkrecht zur Einfallsebene und d<strong>am</strong>it parallel zur Grenzfläche sind. Der reflektierte Strahl<br />

ist also linear polarisiert.<br />

Fällt unpolarisiertes Licht unter dem Brewster-Winkel ϕB<br />

auf die Grenzfläche zweier Medien, dann ist die reflektier-<br />

te Welle linear polarisiert. Der E−Vektor der reflektierten<br />

Welle schwingt dann parallel zur Grenzfläche.


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 105<br />

4.11 Summen von Sinusfunktionen<br />

Die Grundformel für alle Arten von Schwingungsüberlagerungen ist:<br />

sin ϕ =<br />

<br />

x + y<br />

a · sin x + b · sin y = A · sin + ϕ<br />

2<br />

mit A = a 2 + b 2 + 2 a b cos(y − x) ,<br />

b − a<br />

A<br />

· sin y − x<br />

2<br />

und cos ϕ =<br />

b + a<br />

A<br />

· cos y − x<br />

2<br />

Für die Überlagerung gleichfrequenter Sinusschwingungen mit beliebigen Phasen gilt:<br />

n<br />

ak · sin(ωt + ϕk) = A · sin(ωt + Φ)<br />

k=1<br />

<br />

<br />

n<br />

mit A = <br />

sin Φ =<br />

n<br />

k=1<br />

ak sin ϕk<br />

k=1<br />

A<br />

ak sin ϕk<br />

n−1 <br />

sin<br />

sin(k ϕ) =<br />

k=0<br />

n−1 <br />

sin<br />

cos(k ϕ) =<br />

k=0<br />

2<br />

+<br />

n<br />

k=1<br />

und cos Φ =<br />

n ϕ<br />

2<br />

n ϕ<br />

2<br />

ak cos ϕk<br />

n<br />

(n − 1)ϕ<br />

· sin<br />

2<br />

sin ϕ<br />

2<br />

(n − 1)ϕ<br />

· cos<br />

2<br />

sin ϕ<br />

2<br />

2<br />

ak cos ϕk<br />

k=1<br />

A<br />

,<br />

(4.11.1)<br />

(4.11.2)<br />

(4.11.3)<br />

Für die Überlagerung gleichfrequenter Schwingungen mit gleicher Amplitude und äquidistanten<br />

Phasen ϕk = k · ϕ folgt aus (4.11.2) und (4.11.3):<br />

n−1<br />

a · sin(ωt + k ϕ) = A · sin(ωt + Φ)<br />

k=0<br />

n ϕ<br />

a sin<br />

mit A = 2<br />

sin ϕ<br />

2<br />

und Φ =<br />

(n − 1) ϕ<br />

2<br />

(4.11.4)


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 106<br />

4.<strong>12</strong> Überlagerung von zwei gleichfrequenten Wellen<br />

Wir untersuchen die Überlagerung<br />

zweier gleichfrequenter Wellen<br />

und<br />

u1 = a sin(kx − PSfrag ωt) replacements<br />

(4.<strong>12</strong>.1)<br />

u2 = b sin(kx − ωt + Φ) (4.<strong>12</strong>.2)<br />

δ<br />

Abb.4.<strong>12</strong>.1 Gangunterschied<br />

mit der Phasendifferenz Φ. Da sich die Wellen mit der gleichen Geschwindigkeit ausbreiten sol-<br />

len, folgt aus der Gleichheit der Frequenzen auch die Gleichheit der Wellenlängen. Den kürzesten<br />

Abstand zweier Wellenberge nennt man den Gangunterschied der beiden Wellen.<br />

Dem Gangunterschied λ entspricht die Phasendifferenz 2π, d.h.<br />

δ Φ<br />

=<br />

λ 2π<br />

Aus (4.11.1) folgt für die Amplitude der Überlagerung u = u1 + u2<br />

(4.<strong>12</strong>.3)<br />

A = a 2 + b 2 + 2 a b cos Φ (4.<strong>12</strong>.4)<br />

Die Intensitäten der Wellen sind proportional zum Quadrat ihrer Amplituden, d.h.<br />

J1 = α · a 2<br />

Für elektromagnetische Wellen ist nach (4.8.18)<br />

, J2 = α · b 2 und J = α · A 2<br />

α = 1√<br />

εr · ε0 · c0<br />

2<br />

Mit (4.<strong>12</strong>.4) erhält man für die Intensität der resultierenden Welle<br />

und d<strong>am</strong>it<br />

(4.<strong>12</strong>.5)<br />

(4.<strong>12</strong>.6)<br />

J = α · A 2 = α · a 2 + α · b 2 + 2 √ α a 2 α b 2 cosΦ (4.<strong>12</strong>.7)<br />

J = J1 + J2 + 2 J1 J2 · cos Φ (4.<strong>12</strong>.8)<br />

Für den Spezialfall zweier gleichstarker Wellen (a = b) erhält man<br />

und aus (4.<strong>12</strong>.8)<br />

A = 2 a 2 + 2 a 2 cos Φ = a √ 2 √ 1 + cos Φ = a √ 2<br />

<br />

<br />

A = 2 a <br />

Φ<br />

cos <br />

2 <br />

2 Φ<br />

J = 2 J1 + 2 J1 cos Φ = 2 J1 · 2 cos<br />

2<br />

2 Φ<br />

J = 4 J1 · cos<br />

2<br />

<br />

Φ<br />

2 cos2 2<br />

(4.<strong>12</strong>.9)<br />

(4.<strong>12</strong>.10)<br />

(4.<strong>12</strong>.11)<br />

(4.<strong>12</strong>.<strong>12</strong>)


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 107<br />

PSfrag replacements<br />

4.13 Zweistrahlinterferenzen<br />

Die Überlagerung der Wellen<br />

von mehreren Sendern nennt<br />

man Interferenz. Wir betrach-<br />

ten zwei gleichphasig schwin-<br />

gende Sender an den Or-<br />

<br />

d<br />

d<br />

ten S1 0 | 2 und S2 0 | − 2 .<br />

Beide Sender sollen in der xy-<br />

Ebene in alle Richtungen gleich<br />

stark strahlen (z.B. zwei Dipole,<br />

y<br />

S1<br />

S2<br />

ϕ<br />

r1<br />

r2<br />

Abb.4.13.1 Zwei Sender<br />

deren Achsen parallel zur z-Achse sind und die vom gleichen Generator gespeist werden). Der<br />

Gangunterschied δ der beiden Wellen im Punkt P(x|y) ist<br />

<br />

δ = r2 − r1 = x2 <br />

+ y + d<br />

<br />

<br />

2<br />

− x<br />

2<br />

2 <br />

+ y − d<br />

2 2<br />

P<br />

x<br />

S1<br />

ϕ<br />

d<br />

S2<br />

ϕ<br />

δ<br />

P<br />

P<br />

(4.13.1)<br />

Ist P sehr weit von den Sendern entfernt (OP ≫ d), dann ist S1P ungefähr parallel zu S2P und<br />

es gilt δ = d · sin ϕ (4.13.2)<br />

Zeige zur Übung, dass (4.13.2) mit Hilfe der linearen Näherung aus (4.13.1) folgt!<br />

Die aus den beiden Teilwellen resultierende Welle hat maximale Intensität, wenn zwei Wellen-<br />

berge zus<strong>am</strong>mentreffen, d.h. wenn der Gangunterschied ein(4.13.2) ganzzahliges Vielfaches der<br />

Wellenlänge ist. Die Intensität ist dagegen minimal, wenn ein Wellenberg der einen Welle auf<br />

ein Tal der anderen Welle trifft, d.h. wenn der Gangunterschied ein Vielfaches einer ganzen plus<br />

einer halben Wellenlänge ist:<br />

Maximum ν-ter Ordnung = { P | δ = ν · λ ∧ ν ∈ }<br />

Minimum ν-ter Ordnung = { P | δ = ν + 1<br />

<br />

2 · λ ∧ ν ∈ }<br />

Für OP ≫ d folgt aus (4.13.2) und (4.13.3):<br />

Maximum ν-ter Ordnung : sin ϕν = ν · λ<br />

d<br />

Minimum ν-ter Ordnung :<br />

<br />

sin ϕν = ν + 1<br />

<br />

2<br />

· λ<br />

d<br />

(4.13.3)<br />

(4.13.4)<br />

Für OP ≫ d und gleich starke Sender sind die Intensitäten der beiden Einzelwellen <strong>am</strong> Ort<br />

P gleich, d.h. J1(P) = J2(P). Aus (4.<strong>12</strong>.3), (4.<strong>12</strong>.<strong>12</strong>) und (4.13.2) folgt für die Intensität der<br />

resultierenden Welle im Punkt P:<br />

J(P) = 4 J1(P) · cos 2<br />

<br />

π d sin ϕ<br />

λ<br />

(4.13.5)


g replacements<br />

KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 108<br />

Doppelspalt<br />

Abb.4.13.2 Doppelspalt mit Licht<br />

Schirm<br />

Abb.4.13.2 zeigt die Realisierung von zwei gleichpha-<br />

sigen Sendern mit Licht. Das Auftreten eines Inten-<br />

sitätsmaximums im geometrischen Schattenraum bei<br />

ξ = 0 auf dem Schirm zeigt, dass sich Licht wie ei-<br />

ne Welle ausbreitet. D<strong>am</strong>it und mit der altbekannten<br />

Tatsache<br />

ξ<br />

PSfrag replacements<br />

c =<br />

J<br />

1<br />

√ ε0 µ0<br />

ν = 2<br />

ν = 1<br />

ν = 0<br />

Abb.4.13.3 Kreiswellen<br />

ν = 1<br />

ν = 2<br />

(4.13.6)<br />

ist eindeutig nachgewiesen, dass es sich bei Licht um eine elektromagnetische Welle handelt.<br />

Abb.4.13.3 zeigt, wie man die Orte maximaler Intensität bei zwei gleichphasigen Sendern kon-<br />

struieren kann. Jeder Kreis gibt die Lage der Maxima der Einzelwellen an.<br />

PSfrag replacements<br />

S1 S2<br />

ϕ = 0<br />

Abb.4.13.4 Intensität beim Doppelspalt (mit MAPLE erzeugt)<br />

Abb.4.13.4 veranschaulicht die Intensitätsverteilung von zwei gleich starken Sendern, wobei die<br />

Intensitätsabnahme, bedingt durch das 1<br />

r 2 −Gesetz, nicht berücksichtigt ist.


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 109<br />

4.14 Das optische Gitter<br />

Trifft ein paralleler Lichtstrahl (ebene Welle!) auf<br />

einen n-fach-Spalt (optisches Gitter), dann wirken<br />

die Spalte wie n gleichphasige Sender. Für OP ≫<br />

S1Sn sind die Geraden S1P bis SnP fast parallel<br />

und der Gangunterschied zwischen benachbarten<br />

Strahlen ist δ = d · sin ϕ. Der Gangunterschied des<br />

µ−ten Strahls zum nullten Strahl ist dann<br />

PSfrag replacements<br />

δµ = µ d sin ϕ = µ · δ1<br />

(4.14.1)<br />

Die Phase des µ−ten Strahls relativ zum nullten<br />

Strahl ist wegen (4.<strong>12</strong>.3)<br />

oder<br />

Φµ =<br />

2 π δµ<br />

λ<br />

Φµ = µ · Φ mit Φ =<br />

= 2 π µ d sin ϕ<br />

λ<br />

2 π d sin ϕ<br />

λ<br />

(4.14.2)<br />

(4.14.3)<br />

Unter unserer Voraussetzung OP ≫ S1Sn und der<br />

weiteren Annahme gleich starker Sender lautet die<br />

Gleichung der µ−ten Welle<br />

Eµ = a · sin(kx − ωt + Φµ) (4.14.4)<br />

S1<br />

O<br />

Sn<br />

S1<br />

d<br />

d<br />

d<br />

d<br />

Sn<br />

ϕ<br />

ϕ<br />

ϕ<br />

d sin ϕ<br />

(n − 1)d sin ϕ<br />

Abb.4.14.1 n Sender<br />

n−1 <br />

Nach (4.11.4) hat die resultierende Welle E = Eµ die Amplitude<br />

µ=0<br />

<br />

<br />

sin<br />

A = a · <br />

<br />

n Φ<br />

2<br />

sin Φ<br />

2<br />

Nehmen wir noch an, dass alle Sender isotrop strahlen, dann ist<br />

die Intensität J0 der Einzelsender auf einem Kreis mit Radius r<br />

um den Gittermittelpunkt konstant:<br />

J0 = α · a 2<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

(4.14.6)<br />

Für die Intensität J(ϕ) = α · A 2 der resultierenden Welle auf dem<br />

Kreis gilt dann mit (4.14.5), (4.14.6) und (4.14.3)<br />

J(ϕ) = J0 ·<br />

n π d sin ϕ<br />

sin2 λ<br />

2 π d sin ϕ<br />

sin λ<br />

PSfrag replacements<br />

(4.14.7)<br />

ϕ<br />

Abb.4.14.2<br />

r<br />

P<br />

0<br />

1<br />

2<br />

n − 1<br />

(4.14.5)<br />

Ist der Gangunterschied zwischen benachbarten Strahlen ein ganzzahliges Vielfaches der Wel-<br />

lenlänge, dann treffen von allen Wellen die Berge aufeinander (alle Teilstrahlen gleichphasig)<br />

J(ϕ)


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 110<br />

und es entsteht die maximale Intensität der resultierenden Welle:<br />

Für ϕν mit δ = d sin ϕν = ν · λ ist A(ϕν) = n · a und J(ϕν) = n 2 · J0 (4.14.8)<br />

(Hauptmaxima)<br />

J(ϕν) = n 2 · J0 folgt auch aus (4.14.7) mit der Regel von de l’Hospital.<br />

Für die Nullstellen von (4.14.7) findet man aus<br />

die Bedingung<br />

n π d sin ϕ<br />

λ<br />

d sin ϕν = ν<br />

· λ mit<br />

n<br />

= ν · π (4.14.9)<br />

(n − 1 Nullstellen zwischen zwei Hauptmaxima)<br />

ν<br />

n<br />

/∈ (4.14.10)<br />

ν darf kein ganzzahliges Vielfaches von n sein, da sich sonst die Bedingung für ein Hauptma-<br />

ximum ergäbe! Da die Intensität überall größer als Null ist, muss zwischen zwei Nullstellen ein<br />

Maximum von J(ϕ) liegen.<br />

Mit der Substitution<br />

geht (4.14.7) über in<br />

mit der Gitterfunktion<br />

Zwischen zwei Hauptmaxima gibt es n − 2 Nebenmaxima. (4.14.11)<br />

x :=<br />

π d sin ϕ<br />

λ<br />

(4.14.<strong>12</strong>)<br />

J(x) = J0 · f(x) (4.14.13)<br />

f(x) = sin2 nx<br />

sin 2 x<br />

Hauptmaxima von f bei x = ν · π, Nullstellen bei x = ν ν<br />

· π mit<br />

n n<br />

16<br />

14<br />

<strong>12</strong><br />

10<br />

y 8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

-1 0<br />

1 2<br />

x<br />

3 4<br />

Abb.4.14.3 f(x) mit n = 4<br />

100<br />

80<br />

60<br />

y<br />

40<br />

20<br />

/∈ und lim<br />

x→νπ = n2 .<br />

(4.14.14)<br />

-1 0<br />

1 2<br />

x<br />

3 4<br />

Abb.4.14.4 f(x) mit n = 10<br />

Genauere Untersuchungen der Gitterfunktion (z.B. mit MAPLE) ergeben, dass ca. 90 % der<br />

Energie in die Hauptmaxima gestreut werden.


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 111<br />

4.15 Beugung<br />

Paralleles Licht fällt auf einen Spalt der<br />

Breite a. Nach dem Huygens’schen Prin-<br />

zip kann jeder Punkt des Spalts als Aus-<br />

gangspunkt einer kugelförmigen Elemen-<br />

tarwelle angesehen werden. Von jeder zu b<br />

parallelen Strecke des Spaltes PSfraggeht replacements dann<br />

eine zylinderförmige Elementarwelle aus<br />

(Einhüllende aller von der Strecke ausge-<br />

henden Kugelwellen). Wir denken uns den<br />

Spalt in n äquidistante Sender mit dem<br />

gegenseitigen Abstand d = a<br />

n<br />

zerlegt und<br />

führen dann den Grenzübergang n → ∞<br />

aus.<br />

Das Huygens’sche Prinzip macht keine Aussage über<br />

die Intensität der Elementarwellen.<br />

d<br />

S1<br />

Sn<br />

Abb.4.15.1 Spalt<br />

J ′ = Intensität einer Elementarwelle im PSfrag Abstand replacements L<br />

J0 = Ges<strong>am</strong>tintensität für ϕ = 0 im Abstand L<br />

Unabhängig von n muss J0 konstant sein, da der Spalt<br />

ja nur gedanklich in n Sender zerlegt wird! J0 ist eine<br />

messbare Größe, J ′ nicht!<br />

Mit (4.14.8) folgt für die Intensität einer Elementarwelle<br />

J ′ = J0<br />

n 2<br />

d<br />

d<br />

a<br />

Abb.4.15.2<br />

Aus (4.14.7) und (4.15.1) folgt dann für die Ges<strong>am</strong>tintensität der n Sender<br />

Mit<br />

und der Definition<br />

folgt<br />

und<br />

Jn(ϕ) = J0<br />

n 2 · sin2 nx<br />

sin 2 x<br />

Mit der Regel von de l’Hospital folgt<br />

<br />

0<br />

lim =<br />

n→∞ 0<br />

u :=<br />

d = a<br />

n<br />

mit x =<br />

a π sin ϕ<br />

λ<br />

x = u<br />

n<br />

Jn(ϕ) = J0<br />

n2 · sin2 u<br />

2 u = J0 · sin<br />

sin 2 u ·<br />

1<br />

n<br />

sin u<br />

n<br />

n<br />

= lim<br />

n→∞<br />

− 1<br />

n 2<br />

− u<br />

n 2 · cos u<br />

n<br />

a<br />

d π sin ϕ<br />

λ<br />

<br />

1<br />

n<br />

sin u<br />

n<br />

2 = lim<br />

n→∞<br />

1<br />

u cos u<br />

n<br />

L<br />

ϕ<br />

= 1<br />

u<br />

a<br />

b<br />

J(0) = J0<br />

(4.15.1)<br />

(4.15.2)<br />

(4.15.3)<br />

(4.15.4)<br />

(4.15.5)<br />

(4.15.6)<br />

(4.15.7)


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 1<strong>12</strong><br />

Aus (4.15.6) und (4.15.7) folgt dann für die Intensitätsverteilung <strong>am</strong> Spalt<br />

J(ϕ) = lim<br />

n→∞ Jn(ϕ) = J0 · sin2 u<br />

u 2<br />

mit u =<br />

J(0) ist nicht definiert, aber es gilt wegen ϕ → 0 =⇒ u → 0<br />

D<strong>am</strong>it ist endgültig<br />

⎧<br />

⎨<br />

J(ϕ) =<br />

⎩<br />

lim<br />

ϕ→0 J(ϕ) = J0<br />

<br />

· lim<br />

u→0<br />

J0 · sin2 u<br />

u 2 für ϕ = 0<br />

Für die Nullstellen ϕν von J(ϕ) gilt<br />

u = ν · π =⇒<br />

Abb.4.15.3 entnimmt man:<br />

J0 für ϕ = 0<br />

a π sin ϕν<br />

λ<br />

2 sin u<br />

= J0 · 1 = J0<br />

u<br />

mit u =<br />

a π sin ϕ<br />

λ<br />

a π sin ϕ<br />

λ<br />

= ν · π PSfrag(4.15.11) replacements<br />

a sin ϕν = ν · λ , ν = 0 (4.15.<strong>12</strong>)<br />

Bei der Beugung <strong>am</strong> Spalt ist die Intensität Null,<br />

wenn der Gangunterschied der Randstrahlen<br />

ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge ist.<br />

(4.15.13)<br />

a ϕν<br />

ϕν<br />

a sin ϕν<br />

Abb.4.15.3<br />

(4.15.8)<br />

(4.15.9)<br />

(4.15.10)<br />

Randstrahlen<br />

Zur Bestimmung der Intensitätsmaxima bei der Beugung <strong>am</strong> Spalt setzen wir die Ableitungen<br />

der Funktion<br />

gleich Null:<br />

g(u) = sin2 u<br />

u 2<br />

Aus sin u = 0 folgen die Nullstellen, d.h. die Minima<br />

von J. Für die Maxima ergibt sich<br />

und d<strong>am</strong>it<br />

(4.15.14)<br />

dg 2 sin u · (u cos u − sin u)<br />

=<br />

du u3 = 0 (4.15.15)<br />

u cos u = sin u (4.15.16)<br />

PSfrag replacements<br />

tan u = u (4.15.17)<br />

(Bedingung für Maxima)<br />

Das Hauptmaximum (Maximum nullter Ordnung)<br />

liegt bei u = 0 und somit bei ϕ = 0.<br />

π<br />

1<br />

Abb.4.15.4<br />

Abb.4.15.4 entnimmt man die recht brauchbare Näherungsbedingung für die Nebenmaxima:<br />

<br />

uν ≈ ν + 1<br />

<br />

· π (4.15.18)<br />

2<br />

tan u<br />

π<br />

u<br />

u


g replacements<br />

KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 113<br />

und d<strong>am</strong>it<br />

a · sin ϕν ≈<br />

<br />

ν + 1<br />

<br />

· λ (4.15.19)<br />

2<br />

(Bedingung für Nebenmaxima)<br />

Für das Maximum ν−ter Ordnung folgt aus (4.15.18)<br />

d.h. für die Höhe der Nebenmaxima gilt<br />

J1 ≈ J0<br />

22<br />

J(ϕν) = Jν ≈ J0<br />

u 2 ν<br />

, J2 ≈ J0<br />

62<br />

sin uν ≈ ±1 (4.15.20)<br />

≈<br />

J0<br />

<br />

1 2<br />

ν + 2 π2 , J3 ≈ J0<br />

<strong>12</strong>8<br />

(4.15.21)<br />

u.s.w. (4.15.22)<br />

Die Intensitätsformel (4.14.7) für das Gitter gilt nur, wenn die einzelnen Sender isotrop strah-<br />

len. In Wirklichkeit ist jeder Sender ein Spalt der Breite a und J0 in (4.14.7) muss durch die<br />

Spaltfunktion (4.15.10) ersetzt werden:<br />

Wegen u =<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

J(x) = J0 · sin2 u<br />

u 2 · sin2 nx<br />

sin 2 x<br />

0<br />

−30<br />

a x<br />

d<br />

gilt dann<br />

mit x = π d sin ϕ<br />

λ<br />

J(x) = J0 · n2 d2 a2 · sin2 <br />

ax<br />

d<br />

x2 ·<br />

<br />

B(x)<br />

sin2 nx<br />

n2 sin2 x<br />

G(x)<br />

−20<br />

−10<br />

0<br />

und u =<br />

mit x =<br />

Abb.4.15.5 Gitterintensität für n = 6, a = 0,2 mm und d = 0,9 mm<br />

10<br />

π d sin ϕ<br />

λ<br />

π a sin ϕ<br />

λ<br />

20<br />

30<br />

(4.15.23)<br />

(4.15.24)


PSfrag replacements<br />

KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 114<br />

4.16 Das elektromagnetische Spektrum<br />

Spalt Linse Gitter<br />

Bogenl<strong>am</strong>pe<br />

Abb.4.16.1 Erzeugung eines Spektrums<br />

L<br />

Schirm<br />

xv1<br />

xr1<br />

weißer Fleck<br />

violett<br />

rot<br />

violett<br />

rot<br />

1. Ordnung<br />

2. Ordnung<br />

Der in Abb.4.16.1 dargestellte Versuch (das Gitter hat 570 Linien<br />

mm , L = 2,00 m) liefert für die<br />

Ränder des Spektrums 1. Ordnung xv1 = 47 cm und xr1 = 102 cm. D<strong>am</strong>it folgt aus<br />

tan ϕ = x 1 mm<br />

, d =<br />

L 570<br />

für die Wellenlängen des sichtbaren Lichts:<br />

400 nm<br />

<br />

violett<br />

<<br />

≈ λ < ≈ 800 nm rot<br />

und λ = d sin ϕ (4.16.1)<br />

Vereinigt man die Spektralfarben mit einer Linse, so entsteht wieder weißes Licht:<br />

Weißes Licht ist ein Gemisch aller Wellenlängen des sichtbaren Lichts!<br />

(4.16.2)<br />

Isolierte Atome (stark verdünnte Gase) senden Licht mit diskreten Wellenlängen aus, man erhält<br />

dann mit obiger Anordnung ein Linienspektrum. Atome mit starker Wechselwirkung zu den<br />

Nachbaratomen (dichte Gase, Festkörper) senden ein Gemisch sehr vieler Wellenlängen aus, man<br />

erhält ein kontinuierliches Spektrum.<br />

Jede beschleunigte Ladung sendet<br />

PSfrag<br />

elektroma-<br />

replacements<br />

gnetische Wellen aus. Werden sehr schnelle Elek-<br />

tronen (fast Lichtgeschwindigkeit) in Materie<br />

abgebremst, dann senden sie eine kurzwellige<br />

Strahlung aus, die sogenannte Röntgenstrah-<br />

lung. Wenn elektromagnetische Strahlung auf<br />

Materie trifft, treten komplizierte Wechselwir-<br />

kungsprozesse mit den Atomen auf, die nur mit<br />

Hilfe der Quantenmechanik beschrieben werden<br />

<strong>12</strong> V ∼<br />

Glühdraht<br />

+<br />

U<br />

(Beschleunigungsspannung)<br />

Abb.4.16.2 Röntgenröhre<br />

v<br />

Strahlung<br />

können. Im wesentlichen kann die einfallende Strahlungsenergie entweder nicht beeinflusst, ab-<br />

sorbiert (Umwandlung in Wärme) oder gestreut (kuzzeitige Absorption und anschließendes Aus-<br />

senden in eine beliebige Richtung) werden. Einen guten Überblick über das Wechselwirkungs-<br />

verhalten der Strahlung mit einem bestimmten Material liefern Resonanzkurven, in denen z.B.<br />

die absorbierte Energie in Abhängigkeit von der Wellenlänge oder Frequenz aufgetragen wird<br />

(Beispiele siehe Abb.4.16.3).


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 115<br />

Überblick über das elektromagnetische Spektrum<br />

λ<br />

m N<strong>am</strong>e Erzeugung Anwendung<br />

↑ Niederfrequenz ↑ ↑ Generatoren ↑<br />

10 4 Mikrofone<br />

10 3 Langwelle<br />

10 2 Mittelwelle Rundfunk<br />

10 1 Kurzwelle Schwingkreis<br />

10 0 UKW<br />

10 −1 Dezimeterwellen<br />

10 −2<br />

10 −3 Mikrowellen Klystron<br />

10 −4<br />

PSfrag replacements<br />

Fernsehen<br />

Radar<br />

Herd<br />

10−5 Infrarot Medizin<br />

10−6 (Temperaturstrahlung)<br />

Atome<br />

(Wärme)<br />

10−7 sichtbares Licht<br />

10−8 UV<br />

10−9 Röntgenröhre Medizin<br />

10−10 Röntgenstrahlung (Diagnostik)<br />

10−11 Beschleuniger<br />

10−<strong>12</strong> Materialprüfung<br />

Atomkerne<br />

10−13 G<strong>am</strong>mastrahlung<br />

Teilchenvernichtung<br />

10 −14 ↓ ↓ Höhenstrahlung<br />

10 −15 ↓ ↓<br />

absorbierte Energie<br />

dunstige Luft<br />

sichtbar<br />

absorbierte Energie<br />

Knochen<br />

Muskeln, Haut<br />

10 λ<br />

m<br />

−3 10−4 10−5 10−6 10−7 10−7 10−8 10−8 10−10 10−<strong>12</strong> Infrarotfotografie<br />

Röntgendiagnostik<br />

Abb.4.16.3 Resonanzkurven<br />

λ<br />

m


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 116<br />

4.17 Beugung von Röntgenstrahlen an Kristallen<br />

In Kristallen sind die Atome in einem re-<br />

gelmäßigen Gitter angeordnet. Für jeden<br />

Kristall gibt es einen Satz von drei Vektoren<br />

mit folgenden Eigenschaften:<br />

PSfrag replacements<br />

• Verschiebt man den ganzen (unendlich<br />

groß gedachten) Kristall um den Vek-<br />

tor x = ia + j b + k c mit i, j, k ∈ ,<br />

dann geht er in sich selbst über.<br />

• a , b und c sind die ” kleinsten“ Vekto-<br />

ren mit dieser Eigenschaft.<br />

c<br />

<br />

γ<br />

b<br />

β<br />

a<br />

Abb.4.17.1 Kristallgitter<br />

Den durch a , b und c aufgespannten Spat nennt man eine Elementarzelle des Gitters. Die<br />

PSfrag<br />

Struktur<br />

replacements<br />

einer Elementarzelle kann viel komplizierter sein als in Abb.4.17.1.<br />

Trifft eine elektromagnetische Welle auf den Kristall, dann schwingen die Elektronen der Atome<br />

mit und senden ihrerseits wieder eine Welle der gleichen Frequenz (und somit auch der gleichen<br />

Wellenlänge) aus. Die volle Theorie der Beugung von Röntgenstrahlen an Kristallen wurde von<br />

Max v. Laue entwickelt. Wir betrachten den vereinfachten Fall einer Atomanordnung wie in<br />

Abb.4.17.1 mit β = γ = 90 ◦ , d.h. b steht senkrecht auf a und c. Weiter betrachten wir zunächst<br />

einen Strahl, dessen Einfallsebene parallel zu der von a und c aufgespannten Ebene ist (siehe<br />

Abb.4.17.2).<br />

V<br />

c<br />

Q<br />

α<br />

a<br />

P ϕ<br />

α T<br />

Abb.4.17.2 Interferenz <strong>am</strong> Kristallgitter<br />

Der Gangunterschied von Strahl <br />

2 relativ zu Strahl 1 ist<br />

γ<br />

s<br />

ξ<br />

α<br />

V<br />

ψ<br />

R<br />

ϕ<br />

S<br />

1<br />

D<br />

d<br />

2<br />

3<br />

1. Netzebene<br />

2. Netzebene<br />

δ21 = PT · (cos α − cos ϕ) = D · (cos α − cos ϕ) (4.17.1)


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 117<br />

Würde die einfallende Welle nur an der er-<br />

sten Netzebene (oberste Atomschicht) reflek-<br />

tiert, dann hätten wir als Bedingung für Inter-<br />

ferenzmaxima<br />

cos α − cos ϕ = µ · λ<br />

D<br />

PSfrag replacements<br />

(4.17.2)<br />

Ist λ ≫ D (es genügt schon λ > 2 D), dann ist<br />

(4.17.2) nur für µ = 0 erfüllbar (warum?), d.h.<br />

es gilt das Reflexionsgesetz (ϕ = α) oder der<br />

einfallende Strahl geht geradlinig weiter. Dies<br />

µ = 1<br />

µ = 1<br />

µ = 1<br />

µ = 2<br />

α ϕ<br />

µ = 1<br />

oberste Netzebene oder Reflexionsgitter<br />

µ = 0 (ϕ = α)<br />

µ = −1<br />

µ = −2<br />

Abb.4.17.3 Reflexion an nur einer Netzebene<br />

gilt sicher für sichtbares Licht (400 nm < λ < 800 nm), da die Atomabstände in der Größenord-<br />

nung 1 nm liegen. An der ersten Netzebene wird nur ein Teil der einfallenden Welle reflektiert.<br />

Vom durchgehenden Strahl wird wieder ein Teil an der zweiten Netzebene reflektiert u.s.w. Für<br />

die Maxima der reflektierten Strahlen muss dann neben (4.17.2) auch noch der Gangunterschied<br />

zwischen den Strahlen 3 und <br />

1 ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge sein:<br />

mit s = d<br />

cos ψ<br />

δ31 = QR + RS = s · (sin γ + sin ξ) = ν · λ (4.17.3)<br />

, tan ψ = V<br />

d<br />

Mit den Additionstheoremen und (4.17.4) folgt aus (4.17.3)<br />

, γ = α + ψ und ξ = ϕ − ψ (4.17.4)<br />

2 d γ + ξ γ − ξ<br />

ν · λ = · sin · cos<br />

cos ψ 2 2 =<br />

<br />

2 d α + ϕ α − ϕ<br />

= · sin · cos + ψ =<br />

cos ψ 2<br />

2<br />

<br />

<br />

2 d α + ϕ α − ϕ<br />

α − ϕ<br />

= · sin · cos · cos ψ − sin · sin ψ =<br />

cos ψ 2<br />

2<br />

2<br />

<br />

<br />

α + ϕ α − ϕ α + ϕ α − ϕ<br />

= 2 d · sin · cos − sin · sin · tan ψ =<br />

2 2 2 2<br />

<br />

= d · sin α + sin ϕ + V<br />

<br />

· (cos α − cos ϕ) =<br />

d<br />

<br />

<br />

(4.17.2)<br />

µ λ V<br />

= d · sin α + sin ϕ +<br />

D d<br />

Aus (4.17.2) und (4.17.2) folgen somit die Bedingungen für Maxima:<br />

cos α − cos ϕ = µ · λ<br />

=: A<br />

D<br />

sin α + sin ϕ<br />

und<br />

=<br />

<br />

ν − µ · V<br />

<br />

·<br />

D<br />

λ<br />

=: B<br />

d<br />

(4.17.5)<br />

(4.17.6)<br />

Bei der Reflexion an nur einer Netzebene oder <strong>am</strong> Reflexionsgitter gibt es zu jedem Einfalls-<br />

winkel α einen oder mehrere Reflexe, da nur die eine Gleichung (4.17.2) erfüllt sein muss. Beim<br />

Kristall müssen beide Gleichungen (4.17.6) erfüllt sein und es gibt nur für einige Einfallswinkel<br />

reflektierte Strahlen.


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 118<br />

Für Reflexe mit α = ϕ (µ = 0) vereinfacht sich das<br />

System (4.17.6) zur Formel von Bragg:<br />

2 d sin ϕ = ν · λ (4.17.7)<br />

PSfrag replacements<br />

Nur für Einfallswinkel, die (4.17.7)<br />

erfüllen ( ” Glanzwinkel“) gibt es reflek-<br />

tierte Strahlen nach dem Reflexionsgesetz!<br />

Die Bragg’sche Formel folgt auch direkt aus Abb.4.17.4.<br />

Zur Lösung des Systems (4.17.6) werden beide Gleichun-<br />

gen quadriert, addiert und mit dem Pythagoras der Tri-<br />

gonometrie (sin 2 x + cos 2 x = 1) vereinfacht zu<br />

Aus (4.11.1) folgt mit cos α = sin(α + π<br />

2 )<br />

oder<br />

B sin α + A cos α = A2 + B 2<br />

sin(α + Ψ) = 1<br />

2 · A2 + B2 mit tan Ψ = A<br />

B<br />

<br />

1<br />

α = arcsin<br />

2 · A2 + B2 <br />

− arctan A<br />

B<br />

A = µ · λ<br />

D<br />

mit<br />

und B =<br />

2<br />

ϕ<br />

ϕ ϕ<br />

Abb.4.17.4 Zur Bragg’schen Formel<br />

<br />

ν − µ · V<br />

<br />

·<br />

D<br />

λ<br />

d<br />

Aus (4.17.7) folgt wegen | cos α − cos ϕ| ≤ 2 die Abschätzung<br />

2 D<br />

−<br />

λ<br />

≤ µ ≤ 2 D<br />

λ<br />

d<br />

ϕ<br />

1<br />

2<br />

(4.17.8)<br />

(4.17.9)<br />

(4.17.10)<br />

(4.17.11)<br />

Abb.4.17.2 entnimmt man δ > 0 und d<strong>am</strong>it ν ≥ 1. Aus (4.17.9) folgt A 2 + B 2 ≤ 4 und daraus<br />

nach einiger Rechnung<br />

µ V<br />

D<br />

− d ·<br />

4<br />

λ<br />

2 − µ2<br />

µ V<br />

≤ ν ≤ + d ·<br />

D2 D<br />

<br />

4 µ2<br />

−<br />

λ2 D2 Als Beispiel betrachten wir einen KCl-Kristall mit einem kubischen Gitter mit<br />

D = 0,315 nm , d = 0,315 nm , V = 0,<br />

(4.17.<strong>12</strong>)<br />

der mit Röntgenstrahlung der Wellenlänge λ = 0,15418 nm bestrahlt wird. µ liegt wegen (4.17.11)<br />

zwischen −4 und 4. Für µ = −1 folgt aus (4.17.<strong>12</strong>) −3 ≤ ν ≤ 3 und wegen der Zusatzbedingung<br />

ν ≥ 1 endgültig 1 ≤ ν ≤ 3. Da die Gleichungen (4.17.6) zur Herleitung von (4.17.10) qua-<br />

driert wurden, ging Information verloren. Nicht jeder Wert von (4.17.10) muss also Lösung von<br />

(4.17.6) sein, d.h. es ist eine Probe notwendig. Für µ = −1 und ν = 1 folgt aus (4.17.10)<br />

B = −A = 0,48946 und α = 65,249 ◦ . Aus der ersten Gleichung von (4.17.6) folgt dann<br />

ϕ = arccos(cos α − A) = 24,751 ◦ . Einsetzen von α und ϕ in die zweite Gleichung von (4.17.6)<br />

liefert einen Widerspruch (sin α + sin ϕ = 1,327 = B), d.h. keine Lösung für das Paar µ = −1,<br />

ν = 1. Ein CAS (z.B. MAPLE) kann man so progr<strong>am</strong>mieren, dass es für alle nach (4.17.11) und


KAPITEL 4. ELEKTROMAGNETISCHE SCHWINGUNGEN UND WELLEN 119<br />

(4.17.<strong>12</strong>) möglichen Wertepaare (µ, ν) die Winkel α und<br />

ϕ berechnet und nur diejenigen ausgibt, für die die Pro-<br />

be stimmt. Das Ergebnis für unseren KCl-Kristall ist in<br />

nebenstehender Tabelle zus<strong>am</strong>mengefaßt.<br />

Zur experimentellen Ermittlung der Winkel gibt es die<br />

Drehkristall- und die Pulvermethode.<br />

Bei der Drehkri-<br />

PSfrag replacements<br />

stallmethode wird<br />

der Detektor im-<br />

mer um den dop-<br />

pelten Winkel ge-<br />

dreht wie der Kri-<br />

stall. D<strong>am</strong>it wer-<br />

den nur diejeni-<br />

Röntgenquelle<br />

α<br />

Detektor<br />

α<br />

2α<br />

Kristall<br />

Abb.4.17.5 Drehkristallmethode<br />

gen Reflexe, die dem Reflexionsgesetz genügen (µ = 0),<br />

registriert. Die Einfallsebene des Strahls muss auch genau<br />

µ ν α ϕ<br />

α + ϕ<br />

2<br />

−1 2 59.74 6.610 33.18<br />

−1 3 69.14 32.27 50.71<br />

0 1 14.17 14.17 14.17<br />

0 2 29.31 29.31 29.31<br />

0 3 47.24 47.24 47.24<br />

0 4 78.21 78.21 78.21<br />

1 1 −24.75 65.25 20.25<br />

1 2 6.610 59.74 33.18<br />

1 3 32.27 69.14 50.71<br />

2 1 −30.26 96.61 33.18<br />

2 2 −1.200 88.80 43.80<br />

2 3 28.24 95.62 61.93<br />

3 1 −20.86 <strong>12</strong>2.27 50.71<br />

3 2 5.620 118.24 61.93<br />

senkrecht zu den Netzebenen stehen.<br />

Eine viel elegantere Methode ist die Pulvermethode (Debye und Scherrer). Der einfallende<br />

Strahl trifft auf ein feines Kristallpulver, dessen einzelne Kristalle regellos durcheinander liegen.<br />

Für jeden passenden Einfallswinkel gibt es einige Kristalle, die genau richtig orientiert sind.<br />

Zu jedem Paar (α, ϕ), für das es Intensitätsmaxima gibt, entstehen somit reflektierte Strahlen,<br />

die einen Kegelmantel mit dem Auftreffpunkt als Spitze bilden und einen Film schwärzen. Der<br />

Radius der Filmk<strong>am</strong>mer wird meistens so gewählt, dass der halbe Ablenkwinkel direkt in der<br />

Einheit mm abgelesen werden kann (1 ◦ = 1 mm).<br />

PSfrag replacements<br />

α+ϕ<br />

2<br />

50 60 70 80 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 10 20 30 40 50<br />

E<br />

E<br />

r<br />

A<br />

Filmk<strong>am</strong>mer<br />

Abb.4.17.6 Debye-Scherrer-Aufnahme (Pulvermethode)<br />

α<br />

A<br />

Aufnahme mit KCl<br />

ϕ<br />

α + ϕ = Ablenkwinkel<br />

α + ϕ


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Grundlagen 1<br />

1.1 Grundgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1<br />

1.2 Messfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2<br />

1.3 Messung linearer Zus<strong>am</strong>menhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

1.4 Wiederholung Elektrizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

1.4.1 Der Teilchenbaukasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

1.4.2 Ladung und Strom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

1.4.3 Die Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

1.4.4 Das Ohm’sche Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

2 Elektrostatik 13<br />

2.1 Das elektrische Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

2.2 Das Coulombsche Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

2.3 Das Feld von Punktladungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

2.4 Der Gauß’sche Satz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

2.5 Arbeit im elektrischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

2.6 Das Potential des elektrischen Feldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

2.7 Gegenüberstellung von Elektrostatik und Gravitation . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

2.8 Zus<strong>am</strong>menhänge zwischen E, ϕ und ϱ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

2.9 Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

2.10 Die Energie des elektrischen Feldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

2.11 Bewegung geladener Teilchen im elektrischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

2.11.1 Berechnung der Geschwindigkeit in einem beliebigen Feld . . . . . . . . . 38<br />

2.11.2 Bewegung im homogenen Feld (vollständige Lösung) . . . . . . . . . . . . 39<br />

2.<strong>12</strong> Die Elementarladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />

3 <strong>Elektrodyn<strong>am</strong>ik</strong> 43<br />

3.1 Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />

3.1.1 Wiederholung Magnetismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />

3.2 Der magnetische Fluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

3.3 Die Lorentzkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

3.4 Die Bewegungsinduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

3.4.1 Gerader Leiter, v ⊥ Leiter und B ⊥ Leiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

3.4.2 Allgemeiner Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

3.4.3 Bewegung einer Leiterschleife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />

<strong>12</strong>0


INHALTSVERZEICHNIS <strong>12</strong>1<br />

3.5 Das Induktionsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

3.6 Wirbelfelder und Wirbelströme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />

3.7 Bewegung geladener Teilchen im Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54<br />

3.8 Bewegung in kombinierten elektrischen und magnetischen Feldern . . . . . . . . . 58<br />

3.8.1 Der Massenspektrograf nach Thomson (1907) . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />

3.8.2 Das Wienfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />

3.8.3 Das Zyklotron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />

3.9 Das Ampèrsche Durchflutungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />

3.10 Berechnung von Magnetfeldern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />

3.10.1 Die langgestreckte Spule (Solenoid) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />

3.10.2 Die Ringspule (Toroid) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />

3.10.3 Das Magnetfeld einer beliebigen Stromverteilung . . . . . . . . . . . . . . 67<br />

3.11 Induktivität und magnetische Feldenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />

3.<strong>12</strong> Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />

3.<strong>12</strong>.1 Stromquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />

3.<strong>12</strong>.2 Ohmsche Widerstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />

3.<strong>12</strong>.3 Kapazitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />

3.<strong>12</strong>.4 Induktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71<br />

3.<strong>12</strong>.5 Maschenregel und Knotenregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71<br />

3.13 Die Maxwell’schen Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72<br />

4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen 74<br />

4.1 Wechselströme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74<br />

4.2 Kondensatoren und Spulen im Wechselstromkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75<br />

4.2.1 Ideale Kapazität (kein Ohm’scher Widerstand) . . . . . . . . . . . . . . . 75<br />

4.2.2 Reale Kapazität (mit Ohm’schem Widerstand) . . . . . . . . . . . . . . . 76<br />

4.2.3 Ideale Spule (kein Ohm’scher Widerstand) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77<br />

4.2.4 Reale Spule (mit Ohm’schem Widerstand) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78<br />

4.3 Der elektrische Schwingkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79<br />

4.3.1 Der ideale Schwingkreis (kein Ohm’scher Widerstand) . . . . . . . . . . . 79<br />

4.3.2 Der reale Schwingkreis (R = 0) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81<br />

4.4 Resonanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />

4.5 Die Dreipunktschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84<br />

4.6 Die Wellengleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85<br />

4.6.1 Die fortlaufende Welle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86<br />

4.6.2 Stehende Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87<br />

4.7 Wellen auf Leitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

4.7.1 Die Oszillatorkette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

4.7.2 Das Paralleldrahtsystem (Lechersystem) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

4.7.3 Einseitig unendliches Lechersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92<br />

4.7.4 Endliches Lechersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92<br />

4.7.5 Das Koaxialkabel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93<br />

4.7.6 Wellen auf geraden Leitern - der Dipol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94<br />

4.8 Elektromagnetische Wellen im Vakuum oder Dielektrikum . . . . . . . . . . . . . 96


INHALTSVERZEICHNIS <strong>12</strong>2<br />

4.8.1 Eigenschaften elektromagnetischer Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96<br />

4.8.2 Energietransport mit elektromagnetischen Wellen . . . . . . . . . . . . . . 98<br />

4.9 Reflexion und Brechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100<br />

4.10 Polarisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103<br />

4.10.1 Polarisation mit Polfiltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103<br />

4.10.2 Polarisation durch Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104<br />

4.11 Summen von Sinusfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105<br />

4.<strong>12</strong> Überlagerung von zwei gleichfrequenten Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106<br />

4.13 Zweistrahlinterferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107<br />

4.14 Das optische Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109<br />

4.15 Beugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111<br />

4.16 Das elektromagnetische Spektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114<br />

4.17 Beugung von Röntgenstrahlen an Kristallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116


Index<br />

Äquipotentialfläche, 29<br />

Überführungsarbeit, 25<br />

Ableitung<br />

partielle, 3<br />

Amplitude, 80<br />

Ampèredefinition, 65<br />

Antiteilchen, 5<br />

Atome, 5<br />

Atomkern, 5<br />

Atommasse, relative, 41<br />

Atomuhr, 1<br />

Ausgleichsgerade, 4<br />

Basisgröße, 1<br />

Beugung, 113<br />

Bewegungsinduktion, 47<br />

Biot-Savart, Gesetz von, 67<br />

Bragg, <strong>12</strong>0<br />

Brechung, 103<br />

Brewster-Winkel, 106<br />

Coulomb, 7<br />

Coulomb’sches Gesetz, 18<br />

Debye-Scherrer, <strong>12</strong>1<br />

Dielektrikum, 96<br />

Dielektrizitätskonstante, 18<br />

Dipol, 96<br />

Drehkristallmethode, <strong>12</strong>1<br />

Dreipunktschaltung, 86<br />

Driftgeschwindigkeit, 8, 9<br />

Durchflutungsgesetz, Ampèr’sches, 64<br />

Effektivwerte, 75<br />

Eigenfrequenz, 1, 82<br />

Einheitensystem, 1<br />

Einschwingzeit, 84<br />

Elektrolyse, 41<br />

<strong>12</strong>3<br />

Elektron, 5<br />

Elektronenmasse, 37, 57<br />

Elektronenradius, 37<br />

Elektronenvolt, 38<br />

Elektrostatik, 15, 20<br />

Elementarladung, 5, 42, 57<br />

Elementarwelle, 113<br />

Elementarwellen, 103<br />

Elementarzelle, 118<br />

Energie<br />

des elektrischen Feldes, 36<br />

des Magnetfeldes, 69<br />

potentielle, 25<br />

Energiedichte, 36, 69<br />

Energietransport, 100<br />

Fadenstrahlrohr, 56<br />

Farad, 34<br />

Faraday-Käfig, 16<br />

Faradaykonstante, 41<br />

Fehler<br />

Feld<br />

absoluter, 3<br />

mittlerer, 3<br />

prozentualer, 3<br />

relativer, 3<br />

homogenes, 16, 26<br />

Feldenergie, 37<br />

Feldkonstante<br />

elektrische, 18<br />

magnetische, 18, 65<br />

Feldlinie<br />

elektrische, 15<br />

magnetische, 43<br />

Feldstärke<br />

Fluss<br />

elektrische, 14


INDEX <strong>12</strong>4<br />

elektrischer, 20<br />

magnetischer, 45<br />

Flussdichte, magnetische, 44<br />

Frequenz, 1, 81<br />

Galvanometer, ballistisches, 50<br />

Ganghöhe, 56<br />

Gangungenauigkeit, 1<br />

Gangunterschied, 108, 111, 118<br />

Gauß, 3, 4<br />

Gauß’scher Satz, 22, 45<br />

Gitter, 115<br />

Gitter, optisches, 111<br />

Gitterfunktion, 1<strong>12</strong><br />

Glanzwinkel, <strong>12</strong>0<br />

Halbleiter, 11<br />

Hallsonde, 51<br />

Hallspannung, 51<br />

Hauptmaxima, 1<strong>12</strong><br />

Helmholtz-Spulen, 56<br />

Henry, 68<br />

Huygens’sches Prinzip, 102<br />

Impedanz, 76<br />

Induktionsgesetz, 52<br />

Induktionsspannung, 47<br />

Induktionsstrom, 49<br />

Induktivität, 68, 71, 78<br />

Influenzladungen, 17<br />

Intensität, 101<br />

Interferenz, 109<br />

Kapazität, 33, 70<br />

Kilomol, 41<br />

Kilowattstunde, 9<br />

Kirchhoff, 7, 71<br />

Klemmspannung, 70<br />

Knotenregel, 71<br />

Koaxialkabel, 96<br />

Kondensator, 33, 70, 76<br />

Konstantan, 11<br />

Korkenzieherregel, 43<br />

Kraftflussdichte, 44<br />

Kraftstoß, 50<br />

Kreisbahn, 55<br />

Kreisfrequenz, 80<br />

Kreuzprodukt, 44<br />

Kristallgitter, 118<br />

Kugelkondensator, 35<br />

Ladung, 5<br />

Ladung, spezifische, 56<br />

Laplace-Gleichung, 32<br />

Laue, Max von, 118<br />

Lechersystem, 92<br />

Leistung, 8<br />

Leistung, mittlere, 74<br />

Leiter, <strong>12</strong><br />

Leiterschleife, 48<br />

Lenz’sche Regel, 49<br />

Lepton, 5<br />

Licht, sichtbares, 116<br />

Lichtgeschwindigkeit, 2, 18, 94<br />

Lichtjahr, 2<br />

Linienspektrum, 116<br />

Lorentzkraft, 46<br />

Länge, 2<br />

Magnetfeld, 43<br />

magnetischer Monopol, 45<br />

Magnetpole, 43<br />

Maschenregel, 71<br />

Masse, 2<br />

Masse, molare, 41<br />

Masseneinheit, atomare, 41<br />

Massenspektrograf, 58<br />

Maxwell, 72<br />

Maxwellgleichungen, 72<br />

Messreihe, 2<br />

Meter, 2<br />

Milikan, 42<br />

Mittelwert, 2<br />

Moleküle, 5<br />

Myon, 5<br />

Netzebene, 119<br />

Netzwerk, 70<br />

Neutrino, 5<br />

Neutron, 5


INDEX <strong>12</strong>5<br />

Ohm, 11<br />

Ohm’scher Widerstand, 70<br />

Ohm’sches Gesetz, 11<br />

Oszillatorkette, 92<br />

Paralleldrahtsystem, 92<br />

partielle Ableitung, 32<br />

Phase, 80<br />

Phasendifferenz, 108<br />

Phasenverschiebung, 76<br />

Photon, 5<br />

Plattenkondensator, 33<br />

Poisson-Gleichung, 32<br />

Polardiagr<strong>am</strong>m, 101<br />

Polarisation, 105<br />

Polfilter, 105<br />

Potential, 27<br />

Proton, 5<br />

Pulvermethode, <strong>12</strong>1<br />

Punktladung, 20<br />

Quarks, 5<br />

Randstrahlen, 114<br />

RC-Schaltung, 77<br />

Rechte-Hand-Regel, 43<br />

Rechtssystem, 43<br />

Reflexion, 104<br />

Reflexionsgitter, 119<br />

Resonanzfrequenz, 82, 85, 90<br />

Resonanzkurve, 84, 91, 116<br />

RL-Schaltung, 79<br />

Rogowski-Spirale, 63<br />

Röntgenstrahlung, 116, <strong>12</strong>0<br />

Röntgenstrukturanalyse, 41<br />

Rückkopplung, 86<br />

Scheitelspannung, 74<br />

Scheitelstrom, 74<br />

Schwingkreis<br />

idealer, 80<br />

realer, 82<br />

Schwingungsdauer, 81<br />

Schwingungsgleichung, 55, 80<br />

Schwingungsüberlagerung, 107<br />

Sekunde, 1<br />

Senderfunktion, 88<br />

Solenoid, 66<br />

Spannung, 8, 28, 47<br />

Spannungsabfall, 71<br />

Spannungsmesser, magnetischer, 63<br />

Spannungsstoß, 50<br />

Spannungsstoß, 63<br />

Spektrum, 85, 116<br />

spezifischer Widerstand, 10<br />

Spiegelgalvanometer, 51<br />

Spule, 78<br />

Stoffmenge, 41<br />

Stromquelle, 70<br />

Stromstärke, 7<br />

Stromwaage, 50<br />

Superposition, 13<br />

Superpositionsprinzip, 19<br />

Tauon, 5<br />

Tesla, 44<br />

Toroid, 66<br />

Totalreflexion, 104<br />

Umlaufspannung, 53<br />

Urspannung, 70<br />

Vektorprodukt, 44<br />

Verstärkung, 86<br />

Volt, 8<br />

Weber, 45<br />

Wechselstrom, 74<br />

Wechselstromwiderstand, 76<br />

Welle<br />

ebene, 98<br />

elektromagnetische, 98<br />

fortlaufende, 87<br />

stehende, 87<br />

Wellenfront, 102<br />

Wellengleichung, 73, 87, 93<br />

Wellenlänge, 89<br />

Wellenzahl, 88<br />

Widerstand, 10<br />

Wienfilter, 60


INDEX <strong>12</strong>6<br />

Wirbelfeld, elektrisches, 53<br />

Zeigerdiagr<strong>am</strong>m, 76<br />

Zeit, 1<br />

Zentralfeld, 22<br />

Zentripetalkraft, 55<br />

Zyklotron, 62<br />

Zählpfeil, 70

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