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Feature<br />
Die üblen Tricks der<br />
Die Wünsch-dir-was-Realität<br />
Von Linus Geschke<br />
Er hätte auch einfach schweigen können. Sich zurücklehnen und die<br />
Preise betrachten, die er mit seiner Arbeit gewonnen hat. Doch Chris<br />
Palmer, der als Produzent über 25 Jahre lang Tierfilme gedreht hat,<br />
entschied sich, zu reden – besser gesagt, zu schreiben. Für viele Kollegen<br />
ist der 63-jährige damit zum „Nestbeschmutzer“ geworden.<br />
Palmer erzählt In seinem Buch „Shooting in the Wild“, wie einige seiner<br />
preisgekrönten Naturfilme zu Stande kamen; unter anderen auch<br />
IMAX-Produktionen über Wale, Wölfe und Bären. Sie sehen in einer<br />
Doku einen Fuchs oder Dachs in seinem Bau? Wahrscheinlich im Studio<br />
entstanden, wo ein Unterschlupf nachgebaut und mit Kameras<br />
bestückt wurde. Auch sonst sieht die Realität häufig anders aus, als<br />
es der Film suggeriert: Da werden tote Tiere am Straßenrand aufgesammelt<br />
und mutieren zur Beute von jagenden Wölfen, da verstecken<br />
die Filmer Süßigkeiten im Bauch eines toten Rehs, damit der angeblich<br />
wild jagende Bär sich an den Kadaver zu schaffen macht. Hauptsache<br />
Drama, Baby, Drama!<br />
Das Gleiche bei den Fotografen:<br />
Jose Louis Rodriguez‘ spektakuläre<br />
Aufnahme eines springenden Wolfes<br />
überzeugte so sehr, dass es<br />
eine Jury zum Tierbild-Sieger des<br />
„World Press Photo Award“ wählte<br />
– dumm nur, dass im Januar herauskam,<br />
dass dies ein<br />
dressierter Wolf aus einem<br />
spanischen Zoo war.<br />
Wahrscheinlich ist dies<br />
jedoch nur die Spitze des<br />
Eisberges: Gerade bei Unterwasserfotos<br />
wird so lange getrickst,<br />
bis das, was der Betrachter<br />
sieht, mit der Realität kaum noch<br />
etwas gemeinsam hat. In der Branche<br />
recht bekannt ist beispielsweise<br />
die Arbeitsweise eines deutschsprachigen<br />
Fotografen, der lebende<br />
Aquariumfische oder Hechte<br />
kauft, die Tiere dann so stark run-<br />
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terkühlt, bis sie fast bewegungsunfähig<br />
sind und diese anschließend<br />
im See an passenden Stellen<br />
platziert: Hauptsache, fotogen.<br />
Andere, meist amerikanische oder<br />
asiatische Profiknipser, arbeiten<br />
im Meer mit Cyanit, um den<br />
gleichen Effekt zu erreichen:<br />
Ein paar Tropfen für den Napoleon<br />
und schon steht er<br />
da wie ein Modell – sofern er<br />
vorher nicht an einer Überdosierung<br />
eingeht. Doch selbst,<br />
wenn: Hauptsache, das Bild ist<br />
auf dem Speicherchip gebannt.<br />
Der Druck der Magazine<br />
Fotografen machen dies jedoch<br />
meist nicht aus eigenem Antrieb<br />
heraus; solche Auswüchse sind