Koordinative Fähigkeiten - Pedalo
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Holz-Hoerz Expertenmeinung: Christoph Anrich Ballsportarten<br />
Deswegen dürfen Unsicherheiten nicht in die „Vogel-Straus-Trainingslehre“ führen. Fehlende<br />
Kenntnisse müssen behoben oder Unklarheiten beseitigt werden. Der Trainer entscheidet<br />
durch seinen Trainingsaufbau demnach darüber mit, ob die übende Person sich weiter<br />
entwickelt oder ob Verletzungen provoziert werden. Manchmal haben die Sportler gar keine<br />
Chance. Werden muskuläre Verspannungen nicht vor der weiteren Belastung gelöst, ist es<br />
nur eine Frage der Zeit, bis sie sich verletzen.<br />
In der Tat ist die Euphorie der 80er- und 90er-Jahre über die möglichen Wirkungen des<br />
Stretchings verflogen. Nicht zufällig, da in der Vergangenheit viele Aussagen zum Thema<br />
Stretching auf Vermutungen beruhten und nicht auf soliden sportwissenschaftlichen<br />
Grundlagen. Den ersten Veröffentlichungen wurden noch leichtgläubig gefolgt.<br />
Erst nachdem die vermuteten Effekte des „Dehnens“ überprüft worden waren, hörte man<br />
zunehmend teils heftige Kritik. Nicht wenige forderten aus unterschiedlichen Motiven zum<br />
völligen Verzicht von Stretchingübungen vor dem Sporttreiben auf.<br />
Sicher kommt erschwerend hinzu, dass die Ergebnisse des Beweglichkeitstrainings nur<br />
angemessen beschrieben werden können, wenn man interdisziplinär vorgeht. Viele Experten<br />
sind zwar im jeweiligen Forschungsgegenstand und ihrem Detailwissen hervorragend (z.B.<br />
Physiologen), aber sie interpretieren das Thema „Wirkungen des Dehnens“ nicht ganzheitlich.<br />
Zum Beispiel kann ohne die Neurophysiologie und Neurobiologie die Beweglichkeit nicht<br />
richtig beurteilt werden. Ebenso wenig nützen Aussagen über die Steuerung des motorischen<br />
Lernens, über Entspannungstechniken, wenn man weder den Muskelaufbau, noch die den<br />
Muskel umgebenden passiven Strukturen genau unter die Lupe nimmt.<br />
� Die kleinste funktionelle Einheit, die es in der Trainingslehre systemisch zu untersuchen gilt,<br />
ist das Zusammenwirken von Zentralnervensystem, Muskulatur und den zugehörigen<br />
Gelenken.<br />
Bei der Umsetzung dieser ganzheitlichen Sichtweise stößt man auf erhebliche<br />
Schwierigkeiten. Weiß man doch, dass das Gehirn aus mehreren Milliarden Nervenzellen<br />
aufgebaut und vernetzt ist. Eine einzelne Nervenzelle steht manchmal mit über 10.000 andern<br />
in Verbindung. Auch der Muskel bringt nicht, wie das Auto, aus einem Motor Kraft auf,<br />
sondern Millionen von kleinsten Motoren (Sarkomere) müssen in Tausenden motorischen<br />
Einheiten (Nerv-Muskel-Verbindungen) miteinander koordiniert werden.<br />
Selbst die kleinsten Willkürbewegungen des Muskels (Bein anheben, Kopf drehen) kommen<br />
nicht ohne nervösen Impuls zustande. Jede Muskelaktivität, jede Muskelentspannung benötigt<br />
spezifische Signale (überschwellige Reize) vom Zentralnervensystem. Diese Muskelsteuerung<br />
besteht eben nicht aus simplen, leicht nachweisbaren Nerv-Muskel-Verbindungen. Man weiß<br />
heute mehr denn je, dass das moderne Beweglichkeitstraining ist ein höchst komplexer<br />
Prozess ist, bei welchem die offensichtlichen Gegebenheiten mit noch teilweise unbekannten<br />
Faktoren nur bestmöglich analysiert werden kann.<br />
� Über neuronale Aspekte und Bewegungssteuerung wissen wir „fast“ nichts. Aber alles, was<br />
wir wissen verdeutlicht: Eine Trainingslehre, auch die Beweglichkeit und Koordination, kann<br />
ohne das Zentralnervensystem nicht angemessen beschrieben werden.<br />
F:\allgemein\Besprechung\Projekte\P1Internetshop\P1bShoppflege\Expertenmeinungen\Exp_Ballsport\Anrich.doc Seite 3 von 13 Stand: 02.04.08-SW<br />
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