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knock on wood!

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22 2 ApRIl ‘09<br />

Porträtiert<br />

arthur und signa köstler<br />

Fotos: arthur köstler<br />

GEHEIME SpIElE IN DER UNTERWElT<br />

das däniscH­österreicHiscHe Performance­duo signa erricHtet<br />

in Köln erneut ein tHeatraliscHes Paralleluniversum<br />

Was ab april wirklich in der bar und den drei stockwerken<br />

des Hotel timp geschehen soll, unterliegt strenger<br />

geheimhaltung. für Journalisten gibt es vorab weder interviews<br />

noch ortsbegehungen. gerade hat die legendäre<br />

Kölner travestie­bar ihre Pforten geschlossen, ihr guestbook<br />

im internet ist mit trauerbekundungen aus ganz<br />

deutschland gefüllt – und sch<strong>on</strong> wird sie für vier m<strong>on</strong>ate<br />

durch einen morbiden geheimclub neu belebt. geführt<br />

wird er v<strong>on</strong> zwei menschen namens Hades und Perseph<strong>on</strong>e<br />

alias arthur und signa Köstler. das deutsch­österreichische<br />

Performance­duo signa und das schauspiel Köln<br />

haben das timp zum ort für signas neuester theaterinstallati<strong>on</strong><br />

auserkoren, m<strong>on</strong>atelang wurde nach einem ort<br />

gesucht. Wie damals, bei den „erscheinungen der martha<br />

rubin“ im legendären dorf ruby town in der Halle Kalk<br />

zu beginn der intendanz v<strong>on</strong> Karin beier in Köln, wird<br />

es darum gehen, die zuschauer in grenzbereiche zu führen.<br />

bereiche, in denen er nicht mehr merkt, ob und wie<br />

er selbst ins geschehen eingreift. Wo er beziehungen mit<br />

den Performern eingeht, die mit emoti<strong>on</strong>en, sehnsüchten<br />

und ängsten gefüllt sind. er in ein Paralleluniversum eindringt,<br />

eine art theatrale zweite Wirklichkeit – und bis zur<br />

selbstaufl ösung darin verschwinden kann, wenn er will.<br />

dramaturgin sybille meier spricht deshalb auch v<strong>on</strong> einer<br />

„neudefi niti<strong>on</strong> der rolle des zuschauers“.<br />

intellektuelle distanz ist der verschmelzung nicht gerade<br />

zuträglich – deshalb wollen signa vorher nicht verraten,<br />

was im timp passieren wird, und daher ist es auch<br />

am besten, sich nicht in einer geschützten gruppe auf<br />

das abenteuer einzulassen, s<strong>on</strong>dern möglichst allein, nur<br />

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retten sie diese Frauen aus dem hotel timp: astrid Bockhop irma Wagner<br />

mit bauchgefühl und neugier. „Wir wollen das potentielle<br />

Publikum nicht mit zu vielen Hintergrundinformati<strong>on</strong>en<br />

füttern, weil das für das Werk nicht wichtig ist und vom<br />

Wesentlichen ablenkt“, schreibt Köstler in der e­mail,<br />

die das interview mit ihm absagt. denn die Qualität des<br />

abends entsteht nur, wenn man sich tief auf die fikti<strong>on</strong><br />

einlässt – und nicht mit einem vermeintlich wissenden<br />

Kritikerblick draufblickt, analysiert, logische brüche<br />

im Plot aufspüren will. „Wir merken, ob jemand kommt,<br />

weil er sich die auf fünf titelseiten ausgewälzte ,entdeckung‘<br />

des theatertreffens anschauen muss, oder weil ein<br />

freund dav<strong>on</strong> erzählt hat“, so Köstler.<br />

nOn-stOp-aDventure-spiel,<br />

vielleiCht Mit seX<br />

nur soviel ist zu erfahren: in der „Hades fraktur“, zugelassen<br />

ab 18 Jahren, geht es darum, für fünf nächtliche<br />

stunden zwischen 20 und 1 uhr morgens ein exklusives<br />

mitglied im düsteren geheimclub Hades zu werden und<br />

über vier stockwerke mit 25 Performern merkwürdige<br />

spiele zu spielen. nicht jeder hat zutritt, das Kartenk<strong>on</strong>tingent<br />

ist äußerst beschränkt. derjenige, der gewinnt,<br />

darf eine der in den zimmern festgehaltenen sieben frauen<br />

mit in die Welt zurücknehmen.<br />

damals, vor 1,5 Jahren in der Halle Kalk, herrschte zunächst<br />

gähnende leere zwischen den liebevoll v<strong>on</strong> den<br />

Performern selbstgezimmerten und vom signa­bühnenbildner<br />

thomas bo nils<strong>on</strong> gestalteten Häuschen (der auch<br />

das Hotel timp gestaltet) v<strong>on</strong> ruby town, in denen sie rund<br />

um die uhr lebten, bedroht oder beschützt v<strong>on</strong> einer mili­<br />

Ebertplatz:<br />

Neusser Str. 17 · Tel.: 0221 / 73 77 69<br />

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tärdiktatur – die zuschauer wussten zunächst nicht, was sie<br />

erwartete. immer mehr sprach sich aber herum, dass man<br />

hier ein bizarres, bisher ungekanntes Kunsterlebnis machen<br />

k<strong>on</strong>nte, auf der grenze v<strong>on</strong> Performance, bildender<br />

Kunst und theater: eine art n<strong>on</strong>­stop­adventure­spiel, in<br />

der der zuschauer zum Handelnden wird, sich streiten, integrieren,<br />

verlieben – und möglicherweise sogar sex haben<br />

kann. ob es dazu wirklich gekommen ist, weiß niemand<br />

genau, das gerücht hält sich aber hartnäckig. oder haben<br />

Köstler und Köstler es selbst gestreut? mit sex haben<br />

ihre Performances auf jeden fall oft zu tun, oder: mit den<br />

machtstrukturen, die mit sex einhergehen. in ruby town<br />

war das Herzstück die intime Peepshow mit alten und jungen<br />

nackten frauen in schummrigen abseiten, die uns<br />

besuchern gek<strong>on</strong>nt das geld aus der tasche zogen. einst,<br />

2004, inszenierten sie in der dauerperformance „secret<br />

girl“ im männerknast in meiningen die geschichte eines<br />

billigen zuhälters, die eine Hure zur sklavin nehmen – und<br />

der zuschauer wurde zum gierigen voyeur und zahlenden<br />

Kunden und mittäter. in „57 beds“ 2004 in Kopenhagen bewegte<br />

sich der zuschauer an und in 57 betten entlang, in<br />

viele wurde er eingeladen – während mitten im raum eine<br />

Hochzeitstafel wartete.<br />

siGna MaCht süChtiG<br />

ruby town in Köln war mehrmals geöffnet: erst für 36<br />

stunden, dann für 60, für 84 – und schließlich, während<br />

des theatertreffens, zehn tage und nächte. Jeder zu­<br />

schauer k<strong>on</strong>nte in dieser zeit so oft und so lange kommen,<br />

wie er wollte akt_1_12h_4c – so lange 20.03.2009 es die 9:00 bewohner Uhr Page zuließen. 1<br />

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2 ApRIl ‘09 23 Porträtiert<br />

man k<strong>on</strong>nte mit ihnen essen, schlafen, sich massieren<br />

lassen, Wodka trinken, reden – und musste selbst entscheiden,<br />

wie tief man sich auf die gesetze und geschichten<br />

der stadt einließ. und, inwiefern man ihre aussagen<br />

glauben k<strong>on</strong>nte. denn die Performer versuchten, je nachdem<br />

ob sie dorfbewohner oder ­besatzer waren, auf unterschiedliche<br />

seiten zu ziehen.<br />

zum schluss bildeten sich selbst mitten in der nacht lange<br />

schlangen vor der Halle Kalk, die Wartezeit k<strong>on</strong>nte<br />

mehrere stunden betragen – und dann war es auch sch<strong>on</strong><br />

wieder vorbei. als signa mit „ruby town“ später völlig<br />

unerwartet zum theatertreffen eingeladen wurden, war<br />

es wohl das teuerste gastspiel, das je nach berlin gereist<br />

war: Jedes der detailverliebten Häuschen musste in eine<br />

große Halle nach berlin­schöneberg gefahren und genauso<br />

wieder aufgebaut werden.<br />

zum schluss gab es sogar ein paar eiserne fans, die v<strong>on</strong><br />

Köln nach berlin reisten, um der Wiederauferstehung<br />

des dorfes beizuwohnen. sie hatten bereits ihre eigenen<br />

dauerschlafplätze in einer ecke v<strong>on</strong> ruby town eingerichtet.<br />

sie hingen im restaurant herum, kochten und<br />

tanzten mit den bewohnern – signa machte süchtig. Was<br />

in Köln jedoch noch bedrohlich und abgründig gewirkt<br />

hatte, wurde in berlin eher zu einer art friedlicher Kommune.<br />

ich selbst ertappte mich dabei, wie ich mich in den<br />

restaurantchef Joseph verliebte und mich noch tagelang<br />

nach ruby town zurücksehnte. umso bizarrer war es,<br />

als er mir letztens auf einer straße in Köln als normaler<br />

mensch zuwinkte und ich ihn kaum erkannte.<br />

der zuschauer soll sich in der fikti<strong>on</strong> verstricken. bis wohin<br />

er sie wirklich mitgestaltet, weiß er nie. Wo verlaufen<br />

die grenzen v<strong>on</strong> Kunst und leben, Wahrheit und lüge?<br />

diese frage steht am anfang jeder arbeit v<strong>on</strong> signa.<br />

selten dauern ihre „belebten Kunstinstallati<strong>on</strong>en“, wie<br />

sie sie selber nennen, kürzer als 100 stunden. internati<strong>on</strong>ales<br />

aufsehen erregte signa 2005 in malmö mit „black<br />

rose trick“: ein Hotel, in dem sich besucher real für zehn<br />

tage einmieten k<strong>on</strong>nten. im berliner „dorine chaikin<br />

institute“ wurden die zuschauer 2008 zu echten Patienten,<br />

in „seven tales of misery“ 2006 transformierte ein<br />

„Prinz“ (der natürlich arthur Köstler war) eine ehemalige<br />

freimaurerloge in Kopenhagen in ein abbild der „realen<br />

Welt“, sieben ehemalige Prostituierte symbolisierten die<br />

K<strong>on</strong>tinente, zeichneten möglichst viel „elend“ auf band<br />

auf, um es dem Prinzen zu senden – und erinnerte mehr<br />

und mehr an eine religiöse sekte, deren gehirnwäsche<br />

sich der zuschauer gerne hingab.<br />

signa und arthur Köstler schaffen es, mit ihren installati<strong>on</strong>en<br />

einen eigenartigen sog zu erzeugen, eine art suggestives<br />

rollenspiel in der realität, das ähnlichkeit hat<br />

mit einem computerspiel aus fleisch und blut, verspielt<br />

und abgründig zugleich. seitdem die dramaturgin sybille<br />

meier das duo, das sich immer noch mehr als bildene<br />

Künstler versteht, für das theater entdeckte, macht es<br />

an den größten deutschsprachigen bühnen furore und<br />

ist für lange zeit ausgebucht. umso wunderbarer, dass<br />

signa ihre neueste arbeit doch wieder nach Köln verlegt<br />

haben.<br />

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pia Bertoldi, Foto: arthur köstler<br />

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