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Vertreterversammlung<br />
der KZVN<br />
JUNI 2013<br />
N I E D E R S Ä C H S I S C H E S<br />
ZAHNÄRZ TEBLATT<br />
8<br />
12<br />
16<br />
28<br />
Die Bürgerversicherung<br />
Diagnostik und Therapie<br />
der Periimplantitis<br />
Rauchen kostet Zähne<br />
Parodontaltherapie –<br />
ein Update
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KZBV-KOSTENSTRUKTURERHEBUNG 2012<br />
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UNTERSTÜTZUNG DURCH DIE<br />
ZAHNARZTPRAXEN NÖTIG<br />
O<br />
hne solide Datengrundlage sind<br />
sie heute kaum noch denkbar:<br />
die Verankerung berufspolitischer<br />
Forderungen der Zahnärzteschaft<br />
in der Politik und die Gestaltung positiver<br />
Rahmenbedingungen für die zahnärztliche<br />
Berufsausübung. Auch für das Jahr 2012 führt<br />
die KZBV deshalb eine bundesweite Kostenstrukturerhebung<br />
in den Zahnarztpraxen durch,<br />
um zuverlässige Aussagen über die wirtschaftliche<br />
Entwicklung im Berufsstand treffen zu<br />
können.<br />
Ab Juni werden die Fragebögen für die Erhebung<br />
der notwendigen Daten von der KZVN an die<br />
niedersächsischen Zahnarztpraxen verschickt.<br />
Natürlich ist die Teilnahme freiwillig. Die KZBV<br />
ist aber auf die Mitarbeit der Praxen angewiesen.<br />
Nur ein breiter Rücklauf an Fragebögen sichert<br />
eine solide und aussagefähige Datenbasis. Der<br />
Vorstand der KZBV bittet daher alle angeschriebenen<br />
Praxen, den Fragebogen auszufüllen<br />
und an die KZBV zurückzusenden. Namen<br />
und Anschriften werden nicht gespeichert, die<br />
Rücksendung der Bögen erfolgt ohne Absenderangabe.<br />
Die Einzeldaten bleiben anonym<br />
und werden garantiert entsprechend den datenschutzrechtlichen<br />
Bestimmungen verarbeitet.<br />
Ein umfassender Rücklauf ist wichtig, damit<br />
aktuelle, valide Daten zur Struktur und Entwicklung<br />
der Kosten in den Praxen generiert werden<br />
können. Die Kostenstrukturerhebung liefert<br />
wichtige Informationen, zum Beispiel auch für<br />
die Gestaltung der Verträge mit den Krankenkassen<br />
auf KZV-Ebene. Die Teilnahme daran<br />
dient also letztlich jedem einzelnen Zahnarzt.<br />
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ZEIT IST GELD – ODER:<br />
WESHALB DIE BEARBEITUNG EINES<br />
FRAGEBOGENS SINN MACHEN KANN...<br />
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Die Sommerferien stehen vor der Tür. Nicht nur Ihre Patientinnen und Patienten<br />
wollen vor dem Start in den wohlverdienten Urlaub die letzten Füllungen gelegt<br />
und den Zahnersatz optimal angepasst haben. Die Abrechnung muss ebenfalls<br />
noch rechtzeitig bei der KZVN (online) eingereicht werden. Die Zeit ist wie immer<br />
knapp. Und dann flattert noch der Fragebogen „Erhebung der Praxiskosten 2012“<br />
von der KZBV ins Haus. Zwei Seiten wollen und sollen beantwortet werden...<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
das Vertragsgeschäft mit den Krankenkassen ist immer wieder eine „Herausforderung“.<br />
Langwierige und kontrovers geführte Gespräche kennzeichnen die Verhandlungen.<br />
Wie hilfreich ist es dann, wenn man als Vertreter der niedersächsischen<br />
Vertragszahnärzteschaft mit belastbaren Daten in den Verhandlungsmarathon gehen<br />
kann, wenn anstelle „gefühlter“ Kostensteigerungen in den Praxen die tatsächliche<br />
Kostenentwicklung anhand breit ermittelter Daten gegenüber den Verhandlungspartnern<br />
belegt werden kann – besonders vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber<br />
gerade die strikte Anbindung der Vergütungsanpassung an die Grundlohnsummensteigerung<br />
abgeschafft hat.<br />
Helfen Sie mit, die Verhandlungsposition der (niedersächsischen) Vertragszahnärzteschaft<br />
zu stärken. Nehmen Sie sich die Zeit, die Fragen zu beantworten – denn Zeit<br />
ist (Ihr) Geld.<br />
Ihr<br />
Dr. Thomas Nels<br />
Stellvertretender Vorsitzender der KZVN<br />
P.S.: Die Anonymität der im Rahmen der Kostenstrukturerhebung der KZBV<br />
erhobenen Daten ist gesichert. Die Verwendung der regionalen bzw. bundesweiten<br />
Ergebnisse erfolgt ausschließlich für die dafür vorgesehenen Zwecke.<br />
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Es müssen doch<br />
alle zahlen<br />
Seit vielen Monaten predigen vor allem die<br />
Oppositionsparteien den Menschen, sie sollten<br />
sich die herrschende Ungerechtigkeit im Lande zu Herzen<br />
nehmen. Deshalb müsse ein Umverteilungsprozess eingeleitet<br />
werden. Es wird definiert, wer reich ist und eilig hinzugefügt,<br />
dass von den Steuererhöhungsplänen 90 % der<br />
Steuerbürger gar nicht betroffen seien. Hier gilt wie bei Versicherungsverträgen:<br />
Die Tücken verbergen sich im Kleingedruckten.<br />
So verhält es sich auch mit Wahlprogrammen,<br />
insbesondere der Oppositionsparteien, wobei die Größte<br />
zurzeit anhand von Meinungsumfragen noch auslotet,<br />
welche politischen Aussagen das Wählerverhalten möglicherweise<br />
negativ beeinflussen könnten.<br />
Beim Blick ins Kleingedruckte geht es letztlich nicht darum,<br />
ob 49 oder 60 Euro monatliche Mehrbelastung erheblich<br />
sind oder nicht. Neben der Einführung einer Bürgerkrankenversicherung<br />
stehen auch eine Bürgerpflege- und Bürgerrentenversicherung<br />
im Programm. Im Zuge dieser Umgestaltung<br />
soll die Beitragsbemessungsgrenze entfallen und<br />
die Versicherungspflichtgrenzbeträge massiv angehoben<br />
werden, mit der Folge, dass alle, die die bisherige Grenze<br />
überschreiten, zusätzlich zur Kasse gebeten werden.<br />
Es träfe entgegen der Beteuerung auch nicht nur wenige<br />
„Reiche“, sondern neben der „Mitte“, deren Versicherungsbeiträge<br />
und Steuern stiegen, auch die Geringverdiener.<br />
Sie werden vom grünen Steuerkonzept nicht verschont;<br />
denn beispielsweise soll auch der ermäßigte Mehrwertsteuersatz<br />
bei vielen Produkten von 7 auf volle 19 Prozent<br />
steigen. Durch eine geplante Umweltabgabe sollen Flugreisen<br />
teurer und nun sogar Handys mit einem Pfand belegt<br />
werden. Die Mieten würden steigen, weil die Grundsteuer<br />
nach den Plänen auf Basis des aktuellen Marktwerts berechnet<br />
werden soll. Gerade in Ballungszentren liegt dieser<br />
aber weit über dem aktuell herangezogenen Einheitswert.<br />
Deshalb ist davon auszugehen, dass Vermieter diese<br />
Kostenerhöhung auf die Nebenkosten abwälzen würden.<br />
Finanzexperten gehen davon aus, dass diese Pläne den<br />
Steuerzahler knapp 40 Milliarden Euro kosten. Diese Summe,<br />
soviel ist klar, würden eben nicht nur die vermeintlich<br />
„Reichen“ tragen.<br />
Im Gefolge dieser Reformideen soll der gemeinsame<br />
Bundesausschuss (GBA) von der Selbstverwaltung de facto<br />
politisch „bereinigt“ werden, weil das Parlament in Zukunft<br />
dessen Mitglieder nach politischem Proporz benennen<br />
und damit einsetzen soll. Die Politik verschaffte sich damit<br />
aus ihrer Sicht einen vom Gesamtkonzept her logischen<br />
Totalzugriff auf die Bürgerkrankenversicherung.<br />
Die Selbstverwaltung, dazu gehören neben KVen und<br />
KZVen auch die Krankenkassen, fungiert in Zukunft als<br />
politisch gesteuerter Kulissenschieber.<br />
Wer weiter hinterfragt, bekommt zu hören, man wolle natürlich<br />
keine neuen Schulden machen, weil die Deutschen<br />
das grundsätzlich als falsch empfinden. Nur ohne diese<br />
Steuererhöhungen, wird argumentiert, könne man die<br />
wichtigen Bereiche von Bildung, Kinderbetreuung, Straßenbau<br />
und Anhebung von Hartz –IV-Sätzen nicht finanziell<br />
großzügiger ausstatten. Abgerundet wird diese Argumentation<br />
mit der Aussage: Wir sagen das dem Bürger schon vor<br />
den Wahlen.<br />
Wir sollen wirklich glauben, dass es nach der Bundestagswahl<br />
dann die erste Regierung seit Gründung der Bundesrepublik<br />
geben wird, die diese Umverteilung nicht dazu nutzt,<br />
neue Schulden zu machen und eine politisch verkündete<br />
Zweckbindung von Steuern anstatt nach der Wahl zum<br />
Sanieren des Bundeshaushalts zu verwenden? Daran<br />
sollten selbst die gutgläubigsten Wähler zweifeln.<br />
Der Rattenfänger von Hameln war vor dem Hintergrund<br />
dieser Pläne ein Amateur. <br />
— Dr. Jobst-W. Carl<br />
Vorsitzender des Vorstands der<br />
Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen<br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | E D I T O R I A L<br />
Foto: NZB-Archiv<br />
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E D I T O R I A L
I M P R E S S U M<br />
NIEDERSÄCHSISCHES ZAHNÄRZTEBLATT – 48. Jahrgang<br />
Monatszeitschrift niedersächsischer Zahnärztinnen und Zahnärzte mit<br />
amtlichen Mitteilungen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen<br />
(KZVN), erscheint elfmal jährlich, jeweils zum 15. eines jeden Monats.<br />
HERAUSGEBER<br />
Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen<br />
Zeißstraße 11, 30519 Hannover;<br />
Postfach 81 03 64, 30503 Hannover;<br />
Tel.: 0511 8405-0, Internet: www.kzvn.de<br />
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Niedersächsisches Zahnärzteblatt (NZB),<br />
c/o KZVN, Heike Philipp, Zeißstraße 11, 30519 Hannover;<br />
Tel.: 0511 8405-207; Fax: 0511 8405-262;<br />
E-Mail: nzb-redaktion@kzvn.de<br />
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Breite Straße 2 B, 31028 Gronau<br />
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Elke Steenblock-Dralle (st-dr)<br />
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E-Mail: heinz.neumann@rheinland-mediaberatung.de<br />
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Nicole Trost, Tel.: 0211 569731-22, Fax: 0211 569731-10<br />
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E-Mail: nzb-abo@kzvn.de<br />
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Mit Verfassernamen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die<br />
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Der Bezugspreis für Mitglieder ist durch den Beitrag abgegolten.<br />
Nichtmitglieder der Körperschaften erhalten das Jahresabonnement zu<br />
39,60 EUR, Einzelheft 3,30 EUR, inklusive Versandkosten. ISSN 1863-3145<br />
2 I M P R E S S U M | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
ANSCHRIFT<br />
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c/o KZVN, Heike Philipp,<br />
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Verspätet eingegangene Manuskripte können nicht<br />
berücksichtigt werden.<br />
REDAKTIONSSCHLUSS<br />
Heft 09/13: 12. August 2013<br />
Heft 10/13: 12. September 2013<br />
Heft 11/13: 14. Oktober 2013<br />
4<br />
Dieser sog. QR-Code führt nach<br />
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EDITORIAL<br />
1 Dr. Jobst-W. Carl:<br />
Es müssen doch alle zahlen<br />
POLITISCHES<br />
4 Vertreterversammlung der KZVN<br />
Prof. Dr. Jur. Kai Bussmann als Gastredner<br />
8 Die Bürgerversicherung<br />
Problemlösung oder Problemfall –<br />
eine kritische Betrachtung<br />
FACHLICHES<br />
12 Diagnostik und Therapie<br />
der Periimplantitis<br />
16 Rauchen kostet Zähne<br />
Tabakentwöhnung in der<br />
zahnärztlichen Praxis<br />
21 Aspekte der Implantologie<br />
bei Parodontitispatienten<br />
12<br />
4<br />
8<br />
28 Parodontaltherapie – ein Update<br />
38 „Ärztlicher Leitfaden Kinderschutz“<br />
Vorstellung des digitalen Leitfadens<br />
38 Gewaltopfern flächendeckend helfen<br />
Verfahrensunabhängige<br />
Beweissicherung für Betroffene von<br />
häuslicher oder sexueller Gewalt<br />
41 Rechtstipp: Dank und gute Wünsche<br />
in Arbeitszeugnissen<br />
42 „Es ist hilfreich und inspirierend,<br />
sich mit anderen Zahnärztinnen<br />
auszutauschen“<br />
ladies dental talk nun auch in<br />
Niedersachsen: am 21. Juni in<br />
Oldenburg<br />
45 Minijobs Aktuell<br />
Angehörige, Mutterschutz/Elternzeit,<br />
Zuschüsse<br />
47 Aktuelles aus der Rechtsprechung<br />
– Aktuelle Urteile aus dem Sozialrecht<br />
– Aktuelle Urteile aus dem Steuerrecht<br />
28<br />
42<br />
PERSÖNLICHES<br />
48 Jürgen Stern zum 70. herzlichen<br />
Glückwunsch!<br />
48 Dienstjubiläen in der KZVN<br />
49 Am 13. Juni feierte Kollege Karstens<br />
aus Verden seinen 65. Geburtstag<br />
KZVN<br />
49 Neuzulassungen<br />
50 Niederlassungshinweise<br />
52 Beschlüsse anlässlich der<br />
ordentlichen Sitzung der<br />
Vertreterversammlung der<br />
Kassenzahnärztlichen Vereinigung<br />
Niedersachsen am 25.05.2013<br />
KLEINANZEIGEN<br />
56 Kleinanzeigen<br />
© Fotos Titel/Inhaltsverzeichnis: NZB-Archiv; © beermedia/Fotolia.com; © Prof. Dr. Dr. Bernd W. Sigusch; © Murat Subatli/Fotolia.com; © Dr. Dirk Vasel; © ldt; © Gerhard Seybert/Fotolia.com<br />
45<br />
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F A C H L I C H E S<br />
I N T E R E S S A N T E S<br />
T E R M I N L I C H E S<br />
P E R S Ö N L I C H E S<br />
K Z V N<br />
K L E I N A N Z E I G E N
Fotos: NZB-Archiv<br />
Vertreterversammlung<br />
der KZVN<br />
PROF. DR. JUR. KAI BUSSMANN ALS GASTREDNER<br />
Alle 50 gewählten Vertreter der Vertreterversammlung (VV)<br />
der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen<br />
(KZVN) waren am 25. 05. 2013 zur ordentlichen Sitzung<br />
der VV nach Hannover gekommen.<br />
Unter der Leitung des Vorsitzenden der VV, Dr. Joachim<br />
Wömpner, konnten die Mitglieder der beiden in der VV<br />
vertretenen Fraktionen bis zum Nachmittag nahezu alle<br />
auf der Tagesordnung vorgesehenen Punkte in sachlicher<br />
Atmosphäre diskutieren und abarbeiten. Lediglich bei der<br />
unter TOP 8 vorgesehene Änderung der Wahlordnung der<br />
KZVN sah die Fraktion des FVDZ, vertreten durch ihren Fraktionsführer,<br />
Dr. Julius Beischer, trotz der vorangegangenen<br />
Gespräche in einer Arbeitsgruppe weiteren Diskussionsbedarf.<br />
Da keine Eilbedürftigkeit für einen Änderungsbeschluss<br />
vorliegt, verständigten sich beide Fraktionen über die Verschiebung<br />
der Abstimmung auf einen späteren Zeitpunkt.<br />
Bericht des Vorstandes und der ständigen Ausschüsse<br />
Der Vorsitzende des Vorstandes der KZVN, Dr. Jobst-W. Carl,<br />
nahm in seinem Bericht Stellung zu gesundheitspolitischen<br />
Fragen. In seinen Ausführungen beklagte er die zum Standard<br />
gewordenen Pressekampagnen gegen Ärzte und<br />
Zahnärzte, in denen diverse „mit dem Mäntelchen einer<br />
angeblichen Unabhängigkeit“ versehenen Institutionen ihre<br />
„Schreckensmeldungen“ in Form von Studien verbreiten<br />
würden. Als jüngstes Beispiel nannte er den Barmer GEK-<br />
Report, bei dem die Zahnärzte weniger Sorgen vor den<br />
Zahlen selbst, als vor dem<br />
haben würden, was die<br />
Kassenspitze daraus machen<br />
würde. In ihrer Jahresstatistik<br />
2011 zur „Behandlungsfehler-<br />
Begutachtung“ des Medizinischen<br />
Dienstes komme der<br />
MDK-Bundesverband „mit<br />
höchst eindrucksvollen Zahlen“<br />
beispielsweise zu dem<br />
Ergebnis, dass es 156 zahn-<br />
Dr. Jobst-W. Carl,<br />
Vorsitzender des<br />
Vorstandes der KZVN.<br />
ärztliche Behandlungsfehler<br />
bei 7,5 Mio. Wurzelbehandlungen<br />
gegeben habe. Kri-<br />
4 P O L I T I S C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
Obere Reihe: v. l. n. r. : Dr. Helmut Peters, stellv. Vors. der VV,<br />
Dr. Joachim Wömpner, Vors. der VV, Dr. Henning Otte, stellv. Vors.<br />
der VV, Hans-Kraft Rodenhausen, Justitiar der KZVN. Untere Reihe:<br />
Dr. Michael Hinz, Leiter der Verwaltung, Christian Neubarth, Mitglied<br />
im Vorstand, Dr. Jobst-W. Carl, Vorsitzender des Vorstandes<br />
und Dr. Thomas Nels, stellv. Vorsitzender des Vorstandes der KZVN.<br />
tisch beleuchtete Dr. Carl auch die „Bertelsmannstiftung“,<br />
die vorgebe, unabhängig zu sein und bei der Deutschlands<br />
namhafteste Politiker aller Parteien ein und aus gingen.<br />
Aber auch aus den Reihen der Zahntechniker müsse man<br />
Angriffe zur Kenntnis nehmen, die darauf abzielten, die<br />
Zahnärzteschaft in die Nähe korruptiven Verhaltens zu<br />
bringen. In Wirklichkeit richten sich die Anwürfe gegen die<br />
Praxislabore. In der Diskussion schilderten einige Delegierte<br />
ihre eigenen Erfahrungen mit gewerblichen Laboratorien.<br />
Die VV sah das Verhalten der VDZI-Repräsentanten als so<br />
schwerwiegend an, dass sie sich in einem eigenen Antrag<br />
gegen die einen Korruptionsverdacht unterstellenden Verlautbarungen<br />
des Präsidenten des Verbandes der Deutschen<br />
Zahntechniker-Innungen (VDZI) aussprach.<br />
All das Treiben habe dazu geführt, so Carl, dass sich das<br />
Gesundheitsministerium „weil Wahlen vor der Tür stehen“<br />
jetzt genötigt sehe, „dazu einen Gesetzentwurf ins Parlament<br />
einzubringen, um dem angeblichen oder tatsächlichen<br />
Treiben ein strafbewehrtes Ende zu machen“.<br />
Generalverdächtigung: Korruption im Gesundheitswesen<br />
Beispielhaft führte der KZVN-Vorsitzende das Verhalten des<br />
Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen an,
der auf seiner Internetseite ein Formular anbiete, mit dem<br />
Patienten anonym auf Fehlverhalten von Ärzten hinweisen<br />
können. Bezeichnenderweise sei dabei die Rede von<br />
„Tatort“, „Tatverdächtiger“ und „Tatzeit“. „Im Zusammenhang<br />
mit dem geplanten Anti-Korruptionsgesetz, so scheint es,<br />
fahren Kassen, Verbraucherverbände und Politik alle Generalverdächtigungen<br />
gegen Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser,<br />
Pflegeeinrichtungen und das medizinische und pflegerische<br />
Personal wieder hoch“, ergänzte Dr. Carl. Einen passenden<br />
Beitrag zu der Problematik leistete im Anschluss Prof. Dr.<br />
Kai Bussmann mit seinem Vortrag „Zuweisungen gegen<br />
Entgelt im Gesundheitswesen“, an den sich eine angeregte<br />
Diskussion anschloss.<br />
„Bürgerversicherung“ als Kostentreiber<br />
Nach der Bundestagswahl, so Carl weiter, werde möglicherweise<br />
eine „radikale Weichenstellung“ erfolgen, da einige<br />
Parteien eine „Bürgerversicherung“ einführen wollten. Carl<br />
berichtete davon, dass die Arbeitsgemeinschaft AG KZVen<br />
in einem gemeinsam erarbeiteten Papier die „Bürgerversicherung“<br />
auf den Prüfstand gestellt habe. Im Ergebnis sei<br />
damit zu rechnen, dass die Gesundheitsversorgung dadurch<br />
weder gerechter, noch besser und schon gar nicht preisgünstiger<br />
sein werde. Vielmehr werde mit einer Erhöhung<br />
der Steuerzuschüsse zu rechnen sein, und; „Je höher die<br />
Steuerzuschüsse, desto höher die politische Einflussnahme<br />
auf das Gesundheitswesen“ mahnte Carl. Das perfide an<br />
dem Programm sei, dass nicht klar erkennbar werde, welche<br />
direkten und indirekten steuer- und beitragsbelastenden<br />
Auswirkungen es haben werde und konzeptionell auch<br />
haben müsse.<br />
Solides Zahlenmaterial unerlässlich<br />
Als Quintessenz, nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen<br />
mit dem „Zahnreport“ gelte es für die Zahnärzteschaft,<br />
selbst möglichst detaillierte eigene wissenschaftlich<br />
korrekte Zahlen zur Versorgungssituation zu haben: „Wer<br />
Zahlen hat, hat Argumente. Wer gute Zahlen hat, hat<br />
bessere Argumente. Und wer mit nicht so guten Zahlen<br />
nicht ganz saubere Zahlenspiele macht, wird in Zukunft<br />
schlechte Karten haben“, lautete das Fazit. Insofern werde<br />
sich bei der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung<br />
(KZBV) zukünftig ein Datenkoordinierungsausschuss um<br />
diese Fragen kümmern.<br />
Die KZBV habe in diesem Jahr ihr Programm mit der „Agenda<br />
Mundgesundheit“ weiter entwickelt und den Focus noch<br />
stärker auf Präventionsorientierung, Patientenberatung und<br />
die Weiterentwicklung der Alters- und Behindertenzahnheilkunde<br />
gerichtet. Mit der Wegegeldregelung im „Pflegeneuausrichtungsgesetz“<br />
sei ab dem 01.04.13 ein erster,<br />
wenn auch nur sehr bescheidener Schritt gemacht worden.<br />
Die „Agenda Mundgesundheit“ werde, so kündigte Dr. Carl<br />
an, Mitte Juni an alle Zahnärzte im Bundesgebiet verschickt<br />
werden.<br />
In seiner Schlussbemerkung ging Carl kurz auf die Abweisung<br />
der GOZ-Klage vor dem Bundesverfassungsgericht ein.<br />
Ganz offensichtlich habe sich das sog. Gemeinwohlprinzip<br />
über die Sachargumente von nunmehr seit 1989 nicht<br />
erhöhten Gebühren ( 24 Nullrunden) in den Köpfen der<br />
Richter durchgesetzt, was, so bemerkte Dr. Carl abschließend,<br />
den Richterbund in NRW nicht daran gehindert habe,<br />
für Gehaltserhöhungen zu demonstrieren, weil die Landesregierung<br />
ihnen zwei Nullrunden verordnen möchte.<br />
Mit der Darstellung der extrem komplexen Verhandlungswelt<br />
zwischen den Krankenkassen und der KZVN und deren<br />
Auswirkungen, die in weiten Teilen selbst den Delegierten<br />
der VV verschlossen geblieben<br />
sein dürfte, beschäftigte sich<br />
der stellvertretende Vorsitzende<br />
der KZVN, Dr. Thomas Nels. Er<br />
berichtete über den Stand der<br />
laufenden Verhandlungen,<br />
über „Nivellierungen“ und<br />
„Reduzierung von Degressionsverlusten“,<br />
über die<br />
berechtigterweise geforderten<br />
„Zuschlagsforderungen“ auf-<br />
Dr. Thomas Nels, stellvertretender<br />
Vorsitzender des<br />
Vorstandes der KZVN.<br />
grund der drastisch gestiegenen<br />
Hygienekosten in den<br />
Praxen. Nels gab einen <br />
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5<br />
P O L I T I S C H E S
Einblick in das Verhandlungsgeschäft und seine Besonderheiten,<br />
bei denen man auch zu Kompromissen bereit sein<br />
müsse. Natürlich nahm auch die Problematik um den<br />
Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen<br />
(MDK) einen gebührenden Raum ein, ohne dass an dieser<br />
Stelle auf Detailerörterungen eingegangen werden soll.<br />
Insgesamt – und das spricht für ein besonderes Vertrauensverhältnis,<br />
das der Referent gegenüber der Opposition in<br />
der VV entwickelt hat – war das Gremium mit den Ergebnissen<br />
der Arbeit des stellvertretenden KZVN-Vorsitzenden,<br />
dessen teilweise ironischer Unterton wieder gefallen konnte,<br />
sehr zufrieden.<br />
Bericht von der „Stelle zur Bekämpfung von<br />
Fehlverhalten im Gesundheitswesen“<br />
Als drittes Mitglied im Vorstand der KZVN berichtete Christian<br />
Neubarth aus seinem Arbeitsschwerpunkt. Im Jahr 2012<br />
habe es insgesamt 20 Vorgänge gegeben (2013 bisher 6),<br />
von denen 15 bereits abgeschlossen seien. Hinweise gab<br />
es durch Krankenkassen, Patienten, Polizei, von Zahnärzten<br />
und auch anonym. Dabei sei es In 18 Fällen um Abrechnungsbetrug<br />
gegangen und in 2 Fällen um das Arbeiten<br />
ohne Genehmigung für Zweitpraxen. In einem Fall sei es<br />
zur Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft gekommen,<br />
berichtete Neubarth. Vor dem Disziplinarausschuss der<br />
KZVN seien 2012 fünf Fälle verhandelt worden, bei denen<br />
es um KIG-Einstufungen, Abrechnung ohne Genehmigung,<br />
eine Patientenbeschwerde und um nicht geleistete Notdienstbereitschaft<br />
gegangen<br />
sei. Fazit: Der Disziplinarausschuss<br />
habe die Fälle der<br />
letzten Jahre effektiv erledigt,<br />
und die Akzeptanz der meisten<br />
Geldstrafen in den letzten<br />
Jahren spreche auch für die<br />
Ausgewogenheit bei der Verhandlungsführung<br />
unter dem<br />
Ausschuss-Vorsitzenden Dr.<br />
Karl-Heinz Dreiocker, ehemals<br />
Christian Neubarth, Mitglied<br />
im Vorstand der KZVN.<br />
Präsident des Verwaltungsgerichtes<br />
Hannover.<br />
Bericht aus den ständigen Ausschüssen<br />
Aus dem Finanzausschuss berichtete als dessen Vorsitzender<br />
D.M.D. Henner Bunke. Bewusst und planmäßig sei zum<br />
Jahresabschluss 2012 das Vermögen der KZVN weiter<br />
zurückgeführt worden. Zum Abbau sei auch die Bonus-<br />
Gewährung mit rund 889.000 € genutzt worden, die die<br />
KZVN für die Kollegenschaft bei der Umstellung auf die<br />
online-Abrechnung eingeführt habe. Die Ausgaben für<br />
Rechtskosten seien mit 60.000 € auf einem Niedrigstniveau<br />
angelangt, nachdem sie früher schon einmal eine<br />
6 P O L I T I S C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
D.M.D. Henner Bunke (l) und Dr. Bodo Heckroth.<br />
Million € betragen hätten.<br />
Bunke stellte entsprechende<br />
Grafiken vor, auf denen die<br />
Auswirkungen der Umstellung,<br />
die Ertrags- und Vermögensentwicklung<br />
und schließlich<br />
die Erfolgsrechnung dargestellt<br />
wurden.<br />
Dr. Wolfhard Ross gab einen<br />
Einblick in die Arbeit des<br />
Vertragsausschusses, der unter<br />
Dr. Wolfhard Ross. seinem Vorsitz tagte, und Dr.<br />
Bodo Heckroth, Vorsitzender<br />
des Satzungsausschusses der KZVN, berichtete über die<br />
angestrebten Satzungsänderungen zum Wahlprocedere.<br />
Nachdem Dr. Beischer für seine FVDZ-Fraktion erkennen<br />
ließ, diesen heute nicht zustimmen zu können, regte<br />
Dr. Heckroth die Schaffung eines neuen gemeinsamen<br />
Arbeitsgremiums zum Thema mit anschließender Wiedervorlage<br />
an, da man nicht unter akutem Zeitdruck stehe.<br />
Einigkeit bei Resolution und Beschlüssen<br />
In der einstimmig gefassten Resolution verurteilt die VV der<br />
KZVN Versuche, die Bevölkerung bezüglich der Wirksamkeit<br />
zahnärztlicher Leistungen zu verunsichern, wie dies beispielsweise<br />
durch den IGel-Monitor des Medizinischen Dienstes<br />
des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS)<br />
zur Professionellen Zahnreinigung (PZR); http://www.mdsev.org/<br />
print/4008.htm geschehen sei.<br />
Im Einzelnen galten die Beschlüsse…<br />
der Ablehnung der Abschaffung des bewährten dualen<br />
Krankenversicherungssystems zugunsten einer Bürgerversicherung,<br />
der Zurückweisung der durch Medien und Politik erhobenen<br />
Korruptionsverdächtigungen gegenüber Ärzten<br />
und Zahnärzten und insbesondere auch der Korruptionsvermutungen<br />
des VDZI gegenüber der Zahnärzteschaft.,
der Ablehnung der elektronischen Gesundheitskarte mit<br />
Online-Anbindung und verpflichtendem VSDM und die<br />
möglichen Auswirkungen auf die weitere Mitarbeit der<br />
KZBV in der gematik.<br />
dem Erhalt der im Zahnheilkundegesetz festgeschriebenen<br />
zahnmedizinischen Kompetenzen und Ablehnung<br />
einer Substitution zahnärztlicher Leistungen,<br />
der Gewährung eines angemessenen Hygienezuschlages,<br />
der unzureichenden Honorierung bei der aufsuchenden<br />
Betreuung immobiler und pflegebedürftiger Patienten,<br />
den Verteilungspunktwerten und der Berücksichtigung<br />
der Punktmengen aus 2012 zur Ausgangsbasis der<br />
Verhandlungen für 2013.<br />
der Aufforderung an den Vorstand der KZVN durch<br />
die VV, den eingeschlagenen Weg zur umfänglichen<br />
Rückkehr zur vertragszahnärztlichen Begutachtung<br />
gemäß der Vertragslage fortzuführen..<br />
Den genauen Wortlaut aller Beschlüsse können Sie ab S. 52<br />
in diesem NZB nachlesen.<br />
Wahlen: Vertreter und Stellvertreter im Zulassungsund<br />
im Berufungsausschuss Nds. Vom 01.01.2014 bis<br />
31.12.2017<br />
In einzelnen und geheimen Wahlgängen wurden als<br />
Vertreter im Zulassungsausschuss Dr. Klaus Senge, Dr. Dr.<br />
Hans-Joachim Becker und Dr. Wolfhard Ross und als deren<br />
Vertreter Dr. Axel Wiesner, Dr. Helmut Peters und Dr. Tilli<br />
Hanßen gewählt.<br />
Als Vertreter In den Berufungsausschuss wurden Prof. Dr. Dr.<br />
Gerd Gehrke, Dr. Joachim Wömpner und Dr. Klaus Winter<br />
und zu deren Stellvertretern Hanna Baeßmann-Bischoff,<br />
Dr. Bodo Heckroth und Dr. Henning Otte gewählt.<br />
Gastvortrag Prof. Dr. jur. Kai Bussmann:<br />
„Zuweisung gegen Entgelt im Gesundheitswesen“<br />
Prof. Bussmann ist Lehrstuhlinhaber für Strafrecht und<br />
Kriminologie an der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-<br />
Wittenberg. Er ist ausgewiesener Kenner der Facetten der<br />
Korruption, und sein Rat ist nicht nur im Bereich der Medizin,<br />
sondern insbesondere bei der Wirtschaft und in der<br />
Politik gefragt. http://bussmann.jura.uni-halle.de/bussmann/<br />
Prof. Bussmann stellte in seinem Vortrag eigene Studien<br />
zum Thema Korruption und Bestechung vor, die sich nicht<br />
nur mit dem Thema „Zuweisung gegen Entgelt im Gesundheitswesen“<br />
befassten, sondern sich auch mit der<br />
Korruptions- und Bestechungspraxis im Bereich nationaler<br />
und internationaler Großunternehmen auseinandersetzte.<br />
Der Referent untermauerte die Ergebnisse seiner Forschung<br />
mit Zahlenmaterial, das die hohe Dichte bei der Wirtschaftskriminalität<br />
deutlich werden ließ. Wenngleich man sich in<br />
Deutschland zwischen griechischen<br />
und schwedischen<br />
Verhältnissen im oberen<br />
Mittelfeld bewege, werde die<br />
Situation noch unterschätzt.<br />
Mittlerweile stelle sich jedoch<br />
im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Rechnung<br />
heraus, dass<br />
die Mehrheit der Unternehmen<br />
in der Korruptionsbekämpfung<br />
einen Wettbewerbsvorteil<br />
erkenne. Die Problematik sei<br />
durch einen gesamtgesellschaftlichen<br />
Druck entstanden, der sich nicht nur auf Ärzte<br />
beschränke, relativierte Prof. Bussmann. Dann ging er auf<br />
die im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes erstellte Studie<br />
„Zuweisungen gegen Entgelt im Gesundheitswesen“ ein,<br />
indem er das gewonnene Zahlenmaterial kommentierte.<br />
Die einseitige Interpretation der Studie durch den Spitzenverband<br />
hatte seinerzeit zu heftigen Reaktionen bei der<br />
Ärzteschaft geführt; und die zeitgleiche Platzierung zum<br />
Deutschen Ärztetag war auch nicht im Sinne des Autors<br />
der Studie. So konnte es nicht wundern, dass es in der<br />
Diskussion zahlreiche kritische Anmerkungen und Hinweise<br />
aus dem zahnärztlichen Praxisalltag seitens der Delegierten<br />
gab, denen sich Prof. Bussmann gerne stellte.<br />
Der Bemerkung, dass sein Herz eher bei der Prävention als<br />
beim Strafrecht hänge, schloss sich Dr. Carl unter Hinweis<br />
auf das Selbstverständnis der Freien Berufe an.<br />
Schließlich lobte der KZVN-Vorsitzende den Diskussionsverlauf<br />
dieser Frühjahrs-VV. Und indem er noch einmal das Thema<br />
des Gastredners Prof. Bussmann aufgriff, empfahl er, aktiv<br />
aber sachlich damit umzugehen, ohne vorauseilende<br />
Schuldzuweisungen auszusprechen, so dass der Auftritt in<br />
der Medienlandschaft authentisch und zugleich glaubwürdig<br />
wahrgenommen werden könne. — loe<br />
Prof. Dr. jur. Kai Bussmann.<br />
Prof. Dr. jur. Kai Bussmann (m) im Gespräch mit<br />
Christian Neubarth (l) und Dr. Julius Beischer.<br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | P O L I T I S C H E S<br />
7<br />
P O L I T I S C H E S
Foto: © beermedia/Fotolia.com<br />
Die Bürgerversicherung<br />
PROBLEMLÖSUNG ODER PROBLEMFALL – EINE KRITISCHE BETRACHTUNG<br />
Obwohl das deutsche Gesundheitssystem<br />
trotz aller Verbesserungsmöglichkeiten<br />
unstreitig zu den Besten der Welt zählt, ergibt sich durch<br />
Demografie und medizinischen Fortschritt und politische<br />
Standortänderung ständiger Anpassungsbedarf. Dabei bilden<br />
alle Spielarten um eine Bürgerversicherung die radikalste<br />
Abkehr vom bisherigen zweigliedrigen Krankenversicherungssystem.<br />
Ohne Zweifel werden die Argumente rund um die<br />
Einführung einer Bürgerversicherung den kommenden<br />
Wahlkampf maßgeblich prägen, ohne dass weder die Bürger,<br />
noch die überwiegende Mehrheit der politischen Entscheider<br />
in der Lage wären, das ganze Ausmaß dieses Systemwechsels<br />
zu erfassen oder gar in den Auswirkungen werten<br />
zu können. Zu sehr punkten Begriffe wie „solidarisch“ und<br />
8 P O L I T I S C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
„gerecht“ in der öffentlichen Wahrnehmung. Die politischen<br />
Parteien haben sich mit ihren Bundestagswahlprogrammen<br />
bereits weitgehend positioniert. Ob dabei die Argumentationstiefe<br />
unter Beachtung realer gesellschaftspolitischer<br />
Entwicklungen und unter Berücksichtigung volkswirtschaftlicher<br />
und rechtlicher Vernetzung ausreicht, bleibt vielfach<br />
fraglich.<br />
Die Grundidee einer Bürgerversicherung liegt darin, alle<br />
Bürger mit allen Einkommensarten (ggf. bis zu einer erhöhten<br />
Beitragsbemessungsgrenze) in die Finanzierung einer<br />
einheitlichen und „gerechten“ Gesundheitsversorgung einzubeziehen,<br />
also die Einnahmeseite zu verbessern. Allen<br />
Bürgern soll gleichermaßen Zugang zu hochwertiger Medizin<br />
ohne Wartezeiten und ohne Leistungskürzungen ermöglicht<br />
und dadurch eine Zwei-Klassen-Medizin verhindert<br />
werden.<br />
Wobei der Frage nachgegangen werden muss, ob und ggf.<br />
in welchem Ausmaß das bisherige zweigliedrige Gesundheitssystem<br />
unter dem Strich „ungerecht“ ist. SPD, GRÜNE<br />
und LINKE sind sich in der Einführung einer Bürgerversicherung,<br />
wenn auch unterschiedlicher Ausprägung, einig. Als<br />
Bewahrer des bisherigen zweigliedrigen Systems gelten<br />
vor allem die FDP und die CDU/CSU, wenngleich bei deren<br />
gesundheitspolitischem Sprecher Jens Spahn gelegentlich<br />
Ambivalenzen anklingen, wenn er sinniert, dass die Trennung<br />
privater und gesetzlicher Kassen „nicht mehr zeitgemäß“ sei.<br />
Klassenmedizin – eine Frage der Umverteilung?<br />
So wohlklingend die Grundidee einer klassenlosen Bürgerversicherung<br />
auch sein mag, so lebensfern ist alleine die<br />
Vorstellung von der Ausmerzung einer Zwei-, Drei- oder<br />
Multi-Klassenmedizin. Ebenso lebensfern, wie die Vorstellung,<br />
eine „Zweiklassenernährung“ durch das „gerechte“<br />
Verkaufsverbot für gesunde aber teure Bioprodukte verhindern<br />
zu wollen. Auch die Abschaffung der ersten Klasse für<br />
Bahnreisende würde nicht automatisch zu breiterem Fauteuil<br />
für Passagiere in der zweiten und zu mehr Freude
eim Personal führen – irgendwie „scheingerecht“ aber unzweckmäßig<br />
für das System. Gerechtes Verhalten auf Verteilungsgerechtigkeit<br />
zu begrenzen und parallel dazu das<br />
Recht auf freie Entfaltung zu beschneiden, trifft nicht den<br />
Kern des seit Jahrtausenden kontrovers diskutierten Gerechtigkeitsbegriffs.<br />
„Die schlimmste Art der Ungerechtigkeit ist<br />
die vorgespielte Gerechtigkeit“, wusste schon Platon um<br />
400 v. Chr. Gerechtigkeit bedeutet nichts anderes als die Tugend,<br />
die das Recht eines jeden Menschen achtet und zugleich<br />
jedem das seine gewährt. Bezüglich der Bürgerversicherung<br />
muss die Frage lauten, ob durch den Verzicht<br />
des einen das Wohl eines anderen, nämlich des Schwächeren,<br />
zu verbessern ist, so wie es grundsätzlich im Steuersystem<br />
der Fall ist. Im Gefecht der Schlagworte kommt<br />
diese Betrachtung gegenwärtig zu kurz.<br />
Bürgerversicherung: Rechnen lohnt sich<br />
Befragungen zeigen, dass die Mehrheit der Bevölkerung und<br />
große Teile der Ärzteschaft (zumindest der nicht freiberuflich<br />
tätigen) dem ebenso hehren wie theoretischen Ziel einer<br />
Bürgerversicherung aufgeschlossen gegenüberstehen, obwohl<br />
nach einer Allensbach-Umfrage 82% der Bevölkerung<br />
das gegenwärtige Gesundheitssystem mit gut bis sehr gut<br />
beurteilen. Wie so oft, steckt die Tücke im Detail – in der<br />
Umsetzung unter Beachtung gewachsener Strukturen,<br />
materieller Ansprüche und rechtsstaatlicher Normen. Und<br />
nicht zuletzt in einer ideologiefreien wirtschaftlichen System-<br />
Analyse. Darin liegt jedoch der Sprengstoff, den kein noch<br />
so wohlklingendes Parteiprogramm unbeachtet lassen darf,<br />
wenn es nicht ein bloßes populistisches Pamphlet sein soll.<br />
PKV: Meuchelmord oder Suizid<br />
Generelles Angriffsziel der „Bürgerversicherer“ ist die Private<br />
Krankenversicherung mit ihren rund 9 Mio. Versicherten –<br />
Inbegriff der Zwei-Klassen-Medizin und der Besserstellung<br />
der „unsolidarischen“ Vermögenden. Aber unter Zuhilfenahme<br />
eines Rechenschiebers könnte sich bei der Egalisation der<br />
Versicherungssysteme schnell Ernüchterung einstellen,<br />
obwohl die Einverleibung der Altersrückstellungen der PKV<br />
in Höhe von rund 170 Mrd. Euro zunächst Begehrlichkeiten<br />
weckt. Angesichts der Aufwendungen der GKV in Höhe<br />
von rund 183 Mrd. Euro pro Jahr würde der Zugriff auf das<br />
Ersparte der PKV-Versicherten einmal kräftig Feuer unter<br />
den Kessel bringen - ein Strohfeuer; denn auf lange Sicht<br />
würde das System defizitär und weiter auf jährliche<br />
Steuerzuschüsse in Höhe von (derzeit) rund 14 Mrd. Euro<br />
angewiesen bleiben. In erster Linie dienen die Steuerzuschüsse<br />
zum Gesundheitsfonds als Ausgleich für versicherungsfremde<br />
Leistungen und davon an erster Stelle für die<br />
beitragsfreie Mitversicherung von Kindern. Die Auslöschung<br />
der PKV würde zu Mehrkosten führen; denn im Gegensatz<br />
zur GKV zahlen Mitglieder der PKV für jedes einzelne Mitglied<br />
einen versicherungsmathematisch kalkulierten und vor<br />
allem nicht staatlich subventionierten Beitrag. Mit anderen<br />
Worten: Mit der Einführung einer Scheingerechtigkeit würde<br />
sich das Defizit eines Teils des Beitragsaufkommens eher<br />
erhöhen. Insofern steht dem warmen Regen einer verbreiterten<br />
Einnahmen-Basis oder gar der enteignungsgleichen<br />
Einverleibung der Altersrückstellungen der PKV der kalte<br />
Schauer dauerhaft vermehrter Ausgaben gegenüber.<br />
Unsolidarischer Club der Besserverdiener?<br />
SPD, GRÜNE und LINKE wollen alle Bürger, auch Gutverdienende,<br />
Selbständige und Beamte in die Einheits-Krankenversicherung<br />
einbeziehen. Gerne wird dabei übersehen,<br />
dass nicht nur „Besserverdienende” in der PKV versichert<br />
sind, sondern die Versichertenbasis zu etwa 23% aus<br />
Nichterwerbstätigen besteht. Rund 25% der Privatversicherten<br />
sind Beamte und 25% Pensionäre und Rentner.<br />
Nur knapp 16 % sind selbständig und freiberuflich tätig.<br />
Und insgesamt lagen 2008 nur etwa 20% mit ihrem Einkommen<br />
oberhalb der Versicherungspflichtgrenze. Allein<br />
diese Zahlen entzaubern den Gerechtigkeitsnimbus der<br />
Bürgerversicherung und deren Hoffnung auf eine Verbreiterung<br />
der Einnahmen-Basis.<br />
Zu allem Überfluss ist die PKV nach Kräften mit der eigenen<br />
Entleibung beschäftigt, indem sie einen Tarifdschungel<br />
vorhält, der Junge mit niedrigen Beiträgen ködert, während<br />
Rentenbezieher, die oftmals ein Viertel ihrer Altersrente als<br />
Beitrag leisten, mit voller Wucht getroffen werden. Viele<br />
sind damit überfordert und würden das Wechselangebot<br />
zur GKV, so wie sie das SPD-Papier für ein Jahr vorsieht,<br />
aufgreifen. Das „Wissenschaftliche Institut der AOK” hat in<br />
einer Umfrage festgestellt, dass fast jeder dritte privatversicherte<br />
Rentner aufgrund der steigenden Beitragsentwicklung<br />
in den Jahren 2011 und 2012 in einen Tarif mit geringerem<br />
Leistungsanspruch gewechselt sei. Während die SPD und<br />
Grüne der PKV ein langsames Ausbluten durch Mitgliederentzug<br />
verordnen, haben die Linken den fast gnädigen<br />
Tod durch sofortige Abschaffung als Vollversicherung und<br />
alleinige Beschränkung auf Zusatzversicherung im Angebot<br />
(Cave: Zwei-Klassen-Medizin!)<br />
Einheitliche Gebührenordnung<br />
Ausgleichszahlungen als Feigenblatt?<br />
Die „Bürgerversicherer“ haben nach dem Grundsatz „Gleiches<br />
Geld für gleiche Leistung“ eine einheitliche und „gerechte“<br />
Gebührenordnung im Programm. Bisher zahlen die 11 %<br />
Privatversicherten durch die meist (nicht immer) höher<br />
bewerteten Gebührenordnungen fast ein Viertel der Arzthonorare<br />
(rund 10 Mrd. €/Jahr). Dass durch diese Mehrzahlungen<br />
der Privatversicherten Innovation bei Geräten <br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | P O L I T I S C H E S<br />
9<br />
P O L I T I S C H E S
und Behandlungsmethoden finanziert werden, die letztlich<br />
allen Versichertenkreisen zugute kommen, fasst der Präsident<br />
der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Montgomery zusammen:<br />
„Gäbe es die PKV nicht, hätten wir schon heute<br />
eine innovations- u. wettbewerbsfreie Zone für die GKV<br />
und einen sehr viel schlankeren Leistungskatalog“. Selbst<br />
die Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der gesetzlichen<br />
Krankenkassen und Befürworterin der Bürgerversicherung,<br />
Doris Pfeiffer, sieht die Gefahr: „In einem Einheitssystem<br />
ließen sich die Leistungen leichter reduzieren.“<br />
Die Auflösung der PKV würde für Vertragsärzte Honorarverluste<br />
bis zu 6 Mrd. Euro pro Jahr bedeuten. Gesundheitsökonom<br />
Prof. Dr. Jürgen Wasem hat diese Problematik im<br />
Auftrag der Techniker Krankenkasse untersucht und kommt<br />
zu dem vom Auftraggeber eher ungeliebten Ergebnis, dass<br />
für den Fall einer Einheitshonorierung der Honorarausfall<br />
schon in diesem Jahr etwa 4,6 Mrd. und im Jahr 2030 fast<br />
6 Mrd. betragen würde. Für die vollständige Kompensation<br />
wäre ein Zuschlagfaktor von 13,7 im laufenden Jahr und<br />
von 17% im Jahr 2030 notwendig. Alleine dieses Szenario<br />
relativiert das Einsparversprechen der Bürgerversicherer<br />
deutlich. Allerdings darf bezweifelt werden, dass sich<br />
Krankenkassen oder Gesetzgeber ernsthaft mit Ausgleichszahlungen<br />
für Arzthonorare beschäftigen würden. Eine der<br />
vielen von Pseudobesorgnis geprägten „kleinen Anfragen“<br />
der LINKEN an die Bundesregierung lässt die Zielrichtung<br />
erahnen: „Ist nach Einschätzung der Bundesregierung<br />
durch die Abrechnungen von Leistungen nach dem BEMA<br />
ein ausreichendes Einkommen für die Zahnärztinnen und<br />
Zahnärzte zu erzielen oder sind diese zum Erhalt ihrer<br />
Praxis auf die Abrechnung zusätzlicher, privater Leistungen<br />
angewiesen (bitte begründen)?<br />
Noch ganz druckfrisch ist jetzt ein 24seitiges Papier der<br />
SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung im Umlauf. Darin machen<br />
10 P O L I T I S C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
sich namhafte Verfechter der Bürgerversicherung wie Franz<br />
Knieps, der schon unter Ulla Schmidt an maßgeblicher<br />
Stelle gearbeitet hat, detaillierte Gedanken zu Wettbewerb,<br />
Sicherstellung und Honorarvereinheitlichung. Die Autoren<br />
beklagen eine Ungerechtigkeit in der Honorarverteilung mit<br />
der Folge der Bevorzugung Privatversicherter und leiten<br />
daraus u. a. die Forderung einer Einheitshonorierung ab.<br />
Durch verklausulierte und komplexe Knebelungsmechanismen<br />
werden in dem Papier „wettbewerbliche Versorgungsformen“<br />
im Rahmen von Selektivverträgen mit verbindlichen<br />
Vereinbarungen über Qualitätsstandards, Sanktionen bei<br />
deren Nichteinhaltung und deren Evaluierung gefordert.<br />
Basis der Vergütungsordnung sollen morbiditätsbasierte<br />
Pauschalen, kombiniert mit Qualitätssicherungsmaßnahmen<br />
und qualitätsbezogenen Vergütungsanteilen (Pay for Performance)<br />
sein. „Länderüberwachung mit Durchgriffsrechten“<br />
sollen dem „arztzentrierten“ System durch den „effektiven<br />
Einsatz qualifizierter Gesundheitsberufe“ zu Leibe rücken.<br />
Schließlich wird die Bildung eines neuen Instituts zur Implementierung<br />
eines neuen Vergütungssystems angeregt.<br />
Alles in allem strotzt das Papier nur so von zusätzlicher<br />
und tiefgreifender Regelungsdichte bei gleichzeitiger Zurückdrängung<br />
ärztlicher Einflussnahme bis zur Rodung der<br />
Einzelpraxis. Es wird das Bild eines durch und durch staatlichen<br />
Gesundheitssystems entworfen, in welchem dem Arzt<br />
bestenfalls die Funktion des Erfüllungsgehilfen zugewiesen<br />
wird, während er als freiberuflicher und eigenverantwortlicher<br />
Verhandlungspartner praktisch nicht wahrgenommen wird.<br />
Immerhin ist in dem Papier auch von Ausgleichszahlungen<br />
die Rede. Papier ist geduldig!<br />
SPD: „Die Gesundheitspolitik orientiert sich an den<br />
„Patientinnen und Patienten, nicht an Interessengruppen<br />
im Gesundheitswesen“.<br />
Was nach Klassenkampf-Reminiszenz klingt, lässt nichts<br />
Gutes ahnen. Sinkenden Honoraren für Ärzte und Zahnärzte<br />
stehen die bürgerversichernden Politikbetreiber in der<br />
Regel gleichgültig bis wohlwollend gegenüber. Anders<br />
könnte es aussehen, wenn Arbeitsplätze gefährdet sind.<br />
Eine von der vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di<br />
bei der Hans-Böckler-Stiftung in Auftrag gegebene Studie<br />
hat brisante Zahlen ergeben. Danach würde die Überführung<br />
der PKV in eine Bürgerversicherung die Vernichtung von bis<br />
zu 100.000 Arbeitsplätzen zur Folge haben, und bereits<br />
der sofortige Stopp des Neugeschäftes würde 25.000<br />
Arbeitsplätze eliminieren. Und die Zerstörung der Erwerbsmöglichkeit<br />
für bis zu 50.000 selbständige Vermittlungsunternehmen<br />
steht ebenso zu befürchten. Selbst wenn die<br />
Zahlen einer überzogenen Darstellung entspringen sollten,<br />
werden doch erhebliche Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt<br />
deutlich.
Wunschdenken:<br />
Bessere Medizin bei Senkung des Beitragssatzes<br />
Besonders einfach machte es sich DIE LINKE mit der Pauschalforderung<br />
in ihrem 86seitigen Wahlprogrammentwurf:<br />
„Ein gutes Gesundheitssystem muss sämtliche medizinisch<br />
erforderlichen Leistungen finanziell absichern“. Dazu soll<br />
der Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen ausgebaut<br />
und alle Zuzahlungen abgeschafft werden. Das klingt ein<br />
wenig nach „Freibier für alle“. Die Private Krankenversicherung<br />
als Vollversicherung soll abgeschafft werden, ohne<br />
dass sich das rote Parteiprogramm mit deren Abwicklung<br />
oder der Umfirmierung aller Beihilfeberechtigten (Beamten)<br />
oder gar mit grundgesetzlichen Bedenken aufhalten würde.<br />
Die PKV wird nach linken Vorstellungen auf Zusatzversicherungen<br />
beschränkt, und es fällt den Genossen nicht auf,<br />
dass ein privat finanziertes Angebot an Zusatzleitungen<br />
einen erneuten Zugang zu einer „Zwei-Klassen-Medizin“<br />
eröffnen würde. Zudem frohlocken sie: „Durch die Einbeziehung<br />
aller Bürgerinnen und Bürger und aller Einkommensarten<br />
reduziert sich der zu leistende Beitragssatz<br />
nach Modellrechnungen von 15,5% auf 10,5%“, ohne das<br />
Rechenkunststück näher zu erläutern.<br />
Systemänderung nicht ohne Augenmaß<br />
Die Betrachtung der Ausgangslage darf bei allen Änderungswünschen<br />
nicht aus dem Auge verloren werden. Es wäre<br />
weder im Sinn der Patienten/Bürger dieses Landes, noch<br />
im Interesse der Ärzte, ein gewachsenes und im europäischen<br />
Vergleich hervorragendes System zu schleifen, um<br />
unter dem Deckmantel gerechteren Handelns Freiräume<br />
für ein Polit-Experiment zu schaffen, bei dem kaum ein<br />
Stein auf dem anderen bliebe. Die ideologische Betrachtung<br />
übersieht gerne, dass sich Privatversicherte nicht einem<br />
System entziehen, sondern ein defizitäres System durch<br />
Eigenverantwortung entlasten und den Praxen zudem den<br />
notwendigen betriebswirtschaftlichen Rahmen sichern!<br />
Durch Einbeziehung in das GKV-System kann das Defizit<br />
folgerichtig nicht geringer werden. Beispiel Wartezeit:<br />
Während die Wartezeit auf einen Termin beim Facharzt in<br />
Großbritannien rund 18 Wochen beträgt und in den Nie-<br />
derlanden sogar bis zu 6 Monate betragen kann, ist sie in<br />
Deutschland trotz der Zweigliedrigkeit wesentlich kürzer,<br />
wobei (hier wie dort) in dringenden Fällen jeder Patient<br />
sofort behandelt wird. Auch in Italien, das ein funktionierendes<br />
staatliches Gesundheitssystem besitzt, sieht es mit<br />
Wartezeiten schlecht aus. Dort findet das Äquivalent kürzerer<br />
Wartezeiten und intensiverer Diagnostik oft ungeniert den<br />
direkten Weg in die Schreibtischschublade. Diese Art<br />
„Ungerechtigkeit“ ist in unserem System bisher unbekannt.<br />
Natürlich ist es nicht damit getan, die Bürgerversicherung<br />
zu geißeln, und einfaches Abwinken ist auch nicht hilfreich.<br />
Es muss gelten, die offenkundigen Fehlentwicklungen zu<br />
benennen und zu korrigieren – auch und insbesondere<br />
durch die Heilberufe selbst – ohne das „Kind mit dem<br />
Bade auszuschütten“. Ehrliches Bestreben auf allen Seiten<br />
kann dabei nicht schaden.<br />
Gegenwärtig drängt sich bei dem Geschehen um die Bürgerversicherung<br />
die Analogie zu einem Werbespot auf, in<br />
dem mit einem bekannten Tablet-Computer auf eine<br />
Fliege auf dem Tisch eingedroschen wird. Immerhin, die<br />
Fliege hat man erwischt…! <br />
— Dr. Michael Loewener<br />
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11<br />
P O L I T I S C H E S
Fotos: © Prof. Dr. Dr. Bernd W. Sigusch<br />
Diagnostik und Therapie<br />
der Periimplantitis<br />
Die Versorgung mit enossalen Implantaten gehört inzwischen<br />
zum Therapiespektrum vieler praktisch tätiger Zahnärzte.<br />
Aber auch im Bewusstsein der meisten Patienten hat sich diese noch relativ<br />
junge Therapievariante schon gut etabliert. Analysiert man die wissenschaftlichen<br />
Studien der letzten Jahre, dann fällt auf, dass die Methodik der<br />
Insertion enossaler Implantate inzwischen auch durch zahlreiche klinische<br />
u.a. auch Langzeitstudien abgesichert ist.<br />
Die konventionelle prothetische Therapie<br />
des teilbezahnten und zahnlosen<br />
Kiefers gehört zweifelsohne noch zur<br />
Standardversorgung in der Zahnarztpraxis.<br />
Aber wir haben es zunehmend<br />
auch mit Patienten zu tun, die eine<br />
festsitzende Versorgung durchaus gezielt<br />
nachfragen. Man sollte diese aus<br />
Abb. 1: Periimplantitis in Regio 24 bei<br />
einem 63jährigen Patienten 2 Jahre<br />
postoperativ.<br />
12 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
rechtlichen Gründen einer umfassenden<br />
Aufklärung des Patienten aber auch<br />
als Behandlungsoption unbedingt<br />
erwähnen. Allerdings ist in diesem<br />
Zusammenhang auch eine Bewertung<br />
des individuellen Risikos notwendig.<br />
Eine periimplantäre Entzündung<br />
und Infektion der umgebenden<br />
Strukturen kann den Erfolg der enossalen<br />
Implantation limitieren (Abb. 1).<br />
Die bakterielle Infektion, bedingt durch<br />
die teilweise schwer entfernbaren<br />
Biofilme, wird inzwischen als Hauptgefahr<br />
für den Implantaterfolg beschrieben.<br />
Gelingt es nicht, die periimplantäre<br />
Infektion frühzeitig zu<br />
stoppen, dann kann es bei schwerer<br />
und fortschreitender Destruktion der<br />
periimplantären Weichwebe und des<br />
umgebenden Alveolarknochens zu<br />
Implantatverlusten kommen.<br />
Vergleicht man die entzündlichen Prozesse<br />
des periimplantären Gewebes<br />
mit den Veränderungen der Gingivitis<br />
am natürlichen Zahn, dann sind gewisse<br />
Parallelen zu beobachten. Man<br />
spricht allerdings bei der Infektion des<br />
periimplantären Weichgewebes von<br />
einer Mukositis. Im Bereich der natürlichen<br />
Gingiva erfolgt speziell über<br />
Hemidesmosomen eine feste und<br />
stabile Verankerung des Saumepithels<br />
an der Zahnoberfläche und stellt so<br />
eine entscheidende Barriere gegenüber<br />
der Invasivität parodontopathogener<br />
Bakterien dar. Die mukosale<br />
Anlagerung an das Implantat besitzt<br />
hingegen nicht diese hohe Stabilität<br />
und liegt auch nicht in dieser anatomischen<br />
Perfektion vor. Ob dieser<br />
Bereich des periimplantären Sulkus<br />
auf Grund anatomisch und physiologischen<br />
Einschränkungen möglicherweise<br />
eine Ursache der erhöhten<br />
Infektionsanfälligkeit darstellt, ist bisher<br />
noch nicht ausreichend geklärt.<br />
Als gesichert gilt allerdings, dass<br />
speziell direkte Zugbelastungen im<br />
Randbereich der Mukosa eine negative<br />
Wirkung auf die periimplantäre<br />
Abdichtung haben können. Zu nennen<br />
sind hier vor allem Wangen-, Zungenoder<br />
Lippenbändchen, die unmittelbar<br />
in die weichgewebliche Randzone<br />
des Implantates einstrahlen.<br />
Wird klinisch anhand der klassischen<br />
Befunde von Rötung und Blutung<br />
eine dauerhafte Entzündung der umgebenden<br />
Mukosa diagnostiziert und<br />
liegt außerdem eine erhöhte periimplantäre<br />
Sondierungstiefe von > 3,5 mm<br />
vor, dann kann man davon ausgehen,<br />
dass sich möglicherweise bereits Periimplantitis<br />
entwickelt hat. Eine klinische<br />
Sicherung der Diagnose Periimplantitis<br />
erfolgt durch das Röntgenbild, d.h.<br />
werden ein periimplantärer Knochenabbau<br />
bzw. destruktive Prozesse im<br />
marginalen Randbereich nachweisbar,<br />
dann kann die Diagnose als sicher<br />
gelten (Abb. 2). In schweren Fällen,
speziell bei einem Versagen der<br />
therapeutischen Maßnahmen, droht<br />
dann schlimmstenfalls auch der<br />
Verlust des Implantates.<br />
Entzündliche Veränderungen der<br />
periimplantären Gewebe<br />
Es vergeht in der Regel nur eine sehr<br />
kurze Zeit nach der Insertion der<br />
enossalen Implantate bis sich die in<br />
der Mundhöhle befindliche mikrobielle<br />
Flora im periimplantären Sulkus etabliert<br />
hat. Man muss deshalb davon<br />
ausgehen, dass sich bei Patienten, die<br />
eine verstärkte Plaqueakkumulation<br />
aufweisen und speziell Symptome<br />
einer Gingivitis im Bereich der natürlichen<br />
marginalen Gingivabereiche<br />
zeigen, möglicherweise auch schneller<br />
eine Mukositis entwickelt. Allerdings<br />
ist die Mukositis analog zur Gingivitis<br />
durch entsprechende Prophylaxemaßnahmen<br />
noch reversibel.<br />
Koka et al. zeigten schon 1993, dass<br />
4 Wochen nach einer enossalen<br />
Implantation bei Patienten, bei denen<br />
F. nucleatum (F.n), P. gingivalis (P.g.)<br />
und T. forsythia (T.f.) im Bereich der<br />
Restzähne nachweisbar waren, diese<br />
pathogenen Spezies auch im periimplantären<br />
Sulkus diagnostiziert werden<br />
konnten. Man muss deshalb als<br />
praktisch tätiger Zahnarzt damit rechnen,<br />
das von einem parodontal nicht<br />
ausreichend saniertem Restgebiss<br />
eine Gefahr für das periimplantäre<br />
Gewebe ausgeht.<br />
Abb. 2: Röntgenologischer Periimplantitisbefund<br />
in Regio 36 bei einer 48jährigen<br />
Patientin 4 Jahre postoperativ.<br />
Bei stabilen Verhältnissen der lokalen<br />
Abwehrsituation und immer wieder<br />
einsetzenden prophylaktischen Maßnahmen<br />
bleibt eine Gingivitis relativ<br />
lange auf das Weichgewebe begrenzt.<br />
Die Mukositis im periimplantären Gewebe<br />
kann hingegen manchmal sehr<br />
rasch in eine Periimplantitis übergehen,<br />
die dann auch den das Implantat<br />
tragenden Knochen erfasst.<br />
Der in diesen Fällen nachweisbare<br />
histologische Befund spricht für die<br />
geringere Widerstandskraft der periimplantären<br />
Mukosa. In dieser Läsion<br />
sind beispielsweise deutlich weniger<br />
Fibroblasten und Gefäße nachweisbar.<br />
Eine aktuelle Untersuchung zeigt,<br />
dass bei 218 Patienten mit 999 enossalen<br />
Implantaten in einem langen<br />
Beobachtungszeitraum bei fast 50%<br />
eine periimplantäre Mukositis, mit<br />
Bluten nach Sondieren und einer<br />
schon leicht erhöhten Sondierungstiefe<br />
diagnostiziert wurde.<br />
Bei andauernder periimplantärer Entzündung<br />
besteht dann allerdings die<br />
Gefahr, dass der das Implantat umgebende<br />
Knochen erfasst wird und sich<br />
eine Perimplantitis etabliert.<br />
Anhand verschiedener Studien, auch<br />
unserer Arbeitsgruppe, konnte gezeigt<br />
werden, dass sich die charakteristischen<br />
Spezies, die man bei der Periimplantitis<br />
findet, der Mikroflora der Parodontitis<br />
weitestgehend entsprechen.<br />
F. nucleatum (F.n.), P. gingivalis (P.g.), T.<br />
forsythia (T.f) und P. intermedia (P.i.) sind<br />
Schlüsselbakterien der Parodontitis<br />
und Periimplantitis.<br />
Diese Tatsache, dass sich die Mikroflora<br />
ähnelt, führt auch zu diagnostischen<br />
und therapeutischen Konsequenzen.<br />
Es ist deshalb auch aus klinischer<br />
präoperativer Sicht notwendig, abzuklären,<br />
ob für das enossale Implantat<br />
eine erhöhte Infektionsgefahr aus<br />
dem Bereich der natürlichen Restbezahnung<br />
besteht. Es sollte möglichst<br />
vor der Insertion der Implantate eine<br />
subgingivale Infektionskontrolle speziell<br />
solcher parodontalen Bereiche<br />
erfolgen, die über erhöhte Sondierungstiefen<br />
(> 4 mm) verfügen, um das Risiko<br />
einer Periimplantitis zu minimieren.<br />
Allerdings sollte der praktisch tätige<br />
Zahnarzt, neben einer sorgfältigen<br />
klinischen und mikrobiologischen<br />
Diagnostik im Bereich des Parodonts<br />
der verbliebenen natürlichen Zähne<br />
auch die klassischen funktionellen<br />
Aspekte einer restaurativen Versorgung<br />
unbedingt beachten. So kann eine biomechanische<br />
Überbeanspruchung <br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
– Anzeige –<br />
13<br />
F A C H L I C H E S
z.B. bedingt durch einen Fehler im<br />
Bereich der Suprakonstruktion oder<br />
eine einfache okklusale Überbelastung<br />
sich auch negativ auf die Osseointegration<br />
des Implantates auswirken.<br />
Ein früher Verlust eines Implantates<br />
kann so, bei sowieso bestehender<br />
Periimplantitisgefahr, noch gefördert<br />
werden (Abb.3).<br />
Diagnostik und Therapie<br />
Die klinische, mikrobiologische und<br />
röntgenologische Diagnostik ist die<br />
Grundvoraussetzung, um frühe Zeichen<br />
einer periimplantären Mukositis bzw.<br />
Periimplantitis zu erkennen (Abb. 4).<br />
So steht am Anfang, ähnlich wie bei<br />
der Gingivitis bzw. Parodontitisdiagnostik<br />
eine akribische Kontrolle der<br />
Plaque- und Entzündungsparameter<br />
auf der Basis bekannter Indizes<br />
(Plaque-Index Bluten nach Sondieren<br />
u.a.). Außerdem spielt auch die Erfassung<br />
der Sondierungstiefe eine entscheidende<br />
Rolle, um die Mukositis<br />
von der Periimplantitis abzugrenzen.<br />
Bei der Sondierung ist auf Parallelität<br />
zur Zahnachse zu achten und möglichst<br />
eine Kunststoffsonde zu verwenden,<br />
um Schäden an der Implantatoberfläche<br />
zu vermeiden (Abb. 5). Sondierungstiefen<br />
bis 3,5 mm werden analog zu<br />
den gingivalen Taschen bei Gingivitis<br />
als mukosale Taschen bezeichnet, die<br />
bei einer mittelschweren bis schweren<br />
Mukositis durchaus aufgrund der<br />
Gewebsschwellung u.a. auch 5 mm<br />
tief sein können und dann als mukosale<br />
Pseudotaschen imponieren, die<br />
Abb. 3: Perimplantitis in Regio 43<br />
bei einer 72jährigen Patientientin,<br />
Photodynamische Therapie (PDT) mit<br />
dem Laser der Helbo-Methodik.<br />
14 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
sich allerdings nach antientzündlicher<br />
Therapie relativ gut zurückbilden<br />
können. Der klinische Attachmentlevel<br />
wird zwischen Taschenboden und<br />
Implantatschulter bestimmt. Oft sind<br />
periimplantär die klassischen Entzündungszeichen<br />
wie Rötung und<br />
Schwellung eher geringer ausgeprägt,<br />
da die Mukosa deutlich schwächer<br />
vaskularisiert ist als die Gingiva und<br />
nur von Gefäßen aus dem Periost<br />
versorgt wird.<br />
Bei beginnendem Knochenabbau und<br />
Sondierungstiefe > 5,5 mm spricht<br />
man analog zur Parodontitis von einer<br />
manifesten Periimplantitis. In der Regel<br />
findet im ersten Jahr postoperativ ein<br />
periimplantärer Knochenabbau auch<br />
unter physiologischen Bedingungen<br />
statt, der allerdings 2 mm nicht überschreiten<br />
sollte. In den Folgejahren<br />
wird der maximale Verlust mit 0,2 mm<br />
jährlich toleriert. Eine ausgeprägte<br />
Knochenläsion spricht für eine Periimplantitis.<br />
Das Symptom Implantatlockerung<br />
imponiert im Gegensatz zum parodontalgeschädigten<br />
Zahn erst sehr spät,<br />
d.h. bei massivem Knochenabbau im<br />
Spätstadium, in dem der Zahnerhalt<br />
akut gefährdet ist. Ein Frühsymptom<br />
kann auch Sekret- bzw. Pusentleerung<br />
sein.<br />
Im Rahmen der Frühdiagnostik kann<br />
allerdings auch der Nachweis parodontalpathogener<br />
Mikroorganismen<br />
Hinweise auf das Ausmaß der periimplantären<br />
Infektion geben. So konnten<br />
von unserer Arbeitsgruppe im periimplantären<br />
Sulkus von Patienten mit<br />
natürlicher Restbezahnung deutlich<br />
häufiger parodontalpathogene Spezies<br />
nachgewiesen werden, die auch mit<br />
höheren Sondierungstiefen bei diesen<br />
Personen assoziiert waren. Der parodontale<br />
Sulkus bzw. vorhandene<br />
Zahnfleischtaschen stellen bei Patienten,<br />
die Einzelzahnimplantate erhalten<br />
sollen bzw. erhalten haben, eindeutig<br />
ein mögliches Keimreservoir dar. Man<br />
sollte deshalb präimplantologisch<br />
eine entsprechende mikrobiologische<br />
Diagnostik anstreben und im Rahmen<br />
der Parodontaltherapie auch die parodontalpathogenen<br />
Mikroorganismen<br />
supprimieren.<br />
Insgesamt kann man bei der klinischen<br />
Sondierung beobachten, dass bei<br />
einer vorliegenden Periimplantitis<br />
schon eine etwas geringere Kraft<br />
ausreichend ist, um in den Taschenfundus<br />
vorzudringen, als das bei der<br />
Parodontitis der Fall ist. Außerdem<br />
werden die Destruktionen am alveolären<br />
Knochen des natürlichen Zahnes<br />
häufig Stellen bezogen diagnostiziert,<br />
während es am Implantat in der Regel<br />
zu einem zirkulären Knochenverlust<br />
kommt, den man als Schüsselförmigen<br />
Defekt bezeichnen kann.<br />
Therapeutische Optionen bei<br />
Mukositis und Periimplantitis<br />
Die Therapie der Mukositis basiert<br />
ähnlich wie die Gingivitisbehandlung<br />
auf der Plaquereduktion und damit<br />
verbunden der Beseitigung der klinischen<br />
Entzündungszeichen wie Blutung,<br />
Rötung und Schwellung. In der<br />
Regel kann man davon ausgehen,<br />
dass die mechanische Beseitigung<br />
der harten und weichen Beläge mit<br />
Kunststoffscalern bzw. -küretten einschließlich<br />
der Politur zur Entzündungsreduktion<br />
führt.<br />
Diese Nicht-Metallküretten sollen<br />
einerseits die Implantatoberfläche vor<br />
dem Abrieb schützen, andererseits ist<br />
ihre Effizienz aber auch begrenzt und<br />
man muss nicht selten auf herkömmliche<br />
Instrumente ausweichen.<br />
Ebenso kann man davon ausgehen,<br />
dass bei länger bestehenden mukosalen<br />
Entzündungszeichen auch parodontalpathogene<br />
Mikroorganismen<br />
(u.a. Fusobacterium nucleatum) nachweisbar<br />
sind. In diesen Fällen ist die<br />
ausschließlich mechanische Therapie<br />
nicht ausreichend und sollte beispielsweise<br />
durch die systematische<br />
Anwendung von Chlorhexidin-Gel<br />
oder 0,2%iger Chlorhexamed-Lösung<br />
ergänzt werden.<br />
Adjuvant zur mechanischen Therapie<br />
eignet sich allerdings auch der Einsatz
Abb. 4: Mukositis mit deutlicher<br />
Pseudotaschenbildung.<br />
Abb. 5: Sondierung der periimplantären<br />
Tasche mit Kunststoffsonde.<br />
der Photodynamischen Therapie (PDT),<br />
um parodontalpathogene Mikroorganismen<br />
erfolgreich zu supprimieren.<br />
So bietet sich die Anwendung der PDT<br />
als zusätzliches Verfahren nicht nur<br />
bei therapierefraktären Mukositis-Fällen<br />
an, sondern ist auch eine adjuvante<br />
Therapieoption bei der Periimplantitis.<br />
Bekanntermaßen bleibt beispielsweise<br />
an einem Zahn mit Parodontitis und<br />
ST > 6 mm nach mechanischer Wurzelglättung<br />
noch bis zu 50% der Wurzeloberfläche<br />
vom bakteriellen Biofilm<br />
überzogen, was die Notwendigkeit<br />
der adjuvanten Therapie begründet.<br />
Unsere Arbeitsgruppe konnte nachweisen,<br />
dass es auch z.B. bei aggressiver<br />
Parodontitis möglich ist, durch<br />
adjuvante systemische Antibiose nach<br />
Anwendung eines 2-Schrittkonzeptes<br />
mit einer zusätzlichen Wurzelglättung<br />
in einer Sitzung an allen Stellen, die<br />
Sondierungstiefe dauerhaft zu reduzieren.<br />
Einerseits finden sich aber auf der<br />
Implantatoberfläche bei Periimplantitis<br />
im Vergleich zum natürlichen Zahn mit<br />
Parodontitis deutlich stärkere Rauigkeiten,<br />
die durch die Bearbeitung mit<br />
Kunststoffkürette nicht reduziert werden<br />
können, was letztlich auch unter dem<br />
therapeutischen Ziel des Reattachment<br />
nicht gewollt ist.<br />
Andererseits ist aber eine möglichst<br />
Biofilm freie Oberfläche die Voraussetzung<br />
für Regeneration/Reparation im<br />
periimplantären Bereich. So kamen in<br />
jüngster Zeit zusätzlich zur mechanischen<br />
Therapie verschiedene Verfahren<br />
im Rahmen der Periimplantitisbehandlung<br />
zur Anwendung.<br />
Neben der bereits erwähnten adjuvanten<br />
lokalen und systemischen Antibiose<br />
sollen zusätzlich Spülungen mit NaCl,<br />
Chlorhexidin, aber auch das Pulverstrahlgerät<br />
oder die Laseranwendung<br />
Erfolg versprechend sein.<br />
Dörtbudak et al. berichteten kürzlich<br />
über den Erfolg der Photodynamischen<br />
Therapie bei Patienten mit Periimplantitis.<br />
Ein Photosensitizer wird in der periimplantären<br />
Tasche mit Licht geeigneter<br />
Wellenlänge (z. B. Laser) belichtet.<br />
In der Folge können neben anderen<br />
bakteriell toxischen Radikalen auch<br />
Singulett-Sauerstoff entstehen, was<br />
u.a. durch Oxidation der bakteriellen<br />
Membranlipide zur Zerstörung der<br />
Bakterienzelle führt. Unsere Arbeitsgruppe<br />
konnte bei Parodontitispatienten<br />
zeigen, dass es durch die Anwendung<br />
des Helbo-Systems (Photosensitizer<br />
Helbo-Blue und Helbo-Thera Lite<br />
Laser) zur deutlichen Reduktion der<br />
klinischen Entzündungszeichen, aber<br />
auch der parodontalpathogenen<br />
Spezies F. nucleatum und tiefer Sondierungstiefen<br />
kommt.<br />
Die derzeit noch bestehende Vielfalt<br />
der adjuvanten Therapieoptionen zur<br />
mechanischen Therapie bei Mukositis<br />
und Periimplantitis zeigt, dass aktuell<br />
sowohl die klinische als auch experimentelle<br />
Forschung noch nach optimaleren<br />
therapeutischen Verfahren sucht,<br />
um die Behandlungseffizienz bei<br />
periimplantären Entzündungen bzw.<br />
Destruktionen weiter zu erhöhen. <br />
Bernd W. Sigusch, Prof. Dr. Dr.<br />
Kommissarischer Direktor der Poliklinik<br />
für Konservierende Zahnheilkunde<br />
und Parodontologie<br />
Friedrich Schiller Universität Jena<br />
Zentrum für Zahn-, Mund- und<br />
Kieferheilkunde<br />
Poliklinik für Konservierende<br />
Zahnheilkunde<br />
An der alten Post 4<br />
07740 Jena<br />
Tel.: 03641 934581<br />
Fax: 03641 934582<br />
E-Mail: bernd.w.sigusch@med.uni-jena.de<br />
— Quelle: Zahnärzteblatt Sachsen<br />
07+08/2011<br />
PROF. DR. DR. BERND W. SIGUSCH<br />
seit 2011 Lehrstuhl für Konservierende Zahnheilkunde<br />
und Parodontologie<br />
seit 2009 Head of WHO Collaborating Centre for the<br />
Prevention of Oral Disease, Germany<br />
seit 2008 CME – Schriftleitung ,,ZWR – Das Deutsche Zahnärzteblatt”<br />
2008-2009 1. Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Grundlagenforschung<br />
der DGZMK, Approbation als Arzt<br />
1990 Fachzahnarzt<br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
15<br />
F A C H L I C H E S
Fotos: © Dr. med. dent. Holger Gehrig M.Sc.<br />
Rauchen<br />
kostet Zähne<br />
TABAKENTWÖHNUNG IN DER<br />
ZAHNÄRZTLICHEN PRAXIS<br />
Nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums<br />
aus dem Jahr 2009<br />
waren im Jahr 2006 30 Prozent der erwachsenen Deutschen<br />
Raucher. Gerade in der Mundhöhle sind die Auswirkungen<br />
des Rauchens – von Zahnverfärbungen und<br />
Mundschleimhauterkrankungen bis zu Parodontitis und<br />
Periimplantitis – deutlich sichtbar und die Behandlungskonsequenzen<br />
unmittelbar. Der Zahnarzt sieht seine<br />
Patienten regelmäßig und ist daher prädestiniert, eine<br />
Tabakberatung und -entwöhnung durchzuführen. Mithilfe<br />
einer strukturierten Therapie und konkreten Anleitungen<br />
zur Gesprächsführung kann dies einfach und zeiteffektiv<br />
gelingen.<br />
Tabakinduzierte Erkrankungen<br />
Tabakrauch gilt als wichtigster ätiologischer Faktor für die<br />
Entwicklung der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung<br />
und von Lungenkrebs sowie als wesentlicher Risikofaktor<br />
für die Entstehung der koronaren Herzkrankheit, von<br />
Schlaganfall und von verschiedenen Krebsarten (Fagerström<br />
2002, U.S. Department of Health and Human Services 2004).<br />
Tabakkonsum schädigt auch die Mund- und Zahngesundheit<br />
auf vielfältige Weise. Weitläufig bekannt sind die direkten<br />
Abb. 1: Leukoplakie am weichen Gaumen<br />
eines starken Rauchers.<br />
16 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
© Murat Subatli/Fotolia.com<br />
Folgen des Tabakrauchs auf die Mundschleimhaut, wie<br />
Krebs in der Mundhöhle und im Rachen. Typische Veränderungen<br />
der Mundschleimhaut sind auch Pigmentierungen,<br />
entzündliche Veränderungen und Keratinisierungsstörungen<br />
(Bengel 2003). Die Leukoplakie tritt vor allem bei Rauchern<br />
auf und gilt als Krebsvorstufe. Die Abbildung 1 zeigt eine<br />
histologisch gesicherte Leukoplakie am weichen Gaumen<br />
eines starken Rauchers.<br />
Rauchen und Parodontalerkrankungen<br />
Tabakkonsum gilt aber auch als signifikanter Risikofaktor<br />
für die Entstehung und das Fortschreiten einer Parodontitis<br />
(Laxman und Annaji 2008, Rivera-Hidalgo 2003) (Abb. 2a<br />
und b). Die Odds Ratio für die Entwicklung einer chronischen<br />
Parodontitis beträgt dabei nach einer Metaanalyse von<br />
Papapanou (1996) 2,82. Dies bedeutet, dass die Chance,<br />
eine chronische Parodontitis zu entwickeln, bei Rauchern<br />
fast dreimal so hoch ist wie bei Nichtrauchern (Abb. 3a).<br />
Stärkere Raucher (> 10 Zigaretten pro Tag) tragen ein noch<br />
höheres Risiko (Tonetti 1998). Aber auch das Passivrauchen<br />
birgt ein erhöhtes Risiko für die Etablierung einer chronischen<br />
Parodontitis (Nishida et al. 2006). Raucher mit einem Il-1<br />
Polymorphismus weisen deutlich größere Attachmentverluste<br />
und Sulkussondierungstiefen auf (McGuire und Nunn<br />
1999). Im Vergleich zu Nichtrauchern findet man bei Rauchern<br />
mit Parodontitis reduzierte klinische Entzündungszeichen<br />
(Haffa-jee und Socransky 2001). Daher sind bei Rauchern<br />
die Alarmzeichen einer beginnenden Parodontitis, wie<br />
Zahnfleischbluten, geringer ausgeprägt als bei Nichtrauchern.<br />
Dieses Phänomen wird von rauchenden Patienten häufig<br />
fehlinterpretiert.<br />
Rauchen und Periimplantitis<br />
Auch an einem Implantat kann es wie bei einem natürlichen<br />
Zahn zu einer Entzündung der umgebenden Gewebe<br />
kommen. Bei der Periimplantitis ist auch der ortsständige<br />
Knochen betroffen, was zu einem kompletten Verlust des
für den Patienten kostenintensiven Implantates führen<br />
kann. Tabakkonsum gilt als signifikanter Risikofaktor für die<br />
Entstehung einer Periimplantitis (Heitz-Mayfield 2008). Die<br />
Abbildung 3b zeigt zwei schon gelockerte Implantate bei<br />
einem starken Raucher mit einem für eine Periimplantitis<br />
typischen Knochenabbau.<br />
Negativer Einfluss des Rauchens auf die Therapie<br />
Auch Raucher profitieren von einer nicht chirurgischen oder<br />
chirurgischen Therapie der Parodontitis. Nach Johnson und<br />
Guthmiller (2007) sind allerdings die Verbesserungen der<br />
klinischen Parameter um 25 bis 50 Prozent schlechter als<br />
bei Nichtrauchern. Es gibt deutliche Hinweise, dass bei<br />
Rauchern signifikant mehr Frühverluste bei Implantaten<br />
auftreten. Grund hierfür scheint die mangelhafte oder fehlende<br />
Osseointegration zu sein (Palma-Carrio et al. 2011).<br />
Zudem kann es bei Rauchern nach Zahnextraktionen und<br />
zahnärztlichen chirurgischen Routineeingriffen zu einer<br />
verzögerten Wundheilung kommen (Balaji 2008).<br />
Nutzen eines Rauchstopps<br />
In einer prospektiven Studie untersuchten Preshaw et al.<br />
(2005) den Effekt eines Rauchstopps auf die nicht chirurgische<br />
Parodontitistherapie über einen Zeitraum von zwölf<br />
Monaten. Im Vergleich zu Patienten mit chronischer Parodontitis,<br />
die rauchten oder intermittierende „Aufhörer“<br />
waren, wurde bei Patienten nach einem Rauchstopp ein<br />
statistisch signifikant größerer Rückgang der Taschentiefen<br />
festgestellt. Es gibt somit hinreichend Evidenz, dass Rauchen<br />
mit Parodontalerkrankungen assoziiert ist. Ein Rauchstopp<br />
führt nach Hilgers und Kinane (2004) zu einer Verbesserung<br />
der allgemeinen und der parodontalen Gesundheit.<br />
Zahnärzte sollten daher ihre Patienten über die Folgen des<br />
Rauchens und den Nutzen eines Rauchstopps aufklären<br />
und, wenn möglich, eine Beratung zur Rauchentwöhnung<br />
anbieten.<br />
Abb. 2a und b: Tiefe Zahnfleischtaschen bei Parodontitis.<br />
Abb. 3a und b: Knochenabbau bei Parodontitis und<br />
Periimplantitis.<br />
Tabakentwöhnung – eine Aufgabe des<br />
zahnärztlichen Teams<br />
Um das Problem der tabakassoziierten Erkrankungen mit<br />
all ihren Folgen zu bekämpfen, beschlossen die Mitgliedsstaaten<br />
der WHO im Jahr 2003 einstimmig eine Rahmenkonvention<br />
zur Tabakkontrolle (Framework Convention on<br />
Tobacco Control, WHO 2004). Im Jahr 2004 ratifizierte<br />
Deutschland diese Konvention, sie trat 2005 in Kraft<br />
(Bätzing 2009). Für den zahnmedizinischen Bereich ist der<br />
Artikel 14 der Konvention von Bedeutung (Ayo-Yusuf 2005).<br />
Danach sollten von den Vertragsparteien Angebote zur<br />
Tabakentwöhnung in die nationalen Gesundheitsprogramme<br />
aufgenommen werden. Auf europäischer Ebene gab es<br />
bereits im Jahr 1997 eine Konsensuskonferenz der „EU-<br />
Working Group on Tobacco and Oral Health“ in Kopenhagen<br />
(Legarth und Reibel 1998). Ein Ziel war, dass europäischen<br />
Zahnärzten ihre Rolle in der Prävention und Therapie tabakinduzierter<br />
Erkrankungen bewusst gemacht werden sollte.<br />
Dabei wurde auch auf die Bedeutung der Rauchstoppberatung<br />
durch Zahnärzte hingewiesen.<br />
In Deutschland gab der Drogen- und Suchtrat im Jahr 2008<br />
Empfehlungen an die Drogenbeauftragte der Bundesregierung<br />
für ein „Nationales Aktionsprogramm zur Tabakprävention“.<br />
Darin enthalten war die Strategieempfehlung, dass<br />
die Ärzteschaft zur „systematischen Beratung und (Kurz-)Intervention<br />
zur Raucherberatung“ qualifiziert werden sollte.<br />
Die Bundeszahnärztekammer formulierte im Jahr 2004<br />
„Mundgesundheitsziele für Deutschland – 2020“, die auf<br />
den „Global Goals for Oral Health“ der FDI aus dem Jahr<br />
2003 basierten (Hobdell et al. 2003). Zahnärzte sollten<br />
dabei die Patienten auch über die Folgen des Rauchens<br />
aufklären und eine Beratung zur Raucherentwöhnung<br />
anbieten.<br />
Im Jahr 2008 wurde ein erneutes „Konsensusdokument<br />
des 2. Europäischen Workshops über die Prävention und<br />
den Ausstieg aus dem Tabakkonsum für das zahnmedizinische<br />
Praxisteam“ verabschiedet (Ramseier et al. 2010).<br />
Dabei wurde festgestellt, dass das zahnärztliche Team bei<br />
der Hilfe zur Tabakentwöhnung gegenüber rauchenden <br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
17<br />
F A C H L I C H E S
Patienten in der Verantwortung steht. Gleichzeitig wurde<br />
gefordert, dass Kenntnisse in der Tabakentwöhnung in die<br />
Ausbildung der zahnärztlichen Fachkräfte integriert werden<br />
sollen. Im Jahr 2009 wurde auf dem „1st European workshop<br />
on periodontal education“ in zwei Konsensuspapieren<br />
gefordert, dass Raucherentwöhnung sowohl im klinischen<br />
(Sanz und Meyle 2010) als auch im postgraduierten Studium<br />
(Van der Velden und Sanz 2010) gelehrt werden soll.<br />
Verantwortung der Zahnärzte<br />
Die Patienten gehen überwiegend regelmäßig zum Zahnarzt.<br />
Aus diesem Grund ist das zahnärztliche Team prädestiniert,<br />
eine Beratung zum Tabakkonsum und zur Tabakentwöhnung<br />
durchzuführen (Micheelis und Reiter 2006, Casals Peidró et<br />
al. 2008, Tomar 2001, Gehrig 2010). In einer bundesweiten<br />
Umfrage unter 1127 niedergelassenen Zahnärzten wurde<br />
festgestellt, dass die Zahnärzte sich zu einem großen Teil<br />
ihrer Verantwortung bei der Tabakberatung und -entwöhnung<br />
ihrer Patienten bewusst sind (Gehrig 2010). Bisher wird<br />
aber routinemäßig in deutschen Zahnarztpraxen weder<br />
eine Raucheranamnese noch eine Raucherberatung oder<br />
-entwöhnung durchgeführt. Die Umfrage ergab aber eine<br />
große Bereitschaft für eine entsprechende Weiterbildung.<br />
Die Universität Freiburg setzte entsprechende Forderungen<br />
bereits um und hat im Masterstudiengang „Parodontologie<br />
und Periimplantäre Therapie“ einen Kurs mit dem im Folgenden<br />
beschriebenen Konzept zur strukturierten Tabakentwöhnung<br />
integriert. Eine Vorlesung zu diesem Thema<br />
gibt es für die Freiburger Studierenden der Zahnheilkunde<br />
im zweiten klinischen Semester.<br />
Tabakabhängige Patienten benötigen Hilfe<br />
Etwa die Hälfte der Raucher ist anhand klinischer Kriterien<br />
tabakabhängig (Hughes et al. 2006), die Abhängigkeit ist<br />
körperlich und psychisch. Obwohl die überwältigende<br />
Mehrheit der Raucher (80 bis 90%) prinzipiell das Rauchen<br />
Abb. 4: Therapieschema „Einfach erfolgreich rauchfrei“:<br />
Die kritische Zeit in der Tabakentwöhnung wird durch bis zu<br />
fünf kurze Termine abgedeckt.<br />
18 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
aufgeben oder zumindest ihren Zigarettenkonsum reduzieren<br />
will (Andreas et al. 2006), ist aufgrund der Abhängigkeitsentwicklung<br />
nur eine Minderheit der Raucher in der Lage,<br />
das Rauchen langfristig aufzugeben (Breitling et al. 2009).<br />
Etwa 30 Prozent der Raucher unternehmen innerhalb<br />
eines Jahres mindestens einen ernsthaften Versuch, das<br />
Rauchen einzustellen. Dieser ist ohne Unterstützung allerdings<br />
in weniger als fünf Prozent der Fälle für die nächsten<br />
zwölf Monate erfolgreich (Andreas et al. 2006). Schon der<br />
ärztliche Rat, mit dem Rauchen aufzuhören, besitzt nach<br />
neueren Studienergebnissen eine wichtige Initialwirkung<br />
für die Rauchstoppmotivation und die tatsächliche Rauchabstinenz<br />
der Patienten (Mäkinen und Alenius 2010, Stead<br />
et al. 2007).<br />
Der Zahnarzt als Therapeut?<br />
Obwohl 84 Prozent der deutschen Zahnärzte Raucherberatung<br />
für „sehr wichtig oder wichtig“ halten, gibt es bisher<br />
verschiedene Hindernisse wie Zeitmangel und fehlende<br />
Kenntnisse, um eine Raucherentwöhnungstherapie anzubieten<br />
(Gehrig 2010). Um diese Barrieren für die Durchführung<br />
von Raucherentwöhnungen zu beseitigen, haben wir<br />
eine einfache und effektive Basistherapie zur Tabakentwöhnung<br />
entwickelt. Sie ermöglicht es Zahnärzten, mit<br />
einem relativ geringen Zeitaufwand aufhörwilligen Rauchern<br />
den Ausstieg aus der Sucht zu erleichtern.<br />
Eine genaue Anleitung zu dieser Therapie mit Beispielen<br />
zur Gesprächsführung und Arbeitsmaterialien für Arzt und<br />
Patient findet sich in „Einfach Erfolgreich Rauchfrei – Ein<br />
Leitfaden für die zahnärztliche Praxis. Tabakentwöhnung in<br />
einfachen Schritten“. Im Folgenden wird die Therapie im<br />
Detail vorgestellt.<br />
Das Konzept: Einfach, erfolgreich, rauchfrei<br />
Unser Therapieansatz beruht auf einer einfachen, strukturierten<br />
Beratung durch den Zahnarzt in Kombination mit<br />
medikamentöser Unterstützung. Diese Kombination bekämpft<br />
die psychische und körperliche Abhängigkeit gleichermaßen<br />
und wird derzeit als die effektivste Therapie in der Tabakentwöhnung<br />
angesehen (Fiore et al. 2008).<br />
Die Therapiedauer beträgt etwa drei Monate. In diesem<br />
Zeitraum, der die kritischen Phasen der Vorbereitung,<br />
Entwöhnung und Stabilisierung abdeckt, werden bis zu<br />
fünf kurze Beratungstermine durchgeführt. Diese enthalten<br />
ein vorbereitendes Gespräch, drei feste Kontrolltermine<br />
sowie ein Abschlussgespräch (Abb. 4). Bei Problemen oder<br />
Rückfallgefahr wird der Patient aufgefordert, von sich aus<br />
den Arzt zu kontaktieren. Gemäß einer Metaanalyse zur<br />
Effektivität von Beratungsintensität und -frequenz, erhöhen<br />
bereits zwei bis drei kurze Gespräche mit dem Patienten<br />
die Abstinenzrate deutlich (Fiore 2008).
Die medikamentöse Unterstützung erfolgt durch therapeutisches<br />
Nikotin. Durch die ausreichend hoch dosierte<br />
Nikotinsubstitution während der etwa dreimonatigen Entwöhnungsphase<br />
werden nach dem Rauchstopp Entzugssymptome<br />
und Rauchverlangen wirksam reduziert. Die<br />
Nikotinersatztherapie gilt als effizient und sicher (Andreas<br />
et al. 2009, AWMF 2004, Fiore et al. 2008, Stead et al. 2008).<br />
Als Basismedikation dient das Nikotinpflaster, das gemäß<br />
bisherigem Rauchkonsum dosiert wird. Bei hohem Rauchkonsum<br />
oder starken Entzugssymptomen beim letzten<br />
Rauchstoppversuch können zusätzlich zum Nikotinpflaster<br />
auch schneller wirkende Nikotinpräparate (Kaugummi,<br />
Lutschtablette oder Inhaler) eingesetzt werden. Alle Nikotinpräparate<br />
sind rezeptfrei erhältlich. Trotzdem empfehlen wir<br />
dringend eine Verordnung auf zum Beispiel privatärztlichem<br />
Rezept, was die Compliance wesentlich erhöht.<br />
Einfache Entscheidungshilfen im Leitfaden ermöglichen es<br />
dem Zahnarzt, schnell die individuelle medikamentöse<br />
Therapie für seinen Patienten zu finden. Die Höhe des<br />
Rauchkonsums und der Grad der Tabakabhängigkeit sind<br />
die beiden wichtigsten Kriterien.<br />
Vor dem Start: Motivierte Patienten erkennen<br />
Wir empfehlen allen Praxen, grundsätzlich bei allen Patienten<br />
den Rauchstatus zu erfassen. Bereits in den Anamnesebogen<br />
können zum Beispiel Fragen zum Rauchen und<br />
zur Höhe des Konsums integriert werden. Nur so kann vor<br />
Behandlungsbeginn das Rauchen als Risikofaktor erkannt<br />
und entsprechend eingeschätzt werden (Gehrig 2010). In<br />
die Therapie sollten jedoch zunächst nur aufhörbereite Patienten<br />
eingeschlossen werden, bei denen mit begrenztem<br />
Aufwand gute Therapieerfolge erzielt werden können. So<br />
lässt sich die neu in der Praxis eingeführte Raucherentwöhnungsbehandlung<br />
erproben.<br />
Mit zunehmender Sicherheit in der Therapie bei Arzt und<br />
Team können später auch „härtere Fälle“ in Angriff genommen<br />
werden. Durch drei einfache Screening-Fragen können<br />
unter allen rauchenden Patienten diejenigen mit hoher Aufhörmotivation<br />
identifiziert werden. Die Fragen und mögliche<br />
Reaktionen der Patienten sind in Abbildung 5 dargestellt.<br />
Die Beratung: Mitarbeiter einbeziehen<br />
Ziel der Beratung ist es, den Patienten durch kurze<br />
Interventionen auf den Rauchstopp vorzubereiten, den<br />
Entwöhnungsprozess zu unterstützen und die erreichte<br />
Rauchfreiheit dauerhaft zu stabilisieren (Tab. 1). Die einzelnen<br />
Therapieschritte sind in unserem Leitfaden strukturiert aufbereitet<br />
und mit konkreten Gesprächsempfehlungen hinterlegt.<br />
Die Gespräche führen der Zahnarzt oder ins Programm<br />
eingewiesene Mitarbeiter. Die Kontrollen können auch<br />
telefonisch erfolgen.<br />
Abb. 5: Durch drei einfache Screening-Fragen können unter allen<br />
rauchenden Patienten diejenigen mit hoher Aufhörmotivation<br />
identifiziert werden.<br />
Das erste Therapiegespräch dient der Planung des Rauchstopps.<br />
Wir arbeiten mit der Schlusspunktmethode. Das<br />
heißt, dass der erste rauchfreie Tag innerhalb der nächsten<br />
zwei Wochen festgesetzt wird. Um dem Patienten die<br />
Angst vor Entzugserscheinungen zu nehmen, ist neben der<br />
Verstärkung der Motivation zum Rauchstopp die Verordnung<br />
und Anwendung der begleitenden Medikation ein wichtiges<br />
Ziel für dieses wenige Minuten dauernde Gespräch.<br />
Nach dem Rauchstopp sind in der einmonatigen Entwöhnungsphase<br />
drei begleitende Kontrolltermine (3, 14 und 28<br />
Tage nach Rauchstopp) vorgesehen, die auch durch Mitarbeiter<br />
oder telefonisch durchgeführt werden können. In<br />
dieser Phase ist es wichtig, dem Patienten Gelegenheit<br />
zum Erfahrungsbericht zu geben und ihm Mut zu machen.<br />
Wichtige Themen sind die Rückfallprophylaxe, zum Beispiel<br />
der Umgang mit kritischen Situationen (Bewältigungsstrategien,<br />
Alternativen) sowie die medikamentöse Unterstützung,<br />
die je nach Bedarf angepasst werden sollte. Ein vorgefertigter<br />
(Telefon-) Leitfaden hilft, keine wichtigen Themen zu<br />
vergessen. Bei einem Rückfall liegt der Fokus auf dem<br />
„Entkatastrophisieren“ der Situation. Die Tabakabhängigkeit<br />
ist eine chronische Erkrankung und viele Patienten benötigen<br />
daher mehr als einen Anlauf, um dauerhaft rauchfrei zu<br />
werden.<br />
Am Ende der Stabilisierungsphase nach zwölf Wochen wird<br />
die erzielte Rauchfreiheit „gefeiert“ (Loben! Loben! Loben!)<br />
und weitere Tipps zur Aufrechterhaltung derselben besprochen.<br />
Bei kleineren oder auch größeren Rückschlägen wird<br />
zusammen mit dem Patienten die Bereitschaft für einen<br />
neuen Versuch erörtert. Jeder Rauchstoppversuch eines<br />
Patienten, auch ein zunächst erfolgloser, sollte gewürdigt<br />
werden. <br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
19<br />
F A C H L I C H E S
DIE BERATUNG – SCHRITT FÜR SCHRITT<br />
Planen des<br />
Rauchstopps<br />
Termin 1<br />
Raucheranamnese<br />
(Konsum, Abhängigkeit)<br />
Medikation auswählen<br />
(gemäß Rauchkonsum)<br />
Rauchstopptag<br />
festlegen: Ruhigen<br />
Zeitpunkt wählen!<br />
Bewältigungsstrategien<br />
für den rauchfreien Alltag<br />
besprechen:<br />
Der „Rauchfrei-Pass“ für<br />
den Patienten hilft dabei!<br />
Beratung durch den<br />
Zahnarzt<br />
Entwöhnen und<br />
Stabilisieren<br />
Termine 2–4<br />
Rauchfreiheit erfragen<br />
Loben!!!<br />
Medikation prüfen und<br />
ggf. anpassen<br />
Tipp: Hoch genug,<br />
lange genug!<br />
Therapieverlauf<br />
besprechen: positive<br />
Veränderungen, Probleme<br />
Umgang mit<br />
Ausrutschern oder<br />
Rückfällen besprechen:<br />
Entkatastrophisieren,<br />
Mut machen!<br />
Beratung durch<br />
Zahnarzt oder<br />
Mitarbeiter<br />
(auch telefonisch)<br />
<br />
Welche Erfolge können erzielt werden?<br />
Wie bei jeder anderen Therapie ist es auch bei einer Suchterkrankung<br />
unrealistisch, eine hundertprozentige Erfolgsquote<br />
zu erwarten. Mit ärztlicher und medikamentöser<br />
Unterstützung ist eine dauerhafte Rauchfreiheit etwa bei<br />
30 Prozent der tabakabhängigen Patienten möglich (Fiore<br />
et al. 2008).<br />
Abrechnungstipps zur Tabakentwöhnung<br />
Eine strukturierte Tabakentwöhnung findet sich als Leistungsbeschreibung<br />
weder im BEMA noch in der GOZ oder<br />
in der GOÄ. Sie ist zurzeit eine reine Privatleistung. Ist der<br />
Patient an einer strukturierten Tabakentwöhnung interessiert,<br />
so wird er über den Programmablauf und die Kosten der<br />
Behandlung aufgeklärt. Für die fünf Termine können als<br />
Honorar, je nach tatsächlichem Zeitaufwand, insgesamt<br />
150 bis 200 Euro angesetzt werden. Hier empfehlen wir<br />
eine analoge Berechnung nach § 6 (1) der aktuellen GOZ.<br />
Selbstverständlich muss mit dem Patienten vor Beginn der<br />
Therapie eine entsprechende schriftliche Vereinbarung<br />
getroffen werden. Die weiteren Kosten für die notwendige,<br />
dreimonatige Medikation mit Nikotinpräparaten betragen<br />
knapp 200 Euro und müssen ebenfalls vom Patienten<br />
übernommen werden. Doch das lohnt sich – ein Durchschnittsraucher<br />
mit 20 Zigaretten täglich verraucht in drei<br />
Monaten bereits 450 Euro.<br />
20 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
Abschließen<br />
Therapie<br />
Termin 5<br />
Rauchfreiheit erfragen<br />
Loben!!! Neustart?<br />
Medikation anpassen<br />
bzw. beenden<br />
Nicht zu früh beenden!<br />
Therapierückschau:<br />
Was war gut?<br />
Wie geht es weiter?<br />
Beratung durch den<br />
Zahnarzt<br />
(auch telefonisch)<br />
Dauer 15 Minuten Dauer ca. 5–10 Min. Dauer ca. 10 Minuten<br />
Tab. 1: Ablaufschema der Tabakentwöhnung<br />
Erste Ergebnisse einer Praxisstudie<br />
In einer bundesweiten, nicht interventionellen Studie<br />
wurde das Konzept zunächst für die hausärztliche Praxis<br />
evaluiert. Die aktuell vorliegenden Zwischenergebnisse,<br />
die vor Kurzem auf dem 13. Kongress für Suchtmedizin in<br />
München vorgestellt wurden, zeigen, dass das Konzept<br />
eine hohe Akzeptanz bei Ärzten und Patienten hat und<br />
leicht in den Praxisalltag zu integrieren ist. Durch das<br />
sorgfältige Screening der aufhörwilligen Raucher ist die<br />
Abstinenzrate hoch (Jähne et al. 2012).<br />
Der kostenfreie Leitfaden mit Gesprächsempfehlungen<br />
und Patientenmaterialien („Rauchfrei-Pass“) kann<br />
per Fax unter 09134 7073214 oder online unter<br />
www.einfach-erfolgreich-rauchfrei.de bestellt werden. <br />
Korrespondenzadresse:<br />
Dr. med. dent. Holger Gehrig M.Sc.<br />
Bismarckstraße 26, 76870 Kandel<br />
info@zahnarzt-dr-gehrig.de<br />
— Quelle: Bayerisches Zahnärzteblatt 7+8/2012<br />
DR. HOLGER GEHRIG, M.SC.<br />
1960 Geboren in Karlsruhe<br />
1987 Staatsexamen an der<br />
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg<br />
1988 Promotion an der<br />
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg<br />
1988-89 Assistenzarzt<br />
Seit 1990 Niedergelassener Zahnarzt in eigener Praxis<br />
2006 Zertifizierung Endodontie (APW)<br />
Seit 2006 Mitglied der Akademie<br />
Praxis und Wissenschaft (APW)<br />
2008 Abschluss des postgradualen Fortbildungsprogramms<br />
EndoAdvance (APW, AGET, VDZE)<br />
2009 Zertifizierung durch die European Society of<br />
Endodontology (ESE)<br />
2010 Master of Science Parodontologie und Periimplantäre<br />
Therapie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg<br />
Seit 2010 Gastzahnarzt an der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde<br />
der Mund-Zahn-Kiefer Klinik der Ruprecht-Karls<br />
Universität Heidelberg; Dozent an der Europäischen<br />
Akademie für zahnärztliche Fort- und Weiterbildung (eazf)<br />
der Bayerischen Landeszahnärztekammer<br />
Seit 2011 Dozent im Studiengang Master Online<br />
Parodontologie & Periimplantäre Therapie an der<br />
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg<br />
2012 Gründungsmitglied und 2. Vorsitzender des<br />
BDZmed e.V. (Bildgebende Diagnostik in der Zahnmedizin)
Aspekte der Implantologie bei<br />
Parodontitispatienten<br />
Einleitung<br />
Die prothetische Rehabiliatation nach Zahnverlust unterschiedlichster<br />
Genese ist dank implantologischer Möglichkeiten<br />
deutlich erweitert worden. Basierend auf den Daten<br />
der DMS IV (2006), ist der Anteil der erwachsenen Patienten<br />
mit parodontaler Erkrankung und damit einhergehendem<br />
Zahnverlust im Vergleich zur Voruntersuchung signifikant<br />
gestiegen.<br />
Wie sind vor diesem Hintergrund die Erfolgsaussichten der<br />
implantat-prothetischen Rehabilitation?<br />
In der Implantologie wird der Behandlungserfolg prinzipiell<br />
sowohl von allgemeinen patienten- und implantatbezogenen<br />
als auch von lokalen anatomischen und biomechanischen<br />
Faktoren beeinflusst (Buser et al. 2000, Lang et al. 2000,<br />
Schwarz 2000).<br />
International haben sich in der zahnärztlichen Implantologie<br />
folgende Trends herauskristallisiert (Buser et Belser 1998,<br />
Watzek et Mailath-Pokorny 2000, Hermann et Cochran 2005,<br />
Meyer et al. 2012):<br />
Titan als bevorzugtes Material, Titanoxid ist der Schlüssel<br />
zur Osseo- und Mukointegration<br />
Schraubenform des Implantats<br />
raue Implantatoberfläche intraossär<br />
offene Einheilung<br />
bei festsitzender prothetischer Versorgung zementierte<br />
Befestigung von Suprastrukturen<br />
verzögerte Sofortimplantation oder Sofortimplantation<br />
Orientierung der Implantatposition an der Prothetik unter<br />
Berücksichtigung der periimplantären (Weich-)Gewebereaktion.<br />
Inwiefern der Parodontalstatus eines Patienten den Erfolg<br />
einer implantologischen Versorgung kompromittiert bzw.<br />
wie eine Periimplatitis bei Parodontitispatienten therapiert<br />
wird, das sind relevante Fragen im Praxisalltag. Die Abb. 1<br />
stellt die entsprechenden Allgemeinursachen für einen<br />
Implantatmisserfolg zusammen.<br />
Vor diesem Hintergrund sollen im Folgenden einige implantologisch-parodontologische<br />
Aspekte aus chirurgischer Sicht<br />
diskutiert werden (Abb. 2, Seite 23). <br />
Abb. 1: Ursachen für einen Misserfolg<br />
bei implantologischer Versorgung.<br />
Während eine fehlende<br />
Osseointegration in einem frühen<br />
Inadäquate Hygiene<br />
Verlust resultiert, ist die Periimplantitis<br />
die häufigste Ursache für einen<br />
späten Implantatverlust. Die Parodontitis als möglicher Risikofaktor<br />
wirkt sich demzufolge weniger in der Anfangsphase aus<br />
(Ausnahme aggressive Parodontitis), was die Bedeutung der<br />
Nachsorge unterstreicht (risikoadaptiertes Intervall 3-12 Monate).<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Inadäquate Indikation<br />
Inadäquate OP-Technik<br />
Inadäquate Rekonstruktion<br />
Bei Parodontitis-Patienten, die eine implantologische Behandlung<br />
erhalten, sind einige Besonderheiten sowohl in der Anfangsphase<br />
als auch in der Nachsorge zu berücksichtigen, um den<br />
Langzeiterfolg der Therapie nicht zu gefährden. Dies betrifft<br />
sowohl Patienten mit adulter, chronisch verlaufender Form und<br />
noch mehr solche mit aggressiver Parodontitis. Fragen zur<br />
Differenzialtherapie (parodontologisch vs. implantologisch),<br />
zur Erhaltung und Wiederherstellung der parodontalen bzw.<br />
periimplantären Strukturen sowie zum Periimplantitisrisiko und<br />
der Periimplantitistherapie werden diskutiert.<br />
Schlüsselwörter:<br />
Implantologie, Parodontitis, Perioprothetik, Periimplantitis,<br />
Strukturbiologie<br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
21<br />
Fotos: © Dr. Reich<br />
F A C H L I C H E S
(Dentaler) Status Implantaterfolgsrate Periimplantitisrisiko<br />
Bezahnter Patient 95 bis 97 % Hängt von der Nachsorge ab. Bis zu 14,3-fach höher bei<br />
schlechter Mundhygiene (Watzek et Mailath-Pokorny 2000,<br />
Heitz-Mayfield et al. 2010)<br />
Zahnloser Patient Unterkiefer 95 %,<br />
Oberkiefer 68 %<br />
Chronische Parodontitis<br />
in der Anamnese<br />
Aggressive Parodontitis<br />
in der Anamnese<br />
Rauchen in der<br />
Anamnese<br />
Tab. 1: Implantaterfolgsrate und Periimplantitisrisiko. Bei parodontal gesunden Patienten wird die periimplantäre Mukositis in 40 Prozent<br />
bzw. die Periimplantitis in 10 Prozent der Fälle beobachtet (Swierkot et al. 2012). Das entsprechende Risiko ist recht breit gestreut.<br />
<br />
Es sei vorangestellt, dass das therapeutische Herangehen<br />
an komplexe Probleme eines Parodontitispatienten aus<br />
rein parodontologischer, prothetischer und – wie noch zu<br />
zeigen ist – auch rein implantologischer Sicht nicht ausreichend<br />
ist. Es bedarf daher eines individuellen perioprothetischen<br />
Behandlungskonzeptes (Grunder et Gaberthüel<br />
1990). Es orientiert sich an der Gewebereaktion auf die<br />
einzelnen zahnärztlichen Maßnahmen (technisch und<br />
biologisch). Konkret bedeutet dies, dass erstens stabile<br />
periimplantäre Gewebeverhältnisse (Knochen und<br />
Weichgewebe) anzustreben sind und zweitens diese die<br />
Implantatposition vorgeben.<br />
Während in den Anfängen der Implantologie die Implantatinsertion<br />
knochenorientiert und später restaurationsorientiert<br />
war, ist die heutige Implantationstechnik gewebeorientiert<br />
(„tissue-directed implant placement“; Hermann et Cochran<br />
2005). Die praktische Anwendung dieser Forderung beim<br />
Parodontitispatienten ist Gegenstand weiterer Ausführungen.<br />
1. Indikation – Parodontologische Zahnerhaltung<br />
vs. Implantologie?<br />
Bei der Therapieentscheidung im Praxisalltag stellt sich oft<br />
die Frage nach dem Zahnerhalt. Dabei ist zu berücksichtigen,<br />
dass hinsichtlich der Prognose parodontal vorgeschädigter<br />
Zähne durchaus Überlebensraten von 80 Prozent nach 30<br />
Jahren bei regelmäßiger Nachsorge gefunden werden können<br />
(Axelsson et al. 2004), jedoch ist der Ausgangsbefund<br />
entscheidend (Huynh et al. 2009). Andererseits ist prospektiv<br />
abzuwägen, wie viel Knochenabbau infolge einer Parodontitis<br />
hingenommen wird, bis eine Entscheidung für die<br />
Extraktion und Implantation zu treffen ist (vgl. Machtei et<br />
22 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
70 bis 90 % 3- bis 5-fach höher als bei parodontal gesunden Patienten<br />
(Heitz-Mayfield et al. 2009).<br />
Bei Rauchern 5-fach erhöht. Bei simultaner Augmentation mit<br />
bovinem Knochenmineral etwa 3-fach höher (Franke 2011)<br />
Unterkiefer 93 %,<br />
Oberkiefer 85 %<br />
Mukositisrisiko 3-fach, Periimplantitisrisiko 14-fach erhöht<br />
(Swierkot et al. 2012)<br />
80 bis 96 % Periimplantitisrisiko 3-bis 4,6-fach höher<br />
(Heitz-Mayfield et al. 2009)<br />
al. 2006 hinsichtlich des parodontalen vs. periimplantären<br />
Knochenschwundes). Ersterer hängt bekanntermaßen von<br />
der Art der parodontalen Erkrankung und therapeutischen<br />
Intervention ab. Erwiesen ist, dass der Biofilm bei der Entwicklung<br />
von Resistenzen und als Bakterienreservoir eine<br />
wichtige Rolle spielt (Sedlacek et Walker 2007).<br />
Für solche und ähnliche Konstellationen sind systematische<br />
Behandlungsalgorithmen erarbeitet worden (Hannahan et<br />
Eleaser 2008, Lundgren et al. 2008, Cortellini et al. 2011).<br />
Ein evidenzbasiertes Behandlungsprotokoll der Parodontitis<br />
ist allgemein etabliert (Mombelli et al. 2011) und bei dieser<br />
Diskussion eine Voraussetzung. Demzufolge kann durch<br />
nicht-chirurgische und antibiotische Maßnahmen der Bedarf<br />
an parodontalchirurgischen Maßnahmen reduziert werden.<br />
Die Frage nach parodontologischer vs. implantologischer<br />
Therapie stellt sich also gar nicht zu Beginn der Behandlung,<br />
sondern bei der Reevaluation drei bis sechs Monate nach<br />
der Initialtherapie. Sinnvollerweise wird zu diesem Zeitpunkt<br />
über notwendige chirurgische Maßnahmen (Lappen-OP, GTR,<br />
Extraktion und Implantation) entschieden.<br />
Konsequenz für die Praxis:<br />
Es ist eine falsche Annahme, dass durch Extraktion und<br />
Implantation eine langwierige parodontologische Behandlung<br />
umgangen werden könnte. Es geht nicht um ein Entweder-Oder.<br />
Erstens ist in jedem Fall eine Parodontitis vor<br />
Implantation zu therapieren, und zweitens sollte bei allen<br />
implantologischen Patienten eine seriöse parodontale/<br />
periimplantäre Nachsorge stattfinden.
Wann ist ein Zahn nicht erhaltungswürdig?<br />
Vor allem Molaren mit Furkationsgrad III und erste Prämolaren<br />
im Oberkiefer sind als kritische Zähne zu werten<br />
(Axelsson et al. 2004). Bei fortgeschrittenem parodontalem<br />
Attachmentverlust (> 1 /2) sollte in diesen Fällen also die<br />
Entscheidung für eine Extraktion im Sinne einer „lokalen<br />
parodontalen Sanierung“ getroffen werden. Aus chirurgischer<br />
Sicht fällt – im Vergleich zur parodontologischen –<br />
die Indikation zur Extraktion sicher großzügiger aus. Beispielsweise<br />
sind Wurzelamputationen vor diesem Hintergrund<br />
heutzutage kaum noch indiziert (Renggli 2011). Die<br />
Prognose mehrwurzeliger parodontalchirurgisch behandelter<br />
Zähne bei einer Beobachtungszeit von mindestens 5 Jahren<br />
weist eine breite Streuung von 43 bis 96 Prozent auf (GTR ><br />
resektive Technik > tunellierende Technik; Huynh-Ba et al.<br />
2009).<br />
Im Falle eines moderaten Attachementverlustes (< 1 /2) sollte<br />
im Rahmen der Implantation im ästhetischen Bereich eine<br />
Augmentation von vornherein einkalkuliert werden (vgl.<br />
Punkt 4 u. Abb. 3; Machtei et al. 2006). Gründe dafür sind<br />
erstens die infolge der Parodontitis bereits eingetretene<br />
unästhetische Verlängerung der klinischen Krone (Iselin et<br />
al. 1990), zweitens die zusätzlich zu erwartende Rezession<br />
nach parodontalchirurgischen Maßnahmen, drittens die<br />
Alveolenatrophie nach Zahnextraktion (vor allem buccal;<br />
Hämmerle et al. 2012, Tan et al. 2012) und viertens die<br />
Erwartungen des Patienten im Rahmen der implantologischen<br />
Versorgung (funktionelle und ästhetische Verbesserung;<br />
Grunder et Gaberthüel 1990).<br />
Vorgehen<br />
bei Verlust<br />
parodontaler<br />
Strukturen<br />
Periimplantäre<br />
anat.<br />
Besonderheiten<br />
Periimplantitis<br />
Um die Frage der Erhaltungswürdigkeit zu beantworten,<br />
gilt es, den Langzeiterfolg von parodontal behandelten<br />
Zähnen und Implantaten zu vegleichen (Renggli 2011).<br />
Wenngleich das klinische Attachmentniveau in einem<br />
Beobachtungszeitraum von sechs Jahren sich nicht unterscheidet,<br />
ist in der Implantatgruppe röntgenologisch ein<br />
geringeres Knochenniveau zu finden (Machtei et al. 2006).<br />
Daraus kann man schlussfolgern, dass der periimplantäre<br />
Knochenschwund langfristig schneller vonstatten geht als<br />
der parodontale.<br />
2. Planung – Periimplantäre anatomische Besonderheiten<br />
Das periimplantäre Weichgewebe entspricht in den Grundzügen<br />
dem dentogingivalen Verschluss (Berglundh et al.<br />
1991). Die Reaktion des Attachements auf die Sondierung<br />
ist ebenfalls vergleichbar – restitutio innerhalb von fünf Tagen<br />
(Heitz-Mayfield et Lang 2000). Es bestehen aber deutliche<br />
strukturelle Unterschiede. Das Saumepithel um das Implantat<br />
hat eine Höhe von 2 mm (Basallamina und Hemidesmosomen),<br />
es folgt eine 1,5 mm breite Kontaktzone Titan<br />
– Bindegewebe (zellärmer und kollagenreicher als beim<br />
natürlichen Zahn), bevor das knöcherne Implantatbett<br />
folgt. Im Unterschied zum natürlichen Zahn ist der Verlauf<br />
der Kollagenfasern des Bindegewebsbandes (zum Periost<br />
oder krestalen Knochen ziehend) allerdings parallel zur<br />
Implantatoberfläche, was sich bei der Sondierung als<br />
geringerer Widerstand bemerkbar macht. Das unmittelbare<br />
Bindegewebe ist frei von Gefäß- und Nervenstrukturen<br />
(Abrahamsson et al. 1996, Hermann et Cochran 2005). <br />
Parodontitis<br />
als Risiko für<br />
Implantate<br />
Perioprothetik<br />
Parodont.<br />
Zahnerhaltung<br />
vs. Implantat?<br />
Abb. 2: Aspekte der Implantologie bei Parodontitispatienten im Erwachsenenalter. Sechs parodontologisch-implantologische Fragestellungen<br />
sind praxisrelevant und stehen in enger Wechselbeziehung. Behandlungsplanung: 1. Erstellung eines perioprothetischen<br />
Behandlungskonzeptes, 2. die Diskussion über die Differenzialtherapie unter Berücksichtigung 3. der periimplantären Strukturbiologie<br />
und deren Stabilität. Praktische Umsetzung und Nachsorge: 4. Möglichkeiten des Hart- und Weichgewebsmanagements, 5. Einschätzung<br />
und Minimierung des Periimplantitisrisikos, 6. geeignete Periimplantitistherapie.<br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
23<br />
F A C H L I C H E S
Zeitpunkt Weichgewebsmanagement Hartgewebsmanagement<br />
vor Implantation Erhalten der mukogingivalen Grenze,<br />
Mukogingivale und präprothetische Chirurgie,<br />
Freies Gingiva-Bindegewebstransplantat<br />
im Rahmen der<br />
Knochenaugmentation<br />
im Rahmen der<br />
Implantation<br />
im Rahmen der<br />
Implantatfreilegung<br />
im Rahmen der<br />
prothetischen<br />
Versorgung<br />
<br />
Konsequenz für die Praxis:<br />
Die Qualität des Attachements im Sinne der Widerstandsfähigkeit<br />
ist bei Implantaten eher schlechter. D. h. eine<br />
periimplantäre Mukositis kann sich viel schneller als eine<br />
Gingivitis zum Knochen ausbreiten (Renggli 2011) und zu<br />
einer Periimplantitis werden (Tab. 1 – Seite 22).<br />
Die Vertikalposition der biologischen Breite – auch beim<br />
Implantat bestehend aus Sulkustiefe, epithelialem und bindegewebigem<br />
Attachement (ca. 2,7 mm; Terheyden 2010)<br />
– ist zunächst vom Knochenangebot abhängig. Ferner ist<br />
auch die Lage des Mikrospaltes zwischen Schulter und<br />
Abutment (Implantatdesign, -insertion) bestimmend (Lazzara<br />
et Porter 2006). Die Position der biologischen Breite entspricht<br />
bei transgingival inserierten Implantaten am nächsten den<br />
physiologischen Verhältnissen. Bei subgingivalen Implantaten<br />
ist langfristig mit einer Verlagerung der biologischen Breite<br />
nach apikal eher zu rechnen (Hermann et Cochran 2005).<br />
Im ersten Jahr ist auch bei entzündungsfreien Verhältnissen<br />
prinzipiell mit einem Knochenabbau von rund 1 bis 1,5 mm<br />
zu rechnen, danach 0,1 mm pro Jahr (Renggli 2011).<br />
Angesichts eines möglichen Höhenverlustes des augmentierten<br />
Kieferkamms mit partikuliertem Knochen von 20<br />
Prozent empfiehlt sich deshalb beim Knochenaufbau eine<br />
diskrete Überkorrektur (Terheyden 2010). Diese Besonderheiten<br />
sind bei dem Wiederaufbau parodontaler Strukturen<br />
in der Frontzahnregion des Oberkiefers zu berücksichtigen.<br />
24 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
Resektive und regenerative parodontalchirurgische<br />
Maßnahmen, Verschiebelappen,<br />
Gestielter Palatinallappen<br />
Positionierung, Schnittführung,<br />
Schonung der Papille<br />
Exzision. Verdrängung. Apikaler<br />
Verschiebelappen. Rolllappentechnik<br />
Elektrokaustische Formung, flexible Zahnfleischepithese<br />
als ultima ratio (Iselin et al. 1990).<br />
Parodontalhygienische Restauration<br />
Nachsorge Periimplantitistherapie laut CIST-Protokoll, DD<br />
Mundschleimhauterkrankungen, Biopsie bei<br />
therapie-refraktärer Periimplantitis!<br />
Erhalten der Alveole (bes. bukkale Lamelle),<br />
schonende Extraktion, forcierte Extrusion der<br />
Zähne<br />
Bohrspäne, ggf. in Kombination mit Knochenersatzmaterialien,<br />
Sinus lift, Blocktransplantat,<br />
Distraktionsosteogenese<br />
Knochenkondensation, Bone split, Nervlateralisation,<br />
bikortikale Verankerung, GTR-Technik<br />
Priorität der offenen Einheilung<br />
(cave Kontraindikationen)<br />
Periimplantitistherapie laut CIST-Protokoll<br />
Tab. 2: Behandlungsziele und -möglichkeiten bei parodontalem bzw. periimplantärem Attachementverlust: Die prothetische<br />
Rehabilitation der Parodontitispatienten mit konventioneller Prothetik und Implantat-Prothetik (festsitzend oder herausnehmbar)<br />
muss parodontal-hygienischen Anforderungen genügen.<br />
Konsequenz für die Praxis:<br />
In ästhetisch anspruchsvoller Region (Tarnow et al. 2003,<br />
Zetu et Wang 2005) kann das zunächst erzielte Ergebnis<br />
des periimplantären Weichgewebes und insbesondere der<br />
Zahnfleischpapille (Hanser 2010) infolge einer Rezession<br />
beeinträchtigt werden. Es droht ein metallisches Durchschimmern<br />
oder gar eine Exposition der Implantatschulter.<br />
Die gewünschte Höhe des krestalen periimplantären Knochens<br />
liegt idealerweise eine biologische Breite apikal der<br />
geplanten Gingivahöhe, die wiederum von der Dimension<br />
der prothetischen Krone vorgegeben wird.<br />
Eine nicht zu vernachlässigende Besonderheit unter funktionellen<br />
Gesichtspunkten ist die Biomechanik. Implantate<br />
haben eine zehnmal geringere Mobilität (Resilienz) und<br />
eine zehnmal geringere Sensibilität als natürliche Zähne<br />
(Hämmerle et al. 1995). Während desmodontale Mechanorezeptoren<br />
die Zähne und das Parodontium vor exzessiven<br />
Kaukräften schützen (Schutzreflex!), fehlen diese bei Implantaten<br />
(Meyer et al. 2012). Hier kommen alternative Afferenzen<br />
von Mechanosensoren (Kiefergelenk, Muskulatur, Haut,<br />
Schleimhaut, Periost) zum Tragen, was als Osseoperzeption<br />
bezeichnet wird (Klineburg et Murray 1999).
Konsequenz für die Praxis:<br />
Bei Implantaten wirken sich okklusale Interferenzen und<br />
Frühkontakte entsprechend schädlicher aus: Förderung der<br />
Periimplantitis infolge eines okklusalen Traumas, Lockerung,<br />
Bruch, Defekt der Keramikverblendung. Hier ist auch ein<br />
limitierender Faktor für die Sofortbelastung bei ungenügender<br />
Primärstabilität zu sehen. Die bei Patienten mit rein<br />
implantatgetragenen Brücken nachgewiesene schlechtere<br />
Anpassung der Kaukinematik und Kaumuskelaktivität an<br />
die Nahrungskonsistenz während des Kauzyklusses wird<br />
eben auf das Fehlen von desmo-dontalen Mechanorezeptoren<br />
zurückgeführt (Grigoriadis et al. 2011).<br />
Zur Vermeidung einer mechanischen Überlastung (Schwarz<br />
2000, Sahin et al. 2001) bereits in der Frühphase nach<br />
Eingliederung des Zahnersatzes sind bei mehreren Implantaten<br />
der Sheffield-Test 1 (Eisenmann et al. 2004) und die<br />
Ante-Regel 2 (Heydecke et al. 2008) hilfreich.<br />
3. Prognose – Parodontitis als Risiko für Implantate?<br />
Während für die chronische Parodontitis keine signifikant<br />
höheren frühen Implantatverlustraten gefunden wurden,<br />
weisen Patienten mit einer aggressiven Parodontitis eine<br />
um 2,5 Prozent höhere frühe Verlustrate – keine Osseointegration<br />
– auf (Laugisch et al. 2011).<br />
Hinsichtlich der späten Verlustrate ist nachgewiesen, dass<br />
die bakterielle Plaque an Zähnen und an Implantaten eine<br />
große Ähnlichkeit aufweist und die hohe Keimdichte im<br />
Sulkus gingivalis als Risiko wie für Nachbarzähne so auch<br />
für Implantate gilt.<br />
Laut einer aktuellen prospektiven Cohorten-Studie ist das<br />
Risiko des Implantatverlustes bei aggressiver Parodontitis<br />
etwa fünffach deutlich erhöht, das Periimplantitisrisiko<br />
sogar um den Faktor 14 (Swierkot et al. 2012). Dagegen ist<br />
bei chronischer adulter Parodontitis das Periimplantitisrisiko<br />
drei- bis vierfach höher (Heitz-Mayfield et al. 2009).<br />
Laut Behle (2007) ließen sich in einem zehnjährigen<br />
Beobachtungszeitraum bei Patienten mit einer aggressiven<br />
Parodontitis eine Implantaterfolgsrate von 83 Prozent vs.<br />
Zahnüberlebensrate von 76 Prozent ermitteln.<br />
Watzek und Mailath-Pokorny (2000) haben folgenden<br />
Zusammenhang zwischen der Implantatprognose in<br />
Abhängigkeit von der Ursache des zuvor eingetretenen<br />
Zahnverlustes in absteigender Reihenfolge aufgezeigt:<br />
Nichtanlage > Karies > Endodontische Komplikationen ><br />
Trauma >> Parodontitis >> Okklusales Trauma.<br />
Konsequenz für die Praxis:<br />
Unter Beachtung der in Tabelle 1 quantitativ zusammengefassten<br />
Implantaterfolgsraten und des Periimplantitisrisikos<br />
für verschiedene Patientensubgruppen muss die Frage, ob<br />
Abb. 3: Kriterien der idealen Gingiva-Architektur in der Frontzahnregion.<br />
Merkmale der idealen Gingiva-Architektur: 1. gingivale<br />
Grenze der mittleren Schneidezähne auf einem Niveau (Symmetrie!).<br />
2. gingivale Grenze der mittleren Schneidezähne apikaler<br />
als die der seitlichen Schneidezähne. 3. Verlauf entspricht dem<br />
Verlauf der Schmelz-Zement-Grenze (vgl. Kokich 1996). Einflussfaktoren<br />
der natürlichen Ästhetik/interdentalen bzw. interimplantären<br />
Papille: 1. Volumen des krestalen Knochens, 2. Dicke, Textur<br />
und Profil der Gingiva, 3. Design und Position des Implantats,<br />
4. Form des Zahnersatzes (Position des Kontaktpunktes, individuelle<br />
keramische Abutments; Tarnow et al. 2003, Jovanovic 2005,<br />
Zetu et Wang 2005).<br />
die marginale Parodontitis ein Risiko für Implantate darstellt,<br />
also eindeutig bejaht werden. Als Bakterienreservoir für die<br />
Implantatbesiedlung kommen neben den Nachbarzähnen<br />
(Parodontitis) der Speichel, Schleimhäute, die Zunge und<br />
Tonsillen in Frage (Laugisch et al. 2011).<br />
4. Präimplantologisches Vorgehen bei<br />
Verlust parodontaler Strukturen<br />
Dennoch profitieren auch parodontologische Patienten von<br />
einer implantologisch-prothetischen Rehabilitation. Bei<br />
bereits eingetretenem Verlust parodontaler Strukturen sollte<br />
der Behandler im Zuge der notwendigen Augmentation<br />
die natürliche Struktur, Funktion und Ästhetik als Referenz<br />
gemäß dem Grundsatz „Form is function“(Meyer et al.<br />
2012, Abb. 3) nutzen. Allgemeine und spezielle Aspekte<br />
des Hart- und Weichgewebsmanagements sind in Tab. 2<br />
zusammengefasst (Burghardt 1999, Schliephake et Iglhaut<br />
2009, Hanser 2010). Welche Augmentationstechnik gewählt<br />
wird, hängt vom Ausmaß des Attachmentverlustes und der<br />
Lokalisation ab (vgl. Terheyden 2010).<br />
Konsequenz für die Praxis:<br />
Mukogingival-chirurgische, parodontalchirurgische und<br />
klassische präprothetische Maßnahmen als Bestandteil<br />
der Implantologie <br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
25<br />
F A C H L I C H E S
Atraumatische OP-Technik insbesondere in der Frontzahnregion<br />
(Schnittführung, Schonung der bukkalen Kortikalis<br />
etc.; Burkhardt 1999, Schliephake et Iglhaut 2009).<br />
Berücksichtigung der idealen Gingiva-Architektur (Kokich<br />
1996) bzw. des ästhetischen Dreiecks (Hartgewebe –<br />
Weichgewebe – Restauration; Zetu et. Wang 2005) als<br />
Referenz (siehe Abb. 3)<br />
Beachtung der Distanzen vom Limbus alveolaris zum<br />
Kontaktpunkt der künftigen Krone (= Papillenspitze)<br />
zwecks Ausformung einer regelrecht proportionierten<br />
Gingivapapille: zwischen zwei Zähnen 5 mm, zwischen<br />
Zahn und Implantat weniger als 5 mm, zwischen zwei<br />
Implantaten 3,4 mm (Tarnow et al. 2003, Zetu et. Wang<br />
2005)<br />
5. Nachsorge – Periimplantitistherapie<br />
Die periimplantäre Mukositis bzw. Periimplantitis weisen<br />
grundsätzliche Ähnlichkeiten mit der Gingivitis bzw. Parodontitis<br />
auf, und zwar ätiologisch, immunologisch-mikrobiologisch<br />
(Dominanz der Gram-negative anaerobe Flora),<br />
klinisch, radiologisch und auch therapeutisch (Heitz-Mayfield<br />
et Lang 2000, Lang et al. 2000). Die periimplantäre<br />
Knochenregeneration ist allerdings unter ähnlichen biologischen<br />
Bedingungen einfacher zu erzielen als die Regeneration<br />
von Knochen, parodontalem Ligament und Zement,<br />
da beim Implantat lediglich zwei Arten der Oberflächen bei<br />
deren gleicher Zusammensetzung vorhanden sind (Bories<br />
et al. 2011).<br />
Die Stabilität der Parodontitis- und Periimplantitistherapie<br />
hängt von den drei gemeinsamen Schlüsselfaktoren<br />
DR. WALDEMAR REICH<br />
Jahrgang 1975, geboren in Abai<br />
(ehemalige UdSSR). Abitur 1996 in<br />
Osnabrück, Zahnmedizinstudium bis<br />
2002, Medizinstudium bis 2009 in<br />
Halle (Saale). Promotion Dr. med. dent. 2005.<br />
Seit 2009 Arzt an der Universitätsklinik und Poliklinik<br />
für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der<br />
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Direktor Prof.<br />
Dr. Dr. J. Schubert.<br />
Korrespondenzadresse<br />
Telefon:0345 5575228<br />
Fax: 0345 5575235<br />
E-Mail: waldemar.reich@medizin.uni-halle.de<br />
26 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
gute Mundhygiene,<br />
regelmäßiges Recall und<br />
Nikotinkarenz ab (Axelsson et al. 2004, Heitz-Mayfield et<br />
al. 2009, Mombelli et al. 2011, Renggli 2011).<br />
Die Einteilung des Schweregrades der Periimplantitis erfolgt<br />
in fünf Grade:<br />
Grad I: Plaque, Blutungspunkte<br />
Grad II: + geringe Taschenbildung (4-5 mm)<br />
Grad III: + Taschenbildung (> 5 mm)<br />
Grad IV: + Osteolyse<br />
Grad V: + Lockerung.<br />
Konsequenz für die Praxis:<br />
Für die Behandlung einer manifesten Periimplantitis gilt<br />
Folgendes:<br />
Ziel: gesundes periimplantäres Gewebe,<br />
Vermeidung von biologischen Komplikationen<br />
Weg: „Parodontitis-Therapie“<br />
Schritte: CIST-Protokoll<br />
(Cumulative Interseptive Supportive Therapy)<br />
– professionell unterstützte Mundhygiene, Plaque-<br />
Entfernung (mechanisch, antiseptisch, antibiotisch)<br />
– Ausschalten von Fehlbelastungen<br />
– chirurgischer Aufbau verlorener Knochensubstanz<br />
und konsequente Nachsorge (Kontrollintervalle je<br />
nach Risiko drei bis zwölf Monate)<br />
– ultima ratio Explantation (Periimplantitis Grad V).<br />
Während für die Parodontitistherapie als idealer Verabreichungszeitpunkt<br />
für die systemische Antibiose die erste<br />
nicht-chirurgische Behandlungsphase gilt (Reduktion des<br />
chirurgischen Therapiebedarfs; Mombelli et al. 2011)<br />
kommt die antibiotische systemische Therapie bei der Periimplantitis<br />
ab Grad III ohne Verzögerung zum Einsatz (Lang<br />
et al. 2000). Aufgrund der besonderen Oberflächencharakteristik<br />
(Abschn. 2 dieses Beitrages) ist bei der Periimplantitisbehandlung<br />
gegenüber der Parodontitistherapie eine<br />
chirurgische Intervention öfter und früher angezeigt (Heitz-<br />
Mayfield et al. 2010).<br />
Besonderheiten: Mechanische Plaqueentfernung<br />
Bei der Therapie der Periimplantitis sind einige wesentliche<br />
Besonderheiten in der Wahl der Methoden, Instrumente<br />
und Techniken zu beachten. Ungeeignet sind<br />
herkömmliche metallische Sonden, Küretten, Scaler.<br />
Gründe dafür sind erstens die Störung der Titanoxidschicht<br />
mit der Konsequenz einer beeinträchtigten Reosseo- und<br />
Mukointegration (Bories et al. 2011) sowie zweitens eine<br />
Zerstörung der glatten Oberfläche, was die Plaqueablagerung<br />
und Zahnsteinbildung begünstigt (Louropoulou<br />
et al. 2012).
Geeignete Instrumente und Hilfsmittel sind:<br />
– metallfreie PA-Sonden und Küretten aus Kunststoff,<br />
Keramik oder Titan,<br />
– teflonbeschichtete Spitzen für den Ultraschallscaler<br />
– Airpolisher, Pulver-(Wasser)-Druckluftgemisch<br />
– Vector ® -System (Airpolishing mit Ultraschallvibrationen)<br />
– Konventionelle Gummi-Kelche mit Polierpaste<br />
– CO2-, Dioden-, Er-YAG-Laser (Bories et al. 2011)<br />
– Chemisch-mechanische Dekontamination<br />
(CHX, Zitronensäure).<br />
Fazit<br />
Die periimplantäre und parodontale Gesundheit<br />
korrelieren miteinander.<br />
Vor dem Hintergrund der langfristigen Prognose sollte<br />
bei Parodontitis-Patienten mit fortgeschrittenem Attachementverlust<br />
im Molarenbereich (> 1 /2) die Indikation zur<br />
Extraktion eher großzügig gestellt werden (Reduktion des<br />
Keimreservoirs, Vermeidung weiteren Strukturverlustes,<br />
bessere Hygienefähigkeit).<br />
Parodontpathogene Keime gefährden den Langzeiterfolg<br />
der Implantate, unabhängig davon, ob es an der<br />
Droht Ihrer Praxis eine finanzielle Schieflage?<br />
Haben Sie eine gravierend sinkende Praxisrendite?<br />
Nimmt dadurch die Anzahl der unbezahlten<br />
Rechnungen zu?<br />
Haben Sie Probleme mit Ihrer Bank?<br />
Sind Ihre Rücklagen aufgebraucht?<br />
Haben Sie Existenzsorgen?<br />
vorbestehenden Parodontitis oder einer mangelnden<br />
systematischen periimplantären Nachsorge liegt.<br />
Es geht nicht um die Frage: Parodontologie vs. Implantologie,<br />
sondern um die Erstellung eines individuellen<br />
integrativen perioprothetischen Behandlungskonzeptes.<br />
Bei Beachtung etablierter Behandlungsprotokolle<br />
(abgeschlossenes Körperwachstum, Wundheilungspotenz,<br />
steriles Arbeiten, Infrastruktur, Nachsorge) sind implantologische<br />
Maßnahmen auch bei Parodontitispatienten mit<br />
einer guten Prognose realisierbar. Ähnliches gilt auch für<br />
die parodontologische Zahnerhaltung. <br />
Literaturliste beim Autor!<br />
— Quelle: Zahnärztliche Nachrichten Sachsen-Anhalt 6/2012<br />
1 Der Sheffield-Test dient der spannungsfreien Passung von<br />
implantat-getragenen Gerüsten. Durch Festziehen jeder einzelnen<br />
Schraube – distal beginnend – darf es auf dem Modell und in<br />
situ zu keiner Spaltbildung zwischen der Suprastruktur und<br />
anderen Implantaten kommen.<br />
2 Von Ante 1926 beschriebene Konstruktionsregel bei der Herstellung<br />
von Brücken. Die Oberfläche des Parodontiums der Brückenpfeiler<br />
sollte größer sein als die der ersetzten Zähne.<br />
Ist Ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet?<br />
Ihre KZV bietet Hilfe!<br />
Ansprechpartner Ihrer KZVN sind:<br />
Christian Neubarth<br />
Mitglied im Vorstand<br />
Telefon: 0511 8405-209<br />
Jens Wendte<br />
Abteilungsleiter Finanzen<br />
Telefon: 0511 8405-310<br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
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27<br />
F A C H L I C H E S
Fotos: © Dr. Dirk Vasel<br />
Parodontaltherapie – ein Update<br />
Was ist veraltet, was ist altbewährt<br />
und was ist aktuell? Dieser Fragestellung<br />
zur Parodontaltherapie geht der folgende Beitrag<br />
nach und ergänzt die theoretischen Grundlagen mit<br />
Konzepten für die Durchführung der Parodontaltherapie<br />
in der Praxis sowie mit klinischen Fallbeispielen. Der<br />
Leser erfährt auch, welche Innovationen therapeutischen<br />
Nutzen zeigen und welche eher kritisch zu sehen sind.<br />
Neben der Karies gehören die parodontalen Erkrankungen<br />
zu den häufigsten Erkrankungen des Menschen überhaupt.<br />
Mundgesundheitsstudien kommen zu dem Ergebnis, dass<br />
70 bis 80% der Menschen in Deutschland von parodontalen<br />
Problemen betroffen sind. Immerhin 10–15% der Bevölkerung<br />
leiden demnach unter einer schweren Form der Parodontitis<br />
an mindestens einem Zahn. Je nach Studie verwendeten<br />
Messwerten und Indizes können diese Zahlen<br />
jedoch deutlich schwanken. Der in Deutschland belegte<br />
Rückgang an Kronenkaries führt unmittelbar zu längerem<br />
Zahnerhalt. Es ist daher davon auszugehen, dass mehr<br />
und mehr Zähne dem Risiko ausgesetzt sein werden,<br />
parodontale Probleme zu entwickeln. Epidemiologisch<br />
betrachtet ist mit einer zunehmenden Prävalenz parodontaler<br />
Erkrankungen zu rechnen. Die Bedeutung zielgerichteter<br />
und effektiver parodontaltherapeutischer Strategien wird<br />
daher auf absehbare Zeit weiter zunehmen.<br />
28 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
Ätiologie parodontaler Erkrankungen<br />
Um effektive und gleichzeitig minimalinvasive Konzepte für<br />
die Behandlung parodontaler Erkrankungen entwickeln<br />
und anwenden zu können, ist das möglichst umfassende<br />
Verständnis der Ätiologie dieser Erkrankungen von großem<br />
Wert. Je besser die Ursachen verstanden werden, desto<br />
zielgerichteter kann diagnostiziert und therapiert werden<br />
und desto besser ist abzuschätzen, welche neuen Materialien<br />
und Methoden zu potenziellen Verbesserungen der<br />
diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen beitragen<br />
können.<br />
Parodontale Erkrankungen entstehen auf der Basis mannigfaltiger<br />
Wechselwirkungen zwischen dem menschlichen<br />
Organismus und seinem Immunsystem auf der einen Seite<br />
sowie bestimmten Bakterien (und möglicherweise auch Viren)<br />
auf der anderen Seite (Abb. 1). Diese Wechselwirkungen<br />
werden sowohl von genetischen als auch von erworbenen<br />
und umweltbedingten Risikofaktoren stark beeinflusst. Das<br />
Ergebnis dieses sehr komplexen multifaktoriellen Geschehens<br />
sind die klinischen Zeichen parodontaler Erkrankung,<br />
mit denen sich uns der Patient präsentiert. Je mehr wir<br />
über die individuellen Risikofaktoren und die Dynamik des<br />
Erkrankungsprozesses des Patienten wissen, desto zielgerichteter<br />
und effektiver können wir therapieren.<br />
Abb. 1: Ätiologie der Parodontitis (nach Page et al. 1997). Abb. 2: Gewebsinvasion von Porphyromonas gingivalis<br />
(Lamont, Vasel et al., 1995) Literatur.
Bakterien<br />
Gingivitis und Parodontitis sind Infektionskrankheiten, bei<br />
denen sich keine Immunität gegen die Erkrankung und<br />
ihre Erreger einstellt. Es kann also im Gegensatz zu anderen<br />
Infektionen zu keiner Ausheilung der Erkrankung kommen.<br />
Nach heutigem Verständnis ist das Vorhandensein bestimmter<br />
gramnegativer anaerober Bakterien – Porphyromonas<br />
gingivalis (Pg), Tannerella forsythensis (Tf), Aggregatibacter<br />
actinomycetemcomitans (Aa), Treponema denticola (Td)<br />
und Prevotella intermedia (Pi) – unbedingte Voraussetzung<br />
für die Parodontitisentstehung. Dabei nimmt Porphyromonas<br />
gingivalis (Pg) vermutlich eine Schlüsselstellung ein. Die<br />
Bakterien haben im Laufe der Zeit diverse Eigenschaften<br />
entwickelt, die ihnen das Überleben in der parodontalen<br />
Tasche erst ermöglichen. Neben der Schwächung der<br />
Immunabwehr hat die Fähigkeit der Invasion in subepitheliales<br />
Bindegewebe und sogar in körpereigene Zellen Konsequenzen<br />
für Diagnostik und Therapie (Abb. 2). So kann<br />
insbesondere Aggregatibacter actinomycetemcomitans (Aa)<br />
in mikrobiologischen Tests unterhalb der Nachweisgrenze<br />
liegen, während er sich gleichzeitig im parodontalen Gewebe<br />
in größerer Anzahl versteckt hält. Werden auf der Basis eines<br />
Aa-negativen Testergebnisses die anderen vier Keime, die<br />
im roten (Pg, Tf, Td) und orangen (Pi) Komplex zusammengefasst<br />
werden, erfolgreich mechanisch und ggf. antibiotisch<br />
(z. B. mit Metronidazol) reduziert, kann es zu einem Rezidiv<br />
durch das Überwuchern mit Aa kommen. Aufgrund seiner<br />
Gewebsinvasivität ist der Einsatz systemischer Antibiotika<br />
(z. B. Amoxicillin) bei Vorhandensein von Aa häufig notwendig.<br />
Sämtliche parodontopathogenen Bakterien zeichnet das<br />
Vorhandensein von Lipopolysacchariden (LPS, synonym:<br />
Endotoxin) als integraler Bestandteil ihrer Zellwand aus.<br />
Die Lipopolysaccharide können als Schlüsselstoff bei der<br />
Parodontitisentstehung gelten (s. Abb. 4). Die Bakterien organisieren<br />
sich im Bereich des Parodonts in einem komplex<br />
strukturierten Biofilm, innerhalb dessen unter anderem ein<br />
primitiver Stoffwechselkreislauf stattfindet. Der Biofilm<br />
ermöglicht es den Bakterien erst, in der feindlichen Umgebung<br />
der parodontalen Tasche zu überleben. In seinem<br />
Schutz widerstehen die Bakterien sowohl der Immunabwehr<br />
des Organismus als auch lokalen und systemischen<br />
antimikrobiellen Substanzen und Antibiotika. Die Zerstörung<br />
des Biofilms muss daher nach wie vor mechanisch<br />
erfolgen. Die früher praktizierte aggressive Entfernung des<br />
mutmaßlich mit Endotoxinen verseuchten Wurzelzementes<br />
durch Wurzelglättung ist dafür aber nicht notwendig. Vielmehr<br />
nimmt man dem Organismus Regenerationspotenzial<br />
durch zu invasives Root Planing.<br />
Bei einer fortgeschrittenen Parodontitis kommt es aufgrund<br />
der immensen Menge an Bakterien bereits beim Kauen<br />
und Zähneputzen zu einer Bakteriämie. Die sich daraus<br />
ergebende chronische Belastung des Körpers mit den<br />
Parodontalkeimen und ihren Endotoxinen führt zu Auswirkungen<br />
auf den gesamten Organismus (u. a. Herz-Kreislauf-<br />
System, Komplikationen beim Diabetes mellitus). Für die<br />
Interpretation mikrobiologischer Tests ist des Weiteren zu<br />
berücksichtigen, dass es unterschiedliche Klone einer<br />
Bakterienspezies gibt, die sehr unterschiedlich pathogen<br />
sein können. Die verfügbaren kommerziellen Tests können<br />
dies nicht differenzieren. Ähnlich wie in der Kariologie<br />
werden auch Parodontalkeime bei engem Kontakt von<br />
Mensch zu Mensch übertragen. Wenn beide Partner von<br />
einer Parodontitis betroffen sind, aber nur einer davon in<br />
entsprechender Behandlung ist, kann dies zu erhöhter<br />
Rezidivgefahr beim in Behandlung stehenden Patienten<br />
führen. Idealerweise sollten daher beide Partner parallel<br />
untersucht und nötigenfalls behandelt werden.<br />
Gingivitis<br />
Ein Biofilm im Bereich des Gingivasaumes löst eine Reaktion<br />
des Immunsystems aus (Abb. 3). Dabei verlassen große<br />
Mengen von polymorphkernigen neutrophilen Granulozyten<br />
(PMN) die lokalen Blutgefäße und wandern in Richtung<br />
Biofilm. Die PMNs versuchen den Biofilm zu beseitigen,<br />
scheitern jedoch an dessen Widerstandsfähigkeit (s. o.).<br />
Zugrunde gehende PMNs setzen eine Vielzahl bioaktiver<br />
Substanzen frei, die klinisch die typischen Entzündungszeichen<br />
einer Gingivitis zur Folge haben. Aufgrund der großen<br />
Anzahl neutrophiler Granulozyten gelingt es dem Organismus<br />
jedoch den Biofilm gegen das Körperinnere abzukapseln.<br />
Solange dieser Granulozytenwall mit Hilfe ständig nachströmender<br />
PMNs aufrechterhalten werden kann, verharrt<br />
der Infektions- und Entzündungsprozess im Stadium der<br />
reversiblen Gingivitis. Die professionelle Beseitigung des<br />
Biofilms führt zu einer Restitutio ad integrum. <br />
Abb. 3: Abläufe bei einer Gingivitis.<br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
29<br />
F A C H L I C H E S
Abb. 4: Abläufe bei einer Parodontitis.<br />
<br />
Parodontitis<br />
Sowohl genetische (z. B. Neutropenie) als auch andere Risikofaktoren<br />
(z. B. Rauchen oder Diabetes mellitus) können<br />
dazu führen, dass ein funktionierender Granulozytenwall<br />
entweder gar nicht erst aufgebaut oder aber insuffizient<br />
werden kann. In der Folge können parodontalpathogene<br />
Bakterien und insbesondere deren Lipopolysaccharide<br />
(Endotoxine) in größerer Menge in das parodontale<br />
Gewebe und damit das Körperinnere eindringen (Abb. 4).<br />
Dies wiederum löst eine Kaskade weiterer Prozesse innerhalb<br />
des Parodonts aus, mit denen der Organismus nun<br />
versucht, den betroffenen Zahn abzustoßen. Die Endotoxine<br />
stimulieren körpereigene Zellen (z. B. Makrophagen) dazu,<br />
weit über das normale Maß hinaus Kollagenasen zu<br />
produzieren, die den Faserapparat des Parodonts zerstören.<br />
Des Weiteren werden erhebliche Mengen bioaktiver<br />
Botenstoffe (TNFα, IL-1β, PGE2) ausgeschüttet, die die<br />
Osteoklasten aktivieren und die Osteoblastentätigkeit<br />
reduzieren. Die Folge ist ein irreversibler Attachmentverlust,<br />
also eine Parodontitis. Bei der Parodontitis handelt es sich<br />
demnach um einen durch Bakterien provozierten Selbstzerstörungsprozess<br />
des Körpers.<br />
Genetische Risikofaktoren<br />
Eine genetische Prädisposition für Parodontitis besteht<br />
zumeist aufgrund damit einhergehender negativer Einflüsse<br />
auf das Immunsystem. So ist bei der lokalen aggressiven<br />
Parodontitis häufig ein genetisch bedingter Funktionsdefekt<br />
der neutrophilen Granulozyten nachweisbar. Darüber hinaus<br />
sind Genvarianten beschrieben worden, welche Menge<br />
und Funktion des wichtigen Antikörpers IgG2 negativ<br />
beeinflussen und damit zu einer Schwächung der Immunabwehr<br />
führen. Andere Genvarianten führen zu erhöhter<br />
Produktion bioaktiver Botenstoffe (u. a. IL-1β, PGE2), welche<br />
die Knochenzerstörung stimulieren. So ist bekannt, dass das<br />
30 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
Allel 2 des IL-1b-Gens zu einer nahezu vierfach erhöhten<br />
Ausschüttung von IL-1β und damit einem rascheren<br />
Knochenverlust führen kann. Der so genannte Parodontitisrisikotest<br />
(PRT) beruht auf diesem Zusammenhang. Allerdings<br />
erhöht das Vorhandensein dieses Allels (Prävalenz in<br />
der Bevölkerung 25–30%) per se nicht das Risiko für die<br />
Entstehung einer Parodontitis, sondern steigert die<br />
Wahrscheinlichkeit eines aggressiveren Verlaufes einer<br />
bereits eingetretenen Parodontitis.<br />
Rauchen als Risikofaktor<br />
Durch Rauchen kommt es zur Aufnahme vieler toxischer<br />
Substanzen in den Organismus. Als Folge kann es unter<br />
anderem zu Beeinträchtigungen der Immunabwehr (z. B.<br />
reduzierte Funktion neutrophiler Granulozyten),<br />
schlechterer Wundheilung und deutlich verminderter Effektivität<br />
parodontaltherapeutischer Maßnahmen kommen.<br />
So ist das Risiko für Knochenverlust bei starken Rauchern<br />
(ab 10–15 Zigaretten pro Tag) sieben- bis achtmal größer<br />
als bei Nichtrauchern. Laut einer Publikation von Haber et al.<br />
sind bei den 20- bis 40-Jährigen 30 bis 50% der Parodontalerkrankungen<br />
hauptsächlich dem Rauchen geschuldet.<br />
Bei Patienten mit refraktärer Parodontitis handelt es sich<br />
sogar in 85 bis 90% der Fälle um Raucher. Die Raucherentwöhnung<br />
ist damit unverzichtbarer Bestandteil vorbeugender<br />
und therapeutischer Maßnahmen.<br />
Weitere Risikofaktoren<br />
Diabetes mellitus führt zu erhöhter Parodontitisprävalenz.<br />
Dies kann unter anderem mit einer Funktionsstörung der<br />
PMNs, der erhöhten Ausschüttung entzündungsfördernder<br />
Botenstoffe und dem gestörten Bindegewebs- und<br />
Knochenmetabolismus zusammenhängen. Die optimale<br />
Einstellung des Diabetes sollte höchste Priorität haben, da<br />
dies zu einer deutlichen Risikoreduzierung führt. Faktoren<br />
und Umstände, die zur chronischen Belastung des Immunsystems<br />
führen, erhöhen ihrerseits das Risiko für parodontale<br />
Erkrankungen. Hierzu gehört neben Erkrankungen<br />
des Immunsystems (z. B. HIV) wahrscheinlich auch nicht<br />
kompensierter psychosozialer Stress. Im Umkehrschluss<br />
bedeutet dies, dass sich eine Stärkung des Immunsystems<br />
positiv auf die parodontale Situation auswirken sollte.<br />
Chronische Parodontitis (lokalisiert/generalisiert)<br />
Von einer chronischen Parodontitis sind meist ältere Patienten<br />
ab dem 50. Lebensjahr betroffen (Abb. 5). Ursächlich ist<br />
häufig die Summation multipler Risikofaktoren wie<br />
Rauchen, chronischer belastender Stress, Diabetes mellitus,<br />
insuffiziente Restaurationen und schlechte Mundhygiene<br />
anzutreffen. Der Einfluss der genetischen Prädisposition ist
Abb. 5: 52-jähriger Patient mit chronischer Parodontitis. Abb. 6: 33-jähriger Patient mit aggressiver Parodontitis.<br />
eher als gering einzuschätzen. Der Knochenverlust hat<br />
überwiegend horizontalen Charakter, während vertikale<br />
Einbrüche eher die Ausnahme sind. Der Patient ist sich der<br />
Probleme häufig nicht wirklich bewusst, da er in der Regel<br />
keine Beschwerden hat und das Symptom Zahnfleischbluten<br />
gerne ignoriert wird. Den Patienten zu der erforderlichen<br />
Therapie zu motivieren, die umfangreich, eher unangenehm<br />
und mit Kosten verbunden ist, kann im Einzelfall schwierig<br />
sein.<br />
Aggressive Parodontitis (lokalisiert/generalisiert)<br />
Die häufig in Schüben rasch fortschreitende aggressive<br />
Parodontitis betrifft vielfach junge Patienten zwischen dem<br />
15. und 40. Lebensjahr (Abb. 6). Genetische Prädisposition,<br />
hochvirulente Erreger und Rauchen sind hier die Hauptrisikofaktoren.<br />
Der Knochenverlust ist meist deutlich ungleichmäßiger<br />
als bei der chronischen Parodontitis und zeigt fast<br />
immer multiple vertikale Defekte. Da sich die Patienten<br />
ihrer Probleme häufig bereits bewusst sind und sie Angst<br />
vor Zahnverlust haben, sollte die Motivation zur Mitarbeit<br />
leichter gelingen als bei Patienten mit chronischer Parodontitis.<br />
Die frühzeitige Entdeckung der Erkrankung und die<br />
konsequente Therapie sind für die Prognose der betroffenen<br />
Zähne entscheidend.<br />
Systematische Parodontaltherapie<br />
Obwohl die Mundhygiene nicht die Hauptursache der Parodontitis<br />
ist, kann eine Vorbehandlung mit professioneller<br />
Zahnreinigung (PZR) und Mundhygieneinstruktion Sinn<br />
haben (Tab. 1). Durch die Vorbehandlung können v. a. bei<br />
der chronischen Parodontitis Pseudotaschen beseitigt und<br />
damit der Umfang der zusätzlich erforderlichen Behandlungsmaßnahmen<br />
reduziert werden. Darüber hinaus kann<br />
mit der Vorbehandlung auch die Motivation des Patienten<br />
zur konsequenten Mitarbeit überprüft werden. Nach Vorbe-<br />
handlung und umfassender parodontaler Diagnostik erfolgt<br />
in der folgenden Phase der Initialtherapie die eigentliche<br />
Ursachenbeseitigung (Tab. 1). Idealerweise werden Konkremente<br />
und Biofilm dem Konzept des Full Mouth Scaling<br />
(FMS) folgend innerhalb von 24 Stunden geschlossen entfernt.<br />
Zwangsläufig kommt es im Zuge dieser Maßnahme<br />
zu einer mehr oder weniger starken Verschleppung <br />
Mundhygienephase/PA-Vorbehandlung<br />
Optimierung der Mundhygiene und<br />
Lebensumstände<br />
Professionelle Zahnreinigung (PZR)<br />
Überprüfung der Motivation,<br />
Beseitigung von Pseudotaschen<br />
Initialtherapie<br />
Deep Scaling – FMS (24 h)<br />
kleine PZR/ZR und Optimierung der Mundhygiene<br />
nach 1 und ggf. 3 und 5 Wochen<br />
ggf. zusätzlich systemische Antibiotika<br />
(nur aggressive PAR)<br />
Reevaluation nach zehn bis 12 Wochen<br />
- kompletter PAR-Status<br />
2. Phase<br />
ggf. erneute Biofilm- bzw. Konkremententfernung<br />
(offen/geschlossen)<br />
ggf. Entfernung therapieresistenter Zähne<br />
ggf. systemische Antibiotika<br />
parodontale Erhaltungstherapie (Recall)<br />
Kieferorthopädie, Prothetik, Implantologie<br />
regenerative Therapie<br />
- Emdogain<br />
- Eigenknochen, Knochenersatzmaterial<br />
Tab. 1: Therapiekonzept.<br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
31<br />
F A C H L I C H E S
parodontalpathogener Keime in die Blutbahn (Bakteriämie).<br />
Diese Bakteriämie kann insbesondere am Behandlungstag<br />
Nebenwirkungen hervorrufen, die von Abgeschlagenheit bis<br />
zu massivem Schüttelfrost reichen. Diese Nebenwirkungen<br />
beruhen primär auf einer Reaktion des Immunsystems, die<br />
vergleichbar nach Impfungen auftreten kann. Es empfiehlt<br />
sich daher, die Patienten bereits im Vorfeld auf diese meist<br />
nur am Behandlungstag selbst auftretenden Erscheinungen<br />
hinzuweisen und vom Autofahren im Anschluss an die<br />
Behandlung abzuraten. Während der folgenden sieben<br />
Tage soll der Patient auf die Interdentalreinigung verzichten<br />
und auch beim Zähneputzen das Zahnfleisch aussparen, um<br />
die Gingiva nicht weiter zu traumatisieren. Zur Reduktion<br />
der Belagsneubildung sollte der Patient zweimal täglich mit<br />
einer Chlorhexidin-(CHX) Lösung (0,2% ) spülen. Eine Woche<br />
nach FMS erfolgt eine kurze PZR, um weiche Beläge und<br />
Verfärbungen zu entfernen. Des Weiteren finden hierbei eine<br />
Zungenreinigung (ZR) mit CHX-Gel sowie Mundhygienereinstruktion<br />
und -remotivation statt. Ab diesem Zeitpunkt soll<br />
der Patient wieder mit allen empfohlenen Mundhygienemaßnahmen<br />
beginnen. Bei aggressiver Parodontitis sollte<br />
die kurze PZR noch ein- bis zweimal im 14-tägigen Abstand<br />
erfolgen, um eine möglichst optimale Wundheilung zu<br />
erzielen. Ziel der Bemühungen ist es, die Taschentiefe auf<br />
maximal 5 Millimeter zu reduzieren, um eine langfristig<br />
günstige Prognose für die Zähne zu erreichen.<br />
10–12 Wochen nach FMS erfolgt die Überprüfung des vorläufigen<br />
Behandlungsergebnisses anhand eines kompletten<br />
Parodontalstatus (Reevaluation). Zu diesem Zeitpunkt fällt<br />
die Entscheidung über weitere Behandlungsmaßnahmen.<br />
Diese können die Wiederholung des geschlossenen Deep<br />
Scaling an verbliebenen Problembereichen, die Extraktion<br />
therapieresistenter Zähne, das lokale offene Scaling oder<br />
aber den Beginn der parodontalen Erhaltungstherapie<br />
beinhalten. Innerhalb der folgenden 9–12 Monate ist bei<br />
konsequentem Vorgehen mit einer weiteren Reduktion der<br />
Taschentiefen und der Entzündungsaktivität zu rechnen.<br />
Kieferorthopädische, prothetische und implantologische<br />
Maßnahmen dürfen erst nach Herstellung weitestgehender<br />
Entzündungsfreiheit begonnen werden. Regenerative Maßnahmen<br />
eignen sich nur bei vertikalen Knochendefekten<br />
oder Furkationsbefall Grad II im Unterkiefer, wobei das<br />
Rauchen die Erfolgsaussichten regenerativer Maßnahmen<br />
erheblich reduziert. Da gerade vertikale Defekte ein nicht<br />
unerhebliches Potenzial für körpereigene Regeneration<br />
zeigen, sollte nicht zu früh chirurgisch interveniert werden.<br />
Eine erneute Reevaluation und Röntgenkontrolle dieser<br />
Defekte 12 Monate nach FMS sollte vor einem solchen<br />
Eingriff erfolgen.<br />
32 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
Antibiotika<br />
Die Indikationsstellung für Antibiotika muss immer sehr<br />
streng erfolgen. Nur bei aggressiver Parodontitis oder sehr<br />
schwerem Verlauf der chronischen Parodontitis kann die<br />
Gabe systemischer Antibiotika erwogen werden. Die<br />
Entscheidung dafür sollte in diesen Fällen unter anderem<br />
abhängig gemacht werden von erfolglosen Behandlungsversuchen<br />
in der Vergangenheit, Allgemeinerkrankungen, bereits<br />
erfolgten Antibiotikagaben, Medikamentenunverträglichkeiten<br />
etc. Das Ergebnis einer mikrobiologischen Untersuchung<br />
allein ist für die Indikationsstellung nicht ausreichend.<br />
Wichtig ist, die Antibiose immer im Zusammenhang<br />
mit der mechanischen Biofilmentfernung zu verordnen.<br />
Eine Besonderheit stellt die seltene Form der lokalisierten<br />
aggressiven Parodontitis dar. Sehr häufig ist Aggregatibacter<br />
actinomycetemcomitans (Aa) der Schlüsselkeim dieser<br />
Verlaufsform. Aufgrund seiner Gewebsinvasivität lässt sich<br />
Aa dabei meist nicht allein durch rein mechanische Biofilmentfernung<br />
beseitigen, sodass eine systemische Antibiose<br />
erforderlich sein kann.<br />
Die Antibiose der Wahl ist in der Regel der so genannte<br />
Winkelhoff-Cocktail, bestehend aus Amoxicillin (alternativ:<br />
Ciprofloxacin) und Metronidazol (alternativ: Clindamycin).<br />
Der Cocktail wirkt sowohl gegen Aa als auch gegen die<br />
Bakterien des roten und orangenen Komplexes. Wird auf<br />
der Basis eines Keimtestes nur ein Präparat verschrieben,<br />
besteht ein erhöhtes Risiko dafür, dass die nicht antibiotisch<br />
therapierten Keime überwuchern und es zum Rezidiv<br />
kommt. Denn selbst bei negativem Testergebnis (Anzahl<br />
der Bakterien in der getesteten Tasche unterhalb der<br />
Nachweisgrenze) ist davon auszugehen, dass genug<br />
vermehrungsfähige Keime in den Nischen der Mundhöhle<br />
vorhanden sein können.<br />
Biofilm- und Konkremententfernung<br />
Ziel der Beseitigung von Biofilm und Konkrementen ist<br />
die Schaffung einer biokompatiblen Wurzeloberfläche. Die<br />
vollständige Beseitigung aller Bakterien wäre zwar wünschenswert,<br />
ist aber in der Realität nicht erreichbar. Die<br />
Reaktion der parodontalen Gewebe auf die möglichst<br />
gründliche, gleichzeitig aber auch schonende Reinigung ist<br />
von Patient zu Patient verschieden. Aus diesem Grund ist<br />
die Reevaluation und damit die Überprüfung des Therapieergebnisses<br />
nach 10–12 Wochen (s. o.) unerlässlich. Der<br />
biologische Gegner bei der Parodontitisbekämpfung ist der<br />
Biofilm. Die Konkremente sollten zwar ebenfalls möglichst<br />
gründlich entfernt werden, sie sind aber eher unerwünscht,<br />
weil sie dem Biofilm Anhaftungsmöglichkeiten bieten und<br />
der Mundhygiene sowie dem effektiven Biofilmmanagement<br />
während der parodontalen Erhaltungstherapie im Weg
Abb. 7: Schall- und Ultraschallsysteme.<br />
stehen können. Für die effektive Konkremententfernung<br />
stehen scharfe Küretten, Schall- und Ultraschallsysteme<br />
sowie bestimmte Laser zur Verfügung (Abb. 7). Für die<br />
Zerstörung des Biofilms sind stumpfe Küretten sowie<br />
Schall- und Ultraschallsysteme in niedriger Einstellung<br />
absolut ausreichend. Darüber hinaus können in bis zu<br />
5 Millimeter tiefen Taschen Pulver-/Wasserstrahlgeräte mit<br />
dafür speziell entwickelten Pulverzusätzen eingesetzt<br />
werden. Der alleinige Einsatz lokaler Antibiotika oder der<br />
antimikrobiellen photodynamischen Therapie (aPDT) ist<br />
eher kritisch zu betrachten (siehe „Eigenschaften des<br />
Biofilms“ unter der Zwischenüberschrift „Bakterien“).<br />
Parodontale Erhaltungstherapie (PET)<br />
Das Ziel der parodontalen Erhaltungstherapie ist es, den<br />
Langzeiterfolg der systematischen Parodontaltherapie zu<br />
sichern. Um das unbemerkte Fortschreiten der Erkrankung<br />
in einzelnen Problembereichen zu verhindern und lokale<br />
Rezidive frühzeitig zu erkennen, empfiehlt es sich, mindestens<br />
einmal jährlich einen kompletten Parodontalstatus<br />
zu erheben. Zentraler Bestandteil der PET ist das langfristige<br />
effektive Biofilmmanagement. In Taschen, die ein Bleeding<br />
on Probing (BOP) zeigen oder tiefer als 5 Millimeter sind,<br />
erfolgt eine schonende Biofilmentfernung (manuell oder<br />
Anamnese (systemische Erkrankungen, Rauchen,<br />
Behandlungsversuche etc.)<br />
Compliance, Mundhygiene des Patienten<br />
Prozentsatz BOP + Stellen (Schwelle 25 %)<br />
Furkationsbefall<br />
Attachmentverlust in Relation zum Alter<br />
Anzahl bereits verlorener Zähne<br />
Anzahl Sondierungstiefen über 5 mm<br />
Tab. 2: Abhängigkeit des Recallintervalls.<br />
maschinell). Bei Rauchern ist zu beachten, dass die Blutungsneigung<br />
durch das Rauchen künstlich reduziert und<br />
das BOP daher nur eingeschränkt aussagekräftig ist. Insbesondere<br />
vor der maschinellen Reinigung empfiehlt es<br />
sich, den Patienten zwei Minuten mit 0,2%iger CHX-Lösung<br />
spülen zu lassen. Damit wird die Keimbelastung im<br />
Aerosol erheblich (bis zu 90% ) reduziert. Durch die Parodontaltherapie<br />
kommt es zu erheblichen Veränderungen<br />
der Mikrobiologie in der Mundhöhle. Darüber hinaus<br />
entstehen aufgrund der Gesundschrumpfung der parodontalen<br />
Gewebe nach der Parodontaltherapie nicht selten<br />
freiliegende Wurzeloberflächen. Beides zusammen kann<br />
zu einem deutlichen Anstieg des Kariesrisikos führen. Die<br />
Karies- und ganz besonders die Wurzelkariesprophylaxe<br />
sind daher essenzielle Bestandteile der PET. Als Intervall<br />
hat sich für das erste Jahr nach Behandlungsbeginn ein<br />
Drei-Monats-Zeitraum bewährt. Ab dem zweiten Jahr wird<br />
das Recallintervall immer wieder individuell überprüft und<br />
angepasst, abhängig von einer Reihe von Parametern (Tab. 2).<br />
Häusliche Mundhygiene<br />
Die Bedeutung der häuslichen Mundhygiene für die Entstehung<br />
einer Parodontitis und den Erfolg der parodontalen<br />
Erhaltungstherapie wurde in der Vergangenheit möglicherweise<br />
überschätzt. Eine Reihe von Studien (u.a. Albander<br />
et al., 1995; Hugoson et al., 1998 und 2000; Merchant et al.,<br />
2002) kommt zu dem Ergebnis, dass auch eine effektive<br />
häusliche Mundhygiene die Entstehung einer Parodontitis<br />
bei Risikopatienten (genetische Prädisposition, Rauchen,<br />
Diabetes mellitus) nicht verhindern kann. Vielmehr bedarf<br />
es bei anfälligen Patienten einer Kombination aus<br />
häuslicher Mundhygiene und professioneller Prophylaxe.<br />
Ramfjord et al. publizierten 1982 eine Studie, für die sie<br />
Parodontitispatienten untersuchten, die sich über einen<br />
Zeitraum von 8 Jahren in der parodontalen Erhaltungstherapie<br />
befunden hatten. Das Ergebnis war, dass der Erfolg<br />
der Erhaltungstherapie unabhängig von der häuslichen<br />
Mundhygiene der Patienten war. Im Jahr 1994 kam eine<br />
Studie von Bakdash zu einem ähnlichen Ergebnis. Im<br />
Umkehrschluss bedeutet dies, dass für die Vermeidung<br />
parodontaler Erkrankungen die regelmäßige professionelle<br />
Zahnreinigung und für die Rezidivvermeidung nach erfolgter<br />
Parodontaltherapie die regelmäßige Teilnahme an der<br />
parodontalen Erhaltungstherapie wichtiger sind als die<br />
Qualität der häuslichen Mundhygiene. Eine gute häusliche<br />
Mundhygiene ist aber aus anderen Gründen dennoch<br />
wichtig. So ist sie bedeutend für die Vermeidung von<br />
Karies und bei freiliegenden Wurzeloberflächen insbesondere<br />
von Wurzelkaries. Darüber hinaus ist das diagnostisch<br />
wichtige Bleeding on Probing (BOP) nur aussagekräftig, wenn<br />
es beim Sondieren nicht schon aufgrund einer ausgeprägten<br />
Gingivitis zu sofortiger Blutung am Gingivalsaum kommt. <br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
33<br />
F A C H L I C H E S
Innovationen<br />
Zu den Möglichkeiten moderner Diagnostik gehören die<br />
auf molekularbiologischen Verfahren beruhenden mikrobiologischen<br />
Tests und der genetische Risikotest PRT. Auf<br />
beide Tests wurde weiter oben bereits eingegangen (u. a.<br />
unter der Zwischenüberschrift „Bakterien“ und „Genetische<br />
Risikofaktoren“). Ein erst vor kurzem neu eingeführter Test<br />
bestimmt chairside das Vorhandensein der aktiven Matrixmetalloproteinase-8<br />
(eine Kollagenase) in der Mundhöhle<br />
des Patienten. Inwiefern sich aus dem Testergebnis<br />
konkrete Konsequenzen für die Therapie ergeben, sollten<br />
entsprechende klinische Studien eruieren. Im Jahr 1998<br />
bekam in den USA das Medikament Periostat seine Marktzulassung<br />
(mittlerweile in Deutschland ebenfalls auf dem<br />
Markt). Es handelt sich dabei um ein niedrig dosiertes<br />
Antibiotikum (Doxycyclin), welches die gewebszerstörende<br />
Wirkung der Kollagenasen hemmt. Allerdings kann das<br />
Medikament die systematische Parodontaltherapie nur<br />
unterstützen und nicht ersetzen. Die Einnahmedauer wird<br />
mit drei bis neun Monaten angegeben, was mit möglichen<br />
Compliance-Problemen und erheblichen Mehrkosten für<br />
den Patienten einhergeht. Des Weiteren ist das langfristige<br />
Risiko für Resistenzentwicklungen auch bei niedriger<br />
Dosierung (2 x 20 mg/d) schwer abschätzbar, weshalb die<br />
Verordnung nicht unkritisch zu sehen ist. Diverse lokale Antibiotika<br />
stehen für die zusätzliche antimikrobielle Behandlung<br />
einzelner Problembereiche zur Verfügung. Wichtig ist<br />
hierbei, dass diese Medikamente in einer Form in die Tasche<br />
eingebracht werden, die zur therapeutischen Verfügbarkeit<br />
der Substanzen über mehrere Tage hinweg führt (hohe<br />
Substantivität). Lokal applizierte flüssige oder rein gelförmige<br />
Substanzen werden durch die hohe Sulkusfluidfließrate sehr<br />
schnell unter ihre therapeutisch wirksame Konzentration<br />
verdünnt, womit der Effekt fraglich ist. Alternativ zu den<br />
Lokalantibiotika wird ein 2,5 Milligramm CHX beinhaltender<br />
Chip angeboten, der seinen Wirkstoff innerhalb von 7–10<br />
Tagen in der Tasche freisetzt. Mit Resistenzentwicklungen<br />
ist beim Einsatz von CHX nicht zu rechnen. Die Hauptindikation<br />
lokal antimikrobiell oder antibiotisch wirkender<br />
Substanzen ist das lokale Taschenrezidiv während der<br />
parodontalen Erhaltungstherapie. Der Applikation dieser<br />
Medikamente sollte immer die schonende Biofilmentfernung<br />
vorausgehen. Zur Regeneration vertikaler Knochendefekte<br />
kommen Verfahren der Guided Tissue Regeneration<br />
(GTR) mit Membranen, Defektfüllern unterschiedlicher<br />
Herkunft und Schmelzmatrixproteine in Betracht. Bei den<br />
aus Schweinen gewonnenen Schmelzmatrixproteinen<br />
(SMP) handelt es sich um Wachstumsfaktoren aus der<br />
Zahnentwicklung, die zu signifikanten und mit der Membrantherapie<br />
vergleichbaren Attachmentgewinnen führen<br />
können. Allerdings liegt die Komplikationsrate beim Einsatz<br />
der SMP deutlich unter der bei Membrananwendung.<br />
34 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
Klinische Fälle<br />
Patient 1<br />
Der 34-jährige Patient (Nichtraucher) stellte sich ein Jahr<br />
nach systematischer PARTherapie 1999 alio loco mit<br />
einem Rezidiv bei uns vor. Die Diagnose lautete:<br />
lokalisierte aggressive Parodontitis (Abb. 8). Dazu passend<br />
wurde mit einem mikrobiologischen Test Aa in sehr stark<br />
erhöhter Konzentration nachgewiesen, während die anderen<br />
vier Spezies unter der Nachweisgrenze lagen (Abb. 9).<br />
Nach entsprechender Diagnostik erfolgte ein geschlossenes<br />
Abb. 8: Patient mit lokalisierter aggressiver Parodontitis (Jahr 2000).<br />
Abb. 9: Ergebnis des mikrobiologischen Tests.
05/2000 01/2002<br />
2007 2010<br />
Abb. 10: Entwicklung der Knochensituation in Regio 36/37.<br />
05/2000 01/2002<br />
05/2005: klinische u. röntgenolog. Situation vor regenerativer Therapie<br />
OP Naht<br />
4 d post OP 21 d post OP<br />
Abb. 11: Rückgang des vertikalen Defektes.<br />
2005 2006 2007 2010<br />
Abb. 12: Knochensituation in Regio 43 post OP.<br />
Abb. 13: Situation des Zwillingsbruders.<br />
Deep Scaling der betroffenen Parodontien und die Verordnung<br />
von Amoxicillin und Metronidazol (Winkelhoff-Cocktail).<br />
Seit nunmehr elf Jahren befindet sich der Patient in<br />
konsequenter parodontaler Erhaltungstherapie (PET). Die<br />
Entwicklung der Knochensituation in Regio 36/37 ist in<br />
Abbildung 10 zu sehen. Da der vertikale Defekt mesial 43<br />
nicht komplett spontan regenerierte, wurden hier in einem<br />
mikrochirurgischen Eingriff Schmelzmatrixproteine appliziert,<br />
was in der Folge zum weiteren Rückgang des vertikalen<br />
Defektes führte (Abb. 11 u. 12). Interessanterweise hat der<br />
Patient einen eineiigen Zwillingsbruder, der sich im Jahr<br />
2008 erstmals vorstellte. Bei diesem sind ebenfalls in<br />
Regio 26/27 sowie 36/37 Knochendefekte erkennbar.<br />
Anstatt an 43 zeigt er allerdings an 11 mesial einen<br />
vertikalen Defekt (Abb. 13). Die parodontale Situation der<br />
beiden Zwillingsbrüder zeigt, dass die genetische Prädisposition<br />
eine wichtige Rolle spielt, das Ausmaß der Parodontitis<br />
aber offensichtlich auch von weiteren Risikofaktoren<br />
mitbestimmt wird.<br />
Patient 2<br />
Die 54-jährige Patientin stellte sich im April 2006 erstmalig<br />
in unserer Praxis vor. Die Verdachtsdiagnose lautete:<br />
schwere generalisierte chronische Parodontitis. Die Prognose<br />
der Zähne 11, 26 und 27 war zu diesem Zeitpunkt bereits<br />
hoffnungslos (Abb. 14). Es wurde eine systematische Parodontaltherapie<br />
nach dem FMS-Konzept durchgeführt und<br />
der Winkelhoff-Cocktail für sieben Tage verordnet. Die nicht<br />
erhaltungswürdigen Zähne wurden entfernt. Es erfolgte <br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
35<br />
F A C H L I C H E S
Abb. 14: OPG im April 2006. Abb. 17: OPG im März 2009.<br />
Abb. 15: OPG im April 2007.<br />
Abb. 16: OPG im Januar 2011.<br />
<br />
ein konsequentes Drei-Monats-Recall und eine Röntgenkontrollaufnahme<br />
im April 2007 (Abb. 15). Es zeigte<br />
sich eine erhebliche Verbesserung der knöchernen Situation<br />
im Bereich der vertikalen Defekte (z. B. Zahn 43), aber<br />
auch im Bereich der Bifurkationen des Unterkiefers. Kurze<br />
Zeit später wurde unter zeitgleicher Augmentation ein Implantat<br />
in Regio 11 inseriert. Abbildung 16 zeigt die Situation<br />
im Januar 2011. Die knöcherne Situation hat sich nicht<br />
nur stabilisiert, sondern unter dem weiteren dreimonatigen<br />
Recall weiter verbessert.<br />
36 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
Abb. 18: Aufnahmen im November 2011.<br />
Abb. 19: Verlauf der Sondiertiefen.
Patient 3<br />
Die 49-jährige Patientin stellte sich im März 2009 erstmals<br />
bei uns vor. Die Verdachtsdiagnose lautete: lokalisierte<br />
aggressive Parodontitis (Abb. 17). Die Behandlung erfolgte<br />
analog zu Patient 1. Im November 2010 wurden Aufnahmen<br />
zur röntgenologischen Kontrolle der vertikalen Knochendefekte<br />
angefertigt. Es zeigten sich erhebliche spontane<br />
Defektfüllungen (körpereigene Regeneration) in Regio 16,<br />
13, 26, 45 und 47 (Abb. 18). Abbildung 19 zeigt den Verlauf<br />
der Sondierungstiefen (Ausgangssituation, Reevaluation<br />
nach drei Monaten, Kontrolle nach einem Jahr). <br />
Literaturliste unter www.zmk-aktuell.de/literaturlisten<br />
Korrespondenzadresse:<br />
Dr. Dirk Vasel<br />
Zahnärztliche Gemeinschaftspraxis<br />
Dres. Vasel & Ketabi<br />
Epplestraße 29A, 70597 Stuttgart,<br />
www.vasel-ketabi.de<br />
— Quelle: ZMK 6/2011<br />
DR. DIRK VASEL<br />
1992 Approbation und Promotion,<br />
Universität Tübingen<br />
1993–1995 Zweijähriger<br />
Forschungsaufenthalt mit einem<br />
Stipendium der Deutschen<br />
Forschungsgemeinschaft (DFG) in Seattle, Washington,<br />
USA, Abteilung für Parodontologie (Prof. Roy C. Page)<br />
1995–1998 3 Jahre wissenschaftl. Assistent, Abteilung für<br />
Prothetik und Implantologie an der Universitätszahnklinik<br />
Tübingen (Direktor: Prof. H. Weber)<br />
1998–2003 5-jährige Tätigkeit als Zahnarzt – davon<br />
2,5 Jahre als Oberarzt am Zahnmedizinischen Fortbildungszentrum<br />
Stuttgart, Tätigkeitsschwerpunkt Parodontologie/<br />
ästhetische Zahnheilkunde (Direktor: Prof. J. Einwag)<br />
Fortbildungsreferent für Prophylaxe und Parodontologie<br />
ebendort Vorträge und Fortbildungsveranstaltungen im<br />
In- und Ausland/Autor nationaler und internationaler<br />
Publikationen (u. a. Kapitel ‚Parodontologie’ im Klinik- und<br />
Praxisführer Zahnmedizin, Thieme Verlag)<br />
2003 Niederlassung in Gemeinschaftspraxis<br />
mit Dr. Ali-Reza Ketabi (MSc Implantologie und<br />
Prothetikspezialist [DGPto]) in Stuttgart<br />
2007 Ernennung zum Spezialisten für Parodontologie<br />
der DGP<br />
Spendenaufruf für die Aktion „Stoppt-die-e-Card“<br />
Die elektronische Gesundheitskarte ist eine Gefahr für die ärztliche Schweigepflicht und für eine gute<br />
medizinische Versorgung. Hier werden Milliarden für ein industriegetriebenes Projekt ausgegeben, das<br />
nicht den Bedürfnissen der Patienten gerecht wird. Der Deutsche Ärztetag hat auch 2012 das Gesamtprojekt<br />
entschieden abgelehnt. Seit 2007 gibt es die bundesweite Bürgerinitiative „Stoppt-die-e-Card“, die sich zum<br />
Ziel gesetzt hat, über die gesundheitsgefährdenden Folgen einer zentralen Speicherung von Krankheitsdaten<br />
aufzuklären.<br />
Wir brauchen Ihre finanzielle Unterstützung, um die kritische Aufklärung, z. B. durch<br />
Veranstaltungen und Informationsmaterialien etc., weiterführen zu können.<br />
Wir bitten deshalb um Spenden auf das Konto der IPPNW<br />
Kontonummer: 22-22210<br />
BLZ 100 205 00 der Bank für Sozialwirtschaft Berlin<br />
unter dem Stichwort „Stoppt–die-e-Card“.<br />
Ihre Spenden sind steuerlich absetzbar.<br />
Mit herzlichen Grüßen<br />
Dr. Silke Lüder, Dr. Manfred Lotze<br />
Hamburg, Sprecher der Aktion „Stoppt-die-e-Card“, IPPNW HH<br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
– Anzeige –<br />
37<br />
F A C H L I C H E S
„Ärztlicher Leitfaden Kinderschutz“<br />
VORSTELLUNG DES DIGITALEN LEITFADENS<br />
Gewalt gegen Kinder – erkennen, kompetent<br />
handeln und vorbeugen. So lautete das<br />
Motto einer Veranstaltung im großen Vortragssaal des<br />
Ärztehauses am 24. März in Hannover, die sich an Ärztinnen/Ärzte,<br />
Angehörige weiterer Gesundheitsberufe und<br />
Mitarbeiterinnen/ Mitarbeiter sozialer Einrichtungen richtete.<br />
Die Referenten gingen in ihren Vorträgen auf die<br />
vielen Facetten der Gewalt gegen Kinder aus juristischer,<br />
medizinischer und aus Sicht der Kinderschutzorganisationen<br />
ein.<br />
Der Begriff „Häusliche Gewalt“ umfasst alle<br />
Facetten körperlicher, sexueller und psychischer<br />
Gewalt in einer bestehenden Partnerschaft<br />
und/oder nach beendeter Partnerschaft und stellt einen<br />
wesentlichen gesundheitlichen Risikofaktor dar. Allein im<br />
Jahr 2011 wurden 17.000 Fälle häuslicher Gewalt in Niedersachsen<br />
von der Polizei registriert. Es ist jedoch davon<br />
auszugehen, dass viele von häuslicher Gewalt betroffene<br />
Personen nicht oder mit deutlicher zeitlicher Verzögerung<br />
eine Strafanzeige erstatten. Als mögliche Gründe hierfür<br />
sind unter anderem Scham oder die Hoffnung, dass sich<br />
der Partner ändert, sowie die Angst vor den nicht einschätzbaren<br />
Folgen einer Strafanzeige zu nennen.<br />
Wesentlicher Bestandteil einer suffizienten Strafverfolgung<br />
in Fällen von häuslicher und sexueller Gewalt ist jedoch<br />
eine zeitnahe und gerichtsverwertbare Dokumentation von<br />
Verletzungen und Sicherung objektiver Spuren. Dies war<br />
jedoch bislang ohne Erstattung einer Strafanzeige in<br />
Niedersachsen nicht flächendeckend möglich.<br />
38 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
Gleichzeitig hatten die Techniker Krankenkasse und die<br />
Ärztekammer Niedersachsen zu einer Pressekonferenz<br />
eingeladen, auf der der „Ärztliche Leitfaden Kinderschutz“,<br />
ein gemeinsam mit dem niedersächsischen Sozialministerium<br />
initiiertes Präventionsprojekt, vorgestellt wurde.<br />
Durch diesen jetzt erstmals digitalen Leitfaden sollen Ärzte<br />
in die Lage versetzt werden, Gewalt gegen Kinder frühzeitig<br />
zu erkennen, um kompetent darauf reagieren zu können. An<br />
eine Erweiterung des Leitfadens um zahnärztliche Belange<br />
wird gedacht. http://www.kinderschutz-niedersachsen.de<br />
Gewaltopfern flächendeckend helfen<br />
VERFAHRENSUNABHÄNGIGE BEWEISSICHERUNG FÜR BETROFFENE VON<br />
HÄUSLICHER ODER SEXUELLER GEWALT<br />
Neues Projekt zur Gewaltopferversorgung<br />
Um diese bestehende Lücke in der Gewaltopferversorgung<br />
in Niedersachsen zu schließen, hat das Institut für Rechtsmedizin<br />
der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH)<br />
am 1. Juni 2012 das Projekt Netzwerk ProBeweis gestartet,<br />
welches für drei Jahre vom Niedersächsischen Ministerium<br />
für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration<br />
gefördert wird.<br />
ANGEBOT DES<br />
NETZWERKES PROBEWEIS<br />
Körperliche Untersuchung mit gerichtsverwertbarer<br />
Dokumentation und Spurensicherung<br />
Kostenfreie Untersuchung<br />
Gewährleistung der ärztlichen Schweigepflicht<br />
Aufbewahrung der Beweismittel für<br />
mindestens drei Jahre<br />
Kontakt zu Opferunterstützungseinrichtungen<br />
im Bedarfsfall<br />
(Anonyme) telefonische Beratung
Eine verbesserte und beschleunigte Zusammenarbeit aller<br />
Beteiligten soll dazu dienen, betroffenen Kindern schneller<br />
helfen und Täter schneller fassen zu können. Im Focus<br />
der Pressekonferenz sowie der Vortragsreihe standen<br />
neben den bekannten Formen der Kindesmisshandlung<br />
auch die Vernachlässigung oder der sexuelle Missbrauch<br />
von Kindern.<br />
Für den gesamten von häuslicher oder sexueller Gewalt<br />
betroffenen Personenkreis ist eine verfahrensunabhängige<br />
und vor allem niederschwellige Beweissicherung wichtig<br />
und hilfreich. Daher möchten wir auf den folgenden Beitrag<br />
des Netzwerkes „pro Beweis“ hinweisen. Darin wird<br />
das Projekt des Instituts für Rechtsmedizin der Medizinischen<br />
Hochschule Hannover (MHH) vorgestellt, das für drei<br />
Jahre vom niedersächsischen Sozialministerium gefördert<br />
wird (http://www.mh-hannover.de/probeweis.html). <br />
— loe<br />
Ziel des Projektes Netzwerk ProBeweis ist, Betroffenen von<br />
häuslicher und sexueller Gewalt, insbesondere Frauen und<br />
Mädchen, eine gerichtsverwertbare kostenfreie Dokumentation<br />
und Spurensicherung bereits vor der Entscheidung<br />
über eine Strafanzeige anzubieten, wobei die Untersuchung,<br />
Dokumentation und Spurensicherung entsprechend den<br />
derzeitigen Standards für ein Strafverfahren erfolgt. Neben<br />
den zentralen Ambulanzen des Institutes für Rechtsmedizin<br />
der MHH in Hannover und Oldenburg sollen bis<br />
Ende 2013 zehn niedersächsische Kliniken in das Netzwerk<br />
ProBeweis eingebunden werden, um dieses Angebot<br />
flächendeckend gestalten zu können.<br />
Gerichtsverwertbare Dokumentation und Spurensicherung<br />
Basierend auf dem wissenschaftlich fundierten Erfahrungsschatz,<br />
den spezifischen forensischen Kenntnissen und der<br />
Expertise in der Begutachtung von Verletzungen und der<br />
Spurensicherung erhalten die Ärzte der teilnehmenden<br />
Partnerkliniken Schulungen mit Fachärzten des Institutes<br />
für Rechtsmedizin. Zudem werden in allen Untersuchungsstellen<br />
des Netzwerkes ProBeweis standardisierte Dokumentationsbögen<br />
und speziell für dieses Projekt entwickelte<br />
Spurensicherungssets verwendet, um eine verfahrensunabhängige<br />
Beweissicherung zu realisieren. Die Dokumentation<br />
und Spurensicherung ist für die betroffenen Personen<br />
kostenlos und wird unter Wahrung der Schweigepflicht<br />
durchgeführt. Die Falldokumentationen werden für mindestens<br />
30 Jahre und Spuren für mindestens drei Jahre zentral<br />
im Institut für Rechtsmedizin der MHH (Hannover be-<br />
Foto: MHH<br />
Spurensicherungsmaterial.<br />
ziehungsweise Oldenburg) aufbewahrt, Untersuchungen<br />
der Spurenträger erfolgen nicht. Erst im Fall der Erstattung<br />
einer Strafanzeige und nach Vorlage einer Schweigepflichtentbindung<br />
werden die anlässlich der Untersuchung<br />
angefertigten Dokumentationen in Form eines von der<br />
Rechtsmedizin erstellten Gutachtens an die Ermittlungsbehörden<br />
weitergegeben und asservierte Spuren untersucht.<br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
39<br />
<br />
© kmiragaya/Fotolia.com<br />
F A C H L I C H E S
Flächendeckung und Standardisierung<br />
Somit wird mit der Etablierung des Netzwerkes ProBeweis<br />
eine flächendeckende und standardisierte Struktur zur<br />
Versorgung von Gewaltopfern im Hinblick auf die für ein<br />
späteres Strafverfahren unverzichtbare Verletzungsdokumentation<br />
und Spurensicherung angestrebt. Die Institute<br />
für Rechtsmedizin in Hannover und Oldenburg sowie die<br />
beteiligten Partnerkliniken fungieren als Anlaufstellen, so<br />
dass eine Beweissicherung nach den derzeitigen Standards<br />
für ein Strafverfahren erfolgt. Weitere Partnerkliniken in<br />
Northeim, Göttingen, Wolfsburg und Meppen sind geschult<br />
und sollen künftig als Netzwerkpartner bereitstehen. Die<br />
Adressen finden Sie im Anhang. Innerhalb der nächsten<br />
drei Jahre soll das Projekt schrittweise auf ganz Niedersachsen<br />
ausgeweitet werden.<br />
Das Land fördert das Projekt „Netzwerk ProBeweis“ mit<br />
insgesamt 810.000 Euro für drei Jahre. Zur Verwirklichung<br />
des Projektes war die freundliche Unterstützung der<br />
Gesellschaft der Freunde der MHH e.V. erforderlich und<br />
hilfreich.<br />
Gerne können Sie betroffene Patientinnen und gegebenenfalls<br />
Patienten zu einer kostenfreien und vertraulichen<br />
Dokumentation von Verletzungen und Beweissicherung zu<br />
uns schicken. Die Untersuchungen werden nach telefonischer<br />
Anmeldung im Institut für Rechtsmedizin in Hannover und<br />
Oldenburg werktags von 8 bis 16 durchgeführt, sowie<br />
nach 16 Uhr und am Wochenende in den Kliniken für<br />
NETZWERK PROBEWEIS PARTNERKLINIKEN<br />
40 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
KONTAKTDATEN<br />
RECHTSMEDIZINISCHE<br />
AMBULANZEN<br />
Medizinische Hochschule Hannover<br />
Institut für Rechtsmedizin<br />
Sekretariat (Gabi Lüning)<br />
Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover<br />
Tel.: 0511 5325533<br />
E-Mail: ProBeweis@mh-hannover.de<br />
Medizinische Hochschule Hannover<br />
Institut für Rechtsmedizin<br />
Außenstelle Oldenburg<br />
Sekretariat (Imke Schulte-Brod)<br />
Pappelallee 4, 26122 Oldenburg<br />
Tel.: 0176 15324572<br />
E-Mail: ProBeweis-ol@mh-hannover.de<br />
Homepage: http://mh-hannover.de/24711.html<br />
Frauenheilkunde der MHH und des Klinikums Oldenburg<br />
gGmbH. In den Partnerkliniken Northeim, Göttingen, Wolfsburg<br />
und Meppen können die Untersuchungen nach telefonischer<br />
Anmeldung rund um die Uhr durchgeführt werden.<br />
Über den aktuellen Stand der Partnerkliniken informiert<br />
http://www.mh-hannover.de/25861.html. <br />
— Dr. med. Tanja Germerott, Dr. med. Ulrich S. Preiß,<br />
Professor Dr. med. Michael Klintschar,<br />
Professor Dr. med. Anette S. Debertin<br />
Quelle: niedersächsisches ärzteblatt 4/2013<br />
Ort Klinik Telefonnummer<br />
Göttingen, 37073 Göttingen,<br />
Robert-Koch-Straße 40<br />
Hannover, 30625 Hannover,<br />
Carl-Neuberg-Straße 1<br />
Hannover, 30625 Hannover,<br />
Carl-Neuberg- Straße 1<br />
Meppen, 49716 Meppen,<br />
Ludmillenstraße 4-6<br />
Northeim, 37154 Northeim,<br />
Sturmbäume 8-10<br />
Oldenburg, 26122 Oldenburg,<br />
Pappelallee 4<br />
Oldenburg, 26133 Oldenburg,<br />
Rahel-Straus-Straße 10<br />
Osnabrück, 49074 Osnabrück,<br />
Bischofsstraße 1<br />
Wolfsburg, 38440 Wolfsburg,<br />
Sauerbruchstraße 7<br />
Universitätsmedizin Göttingen,<br />
Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe<br />
Medizinische Hochschule Hannover (MHH),<br />
Institut für Rechtsmedizin, Gewaltambulanz<br />
Medizinische Hochschule Hannover (MHH),<br />
Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe<br />
Krankenhaus Ludmillenstift, Klinik für Gynäkologie und<br />
gynäkologische Onkologie, Chirurgische Ambulanz<br />
Helios-Albert-Schweitzer-Klinik, Klinik für Gynäkologie und<br />
Geburtshilfe, Unfallchirurgie und Orthopädie<br />
MHH – Außenstelle Oldenburg, Institut für Rechtsmedizin,<br />
Gewaltambulanz<br />
0551 396560<br />
0511 5325533<br />
01761 5321841<br />
05931 1523840<br />
05551 970 (Zentrale),<br />
05551 971293 (Gynäk. Ambulanz),<br />
05551 971225 (Chirurg. Ambulanz)<br />
01761 5324572<br />
Klinikum Oldenburg, Oldenburger Frauenklinik 0441 40310510<br />
Marienhospital Osnabrück,<br />
Klinik für Geburtshilfe und Frauenklinik, Chirurgische Ambulanz<br />
Klinikum Wolfsburg, Frauenklinik und Unfallchirurgie,<br />
Zentrale Notaufnahme<br />
0541 3260 (Zentrale)<br />
05361 801270
Rechtstipp<br />
Dank und gute Wünsche in<br />
Arbeitszeugnissen<br />
bedanke mich für die langjährige<br />
„Ich<br />
Zusammenarbeit und wünsche ihr<br />
für ihre private und berufliche Zukunft<br />
alles Gute“. Solche oder ähnliche Schlussformeln<br />
liest man nicht selten in Arbeitszeugnissen. Dagegen<br />
ist auch grundsätzlich nichts einzuwenden. Aber<br />
nicht jeder Arbeitnehmer scheidet aus der Praxis<br />
mit Wohlwollen des Arbeitgebers aus. Und in<br />
solchen Fällen entsteht schon mal die Frage, ob<br />
der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf eine<br />
solche Schlussformel besitzt. Viele Arbeitnehmer<br />
legen hierauf besonderen Wert, weil angeblich die<br />
Bewerbungschancen erhöht werden.<br />
Nach § 109 Gewerbeordnung (GewO) ist der Arbeitgeber<br />
verpflichtet, Angaben zu Art und Dauer der<br />
Tätigkeit in das Zeugnis aufzunehmen und diese<br />
auf Wunsch des Arbeitnehmers um Angaben zu<br />
Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes<br />
Zeugnis) zu ergänzen. Das Bundesarbeitsgericht<br />
hat in seiner Entscheidung vom 11.12.2012<br />
(AZ: 9 AZR 227/11) aus dem Wortlaut des § 109<br />
GewO, aus dem Grundsatz der Zeugnisklarheit und<br />
der üblichen Handhabung keinen Anspruch des<br />
Arbeitnehmers auf den erwähnten Schlusssatz<br />
hergeleitet. „Die Bindung an den Ausdruck persönlicher<br />
Empfindungen, wie Dank, Bedauern oder gute<br />
Wünsche für die Zukunft ist jedoch auf den Ausdruck<br />
der jeweiligen Empfindung beschränkt und führt<br />
deshalb nicht zu einer Verpflichtung des Arbeitgebers,<br />
andere Empfindungen im Zeugnis zu formulieren,<br />
von denen der Arbeitnehmer meint, dass sie<br />
sein Arbeitgeber haben müsse.“ (BAG 11.12.2012,<br />
© eccolo/Fotolia.com<br />
9 AZR 227/11). Der Arbeitgeber kann nach Auffassung<br />
des Bundesarbeitsgerichts eine Schlussbemerkung<br />
in einem Arbeitszeugnis aufnehmen, die<br />
eine positive persönliche Empfindung und Aussage<br />
enthält, kann hierzu aber nicht gezwungen werden.<br />
Er sollte nach meiner Überzeugung auch hiervon<br />
Abstand nehmen. <br />
Wencke Boldt<br />
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht<br />
Hildesheimer Straße 33<br />
30169 Hannover<br />
Tel.: 0511 8074-995<br />
Fax: 0511 8074-997<br />
— Quelle: www.zfn-online.de<br />
© Matthias Eckert/Fotolia.com<br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
41<br />
F A C H L I C H E S
„Es ist hilfreich und inspirierend,<br />
sich mit anderen Zahnärztinnen<br />
auszutauschen“<br />
LADIES DENTAL TALK NUN AUCH IN NIEDERSACHSEN:<br />
AM 21. JUNI IN OLDENBURG<br />
Die Zahnmedizin wird weiblich. Damit ergeben<br />
sich besondere Herausforderungen.<br />
Welche das sind, damit beschäftigte sich der erste<br />
Zukunftsgipfel von ladies dental talk Anfang Februar.<br />
Mit dabei war auch Dr. Tilli Hanßen, Beauftragte des<br />
Vorstands der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen<br />
(KZVN) für die Belange der Zahnärztinnen,<br />
Kreisstellenvorsitzende Harburg und u.a. Mitglied der<br />
Vertreterversammlung der KZVN und der Kammerversammlung<br />
der Zahnärztekammer Niedersachsen. Sie<br />
sprach mit der Initiatorin des ladies dental talk, der<br />
EU-Unternehmensbotschafterin Dr. Karin Uphoff.<br />
Der ladies dental talk startete 2010 in Hamburg.<br />
Inzwischen finden diese Veranstaltungen von Frauen<br />
für Frauen in etlichen weiteren Städten statt, so auch<br />
am 21. Juni in Oldenburg. Was hat Sie dazu inspiriert,<br />
Netzwerkabende für Zahnärztinnen zu initiieren?<br />
42 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
© designaart/Fotolia.com<br />
Ich wurde vor vier Jahren zur EU-Unternehmensbotschafterin<br />
ernannt mit dem Auftrag, Frauen in ihrem<br />
unternehmerischen Denken und Handeln zu stärken.<br />
Da ich seit mehr als 20 Jahren in der Dentalbranche<br />
aktiv bin, lag für mich der Schritt nahe, zuerst hier<br />
anzusetzen. Denn ich habe es immer wieder erlebt,<br />
dass Zahnärztinnen zwar hervorragend ausgebildet<br />
sind, sich jedoch häufig nicht als Unternehmerin<br />
verstehen. Das kann in Anbetracht der immer härter<br />
werdenden Bedingungen in der Gesundheitsbranche<br />
eine Gefahr darstellen.<br />
EU-Unternehmensbotschafterin – das hört sich<br />
spannend an. Warum hat die EU-Kommission gerade<br />
Sie dazu berufen?<br />
Damit ich für andere Frauen als „Role-Model“ dienen<br />
möge: Ich habe zum einen sechs Kinder. Zum anderen<br />
leite ich seit 10 Jahren erfolgreich meine PR-Agentur,<br />
wurde in dieser Zeit mehrfach für unternehmerisches<br />
Handeln und Innovationen ausgezeichnet. Und engagiere<br />
mich auch in zahlreichen Verbänden. Die EU-<br />
Kommission befand, dies könne für andere Frauen ein<br />
Beispiel sein und ihnen zeigen, dass sie Mutter und<br />
zeitgleich Unternehmerin sein können.<br />
Was sind dabei Ihre Aufgaben?<br />
Ich sehe meine Aufgabe als Impuls-Geberin. Ich möchte<br />
Frauen Mut machen, sich nicht selbst zu beschränken,<br />
sondern selbstbewusst alles zu wollen. Sie sollen<br />
Karriere und Privatleben kombinieren, wie immer sie<br />
mögen, und das Leben dabei genießen. In meiner<br />
Funktion als EU-Unternehmensbotschafterin spreche<br />
ich Frauen in unterschiedlichen Lebensphasen an.<br />
Etwa Studierende, für die ich im Uni-Netzwerk Vorträge<br />
halte, Existenzgründerinnen bei Workshops in Kooperation<br />
mit der regionalen Wirtschaftsförderung oder
gestandene Unternehmerinnen wie die Zahnärztinnen<br />
des ladies dental talk. EU-Unternehmensbotschafterinen<br />
gibt es übrigens auch in vielen anderen Ländern<br />
Europas – und wir europäischen Botschafterinnen treffen<br />
uns regelmäßig, um länderübergreifend das Rollenverständnis<br />
der Frau als Unternehmerin zu diskutieren.<br />
Diese Meetings sind immer sehr anregend!<br />
Auch das ist also wieder ein Netzwerk von<br />
Unternehmerinnen – dies scheint ein wichtiges<br />
Thema für Sie zu sein.<br />
Ja, ich bin leidenschaftlich gern Unternehmerin und<br />
Netzwerkerin. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie<br />
hilfreich und inspirierend es ist, sich mit anderen über<br />
die Herausforderungen des Chefin-Seins austauschen<br />
zu können. Ich selbst habe daraus schon viele wertvolle<br />
Impulse gezogen. Frauen sind stark in der Kommunikation,<br />
unter ihresgleichen sehr offen und ehrlich, gerade<br />
auch bezüglich Schwierigkeiten, und so entwickeln sich<br />
oft sehr intensive Gespräche. Das erleben wir immer<br />
wieder bei unseren Netzwerk-Abenden.<br />
Worum geht es nun beim ladies dental talk speziell?<br />
Erfolgsgeschichten beginnen oft auf Nebenschauplätzen<br />
außerhalb der Geschäfts- und Praxisräume: Hier ein<br />
spannendes Gespräch, dort ein Vortrag oder Kontakt,<br />
durch den sich neue Ideen und andere Perspektiven<br />
auftun. Der ladies dental talk möchte Zahnärztinnen<br />
anregen, für den beruflichen und privaten Erfolg über<br />
den Tellerrand zu schauen und neue Wege zu gehen.<br />
Deshalb haben wir drei Schwerpunkte gesetzt. Der<br />
erste ist Querdenken: Der ladies dental talk gibt unternehmerische<br />
Impulse auch aus anderen Branchen, die<br />
unmittelbar im Praxisalltag eingesetzt werden können.<br />
Der zweite ist Netzwerken: Die Zahnärztinnen vernetzen<br />
sich untereinander und mit ausgewählten Partnern des<br />
ladies dental talk. Diese kommen aus unterschiedlichen<br />
Bereichen und bringen ihr Expertenwissen ein. Dabei<br />
geht es zum Beispiel um Steuer- und Finanzfragen,<br />
Praxisgestaltung und Praxismarketing, Implantologie,<br />
Zahnersatz, Versicherungen usw. Die Zahnärztinnen<br />
haben also Gelegenheit, sich Input zu holen und sich<br />
mit anderen Zahnärztinnen über Praxisführung auszutauschen.<br />
Und der dritte Schwerpunkt ist die Auszeit vom Alltag:<br />
Die Zahnärztinnen arbeiten in der Woche und bisweilen<br />
noch am Wochenende sehr hart. Der ladies dental talk<br />
bietet ihnen Gelegenheit, sich Zeit für sich zu nehmen<br />
und es sich gut gehen zu lassen. Wir wählen bewusst<br />
Orte mit einem besonderen Flair und guter Küche. Ein<br />
schmackhaftes Buffet oder 3-Gänge-Menü mit ausgewählten<br />
Getränken fördert die entspannte Atmosphäre<br />
und damit den fruchtbaren Austausch.<br />
Dr. Karin Uphoff, EU-Unternehmensbotschafterin und Gründerin<br />
von „ladies dental talk“ (rechts im Bild) und Jesteburger Zahnärztin<br />
Dr. Tilli Hanßen, Beauftragte des Vorstands der Kassenzahnärztlichen<br />
Vereinigung Niedersachsen (KZVN) für die Belange der<br />
Zahnärztinnen.<br />
An den Abenden nehmen also neben den Zahnärztinnen<br />
Expertinnen unterschiedlichster Themenbereiche,<br />
die für die Praxisführung relevant sind, teil. Die<br />
ausfindig zu machen und für die einzelnen Regionen<br />
zu koordinieren, ist bestimmt nicht immer einfach.<br />
Ja, die Organisation der Abende ist schon recht aufwändig.<br />
Ein solches Veranstaltungsformat lässt sich nur mit<br />
starken Partnern und Förderern umsetzen. Wir haben<br />
die DZW und Chance Praxis an unserer Seite, die regelmäßig<br />
über den ladies dental talk berichten und somit<br />
Aufmerksamkeit auf das Thema und auf die Abende<br />
lenken. Des Weiteren kooperieren wir mit dem Dentista<br />
Club, dem Bundesverband der zahnmedizinischen<br />
Alumni, dem Bundesverband der Zahnmedizinstudenten<br />
und den Zahnärzten für Niedersachen. Darüber hinaus<br />
unterstützen die Strategiepartner DENTSPLY Implants,<br />
Pluradent und die apoBank, zahlreiche selbstständige<br />
Expertinnen sowie Dentallabore und weitere Unternehmen<br />
unser Netzwerkformat. Unser Ziel ist es ja, dass<br />
Zahnärztinnen zu den unterschiedlichsten Themen Ansprechpartnerinnen<br />
finden, mit denen sie ihre Anliegen<br />
diskutieren können.<br />
Die Resonanz des ladies dental talk ist bundesweit<br />
übrigens sehr gut und das gibt uns immer wieder<br />
Bestätigung und Auftrieb. Es kommt überall zu sehr<br />
herzlichen und begeisterten Begegnungen. Jede weitere<br />
Veranstaltung knüpft an diese Stimmung an – viele<br />
Teilnehmerinnen kommen daher gerne wieder.<br />
Sie haben unterschiedlichste Referentinnen<br />
und Themen in den Regionen. Wie entwickeln<br />
Sie immer wieder neue Ideen? <br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
43<br />
Foto: © ldt<br />
F A C H L I C H E S
Am Ende einer Veranstaltung teilen wir Feedbackbögen<br />
aus und bekommen darüber reichhaltigen Input. Und<br />
natürlich geht es bei den Gesprächen an den Abenden<br />
immer wieder um die Frage: Was brauchen und was<br />
wünschen sich die Zahnärztinnen? Wir tragen diese<br />
Themen, Anliegen und Wünsche zusammen, schauen,<br />
was in den einzelnen Regionen an spannenden<br />
Frauen und Projekten zu finden ist, und richten dann<br />
die Veranstaltungen danach aus.<br />
Darüber hinaus ist es uns wichtig, die Anregungen der<br />
Zahnärztinnen auch in die Fachöffentlichkeit und an<br />
Entscheider und Gremien heranzutragen. Auch dafür<br />
entwickeln wir spezielle Veranstaltungsformate, wie zum<br />
Beispiel diesen Zukunftsgipfel, zu dem sich Kammern,<br />
zahnärztliche Vereinigungen und Netzwerke angemeldet<br />
haben, um das große Thema „Herausforderungen<br />
und Lösungsansätze für die weiblicher werdende<br />
Zahnmedizin“ zu diskutieren.<br />
Haben Sie Tipps für die niedersächsischen<br />
Zahnärztinnen?<br />
Wie in anderen Regionen auch können sich die Zahnärztinnen<br />
und Expertinnen anderer Berufe noch stärker<br />
untereinander vernetzen. Der persönliche Austausch<br />
wie beim ladies dental talk ist dazu ideal – man kennt<br />
sich, mag sich und kann sich gegenseitig einschätzen.<br />
Solche Kontakte wollen gepflegt werden, damit sie<br />
funktionieren. Dafür eignet sich auch das Internet sehr<br />
gut. Wie das mit möglichst wenig Aufwand geschieht,<br />
darüber berichten wir unter anderem in unseren<br />
Veröffentlichungen und Info-Diensten. Auf Twitter und<br />
Facebook greifen wir beispielsweise vieles auf, was für<br />
Zahnärztinnen interessant ist.<br />
Gibt es neben dem ladies dental talk noch weitere<br />
Projekte, für die Sie die Ideengeberin waren?<br />
Ja, sogar eine ganz besondere Herzensangelegenheit:<br />
die „Heartleaders“. Es ist ein Netzwerk für Menschen<br />
in Führungsverantwortung, die besonderen Wert auf<br />
einen respektvollen und zugewandten Umgang legen.<br />
Arbeitszeit ist Lebenszeit, deshalb ist es mir enorm<br />
wichtig, keine Energie durch Unzufriedenheit zu<br />
verschwenden. Vielen anderen Menschen, denen ich<br />
begegne, geht das genauso. Es ist viel zu schade um<br />
jeden Moment, den wir uns sinnlos ärgern, anstatt ihn<br />
für ein spannendes Projekt zu nutzen. Heartleaders<br />
stehen deshalb für einen wertschätzenden Umgang<br />
und setzen sich für eine Unternehmenskultur ein, in<br />
der Leistung Freude macht. Beziehungsweise, in der<br />
Leistung erbracht wird, weil das Arbeiten Freude macht.<br />
Genau das wird künftig über unseren Erfolg entscheiden:<br />
Wer Leistung gerne bringt, muss nicht auf die Uhr<br />
schauen. Denn dann kommt die Kraft aus den Aufgaben<br />
44 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
und Zielen – so, wie ich es in den vergangenen Jahren<br />
an mir selbst gespürt habe. Und wie wir es bei uns in<br />
der Agentur leben. Und ich bin überzeugt, auch unter<br />
den Zahnärztinnen viele „Heartleaders“ zu treffen.<br />
Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Sie sind<br />
sechsfache Mutter, Geschäftsführerin einer PR-Agentur<br />
und EU-Unternehmensbotschafterin, haben einen<br />
Lehrauftrag an der Uni-Gießen und sind in mehreren<br />
Verbänden im Vorstand. Wie schaffen Sie es, das alles<br />
unter einen Hut zu bringen?<br />
Ich engagiere mich beruflich und ehrenamtlich in<br />
Bereichen, für die ich brenne. Das gibt mir enorme<br />
Energie, treibt mich an und mobilisiert meine Kräfte.<br />
Natürlich muss ich mich bei der Fülle an Terminen und<br />
Aufgaben gut organisieren und auch delegieren. Ich<br />
habe wunderbare Mitarbeiterinnen, die mich in vielen<br />
Bereichen unterstützen und entlasten. Aufgaben mit<br />
gutem Gefühl abgeben zu können, erleichtert das<br />
Leben ungemein. Wichtig ist gerade für uns Frauen<br />
außerdem, mal Fünfe gerade sein lassen zu können,<br />
nicht überall perfekt und „Jedermanns Liebling“ sein zu<br />
wollen und sich regelmäßig Auszeiten für Sport und<br />
Mußestunden zu nehmen. Dies alles habe ich in den<br />
letzten Jahren „trainiert“ – und gebe meine Erfahrung<br />
nun auch im Rahmen der Seminare von „ladies management<br />
consulting“ (www.ladies-management-consulting.de)<br />
an andere Frauen weiter.<br />
Herzlichen Dank Frau Uphoff für dies sehr interessante<br />
Gespräch und weiterhin viel Erfolg für Sie und fortan<br />
auch für „ladies dental talk“ in Niedersachsen! <br />
Das Gespräch führte die Jesteburger Zahnärztin und Beauftragte<br />
des KZVN-Vorstandes für die Belange der Zahnärztinnen<br />
Dr. Tilli Hanßen ( ) mit der EU-Unternehmensbotschafterin und<br />
Gründerin von „ladies dental talk“ Dr. Karin Uphoff ( ).<br />
Save the date!<br />
ladies dental talk in Oldenburg<br />
Termin: Freitag, 21. Juni 2103<br />
Zeit: Beginn 17:00 Uhr bis<br />
ca. 22:00 Uhr<br />
Wo: Café blätterteich,<br />
Alexanderstraße 412,<br />
26127 Oldenburg<br />
Weitere Informationen und Anmeldung unter<br />
http://www.ladies-dental-talk.de
© Gerhard Seybert/Fotolia.com<br />
Minijobs Aktuell<br />
ANGEHÖRIGE, MUTTERSCHUTZ / ELTERNZEIT, ZUSCHÜSSE<br />
Ausgangslage<br />
Der erste Teil des Beitrags in der Ausgabe Mai 2013 hat<br />
sich insbesondere den sozialversicherungsrechtlichen<br />
Änderungen ab dem 01.01.2013 zugewendet.<br />
Der zweite Teil befasst sich mit den Besonderheiten bei<br />
Beschäftigungsverhältnissen mit nahen Angehörigen sowie<br />
den Regelungen beim Mutterschutz und in der Elternzeit.<br />
Daneben geht er auf Vergütungsbestandteile ein, die<br />
steuerfrei bzw. pauschal versteuert über die eigentliche<br />
Vergütung hinaus gewährt werden können.<br />
Verträge zwischen Angehörigen<br />
Einkünfte innerhalb der Familie im Rahmen der gesetzlichen<br />
Möglichkeiten zu verlagern, ist ein interessantes<br />
Steuersparmodell. Werden Einkünfte auf Angehörige mit<br />
niedriger Steuerbelastung verschoben, sparen die Familienmitglieder<br />
mit hohem Einkommen infolge des progressiven<br />
Einkommensteuertarifs mehr Steuern, als die Angehörigen<br />
mit niedrigem Einkommen zahlen müssen.<br />
Bei der Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses im Rahmen<br />
eines Minijobs zahlt das beschäftigte Familienmitglied im<br />
Regelfall keine Steuern. Lediglich der Arbeitgeber trägt bei<br />
der richtigen Gestaltung im Rahmen der Pauschalierung<br />
die Abgabenlast. Diese wirkt sich bei ihm neben der<br />
eigentlichen Vergütung als Betriebsausgabe und damit<br />
steuermindernd aus.<br />
Bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen sind besondere<br />
Voraussetzungen zu erfüllen, da solche Verträge – anders<br />
als bei fremden Dritten – oftmals durch gleichgerichtete Interessen<br />
gekennzeichnet sind. Daher liegt oft der Verdacht<br />
nahe, ein Arbeitsverhältnis halte nur als Steuersparmodell<br />
her oder solle der sozialversicherungsrechtlichen Absicherung<br />
dienen.<br />
Verträge zwischen Angehörigen werden nur anerkannt,<br />
wenn sie:<br />
zivilrechtlich wirksam geschlossen werden und ernsthaft<br />
gewollt sowie klar und eindeutig vereinbart sind,<br />
inhaltlich dem entsprechen, was unter fremden Dritten<br />
üblich ist und<br />
tatsächlich wie vereinbart und unter Fremden üblich<br />
durchgeführt werden.<br />
Mit einem Urteil vom 16.11.2012 hat das Finanzgericht<br />
Düsseldorf die Anforderungen an die Anerkennung von<br />
Verträgen unter nahen Angehörigen nochmals erhöht.<br />
Danach ist einem Ehegattenverhältnis die steuerliche<br />
Anerkennung zu versagen, wenn weder feste Arbeitszeiten<br />
vereinbart wurden, noch Regelungen zur Einhaltung der<br />
vereinbarten Arbeitsstunden bestanden oder die zu leistende<br />
Arbeit zumindest konkret festgelegt war. Das Urteil ist<br />
rechtskräftig, die Revision nicht zugelassen. Es ist damit<br />
zu rechnen, dass die Finanzverwaltung das Urteil dankbar<br />
annehmen wird. Bis der Bundesfinanzhof Gelegenheit<br />
bekommt, sich gegebenenfalls gegenläufig und damit zu<br />
Gunsten der Betroffenen zu den Voraussetzungen für die<br />
Anerkennung solcher Verträge zu äußern, wird sicherlich<br />
eine gewisse Zeit vergehen. <br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
45<br />
F A C H L I C H E S
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Verwendung von<br />
Musterarbeitsverträgen in der Praxis nicht mehr ausreicht.<br />
Vielmehr sollten im Vertrag das Tätigkeitsgebiet genau<br />
beschrieben und - soweit möglich - Arbeitszeiten festgelegt<br />
werden. Daneben sollte ein Tätigkeitsnachweis (Stundenzettel)<br />
mit Tag, Zeitraum und den Tätigkeiten geführt<br />
werden.<br />
Mutterschutz<br />
Werdende Mütter dürfen in den letzten sechs Wochen vor<br />
der Entbindung und bis zum Ablauf von acht Wochen<br />
nach der Entbindung nicht beschäftigt werden. Bei<br />
Früh- oder Mehrlingsgeburten verlängert sich die Mutterschutzfrist<br />
auf 12 Wochen nach der Entbindung bzw.<br />
bei Frühgeburten nach dem zunächst prognostizierten<br />
Entbindungstermin. Dies gilt selbstverständlich auch für<br />
Mitarbeiter, die im Rahmen eines Minijobs beschäftigt<br />
werden.<br />
Für die Zeit der Mutterschutzfrist werden grundsätzlich<br />
Mutterschaftsgeld und der Arbeitgeberzuschuss zum<br />
Mutterschaftsgeld bezahlt.<br />
Bei Frauen, die bei Beginn der Mutterschutzfrist in einem<br />
Arbeitsverhältnis stehen, bezahlt entweder die Krankenkasse<br />
oder das Bundesversicherungsamt das Mutterschaftsgeld.<br />
Dieses beträgt höchstens 13 EUR pro Kalendertag.<br />
In Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den 13 EUR<br />
und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten<br />
durchschnittlichen kalendertäglichen Entgelt muss der<br />
Arbeitgeber einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld zahlen.<br />
Dieser Zuschuss wird bei Kleinbetrieben zu 100 % von der<br />
Krankenkasse erstattet.<br />
Im Ergebnis bedeutet dies bei Minijobs, dass der Arbeitgeber<br />
einen Zuschuss bei durchschnittlichen Vergütungen über<br />
390 EUR (13 EUR x 30 Tage) zahlen muss.<br />
Elternzeit<br />
Nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BBEG)<br />
besteht bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des<br />
Kindes Anspruch auf Elternzeit. Es handelt sich dabei um<br />
einen Anspruch des Mitarbeiters gegen den Arbeitgeber<br />
auf unbezahlte Freistellung von der Arbeit aus Anlass der<br />
Betreuung des Kindes.<br />
Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis<br />
unbefristet, befristet oder in Voll- oder Teilzeit<br />
besteht. Unter Beschäftigung in Teilzeit ist auch ein Minijob<br />
zu verstehen.<br />
Steht der Mitarbeiter in mehreren Arbeitsverhältnissen,<br />
besteht der Anspruch für jedes Arbeitsverhältnis gesondert –<br />
er kann also in allen oder in einzelnen Arbeitsverhältnissen<br />
Elternzeit beanspruchen. Folglich kann der Mitarbeiter bei<br />
seinem Hauptarbeitgeber Elternzeit beantragen, seinem<br />
46 F A C H L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
bisherigen Minijob aber weiter nachgehen. Es kann auch<br />
ein neuer Minijob bei einem anderen Arbeitgeber begründet<br />
werden. Der Hauptarbeitgeber muss dem zwar zustimmen,<br />
darf den Wunsch aber nur aus dringenden betrieblichen<br />
Gründen ablehnen.<br />
Zuschüsse zum Arbeitslohn<br />
Der Arbeitgeber kann hier zwischen steuerfreien und<br />
Zuschüssen, die pauschaliert besteuert werden können,<br />
wählen. In der Regel können diese zusätzlich bzw. über<br />
die Grenze von 450 EUR hinaus gewährt werden. Eine<br />
Umwandlung der vereinbarten und geschuldeten Vergütung<br />
in einen begünstigten Zuschuss ist grundsätzlich nicht<br />
möglich. In einigen Fällen sind die Vergünstigungen daran<br />
gebunden, dass die Zuschüsse im Rahmen eines ersten<br />
Arbeitsverhältnisses gewährt werden.<br />
Im Rahmen der Steuerbefreiung sind beispielhaft<br />
zu nennen:<br />
Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit<br />
Erstattung von Reisekosten<br />
Leistungen im Rahmen der Gesundheitsförderung<br />
Kindergartenzuschüsse<br />
Nutzungsüberlassung von Datenverarbeitungsgeräten<br />
Für die Pauschalbesteuerung kommen in Betracht:<br />
Fahrtkostenzuschuss für Fahrten zwischen Wohnung<br />
und Arbeitsstätte (Steuersatz 15%)<br />
Übereignung von PC und Zubehör und Kostenerstattung<br />
für Internetzugang (Steuersatz 25%)<br />
Erholungsbeihilfen (Steuersatz 25%)<br />
Auch die betriebliche Altersversorgung kann für Minijobs<br />
ein Thema sein. In Frage kommen Zuwendungen bzw.<br />
Beiträge an eine Pensionskasse, einen Pensionsfonds oder<br />
eine Direktversicherung im Rahmen der Entgeltumwandlung<br />
oder in arbeitgeberfinanzierter Form. In allen Fällen geht<br />
der Beitrag für die betriebliche Altersvorsorge nicht in die<br />
Bemessungsgrundlage des Minijobs ein.<br />
Die Attraktivität einer Entgeltumwandlung beruht in der<br />
Regel auf einem „Steuer- und Sozialversicherungsgewinn“<br />
zwischen Einzahlungs- und Auszahlungsphase. Doch nur<br />
wer Steuern zahlt, kann bei der Entgeltumwandlung auch<br />
welche sparen. Von daher wird meist die arbeitgeberfinanzierte<br />
Form sinnvoll sein. <br />
— Tino Koch, Steuerberater<br />
Geschäftsführer der Koch & Kollegen Steuerberatung GmbH,<br />
Hannover
Aktuelles aus der Rechtsprechung<br />
Aktuelle Urteile…<br />
…AUS DEM SOZIALRECHT<br />
Krankenversicherung: So schmelzen 55.623 Euro<br />
„nachträglich“ um fast 10.000 Euro<br />
In einem weiteren Verfahren über die Pflicht, Beiträge von<br />
einer vor Jahren – über den Arbeitgeber abgeschlossenen<br />
– Lebensversicherung an die gesetzliche Kranken- und<br />
Pflegekasse abzuführen, gab es eine weitere Niederlage<br />
für einen Versicherten. Auch das Sozialgericht Dortmund<br />
bestätigte die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung – obwohl<br />
ihr Versicherter argumentierte, die Lebensversicherung<br />
über die Firma nicht abgeschlossen zu haben, wenn es<br />
damals schon Gesetz gewesen wäre, den Empfänger am<br />
Ende derart zur Kasse zu bitten. Und dies auch noch im<br />
Wissen, dass er alleine die Beiträge getragen – der Arbeitgeber<br />
also nur als „Vermittler“ aufgetreten sei, nicht aber<br />
mit Beitragszahlungen dazu beigetragen habe, dass am<br />
Ende 55.600 Euro auf das Konto kommen würden. (Im<br />
Laufe von zehn Jahren gehen davon rund 9.700 € an die<br />
Krankenkasse, da – was ebenfalls unberücksichtigt beanstandet<br />
wurde - der Beitrag in voller Höhe von dem Ex-<br />
Arbeitnehmer zu tragen ist. Kommentar des Gerichts: „Das<br />
Vertrauen, dass die Zahlungen auch in Zukunft stets ungekürzt<br />
weitergezahlt werden, ist nicht geschützt. Andernfalls<br />
könnte der Gesetzgeber kaum auf einen erhöhten Finanzbedarf<br />
reagieren.“ Dass rein privat, also ohne Arbeitgeber-<br />
Beteiligung abgeschlossene Lebensversicherungen nicht<br />
mit Beiträgen belegt werden, spiele keine Rolle, so das<br />
Gericht weiter. (SG Dortmund, S 48 KR 1041/12)<br />
Bestattungsrecht: Allein eine „sittliche“ Pflicht führt nicht<br />
zur Kostenerstattung durch das Sozialamt<br />
Übernimmt der Freund einer Verstorbenen aus moralischer<br />
beziehungsweise sittlicher Pflicht deren Bestattung, so kann<br />
er sich den Aufwand dafür von den Erben zurückholen<br />
(falls dafür Masse vorhanden ist), nicht aber vom Sozialamt.<br />
Dieses würde nur dann eintreten, wenn jemand „Verpflichteter“<br />
gegenüber der Verstorben gewesen wäre. Das könne<br />
aber nur derjenige sein, der aus erb-, unterhalts-, oder<br />
bestattungsrechtlichen Vorschriften oder aus einer vertraglichen<br />
Verpflichtung gegenüber der Verstorbenen rechtlich<br />
verpflichtet gewesen sei, die Bestattung auszurichten und<br />
den damit verbundenen Kostenverpflichtungen von vornherein<br />
nicht habe ausweichen können.<br />
(SG Karlsruhe, S 1 SO 1200/12)<br />
© Sandor Jackal/Fotolia.com<br />
…AUS DEM STEUERRECHT<br />
Häusliches Arbeitszimmer: Ein „separater“ Eingang allein<br />
reicht für vollen Abzug nicht aus<br />
Zwar kann ein Selbstständiger, der einen Raum seines<br />
Zweifamilienhauses komplett als häusliches Arbeitszimmer<br />
nutzt, seine Arbeitsmaterialien steuermindernd absetzen.<br />
Für die Anerkennung des Zimmers selbst (bezogen auf die<br />
anteiligen Hauskosten) müsste dafür aber das Arbeitszimmer<br />
über eine “der Allgemeinheit zugängliche und auch von<br />
anderen Personen genutzte Verkehrsfläche zu erreichen”<br />
sein. (Das war in dem hier zu entscheidenden Fall aber<br />
nicht der Fall, da der Hauseigentümer zwar über eine<br />
separate Treppe zu dem Zimmer verfügte, die aber nicht<br />
von außen zugänglich war, sondern nur innerhalb des<br />
Zweifamilienhauses. Deshalb wurde nur die Pauschale<br />
von maximal 1.250 € jährlich anerkannt.) (BFH, V R 7/10)<br />
Steuerrecht: Bei der Scheidung springt der Fiskus mit ein<br />
Wer geschieden wird, der kann seinen Aufwand an Anwaltsund<br />
Gerichtskosten als außergewöhnliche Belastung vom<br />
steuerpflichtigen Einkommen abziehen. Das Gesetz sieht<br />
vor, dass „die Einkommensteuer sich ermäßigt, wenn einem<br />
Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als<br />
der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher<br />
Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen<br />
Familienstands erwachsen. Aufwendungen erwachsen dem<br />
Steuerpflichtigen dann zwangsläufig, wenn er sich ihnen<br />
aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht<br />
entziehen kann und somit die Aufwendungen den Umständen<br />
nach notwendig sind und einen angemessenen<br />
Betrag nicht übersteigen“. Das Finanzgericht Düsseldorf<br />
sieht in dem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren, nach<br />
dem eine Scheidung abgewickelt wird, die an anderer<br />
Stelle für die Steuerermäßigung maßgebende „Zwangsläufigkeit“:<br />
Zitat: Ein anderes, billigeres Verfahren steht Eheleuten<br />
nicht zur Verfügung. (Hier wurden 8.200 € als „zwangsläufig<br />
entstandene“ Scheidungskosten anerkannt – abzüglich<br />
der sich aus der Höhe des Einkommens ergebenden<br />
„zumutbaren Belastung“.) (FG Düsseldorf, 10 K 2392/12 E)<br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
47<br />
F A C H L I C H E S
© NZB-Archiv Persönliches<br />
Jürgen Stern zum<br />
70. herzlichen Glückwunsch!<br />
Am 1. Juni vollendete ein weit über<br />
die Grenzen seiner Hildesheimer Heimat<br />
hinaus in ganz Niedersachsen<br />
bekannter und angesehener Kollege<br />
sein 70. Lebensjahr: Dr. Jürgen A. Stern.<br />
Er wurde in Stralsund geboren,<br />
verbrachte aber seine Jugendzeit im<br />
damaligen Westberlin. Nach seinem<br />
Abitur studierte er – nach einem kurzen<br />
Abstecher ins Ingenieurswesen –<br />
Zahnmedizin. Und das im Schnelldurchlauf:<br />
1969 approbierte und<br />
promovierte er und heiratete seine<br />
Frau Ulla.<br />
Nach einer kurzen Assistentenzeit in<br />
Berlin ließ Jürgen Stern sich 1972 in<br />
Algermissen im Landkreis Hildesheim<br />
nieder. Zusammen mit seiner Frau<br />
48 P E R S Ö N L I C H E S | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
zog er einen Sohn und eine Tochter<br />
groß, die beide der Dentalwelt treu<br />
blieben: der Sohn als Zahntechniker,<br />
die Tochter als Zahnärztin. Seine Praxis<br />
konnte er vor einigen Jahren einem<br />
Nachfolger übergeben.<br />
Kollege Stern wurde durch seine berufspolitische<br />
Tätigkeit in Niedersachsen<br />
bekannt. Sie begann 1986 als<br />
Fortbildungsreferent der Bezirksstelle<br />
Hildesheim. In den folgenden Jahren<br />
wurde er mit vielen weiteren ehrenamtlichen<br />
Aufgaben betraut: So war er<br />
lange Zeit Mitglied der Kammerversammlung,<br />
Vorsitzender der Bezirksstelle<br />
Hildesheim, Richter am Sozialgericht<br />
Hannover und am Landessozialgericht,<br />
Mitglied von Ausschüssen der<br />
KZVN und ZKN. Stets um Ausgleich<br />
zwischen den Kollegen bemüht,<br />
genoss er schnell hohes Ansehen. Bis<br />
heute besucht er die Winterfortbildung<br />
der Kammer in Braunlage. Ich denke,<br />
dass er kein Jahr seit Gründung ausgelassen<br />
hat.<br />
Seinem umtriebigen und arbeitsamen<br />
Naturell folgend, kann Jürgen Stern nicht<br />
stillsitzen. Dies galt zu Arbeitszeiten,<br />
wie auch jetzt als Pensionär: Im Dreiländereck<br />
Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern<br />
und Brandenburg hat<br />
er einen kleinen Bauernhof erworben,<br />
eigenhändig mit seiner Frau renoviert<br />
und vermietet dort Wohnraum an<br />
Feriengäste. Neben seiner Vorliebe für<br />
Kanufahrten, pflegt er mit seiner Frau<br />
den amerikanischen Square Dance bis<br />
hin zu eigenen Kursen für diese Art<br />
des Volkstanzes.<br />
Jürgen Sterns und meine Wege haben<br />
sich seit Gründung der „Hildesheimer<br />
Initiative für Zahngesundheit“ (HIZ)<br />
und danach für die „Zahnärzte für<br />
Niedersachsen“ (ZfN) häufig gekreuzt.<br />
An unsere gemeinsamen Aktivitäten,<br />
insbesondere die jährlichen Tombolas,<br />
erinnere ich mich gerne zurück.<br />
Jürgen Stern und seiner Frau Ulla<br />
wünsche ich von ganzem Herzen<br />
viele gemeinsame weitere, aktive<br />
Jahre bei bester Gesundheit! <br />
— Dr. Lutz Riefenstahl, Gronau<br />
DIENSTJUBILÄEN IN<br />
DER KZVN<br />
10-jähriges Jubiläum<br />
am 01.04.2013<br />
Barbara Lindner (Abtl. Honorar)<br />
am 12.05.2013<br />
Don Thumul Möller<br />
(Abtl. Finanzen)<br />
Der Vorstand der KZVN gratuliert<br />
herzlich und dankt – auch im<br />
Namen der Mitglieder – für<br />
die geleistete Mitarbeit in den<br />
zurückliegenden Jahren.
© NZB-Archiv<br />
Am 13. Juni feierte<br />
Kollege Karstens<br />
aus Verden seinen<br />
65. Geburtstag<br />
Die Liste seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten für die niedersächsische<br />
Vertragszahnärzteschaft ist nicht nur sehr lang,<br />
sie ist auch ein Kaleidoskop seines standespolitischen Engagements<br />
seit 1985.<br />
Nur fünf Jahre nach seiner Niederlassung am Burgberg 3a<br />
in Verden wurde Kollege Karstens zum Mitglied der Vertreterversammlung<br />
der KZVN gewählt.<br />
Im gleichen Jahr begann auch seine Tätigkeit als stellvertretender<br />
Vertreter im Landesausschuss Zahnärzte und<br />
Krankenkassen und als Mitglied im Prüfungsausschuss<br />
RVO (jeweils bis 1988).<br />
In den folgenden Jahren engagierte er sich u.a. als ehrenamtlicher<br />
Richter am Sozialgericht, war 4. Beisitzer im<br />
Vorstand der KZVN (1989-2000), Referent des Vorstandes<br />
(1997-2000), Vorsitzender der KZVN-Vertreterversammlung<br />
(2001-2004), Delegierter zur Vertreterversammlung der<br />
KZBV (1999-2004). Auch die neuen Medien fanden sein<br />
Interesse, wie sein Engagement im EDV-Ausschuss und<br />
im Internetausschuss (2001-2004) der KZVN belegen.<br />
Last but not least war er zwölf Jahre Vorsitzender der<br />
Verwaltungsstelle Verden (1993-2005) sowie von 2005<br />
bis 2010 Vorstandsmitglied in der Zahnärztekammer.<br />
Wir gratulieren herzlich. — Der Vorstand der KZVN<br />
Neuzulassungen<br />
Vertragszahnärzte/-ärztinnen<br />
Verwaltungsstelle Braunschweig<br />
Goslar Christian Große Steffen<br />
Peine Anna Mieszaniec<br />
Verwaltungsstelle Göttingen<br />
Boffzen Till Wienecke<br />
Göttingen Dr. Natalja Leipi-Warkentin<br />
Göttingen Olga Miller<br />
Verwaltungsstelle Hannover<br />
Bückeburg Dr. Christoph Eikermann<br />
Gehrden Silja Fargel<br />
Hannover Bassam Elia<br />
Hannover Jaouhar ben Hedi Mokaddem<br />
Ronnenberg Christian Jeinsen<br />
Verwaltungsstelle Hildesheim<br />
Hildesheim<br />
Verwaltungsstelle Lüneburg<br />
Izabela Marcinek<br />
Barendorf Angela Strobell<br />
Barendorf Benjamin Weißenborn<br />
Verwaltungsstelle Oldenburg<br />
Ganderkesee<br />
Verwaltungsstelle Osnabrück<br />
Sandra Scheitza<br />
Bad Essen Dr. Theresa Jilek<br />
Geeste<br />
Verwaltungsstelle Ostfriesland<br />
Thore Santel<br />
Aurich Dr. Armin Roß<br />
Rhauderfehn<br />
Verwaltungsstelle Stade<br />
Steffen Steinbrück<br />
Schwanewede<br />
Verwaltungsstelle Verden<br />
Dr. Cordelia Rose<br />
Bassum Christian Michael Schomaker<br />
Munster Thyra Nietz<br />
Verden Iris Hentschel<br />
Verden Nadine Ipse<br />
Verwaltungsstelle Wilhelmshaven<br />
Wilhelmshaven Dr. Jann Voltmann<br />
Fachzahnärzte für Kieferorthopädie<br />
Verwaltungsstelle Osnabrück<br />
Meppen Julian von der Haar<br />
Verwaltungsstelle Ostfriesland<br />
Emden drs. Dick Beugeling<br />
Wir heißen die Kolleginnen und Kollegen im<br />
Kreise der KZVN-Mitglieder herzlich willkommen<br />
und wünschen ihnen und ihren Praxisteams für<br />
die Zukunft viel Erfolg! Der Vorstand der KZVN<br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | K Z V N<br />
49<br />
P E R S Ö N L I C H E S<br />
K Z V N
Niederlassungshinweise<br />
AUSZUG AUS DER ZULASSUNGSVERORDNUNG<br />
FÜR VERTRAGSZAHNÄRZTE (ZV-Z)<br />
§ 18<br />
(1) Der Antrag muss schriftlich gestellt werden. In dem<br />
Antrag ist anzugeben, für welchen Vertragszahnarztsitz<br />
und gegebenenfalls unter welcher Gebietsbezeichnung<br />
die Zulassung beantragt wird. Dem Antrag sind<br />
beizufügen<br />
a) Ein Auszug aus dem Zahnarztregister, aus dem der<br />
Tag der Approbation, der Tag der Eintragung in das<br />
Zahnarztregister und gegebenenfalls der Tag der<br />
Anerkennung des Rechts zum Führen einer bestimmten<br />
Gebietsbezeichnung hervorgehen müssen,<br />
b) Bescheinigungen über die seit der Approbation<br />
ausgeübten zahnärztlichen Tätigkeiten,<br />
c) gegebenenfalls eine Erklärung nach § 19 a Abs. 2<br />
Satz 1, mit der der aus der Zulassung folgende<br />
Versorgungsauftrag auf die Hälfte beschränkt wird.<br />
(2) Ferner sind beizufügen:<br />
1. ein Lebenslauf,<br />
2. ein polizeiliches Führungszeugnis,<br />
3. Bescheinigungen der Kassenzahnärztlichen<br />
Vereinigungen, in deren Bereich der Zahnarzt bisher<br />
niedergelassen oder zur Kassenpraxis zugelassen<br />
war, aus denen sich Ort und Dauer der bisherigen<br />
Niederlassung oder Zulassung und der Grund<br />
einer etwaigen Beendigung ergeben,<br />
4. eine Erklärung über im Zeitpunkt der Antragstellung<br />
bestehende Dienst- oder Beschäftigungsverhältnisse<br />
unter Angabe des frühestmöglichen Endes des<br />
Beschäftigungsverhältnisses,<br />
5. eine Erklärung des Zahnarztes, ob er drogen- oder<br />
alkoholabhängig ist oder innerhalb der letzten fünf<br />
Jahre gewesen ist, ob er sich innerhalb der letzten<br />
fünf Jahre einer Entziehungskur wegen Drogen- oder<br />
Alkoholabhängigkeit unterzogen hat und dass<br />
gesetzliche Hinderungsgründe der Ausübung des<br />
zahnärztlichen Berufs nicht entgegenstehen.<br />
(3) An Stelle von Urschriften können amtlich beglaubigte<br />
Abschriften beigefügt werden.<br />
(4) Können die in Absatz 1 Buchstabe b und in Absatz<br />
2 Buchstabe c bezeichneten Unterlagen nicht vorgelegt<br />
werden, so ist der nachzuweisende Sachverhalt<br />
glaubhaft zu machen.<br />
50 K Z V N | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
Kolleginnen und Kollegen, die sich in Niedersachsen<br />
niederlassen möchten, wenden sich bitte an die<br />
Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen,<br />
Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses<br />
Niedersachsen, Zeißstraße 11, 30519 Hannover,<br />
Tel. 0511 8405-323/361, E-Mail: info@kzvn.de.<br />
Antragsformulare können entweder bei der Geschäftsstelle<br />
des Zulassungsausschusses Niedersachsen<br />
angefordert oder unter www.kzvn.de als PDF-Dokument<br />
heruntergeladen werden.<br />
Bitte achten Sie darauf, bei der Einreichung der Anträge<br />
zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit sämtliche in § 18<br />
Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (ZV-Z)<br />
aufgeführten Unterlagen beizufügen.<br />
GEMEINSAME AUSÜBUNG DER<br />
VERTRAGSZAHNÄRZTLICHEN TÄTIGKEIT<br />
(Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft)<br />
Bei Anträgen auf Genehmigung der gemeinsamen<br />
Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit ist<br />
grundsätzlich die Vorlage eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages<br />
notwendig.<br />
Bitte achten Sie bei entsprechenden Anträgen darauf,<br />
den Gesellschaftsvertrag spätestens bis zum Abgabetermin<br />
bei der Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses<br />
einzureichen.<br />
VERLEGUNGEN<br />
Nach § 24 Abs. 7 ZV-Z ist im Falle einer Verlegung des<br />
Vertragszahnarztsitzes grundsätzlich ein entsprechender<br />
Antrag an den Zulassungsausschuss zu richten. Die Verlegung<br />
ist erst möglich, wenn der Zulassungsausschuss<br />
diesem Antrag stattgegeben hat.<br />
SITZUNGEN DES<br />
ZULASSUNGSAUSSCHUSSES<br />
NIEDERSACHSEN FÜR ZAHNÄRZTE<br />
Alle Anträge an den Zulassungsausschuss Niedersachsen<br />
sind unter Beifügung sämtlicher erforderlicher Unterlagen<br />
rechtzeitig bis zum Abgabetermin bei der<br />
Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses<br />
Niedersachsen, Zeißstraße 11, 30519 Hannover,<br />
in Urschrift und eigenhändig unterschrieben einzureichen.<br />
© diego cervo/iStockphoto.com
Abgabe bis 14.05.2013<br />
Sitzungstermin 12.06.2013<br />
Abgabe bis 23.08.2013<br />
Sitzungstermin 18.09.2013<br />
Abgabe bis 25.10.2013<br />
Sitzungstermin 20.11.2013<br />
HINWEISE AUF PRAXISORTE<br />
FÜR NIEDERLASSUNGEN<br />
Fachzahnärzte für Kieferorthopädie<br />
In folgenden Planungsbereichen besteht Bedarf an<br />
Fachzahnärzten für Kieferorthopädie:<br />
Verwaltungsstelle Braunschweig<br />
Planungsbereich Landkreis Gifhorn:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Gifhorn mit 34.412 zu<br />
versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 34,9 % versorgt.<br />
Planungsbereich Landkreis Peine:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Peine mit 25.277 zu<br />
versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 31,6% versorgt.<br />
Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Braunschweig der KZVN,<br />
Vorsitzender: Dr. Helmut Peters, Münzstraße 9,<br />
38100 Braunschweig, Tel. 0531 13605, Fax 0531 4811315,<br />
E-Mail: braunschweig@kzvn.de<br />
Verwaltungsstelle Lüneburg<br />
Planungsbereich Landkreis Lüchow-Dannenberg:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Lüchow-Dannenberg mit<br />
8.321 zu versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 48,1%<br />
versorgt.<br />
Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Lüneburg der KZVN,<br />
Vorsitzender: Zahnarzt Thomas Koch, Sülztorstraße 1,<br />
21335 Lüneburg, Tel. 04131 732770, Fax 04131 732772,<br />
E-Mail: lueneburg@kzvn.de<br />
Verwaltungsstelle Oldenburg<br />
Planungsbereich Landkreis Oldenburg:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Oldenburg mit 25.053 zu<br />
versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 31,9% versorgt.<br />
Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Oldenburg der KZVN,<br />
Vorsitzende: Zahnärztin Silke Lange, Bloher Landstraße 24,<br />
26160 Bad Zwischenahn, Tel. 0441 6990288,<br />
Fax 0441 691650, E-Mail: oldenburg@kzvn.de<br />
Verwaltungsstelle Osnabrück<br />
Planungsbereich Landkreis Osnabrück:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Osnabrück mit<br />
72.357 Einwohnern ist derzeit zu 44,2% versorgt.<br />
Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Osnabrück der KZVN,<br />
Vorsitzender: Dr. Carsten Vollmer, Lotter Straße 127,<br />
49078 Osnabrück, Tel. 0541 76099965, Fax 0541 45363,<br />
E-Mail: osnabrueck@kzvn.de<br />
Verwaltungsstelle Ostfriesland<br />
Planungsbereich Landkreis Aurich:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Aurich mit 36.970 zu<br />
versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 43,3% versorgt.<br />
Planungsbereich Landkreis Leer:<br />
Der Planungsbereich Landkreis Leer mit 33.003 zu<br />
versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 42,4% versorgt.<br />
Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Ostfriesland der KZVN,<br />
Vorsitzender: Dr. Jörg Hendriks, Julianenburger Straße 15,<br />
26603 Aurich, Tel. 04941 2655, Fax 04941 68633,<br />
E-Mail: ostfriesland@kzvn.de<br />
Verwaltungsstelle Verden<br />
Planungsbereich Landkreis Nienburg<br />
Der Planungsbereich Landkreis Nienburg mit 22.983<br />
Einwohnern ist derzeit zu 26,1 % versorgt.<br />
Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Verden der KZVN,<br />
Vorsitzende: Hanna Baeßmann-Bischoff, Steinweg 46,<br />
28832 Achim, Tel. 04202 84411, Fax 04202 61531,<br />
E-Mail: verden@kzvn.de<br />
Verwaltungsstelle Wilhelmshaven<br />
Planungsbereich Landkreis Wesermarsch<br />
Der Planungsbereich Landkreis Wesermarsch mit<br />
16.958 zu versorgenden Einwohnern ist derzeit zu<br />
47,1 % versorgt.<br />
Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Wilhelmshaven<br />
der KZVN, Vorsitzender: Dr. Gerhard Fust; Marktstraße 1,<br />
26382 Wilhelmshaven, Tel. 04421 42911,<br />
Fax 04421 983488, E-Mail: wilhelmshaven@kzvn.de<br />
— Stand 17.05.2013<br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | K Z V N<br />
51<br />
K Z V N
Beschlüsse<br />
ANLÄSSLICH DER ORDENTLICHEN SITZUNG DER VERTRETERVERSAMMLUNG<br />
DER KASSENZAHNÄRZTLICHEN VEREINIGUNG NIEDERSACHSEN AM 25.05.2013<br />
Antrag 1 zu TOP 5<br />
von Dr. Thomas, Dr. Dr. Becker, ZÄ Lange, Dr. Vollmer<br />
Betreff: Duales Krankenversicherungssystem erhalten<br />
Die Vertreterversammlung lehnt die Abschaffung des<br />
bewährten dualen Krankenversicherungssystems ab. Die<br />
politischen Pläne zur Einführung einer Bürgerversicherung<br />
beinhalten keinerlei strukturelle Verbesserungen, sondern<br />
dienen allein dem Zweck, die private Krankenversicherung<br />
(PKV) zu zerschlagen.<br />
Begründung:<br />
Das Nebeneinander von privater und gesetzlicher Krankenversicherung<br />
(GKV) bietet für alle Patienten mehr Vor- als<br />
Nachteile. Die GKV kann nur über das schwerfällige Gremium<br />
des Gemeinsamen Bundesausschusses auf die Übernahme<br />
neuer und moderner Behandlungsmethoden in den Leistungskatalog<br />
rechnen. Die PKV kennt diese langen und oft<br />
politisch beeinflussten Diskussionen nicht. Deren Versicherte<br />
haben einen sofortigen Anspruch und üben damit Druck<br />
auf die GKV aus, um „nachzuziehen“.<br />
Der Antrag wird einstimmig angenommen.<br />
Antrag 2 zu TOP 5<br />
von Dr. Beischer, Dr. Ebeling, Dr. Urbach, Dr. Kusche,<br />
Dr. Braun, Dr. Vietinghoff-Sereny, Dr. Timmermann<br />
Betreff: Erhalt des dualen Krankenversicherungssystems<br />
Die Vertreterversammlung der KZVN spricht sich für den<br />
Erhalt des dualen Krankenversicherungssystems und somit<br />
der „privaten“ Krankenversicherung als Alternative zur<br />
„gesetzlichen Krankenversicherung“ aus.<br />
Begründung:<br />
Im Zuge der fortschreitenden Zentralisierung von Entscheidungen<br />
und Entmündigung der Bürger in immer mehr<br />
52 K Z V N | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
Lebensbereichen wird von den Anhängern des Modells<br />
einer allumfassenden staatlichen Daseinsvorsorge die<br />
Abschaffung der privaten Krankenversicherung betrieben.<br />
Stattdessen soll eine staatliche Einheitskasse mit dem irreführenden<br />
Namen „Bürgerversicherung“ eingeführt werden.<br />
Alle Erfahrungen zeigen, dass gleichgeschaltete Systeme<br />
staatlicher Gesundheitsvorsorge teurer, weniger leistungsfähig<br />
und weniger patientennah sind als dezentrale,<br />
vielfältige und selbstregulierende Systeme.<br />
Der Antrag wird einstimmig angenommen.<br />
Antrag 3 zu TOP 5<br />
von Dr. Beischer, Dr. Keck, Dr. Timmermann, ZA Röver,<br />
Dr. Dr. Triebe<br />
Betreff: Ablehnung der Bürgerversicherung<br />
Im Falle einer Rot-Grünen Regierung ist die Einführung einer<br />
sogenannten „Bürgerversicherung“ geplant. Damit soll der<br />
letzte Rest eines Wettbewerbs der Versicherungssysteme<br />
ausgeschaltet werden. Für die Krankenkassen entsteht<br />
eine Monopolsituation, der Konkurrent Privatversicherung<br />
wird eliminiert.<br />
Das Leistungsniveau wird sinken wie in allen Ländern mit<br />
staatlich gelenktem Gesundheitswesen.<br />
Bürgerversicherung ist der klare Weg in die Staatsmedizin,<br />
nach dem Vorbild der ehemaligen DDR.<br />
Die Delegierten der Vertreterversammlung der KZVN lehnen<br />
die Einführung einer sogenannten „Bürgerversicherung“<br />
entschieden ab.<br />
Der Antrag wird einstimmig angenommen.
Antrag 4 zu TOP 5<br />
von Dr. Glusa, Dr. Dr. Becker, Dr. Thomas, Dr. Wömpner<br />
Betreff: Korruptionsgeneralverdacht gegen<br />
Ärzte und Zahnärzte<br />
Die Vertreterversammlung der KZVN verwahrt sich gegen<br />
den in Medien und aus Politikerkreisen erhobenen Vorwurf<br />
der Bestechlichkeit für ganze Berufsgruppen.<br />
Damit wird das Vertrauen der Patienten als Grundlage für<br />
eine tragfähige Arzt-Patientenbeziehung in unangemessener<br />
Weise beschädigt.<br />
Begründung:<br />
Diese subtil geschürte Neiddiskussion führt zur Diskreditierung<br />
der medizinischen Berufe und führt in der Folge zu<br />
einer Verunsicherung.<br />
Der Antrag wird einstimmig angenommen.<br />
Antrag 5 zu TOP 5<br />
von Dr. Otte, Dr. Thoma, Dr. Hadenfeldt, Dr. Heckroth<br />
Betreff: Korruptionsvorwürfe zurückziehen<br />
Die Vertreterversammlung der KZVN weist die öffentlich<br />
geäußerten Korruptionsvorwürfe des Präsidenten des<br />
Verbands Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI) gegen<br />
die Zahnärzte mit Nachdruck zurück. So hat Präsident Uwe<br />
Breuer am 7. März 2013 in seinem Statement anlässlich<br />
einer Pressekonferenz der Gesundheitshandwerke in München<br />
verlautbart: „Diese Dominanz der ärztlichen Berufe<br />
gegenüber dem Patienten und der übrigen Leistungserbringer<br />
erhöht das Risiko für Fehlentwicklungen, die man unter den<br />
Stichworten Korruption und wirtschaftliche Vorteilsnahme<br />
zusammenfassen kann“. Breuer unterstellte zudem: „Ein<br />
erheblicher Teil der Unternehmen sieht sich nicht selten<br />
den Versuchen der Einfluss- und Vorteilsnahme seitens der<br />
Ärzteschaft ausgesetzt“. [*]<br />
Sollten die in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfe dem VDZI<br />
namentlich bekannt sein, bleibt unverständlich, weshalb<br />
sie keine Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft nach sich<br />
gezogen haben. Die Vertreterversammlung fordert den VDZI<br />
deshalb auf, Ross und Reiter zu nennen, ansonsten diese<br />
Vorwürfe öffentlich zurück zu nehmen.<br />
Begründung:<br />
Die Zahnärzteschaft hat durch den Gesetzgeber im SGB V<br />
den klaren Auftrag, solchen Vorwürfen nachzugehen.<br />
Korruption im Bereich der vertragszahnärztlichen Tätigkeit<br />
findet die Missbilligung der Vertreterversammlung.<br />
Solange das nicht geschieht, können solche Vorwürfe<br />
gegen die Zahnärzte nur mit aller Schärfe zurückgewiesen<br />
werden.<br />
Die wahren Hintergründe für die massiven öffentlichen<br />
Korruptionsvorwürfe des VDZI dürften auf den Wunsch<br />
nach Abschaffung der Praxislabore zurückzuführen sein.<br />
[*] Quelle: http://www.zdh.de/themen/soziale-sicherungssysteme/<br />
gesundheitshandwerke.html<br />
Pressekonferenz IHM 2013, Statement Uwe Breuer<br />
Der Antrag wird einstimmig angenommen.<br />
Antrag 6 zu TOP 5<br />
von Dr. Sereny, Dr. Braun, Dr. Vietinghoff-Sereny,<br />
Dr. Riegelmann, Dr. Keck<br />
Betreff: Ethik des Berufsstandes<br />
Die Vertreterversammlung der KZVN weist die insbesondere<br />
von Seiten der Krankenkassen vorgetragenen Angriffe<br />
gegen Ärzte und Zahnärzte wegen angeblich korrupten<br />
Verhaltens auf das Entschiedenste zurück.<br />
Sie fordert alle „Ankläger“ dazu auf, entweder Ross und<br />
Reiter zu nennen oder zu schweigen.<br />
Begründung:<br />
Die Vertragszahnärzte in Deutschland arbeiten in einem<br />
überaus komplizierten und bis in das Sprech- und<br />
Behandlungszimmer hinein regulierten und kontrollierten<br />
System.<br />
Statt Vereinfachungen gab es in den letzten Jahren ständig<br />
steigende Anforderungen an Belehrungen, Aufklärungen<br />
und Dokumentationen. Ständig komplizierter werdende<br />
Antrags- und Abrechnungsbestimmungen machten die<br />
Ausbildung eigens dafür zuständiger Mitarbeiterinnen<br />
erforderlich.<br />
Instrumente zur Ahndung von Fehlverhalten sind sowohl im<br />
Vertragszahnarztrecht als auch im Berufsrecht ausreichend<br />
vorhanden. Die derzeitige Kampagne dient offensichtlich<br />
nur dazu, mit einer Beschädigung des Vertrauensverhältnisses<br />
zwischen Patient und Arzt den Boden für Systemveränderungen<br />
zu bereiten.<br />
Der Antrag wird einstimmig angenommen. <br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | K Z V N<br />
53<br />
K Z V N
Antrag 7 zu TOP 5<br />
von D.M.D. Bunke, Dr. Riefenstahl, Dr. Hendriks,<br />
Dr. Hadenfeldt<br />
Betreff: Resolution<br />
Die Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung<br />
Niedersachsen verurteilt Versuche, die Bevölkerung<br />
bezüglich der Wirksamkeit zahnärztlicher Leistungen zu<br />
verunsichern, wie dies beispielsweise durch den IGel-Monitor<br />
des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes<br />
Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) zur Professionellen<br />
Zahnreinigung (PZR; http://www.mds-ev.org/print/4008.htm)<br />
und darauf aufbauende weitere Medienmeldungen<br />
versucht wurde.<br />
Unzutreffende Verknüpfungen in Bezug auf die medizinische<br />
Notwendigkeit führen nicht nur zur Verunsicherung der<br />
Patientinnen und Patienten, sondern sind auch geeignet,<br />
bei diesen einen gesundheitlichen Schaden hervorzurufen.<br />
Der international unbestritten anerkannte erfolgreiche und<br />
hohe Präventions- und Therapiestandard der Bundesrepublik<br />
Deutschland darf nicht durch wirtschaftliche Interessen der<br />
die Kosten erstattenden Stellen zum Schaden der Patientinnen<br />
und Patienten unterminiert werden.<br />
Der Antrag wird einstimmig angenommen.<br />
Antrag 8 zu TOP 5<br />
von Dr. Riefenstahl, Dr. Beer, ZA Koch,<br />
Dr. Wiesner, Dr. Hanßen<br />
Betreff: Gegen die elektronische Gesundheitskarte mit<br />
Online-Anbindung und verpflichtendem VSDM<br />
Die Vertreterversammlung der KZV Niedersachsen lehnt<br />
das Projekt „elektronische Gesundheitskarte“ auch in der<br />
jetzt weitergeführten Form weiterhin ab und fordert den<br />
Vorstand der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung auf,<br />
diesen Beschluss zu berücksichtigen.<br />
Begründung:<br />
Keine Vertragszahnarztpraxis darf verpflichtet bzw. gezwungen<br />
werden, die originäre Aufgabe der gesetzlichen Krankenkassen,<br />
den Versichertenstammdatenabgleich (VSDM),<br />
durchzuführen. Sollte sich diese Minimalforderung der<br />
Zahnärzteschaft nicht durchsetzen lassen, muss das für die<br />
weitere Mitarbeit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung<br />
in der gematik Konsequenzen haben.<br />
Der Antrag wird einstimmig bei zwei Enthaltungen<br />
angenommen.<br />
54 K Z V N | N Z B | J U N I 2 0 1 3<br />
Antrag 9 zu TOP 5<br />
von Dr. Beischer, Dr. Kusche, Dr. Timmermann,<br />
ZA Knitter, Dr. Herz<br />
Betreff: Keine Substitution zahnärztlicher Leistungen<br />
Die Vertreterversammlung der KZVN fordert den vollständigen<br />
Erhalt der im Zahnheilkundegesetz festgeschriebenen<br />
zahnmedizinischen Kompetenzen der Zahnärzte und lehnt<br />
jeden Versuch der Abwertung der Approbation durch<br />
Substitution originär zahnmedizinischer Leistungen ab.<br />
Begründung:<br />
Der im Zahnheilkundegesetz und in der Bundesärzteordnung<br />
festgeschriebene Grundsatz, der persönlichen Leistungserbringung<br />
besagt, dass die Durchführung von medizinischen<br />
Heilbehandlungen nur Ärzten und Zahnärzten vorbehalten<br />
ist. Dies dient vor allen Dingen dem Patientenschutz, der<br />
gerade durch das neue Patientenrechtegesetz besondere<br />
Beachtung findet.<br />
Somit dürfen ärztliche und zahnärztliche Behandlungen<br />
nicht durch Dritte substituiert werden.<br />
Der Antrag wird einstimmig angenommen.<br />
Antrag 10 zu TOP 5<br />
von Dr. Strukmeier, Dr. Hörnschemeyer,<br />
ZÄ Baeßmann-Bischoff, Dr. Ross<br />
Betreff: Hygienegebühr<br />
Die Vertreterversammlung der KZV Niedersachsen fordert von<br />
den politisch Verantwortlichen, einen den Kosten angemessenen<br />
Hygienezuschlag pro untersuchtem und/oder<br />
behandeltem Versicherten pro Quartal einzuführen und die<br />
Gesamtvergütung der Vertragszahnärzte entsprechend zu<br />
erhöhen.<br />
Begründung:<br />
Die erheblich gestiegenen Anforderungen an die apparative<br />
und personelle Ausstattung der Praxen führen inzwischen<br />
zu durchschnittlichen jährlichen Kosten (laut IDZ-Studie)<br />
von rund Euro 54.000 (Einzelpraxis) bis Euro 78.000<br />
(Gemeinschaftspraxis). Diese Kosten sind in dem derzeitigen<br />
BEMA nicht berücksichtigt.<br />
Der Antrag wird einstimmig angenommen.
Antrag 11 zu TOP 5<br />
von Dr. Beischer, Dr. Sereny, ZA Knitter, Dr. Urbach, Dr. Herz,<br />
Dr. Keck, Dr. Timmermann<br />
Betreff: Behandlung pflegebedürftiger Patienten<br />
Die Behandlung pflegebedürftiger Patienten ist eine<br />
gesamtgesellschaftliche Aufgabe.<br />
Die Zahnärzteschaft leistet dazu ihren Beitrag, die Mitglieder<br />
der VV der KZVN kritisieren aber die Honorarvereinbarungen<br />
zur aufsuchenden Betreuung immobiler, pflegebedürftiger<br />
Patienten als völlig unzureichend.<br />
Bei einem bereits im Jahre 2009 ermittelten Kosten-Stundensatz<br />
von 196 Euro (BMG), bzw. 204 Euro (BZÄK) sind die<br />
geforderten Leistungen nicht mehr kostendeckend zu<br />
erbringen.<br />
Der „verbriefte“ Anspruch der betroffenen Patienten lässt<br />
sich mit derart unzureichenden Honoraren nicht flächendeckend<br />
realisieren.<br />
Die Verantwortlichen der KZBV werden aufgefordert,<br />
entsprechende Nachverhandlungen zu führen.<br />
Der Antrag wird einstimmig angenommen.<br />
Antrag 12 zu TOP 5<br />
von Dr. Ross, Dr. Hendriks, Dr. Hadenfeldt, Dr. H. Peters<br />
Betreff: Ausgangsbasis der Verhandlungen für 2013<br />
Die Vertreterversammlung fordert den Vorstand der KZVN<br />
auf, die vom Gesetzgeber vorgegebene Berücksichtigung<br />
der Punktmengen aus 2012 zur Ausgangsbasis der<br />
Verhandlungen für 2013 zu machen.<br />
Sollten die Kassen dies verweigern, wird der Vorstand<br />
aufgefordert, eine Änderung der Vergütungssystematik zur<br />
Einzelleistungsvergütung einzufordern und notfalls das<br />
Schiedsamt entsprechend anzurufen.<br />
Der Antrag wird einstimmig angenommen.<br />
Antrag 13 zu TOP 5<br />
von D.M.D. Bunke, Dr. Dr. Zogbaum, Dr. Obermeyer<br />
Betreff: Verteilungspunktwerte 2013<br />
Die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 HVM 2013 nivellierten Verteilungspunktwerte<br />
KCH, PAR und KFBR werden ab 01.01.2013<br />
jeweils um die Steigerungsraten verändert, die sich für die<br />
Gesamtvergütungsanpassungen 2013 ergeben.<br />
Der Antrag wird einstimmig angenommen.<br />
Antrag 15 zu TOP 5<br />
von D.M.D. Bunke, Dr. Riefenstahl, Dr. Heckroth<br />
Betreff: Vertragszahnärztliche Begutachtung<br />
Begründung:<br />
Die Vertreterversammlung der KZV Niedersachsen beauftragt<br />
den Vorstand der KZV Niedersachsen, den eingeschlagenen<br />
Weg zur umfänglichen Rückkehr zur vertragszahnärztlichen<br />
Begutachtung gemäß der Vertragslage fortzuführen.<br />
Der Antrag wird einstimmig angenommen.<br />
J U N I 2 0 1 3 | N Z B | K Z V N<br />
55<br />
K Z V N
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Juli eine Doppelausgabe. Das darauf folgende NZB<br />
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57,20 €<br />
62,40 €<br />
67,60 €<br />
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€<br />
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K L E I N A N Z E I G E N
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