„ Da dreht sich das Herz um“ – ein Reisebericht - wortundtat
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Moldawien<br />
20<br />
Heizung aus <strong>–</strong><br />
der Winter kommt<br />
Christofor Nikolayevich<br />
ist krank, all<strong>ein</strong> und obdachlos<br />
<strong>–</strong> in der neuen<br />
Notunterkunft hat er es<br />
zumindest warm und<br />
bekommt regelmäßig<br />
zu essen.<br />
<strong>wortundtat</strong> 4 / 2009<br />
In Moldawien kann <strong>sich</strong> kaum jemand <strong>ein</strong> warmes<br />
Zuhause leisten <strong>–</strong> <strong>wortundtat</strong> will helfen<br />
Für Deutsche ist <strong>das</strong> höchstens <strong>ein</strong>e<br />
Nachricht für den Smalltalk in der<br />
Mittagspause: Der Winter kommt. Für<br />
Menschen in Ciadir Lunga aber beginnt<br />
mit diesen Worten <strong>ein</strong> Überlebenskampf:<br />
Zwischen November und April<br />
klettert <strong>das</strong> Thermometer kaum über<br />
die 0˚-Celsius-Grenze, bewegt <strong>sich</strong><br />
meist um -15 bis -20˚. Und <strong>das</strong> wird<br />
dann selbst für den moldawischen<br />
Normalverdiener zum Problem.<br />
165 Euro ist nach<br />
Angaben des deutschen<br />
Auswär-<br />
tigen Amtes im Durch-<br />
schnitt der Monatslohn<br />
<strong>ein</strong>er Familie in Moldawien.<br />
<strong>„</strong><strong>Da</strong>s reicht für <strong>das</strong><br />
Notwendigste zum Le-<br />
ben , aber nicht auch noch<br />
für die Heizkosten“, sagt<br />
Vitaly Paunow, der <strong>das</strong><br />
von <strong>wortundtat</strong> unterstützte<br />
Projekt Gloria<br />
leitet, die diakonischmissionarische<br />
Station in der 20.000-Einwohner-Stadt.<br />
In intakten Familien gehen dort<br />
beide Partner arbeiten. So lässt <strong>sich</strong> mit dem<br />
Einkommen des <strong>ein</strong>en Ehepartners <strong>das</strong> alltägliche<br />
Leben finanzieren, <strong>das</strong> des anderen<br />
deckt die Kosten für Energie ab. Doch intakte<br />
Familien sind in Moldawien die Ausnahme.<br />
Paunow: <strong>„</strong>Es wird geschätzt, <strong>das</strong>s etwa <strong>ein</strong><br />
Viertel der Bevölkerung in den vergangenen<br />
20 Jahren <strong>das</strong> Land verlassen hat, um im Ausland<br />
zu arbeiten.“ Die Folgen für <strong>das</strong> soziale<br />
Mit<strong>ein</strong>ander lassen <strong>sich</strong> vom fernen Deutschland<br />
aus nur erahnen.<br />
Für die Älteren und All<strong>ein</strong>stehenden sind die<br />
Heizkosten <strong>ein</strong> viel größeres Problem. <strong>„</strong>Ein<br />
Rentner erhält normalerweise <strong>ein</strong>e staatliche<br />
Rente von 12 Euro pro Monat. <strong>Da</strong>s reicht für<br />
etwa 50 Kubikmeter Erdgas“, rechnet Paunow<br />
vor. Benötigt würden jedoch etwa 400 Kubikmeter<br />
im Monat. Also bleibt den Menschen<br />
nichts anderes, als die Heizung auszulassen und<br />
in den Wäldern Feuerholz zu fällen <strong>–</strong> sofern sie<br />
dazu <strong>das</strong> Werkzeug und die Kraft haben. Und<br />
satt sind sie dann noch nicht.<br />
<strong>wortundtat</strong> schafft für <strong>ein</strong>en Teil dieser Menschen<br />
Abhilfe, indem warme Mahlzeiten ausgegeben<br />
werden: Im diakonischen Zentrum Gloria<br />
kommen täglich etwa 50 Gäste zum warmen<br />
Mittagstisch. Nun möchte man auch denen helfen,<br />
die nicht <strong>ein</strong>mal <strong>ein</strong> <strong>Da</strong>ch über dem Kopf<br />
haben. Eine Notunterkunft für Obdachlose soll<br />
geschaffen werden. Denn sie sind im Winter am<br />
meisten gefährdet, suchen an Haltestellenhäuschen<br />
oder Bahnstationen Schutz vor der Kälte<br />
und betäuben mit Alkohol nicht nur die Angst<br />
vor dem Erfrieren.<br />
Einer der potenziellen Bewohner der Notunterkunft<br />
ist Ivanov Christofor Nikolayevich. Geboren<br />
1951, aufgewachsen mit sechs Geschwistern<br />
in Ciadir Lunga. Als er 15 war starb s<strong>ein</strong> Vater,<br />
mit 18 heiratete er, wurde Helfer auf <strong>ein</strong>er Farm,<br />
bekam zwei Töchter und <strong>ein</strong>en Sohn. 1995 starb<br />
s<strong>ein</strong>e Frau. Die Kinder wanderten nach Russland<br />
aus. Als er auf deren Einladung hinterher reiste,<br />
diagnostizierten Ärzte <strong>ein</strong>e Krebserkrankung. Er<br />
musste wieder umkehren nach Ciadir Lunga, ist<br />
nun auf <strong>sich</strong> all<strong>ein</strong> gestellt. Gloria ist die <strong>ein</strong>zige<br />
Hoffnung, für ihn und etwa 20 andere Obdachlose,<br />
die Vitaly Paunow in der Stadt kennt und<br />
denen er helfen möchte.<br />
Wenn Sie <strong>sich</strong> vorstellen können, hier ebenfalls<br />
zu helfen, beachten Sie bitte unser aktuelles<br />
Spendenprojekt auf der folgenden Seite.